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Gesellschaft für Pommersche Geschichte - Digitalisierte Bestände ...

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Herausgegeben<br />

von der<br />

<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Pommersche</strong> <strong>Geschichte</strong><br />

und<br />

Merthumskunde.<br />

Dreißigster Jahrgang.<br />

Stettin, 1880.<br />

Aus Koste» und ini Vorlage der <strong>Gesellschaft</strong>.


Dem Olier-Regierungsrath<br />

Herrn C. F. Unkst<br />

zur Feier seiner sechzissjährigeu Amtsthätigkeit<br />

am !. Februar I88U<br />

widmet diesen Vand ihrer Zeitschrift<br />

ie Oe^Ma!! slir D


Inhalts-Verzeichniß des 30. Jahrgangs.<br />

Di'. Rudolf Hanncke: Co'slin und die letzten Caminer<br />

Bischöfe aus herzoglichem Stamme 1—56<br />

v. Vülow: Wanderung eines fahrenden Schülers durch<br />

Pommern und Meklenburg 57—100<br />

Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. II 101—135<br />

v. Vülow: Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> des Staatsministers<br />

Paul von Fuchs 137-158<br />

Director Lehmann: Chronologisches zu den Missionsreisen<br />

Bischofs Otto von Bamberg 159—168<br />

Dr. Schlegel: Achter Brief Philipp hainhofers aus<br />

Augsburg an Herzog Philipp von Pommern 1610 169—183<br />

Graf v. Krassow: Fund im Torfmoor bei Gingst . . 184-186<br />

Recept <strong>für</strong> ubermeßige Augenhitze 186<br />

Rob. Hasenjäger: Bruchstück eines mittelniederdeutschen<br />

Menologiums 187-202<br />

v. Vülowi Ulrich von Dewitz verlehnt 2V2 Hufe in<br />

Braunsfort, IV2 Käthen Wurth und den vierten<br />

Theil des Kruges daselbst an Lubbeke v, Köthen. 203—206<br />

Derselbe: Einauartierungskosten zu Greifenberg 1675. . 207—209<br />

Derselbe: Ein Jagdschein vom Jahre 1547 . . . . . 210<br />

Derselbe: S. Jacobs Hühner 211-213<br />

Derselbe: Severin Frederici aus Arnswalde übergiebt der<br />

Lucie Rulows in Stettin sein hausgeräth zur Aufbewahrung<br />

214—216<br />

v. Bülow: Ein drohender Kosakeneinfall 217—236<br />

Derselbe: Die Allgemeine Deutsche Biographie und Pommern<br />

' 237-245<br />

Derselbe: <strong>Geschichte</strong> der Apotheke in Barth 246-260<br />

Pastor A Vogel: Der Grabhügel bei Staffelde und<br />

das Dorf Delne 261-264<br />

v. Vülow: Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> von Pölitz im dreißigjährigen<br />

Kriege 265—276<br />

Derselbe: Lieferungen zum hofhalt Wallensteins . . .277- 284<br />

Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV... . . . 285-323<br />

v. Bülow: Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> des pommerschen<br />

Schulwesens 329-411


Mitglieder, welche im Besitz älterer Jahrgänge, besonders I., II., XII. 2, XXI. 1, XXIV.<br />

und XXVIII. der Valt. Studien sind und kein besonderes Interesse an denselben habon, werden höflichst<br />

ersucht, sie entweder gratis oder gegen einen zu verabredenden Preis der <strong>Gesellschaft</strong> zu überlassen.<br />

^ - "X Der Vorstand.<br />

n<br />

Kos<br />

Auf<br />

<<br />

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Z^3


Inhalts-Verzeichniß.<br />

Di'. Rudolf Hanncke: Cösliu uud die letzten Caminer<br />

Bischöfe aus herzoglichem Stamme '. 1—56<br />

v. Bülow: Wanderung eines fahrenden Schülers durch<br />

Pommern und Meklenburg 57—100<br />

Zweiundmerzigster Jahresbericht, l. Il wl — 135i


Cöslin und die letzten Caminer Bischöfe<br />

aus herzoglichem Stamme )<br />

von<br />

Di-. Rudolf hanncke, Gymnasiallehrer in Cöslin.<br />

Das pommersche Bisthum, seit der Verlegung des Bischof-<br />

sitzes nach Camin gewöhnlich Visthum Camin genannt, nm-<br />

faßte von dem unter dem Namen der <strong>Pommersche</strong>n Herzog-<br />

thümer sich die Ostsee entlang hinziehenden Küstenrande im<br />

Reformationszeitalter fast den sechsten Theils. Vom Camft'schen<br />

bis zum Buckow'schen See gehörte ein breiter Strich der Küste<br />

zum Visthumsgebiete und daran setzte sich südwärts ein ebenso<br />

stattlicher Herrschaftsbezirk, dessen Abgrenzung eine in der Rich-<br />

tung des Gollenberges südöstlich gezogene Linie und ans der<br />

andern Seite etwa Radue upd Kautelbach u. s. w. bildeten.<br />

Abgetrennt von dieser Hauptmasse des bischöflichen Gebietes<br />

waren noch um Gülzow, Naugard und Massow herum ansehn-<br />

liche Besitzungen und der Dombezirk zu Camin gab endlich<br />

diesem bedeutenden Ländercomplex den Namen. Colberg, Cös-<br />

lin , Bublitz, Cörlin waren außer deu schon genannten Ort-<br />

schaften der westlichen Gebietshälste die Städte des Visthums.<br />

Das Zeitalter der Reformation brachte <strong>für</strong> die nord-<br />

deutschen Bisthümer durchgreifende Wandelungen. Mit der<br />

1) Die Abhandlung erschien znerst als Gymnasialprogramm l877<br />

und kommt ietzt, mit Aendernngen und Erweiterungen versehen, noch<br />

einmal zum Abdruck.<br />

2) Sell, <strong>Geschichte</strong> des Herzogtums Pommern. 1819. II, Seite 293.<br />

1


2 Cöslin und die letzten<br />

Einführung der evangelischen Lehre in die bischöflichen Städte<br />

und Capitel war die Existenz eines katholischen Bischofs<br />

unmöglich geworden und diese bedeutenden Länderstriche, die<br />

bisher unter dem Krummstab gestanden hatten, harrten neuer<br />

Landes<strong>für</strong>sten. Die weltlichen Regenten der angrenzenden Territorien<br />

ließen fich diefe willkommene Beute nicht entgehen und<br />

so wurden im XVI. Jahrhundert die Stifter größtenteils<br />

entweder den benachbarten weltlichen Fürstentümern einverleibt<br />

oder es erscheinen Prinzen der Herzoghänser als Administratoren<br />

in den Bisthümern ^). Auch Camin konnte, als mit<br />

dem Jahre 1534 die Einführung der Reformation in dem<br />

ganzen Pommerlande beschlossene Sache war, als ein begehrenswerther<br />

Besitz betrachtet werden, auf den natürlich die<br />

pommerfchen Herzöge den meisten Anspruch hatten. Zunächst<br />

behielten sich dieselben allerdings nur eine strenge Controle<br />

über die Besetzuug des Bischofstuhles vor.<br />

Als daher im Jahre 1541 der Sohn uud der Großsohn<br />

Vogislavs des Großen, Barnim XI. uud Philipp I. definitiv<br />

das unter Nogislav vereinigte Pommerland in die „Orte"<br />

Stettin nnd Wolgast theilten, trafen sie eingehende Nestimmungen<br />

über das Caminer Bisthum^). Die Wahl des<br />

Bischofs, natürlich eines evangelischen, sollte von den Landes<strong>für</strong>sten<br />

ansgehen und die Fürsten theilten sich in die Prälaturen<br />

und Kanonikate an den Domen zu Camin nnd Colberg<br />

u. s. w. Zweimal fanden nach dieser Vereinbarung Besetzungen<br />

des Bischofstuhlcs statt. Als Erasmns v. Mantenffel, der als<br />

Bischof von Camin die Reformation in feinem Lande hatte<br />

durchführen müssen, 1544 starb, wurde zunächst das Aisthum<br />

dem berühmten Di'. Pommer, dem Reformator Pommerns,<br />

3) In den Stiftern Mersebnrg nnd Nanmbnrg treten sächsische<br />

Prinzen als Administratoren auf und gründen dort Nebenlinien, desgleichen<br />

in Magdeburg nnd Halberstadt hohenzollcrsche Prinzen, in<br />

letzterem später auch der wilde Christian von Vrannschwcig. Brandenburg<br />

wiederum zog seine Stifter Brandenburg, Havelberg, Lebus ohne<br />

weiteres ein.<br />

4) Varthold <strong>Geschichte</strong> von Rügen und Pommern I V, 2, Seite 310.


Caminer Bischöfe. 3<br />

Bugenhagcn, angeboten; dieser lehnte aber ab und jetzt wurde<br />

Bartholomeus Suave als erster evangelischer Bischof eingefetzt.<br />

Die Schlacht von Mühlberg 1547 brachte der evangelischen<br />

Sache große Gefahr. Was half es, daß die pommerschcn Abgesandten<br />

gleich nach der Schlacht ihre gelben Feldzeichen, das<br />

Bundeszeichen der Schmalkaldener, versteckten nnd die rothen,<br />

die Farbe der Kaiserlichen, umhingen ^). Kaiser Carl V. war<br />

in gewaltigem Zorne und befahl dem Caminer Capitel, den<br />

Bifchof Snave wegzujagen. Es taucht jetzt ein Streitpunkt<br />

auf, der den pommerschen Herzögen später viel zu schaffen<br />

machte. Der Kaiser behauptete nämlich und fand bei dem<br />

Domcapitel des Caminer Bisthums williges Gehör, daß dieses<br />

Bisthum reichsnnmittelbar sei und deshalb zu Kaiser und<br />

Reich ein innigeres Verhältniß, unabhängig von den pommerschen<br />

Landcs<strong>für</strong>sten, aufrecht zu erhalten habe. Die Gefahr<br />

war <strong>für</strong> die pommerschcn Herzöge groß, wenn es gelang,<br />

das Bisthum ganz von ihrem Einflüsse zu emancipiren nnd<br />

wiederum fanatifche Katholiken oder fremde Fürstensöhne als<br />

Bischöfe hierher zu schicken. Es läßt sich übrigens dieses Streben<br />

nach Rcichsunmittclbarkeit in der weiter folgenden Gcfchichte<br />

des Bisthums wiederholt spüren, doch wurde die Gefahr<br />

der Entfremdung noch glücklich abgewandt. Der anf den abdicirenden<br />

Bartholomens Suave folgende Bifchof Martin von Weyher<br />

war wiederum evangelisch und ein Unterthan der pommerschen<br />

Herzöge. Es zeigt aber der Episcopat dieses Bischofes recht<br />

grell die Anomalien der damaligen Zeit, „nnr in der Begriffsverwirrung<br />

der damaligen Zeit, in der Aussicht auf das Concil<br />

zn Trident" konnten dergleichen Dinge gefchehen, daß ein<br />

evangelischer Bischof vom Papste bestätigt wurde. ^) Die Vorgänge<br />

nach der Schlacht von Mühlberg, die Wahrnehmung,<br />

daß auch Bifchof Martin von der verlockenden Aussicht auf<br />

Reichsunmittelbarkeit geblendet, znsammt seinen Stiftsständcn<br />

übermüthig und selbstbewußt wurde, so daß er „Seiner Gna-<br />

5) Varthold a. a. O. IV, 2, Seite 329.<br />

6) Ebenda Seite 343.


4 Cöslin und die letzten<br />

den" (nicht S. <strong>für</strong>stl. Gnaden) dem Herzoge Philipp seine<br />

Beförderung „durch päpstliche Heiligkeit" kundgab, mußten die<br />

<strong>Pommersche</strong>n herzöge ernstlich darauf bedacht machen, das Bisthum<br />

enger an ihr Haus zu ketten. Als daher der „gele<br />

Bischof", wie der wassersüchtige Bischof Martin geuannt wurde,<br />

1556 gestorben war, ließen sich die Herzöge das schöne Bisthmn<br />

nicht von Neuem entgehen, sondern besetzten es mit<br />

einem Fürsten ihres Hauses. Noch 15 Jahre früher, zur Zeit<br />

der obenerwähnten Erbtheilung, hätte die Ausführung des<br />

Planes, einen pommcrschcn Herzog auf den Bischofstuhl zu<br />

setzen, Schwierigkeiten gcsnnden, da Herzog Barnim uud Philipp<br />

jeder schon mit ansehnlichem Besitze bedacht waren uud<br />

sich ein dritter pommerscher Herzog zur Besetzung des Visthums<br />

damals nicht sand, jetzt aber gab der Tod des Bischofs<br />

Martin dem zahlreichen Nachwuchs Philipp I. fröhliche Ausficht<br />

auf Versorgung.<br />

Der pommersche Greifenstamm beschließt sein Dasein in<br />

der <strong>Geschichte</strong> in ganz eigenthümlicher Weise. Bogislav der<br />

Große war um die Wende des XVI. Jahrhunderts der einzige<br />

Nachkomme der vormaligen Linien Wolgast nnd Stettin<br />

gewesen; aber schon die dritte Generation nach ihm weist die<br />

stattliche Zahl von fünf Söhnen Philipps I. auf. Der eine dieser<br />

Söhne Philipps, Vogislav XIII., hat dann wiederum fünf kräftige<br />

Erben hinterlassen, die als Herzöge sich in der Regierung<br />

folgten. Aber wuuderbarerweise erlischt nach dieser zweimal<br />

repräsentirten Fruchtbarkeit und Stattlichkeit des Nachwuchses<br />

unerwartet jäh und plötzlich das Herzoghaus uud die pommerschen<br />

Lande erhalten fremde Herrscher. Damals nnn im<br />

Jahre 1556 überlegten die pommerschen Herzöge zmn ersten<br />

Male, daß es <strong>für</strong> sie das beste wäre, dem Beispiele ihrer<br />

Nachbarn in Meklenburg und Brandenburg nnd der übrigen<br />

norddeutschen Fürsten zn folgen, uud den Bischosstuhl mit<br />

einem Sprossen ihres Hauses zu besetzen. Seitdem wurde vou<br />

dieser Sitte nicht mehr abgewichen und so sehen wir denn die<br />

Eaminer Bischossliste sich schließen mit den herzoglichen Namen<br />

Johann Friedrich, Casimir, Franz, Ulrich, Bogislav XIV. und


Canüner Bischöfe. 5<br />

endlich Ernst Vogislav, Herzog von Croy. Varthold nennt<br />

mit vollem Rechte die zweite Hälfte des XVI. und die zwei<br />

ersten Decennicn des XVII. Jahrhunderts die siebzig<br />

glücklichsten Jahre des pommerschen Volkes. Abgethan<br />

waren die Händel des Rcformationszeitalters und erst<br />

in die letzten Jahre des obenbezcichneten Zeitraums warfen die<br />

düstern Ereignisse des unseligen dreißigjährigen Krieges ihren<br />

unheimlichen Schatten. Die Fröhlichkeit uud Zufriedenheit dieser<br />

Jahre tritt erst dann in eine helle Beleuchtung, wenn man sie<br />

sich abheben läßt von den über Pommern hereinbrechenden<br />

Unglückszeiten der nächsten Jahrhunderte. Die Greuel des<br />

dreißigjährigen Krieges, der Kricgslärm des nordischen und des<br />

siebenjährigen Krieges, endlich die Nöthe der Franzosenzeit<br />

brachten dem Lande bis in die neueste Zeit uach kurzen Erholungsfristeu<br />

furchtbare Drangsale. Grade in jenen Zeitraum<br />

des relativ höchsten Wohllebens fällt die Regierung der Caminer<br />

Bischöfe aus herzoglichem Stamme. Und da nun die<br />

bifchöflichen Herzöge in ihrem neu gewonnenen Fürstenthume<br />

sich nach einem Hofhalte umsahen und Cöslin vorzugsweise zu<br />

ihrer Haupt- und Residenzstadt erwählten, so könnte man mit<br />

um so größerem Rechte jenen Zeitraum der siebzig Jahre als die<br />

Periode der Cösliuer <strong>Geschichte</strong> bezeichueu, in der durch den<br />

Glanz eines Fürstenhoscs Wohlstand uud Wohlleben sich am<br />

bedeutendsten über die Stadt hin verbreitet haben. Gewiß<br />

haben etwa die Jahre 1008 — 1620, in denen die Bischöfe<br />

Franz uud Ulrich fast uuunterbrocheu in Cöslin ihr Hoflager<br />

aufgeschlagen hatten, <strong>für</strong> dieseu Ort hohen Glanz, Reichthum<br />

uud eiueu regcu Verkehr gebracht. Es schien daher dem Verfasser<br />

wohl der Mühe zu verlohnen, diese Zeit des relativ<br />

höchsten Glanzes der Cösliner <strong>Geschichte</strong> genauer zu durchforschen.<br />

In den bisher veröffentlichten Cösliner Stadtgerichten<br />

fand sich über diesen Zeitraum nur ciu sehr unzureichendes<br />

Material. Das bedeutendste Werk über Cöslin ist bekanntlich<br />

Haken's Stadtgcschichte 1706. Das Buch ist uoch immer von<br />

hohem Werthe uud verpflichtet uns dem treuherzigen uud gewissenhaften<br />

Manne gegenüber — er wurde später Probst in


6 Cöslin und die letzten<br />

Stolp — zu lebhaftem Danke. Allerdings war Haken in<br />

äußerst gediegener Weise schon vorgearbeitet dnrch Wendland,<br />

der etwa dreißig Jahre vor dem Erscheinen von Hakens Vnche<br />

nach jahrelangem ernstem Forschen ein umfangreiches Manuseript<br />

über Cöslins Stadtgeschichte niederschrieb, das gegenwärtig<br />

noch erhalten zusammt den diese Arbeit betreffenden Colleetaneen<br />

auf der Schwederschen Stiftsbibliothek in Cöslin sich befindet.<br />

Auch das wäre eine dankbare Anfgabe und zugleich<br />

eine Ehrenschuld gegen den verdienten Mann, einen kurzen<br />

Lebensabriß und eiue Kritik des Wendlandschen Mannscriptes<br />

zusammenzustellen und den Namen Wendlands, der uuter den<br />

pommerschen Geschichtsforschern einen ehrenvollen Platz verdient,<br />

der Vergessenheit zu entreißen. Die zweite, sehr bekannte<br />

Stadtgeschichte von Cöslin ist Bennos Vnch 1840. Neues<br />

oder durchweg Zuverlässiges können wir von dem Buche schon<br />

seiner ganzen Bestimmung nach nicht erwarten nnd zumal unsere<br />

oben bezeichnete Periode erfährt in den: kleinen Werkchen nnr<br />

eine flüchtige Behandlung. Endlich wäre noch das Buch von<br />

Grieben 1866 zu erwähnen, das aber die Stadtgeschichte nur<br />

bis auf Bogislav den Großen führt, unsern Zeitraum also gar<br />

nicht mehr berührt.<br />

Was nun die vorliegende Arbeit betrifft, so mögen einige Worte<br />

deren Plan und Vehandlungsweise erläutern. Cöslin hat eben<br />

seine relativ höchste Glanzzeit durch seine herzoglichen Bischöfe<br />

erhalten und wer diefen Zeitraum zu schildern unternimmt,<br />

kann eine Stadtgeschichte nicht gut von der Person der jeweiligen<br />

Bischöfe trennen: es kam dem Verfasser also darauf an,<br />

an der Hand der vorhandenen Urkunden und des neuerdings<br />

auferschlossenen Materials die Regierungshaudlungen dieser herzoglichen<br />

Bischöfe zu registrireu und daraus zuuächst Ausschlüsse<br />

zu erhalten, wann und wie lauge sich diese Bischöfe in Cöslin<br />

aufgehalten haben. Aus der Persönlichkeit der Fürsten und<br />

dem Inhalte ihrer Regierungshaudlungen ließ sich dann weiter<br />

ein Culturbild gewinnen, das die Cösliner Zustände jener Zeit<br />

treu wiederspiegelt.<br />

Bischof Martin Weyher war am 8. Iuui 1556 gestorben


Caminer Bischöfe. 7<br />

und schon nach wenigen Wochen erfolgte die Wahl des neuen<br />

Bischofs. Das Capitel, gedrängt von den pommerschen Fürsten,<br />

wählte am 29. August Johann Friedrich, den ältesten Sohn<br />

Herzogs Philipp. Der nengcwählte Bischof war damals erst<br />

14 Jahre alt, ^) benannt nach seinem unglücklichen Oheim<br />

Johann Friedrich, dem in der Schlacht bei Mühlberg besiegten<br />

Kur<strong>für</strong>sten von Sachsen. Er war seit dem Jahre 1552 von<br />

dem feingebildeten Franzosen Andreas Magerius unterrichtet<br />

worden; dennoch waren bei der sorgfältigen Erziehung, die man<br />

damals den Fürstensöhnen gab, seine Studien noch nicht beendet<br />

und man hatte nur geeilt, die jetzt sich bietende günstige<br />

Gelegenheit zur, Erwerbung eines Fürstentums nicht unbenutzt<br />

vorübergehen zu lassen. Nachdem daher im folgenden Jahre<br />

am 16. Juni die feierliche Inauguration des herzoglichen<br />

Bischofs im Caminer Dome erfolgt und die Huldigung in<br />

den Stiftsstädtcn 6) entgegengenommen war, wurde die Administration<br />

des Bisthums und der fernere Studiengang des<br />

jungen Bischofes festgesetzt. Die weltlichen Angelegenheiten wurden<br />

zwei Statthaltern übertragen, Heinrich Normann und Henning<br />

vom Wolde 9). Durchgreifender find die Anordnungen<br />

der Stellvertreter auf kirchlichem Gebiete. Die katholifchen<br />

Zeiten waren vorüber; es galt den Sprengel evangelisch zu<br />

organisiren. Es wurde deshalb eine mit einem Consistorium<br />

verbundene Superintcndentur zu Colberg eingerichtet, so daß<br />

jetzt jeder der drei regierenden Herren im Pommerlande eine<br />

kirchliche Oberbehörde in seinem Besitzthum hatte. ^) Der erste<br />

Superintendent wurde Dr. Venediger, der bei seiner Visitation<br />

') Ein auf der Schwedischen Stiftsbibliothek zu Cöslin befindlicher<br />

Code;' der ^uim1«8 ?om6i'M)ig6 des Val. von Eickstädt, über<br />

den Ausführlicheres im Anhange folgt, hat fälschlich „ein junges Herlein<br />

von 16 Jahren." Verf. citirt übrigens diesen Codex der Kürze<br />

wegen als eoä. 8o1i>voä.<br />

6) Privilegiumsnrkunden von Cöslin 25. Juni, aufbewahrt im<br />

städtischen Archiv.<br />

v) ooä. 8elivv6(1. zum Jahre 1557.<br />

n) Riemann, <strong>Geschichte</strong> der Stadt Colberg S. 317.


