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Das Argument 91 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Zur Politik der klinisch-psychologischen Standesverbände 415<br />

dest aber an staatlich ermächtigten Einrichtungen stattfindet. Mit<br />

diesen Problemen sind die Funktionäre der Psychologenverbände<br />

spätestens während der Sachverständigenanhörung über den Gesetzentwurf<br />

zum „nichtärztlichen Psychotherapeuten" 150 im Bundesgesundheitsministerium<br />

im Frühjahr 1974 konfrontiert worden. Sie<br />

haben seitdem keine andere Wahl, als sich der Forderung nach staatlich<br />

kontrollierter und anerkannter Ausbildung anzupassen.<br />

Bei einer Übernahme der Ausbildung durch den Staat würden die<br />

Ausbildungskosten vermutlich nicht auf die Auszubildenden abgewälzt<br />

werden. Sicherlich wäre auch damit zu rechnen, daß mehr Klinische<br />

Psychologen bzw. „nichtärztliche Psychotherapeuten" produziert<br />

werden. Auch wäre den Verbänden die unmittelbare Einflußnahme<br />

auf die Organisation und Kapazität der Ausbildung entzogen.<br />

Was allerdings bleibt, ist, daß die Standesorganisationen auf die Inhalte<br />

der Ausbildung weiterhin Einfluß nehmen können. Dies geschieht<br />

einmal, indem der Staat sie als Fachverbände zu Ausbildungs-<br />

und Prüfungsfragen anhört und ihnen darüber hinaus auch<br />

Aufgaben delegiert (wie z. B. bei der RPO; s. Pkt B.2.1.1.). Zum anderen<br />

bestehen massive Einflußmöglichkeiten, da die leitenden Verbandsfunktionäre<br />

zumeist selbst Hochschullehrer sind und damit sogar<br />

eine staatliche Ausbildung inhaltlich gestalten können. Vor allem<br />

aber muß folgendes Problem gesehen werden: So wie die Psychologenverbände<br />

versuchen, die Zahl der Auszubildenden in ihrem ständischen<br />

Interesse so niedrig wie möglich zu halten, so wird auch der<br />

Staat die Ausbildungskapazität nicht nach den Bedürfnissen der Sozialversicherten<br />

nach bestmöglicher personeller Ausstattung der Gesundheitsdienste<br />

bestimmen. Vielmehr wird auch er die Zahl der<br />

auszubildenden Klinischen Psychologen bzw. „nichtärztlichen Psychotherapeuten"<br />

begrenzen, und zwar jeweils so, daß die Kosten-<br />

Nutzen-Relation der Ausbildung den Rentabilitätsgrundsatz kapitalistischer<br />

Gesundheitspolitik nicht verletzt. Konkret zeigt sich diese<br />

Absicht im Schlußprotokoll der Sachverständigenanhörung 1S1 . Darin<br />

wird in Übereinstimmung mit den beteiligten Standesverbänden<br />

festgehalten, daß die Ausbildung zum „nichtärztlichen Psychotherapeuten"<br />

erst nach Abschluß des regulären Hochschulstudiums einsetzen<br />

soll (und somit einer Elite vorbehalten bleibt) 152 , daß Eingangsvoraussetzungen<br />

(im Sinne eines Numerus Clausus) zu definieren<br />

sind und daß bestimmte Berufsgruppen (s. Pkt B.1.4.) von vornherein<br />

ausgegrenzt werden sollen.<br />

Wie wir bereits andeuteten, stehen in der Frage, welchen Berufsgruppen<br />

die Fortbildung in Klinischer Psychologie zugestanden werden<br />

soll, praktisch nur noch Diplom-Psychologen und Ärzte zur<br />

Diskussion. Den Psychologen ist sie sicher. Die Mediziner erheben<br />

150 Vgl. Pkt B.1.2.<br />

151 S. Anm. <strong>91</strong>.<br />

152 Diese Elitenbildung entspricht auch dem allgemeinen Bildungsgesamtplan,<br />

der lediglich <strong>für</strong> 15 bis 25 °/o aller Studenten ein Aufbaustudium<br />

vorsieht (vgl. auch GVT-Mitteilungen, 1, 1974, S. 47).<br />

DAS ARGUMENT <strong>91</strong>/1975 ©

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