05.01.2013 Aufrufe

Das Argument 91 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

Das Argument 91 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

Das Argument 91 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Zur Politik der klinisch-psychologischen Standesverbände 407<br />

GKV 109 zumeist in Abhängigkeit von Kapitalinteressen Er wird<br />

damit zwangsläufig zum Handlanger einer Gesundheitspolitik, die<br />

nach dem Prinzip größtmöglicher Sparsamkeit funktioniert und damit<br />

besonders zu Lasten der Arbeiterklasse geht 111 . In diesem Zusammenhang<br />

muß auch folgendes Problem klar gesehen werden:<br />

Die Kassenpraxis ist einer öffentlichen Kontrolle, wie sie <strong>für</strong> alle<br />

Versorgungseinrichtungen gefordert werden muß, fast überhaupt<br />

nicht zugänglich.<br />

Langfristig ist zu erwarten, daß auch die Klinischen Psychologen<br />

kassenarzt-analoge Vereinigungen bilden werden. <strong>Das</strong> <strong>Argument</strong>,<br />

über solche Vereinigungen könnten dann sozial gerechtere Gebührenordnungen<br />

ausgehandelt, d. h. die Behandlungsmöglichkeiten <strong>für</strong><br />

die unteren sozialen Schichten verbessert werden, ist ständische<br />

Ideologie. Die historische Entwicklung und aktuelle Politik der Kassenärztlichen<br />

Vereinigungen zeigen deutlich, daß solche Zusammenschlüsse<br />

primär der Absicherung und Ausweitung materieller Privilegien<br />

dienen 112 . Dazu gehört u. a. die Forderung nach Erweiterung<br />

des Leistungskatalogs der Krankenkassen, von der auch die Sozialversicherten<br />

u. U. profitieren. Aber noch nicht einmal dies könnten<br />

kassenpsychologische Vereinigungen infolge ihrer zahlenmäßigen<br />

Schwäche und aufgrund der zunehmenden Stärkung der GKV durchsetzen.<br />

Ebenso klar ist abzusehen, daß sich die standespolitischen Ziele<br />

der Psychologenverbände negativ auf die Personalstruktur der öffentlichen<br />

Versorgungseinrichtungen auswirken werden, da die<br />

Chance von hohen Einkommen ein Abwandern vieler Psychologen in<br />

Kassenpraxen nach sich ziehen wird 113 . In diesem Zusammenhang<br />

sei noch einmal darauf hingewiesen, daß die Funktionäre der Psychologenverbände<br />

alle Initiativen bekämpfen, die auf eine ausschließliche<br />

Bindung des Klinischen Psychologen an öffentliche Gesundheitseinrichtungen<br />

hinzielen 114 . „Dies erfordert seine gesetzliche<br />

Anerkennung und seine Zulassung zur Behandlung mit allen damit<br />

109 Vgl. Anm. 48.<br />

110 Vgl. Wulff, E.: Psychiatrie und Klassengesellschaft, a.a.O., S.<br />

171—204.<br />

111 Vgl. Gleiss, I. et al., a. a. O., S. 140—193.<br />

112 Zur historischen Entwicklung der kassenärztlichen Vereinigungen<br />

s. Parlow, S. und Winter, I.: Der Kampf der ärztlichen Standesorganisationen<br />

gegen die Krankenkassen in der Weimarer Republik. In: <strong>Das</strong> <strong>Argument</strong>,<br />

AS 4, 1974, S. 46—72.<br />

113 Diese Entwicklung zeigt sich bereits deutlich bei den Ärzten und<br />

Kinderpsychiatern, die ihre Arbeit in Erziehungsberatungsstellen spätestens<br />

nach der Facharztanerkennung aufgeben (vgl. Stutte, H., in: Bundestagsdrucksache<br />

VI/474, Protokoll Nr. 37, 1971, S. 36).<br />

114 Eine solche Bindung des „nichtärztlichen Psychotherapeuten" an<br />

öffentliche Einrichtungen fordern z.B. die GVT (vgl. Sozialpsychiatrische<br />

Informationen, Nr. 20/21, 1974, S. 123—124) und der „Mannheimer Kreis"<br />

(vgl. Sozialpsychiatrische Informationen, Nr. 22, 1974, S. 78—80).<br />

DAS ARGUMENT <strong>91</strong>/1975 ©

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!