8 Cöslin und die letzten<br />

im Stifte große Uebelstände fand, da die Leute vielfach noch<br />

papistisch oder wiedertänferisch gesinnt waren. Im Jahre 1566<br />

succedirte als Stiftssuperintendent Edeling. Der jnnge Bischof<br />

ging nun behufs weiterer Studien nach Greifswald und bekleidete<br />

dort in den Jahren 1558, 1559 nnd 1560 das Rectoramt<br />

an der Universität, deren unvergeßlicher Wohlthäter sein<br />

Vater Philipp bekanntlich gewesen ist.")<br />

Der 1560 erfolgte Tod Herzog Philipps veranlaßte die<br />

Abberufung des jungen Bischofs von der Universität, und während<br />

in Wolgast, dem Herzogthume seines Vaters, die Regierung<br />

der Herzoginwittwe und einem ihr znr Seite gefetzten<br />

Majordomus vormundschaftlich übertragen wurde, ^) scheint<br />

Johann Friedrich seinem Bisthume persönlich größere Aufmerksamkeit<br />

geschenkt zu haben. Dahin zielen nämlich zwei Urkunden<br />

des städtischen Archivs zu Cöslin. ^) Die erste betrifft den<br />

Vergleich, den der Bischof vereinbart zwischen dem Rath und<br />

den Rathsverwandten Otto Pomlow, Hans Litzkow, Steffen<br />

Krüger, denen die Verwaltung der Mühle übertragen war und<br />

die sich unrichtige Führung des Mühlenregisters hatten zu<br />

Schulden kommen lassen. Die Urkunde ist ausgestellt 20. Juni<br />

1562 „in unserer Stiftsstadt Cöslin im Kloster."^)<br />

Als Herzog Erich von Lüneburg im Jahre 1563 die<br />

Kriegswirren des Ostens benntzte, um einen ganz abenteuerlichen<br />

Zug an die Weichsel zu unternehmen,^) erregte sein<br />

") Johann Friedrich war übrigens später einer der gelehrtesten<br />

Fürsten seiner Zeit. Er beherrschte die lateinische Sprache und legte<br />

eine Hofbibliothek an. Sell a. a. O. HI, Seite 69 und 115.<br />

'2) Barthold, a. a. O. Seite 366.<br />

'3) Zu erwähnen ist auch „Verordnung wegen der Kirchenbuße<br />

im Stift Camin", welche Bischof Johann Friedrich erläßt 27. Mai 15)60<br />

nfs unserm Stiftshause Gülzow. Schöttgen nnd Kreysig III, Seite 325.<br />

^) Durch die Reformation wurden den Fürsten die Klöster mit<br />

ihren Liegenschaften überantwortet, so in Cöslin das Inngfranen-Kloster.<br />

In dem sehr baufälligen und dem vollständigen Nuin überlassenen<br />

Kloster scheint der Bischof also damals noch gewohnt zu haben.<br />

'5) Varthold, a. a. O. Seite 369.


Ccnniner Bischöfe. 9<br />

kecker Durchzug durch Pommern allgemeine Bestürzung. Wenigstens<br />

suchte man dem zurückkehrenden Herzoge durch aufgebotenes<br />

Kriegsvolk die Schonung des Landes aufzuzwingen und<br />

so wurden die trotzigen Schaaren des Lüneburgers durch ein<br />

Aufgebot der Landfolge in den Herzogtümern begleitet. ^)<br />

Auch Bischof Johann Friedrich befahl die Entsendung von<br />

Kriegsvolk nach der Greifenberger Grenze zu. Es kam dann<br />

unter dem Cösliner Aufgebote zu einer Rauferei und die Klagen<br />

der Verwandten des Erschlagenen gegen den Cösliner<br />

Rath, dem der Thäter aus dem Gefängniß entlaufen war,<br />

zogen sich bis in das Jahr 1584 hin, wo endlich ein Urkunde<br />

über die Einigung aufgenommen wurde, die uns auch über<br />

das oben erwähnte Aufgebot von Cösliner Kriegsvolk durch<br />

Bischof Johann Friedrich Kenntniß giebt. Die nächsten Jahre<br />

finden wir den jungen Bischof fern von feinem Visthum weilend<br />

am Hofe und im Kriegslager Kaiser Maximilians. Er<br />

erwarb sich das Amt eines kaiserlichen Panierträgers ^) und<br />

kehrte 1566 mit einer Beute von vier Kameelen und einem gefangenen<br />

Türken nach Pommern heim ^). Johann Friedrich<br />

war mittlerweile 24 Jahre alt geworden und übernahm jetzt<br />

mit seinem Bruder Bogislav gemeinschaftlich die Regierung des<br />

Herzogtums Wolgast, zu der alle fünf Söhne Philipps gleichberechtigt<br />

waren. ^) Der junge Fürst scheint sich in der nächsten<br />

Zeit auch vorzugsweise in Wolgast aufgehalten zu haben ^).<br />

Die Verhältnisse im Stifte lagen derart, daß seit der<br />

Regierung pommerscher Herzöge als Bischöfe die landesherrliche<br />

Autorität immer stärker betont wurde. Namentlich die sreiheitstolze<br />

Stadt Colberg, deren Privilegien ihr gegen den Bischof<br />

's) Sell a. a. O. IU, Seite 483; das Genauere über den Zug in<br />

Friedeborn Beschreibung der Stadt Alten Stettin II, Seite 60.<br />

") cuä. 8ewv66. znm Jahre 1566.<br />

") Friedeborn a. a. O. Il, Seite 64.<br />

!'-') Barthold a, a. O. Seite Z73.<br />

2"1 Aus Wolgast ist eine Schnldurkunde des Bischofs, datirt 30.<br />

November 1567, fstädt. Archiv) nnd zu dem Jahre 1569 ein Receß<br />

wegen gelieferten Holzes, datirt aus Wolgast.


10 Cöslin und die letzten<br />

eine fast unabhängige Stellung sicherten, mußte das empfinden.<br />

Es wurde 1567 dem Rathe eröffnet, daß nicht mehr Lübeck,<br />

fondern das <strong>für</strong>stliche Hofgericht die höhere Instanz der Colberger<br />

Rathsgerichte fein follte — ein Schritt des Bischofs,<br />

der endlofe Reclamationen an Kaiser und Reich zur Folge<br />

hatte. 2i) In Wolgast mußte der junge Fürst die Regierung<br />

mit feinen Brüdern theilen, das Bisthum gehörte ihm allein;<br />

es suchte deshalb Johann Friedrich, der durch seine jüngste<br />

Reise die Pracht und den Glanz ausländischer Höfe kennen gelernt<br />

hatte, fich eine Residenz zu begründen und begann mit<br />

dem Jahre 1568 den Cösliner Schloßbau. An die Stelle<br />

des ihm als Besitz zugefallenen ehemaligen Jungfrauen-Klosters<br />

22) sollte sich jetzt ein stolzer Schloßbau erheben. ^) Die<br />

Stellung der Landes<strong>für</strong>sten in ihren Landen zur damaligen<br />

Zeit war eine weitaus verschiedene von heutigen Zuständen.<br />

Vorzugsweise traten die in den einzelnen Fürstenthümern gelegenen<br />

Städte, wenn sie nur irgend größer waren, den Fürsten<br />

gegenüber sehr selbstbewußt auf. Die Wolgaster Herzöge<br />

hatten ihren ewigen Zwist mit Stralfund, Greifswald, die<br />

2!) Riemann a. a. O. Seite 330.<br />

22) Die Lage dieses ehemaligen Iungfranen-Klosters und des<br />

späteren Schlosses kann heute nicht mehr ganz genan bestimmt werden.<br />

Daß natürlich die seitwärts von der Schloßkirche gelegenen Gebäude<br />

der Loge und des Appellgerichts die Stätte bezeichnen, wo Kloster nnd<br />

später Schloß gestanden haben, ist unzweifelhaft; aber der Grundriß<br />

des Schlosses läßt sich ohne eine eingehendere Untersuchung, zn der in<br />

dieser Abhandlung der Raum mangelt, nicht genauer firiren. Die<br />

Loge besitzt eine gewaltige Unterkellerung, die offenbar über die Zwecke<br />

eines Privathauses hinausgeht. Die gedruckten Qnellen Brüggemann<br />

nnd Benno erwähnen, daß, als 1718 in dem großen Brande auch das<br />

Schloß vernichtet wurde, ein kleiner Rest des Gebäudes stehen blieb,<br />

in dem seit 1720 das Kömgliche Hofgericht eingerichtet wurde. Entschieden<br />

hat das alte Schloß ans mehreren Flügeln bestanden, die einen<br />

Hof umschlossen.<br />

23) Johann Friedrich besaß übrigens eine wahre Bauwuth; auch<br />

das Stettiner Schloß ist theilweise von ihm erbaut. Balt. Studien<br />

III, 1, Seite 241.


Canuner Bischöfe. 11<br />

Stettiner Linie war gegen Stettin so ergrimmt, daß Barnim XI.<br />

z. B. zwei Jahre lang der Stadt ganz den Rücken wandte und<br />

in Rügcnwalde wohnte. ^) Wohl hatten die Herzöge ihre<br />

Schlösser in der Stadt, aber die Bürgerschaft wachte eifersüchtig,<br />

daß ihren Privilegien durch Neuerungen nicht Abbruch<br />

geschähe. Es ist fast lächerlich Zu lesen, daß unter den Bedingungen<br />

der Aussöhnung dem zurückkehrenden Barnim auch zugestanden<br />

wurde, „die Abzugsgosse aus der Schloßküche," welche<br />

übel roch, „durch die Mauer in den Stadtgraben zu leiten." ^)<br />

Aehnlich ging es jetzt Bischof Johann Friedrich. Es wurde<br />

eine weitläufige Urkunde darüber aufgenommen, daß der Rath<br />

Cöslins erlaubte, ein Loch in die Stadtmauer brechen zu lassen,<br />

damit der Bauschutt herausgeschafft werden könnte. Natürlich<br />

sollte der Bischof es später sofort wieder zumauern, um<br />

die Vertheidigungsfähigkeit der Stadt nicht zu schädigen. ^)<br />

Micrälius in seiner summarischen <strong>Geschichte</strong> der Caminer<br />

Bischöfe, die er zum Schlüsse des dritten Theiles seiner <strong>Pommersche</strong>n<br />

<strong>Geschichte</strong>n liefert, fagt in ganz kurzer Form, Bischof<br />

Iohaun Friedrich habe nach absolvirten Studien und Reisen<br />

„erst anno 1569 das Regiment im Stifte angetreten und es<br />

bis ins 1574. Jahr löblich geführet." Aber wir dürfen<br />

kaum annehmen, daß Johann Friedrich in dieser Zeit sich ernstlich<br />

mit den Bisthumsangelegenheiten befaßt und dauernder in<br />

Cöslin oder anderswo im Bisthum residirt habe, da seinen<br />

hochfliegenden Geist ganz andere Pflichten und Aussichten in<br />

Anspruch nahmen. Im Jahre 1569 (25. Juli) wurde nämlich<br />

der Erbvertrag zu Iasenitz geschlossen.^) Herzog Barnim<br />

der Aeltere, der Sohn Bogislav des Großen, war regierungsmüdc<br />

und zog sich 1569 von der Regierung seines Herzog-<br />

^) Aus dieser Zeit seines Aufenthaltes eristiren vier Urkunden<br />

Barnims an den Rath von Cöslin im städtischen Archiv.<br />

'^) Varthold a. a. O. S. 274.<br />

^) Urkunde abgedruckt in Benno, <strong>Geschichte</strong> Cöslins Seite 313,<br />

datirt Colberg, 7. December 1568.<br />

") Sell a. a. O. HI, Seite 62.


12 Cöslin und die letzten<br />

thums Stettin zurück. Er lebte fortan auf der Oderburg und<br />

ist 1573 gestorben. Da er kinderlos war, galt es nun, zwischen<br />

den fünf Söhnen seines verstorbenen Vrnders einen Erbvertrag<br />

aufzurichten. Die Scheidung in die „Orte" Stettin<br />

und Wolgast wurde aufrecht erhalten ^) und zwei der alteren<br />

Söhne in die Herrschaft derselben eingesetzt; <strong>für</strong> die jüngeren<br />

Brüder aber, wurden zwei eigene Fürstentümer abgezweigt,<br />

<strong>für</strong> Vogislav Barth und <strong>für</strong> Baruim den Jüngeren Rügens<br />

Walde. Dem jüngsten Bruder Casimir, der damals noch fehr<br />

jung war, wurde nach dem Tode des Oheims das Bisthum<br />

Camin versprochen, das gegenwärtig noch Johann Friedrich<br />

behielt. Mit Recht rühmt Varthold das Ungewöhnliche dieses<br />

Vorganges, daß eine so schwierige Theilungs- uud Erbschaftsfrage<br />

unter vollständiger Eintracht der Interessenten erfolgt sei.<br />

Johann Friedrich übernahm jetzt also die Regierung des „Ortes"<br />

Stettin, obwohl sein Oheim noch lebte; er behielt gleichzeitig<br />

das Visthum Camin. Gewiß hat ihn aber die einflußreiche<br />

Stellung eines Herzogs von Pommern-Stettin vorzugsweise<br />

beschäftigt. Schon im Jahre 1570 finden wir ihn mit einer<br />

sehr ehrenvollen Aufgabe betraut. Der Kaiser ernannte ihn<br />

zum Prinzipalcommissar beim Friedenskongreß zu Stettin, der<br />

den damaligen nordischen Krieg abschloß. ^) Seine imponirende<br />

Persönlichkeit, seine durch Reisen und Kriegsabenteuer<br />

gewonnene Gewandtheit des Verkehrs eigneten ihn vortrefflich<br />

zu dieser Mission. Allerdings ließ er seiner Prachtliebe damals<br />

zu sehr den Zügel schießen und legte den Grund zu den<br />

erheblichen Schulden seiner Regierung. Als dann am 2. Juni<br />

Barnim der Aeltere gestorben war, kam Johann Friedrich in<br />

den ungeschmälerten Besitz des Herzogtums Stettin, da er bei<br />

Lebzeiten seines Oheims doch eigentlich nnr Mitregent gewesen<br />

^) Nur ist jetzt die Grenzlinie eine andere, als in der Zeit vor<br />

Bogislav dem Großen. Damals war das Land südlich der Peene nnd<br />

Ihna Pommern-Stettin, nördlich Pommern-Wolgast^ jetzt bildete die<br />

Oder und Swine die Grenzlinie.<br />

-") Barthold a. a. O. Seite 332; ooä. 8olnv^a. fälschlich zum<br />

Jahre 1569.


Caminer Bischöfe. 13<br />

war. 2") Die Bestimmung des Iafcniher Erbvertrages, daß er<br />

in diesem Falle auf das Bisthum resigniren solle, trat nun in<br />

Kraft. Doch haben wir noch aus dem Jahre 1574 die Urkunde<br />

eines Kaufcontractes zwischen Joachim Schmeling und<br />

der Stadt Cöslin, woran die landes<strong>für</strong>stliche Konfirmation des<br />

Bischofs Johann Friedrich angeheftet ist. ^) Es wird also erst<br />

in diefem Jahre die Uebergabe des Bisthums an Casimir erfolgt<br />

sein. Wenn wir noch einmal zurückschauen ans die letzten<br />

fünf Jahre, fo fehlt uns vollständig das urkundliche Material<br />

zur Beurtheilung der Thätigkeit Johann Friedrichs im Bisthum.<br />

Aus Haken erfahren wir, daß er 1569 das Statnt der<br />

Brauergilde bestätigt uud eine Kirchenvisitation veranstaltet<br />

habe. 32) Es fällt aber in diese Zeit eine merkwürdige Urkunde,<br />

die auf die städtischen Zustände der damaligen Zeit ein<br />

Helles Licht wirft. ^) Es klingt heute fast unglaublich uud<br />

doch war es so, daß die Colberger, sowie andere pommersche<br />

Seestädte ans Cöslins Handel und Schifffahrt eiferfüchtig<br />

waren. Die Cösliner bauten nämlich „Schuten" und fuhren<br />

diese dann an den Iamundschen See, aus dem sie durch<br />

das Deep iu See stachen und bis nach Schweden und Dänemark<br />

auf Handelsgeschäfte fuhren. ^) Wie es in der Urkunde<br />

heißt, brachten die Cösliner nach auswärts Heringe und handelten<br />

da<strong>für</strong> zurück „Ofemuudt, ^) Stein, Krueseken, Stunden-<br />

n) Varthold a. a. O. Seite 385.<br />

") Stadt. Archiv. Johann Friedrich unterschreibt als Bischos<br />

von Camin 28. Mai 1574, gegeben in unserer Stadt Alt-Stettin.<br />

n) Haken, <strong>Geschichte</strong> Cöslins Seite 58 und 178.<br />

23) Stadt. Archiv. „Kundschaft" ßud 2äs Nowi-ii des Benedici<br />

Zarn über die Freundschaft zwischen Iungsrauen-Kloster nnd dem Rath.<br />

Die Urtnnde enthält aus den Angaben Zarn's manches kulturhistorisch<br />

Merkwürdige, vgl. auch Haken Seite 54.<br />

n) In der Urkunde wird erwähnt, daß im Anfang des XVI.<br />

Jahrhunderts, nicht 1572 wie Niemann Seite 338 fälschlich angiebt, eine<br />

Schnte „auf sechs Wagen Raden nnd vierzig Pferden" an den See<br />

gebracht fei.<br />

n) Schwedisches Roheisen.


14 Cöslin und die letzten<br />

gleser, höltzerne Pantoffeln, Wand und dergleichen," endlich<br />

auch Salz. Das brachte nun namentlich die Colberger ungemein<br />

auf, daß durch Einfuhr fremden Salzes das Privilegium<br />

ihrer Koten geschmälert werden sollte. Es kam wiederholt zn<br />

Beschwerden bei den Bischöfen über die „Sigillation" (Schifffahrt)<br />

der Cösliner. Sie hätten, so hieß es in den Beschwerden,<br />

nur eine „unbefugte Hafnung"; es sei wider den<br />

Brauch der deutschen Nation aus dem Strande zu schiffen;<br />

wenn auch die Landstädte Seehandel trieben, so müßten die<br />

Städte, die durch ihre Lage auf die See angewiesen wären,<br />

verderben. Die Eösliner dagegen sagten: der Strand gehörte<br />

ihnen eben so gnt; wenn ihr Tief nicht so bequem wäre, so<br />

ginge das die Colberger nichts an u. s. w. ^) Bischof Johann<br />

Friedrich scheint 1573 bei erneuter Klage der Colberger, Rügenwalder<br />

und Stolper die Sache zu Gunsten Cöslins entschieden<br />

zu haben, so daß noch in das folgende Jahrhundert hinein die<br />

Cösliner größeren Seehandel getrieben haben, bis denn die<br />

Nnglückszeiten des dreißigjährigen Krieges auch diesen Erwerbszweig<br />

absterben machten.'^) Wir stehen am Ende der bischöflichen<br />

Regierung Johann Friedrichs. Nur vorübergehend scheint<br />

der Fürst in Cöslins Mauern gewellt zu haben. Zuerst erforderte<br />

die große Jugend seiner Jahre, daß er auf der Universität<br />

und in der Fremde seinen Geist heranbildete und sich<br />

in den ritterlichen Tugenden eines Kriegers übte. Dann brachte<br />

den 27jährigen Mann die Abdicatimi seines Oheims in den<br />

Besitz eines viel wichtigeren und reicheren Landes, des Herzogthums<br />

Stettin, und so wird von den Regentenarbeiten des<br />

Herzogs nur ein kleiner Theil der Fürsorge und des Interesses<br />

auf das Bisthum Camin entfallen sein. Cöslin selbst<br />

als Residenz konnte den stolzen, prachtliebenden Fürsten Wohl<br />

auch nicht locken. Wie ganz anders war es in den jagd- und<br />

wasserreichen Odergegenden, in dem pommerschen „Fontainebleau"<br />

Friedrichswalde und in Hafhausen, wo Johann Fried-<br />

n) Riemann a. a. O. Seite 333.<br />

3?) Haken, a. a. O. Seite 56.


Caminer Bischöfe. 15<br />

rich mit dem großen Garne auf dem gefrorenen Haffe fifchte! ^)<br />

Es mag ihm daher keinen großen Kampf gekostet haben, im<br />

Jahr 1574 das Bisthnm an feinen Bruder Cafimir abzutreten,<br />

der als nun folgender Bifchof die Negierung bis 1602<br />

führt. Für die 28jährige Regierung dieses Bischofs wird sich<br />

begreiflicherweise am meisten das urkundliche Material gehäuft<br />

haben, da die andern herzoglichen Bischöfe nur kürzere Zeit<br />

das Bisthum inne hatten. Auch wird sich Cöslin in seinem<br />

städtischen Wohlleben unter ihm bedeutend aufgenommen haben,<br />

obwohl der Vifchof, seinen Liebhabereien ergeben, meistens auf<br />

den Landfchlössern in der Nähe Cöslins lebte und in seinem<br />

Iunggesellenstand auch nicht an eine stabile Residenz gebunden<br />

war.<br />

Schon Micrälius^) weist die Angabe Leutingers, daß<br />

Kaiser Ferdinand Casimir das Visthum Camin als Pathen-<br />

Pfennig eingebunden habe, zurück und bestätigt die freie Wahl<br />

durch das Capitel nach der Resignation seines Bruders/")<br />

Am 26. October 1574 wurde er in das Bisthum eingeführt.")<br />

Obschon drei Jahre älter, als fein Bruder Johann Friedrich bei<br />

dcssm Installirnng zum Bischof, kam er doch immer noch blutjung<br />

zur Regierung. Er war der jüngste Sohn Philipp I.,<br />

hatte in einem Alter von drei Jahren bereits seinen Vater verloren<br />

und wurde dann zu Wolgast erzogen. Gewiß hatte der<br />

Umstand, daß er in so zartem Alter die energische Leitung<br />

seines trefflichen Vaters entbehren mußte, nachtheilig auf feine<br />

Characterbildung eingewirkt. Willkür, Eigenwille und ein hang<br />

zur Grausamkeit treten in seiner Bischofsregierung hervor. Ani<br />

29. Octobcr hielt der neue Bifchof feinen Einzug in Colbcrg,<br />

woselbst ihm und seinem Gefolge mit 500 Pferden dreitägige<br />

Festlichkeiten und Schmaufereien auf Kämmereikosten bereitet<br />

wurden, ^2) und am 2. November nahm er die Huldigung in<br />

n) Sell a. a. O. Seite 111 und 366.<br />

n) Seite 423.<br />

") Vgl. Barthold a. a. O. Seite 385.<br />

4') Ebenda Seite 392.<br />

n) Riemann a. a. O. Seite 332.


