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Das Argument 91 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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484 Wolf gang Maiers<br />

Wenn einzelne tatsächlich an diesem Gegensatz „zerbrechen", dann<br />

allerdings nicht primär und ursächlich aufgrund der „Denunziation"<br />

ihres individuellen Verstoßes gegen die normativ fixierten, modal<br />

herrschenden Beziehungsstrukturen durch das Kapital bzw. seine<br />

Agenturen, sondern aufgrund der realen pathogenen Potenz, die in<br />

der durch den Gegensatz erzeugten Spannung liegt und um so mehr<br />

liegen muß, wie der einzelne vereinzelt ist.<br />

Den Klassenstandpunkt des Proletariats einnehmen heißt nicht, an<br />

die Stelle „sachbezogener Wissenschaft" der Sache äußerliche „Ideologie"<br />

zu setzen. Seine Perspektive ist die einzig wissenschaftlich<br />

ausweisbare, weil sie sich an den durch das wirkliche Leben gesetzten<br />

Entwicklungserfordernissen und -möglichkeiten orientiert. Der<br />

Klassenstandpunkt des <strong>für</strong> seine Emanzipation streitenden Proletariats<br />

fällt tendenziell zusammen mit dem gesamtgesellschaftlichen<br />

Standpunkt — Schaffung solcher gesellschaftlichen Verhältnisse, in<br />

denen in Einklang mit dem Entwicklungsstand der Produktivkräfte<br />

die Gesamtheit der Gesellschaftsmitglieder nach Maßgabe einer bewußten<br />

kooperativen Planung an der gesellschaftlichen Produktion<br />

beteiligt wird, nach entsprechendem Plan die volle Verfügung über<br />

die materiellen und ideellen Güter der Gesellschaft erhält und folglich<br />

die körperlichen und geistigen Potenzen aller sich entfalten können<br />

(s. o.). Der wissenschaftliche Sozialismus ist Ausdruck und<br />

Grundlage dieser historischen Aufgabe. Mit ihm erarbeiten sich die<br />

Menschen das theoretische Instrument zu dieser bewußten gesellschaftlichen<br />

Tätigkeit.<br />

Rückbezogen auf das Problem der Auffindung einzelwissenschaftlich<br />

begründeter Kriterien zur Bestimmung von psychischer Gesundheit<br />

(Normalität) und Krankheit (Gestörtheit) können wir derzeit<br />

festhalten:<br />

<strong>Das</strong> Idealmaß der psychischen Verfassung liegt in der Sinnhaftigkeit<br />

der Tätigkeit des Menschen, einzelner Tätigkeiten wie der<br />

Gesamttätigkeit, des individuellen Lebens. Diese ist objektiv ausweisbar:<br />

sie liegt in der Beziehung der individuellen Tätigkeit zum objektiven<br />

Fortschritt in der gesellschaftlichen Entwicklung. Unter den<br />

Bedingungen kapitalistischer Lebenswirklichkeit stößt die Verwirklichung<br />

dieses Idealmaßes auf unaufhebbare Schranken: ich bezeichnete<br />

daher deren modale psychische Verfassung als „atypisch".<br />

Dies konnte sinnvollerweise nur im übergreifenden Blick auf das<br />

historisch Mögliche erfolgen. Innerhalb des Bezuges auf die historisch<br />

bestimmte, transitorisch notwendige Gesellschaftsformation des Kapitalismus<br />

erscheint dagegen im Regelhaften (Modalen) das je gesellschaftlich<br />

Notwendige, „bewährt" sich das an übergreifenden historischen<br />

Maßstäben bemessene „Atypische" als tatsächlich funktional.<br />

Um beide Ebenen miteinander zu vermitteln, sollte man bei Bezugnahme<br />

auf bürgerliche Lebensverhältnisse das gesamtgesellschaftlich<br />

wie (scheinbar bzw. partiell wirklich) auch individuell<br />

DAS ARGUMENT, <strong>91</strong>/1975 ©

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