16 Cöslin und die letzten<br />

Cöslin entgegen, bestätigte auch dnrch feierliche Urkunden die<br />

Privilegien der Stadt. ") Der übliche Umritt in den Städten<br />

des Bisthums muß diesmal besonders glanzvoll gewesen sein.<br />

In Colberg hielt Casimir seinen Einzug mit 500 Pferden<br />

und in Cöslin verherrlichten die Huldigungsfeierlichkeit drei Brüder<br />

des jungen Bischofs durch ihre Anwesenheit, nämlich Johann<br />

Friedrich, Ernst Ludwig und Barnim.") Die Größe des Gefolges,<br />

mit dem Casimir in seinen Stiftsstädten umherritt,<br />

mag nicht Wunder nehmen;^) wir werden später unter Bischof<br />

Ulrich ersehen, aus wie verschiedenartigen Bestandtheilen der<br />

Hofgesellschaft und Dienerschaft sich ein solches Gefolge zusammensetzte.<br />

Den Städten und früher den Klöstern, auf die ja<br />

die Fürsten das Ablagerrecht gehabt hatten, erwuchs aus solchen<br />

Besuchen eine große Last der Ausgaben.<br />

Bei der Erziehung und Ausbildung der jungen Fürsten<br />

damaliger Zeit spielten neben dem Besuche einer berühmten<br />

Universität und der Unterweisung durch treffliche Lehrer ausgedehntere<br />

Reisen in das Ausland eine Hauptrolle. Die älteren<br />

Söhne Herzog Philipps waren auf das sorgfältigste herangebildet<br />

worden, die beiden ältesten in Greifswald, die jüngeren<br />

in Wittenberg. ^) Casimir war daneben etwas zu kurz gekommen,<br />

seiner Erziehung in Wolgast fehlte, da er schon 1574<br />

zur Regierung berufen wurde, der Abschluß eines Universitätsaufenthaltes.<br />

Wenigstens sollte aber jetzt die übliche Reise ins<br />

Ausland nachgeholt werden. Am 3. April 1578 reiste Casimir<br />

von Bast, wo er sich damals aufhielt, nach Italien ab<br />

und kehrte erst am 24. December nach dreivierteljähriger Abwesenheit<br />

wieder in sein Bisthum zurück.") Endlich wurde<br />

") Stadt. Archiv zwei Urkunden.<br />

^) Ebenfalls ouiu m^uo 6Huita.tu ooä.<br />

45) Bei der Hochzeit des Herzogs Ulrich von Meklenburg mit<br />

der Wolgastischen Prinzessin Anna standen 1588 sogar 2000 fremde<br />

Pferde auf dem Fourierzettel. Barthold a. a. O. Seite 398.<br />

^) Vgl. den interessanten Aufsatz über die Erziehungsweise dieser<br />

beiden letzten Prinzen, Baltische Studien IX, Seite 9.) ff.<br />

") Diese wichtige Notiz aus eoä. 8otnv«ä. z. Jahre 1578. Sell


Caminer Bischöfe. 17<br />

nun auch der Schloßbau fertig. Im Jahre 1582 wurde der<br />

ganze Bau durch einen Thurm mit eiuer Schlaguhr vervoll-<br />

ständigt und geschmückt; wie es iu der Quelle heißt: ^) „a. 1582<br />

ist der Segcr aufm Schlosse angerichtet worden."^) Cöslin<br />

galt vou mm au als die offizielle Residenz des Bischof-Her-<br />

zogs/") weuu sich auch das rechte Hoflcben erst unter den<br />

Nachfolgern Casimirs entwickelte. Wie fchon oben erwähnt,<br />

war Casimir selbst die wenigste Zeit in Cöslin, lebte vielmehr<br />

auf Landhäusern in der Nähe des Strandes. Verf. ist in den<br />

Stand gesetzt, durch Auffindnng eines Actenbündels auf dem<br />

städtischen Archiv Ziemlich genau den Aufeuthaltswechsel Casi-<br />

mirs urkundlich belegen zu können. ^) Danach hat Casimir<br />

ein ziemlich unstetes Leben geführt und seinen Aufenthalt ge-<br />

erwähnt 3, Seite 440 diese Reise; Varthold Seite 394 führt das Citat<br />

Sell's an und sagt, er hätte nirgend eine Angabe über diese Reise fin-<br />

den können.<br />

^) cnä. ßcinveä. unter Cöslin und Haken a. a. O. Seite 28.<br />

") Um eine Vorstellung von dem Cösliner Schloßbau zu geben,<br />

diene die Beschreibung des 1626 erbauteu Wolliuer Schlosses, v. Räumer<br />

Insel Wollin Seite 221: Das Schloß war ganz von Ziegeln mit<br />

sechs Schornsteinen gemauert, hinter dem Thor steigt man auf eiuer Wendeltreppe<br />

zum Thurm, der eiue Uhr zeigte und mit Blei gedeckt war.<br />

Im Schloß war ein Saal mit Kamin, Hirschköpfen und acht Gemälden,<br />

sonst war das Ameublement sehr einfach, Schenktische, Bänke, ein Paar<br />

Himmelbetten 2c. Im Schloß befand sich die Nentnerei und eine<br />

Thorbude mit dem Halseiseu, Wagenhans, Brauhaus, Taubenhaus,<br />

Backhaus, Küchen, und Gefängnisse u. f. w.<br />

n) oocl. 8odn^ä. z. I. 1560: Casimir, Bischof von Camin,<br />

der zu Cösliu seinen Sitz hat.<br />

5') Unter den Urkuudeu des städtischen Archivs fand sich nämlich<br />

ein Actenfascikel, enthaltend Neverfe der herzoglichen Bischöfe oder<br />

ihrer Beamten über Holz, das der Rath auf Ansuchen der Fürsten aus<br />

dem Stadtwalde hatte liefern lassen. Auf dem Umschlage dieses Acteubüudels<br />

steht iu Handschrift etwa des XVII. Jahrh, „kann in der<br />

Privilegiumlade aufbewahrt werden", und diesem Umstände verdanken<br />

die Papiere ihre Rettung. Denn bei dem großen CöZliuer Brande<br />

1718 verbrannten mit dem Rathhause sämmtliche darin befindliche<br />

Acteu und nur die Privilcgiumlade — enthalteud die städtischen Urkunden<br />

bis zur Fuudatiousurkunde vom Jahre 1266 — wurde aus<br />

den Flammeu gerettet.<br />

2


18 Cöslin und die letzten<br />

nommen in Bast, Streitz, dann in dein von ihm erbauten<br />

Lnstschlosse Casimirsburg; nnd icuch in den Jahren seines Siechthums<br />

ist er ruhelos umhergezogen, wie dies die ans Paurhufe,<br />

Stoikow, Kloster Altenstadt (bei (5olberg) datirtcn Urknnden<br />

beweisen. Etwa bis in dac- Jahr 1590 scheint Casimir<br />

sich mit Vorliebe in Bast anschalten zn haben. "'^) In diesem<br />

Jahre ließ' er in der Kirche die noch heute zu sehende Walfischrippe<br />

aufhängen mit einer lateinischen Inschrift versehen. -^)<br />

Znm großen Aerger der Colbergcr, die deshalb anch Beschwerde<br />

führten, baute der bischöfliche Amtmann in Bast mit Casimirs<br />

Erlanbniß eine Schnte nnd trieb, ähnlich wie die Cöslincr,<br />

Seehandel. Ob, wie er behauptet, ans der Schute nnr das<br />

Korn ans den stiftischen Aemtern nach Stettin hatte verschifft<br />

werden sollen oder ob, nach Aussage der Colberger, das zurückkehrende<br />

Schiff anch Handelswaaren, namentlich Salz brachte,<br />

bleibt dahingestellt. -^) Die Urkunden, die uus über den Aufenthaltsort<br />

Casimirs in den einzelnen Jahren so trefflich unterrichtcn,<br />

haben welter keinen wichtigen Inhalt. Banliche Verändernngen<br />

in Bast^) veranlassen den Bischof, von dem Nathe<br />

der Stadt Cöslin Bauholz zn erbaten. Jedenfalls hat Casimir<br />

diese Gefälligkeit des Rathes sehr oft in Ansprnch genommen;<br />

seine Wünsche scheinen aber von den Cöslincrn immer<br />

erfüllt worden zn sein, denn in den späteren Urknnden seiner<br />

Nachfolger finden fich angeheftet Gegenschriften des Rathes,<br />

worin die Forderung nnr theilweise bewilligt wird. Der Bischof<br />

Verf. führt die Daten der Va st er Urkunden an. Schon<br />

d. sagte 1578 (^siinirus ox I^a^to ^rol^etnä in 3un.ni<br />

It^lic^m i'0^iit. 1582, >'.. April; 1585), 3. August, 1586,<br />

23. März und 28. October. Aus den Iahreu 1582 uud 1583 drei<br />

Urkuudeu aus Streitz datirt.<br />

53) Der Walfisch ist damals iu der Ostsee gefangen. Vrügge-<br />

Mllnn, Beschreibung Pommerns uutcr Bast. Das Stränden vou Walfischen<br />

am Ostseestraude kam öfters vor, erregte aber immer die Gemüther<br />

als Vorzeichen trüber Zeiten, vgl. z. V. Micräl. V, Seite 85.<br />

^) Riemann a. a. O. Seite 339.<br />

55) Einmal auch <strong>für</strong> die Kirche zu Schwessin.


Caminer Bischöfe. 19<br />

mag demnach mit den Städtern in gntem Einvernehmen gestanden<br />

haben. Die Tngend der Geselligkeit wnrde ihm schon<br />

bei Lebzeiten als eine hervorstechende Charactercigenschaft beigelegt,<br />

56) und so mag er gern mit den Bürgersleuten seinen<br />

Verkehr gehabt haben. Am 16. Mai 1582 schickte er von<br />

Streitz eine Einladung an den Cösliner Magistrat, ihn, der<br />

„ehliche benachbarte von Adel nnd andere gnte Lente" bei sich<br />

hätte, schon von früher Tagesstunde an mit Weib nnd Kind<br />

zu fröhlichem Zusammensein Zu besuchen. ^'') Auch in Colbcrg<br />

soll Casimir mehrfach auf Vürgcrhochzeiten, selbst in den niederen<br />

Ständen, gewesen sein. ^) Das Zechen wird bei diesen<br />

geselligen Zusammenkünften in Bast, dem Eharacter des damaligen<br />

Zeitalters entsprechend, eine große Rolle gespielt haben.<br />

Forderte doch Casimir sogar auf, ihm aus der Ferne Bescheid<br />

zu thuu. So schrieb er au seinen Bruder Ernst Ludwig (Bast,<br />

3. August 1583), ich bringe E. L. einen großen Becher mit<br />

Wein mit freundlicher Bitte, E. L. wolle E. L. Armen Inngen<br />

Bruder Bescheid thuu. ^) Vielleicht suchte man in solchen ausgelasseneren<br />

Zechgelagen auch die Nöthe der Zeit zu vergessen;<br />

denn wiederholt trat damals in den Landen die Pest in furchtbarer<br />

Gestalt auf: in Cöslin starben, nachdem schon 1584 die<br />

Pest geherrscht hatte, im Jahre 1585 1400 Menschen! desgleichen<br />

fielen der Krankheit viele Menschen in Bublitz und<br />

auf den Dörfern zum Opfer. ^") So gesellig sich auch Casimir<br />

den Cöslinern und anderen Bürgersleuten gegenüber zeigen<br />

mochte, so war ^as Regiment, das er im Stift führte, doch<br />

höchst launisch nnd willkürlich und er hatte mit seinen Ständen<br />

ärgerliche Verhandlungen. Znerst zeigte der Colberger<br />

Klosterstreit, daß Casimir auf gewaltsame Bereicherungen bedacht<br />

war und zäh an seinem Raube festhielt. Seit Einfüh-<br />

56) Micrälius, IV, Seite 404.<br />

57) Haken a. a. O. Seite 60. Achnlich der Brief Casimirs vom<br />

Jahre 1591.<br />

58) Niemann a. a. O. Z50.<br />

n) Bricfstclle in Valt. Studien 11, 2, Seite 172.


20 Cosini und die letzten<br />

rung der Reformation waren die Klöster eine willkommene<br />

Nente geworden; wenn anch die Iuugfrauen-Klöster theilweise<br />

mit geänderter Vestimmnng als Versorgungsanstalt der Fräulein<br />

fortbestehen blieben, so war das Patronat ein nicht minder<br />

begehrenswerther Besitz. In Colberg eollidirten mm bei<br />

den Patronatsansprüchen der Rath der Stadt nnd der Bischof.<br />

Der Colberger Rath hatte in dieser ganzen Zeit eine schwierige<br />

Stellung. Die Blüthe des Colberger Handels war vorüber<br />

und andererseits mußte Stadt und Rath unter Anstrengungen<br />

und Kosten sich wehren und sträuben gegen den die Landeshoheit<br />

mit immer wachsenderem Glücke betonenden herzoglichen<br />

Bischof. Die hart bedrängte Stadt, vergeblich bemüht sich zu<br />

schützen durch den papierenen Wall ihrer Privilegien, suchte<br />

bei Kaiser und Reich Hülfe. Das brachte ihr Wohl ehrende<br />

Zuschriften „an des Reichs liebe und getreue Bürgermeister" —<br />

aber auch keinen wirksameren Schntz. ^) In dem Klosterstreite<br />

verstieg sich der Rath sogar zu einer Appellation an den Papst,<br />

erntete damit aber erst recht Verunglimpfung: denn allgemein<br />

griff man ihn an als „Mamelucken und Abtrünnige'" Casimir,<br />

weit rücksichtsloser als Iohauu Friedrich, griff im Jahre<br />

1580 mit fester Hand zu, um sich in den Besitz des Klosters<br />

zu setzen, indem er äußerte, er wolle den Colbergcrn zeigen,<br />

was ein Bischof uud Haupt heiße. Es kam in der Folge fast<br />

zu einem völligen Kriegszustande zwischen Bischof und Stadt.<br />

Der Rath Colbergs, mehr nnd mehr eingeschüchtert, mußte<br />

zuletzt annehmen, Casimir habe es anf eine völlige Herrschaft<br />

über die Stadt abgeseheu, und als einmal der Bischof bei einer<br />

Reise in sein Land durch Colberg reiten wollte, sperrte der<br />

Rath dem Landesherrn die Thore. Später allerdings wurde<br />

dem wartenden Fürsten erlaubt, hindurchzuziehen, aber die<br />

Bürgerschaft bildete in Wehr uud Waffeu Spalier, so daß<br />

Casimir wuthschäumend erklärte, „<strong>für</strong>stlicher Stand und Ehre<br />

sei vor dem ganzen Lande verletzt uud geschmäht." Eudlich<br />

am 4. Mai 1587 kam unter persönlicher Vermittelung der<br />

Das folgende nach Niemami.


Caminer Bischöfe. 21<br />

Herzöge Johann Friedrich und Ernst Ludwig, die zu Colberg<br />

erschienen, ein Vergleich zu Stande, wonach sowohl das Patronat<br />

als die Verwaltung des Klosters dem Bischof eingeräumt<br />

wurde. "2) Die beiden regierenden Herzöge zu Pommern, namentlich<br />

Johann Friedrich, nahmen, abgesehen davon, daß sie sich<br />

in diesem ärgerlichen Streite zwischen Casimir uud Colberg<br />

ins Mittel schlugen, auch sonst mehrfach Gelegenheit, sich um<br />

die Regierung ihres jüngsten Bruders zu kümmern. Dies war<br />

zunächst in der Bublitzischen Kaufaugclegenheit der Fall. Bischof<br />

Erasmus von Manteuffel hatte Schloß und Städtchen Vublitz<br />

1531 erblich an Marens Puttkamer verkauft; von diesem hatten<br />

es die Massolo erworben. Im Jahre 1577 verkauften wiederum<br />

die von Massow „das ganze Städtlein und Haus Vublitz"<br />

au den Bischof Casimir <strong>für</strong> 17000 Fl. Pomm. ^) Die Bezahlung<br />

der Kaufsumme, die natürlich die Stiftsstände auf sich<br />

uchmcn mnßtcn, scheint aber langsam von Statten gegangen<br />

zu sein. Die Massow als Lehnsleute Herzog Johann Friedrichs<br />

wandten sich mit Beschwerde an diesen uud Johann<br />

Friedrich schrieb an seinen Bruder ciucn Mahnbrief.^) Nr<br />

lautet:<br />

Uusere freundliche Dienste und was wir der brüderlichen<br />

Verwandnis nach liebs und gnts vermuegen zuvor. Hochgeborner,<br />

Hochwürdigcr Fürst, frcuutlicher lieber Bruder welcher<br />

maßcu uus die erbare uufcre Lehenleute und liebe getrewen<br />

Clanß und derselben Cousortcn die Massoven zu Landtow<br />

62) Das letztere scheint daraus hervorzugehen, daß Casimir 1589<br />

zur Bezahlung seiner Schulden das Kloster auf acht Jahre an die<br />

Staude abtrat. Urkunde des Laudtagsabschiedcs 1539, über die weiter<br />

uuteu.<br />

^) Kratz, Etä'dte Pommerus uuter Vublitz uach der im Staatsarchiv<br />

zu Stettin vorhaudeueu Originalurkunde.<br />

^) Das Mauuscript der ^Vim^L ?0iu. auf der Schwederscheu<br />

Vibl. war eiugchcftet iu alte Url'uudeublätter, um die aus einem katho«<br />

lijcheu Missale ciu steifer Pergaiueutdcckel geschlagen war. Auf eiuem<br />

dieser Urkuudcublättcr faud Verf. (auschciueud abschriftlich) den Brief<br />

Iohauu Friedrichs au Casimir.


22 Co'Zlin und die letzten<br />

Cuedow und Rubow gesessen Ihre wieder E. L. Stifftsstcnden,<br />

der Vublitzische Nachrest belangend habender Schuldt<br />

ordtnung in nltderthenigen Bericht <strong>für</strong>bracht und zu erkennen<br />

geben, anch daneben umb unsere Proinotoriales ahn E. L.<br />

zu endlicher Expedition und Entscheidung dieser sachen underteniglich<br />

bittend angelangt, da werden E. L. auß den einlagen<br />

berichtet zu werden sich unbeschwert mussigen.<br />

Wan den wir das diese lanckwilige fache denmale eins<br />

zum eutlichen ausschlag gelangen muegc gantz gerne vornehmen<br />

anch E. L. denn stiftsstenden sowol als den Clegern<br />

weil wirs allen theilen furtreglich zu feiu erachten: freundtlich<br />

uud gnediglich wol gunnen inuegen und nicht zweifeln<br />

E. L. zu entlicher Abhellfung dieses Handels geneigt fein<br />

werden.<br />

So bitten wir abermalß ganz freundlich bei den Stiftsstenden<br />

uud dene znm Ausshub der Obereinnehmern (?) verordenten<br />

die ernste verfuegunge thun wollten damit sie nicht<br />

allein ihrer Erklerung nach zur liquidation gewisse tageZeit<br />

bestimmen und sich derwegen mit den Massoluen vereinbaren<br />

sondern anch daran lein mnegen, das diese unsere Lehenleute<br />

mit wirklicher Zalung des nachstandes an Hanptsum Zinsen<br />

und schedcn an barem Gelde abgefunden und zufrieden<br />

gestellet und die auf äussersten Nottfall verordente<br />

nnd ihnen den stenden angedeute Rechtsmittel<br />

vermitten werden. Das ist an sich Mich und wir<br />

sammt E. L. auch ohne das freuut und Brüderlich zu dienen<br />

gefließen.<br />

Datum Alten Stettin den 7. Juli Anno 1589.<br />

Von Gottes gnaden<br />

Johann Friedr. Hertzog u. s. w.<br />

Es gab aber noch andere Bcschwerdepnnkte, die die beiden<br />

regierenden Herzöge gegen ihren Bruder, den Bischof, zn<br />

erledigen hatten. Nach mehrfachen Mahnungen sandten daher<br />

Johann Friedrich nnd Ernst Ludwig am 3. August 1589 zwei<br />

Räthe auf den Landtag des Stifts nach Eöslin zur nachdrücklichen<br />

Erinnernng an die Bestimmungen des Erbvertrages von


Cammer Bischöfe. 23<br />

Iasenitz. ^') Namentlich erregte es den Verdruß der beiden<br />

herzöge, daß Casimir unleugbar in seinen Negicrnngshandlungen<br />

ein Streben nach Neichsuumittelbarkcit durchblicken lasse;<br />

so weun er z. V. die Neichssteuer uicht an die <strong>für</strong>stlichen Kassen,<br />

sondern an den Neichspfenningmeister schickte, wodurch<br />

Kaiser und Reich leicht von Nenem der Gedanke kommen könne,<br />

das Nisthum als eiuen unmittelbaren Neichsstaud anzusehen.<br />

Ueber die Berhaudluugeu mit deu Ständen des Stiftes selbst<br />

wurde ciue Urkuude aufgesetzt, der wichtige „Landtages-Abscheidt"<br />

vom 23. Oetobcr 1589.^) Wir geben in Kurzem<br />

den Inhalt dieser <strong>für</strong> die Regierung Casimirs so überaus bedeutsamen<br />

Urkunde. Znnächst berichtet Bischof Casimir „den<br />

Prälaten Mahn uud Stctten," in wie verschuldetem Zustaude<br />

das Visthum schon bei seinem Amtsantritt gewesen sei. Die<br />

„Vorwerke nnd Schcffereien" waren verwahrlost und doch sei<br />

„bei <strong>für</strong>stlichen Durchzügen" Anfwand nothwendig. Ans das<br />

Begehren Casimirs um Abhilfe beriefen sich die Stände auf<br />

die mit Casimir getroffenen Vereinbarungen von 1574 und<br />

1582; sie weisen auf ihre sonstigen schweren Ausgaben hin,<br />

als da sind Reichsstcucru, Bublitzer Kaufgcld^) u. s. w. Endlich<br />

verstehen sich die Stände „aus sonderlicher uuderthemger<br />

trewe und znncignng gegen Casimir nnd nicht aus Pflicht"<br />

zur Abhilfe. Au Schulden des Bischofs sind vorhanden 13115 R.<br />

„außleudische uud zinsbare" e. 15987 R. „pflückschulden" an<br />

„Kremcr, audcre Handels uud Handtwerkeslente, auch zum<br />

Theil au die Räthe uud Diener." Den ersten Posten wollten<br />

^) Instniction der Näthe bei Schöttgen nnd Kreysig III, Seite 344.<br />

66) Drei Exemplare jedes Abschiedes wurden unentgeltlich in der<br />

Kanzlei gefertigt, zwei den Landmarschällen nnd eines den Städten zugestellt.<br />

Sell HI, Seite 396. Das städtische Archiv Cöslins besitzt<br />

ein Exemplar.<br />

67) Ueber das letztere s. den Brief Johann Friedrichs an Casimir.<br />

Die Neichsstenern, ebenso die Beiträge <strong>für</strong> den obersächsischen Kreis,<br />

zu dein Hcrzogthnm Pommern nnd Camin gehörten, waren beträchtlich;<br />

in den Jahren 1592—1607, also in sünfzchn Jahren hatten diese<br />

dciden '/.^ Million N. beigesteuert, Camin allein etwa den sechsten oder<br />

siebenten Theil davon. Sell III, Seite 513.


24 Cöslin und die letzten<br />

die Stände auf sich nehmen, der zweite sei aber eine „unge-<br />

wöhnliche Newerung", deshalb verpflichtet sich der Bischof zur<br />

Tilgung dieser Schuld das ihm gehörige Kloster Altenstadt<br />

acht Jahre lang „in vulekommener Administration" an die<br />

Stände abzutreten. Casimir behalt sich nur die seit alter Zeit<br />

bestehenden Rechte, wie z. B. „jehrliges Ablager auff der<br />

Iagtt" vor. Außerdem verehren die Stiftsstände dem Fürsten<br />

ein Geschenk von 1000 Gulden. Was nun die Beschwerden<br />

der Stände betrifft über des Bischofs „Haus- und Hofhaltung,<br />

Bestallung der Empter, Visitation u. s. w.," so verpflichtet<br />

sich Casimir, von jetzt ab gleichmäßige Justiz zu üben und<br />

„Gericht und Kanzlei hinfurdt zu Cöslin wesentlich zu<br />

halten;" ebenso verspricht er Visitationen.^) Durch Be-<br />

schränkung der Diener, Hauptleute und ihres Gehaltes will er<br />

Sparsamkeit üben, auch ohne Wissen der Stände keine Lehen<br />

und Güter verschleudern. Schließlich wird dem Secretarius<br />

Casper Iüncken eine Gratifikation bestimmt und die bestätigte<br />

Polizeiordnung Colbergs auch Cöslin empfohlen."<br />

Manches können wir aus dieser wichtigen Urkunde ent-<br />

nehmen. Die bisherige fünfzehnjährige Regierung Bischof Casi-<br />

mirs scheint nicht die allerbeste gewesen zu sein. Wenn er<br />

auch behauptet, daß das Bisthum zur Zeit seines Regierungs-<br />

antritts in sehr verwahrlostem Zustande gewesen sei, so hatte<br />

er doch nicht besser gewirthschaftet. Die Schulden waren zu<br />

bedeutender Höhe angewachsen. Was die 13115 R. „auslen-<br />

dische und zinsbare" betrifft, so kennen wir deren Ursprung<br />

nicht; schlimmer sind die „pflückschulden", denn sie bekunden<br />

eine wenig würdige Finanzwirthschaft, die den kleinern Krämern<br />

und Handwerkern ihren Verdienst vorenthält und die Besol-<br />

dungen der bischöflichen Diener nicht zu zahlen vermag. Des<br />

Bischofs Einkommen betrug im XV. Jahrh, etwa 40000 Gul-<br />

den. ^) Cs läßt sich nun schwer übersehen, wie in und nach<br />

dem Reformationszeitalter sich die Einnahmen geändert haben.<br />

66) Eine Kirchenvisitationwurdei.I. 1591 abgehalten. HakenS.178.<br />

N) Sell a. a. O. II, Seite 295. Die Einnahmen sind genau specificirt<br />

in Klempin dipl. Beiträge Seite 466.


Caminer Bischöfe. 25<br />

Nur einige Fingerzeige können gegeben werden. Die <strong>für</strong>stlichen<br />

Wittwen erhalten in unserem vorliegenden Zeitraum gewöhnlich<br />

ein Iahrgehalt von 4000 Gulden; ungefähr ebensoviel<br />

beträgt die Apanage eines nicht mit einem Fürstenthume bcdachtcu<br />

Prinzen. ^) Als später Bogislav XIV. die Regierung<br />

des Bisthums übernimmt und in der Person des Herzogs Philipp<br />

Julius sich ciucn Coadjutor an die Seite setzen lassen<br />

muß, werden diesem Coadjutor 8000 Guldeu jährlich von den<br />

Stiftseinkünften gewährt.'") Alle diese Anführungen lassen<br />

die Schätzung berechtigt erscheinen, daß auch in unserem Zeitraum<br />

die Einkünfte des Bisthums, das doch immer als ein<br />

nicht unbedeutendes Fürstcnthum anzusehen war, sich auf der<br />

Höhe jener oben erwähnten Ziffer erhalten haben werden.^)<br />

Aus den Beschwerden der Stände ist ferner zu entnehmen, daß<br />

Bischof Casimir sehr willkürlich regiert habe. Das Versprechen<br />

gerechter Iustizübung setzt eine bisherige üble Gerichtspflege<br />

voraus; Zugleich unterlaufen Klagen über Verschleuderung der<br />

bischöflichen Güter an Günstlinge u. s. w. Wichtig war es,<br />

daß Gericht und Kauzlei hinfort zu Cöslin seinen Sitz haben<br />

sollte. Wenn auch der Fürst es noch vorzog, unstet herumzuschweifcu,<br />

so entwickelte fich doch Cöslin mehr und mehr zur<br />

Residenzstadt und wird durch den Zuzug der Hofbedienten und<br />

Beamten erhöhten Wohlstand gefuuden haben. Casimir selbst<br />

hat, wie gesagt, nicht dauernd seinen Aufenthalt in Cöslin genommen.<br />

Ebenfo wie bis zu dieser Zeit Bast ein Lieblingsschloß<br />

des Bischofs gewesen war, so taucht von jetzt ab Casimirsburg<br />

als bevorzugter Ort des <strong>für</strong>stlichen Hofhaltes auf. ^)<br />

w) z. B. Herzog Ulrichs im Jahre 1606; vgl. über die Witt«<br />

wenemkünfte Sell, a. a. O. III, Seite 428.<br />

") Ebenda Seite 444.<br />

^) Ganz anders urtheilt allerdings Hainhofer (Baltische Stndien<br />

II, Seite 74): Die Einkommen, welche sich in die 18W0 Gnlden jehrlich<br />

erstrecken, ziehen die Capitalares nnd ihr Bischofs, so jetzt Herzog<br />

Franz in Pommern F. G. hat nit mehr vom Bisthnm, als den Namen<br />

nnd etlich wenig fl."<br />

^) Reverse datirt von Casinnrsburg : 1) W.Mai 1591 ; 2) 17.Juni<br />

1591; 3) 16. December 1591; 4) 13. Juni 1595; 5) 26. Juni 1595.


26 CöZlin und die letzten<br />

Daß Casimirsburg, wie Brüggemann (Veschreibnng Pomnlcrns)<br />

berichtet, erst 1592 durch Anlage eiuer Stuterei gegründet sei,<br />

ist uurichtig, da schon aus dem Jahre 1591 Urkunden von<br />

Casimirsbnrg datirt vorhanden silld. Uebrigens legte Bischof<br />

Franz 1607 zu Casimirsburg einen Roßgarten an. Jedenfalls<br />

mnß seit etwa 1590 das <strong>für</strong>stliche Hans in Casimirsbnrg<br />

fertig geworden sein. Der Bischof erhielt jetzt öfter Befnch<br />

und es werden ihm daraus, wie auch der Laudtagsabschied besagt,<br />

schwere Kosteu erwachsen sein. So befuchte ihn Herzog<br />

Bogislav, der zn Barth und Franzbnrg residirte. Bezeichnend<br />

<strong>für</strong> die gemüthlicherm Beziehungen des Herzogs zn der Bürgerschaft<br />

Cö'slins ist wiederum der Brief, deu Casimir aus<br />

Anlaß dieses Besuches am 17. Juli 1591 au deu Rath richtete<br />

uud woriu er bittet, sür ihu zu jagen uud das geschosseuc<br />

Wildpret ihm in die Küche zu liefern.^) Im Jahre 1594<br />

zog der brandenbnrgische Kurprinz Johann Sigismnnd zur<br />

Hochzeit nach Prenßcn nnt vielen Fürstlichkeiten uud eiuem<br />

Gefolge von 508 Pferden dnrch Pommern. Ebenso loie die<br />

Fürstlichkeiten zn Stettin herrlich aufgenommen wurden,") werden<br />

sie auch zu Cösliu voruehm bewirthet worden sein. Bei<br />

folchen <strong>für</strong>stlichen Besuchen war natürlich Cöslin innner die<br />

Residenz und Stätte des Empfangs nnd Casimir kehrte dann<br />

vom Lande auf sein Schloß in der Stadt zurück. ^) Casimir<br />

war jetzt 38 Jahre alt, da traf ihn schwere Krankheit, die ihn<br />

die letzten zehn Jahre siech und elend machte. ^) Leider hatte<br />

er sich die Krankheit durch eigeue Schuld zugezogen uud werdeu<br />

wir, wenn wir zum Schlüsse des Berichts über die Regierung<br />

Casimirs eine Characteristik des Fürsten geben, noch ein-<br />

74) Haken a. a. O. Seite 81.<br />

'5) Friedeborn II, Seite 142.<br />

76) In dem vorhin erwähnten Brief Casimirs an den Nach heißt<br />

es: „Vogislav ist Willens, ans nnserem Hause zn Cöslin anzu«<br />

kommen :c."<br />

"1 Micrälins IV, Seite 403. Varthold a. a. O. Seite 437,<br />

„seit 1595 säst immer bettfest."


Canüner Bischöse. 27<br />

mal darauf zurückkommen. Als ob aber die Krankheit seine<br />

Nngednld bedeutend gesteigert hätte, so wechselt jetzt der Aufenthalt<br />

des Fürsten in immer rascherer Folge. Casimirsburg,<br />

Cöslin, Paurhuse, Stoikow, Altstadt bei Colberg erscheiuen<br />

unmittelbar hintereinander in den Urkunden. ^) Wie reizbar<br />

der Fürst jetzt war, geht aus den Urkunden hervor, die den<br />

jetzt anhebenden Eventiner Grenzstreit betreffen. ^) Das Bisthum<br />

grenzte nämlich östlich in der Gegend des Vulowschen<br />

Sees an das Fürstenthum Barnims des Jüngern, der Rügenwalde<br />

bei der Erbtheilung erhalten hatte. Wegen „der Heydebrecken<br />

schorbigcn Pscrde" war, nm die Weitervcrbreitung<br />

der Krankheit zn hindern, ein Graben ausgeworfen worden,<br />

der aber zu weit in das stiftische Gebiet hincingriff. Die Brüder<br />

Casimir und Barnim konnten sich nicht einigen. Herzog<br />

Philipp von Wolgast that Vorschläge zur gütlichen Einigung.<br />

Endlich gehen beide Brüder den ältesten Bruder, das Haupt<br />

der Familie, Johann Friedrich um Entscheidung an. In dem<br />

Aetenstücke über diesen Grenzstreit sind die beiden Vertheidigungsschristen<br />

Herzog Casimirs und Herzog Barnims an ihren<br />

Bruder mitgetheilt. Bei der Klageschrist Casimirs heißt es<br />

zum Schlüsse<br />

hat es wollcu I. N. May. klagen.<br />

Also Casimir wollte in dem Eifer, seine Unterthanen, die<br />

Bulgrine, zu schützen, bis an Kaiser und Reich gehen. Der<br />

Streit zog sich bis m das Jahr 1026 hin, wo nach Brüggemann<br />

6") die Grenzstreitigkeiten zwischen Eventin uud Repkow<br />

am 11. Zannar endgiltig entschieden wurden. Trotz seiner<br />

Krankheit hatte Casimir doch noch seine Freude an ziemlich<br />

^) 1597: 22. März Paurhnfe, 30. Juni Stoilow, 26. October<br />

Altstadt bei Colberg.<br />

^') Durch die Güte des Herrn Landgerichtsraths Hildcbraud ist<br />

dem Versasser ein Actenstück zugestellt worden, das diesen Grenzstreit<br />

bis in die Zeit Bogislavs XIV. verfolgt.<br />

N) Unter Eventiu.


28 Cöslin und die letzten<br />

rohen Scherzen; davon giebt Kunde fein Colberger Aufenthalt<br />

im Jahre 1600.^) Er war nämlich am 12. Juni mit Herzog<br />

Johann Carl von Braunschweig in Colberg eingetroffen, um<br />

dort mehrere Tage sich aufzuhalten. Die Fürsten wurden täglich<br />

auf dem Rathhause gespeist und als sie von den feurigen Weinen<br />

aus dem Rathskeller stark aufgeheitert waren, ließen sie<br />

ihren Barbier holen und schoren den ehrsamen Rathsherren<br />

den Bart. Desgleichen mußten die Bürger sich dieser Procedur<br />

unterwerfen, so daß vom 14. bis 16. d. M. „das Rathhaus eine<br />

Varbierstube, die Consuln und Bürger Schafe, die Fürsten<br />

Barbiere" wurden.^) Im folgenden Jahre kam der Bischof<br />

abermals nach Colberg, um den dortigen Aufruhr zu schlichten;<br />

50 Reisige und 24 mit Prälaten und Räthen beladene<br />

Wagen waren feine Begleitung. Die Bürgerschaft hatte sich<br />

gegen den Rath aufgelehnt und erstrebte demokratische Gleichberechtigung.<br />

Die aufgeregten Gemüther vermochte auch des<br />

Laudes<strong>für</strong>sten Ansehen nicht zu beruhigen. Casimir empfand<br />

seine Niederlage wiederum als einen persönlichen Schimpf.^)<br />

Seine Krankheit wurde nun immer unerträglicher uud er reiste<br />

deshalb in ein Bad 1601 unter Begleitung feines Leibarztes,<br />

des Stadtphysikus Schultze aus Colberg, der dieselbe vertrauensvolle<br />

Stellung auch unter den Herzögen Franz und Ulrich<br />

einnahm. 64) Herzog Johann Friedrich war im Jahre 1600<br />

gestorben und Casimir hatte selbst ihm in Stettin das Grab-<br />

6l) Schon 1599 am 26. Ottober war Casimir im Kloster Altenstadt.<br />

Ob er damals der Jagd obgelegen habe im Siederlande und<br />

in Bork, bleibt dahingestellt. Er hatte eine Brücke über die Persante<br />

schlagen lassen und die Colberger muthmaßten neue Eingriffe in ihre<br />

städtischen Rechte. Niemann Seite 337.<br />

b") Riemann a. a. O. Seite 350; denselben Scherz erlaubte sich<br />

Herzog Wilhelm von Cleve 1573 in Königsberg. Baczko, <strong>Geschichte</strong><br />

Preußens IV, Seite 408.<br />

N) Riemann Seite 353.<br />

84) Riemann Seite 476. Sonst ist noch zu erwähnen, daß Casimir<br />

1599 der Stadt Cöslin einen vierten Viehmarkt erlaubt. (Urkunde<br />

im städtischen Archiv).


Caminer Bischöfe. 29<br />

geleite* gegeben. ^') Die Bestimmung des Iasenitzcr Vertrages<br />

ergab mm, daß Casimir in das Fürstenthum Rügenwalde, das<br />

bis dahin Barnim der Jüngere, der jetzige Herzog in Stettin,<br />

inne gehabt hatte, sucecdirte. Doch verzögerte sich die Niederlegnng<br />

seiner bischöflichen Regierung, wie wir ans den obigen<br />

Ansührnngen ersehen haben, bis in das Jahr 1602.^) Da<br />

erst trat er nach 28jährigcr Regierung vom Visthnm Znrück<br />

und begab sich nach Rügenwalde. Die letzten drei Jahre seines<br />

Lebens brachte Herzog Casimir meistens in Neuhausen zu,<br />

eiuem am Strande gelegenen Hanse, wo er seiner Lieblingsneigung,<br />

der Fischerei, ungestört nachgehen konnte.^)<br />

Dort ist er am 10. Mai 1605 verstorben. Er hätte<br />

eigentlich, als 1603 sein Bruder Barnim starb, in Stettin die<br />

Regiernng übernehmen sollen, doch fühlte er sich schon so krank<br />

und schwach, daß er gerne Verzicht leistete. Aus den letzten<br />

Zeiten seines Lebens werden noch einige Züge von Blutdurst<br />

erwähnt. Er ließ nämlich Titus Götzkc, den Haupträdelsführer<br />

in jenem Colbergcr Aufruhr, den er persönlich herbeieilend<br />

vergeblich zn dämpfen gesncht hatte, heimlich greifen, zu sich<br />

uach Rügeuwaldc bringen und nach schweren Martern enthaupten.^)<br />

Ebenso wurde auf seinen Befehl sein früherer<br />

Günstling, Joachim Damitz, der zur Zeit des Klostcrstreites<br />

fast den Tyrannen Colbcrgs gespielt hatte, zn Vütow an einen<br />

hohen Galgen gehängt.^) Das Bild, das wir von diesem<br />

N) Fricdeborn Seite 165.<br />

N) Micrälins unrichtig schon zmn Jahre 1600, Varthold a. a. O.<br />

Seite 441 richtig.<br />

") Fricdcborn 111, Seite 38. „Er hat im" Fischerlichen Habit<br />

beides zn Winter und Sommerzeit selbst Hand mit angeschlagen, nnd<br />

mehr denn der Fischer einer oft in großer Kälte schwere Arbeit gethan."<br />

^) Nicmann Seite 35)9. Der Fürst sagte: willkommen Colber-<br />

gcr Hauptmann, loser Schelm-, wenn Dn gleich einen Hals hättest,<br />

so dick als der Thnrin, soll er doch herunter. Götzt'e antwortete: lie-<br />

ber Fürst, hast Dn nicht genng am Kopfe, so schere den Vart dazn<br />

(ans die Vartschnr 1601 anspielend).<br />

n) MicrälmZ IV, Seite 401.


30 Cöslin und die letzten<br />

Fürsten erhalten, ist kein sehr erfreuliches. Geselligkeit und<br />

Eifer in kirchlichen Dingen werden ihm nachgerühmt; daneben<br />

aber zeigt seine Regicrnng unverkennbare Züge eines willkürlichen,<br />

grausamen und leichtsinnig wirthschaftenden Regenten.<br />

Seine Unmäßigkeit und sein unordentliches Leben ^) zogen ihm<br />

ein frühes Siechthum zu, und so mochte er sich, wie schon<br />

seine Erziehung eine vernachlässigte gewesen war, am allerwenigsten<br />

unter seinen Brüdern zum Bischof geeignet haben, da<br />

diese Würde, trotz ihrer ganz veränderten Aufgabe, eiueu gewissen<br />

Ernst des Auftreteus nnd eine Pflege der geistigen Interessen<br />

gebieterisch verlangte.^)<br />

Wir kommen jetzt zu der Regierung des Bischofs Franz,<br />

des Fürsten, der ohne Unterbrechung die längste Zeit in Cöslin<br />

residirt hat. Mit dem beginnenden XVII. Jahrhundert<br />

tritt die letzte Generation des <strong>für</strong>stlichen Greifcnstammcs in<br />

Wirksamkeit. Der eine der fünf Söhne Philipps I., Bogis-<br />

- lav, Herzog in Barth, hatte wiederum fünf Söhne, die in dem<br />

ersten Drittel dieses Jahrhunderts eine fröhlich aufblühende,<br />

leider aber schnell welkende Thätigkeit entfalten. Der zweite<br />

Sohn Bogislavs, Franz, war zur Nachfolge im Bisthum bestimmt.<br />

Schon während der Regierungszeit Casimirs wurden<br />

von Bogislav die nöthigen Schritte gethan, um seinem Sohne<br />

die Nachfolge zu sichern. Casimir in feinem siechen Zustande<br />

nnd mehr und mehr mit den Ständen und Colberg zerfallen,<br />

sehnte sich aus dem Visthum hiuweg uud ließ sich 1598 seiueu<br />

Neffen Franz als Nachfolger Postuliren. ^) Franz, geboren<br />

24. März 1577, hatte von seinem Vater eine sehr sorg-<br />

hi Vgl. Batthold a, a. O. Seite 394, 433 und 444.<br />

9') So wurde von Casimir anch das Ehrenamt eines Kanzlers<br />

der Universität Greifswald schnöde vernachlässigt. Varthold a. a. O.<br />

Seite 393. Eine Characteristik des Fürsten hat übrigens Joachim von<br />

Wedell in seiner Chronik gegeben (abgedruckt in Dä'hnert, <strong>Pommersche</strong><br />

Bibliothek II, Seite 354 ff).<br />

92) Barthold Seite 437 nach ^1. (vkonmitii I'mnoi-auic^. Dagegen<br />

sagt Micrälius IV, Seite 13, daß Franz schon im Jahre 1592<br />

znm Visthum als Coadjntor Postuliret sei.


Caminer Bischöfe. 31<br />

fältige Erziehung erhalten. Bogislav hatte sich überhaupt<br />

während seiner 34jährigen Regierung im Herzogthume Barth als<br />

einer der trefflichsten Fürsten gezeigt. Die Bnchdrnckcrci in Barth<br />

selbst, die Gründung von Franzburg als eines Kleinvenedigs<br />

in Bezug auf Handel nnd Industrie geben davon rühmliches<br />

Zeugniß. Nnd so hatte er auch <strong>für</strong> seine Söhne als Fürst<br />

nnd Vater gleich trefflich gesorgt. Martinus Marstaller leitete<br />

in Barth den Unterricht, namentlich der beiden ältesten<br />

Söhne Philipp und Franz. ^) Dann mußte sich der junge<br />

Herzog Franz auf Reisen begeben, um höfische Art und Sitte<br />

kennen zu lernen. Eine große Reise bis nach Wien, Ungarn<br />

und Italien, sowie kleinere Entsendungen an die benachbarten<br />

Höfe, um Hochzeiten oder andern Festlichkeiten dort beiznwohnen,<br />

bildeten den jungen Fürsten, dessen Sinn schon ohnedies<br />

mit Vorliebe ritterlichen Nebungen zugewaudt war, ungemein.<br />

Die Zeit, die er in Pommern weilte, brachte er znmeist an<br />

dem Stcttincr Hose seiner Oheime Johann Friedrich und Barnim<br />

zn uud bekam Einsicht in das politische Getriebe. ^)<br />

Nachdem dann Casimir sich von dem Visthum Zurückgezogen<br />

hatte, wurde Franz, loie er schon vorher zum Coadjutor Postulirt<br />

war, am 15. September 1602 „erwählet und installirct."^)<br />

Mierälius berichtet dann weiter, daß Franz „die<br />

Residenz in Cöslin alsfort begriffen" nnd zwar hat der Bischof<br />

nach seinem Regierungsantritt ungefähr 1^/2 Jahr lang in<br />

Cöslin residirt bis in den Maimonat 1604. So wie seine<br />

Vorgänger der Residenzstadt emen Schmuck gegeben hatten<br />

durch das zierliche Schloß, so begauu Franz neben demselben<br />

an der Stätte der alten Klosterkirche den Bau der Schloßkirche.<br />

Doch ist der Ban sehr langsam vor sich gegangen, so<br />

daß erst im Jahre 1609 die feierliche Einweihung erfolgen<br />

konnte. 9") Unf kürzere Zeit wird jedoch der Herzog auch in<br />

l Barthold a. a. O. Seite 420.<br />

Micrälms IV, Seite 13.<br />

Ebenda.<br />

Haken Seite 187.


32 Cöslin und die letzten<br />

diesen 1^/2 Jahren von Cöslin abwesend gewesen sein; so<br />

steht in einem <strong>für</strong>stlichen Reverse über Holz, das die Stadt<br />

Cöslin geliefert hat, vom 26. Juni 1603 „daß wir alhie uf<br />

unserm Hause Cößlin Zeit unseres AbWesens etwas zu<br />

bawen und kegen anstehendich Wynter anzurichten gnediglich<br />

angeordnet haben." Als dann am 1. September dieses Jah-<br />

res Herzog Barnim in Stettin starb, versäumte Franz nicht<br />

zusammt seinen Brüdern dem feierlichen Leichenbegängniß am<br />

18. October beizuwohnen. Hinter dem Sarge gingen Bogis-<br />

lav, der nun die Regierung übernahm, und feine Söhne, letz-<br />

tere durchaus nicht, wie Joachim von Wedel! bemerkt,^) mit<br />

sehr leidtragenden Mienen. Denn <strong>für</strong> die jungen Fürsten be-<br />

deutete der Tod Barnims einen großen Umschwung in den<br />

Glücksverhältnisfen, da jetzt ihr Vater die Regierung der Haupt-<br />

linie übernahm. Im Jahre 1604 ließ sich Bischof Franz end-<br />

lich die lange aufgeschobene Huldigung in den stiftischen Städten<br />

abstatten. Grund zu dieser Verzögerung hatte wohl der Um-<br />

stand gegeben, daß Franz die von Casimir überkommenen<br />

Zwistigkeiten mit der Stadt Colberg erst zum Austrag bringen<br />

mußte. Zunächst war er mit aller Strenge gegen Colberg<br />

eingeschritten. Tausend Thaler Buße wurden auferlegt und dem<br />

Bürgermeister, Jürgen von Braunschweig, die Bestätigung verwei-<br />

gert. Colberg lehnte daher trotzig die Huldigung ab. Herzog<br />

Philipp mußte vermitteln und erst am 7. März konnte Franz<br />

zur Huldigungsfeier in Colberg erscheinen. ^) Dem mit gro-<br />

ßem Gefolge einziehenden Bischof eilte die Bürgerschaft mit<br />

drei Fahnen entgegen und empfing ihn mit Geschützdonner und<br />

feierlichen Anreden. Auf dem Rathhaus wurde der Fürst meh-<br />

rere Tage festlich bewirthet und am 11. März leistete Rath<br />

und Bürgerfchaft die Huldigung. Dann ist auch von den<br />

andern Städten die Huldigung erfolgt. Am 30. April ist die<br />

Privilegiumsurkunde <strong>für</strong> Cöslin, am 6. Mai die <strong>für</strong> Bublitz<br />

ausgefertigt. ^)<br />

") Vgl. Dähnert, Pomm. Vibl. II, Seite 134.<br />

96) Riemann a. a. O. Seite 357.<br />

n) Die Vublitzer Urkunde Rango orix. ?om. Seite 208. Erst


Cammer Bischöfe. 33<br />

Vielleicht haben den Bischof anf der Hnldigniigsreise fremde<br />

Fürsten begleitet, jedenfalls hat er im Frühjahr Besuch in Cöslin<br />

von Herzog Christian von Holstein gehabt. ^) Bei diesem<br />

Vesnche mnß es recht wüst zugegangen sein nnd macht der<br />

Brief Christians, den er unmittelbar nach seinem Besuche an<br />

Franz schreibt, einen wenig erbaulichen Eindruck. Der Aufang<br />

des zotenhaften Schreibens lantet: Unsern Grus Hertzlieber<br />

Bruder, ich thu mich wegeu der gutthc geleste Ocsellschaf und<br />

der gutheu Rcufche kegcu Dir gans freuudtlich bedankeu undt<br />

freundliche Bitte, mein Bruder wolle meine groben Scherdtz<br />

zu Gutthe haltcu u. f. lv. Bischof Franz antwortet in einer<br />

maßvollen Weise. Unter andcrm schreibt er „daß E. L. sich<br />

gegen uns der beschenn Traetation so hochlich bedanket wehre<br />

unvonnöthen gewesen, sintemal dieselbe nicht dergestaldt, wie sie<br />

billig hette sein sollen uud wir E. L. gerne gegönnt beschaffen,<br />

so erachten wir anch die vorgcwandte Entschuldigung des Schcrtzens<br />

halben ein Neberfluß zn sein, in maßen nicht furgelaufeu,<br />

fo uus widerlich uud nicht lieb gewesen werc. Bitten<br />

dcrowegen iii geringer geleisteter <strong>Gesellschaft</strong> den Willen <strong>für</strong><br />

die Werck zu uehmeu uiid loas uuseres Theils beschen, lins<br />

gleichfalls zu Gnte zu halten." Den Herzog ladt er übrigeus<br />

ein, sciucu Besuch zii wiederholeu; doch kann wohl uur voni<br />

nächsteii Jahre die Rede seiu, dcuu im Mouat Mai liutcrnimmt<br />

Bischof Frauz wiederum eiue größere Reise, die ihn die größte<br />

Zeit des Jahres von Cöslin fernhält. Das Reiseziel war diesmal<br />

Curlaud uud ist Franz bis nach Riga hinaufgezogen. ^)<br />

Zur Wiuterszcit muß er wiederum iu fein Nisihum zurückgekehrt<br />

seiu. Zii den winterlichen Belustigungen des Fürsten<br />

gehörte die Jagd und zwar wählte er sich mit Vorliebe Pribberuow,<br />

eiue bischöfliche Euttavc in der Nähe des Haffes, zum<br />

Tummelplätze. Aus Pribbcrnow datirt ein interessanter Brief<br />

am 23. Januar IW'i ist das Privileg <strong>für</strong> Cörliu ausgestellt. Vgl.<br />

Brüggemann unter Cörliu.<br />

'(") Baltische Studien II, 2, Seite 173.<br />

^i) Micrälius a a. O. Seite 13.<br />

3


34 Cöslin und die letzten<br />

Franzens vom 8. December 1604 „an Herzog Philipp ^)<br />

von wegen des Chronici: Diesem nach wird sich E. L. freuudtlicher<br />

erinnern, daß uns hiebevor das Chromkon, so dieselben<br />

von Wolgast bekommen, eine Zeitlang zu leyen bruderlichen<br />

zugesaggt. Bitten derwegen, daß E. L. unns dasselbe<br />

bei Erster Gelegenheit zuschicken, wan wir nun E. L. itzo aufs<br />

der nehe uud bei itziger jagt woll etwas Zeit, das wirs durchblettern<br />

und cursorie durchlesen könnten u. s. w. ^)<br />

Die Wintermonate des Jahres 1605 hat dann Franz in<br />

Cöslin und Casimirsburg zugebracht, wie dies die Urkunden<br />

ergeben. ^) Um 5. April war die Huldigung Herzog Bogislavs<br />

in Stettin. Bei dem feierlichen Aufritt durch die Straßen<br />

begleiteten den Vater seine Söhne und unter ihnen anch<br />

Bischof Franz, der von seinem Bisthum nach Stettin gekommen<br />

war. ^) Wer hätte damals glauben sollen, daß schon<br />

nach einem Jahre der Tod den trefflichen Fürsten Bogislav,<br />

der jetzt inmitten seiner Söhne zufrieden und glücklich die Huldigungsfeierlichkeiten<br />

entgegennahm, dahinraffen würde? Und<br />

doch war es so! Wiederum eilten die Söhne, so auch Franz,<br />

nach Stettin, um dem Vater am 9. April 1606 die letzte<br />

Ehre zu gebeu. ^) Oleich damals vereinbarten die fünf hinterlassenen<br />

Söhne des Herzogs einen gemeinsamen Tag zur<br />

'02) Philipp II.<br />

'N) Böhmers Ausgabe Kantzows, Vorrede Seite 128. Die erwähnte<br />

Chronik ist die sogenannte Klemtzensche.<br />

in) 22. Februar: Cöslin, Bitte um fünfzig Fuder Strauchwerk-,<br />

26. Februar: die Bitte von Casimirsburg wiederholt; 28. Februar:<br />

Nochmaliges Schreiben des bischöflichen Beamten Caspar Kameke.<br />

'65) Friedeborn III, Seite 39. Von Stettin ging die feierliche<br />

Hnldigungsreise durch die Städte des östlichen Pommerns bis Lauenburg.<br />

Von dort machte Bogislav einen Abstecher nach Danzig. Gewiß<br />

hat Bischof Franz, wie die übrigen <strong>für</strong>stlichen Verwandten, den<br />

Herzog auf dieser Reise begleitet. Barthold IV, 2, Seite 446—447.<br />

'"6) Barthold a. a. O. Seite 456 erwähnt Franz mit dem Zusatz:<br />

kürzlich von seiner nordischen Reise zurückgekehrt, der Bischof<br />

weilte aber bereits seit I V2 Jahren in seinem Visthum.


Caminer Bischöfe. 35<br />

endgiltigen Theilnng des Erbes. Bischof Franz wird also nach<br />

Cö'slin zunächst zurückgekehrt scin^) und am 25. August erschicu<br />

er iu Stettin zur festgesetzten Zeit mit einen: stattlichen<br />

Gefolge <strong>für</strong>stlicher Näthc. ^) Die Verhandlungen machten<br />

viel Schwierigkeit. Bischof Franz hatte im Hinblick auf die<br />

zu erwartende Erbschaft das glänzende Kriegsamt, das ihm<br />

der König von Schweden antrug, nämlich die Veftalluug zum<br />

Obersten über 3000 Manu zu Fuß uud 1000 Pferde ausgeschlagen<br />

'"9) ^d erhob Einsprnch gegen den Regierungsantritt<br />

seines älteren Bruders Philipp. "") Die Nntcrhandluugen zogen<br />

sich bis zum 2. Octobcr hiu; da wurde vorläufig ein Interimsvergleich<br />

geschlossen, wouach Bischof Franz aus der Erbschaft<br />

das Amt Vütow erhielt, Philipp als der älteste im Herzogthum<br />

Stettin suceedirte, die andern Brüder mit Rügenwalde<br />

oder einer Apanage abgefunden wurden. Zum Andenken dieses<br />

endlichen Ausgleichs wurde ein „Güldcpfcnnig" geschlagen<br />

mit der Inschrift: un^. 8a1u8 I^ti'iiio ir^truN ^onooidi^<br />

") Dicfen Pfennig trugeu die Brüder stets pro<br />

ot> 8ÌAU0 li'3.t6i'ui H1N01'18. "") Iu deu Wintcrmonaten<br />

scheint Bischof Franz wieder dem Vergnügen der Jagd<br />

obgelegen zn haben und zwar wurde Pribbernow von ihm<br />

aufgesucht. Wir besitzeu eiue von ihm ausgestellte Urkunde:<br />

15. December Pribbernow, worin der Herzog einwilligt, daß<br />

Andres Vulgriu „zu Wussekcn erbsessen" <strong>für</strong> 500 vom Rath<br />

w


36 Cöslin und die letzten<br />

zu Cöslin entliehene Gulden seinen Hof zu Wusseken vcrpfäu<br />

det „den uns gcbuercndeu Nuß und Mandiensten ohne schaden."<br />

Franz hat also auf den Jagden in Pribbcrnow nicht allein<br />

zur Lccture interessanter Chroniken, sondern auch zur Bestätigung<br />

von Hypothekenbriefen und Abwickelung von Amtsgeschäften<br />

Zeit gefunden; er muß also wohl seinen Seeretair immer<br />

um sich gehabt habcu. ^^)<br />

Das Jahr 1607 brachte uach den trüben Familicncreignissen<br />

der letzten Zeiten ein fröhliches Fest, die Hochzeit des<br />

jetzt ältesten Pommern-Herzogs Philipp II. In Stettin wurde<br />

am 10. März unter zahlreicher Betheiligung <strong>für</strong>stlicher Verwandten<br />

nnd fremder Gesandtschaften die Hochzeit gefeiert:<br />

anch Bischof Franz fehlte nicht uuter dcu Gästen. Das Geräusch<br />

und die Pracht des Festes mag dem verwöhnten Fürsten<br />

die nicht allzu glänzende Residenz seines Bisthnms znnächst<br />

etwas verleidet uud die Sehnsucht nach fremden Höfen erweckt<br />

haben ; denn in: Monat Juni "^) unternahm der Bischof wiederum<br />

eine große Reise. Er ordnete die Verhältnisse des Stiftes<br />

<strong>für</strong> die Zeit seiuer Abwesenheit, übertrug seinem Brudcr<br />

Philipp die Oberaufsicht und zog danu mit ansehnlichem Gefolge<br />

durch die deutfchen nud romanischen Länder bis nach<br />

Schottland hinauf. ^^) Ob diese Reise, die sich über viele<br />

Läuder erstreckte und jedenfalls nicht in knrzem Zeitraum abzumachen<br />

war, eine ebensolange Daner gehabt hat, wie die<br />

später unternommenen Reisen seiner jüngeren Brüder Georg<br />

uud Ulrich, die au zwei Jahre von Pommern abwesend blie-<br />

"3) Die Urkunde ist im städtischen Archiv. Franz hat sein „Daum-ftittschafft"<br />

angehängt. Ans dem Jahre 1606 ist noch zu erwähnen,<br />

daß das Schloßamt protcstirt gegcn Anlage einer nenen Mi'chle zn<br />

Cöslin. Halen Gesch. von Cöslin, Seite 95.<br />

'^) Micrälins a. a. O. Seite 14: vorher Aufenthalt in Casimirsbnrg:<br />

Urkunde vom 5. Mai 160? wegen der Anlage eines Noß'<br />

gartens daselbst.<br />

'^') Als Begleiter werden von Micrälins namhaft geinacht!<br />

Georg von Wedel, Henning Velow, Matzk'e Vork, Hennig Milocnitz,<br />

Peter Putl'amer u. s. w.


Caminer Bischöfe. 37<br />

ben, läßt sich nicht geuau feststellen, "") doch scheint der Bischof<br />

dem Landtage zu Colberg wiederum beigewohnt und den Abschied<br />

vom 10. Oetober 1608 selbst unterzeichnet zn haben. ^)<br />

Vom Jahre 1009 beginnt dann eine rnhigcre und hänslichere<br />

Periode in dein Leben des Bischofs, der jetzt ein Alter von<br />

32 Jahren erreicht hatte.<br />

Viel trug auch dazu bei, daß durch Vollendung der Cösliner<br />

Schloßkirche jetzt allen Anforderungen einer <strong>für</strong>stlichen<br />

Residenz genügt war. Am Johannistage 1609 wnrde die<br />

ans der alten Klosterkirche neu erstandene Schloßkirche, die jetzt<br />

znr heiligen Dreieinigkeit benannt war, feierlich eingeweiht.<br />

Der Bischof Franz hatte die Kosten zur würdigen Herstellung<br />

des Gotteshauses nicht gcschent; ein Künstler aus den Niederlanden<br />

hatte die Kirche mit schönen Gemälden gezieret uud<br />

auch soust sehlte es uicht an prächtigem Ornat. Mag. Adam<br />

Hamel, der zugleich die Stellen eines stiftischen Superintendenten<br />

(nach dem Abgange Edlings) und eines <strong>für</strong>stlichen Hofpredigcrs<br />

(als solcher war er 1594 von Herzog Casimir berufen<br />

worden) bekleidete, hielt im Beisein vieler Fürstlichkeiten<br />

die Weiheredc. "5) Die Behaglichkeit, die jetzt dem Bischof<br />

seine Residenz Cöslin zu bereiten aufiug, ließ in ihm den<br />

Wnnsch aufkommen, anch eine <strong>für</strong>stliche Gemahlin in diese<br />

schmncke Residenz heimzuführen. Die wilden Innggesellengewohnheiten,<br />

namentlich das übliche Vcschcidtrinken, erregten<br />

ihm allmählig Widerwillen; charactcristisch ist in dieser Hinsicht<br />

der Brief an seine Stiefmntter Herzogin Anna, der er im<br />

Herbst 1609 schrieb: Meines Theils thue ich auch durch Gottes<br />

Güthe mich in heilsamer Befristung uoch befinden, Bin auch<br />

des Fürsatzes, auf E. G. und auderer treuherziger Leute Vor-<br />

"5) Es erisiircn Briefe „des Junker Jürgen von dem Walde"<br />

zn Vnckow nnd Zanow crbsessen an seinen lieben Bruder „Franz von<br />

dein Meere" sehr kecken Inhalts. Ledeburs Archiv XIII, 6, Seite<br />

358 ff,<br />

"?) Nan^o oi'ig'in^ I^mcr. Seite 397 nnd 330.<br />

'") Micrälins a. a. O. Seite 26, Haken Seite 187.


38 CöZlitt und die letzten<br />

warnnng, meinen Wandel forthin also anzuschicken, das ich<br />

durch eigene Verursachung, sonderlich mit dem übermäßigen<br />

Trunk mir nicht etwan aufladen oder zuziehen möge, wie dan<br />

durch Gottes Gnade ich diese Tage hero einen zimblichen Anfang<br />

dazu gemacht nnd alreits den Nutz des meßigen nüchtern<br />

Lebens im Werck erspüre. "") Die Wahl des Herzogs war<br />

auf Sophia, eiue fächsische Prinzessin aus dem Geschlechte des<br />

Kur<strong>für</strong>sten Moritz gefallen und nachdem durch vorher abgeschickte<br />

Räthe die Einigung herbeigeführt war, wnrde im Angust 1610<br />

die Hochzeit prächtig zu Dresden gefeiert. Als endlich die<br />

Feste verrauscht waren, wurde die junge Fürstin, begleitet von<br />

mehreren ihrer Verwandten, in ihr nenes Heimathland feierlich<br />

geleitet. In Stettin wurde ihr große Ehre bereitet. Die<br />

Bürgerschaft war mit Fahnen ihr entgegengezogen, leider verspätete<br />

sich der Einzng bis in den späten Abend des Herbsttages<br />

(4. Oetober), so daß trotz der überall aufgehäugten<br />

„Kienpfannen nnd Leuchten" wenig von dem festlichen Einzüge<br />

zu sehen war. Dann wnrde nach kurzer Ruhepause die Reise<br />

fortgesetzt bis Vütow, das Herzog Franz seiuer Gemahlin zum<br />

Leibgeding bestimmt hatte. ^") Wahrscheinlich residirte das<br />

junge Paar zunächst auf Schloß Vütow uud siedelte danu iu<br />

die eigentliche Residenz Cöslin über. ^) D^Z Land Pommern<br />

konnte sich damals über den Mangel an Hofhaltnngen gerade<br />

nicht beklagen. Der zahlreiche Nachwuchs Vogislav XIII. und<br />

die durch den rasch hintereinander eintretenden Tod der früheren<br />

herzoglichen Generation geschaffenen vielen Wittwensitze<br />

bedingten eine Menge größerer und kleinerer Residenzen. In<br />

Stettin residirte Philipp II., dem der nur auf Apanage gesetzte<br />

Herzog Ulrich znr Seite weilte; in Wolgast war die Hofhaltnng<br />

Philipp Julius'; in Cöslin schaltete Bischof Franz;<br />

U9) Baltische Studien II, 2, Seite 173.<br />

'N) Micrälius a. a. O. Seite 30, Friedeborn a. a. O. III, Seite 86.<br />

!2l) Das Ehepaar wurde zur Martinsgans uach Nügeiiwalde<br />

von den Herzögen Bogislav XlV. uud Georg eingeladen, v. Bülow<br />

iu Valt. Stud. XXVIII, Seite550. Brief datirt 6. Nov. Il.10, Malchow.


Caminer Bischöfe. 39<br />

in Nügenwalde lebten die beiden Briider Bogislad und Georg<br />

und wird letzterer, da er sich „in Zanow und Vuckow erbsesscn"<br />

nennt, wohl auch seine Gelüste nach einer separaten Hofhaltung<br />

gehabt haben. Dazu kamen vier Wittwensitzc, die<br />

immerhin den Glanz kleiner Höfe aufrecht zu halten suchten.<br />

Die Wittwe Ernst Lndwigs residirte in dem vorpommerschen<br />

Loitz, die Wittwe Barnims XII. in Wollin, die Wittwe Johann<br />

Friedrichs Erdmuth in Stolp und die Wittwe Bogislavs XIII.<br />

in Neustettin. Die Fürstcnsitze aus der uumittelbar früheren<br />

Zeit zu Barth und Franzburg, sowie auf Kloster Pudagla<br />

warm eingegangen; in der folgenden Zeit tauchen noch anf<br />

der Wittwcnsitz zu Treptow a. Rega und als Sitz eines mit<br />

der Caminer Probststelle versorgten Curländer Verwandten<br />

Kuckelow. Wie schou gesagt, man muß nicht annehmen, daß<br />

die Wittwensitze ein glanzloses Dasein auswiesen. Die Wittwe<br />

Ernst Ludwigs z. V. sorgte stets da<strong>für</strong>, „daß das Geld nicht<br />

im Schimmelpott verdürbe" ^) ^^ ^uch die vergnügungssüchtige<br />

Erdmnth, eine der drei nach Pommern verheiratheten<br />

Schwestern/'^) wird in Stolp die Hoflust befördert haben. ^)<br />

Dem Vifchof Franz mochte diese Nähe seiner Verwandten die<br />

eigene Residenz Cöslin sympathischer machen; denn ein fleißiges<br />

Hin- nnd Herreisen und gegenseitiges Vesucheu brachte in<br />

die Einförmigkeit Abwechselung.^") Seine Residenz hatte Franz<br />

'22) Barthold a. a. O. Seite 431 ans I. v. Wedelt.<br />

'23) Töchtern des mit siebzehn Kindern gesegneten brandeuburgischeu<br />

Kur<strong>für</strong>sten Johann Georg.<br />

'24) Die Wittwe Barnims iu Wollin mußte 1617, als sie ihr<br />

Nefse Philipp II. von Stettin mit seinem Hofstaat besuchte, 112 Personen<br />

mit 71 Pferdeu bei sich verpflegen. Hainhofers Tagebuch Seite 76.<br />

'25)16H erhält Franz von Philipp H. aus Stettin Vesnch<br />

(Micrä'lius Seite 33). 1612 Franz in Dresden zur Kiudtaufe (Micrälius<br />

Seite 42). Ende September ist er uach dem Bericht über die<br />

Lubinschc Ncisc »Baltische Etudieu XIV, 1, Seite 19) mit Bogislav<br />

und dessen jnnger Gemahlin in Colberg. Besuch von Philipp Inlins<br />

aus Wolgast in Cöslin Wicrälius Seite 42). 1613 waren Bogislav<br />

und Georg in Cöslin nnd laden dann Franz ein zur Jagd in Zwölf-


4s) Cöslin und die letzteil<br />

noch mehr zu verschönern gesucht dadnrch, daß er in: Fürstengarten<br />

ein „Lusthaus und eine Nennebahn nach dem Ringe zn<br />

lanfen" anlegte.'26) U^ch erhielt die Innkerstraße, in der die<br />

Hofjunker und Hofbedienteu ihre Wohnilng nahmen, ans jener<br />

Zeit ihren Namen. ^") Große Sorge scheinen die Fürsten damals<br />

nnd zninal das herzogliche Paar in Cöslin der Landwirthschaft<br />

zugewandt zn haben. Daß Casimir nnansgesetzt <strong>für</strong><br />

seine Landsitze sorgte, ersehen wir ans den Urkunden; desgleichen<br />

scheint anch die Herzogin Sophie, Gemahlin des Bischofs<br />

Franz, ihre ökonomischen Interessen gehabt zn haben. Sie<br />

hatte sich ein „Banwerk Softhienhoff" angelegt und in einen:<br />

eigenhändig unterzeichneten Briefe an den Nath vom 8. September<br />

1613^) hi^'t sie <strong>für</strong> dasselbe um Holz und sieben<br />

Fnder „Strewnng."<br />

Endlich lag es in dein Character der damaligen Zeit, daß<br />

die Fürsten den kirchlichen Fragen die größte Aufmerksamkeit<br />

schenkten. Bischof Franz hatte sich schön seine Schloßkirche<br />

Herrichten lassen und ebenso lag ihm am Herzen, einen tüchtigen<br />

Hofftrcdiger zu besitzen. Im Jahre 1010 hatte er aus<br />

Stettin Peter Colemann nach Cöslin bernfen; aber schon 1613<br />

mußte derselbe, weil er wegen seiner eryptoealvinistischen Neignngen<br />

dem eifrig lntherifchen Herzog nnd Hof anstößig wnrde,<br />

nach Cörlin weichen. ^) Sein Nachfolger war Johann Bütow,<br />

Hufen (August, v. Vülow a. a. O.Seite 554.). 1614 die fünf Brüder vereint<br />

in Stettin. Vgl. Winter in seiner Zuschrift an die Herzöge wegen<br />

seines Balthns „E. F. G. anitzo, weil sie beieinander sind." Znm<br />

Inni werden Franz nnd Sophie nach Nngenwalde eingeladen zum<br />

Znsammensein mit Bogislav nnd Georg, Ulrich nnd Erdmuthe aus<br />

Stolp. Dann scheinen Vogislav und Georg wieder in Cöslin gewesen<br />

zn sein; anch versprechen sie ^raiiz nach Colberg zn begleiten am<br />

17. August (v. Vnlow a. a. O. Seite 558.).<br />

'^) Haken Seite 28. Der Schloßgarten wird noch in einer<br />

städtischen Urkunde vom Iabre 1701 erwähnt; vermuthlich befand er<br />

sich vor dem Schlosse den Mnhlenbach entlang.<br />

'2?) Haken Seite 25.<br />

^) Städtische Urkunde.<br />

'-') Haken Seite 188, Micrälins Seite 32 nnd 122.


Caminer Bischöfe. 41<br />

der dem Herzog besser gefallen haben nmß, denn Franz nahm<br />

ihn 1618 mit als Hofprcdiger nach Stettin. Es steckte in<br />

diesen lchtcn Sprossen des Greifenstammes etwas von den crncstinischen<br />

„Bctsürstcn," mit denen sie ja verwandt waren. ^")<br />

Wenn anch Bischof Franz nicht wie sein Bruder Philipp II.<br />

in Stettin jeden Sonntag in einem logenartigen Stübchen in<br />

der Kirche gesessen haben wird, um dort über die Predigt zn<br />

meditiren nnd den Urtext griechisch nnd lateinisch zn vergleichen/^)<br />

so war er doch „ein großer Pricstersrennd," wie<br />

Micrälins sagt, nnd hatte seine Prediger allsonntäglich bei sich<br />

an der Tafel. ^) E^ versäumte daher anch nicht, den hundertjährigen<br />

Gedenktag des Reformationsanfanges, ähnlich wie<br />

in Stettin, wo die Festlichkeit acht Tage dauerte/^') 1017 in<br />

Cöslin glanzvoll zn feiern. ^) Für den gesteigerten Aufwand<br />

seines Hofhaltes kam ihm die immer wieder zu Tage tretende<br />

Widerspenstigkeit der Colbcrger sehr erwünscht, da die Stadt<br />

ansehnliche Strafgelder zahlen mußte. ^) U^ch ließ Herzog<br />

Franz eine Münze in Cöslin anfrichten und verhalf dadurch<br />

seiuem Ländchen zn erhöhterem Ansehen.^'') Im Jahre 1614<br />

wnrde, wie vor fünfzig Jahren dnrch den Durchzug Herzog<br />

Erichs, die Ruhe des bischöflichen Ländchens gestört durch die<br />

in Polen ansgebrochenen Zwistigkeiten. Bischos Franz sah sich<br />

genöthigt, eine Anzahl Soldaten anzuwerben, um die Grenzen<br />

seines Stiftes nnd seines Amtes Bütow zu sichern.^') Col-<br />

'N) Barthold a. a. O. Seite 454.<br />

'^') Vgl. die werthvollen Schilderungen aus dem Tagebuch Philipp<br />

Hainhosers. Baltische Stndien II, 2.<br />

^) Micrälins Seite 85.<br />

''") Barthold a. a. O. Seite 472.<br />

'") Rango Sette 124; Micrälins IV, Seite 6'>.<br />

in) Bischof Franz' Anwesenheit in Colberg im Jahre 1614.<br />

Niemann Seite Z59. Vgl. den oben erwähnten Brief Bogislavs nnd<br />

Georgs an Franz. (v. Biilow.)<br />

'^') Haken Seite 813 ans Simmerns Chronik. „Ietzo haben<br />

H. Frai^z eine Münze hiesclbst aufgerichtet, worin meist nnter Dero<br />

F. G. Gepräge Sildergroschen gepraget werden."<br />

"


42 Cöslin und die letzten<br />

berg mußte zu der aufgebotenen Aeinen Heeresmacht fünfzehn<br />

Mann stellen und diefelben einen Monat lang auf seine Kosten<br />

unterhalten. ^8) Abgesehen von dieser kriegerischen Episode<br />

führte Bischof Franz ein ruhiges, unangefochtenes Leben „auf<br />

seinem <strong>für</strong>stlichen Hause Cöslin."^) Ag machte plötzlich der<br />

Tod Philipps am 3. Februar 1618 seiner Visthumsregierung<br />

ein Ende und führte ihn nach Stettin, wo er noch zwei Jahre,<br />

bis zum 27. November 1620, „den Ort Stettin" regiert hat.<br />

Ueberfchauen wir noch einmal die Bisthumsregierung<br />

Franzens, so müssen wir doch das Urtheil Bartholds, der ihn<br />

„einen Bischof nach dem Schlage Christians von Braunschweig<br />

nennt, ^") zu hart nennen. Man wird in seiner Regierungs-<br />

zeit zwei Perioden unterscheiden müssen, die etwa durch seine<br />

Heirath geschieden sind. Namentlich in der Zweiten Periode<br />

erscheint Franz als ein sich seiner früheren Abenteuersucht und<br />

wilden Lebensweise begebender Fürst, der seinen Regierungs-<br />

geschäften unverdrossen oblag, fo daß feine Emsigkeit des Arbei-<br />

tens uud herablassende Leutseligkeit gegen die Bittsteller gerühmt<br />

wird. ^) Dem kirchlichen Eifer, den er als Bischof bewiesen<br />

-hat, steht leider die Grausamkeit, mit der er später in dem be-<br />

rüchtigten Hexenprozeß der Sidonie von Bork vorging, schroff<br />

gegenüber. Um Wissenschaft soll er sich nicht sonderlich ge-<br />

kümmert haben — hat er doch beabsichtigt, das Stettiner<br />

Pädagogium in einen Pferdestall zu verwandeln;^) ____ M^<br />

Waffen, Pferde und das Kriegshandwerk waren die Gegen-<br />

stände seiner Neigung. Immerhin hat seine Residenz Cöslin<br />

dem längeren Aufenthalte diefes Vifchofs einen großen Auf-<br />

schwung ihres materiellen Wohlstandes zu verdanken und das<br />

in) Riemann a. a. O. Seite 390. Um dies hier gleich zu er<br />

wähnen, so mußte das Stift nach der Anlage von 1557 zum Reiche<br />

6 Mann zu Roß und 28 zu Fuß stellen, was monatlich Kosten von<br />

184 si. ergab. Sell a. a. O. III, Seite 512.<br />

in) Urkunde <strong>für</strong> Anton Schlieff, Schöttgen Pommerlaud Seite 512.<br />

!") a. a. O. Seite 481.<br />

l") Nach Sell III, Seite 181.<br />

!42) Sell a. a. O.


C aminer Bischöfe. 43<br />

Gleiche läßt sich von der Regierung des nun folgenden Bischofs<br />

sagen, des letzten, der dauernd in Cöslin seinen Wohnsitz genommen<br />

hat.<br />

Ulrich, das zehnte Kind ans der ersten Ehe Bogislavs<br />

XIII. und der jüngste der fünf Brüder (ein sechster starb<br />

früh), war den 12. August 1589 geboren nnd dann zn Wolgast<br />

mit seinem Vetter Philipp Inlius erzogen worden. Der<br />

Tod seines Vaters 1606 ließ seine Brüder nnd die Landstände<br />

feste Beschlüsse über seine Zukunft fassen. Er sollte zuuächst<br />

uoch in Greifswald studiren, erhielt eine jährliche Apanage von<br />

5000 Gulden nnd ansehnliche Unterstützungen zugesichert, wenn<br />

er zum Abschluß seiuer Bildung die übliche große Reise machen<br />

würde. ^) ^^ Ai'lmä tour" trat Ulrich von Tübingen, wo<br />

er seine Universitätsstndicn fortgesetzt hatte, im Frühling 1609<br />

an, er durchreiste Italicu, Frankreich uud Spanien, sah in<br />

Paris die Ermordung Heinrichs IV. mit an nnd kehrte, nachdem<br />

er noch England uud Schottland besncht hatte, 1610 nach<br />

Stettin zurück. ^") Von jetzt lebte der apanagirte Prinz bei<br />

seinem ältesten Brnder Philipp bis zu dessen Tode im Jahre<br />

1618. Wir sind ans das genaueste von dem Leben nnd Treiben<br />

des jungen Herzogs unterrichtet durch Philipp Hainhofer,<br />

der im Jahre 1617 in geschäftlichen Angelegenheiten den Stettiner<br />

Hof besuchte, über einen Monat lang das Hofleben beobachten<br />

konnte und darüber ein ausführliches Tagebuch niederschrieb.<br />

^) Herzog Ulrich wird von Hainhofer geschildert „als<br />

ein schöner, starker, heroischer nnd höflicher, sondern auch in<br />

Ritterspielen, im Maneggiren der Pferd und in anderen exercitiis<br />

ein dapfercr, geübter Herr, gueter Waidmann und gar<br />

gewiser Schütz, fein gcstudiert, frembde Sprachen gelchrnet." ^^')<br />

Bei den üblichen Zechgelagen, wie z. V. beim Empfang von<br />

'") Barthold a. a. O. Seite 457; vorher Sell III, Seite 443.<br />

'") Barthold Seile 4M. Briefe eristircn „an den lieben Bruder<br />

Franz vom Meere" in Ledebnrs Archiv Xlll.<br />

"5) In Baltische Etndien II, 2 abgedruckt,<br />

'" a. a. O. Seite MI.


44 CöZlin und die letzten<br />

Gesandtschaften, mnßte Ulrich <strong>für</strong> seinen kränklichen Bruder<br />

das Willkommentrinken übernehmen, „was S. F. G., Wenns<br />

von nöthen that, Ziemlich stark vermochten." ^ ^e Waidmannslnst<br />

ließ den Herzog bisweilen die Morgenpredigt versäumen,<br />

was er durch Strafgelder büßen mnßte: da<strong>für</strong> war<br />

aber sein Auge auch so geübt, daß er beim Vogelschießen, an<br />

dem sich der leutselige Prinz betheiligte, oft Schützenkönig wnrde.<br />

Die Ungezwungenheit seines Verkehrs, die voll Hainhofer hoch<br />

gepriesen wird, ging sogar manchmal etwas zn weit, wie er<br />

denn aus einer Neife den garstigen Hosnarren Mitschi in sein<br />

eigenes Schlafzelt anfnahm. In allem aber, was Ulrich that,<br />

prägt sich eine liebenswürdige Fröhlichkeit aus, „der fröhliche<br />

Junker" wird er genannt und es kennzeichnet ganz sein Temperament,<br />

daß er anf dem Schlosse seiner Tante in Vollin den<br />

nm einen Verwandten trauernden Hainhofer zum „Rayen"<br />

auffordert mit der Bemerkung: anch er müsse um feinen jüngst<br />

verstorbenen Brnder Georg trauern, „aber durch clagen und<br />

trauren künden wir sie doch nit wider lebendig machen."<br />

Es war eine eigenthümliche Fügung, daß ein so „fröhlicher"<br />

Fürst die Visthumsregiernng gerade in einem Jahre<br />

übernahm, das die thränenreichste nnd nnglücklichste Periode<br />

der deutschen <strong>Geschichte</strong> einleitet. Iohanni 1618 wnrde Ulrich<br />

zum Bischof „inftallirt" nnd etwa sechs Wochen zuvor hatte<br />

sich auf dem Prager Hradschin jenes Ereigniß zugetragen, das<br />

man als den Anfang des dreißigjährigen Krieges bezeichnet.<br />

Allerdings sehen wir, daß das Elend des Krieges nur allmählich<br />

um sich griff und daß während der kurzen Negieruug<br />

Bifchof Ulrichs sich erst die Wolken am Horizont sammeln sollten,<br />

aus denen das verheerende Gewitter über Pommern später<br />

losbrach. Ulrich hatte gleichzeitig das Amt Nenstetnn bei dem<br />

Tode seines Bruders erhalten; eigentlich war nach der Erb-<br />

l") Obgleich es an dem Stettiner Hofe verhältnißmäßig solider<br />

zuging, zog das häusige Bescheidtrinken dem Süddcim'chcn doch die<br />

Krankheit des „Schwindels" zn. Herzog Ulrich verchnc ihm zum Ab:<br />

schied einen Becher „ohn ain Boden". A. a. O. Seite 130.


Caminer Bischöfe. 45<br />

einignng von 1N06 ihm Nütow und schon früher Vukow, das<br />

Vefitzthum seines verstorbenen Bruders Georg, zugefallen; aber<br />

es wurde jetzt dieser Tausch beliebt, ^) sy ^ß Ulrich die beiden<br />

Residenzen Cöslin und Nenstcttin zur Hofhaltilng erhielt.<br />

Als ob der Wechsel in seiner Lebensstelluug den Herzog Ulrich<br />

anch in seiner Lanne und Gutmüthigkcit verwandelt hätte, sehen<br />

wir den Bischof gleich in den ersten Zeiten seiner Regierung<br />

harte und strenge Maßregeln treffen. In Colberg war als<br />

Ausgang anhaltenderer Vürgernnruhen cudlich ucben den aristokratischen<br />

Rath ein demokratischer „Ansschuß" als Regierungsbehörde<br />

gesetzt worden. Obschon Bischof Franz Zu dieser Neuerung<br />

seine Zustimmung gegeben hatte, citirtc doch Ulrich die<br />

Häupter des Ausschusses zu sich nach Cöslin, wars die arglosen<br />

Männer in ein hartes Gefängniß und erst nach landesherrlicher<br />

Anfhebnng des Ausschusses wurden sie wieder nach Colberg<br />

entlassen. ^) Ucberhaupt erkennt man den Junker Ulrich<br />

gar nicht wieder: er erließ strenge Polizeivorschristen gegen<br />

den Lnxns nnd die Schwelgerei — solche landesherrliche Verbote<br />

sind damals öfters von den Herzögen erlafsen worden^")<br />

— und suchte so dem übermäßigen Auswaud seiner Unterthanen<br />

in Kleidnng und Schmanscreicn zu steuern. ^) Was<br />

allerdings den Hof anbetrifft, fo scheint der Glanz und die<br />

Pracht desselben im Gegentheil unter Ulrich ihren Höhestand<br />

erreicht zn haben. Es ist nns nämlich eine genaue Bcrechnnng<br />

der Hnldiguugsunkosten <strong>für</strong> die Stadt Colberg erhalten, ^")<br />

nnd können wir aus dem Verzeichuiß uusere Schlüsse auf die<br />

^) Die Mutter Ulrichs, die als Wittwe dort Hof hielt, war<br />

verstorben.<br />

!") Niemanu Seite 361 vernrtheilt diesen Schritt Ulrichs: „wie<br />

oic meisten seiner geschlechtsverwandten Vorgänger im Stifte, ohne<br />

schöpferische Kraft, ohne politische Gedanken, dnldete er nicht einmal,<br />

daß die erste Stadt seiner Herrschaft von innen heraus Heilung ihrer<br />

Schäden snchte n. s. w." Vgl. Nango a. a. O. Seite 125.<br />

lN) Varthold Seite 379, 401 nnd 459.<br />

'5') Nango Seite 125.<br />

'N) Vgl. Niemann Seite 371.


46 Cöslin und die letzten<br />

Zusammensetzung der Cösliner Hofhaltung macheu. Colbcrg<br />

mußte zunächst dem Bischof Ulrich als Huldiguugsgcld zahlen<br />

3555 fl. 17 gr. 14 Pf. Dazu kamen:<br />

Ein vergoldeter Pokal mit hundert Dnkatcn, eine Last<br />

Hafer, zwei fette Ochsen, zehn Schock Neunaugen, eine Ohm<br />

Wein, fünf frische Lachse; Geldgeschenke dem Stiftsvogt Anton<br />

von Bonin, dem Kämmerer Franz Bohne, dem Kanzler Andres<br />

Bnlgrin, dem Obermarfchall, dem Protonotarins, dem Kellermeister,<br />

Küchenschreiber, dem <strong>für</strong>stlichen Silberknecht, dem <strong>für</strong>stlichen<br />

Koch (auf dem Markte war die <strong>für</strong>stliche Küche erbaut<br />

worden!), den Trommeteru, Instrumeutalisten, dem Heerpaukensch<br />

läger, dem Fourier, dem Untermarschall, dem Nentmcister<br />

u. s. w. Die Huldigungsausgaben betrugen 4737 st. 20 gr.<br />

15 Pf. und zur Bestreitung der gesammten Kosten hatte Colberg<br />

ein Kapital von 10,000 Gulden aufnehmen müssen. Man<br />

sieht, welch eine Unmasfe von Beamten, hoch und niedrig, zu<br />

einem <strong>für</strong>stlichen Hofhalte damaliger Zeit gehörte nnd das<br />

Dafein dieses zahlreichen Gefolges mnß auf Cöslius Wohlstand<br />

bedeutend eingewirkt haben. Die Festlichkeiten des Hofes sollten<br />

sich im Jahre 1619 noch steigern. Zuuächst feierte der<br />

Bischof am 7. Februar seine Hochzeit mit der trefflichen Hedwig,<br />

Prinzessin zu Vrauuschweig-Wolfenbüttel, die später lange<br />

in Neustettin ein wohlthätiges Leben geführt hat. Wiederum<br />

mußteu die Städte dem juugen Paare ihre Huldigung beweisen.<br />

Colberg kostete der Besuch des Bischofs mit seiner Gemahlin<br />

abermals 704 Gulden an Bewirthungskosten uud drei<br />

Pokale (206 Gulden). ^) Wann die Huldiguugsfeste iu Cösliu<br />

selbst erfolgt sind, können wir nicht genau angeben;^)<br />

wir wissen nur, daß alle bisherigen Feste überboten wurden<br />

durch die Aufnahme des braudcnburgifcheu Kur<strong>für</strong>sten Johann<br />

Sigismund im Inli 1019, der auf dem Rückwege von Preus;eu,<br />

wo durch den Tod Albrecht Friedrichs 1618 der Heimfall<br />

Riemcum Seite 37^.<br />

Das Stadtpnmleguim ist am ^1. März N;i9 ausgestellt.


Caminer Bischöfe. 47<br />

des Herzogtums an die brandenbnrgischc Linie der Hohenzollern<br />

erfolgt war, Cöslin Passiren mnßte. ^^) Da mögen die<br />

Cöslincr Bürger gestaunt haben über die vielen Wunderdinge<br />

nnd Sehenswürdigkeiten: wie der unbeholfene Kur<strong>für</strong>st ^) mit<br />

der liebreizenden Herzogin einen Diseurs führte; wie die Herreu<br />

des Hofes auf der Neuubahu eiu Riugclstechen veranstalteteu;<br />

wie überall die rothwcißen Vauner (die Hoffarben) wehten<br />

und die Dienerschaft gar nicht gerathen konnte, alle die<br />

Gäste zu bewirthcu uud beherbergen. Aber es war dies auch<br />

<strong>für</strong> Cöslin das letzte Ereiguiß eiuer fröhlicheren, gliicklichcren<br />

Zeit: wie bei einem Feuerwerke zum Schluß die prächtigste<br />

Garbe losgebrannt wird, um dann der tiefen Nacht Platz zu<br />

macheu, so war es auch mit Cöslins glänzender Zeit jetzt<br />

vorbei. Die Politik drängte sich in den Vordergrund; der<br />

Bischof mnßte sich, wie seine Brüder, nach Allianzen und Schützern<br />

nmsehen nnd scheint mit Polen diplomatische Bezichuugeu augeknüpft<br />

Zu habeu; ^) Musterungen der Vasallen wurdeu augcsetzt:<br />

kurzum man sah einer schweren Zeit entgegen. Und<br />

die gcängstigten Pommern wnrden in noch größeren Schrecken<br />

versetzt durch das rälhselhaft schnelle Sterben ihrer juugen<br />

Fürsten. Denn abermals im Jahre 1620 standen die Stettiner<br />

an der Todtenbahre ihres Fürsten: Herzog Franz war am<br />

27. November verstorben. Ebenso war Bischof Ulrich nnr<br />

knapp dem Tode entronnen, doch genas er aus schwerer Krankheit/^)<br />

um allerdings nur noch <strong>für</strong> kurze Zeit sich des Lebeus<br />

sreuen zu können. Der Tod seines Bruders Franz verschaffte<br />

'55) Haken Seite ^9.<br />

'A') Er war in Königsberg vom Schlage gerührt wordeu.<br />

'5?) Schöttgen und ^rcysig Nl, n. Z6l).<br />

'^) Bei Benno Seite 57 ein Inbelgedicht des Hofpredigers<br />

Scholastke ans die Genesnng des Fürsten; die Einkünfte des Hofpre-<br />

digcrs wnrden übrigens dnrch Bischof Ulrich vermehrt. Immerhin<br />

waren die evangelischen Geistlichen damals kärglich besoldet nnd in<br />

dem Armcnt'astenregister der Cösliner Maricngemeinde, das Verf. ans<br />

dein Boden des Nathhanjeö vorfand, fignriren stehend in damaliger<br />

Zeit die Armenspenden <strong>für</strong> fremde evangelische Geistliche.


48 CöZlm nnd die letzten<br />

dem Bischof die Herrschaft über Rügenwalde und fcheint er<br />

die letzte Zeit seines Lebens dort mit Vorliebe geweilt zn<br />

haben. 559) Doch verlor er seine Bisthnmsresidenz Cöslin<br />

darmn nicht aus dem Auge. Er versah die Schloßkirche mit<br />

einer schönen Orgel "") und gab dem Hofprediger, loie schon<br />

erwähnt, ein anständiges Einkommen. Auch beschäftigte ihn<br />

zuletzt die Sorge, die Preise <strong>für</strong> die Handelsgcgenstände einer<br />

festen Taxe zu unterwerfen; leider hinderte der Tod ihn an<br />

der Ausführung dicfer gesetzgeberischen Maßregel. "") Die Be<strong>für</strong>chtnng,<br />

daß auch dieses Reis des pommerschen Herzogshanses<br />

früh absterben werde, ^) fM^ s^- HM zur Wahrheit werden.<br />

Er hatte schon immer gekränkelt, namentlich in seinem<br />

Hoflager zu Nügenwalde; dennoch war er im Sommer 1622<br />

nach Altstettin zu seinem Bruder gereist, um sich an der Jagd<br />

zu ergötzen: da überfiel ihn von neuem die Krankheit uud in<br />

Pribbernow, auf der Rückreise nach Rügenwalde, starb er im<br />

34. Jahre seines Lebens. So ist Herzog Ulrich der einzige<br />

der evangelischen Bischöfe ans dem Greifengeschlcchte, der als<br />

Bischof verstarb. Die übrigen erhielten vor ihrem Tode<br />

andere pommersche Herzogtümer, so daß sie von der Visthumsregierung<br />

zurücktraten. Es war das aber eine traurige Ehre,<br />

die den stistischeu Ständen jetzt zum ersten und letzten Male<br />

zu Theil wurde, nämlich ihren Bischof in Stettin unter feierlichem<br />

Leichengepränge in der Fürstengruft bcizufetzen. Der<br />

Cösliner Schloßpredigcr Scholastke hielt dem Entfchlafenen die<br />

Leichenrede uud schaurig prächtig und glänzend waren die Ceremonien<br />

der Bestattung; es war, als ob Pommern mit seinem<br />

no) 3. Mai 1620 (Schöttgen Pommerland Seite 507), 8. August<br />

1620 (Schöttgeu und Kreysig III, Seite 357) und 24. April 1621<br />

(Urkunde <strong>für</strong> die Gewaudschueidcr) sind uoch Urkuudeu iu Cösliu ausgestellt.<br />

27. December 1621 Mandat wegen der Eveutiuscheu Greuzstreitigkeit<br />

(Hildebraudjche Urt'uudeu) schon iu Rügeuwaldc.<br />

lw) Haken Seite 187.<br />

i6>) Rango Seite 125.<br />

162) Man hatte ihm bereits eiueu Coadjutor setzen wolleu. Sell<br />

III, Seite 445.


Caminer Bischöfe. 49<br />

stiftischen Lande den Schmerz um den beliebten und hoffnungsvollen<br />

Fürsten theilte und an den Tag legen wollte. Die Aussichten<br />

in eine düstere Zukunft ließen den Schmerz um den<br />

früh Hingeschiedenen doppelt herb erscheinen. ^)<br />

Es ist interessant, daß gerade in diesen letzten Zeiten eines<br />

selbstständigen Caminer Bisthums die Zahl der Bewerber um<br />

den Bischofstuhl sich erheblich mehrte. Die Könige von Polen<br />

und Dänemark hatten <strong>für</strong> ihre Prinzen ein Augenmerk auf<br />

das Bisthum geworfen und namentlich der erstere bemühte sich<br />

sehr energisch <strong>für</strong> seinen damals neunjährigen Sohn Carl Ferdinand<br />

um die Bischofswürde. In Rom intriguirte ein Salzburger<br />

Domherr; 164) Mx hgZ Caminer Capitel blieb dem<br />

Greifenstamme treu und entnahm von dort die Nachfolger feines<br />

Bischofs Ulrich. Es war, als wenn alle noch lebenden<br />

Sprossen des pommerschen Herzogshauses jetzt sich ihren Antheil<br />

an dem Caminer Bisthum wahren wollten. Noch bestanden<br />

die beiden Herzogslinien Stettin und Wolgast, beide<br />

aber repräsentirt durch kinderlose Herzoge; in Stettin herrschte<br />

Vogislav XIV., in Wolgast Philipp Julius. Es fand nun<br />

eine Einigung zwifchen den beiden in der Art statt, daß Bogislav<br />

als Bifchof erwählt und eingesetzt, ihm aber als Coadjutor<br />

Philipp Julius, der auch 8000 Gulden jährlich aus den<br />

Bisthumseinkünften bezog, an die Seite gestellt wird. Daneben<br />

wird dann noch dem Neffen Bogislavs, dem Sohne seiner<br />

Schwester Anna, Ernst Bogislav von Croy, die Eventualsuccession<br />

zugesichert^) Mch Bogislav wird in Cöslin<br />

wiederholt gewesen sein^); aber ein Residenzleben, wie unter<br />

seinen Vorgängern, hat Cöslin nicht mehr gesehen. Einmal<br />

war Vogislav zugleich Herzog in Stettin und gab bei der<br />

in) Micrälius Seite 93 ff. enthält eine umständliche Beschreibung<br />

der Bestattungsceremonien.<br />

^) Rango a. a. O. Seite 125.<br />

'65) Sell IH, Seite 311.<br />

'66) In v. Naumer: Die Insel Wollin, Seite 211 steht, allerdings<br />

ohne Angabe der Quelle, die Notiz: daß Bogislav sich in der letzten<br />

Zeit seines Lebens „nach Cöslin retirirt habe".<br />

4


50 Cöslin und die letzten<br />

Wahl seines Aufenthaltsortes dieser Stadt natürlich den Vorzug<br />

; dann waren die Zeiten auch mittlerweile zn ernst geworden,<br />

als daß sich rauschende Fröhlichkeit in Cöslins Mauern<br />

hätte entwickeln können ^). Interessant sind die Verwickelungen<br />

des Jahres 1629. Tie katholische Kirche suchte damals anch<br />

Camin unter dem Vorgeben, daß es ein unmittelbares<br />

Stift sei, wieder sich zuzuwenden; der König von Polen machte<br />

abermals bedeutende Anstrengnugen, nm Camin als ein<br />

katholisches Bisthnm seinem Sohne zu erwerben: doch ging<br />

diese große Gefahr <strong>für</strong> Camin nnd ganz Pommern gnädig<br />

vorüber, da der Kaiser Bogislavs Protest, daß er auf das<br />

Stift als ein mittelbares, unumstößliche Rechte habe, als<br />

gültig anerkannte. In dem nun folgenden Lärm des anch über<br />

Pommerns Gefilde sich ausbreitenden großen Religionskrieges<br />

verlieren die besonderen Schicksale und Wandelungen des Caminer<br />

Bisthnms an Interesse. Bogislav starb als der letzte<br />

männliche Sproß des Greifenstammes im Jahre 1637^).<br />

Es folgt, wie dies ja schon vorherbestimmt war, als Vischof<br />

der letzte der Reihe Ernst Vogislav, Herzog von Croy, von<br />

mütterlicher Seite ein Ablömmliug der Mnmerschcn Herzoge.<br />

Anch er muß noch in Cöslin vorübergehend residirt haben,<br />

da er in den Bublitzer Hexenprozessen eine Urknnde von Cöslin ans<br />

datirt 169). Endlich machten die westfälischen Friedensschlüsse<br />

den unsäglichen Leiden des von Kaiserlichen nud Schweden<br />

zuletzt furchtbar heimgesuchten Pommerlandes ein Ende; aber<br />

allerdings mit der Selbstständigkeit nnd landschaftlichen Znsammengehörigkeit<br />

war es vorbei: der Greifenstamm war ins Grab<br />

gesunken und, obschon der brandenbnrgische Knrstaat in Folge<br />

früherer Erbverträge als Erbe des gesammten Pommer-<br />

'6?) 23. O^ooer 1623 bestätigt Bogislav laut Urknnde das Cösliner<br />

Privileg fin Cöslin); desgleichen 25. Februar 1629 stellt er iu<br />

Cöslin Urknnde ans über dic eingelöste Obligation des Vnlgrin.<br />

lN) Philipp Inlins war schon 1625 gestorben, so daß zuletzt Bögislav<br />

XIV., wie sein Urahn Bogislav X. ganz Pommern unter seinem<br />

Scepter vereinigt hatte.<br />

'69) Benno a. a. O. Seite 56.


Caminer Bischöfe. 51<br />

landes auftrat, mußte er der Gewalt weicheu und sich mit<br />

Schweden iu deu Besitz des lvichtigen Herzogthums theilen.<br />

Zu dem an Brandenburg fallenden Stücke Pommerns gehörte<br />

auch das Bisthum Camin.<br />

So wurde Cöslm ein Landstädtchcn des kräftig aufblühenden<br />

märkischen Staates und es überschreitet die Aufgabe dieser<br />

Blätter, fciue Geschicke noch weiter zu Verfölgen. Noch heute<br />

ist die Bifchofsmütze in dem städtischen Wappen über dem Nathhause<br />

zu sehen; aber ihr gegeuilber schaut von seinem Sockel<br />

das steinerne Standbild des Hohenzollernkönigs Friedrich Wilhelm<br />

I. Die Besonderheiten der einzelnen Landestheile sind<br />

organisch hineingewachsen in das Staatsganze eines großen,<br />

ruhmvollen Reiches uud weuu auch damals mit thränenreichem<br />

Schmerze das Pommcrnvolk seinen letzten Herzog begrub, so<br />

hat es sich in deu folgcudeu Jahrhunderten gezeigt, daß aus<br />

der befruchteudeu Verbiudung und Durchdringung mit einem<br />

großen Staatsganzen dem Lande neue uugeahnte Wohlthaten<br />

in geistiger uud materieller Hinsicht zu Theil geworden sind.<br />

-


52 Anhang.<br />

Anhang.<br />

^. Bericht über 3 in Coslin befindliche Codices.<br />

I. Handschrift auf der Gymnasialbibliothek: ^. HI, 239 Folio<br />

679 Selten. Es ist ein Codex der ^uuai68 ^omei-Quilro von Valentin<br />

von Eickstedt. Vergl. Böhmer Uebersicht der allgemeinen Chroniken<br />

und <strong>Geschichte</strong>n Pommerns seit Kantzow in Baltische Studien III, 1,<br />

Seite 80 ff.<br />

Böhmer zählt dort die Codices dieser Quirles I^omei-kniaL ans<br />

und erwähnt, daß der Titel anch


Anhang. 53<br />

II. In der Gymnasialbibliothek "0) findet sich unter ^. III, 238<br />

noch ein zweiter Codex eines <strong>Pommersche</strong>u Chromkon, über den Folgendes<br />

zn berichten ist.<br />

Es ist ein Mannscript in Folio, 580 Blätter enthaltend und in<br />

gutem Vrettereinbande. Die Handschrift ist vorzüglich (aus dem beginnenden<br />

XVI. Jahrh.) uud die neben dem Texte laufenden Inhaltsangaben<br />

sind mit rother Tinte geschrieben. Der Titel lautet: Orouio^<br />

tßi'i'ÄL ?0moi-I.ui^, das ist wahrhaftige Beschreibung des Landes zu<br />

Pommern, desselben Ursprungk Sitten uud Gebreuche des Volkes und<br />

was sich zu jeder Zeit denkwürdiges verlauffen und zugetragen hat.<br />

Beschrieben im Jahre Christi 1533. Dann folgen einige lateinische<br />

Verse.<br />

Wir haben es hier mit einer Anfangs des XVI. Jahrh, gefertigten<br />

Abschrift der ?0M6ranig. zu thun, d. i. derjenigen Chronik,<br />

die lange Zeit fälschlich als die Klemptzensche Chronik gegolten hat.<br />

Vergl. Böhmers Ausgabe des Thomas Kantzow Seite 89 ff. Dort<br />

werden an 20—30 Exemplare dieser Chronik in den verschiedenen<br />

Bibliotheken aufgeführt. Der Titel ist vielfach geäudert. Am meisten<br />

scheint der Titel unseres Codex mit dem des Oelrichs .V. (Böhmer 93)<br />

übereinzustimmen, nur daß nicht Klemptzen als Autor auf dem Titel«<br />

blatt genannt ist. Es ist also dieser Codex des Cösliuer Gymnasiums<br />

dem von Böhmer gegebenen Verzeichuiß der Codices der ?0U26i'2lliI><br />

nachzutragen.<br />

Im einzelnen mögen noch folgende Notizen angeführt werden:<br />

Das III. Buch schließt iu unserem Codex, wie die ursprünglichen<br />

Handschriften der ?om6i'I.uiH mit der Erbtheilung Philipps und Barnims.<br />

Vergl. Böhmer 102.<br />

Im I. Vnch ist eine große Textlücke von Folioblatt 81 — 116.<br />

Eine neue Handschrift oben auf Seite 116 besagt: Notaudum alhier<br />

seiudt 34 Blätter verlohreu worden, welches Schade ist und man nicht<br />

wieder ein solches zu ersetzen weiß.<br />

Der Abschreiber hat entschieden Thomas Kantzow, aus dem doch<br />

hauptsächlich diese Chronik geschöpft ist, gar nicht gekannt, denn im<br />

IV. Buch ist zweimal der Irrthum, daß der Abschreiber <strong>für</strong> „Kantzows<br />

Handschrift" „Kranzii Handschrift" setzt.<br />

Wie nnn dieser Codex nach Cöslin kommt, darüber hat Verfasser<br />

zwei Muthmaßungen.<br />

Entweder ist dies die Abschrift, die Herzog Franz, der ja in Cösliu<br />

residirte, im Jahre 1604 von der kom^nii^ machen ließ, vergl.<br />

ln) Pergl. Cösliner Programm 1876, wo die Handschriften der<br />

Gymnasialbibliothek augegeben sind.


54 Anhang.<br />

Böhmer Seite 128, wo ein Brief des Herzogs abgedruckt ist. Jedenfalls<br />

ist so die Chronik nach Cöslin gekommen und vielleicht sind dann<br />

mehrere Abschriften erfolgt.<br />

Oder es ist dies der Codex Lettow, der bei der etwa vor 50 Jahren<br />

erfolgten Vernichtung der Lettowschen Bibliothek zu Broitz bei<br />

Colberg nach Cöslin gekommen ist. Damals nämlich (1823) wanderten<br />

die kostbaren Handschriften dieser Bibliothek bei Gelegenheit einer Erbtheilung<br />

in alle Winde, z. Theil in die Gewürzläden von Greifenberg<br />

und Treptow, vergl. Böhmer, Kantzow Seite 99 und Böhmer in<br />

Bali. Studien III. Seite 119. — Die beiden Manuscript-Codices der<br />

Gymnasialbibliothek haben in ihrer äußeren Ausstattung große Aehnlichkeit<br />

und dürften derselben Bibliothek entstammen.<br />

III. Auf der Schwedischen Stiftsbibliothek ist ein zweiter Codex<br />

der 5mulÜ6g I'0iu6i'ani3.6 von Val. v. Eickstedt, Folio 438 Seiten.<br />

Wenn wir auch hier das Inhaltsverzeichniß Böhmer a. a. O.<br />

vergleichen, so finden sich:<br />

acht lateinische Verse — Vöhmer's oauä. leotori.<br />

2. epistola veäioatoi'ia, eine Zuschrift an die Fürsten, stimmt mit<br />

dem 0066X F^mua8. überein.<br />

3. Vorrede an den Leser, stimmt ebenfalls überein mit eoä. F^inu.<br />

4. Kurze Beschreibung des Landes Stettin-Pommern.<br />

5. (^6U6Äl0Fia der alten Fürsten zue Rügen,<br />

ein Stammbaum auf zwei Folioseiten.<br />

6. Von etzlichen <strong>für</strong>nehmen Städten in Pommern,<br />

also blos umgestellt, s. unten.<br />

7. OdronoFlapIiill,.<br />

Dieser eigentliche Theil des Geschichtswerkes scheint kürzer zusammengefaßt,<br />

als der entsprechende des 006. F^iuu., wie dies schon die<br />

Seitenzahl ergiebt. Es macht dieser Codex mehr den trocken annalistischen<br />

Eindruck auch <strong>für</strong> die Jahre des XVI. Jahrh., während in<br />

dem coäßx FMiu. <strong>für</strong> diesen Zeitraum die Erzählung ausführlicher<br />

anschwillt. Das letzte gleiche Ereigniß erwähnen beide Codices zum<br />

Jahre 1541, wo Herzog Philipp auf dem Reichstage zu Regensburg<br />

von Kaiser Karl „mit großem geprenge seine Lehne empfangen".<br />

Während nun der 006. g^uin. weiter auf vier Seiten dürre Notizen<br />

bis z. I. 1557 anfügt nnd auf der letzten Folioseite noch 1592 den<br />

Tod Ernst Ludwigs berichtet, schließt der Cod. Schwed. gewiß mit<br />

den eigenen Worten Eickstedt's: was sonsten bei dieses löblichen freundt«<br />

liebenden frommen Fürsten Zeitten sich ferner zugetragen, achte ich<br />

allhie zu erzelen überflüssig :c. — Amen. Damit schloß wohl ur«<br />

sprünglich Eickstedt'Z Werk, vergl. Böhmer.


Anhang. 55<br />

Es folgt Fon0:lI(»L,i:l der Fürsten zu Pommern in fünf Tafeln-, dann<br />

mit der Überschrift i nn folget wider in der pommerfchen Chronica:<br />

1533 :c. annalistifche Notizen v. 1534—85 anf 27 Foliofeiten,<br />

die wohl manche werthvolle Notiz enthalten, z. V. die über die Reife<br />

Casimirs nach Italien, die Varthold IV, 2, 394 nirgend hatte erwähnt<br />

finden können.<br />

Es bleibt noch zn vergleichen der Theil: von ehlichen <strong>für</strong>nehmen<br />

Stedten :c.<br />

Die einzelnen Städtenotizen stimmen genan überein bis anf Cos»<br />

lin, wo in (x»6. ^vinii. in vier Zeilen eine ganz magere Notiz gegeben<br />

ist; während Cod. Schwed. auf zwei Folioseiten reichhaltiger berichtet.<br />

Noch zweierlei:<br />

1. Auf dem Titelblatte stehen die Namen der Eigenthümer dieses<br />

Mannscripts. 8nm Daniel Papcke, der über eine ältere Schrift<br />

(6um .... Papke .... Leuiori) dies gesetzt hatte; dann folgt<br />

ein ansradirter Name, znletzt modo I. D. Wendland, als ein<br />

Uhrenkel s^c.) des Dan. Papckens. Vielleicht hat ein Papke<br />

diesen Coder abgeschrieben. Ein Papke (allerdings Jochim)<br />

war Ende des sechzehnten Jahrh. Kämmerer in Cöslin, s. Wend«lands<br />

Handschrist. Dann war zu Eude des siebzehnten Jahrhein<br />

Gabriel Wendland Kämmerer. Vielleicht hat dieser den<br />

Coder geerbt uud schließlich ihn seinem Sohne hinterlassen-<br />

Zn beachten ist nämlich noch die Notiz Böhmer 110 Anmerk.,<br />

wonach Zwantzig nnter seinen Quellen einen Wendland aufzählt,<br />

der uach Böhmer uur ein Eickstedt Codex sein kann.<br />

Das ist gewiß uuscr Cod. Schwed., der ja Wichtiges enthält<br />

nnd der Zwantzig ft- 171lY von unseres I. D. Wendland<br />

Vater zugeschickt sein kann"'),<br />

2. Eingeheftet war der Coder in 2'/^ Bogen starken Papieres resp.<br />

Pergaments, mit alter Schrift bedeckt. Das Pergamentblatt,<br />

der Deckel, enthält liturgische Hören mit sehr alter Mönchsschrift,<br />

die I V2 Papierbogen wichtige Urknnden (anscheinend abschriftlich),<br />

welche ans der Kanzlei des Bischofs Casimir zu<br />

stammen scheinen.<br />

"l) Böhmer Kantzow Seite 96 erwähnt allerdings auch einen<br />

Codex der Pomerania (Klemptzen), dessen Eigenthümer Valentin Windlaudt<br />

gewesen ist.


». Stammtafel der letzten Herzoge von Pommern.<br />

Bogislav X. oder der Große, Herzog von ganz Pommern f 1523.<br />

Georg I. in Wolgast<br />

1- 1531<br />

Philipp I. f 1560.<br />

Ioh. Friedrich<br />

(Stettin)<br />

Bischof v. Camin<br />

1556—1574,<br />

f 1600.<br />

Philipp II. Franz<br />

1- 1618. Bisch, von<br />

Camin<br />

1602-1618,<br />

f 1620.<br />

Bogislav XIII.<br />

(Barth)<br />

f 1606.<br />

Barnim XI. in Stettin<br />

refignirt 1569,<br />

1- 1573.<br />

Bogislav XIV. Georg Ulrich<br />

B. v. Camin -j-1617. V. v. Camin<br />

1623-1637. 1618—1622.<br />

f 1637 als letzter<br />

Herz. v. Pomm.<br />

Ernst Lndwig Barnim XII. Casimir<br />

(Wolgast) (Rügenwalde) B. v. Camin<br />

f 1592. f 1603. 1574-1602,<br />

1- 1605.<br />

Anna Philipp Inlins<br />

f 1625.<br />

Ernst Bogislav,<br />

Herzog von Croy,<br />

letzter Bischof v. Camin.


Wanderung eines fahrenden Schülers<br />

durch Pommern und Mellenburg<br />

159Q.<br />

Mitgetheilt durch Di-, von Vülow, Staatsarchivar.<br />

Durch die Güte des Raths der Stadt Zittau ist mir eine<br />

Handschrift der dortigen Rathsbibliothek ^) geliehen worden, ein<br />

stattlicher Sammelband von 1677 engbeschriebenen Folioseiten,<br />

in gepreßtes braunes Leder fest gebunden und zum bei weitem<br />

größten Theil angefüllt mit den Beschreibungen von vier<br />

Reisen, welche ein Student der Theologie zu Frankfurt a. O.<br />

Namens Mich'ael Franck in den Jahren 1585—1592 von<br />

dieser seiner Vaterstadt nach Wien, nach Dänemark, durch die<br />

sächsischen Länder und endlich nach Italien unternahm. Sie<br />

führen den Titel: UiH^6iÌ8 ?rQii6Ì, vordi div. minist, in<br />

Loi'tliLdoi'ü' vita, 6t itiiier^ ^n^tuoi' por v^ria^ UnroMN<br />

1'6ZÌ0I168 6t ^1'0VÌQ6ÌH8 in8titutH. Der Verfasser gehörte<br />

einer frankfurter Bürgerfamilie an und war am 30. Januar<br />

1569 zu Tzschetzschnow,2) wo sein Vater nach in Dürftigkeit<br />

verlebter Studienzeit Pfarrer geworden war, geboren. Seit<br />

1584 unter die Studirenden der Universität Frankfurt aufgenommen,<br />

war seines Bleibens daselbst nicht lang, denn schon<br />

im folgenden Jahre brach die Pest dort aus, die „Bursche"<br />

zerstreuten sich, Franck eilte auf das nahe Pfarrdorf seines<br />

Vaters und beschloß, auch nach Wiedereröffnung der Universität<br />

I-. didl. 86UHt. 2itt. 31.<br />

Dorf, eine halbe Meile südwestlich von Frankfurt.


58 v. Vülow, Wanderung<br />

nicht alsbald dorthin Zurückzukehren, sondern ans Reisen zn<br />

gehen. Tic vier Reisen folgen sich ziemlich dicht auf einander.<br />

3)<br />

Wir haben in Michael Franck einen jener fahrenden<br />

Schüler vor uns, die im Mittelalter nnd noch bis weit in<br />

die Nenzeit hinein von einer Hochschule zur andern wanderten,<br />

uni zu den Füßen berühmter Meister die Tiefen der Wissenschaft<br />

sich erschließen Zu lassen, <strong>für</strong> welches verdienstliche Werk<br />

die wandernden Musensöhne überall, wo die Gelegenheit sich<br />

bot, neben Speis und Trank noch einen Zehrpfennig zur<br />

Unterstützung sich erbaten. Etwas Anstößiges wurde darin<br />

nicht gefunden, ja manche Bettlerordnung, wie die nürnberger<br />

von 1478 und die Würzburger von 1490, erlaubte den fahrenden<br />

Schülern das Almosenbetteln geradezu, weun sie nur<br />

dabei die Schule fleißig besuchten. ^) Dieses privilegirte Betteln<br />

der fahrenden Schüler oder Vaganten, eine Bezeichnung, aus<br />

dem durch Corrumpirung der allgemeine übliche Ausdruck<br />

Bach anten entstanden ist, wurde freilich gerade von denjenigen<br />

unter ihnen am meisten geübt, denen au der geistigen<br />

Nahrung am wenigsten gelegen war, uud so sehen wir denn<br />

Schaaren verdorbener Studenten von einer Stadt Zur andern<br />

ziehen, hie und da selbst noch im Maunesalter eine Schule<br />

besuchend und den Lebensunterhalt in den Häusern bemittelter<br />

Bürger durch Beaufsichtigung des häuslichen Fleißes der Kinder<br />

sich erwerbend. Aller heilsamen Zucht längst entwachsen, war<br />

ihres Bleibens selten lang, meist knüpften sich au ihren Aufenthalt<br />

Secuen der ärgsten Zügellosigteit^), uud wurde ihnen<br />

der Boden zu heiß, so griffen sie zum Wanderstabe, um anderwärts<br />

das alte Spiel von neuem zu beginnen. Hat auch die<br />

2) Vgl. den gleichnamigen Vortrag von Knothe im Neuen Lansitzer<br />

Magazin, Band 44 (1868, Görlitz) Seite 187 ff., der im Fol«<br />

genden benutzt worden ist.<br />

4) Kriegk, Deutsches Vürgerthmn im Mitteltaler. Nene Folge<br />

S. 101.<br />

2) Staatsarchiv zu Stettin: Klagen des Schulmeisters Rolevinck<br />

in Stolp 1590: Stett. Arch. r. 1. Tit. 118 No. 15.


eines fahrenden Schülers. 59<br />

Reformation dem Bachantenthum den Charakter des Wüsten,<br />

Rohen und Unsittlichen znm größeren Theil abgestreift, so gab<br />

es doch immer noch arme Studenten, die von deutscher<br />

Wanderlust getrieben, fremde Länder und Menschen zu sehen<br />

verlangten. Ein solcher war Michael Franck, und da es ihm<br />

darum zu thun war, daß auch andere, die solche Reisen nicht<br />

gemacht, doch erfahren möchten, „bey welchen Völkern ich gewesen,<br />

uud wie derselbigen Sitten, Leben und Waudel sei," so<br />

verzeichuet er nach glücklich vollbrachter Reise das Erlebte getreulich.<br />

Als Einleitung schickte er, nachdem er „<strong>für</strong> seine lieben<br />

Eltern, Kinder und gntcn Freunde" den Ursprung der<br />

Familie direkt vom König Priamus hergeleitet hatte, eine Beschreibung<br />

Polens uud der Mark Brandenburg im Allgemeinen<br />

uud der Stadt Frankfurt im Besonderen voraus.<br />

Wir dürfen an dicfe Reifebcschreibungcn keinen zu hohen<br />

Maaßstab anlegen, und Unrecht wäre es, sie mit dem berühmten<br />

Reisetagebnch des augsburger Kunstkenners Philipp<br />

Hainhofer vergleichen zu wollen. Dieser hatte, als er dreißig<br />

Jahre später als Gast des Herzogs Philipp II. in Pommern<br />

weilte, eine ungleich günstigere Gelegenheit, alles nnr irgend<br />

Merkwürdige zu betrachteu, uud da er überdies uugleich besser<br />

zu seheu verstand, als der noch wenig gereifte frankfurter<br />

Student, fo verdanken wir seiner geschickten Feder jenes <strong>für</strong><br />

uns ganz unersetzliche Reisetagebuch, das wie eiu amtliches<br />

Protokoll aller Merkwürdigkeiten im stettiuer Lande anzusehen<br />

ist. 6) Michael Francks Erzählung enthält dagegen sehr viel<br />

Seichtes, Oberflächliches, Kleinliches. Es ist ganz richtig die<br />

„Handwerksburscheuperspective", vou der aus Städte uud<br />

Länder, Personen uud Zustände beschrieben werden, und in<br />

der That glich der Verfasser gar sehr den Haudwerksburschen,<br />

die ja auch wiederholt seine Wandergcsellen waren. Hatte sich<br />

doch im Gewerbstande das Wandern zu einen: festen Handwerksgebrauch<br />

ausgebildet, ohne welches ein Erlangen der<br />

Meisterschaft nicht denkbar war. Für die Eullurgeschichte<br />

6) Valt. Smd. XXVIII, Seite 39.


60 v. Bülow, Wanderung<br />

indessen läßt sich auch aus Francks Erzählungen viel schätzbares<br />

Material entnehmen, grade weil sie das Leben und<br />

Treiben der niederen Volksklassen schildern, mit denen der<br />

Reisende vorzugsweise verkehrte.<br />

Von den vier Reisen des Michael Franck nach Wien, nach<br />

Dänemark, nach den deutschen Universitäten Wittenberg, Leipzig,<br />

Jena, nnd endlich nach Italien interessirt uns nur die zweite<br />

näher, weil den Erzähler sein Weg dnrch Pommern führte;<br />

doch wird es genügen, wenn ich im Folgenden auch nur den<br />

auf dieses und das benachbarte Meklenburg bezüglichen<br />

Theil wiedergebe, und den Aufenthalt in Dänemark, sowie die<br />

Rückreise über Lübeck, Hamburg, Lüneburg, Braunschweig,<br />

Magdeburg ?c übergehe. ^)<br />

Nachdem der Verfasser in der lcbnsischcn Vorstadt Frank«<br />

fnrts eine kurze Zeit den Schuldienst versehen hatte, wandte<br />

er sich nochmals den Studien zu, „biß ins dritte Jahr anno<br />

^590, allda ich mit Rath und Willen meiner Eltern wiederumb<br />

in andre Oertcr und Landschafften mich zu begeben, etwaß<br />

Weitcrs zu sehen und zu erfahren, habe mich hernacher auf<br />

meine Reise geschicket, nieine äupoiiootii^in zusammengeschlagen<br />

und mich in dem Frühling, da die allerlnstigste Zeit ist, aufgemachet<br />

und also die andere Reise in Gottes Nahmen <strong>für</strong><br />

mich genommen, meines Glücks dadurch hoffende und suchende."<br />

Sein Reifeziel war Dänemark; ob er dort etwas <strong>für</strong> seine<br />

Zukunft zu erreichen hoffte, oder ob bloße Wanderlust ihn<br />

trieb, läßt sich mit Bestimmtheit nicht sagen; auf ersteres deutet<br />

eine kurze Aeußerung am Schluß seines Aufenthalts in<br />

Dänemark, wonach er dort feine „Gelegenheit nicht antreffen<br />

können" nnd sich deshalb ans den Rückweg machte.<br />

Ueber Küstrin und Königsberg gelangte er nach Pommern,<br />

verirrte sich aber gleich nach Ueberschreiten der Grenze<br />

im Wald und Morast, so daß er erst spät sein Nachtquartier,<br />

Garz a. O., erreichte. Warum er überhaupt dort nächtigte<br />

7) Andre Theile dieser Reisebeschreibung habe ich in den Magdbg.<br />

Gesch. Vl. 13. Jahrg. (1978), S. 357 ff. nnd im Bär 1879, S. 44 ff.<br />

veröffentlicht.


eines fahrenden Schülers. 61<br />

und nicht in dem am rechten Ufer der Oder gelegenen, von<br />

ihm gar nicht erwähnten Greifenhagcn blieb, ist nicht ersichtlich.<br />

In Garz kommt er zum ersten Mal, wie es scheint,<br />

mit Schiffern in Berührung, „ein wüstes Volk, saufen den<br />

ganzen Tag", nehmen ihn aber unentgeltlich mit nach Stettin,<br />

der ersten Seestadt, die er zu sehen bekommt, und die ihm<br />

auch mit ihrem Handel uud Wandel, mit dem regen kaufmännischen<br />

Treiben, den 300 Schiffen im Hafen, den vielen<br />

Fremden, die er sieht, gewaltig imftonirt. Er besucht die<br />

Kirchen, das herzogliche Schloß, aber auch die Oderburg mit<br />

dem Thiergarten, von dem man sonst wenig weiß, und setzt,<br />

nachdem er Alles besehen, seinen Weg über Neckermünde und<br />

Anelam nach Greifswald fort, Städte, welche ihm schon durch<br />

ihre Bauart nach „seestädtischer Manier" bemerkenswerth erscheinen.<br />

Den jungen Theologen ziehen überall die Schulen<br />

an, in Greifswald natürlich die Universität, doch fällt sein<br />

Urtheil über letztere etwas geringschätzig aus. Die Gebäude<br />

sowohl wie die Frequenz imponirten ihm wenig, ja auch das<br />

Vier erschien ihm mit der Absicht gebraut, daß es den Studenten<br />

nicht die Köpfe turbire. Auf das Vier richtete unser<br />

Reisender überhaupt seine Aufmerksamkeit mit einer gewissen<br />

Vorliebe, war er doch von Jugend auf an den Geschmack des<br />

heimathlichen Gebräus, des „Püffels", gewöhnt. In Stettin<br />

ist es das Vitterbier, in Pasewalk die Pasanelle, die Biere der<br />

andern Städte tragen keine besonderen Namen, werden aber<br />

wie in Garz, Anelam, Greifswald, Stralsund und Barth alle<br />

wohlschmeckend, gesund, ja sogar das letztere „sehr herrlich"<br />

gefunden. Tas berühmteste scheint ihm das stralsunder Bier<br />

zu sein; Greifswald kommt, wie gesagt, schlecht weg mit dem<br />

eigenen Gebräu, doch giebt es da<strong>für</strong> dort gute fremde Viere<br />

und spanischen Wein. In Meklenburg wird das rostocker<br />

Bier gerühmt, das weithin ausgeführt wird, das güstrower<br />

aber, der Kniesenact, ist „trübe wie Lchmjauche", dazu ein<br />

gewaltiger „Kopfreißer". In Rostock, wo Franck bei einem<br />

alten Unwersitätsfreunde ciulogirt war, hatte er auch Gelegenheit<br />

zu culinarischeu Studien. Er fand dort seltsame Speisen


62 o. Bülow, Wanderung<br />

und fremde Getränke, von denen der arme fahrende Schüler,<br />

der bisher nur die schmale Kost seines srankfnrter Eonventes<br />

oder die Brocken vom Tische mildthätiger Wirthe gekostet, vorher<br />

keine Ahnnng gehabt hatte, und die ihm daher vortrefflich<br />

zufagten. Von den mancherlei Seefischen waren ihm Meerschweine<br />

„ein fettes, süßes, liebliches Essen", bergische Bntten<br />

aber, anf dem Rost geröstet, oder znm Trunk ans Kohlen gebraten,<br />

fand er ein „herrenesfen" ; dazu kamen die kostbaren<br />

fremden Weine, die des Wirthes Freigebigkeit ihm zn schmecken<br />

verstattete, Alacant, Bastard, Malvasier, und andere gewürzte<br />

Getränke.<br />

Von Greifswald aus besuchte unser Reisender Stralsund<br />

und Barth, und gelangte alsdann über Damgarten nach<br />

Rlbnitz in Meklenburg, welchem Lande ein besonderer Abschnitt<br />

gewidmet ist, in dessen Einleitung er Alles erzählt, was ihm<br />

von den mythischen Bewohnern des Landes, ihren Fürsten und<br />

ihrer Religion bekannt geworden war. Es darf nns nach dem,<br />

was Franck über sein eigenes Vaterland und dessen Vorgeschichte<br />

berichtet, nicht befremden, daß er zwischen Meklcnburg<br />

und Alexander dem Großen eine nahe Verbmdnng herzustellen<br />

weiß, zu der der berühmte Bucephalus das Mittelglied bildet;<br />

auch nicht, daß Vineta, das sagenhaste, von Pommern Hieher<br />

verlegt wird. Da<strong>für</strong> erfahren wir aber nebenher aus seinen<br />

Beobachtungen manches Interessante. So fällt es ihm in<br />

Meklenburg als etwas Fremdes auf, daß man den Torf<br />

stach und als Brennmaterial anstatt des oort seltenen und<br />

kostspieligen Holzes benutzte; auch die Licenz, die er in den<br />

dortigen Badestnben fand, befremdete nnd erschreckte ihn so,<br />

daß er meinte, unversehens in unsittliche <strong>Gesellschaft</strong> gerathen<br />

zu sein und eilends die Flucht ergriff, von der ihn erst der<br />

Bademeister unter Hinweis anf die allerdings leicht mißzudeutende<br />

Landcssitte wieder zurückholte. Das öffentliche<br />

Badewesen war nicht nur hier, sondern überall anf einem<br />

Punkte angelangt, der die gröbsten Ausschreitungen möglich<br />

machte, so daß die Obrigkeit sich an vielen Orteil veranlaßt<br />

sah, die in ihrer ersten Einrichtung sehr löblichen Anstalten


eines fahrenden Schülers. 63<br />

zn schließen. Was die Nachtquartiere anlangt, so erlaubten<br />

dem fahrenden Schüler seine Mittel den Besnch der öffentlichen<br />

Herbergen nnr ganz ausnahmsweise; in den meisten<br />

Fällen, so scheint es, legte er sich, nnd meist mit Erfolg, aufs<br />

Bitten, wo<strong>für</strong> der mitleidige Wirth m der Erzähluug mit<br />

lobendem Prädicat als „treuherziger Mann" belohnt wird;<br />

oft aber findet sich ein Landsmann, der gnte Landsmannstreu<br />

übt oder ein Studiengcnoß, dem das Glück holder gelächelt<br />

und der den hungrigen Freund Wochen lang bei sich behält<br />

und ihm die guten Dinge einer norddeutschen Handelsstadt zu<br />

schmecken giebt. Brennt aber die Sonne zur Mittagszeit heiß<br />

auf den hungrigen Wandcrsmann herab, ohne daß eine gastliche<br />

Thüre sich öffnet, oder neigt sich der Tag zn Ende, ehe<br />

dem Magen sein Recht geworden, so wird mit stets gleicher<br />

Zuversicht im Pfarrhause vorgesprochen, und znr Ehre desselben<br />

sei's gesagt, daß trotz der kümmerlichen änßercn Lage der<br />

Bewohner die Tilgend der Gastfreundschaft doch reichlich von<br />

ihnen geübt wnrde. Das durfte auch Franck wiederholt<br />

erfahren.<br />

Die ferneren Schicksale des Reisenden intcressiren nns<br />

weniger nnd branchen nnr kurz berührt zu werden. Auf die<br />

frohe Wanderzeit des sorgenfreien Stndenten folgte nach wenig<br />

Jahren die Gebundenheit durch das Amt als Pfarrer uud<br />

Seelsorger, zuerst in einem Dorfe bei Zittau, dann in Berzdorf<br />

auf dem Eigen des Klosters Marienstcrn, nahe der gegenwärtigen<br />

Grenze der sächsischen 'und preußischen Oberlausitz.<br />

Der Hauptort dieses uoch heut als der eigens che Kreis<br />

bezeichneten Bezirks ist das Städtchen Vernstadt, daher enthält<br />

der dicke Foliant anßer den genannten Reiscbeschrcibungen auch<br />

Mancherlei zur <strong>Geschichte</strong> dieses Ortes, ferner Material zur<br />

<strong>Geschichte</strong> des dreißigjährigen Krieges ?e. Das Manuscript<br />

ist übrigens erst zu Anfang des 18. Jahrhunderts angelegt<br />

und von verschiedenen Händen geschrieben, auch Francks Reisen<br />

enthält er nicht im Original, sondern in Abschrift. Ans<br />

diefem Grunde erschien es gestattet, an der Schreibweise kleine<br />

Aenderungen, wie z. B. in der Anwendung der großen


64 v. Vülow, Wanderung<br />

Anfangsbuchstaben ?c. ohne Weiteres vorzunehmen, während<br />

der Satzban, offenbare Fehler des Abschreibers abgerechnet,<br />

nnberührt geblieben lst. Aehnlich war es mit der Inter-<br />

punktion. Da sich auf ältere Schriftstücke eine regelrechte<br />

Interpunction überhaupt nicht anwenden läßt, weil die Vor-<br />

bedingung des regelrechten Satzbaues fehlt, so ist eine solche<br />

Zeichensetzung gewählt worden, die dem Verständniß am meisten<br />

zuzusagen schien.<br />

Beschreibung<br />

meiner andern Reise in das Königreich Dänemark.<br />

Diese andere Reise habe ich <strong>für</strong> mich genommen und<br />

angefangen den 29. Aprilis Anno 1590, bin aber gar allein<br />

anßgezogen Nachmittag umb Glock drey, und erstlichen bey<br />

einen offenen Flecken, so im Thal gelegen, neben dem Oderfluß,<br />

Lebus oder Labus^) alldabey auf einem hohen Berge<br />

ein festes wohlgebautes Schloß und Hauß, an allen vier Ecken<br />

mit runden Pasteyen wohlerbauet, Ao. 965 unter Kayser<br />

Otten von Mitzlow, einem Hertzogen ans Pohlen, und dazumahl<br />

ein Bischoffthnmb daraus gemacht, jetzt aber von einem<br />

Hauptmann verwaltet und dem Chur<strong>für</strong>sten von Brandenburg<br />

zugehörig, hernach kommen auf ein groß Dorfs, Padelzick,^)<br />

da mein Herr Vetter, Herr Matthias Franck, Pfarrer gewesen,<br />

allda ich die erste Nacht verharret. Deß andern Tages nach<br />

vollbrachten Frühstück hatt mir mein Herr Vetter das Geleit<br />

geben biß an den güstrinfchen Thamm, allda wir von ein-<br />

ander geschieden und allein fortgezogen und auf gemeldten<br />

Thamm erstlichen auf viel Brücken kommen und hernach ans<br />

die Festung Güstrin, unsern Landes<strong>für</strong>sten, den Chur<strong>für</strong>sten<br />

von Brandenburg zugehörig. Dieses Städtlein ist zwar nicht<br />

6) Bereits im Anfang des 12. Jahrhunderts zeichnete sich das<br />

Schloß Lebus durch seine Festigkeit ans; die Zeit der Erbauung ist<br />

unbekannt. Wohlbrück, Gesch. von Lebus, III, S. 139.<br />

9) Podelzig, ^/4 Meile nördlich von Lebus.


eines fahrenden Schülers. 65<br />

groß, doch aber fest gewesen, mit starcken Pasteyen, Wällen<br />

nnd Manrcn nnd wohlbesehter Wachen; es ist anf der einen<br />

Seiten lauter Morast, breit und weit auf ezliche Meil Weges<br />

gewesen, also daß der Feind nicht darzu kommen mag; an der<br />

andern Seiten stoßet der Odcrfluß daran und fleußt hart an<br />

der Festung hinweg, welcher allda breit ist, dieweil viel andere<br />

Flüße und Waßcr darin fallen uud also zusammenkommen;<br />

nach der Neuen Marckt Werts ist ein großer Waldt und Holh,<br />

also daß diese Festung, ob sie wohl zwar klein, dennoch an'<br />

einen Wohl verwarthcn Ort erbauet. Und ich, weil ich nicht<br />

in die Festung hinein kommen mögen, auch nicht viel drinnen<br />

zn schaffen, bin ich nach gehaltenen Mittagseßen fortgereiset,<br />

bey den Richtstuhl hiuaus, allda viel Braudseulen gestanden,<br />

denn man <strong>für</strong> der Zeit viel zauberische Vetteln, wie auch auß<br />

meinen Vaterlandc von Franckfurt allda hiugeholet und andern<br />

Ocrtern mehr, die allda verbrannt worden. Vin hernacher in<br />

den Waldt kommen, welcher fast einer Meilen lang gewesen,<br />

und hernacher auf ein Torfs, Kutzdorff genaundt, welches<br />

im Holtz und Walde gelegen, darnach wiederum!) durch ein<br />

Holtz und Waldt, einer Meilen lang, ehe ich aber hindurch<br />

kommeu, bin ich auf einen offenen Flecken kommen, Fürstenwalde,<br />

^) allda ich stracks hindurch gezogen; gegen den Abend<br />

umb 6 Schlügcu gen Ber Walde, ein hübsch Landstädtlein,<br />

da ich die Nacht blieben uud bey eiucr Wittfrauen eingekehret,<br />

welche des Städtleins Pfarrhcrren gehabt, Christophorus Grebnitz<br />

genandt, die mir alleu freundlichen Willen und Gutes ihres<br />

Herrn halben gethan. Deß auderu Morgens frühe bin ich<br />

allein wicderumb meine Wege fortgezogen uud kommen umb<br />

den Mittag in eine feine Stadt Königsberg, davon ich<br />

dieses melden muß.<br />

!") Fürst ens elde ist gemeint, an der Straße nach Värwalde gelegen ;<br />

Fnrstenwalde, die Residenz der Bischöfe von Lebns, westlich von<br />

Frankfurt an der Straße nach Berlin, hat der Reisende gar nicht<br />

berühren können.


66 v. B'ü low, Wanderung<br />

Von Königsberg, der Stadt in der Nenmarckt.<br />

Dieses ist eine feine und doch nicht gar große Stadt<br />

gewesen, gelegen in der Neumarck, denn die Marg Brandenburg<br />

in die drey Theil getheilet also daß die Alte Marck,<br />

Mittelmarck und Neumarck, welches die Hauptstadt dariunen<br />

gewesen, wie Franckfurt, mein Vaterland, in der Mittelmarck.<br />

Ist eine feine wohlgebaute Stadt mit feinen Steinhäusern<br />

gewesen, darinnen eine feine Kirchen, wohl uud hübsch gezieret.<br />

Bey derselben hab ich meinen alten pi3,600pt0i-0in, M. Johann<br />

Pontanum,") gefunden, welcher zu der Zeit allda des gantzen<br />

Landes der Neumarck auch Superintendeus und Pastor allda<br />

gewesen, ein fein frommer und gelehrter Mann, der zu<br />

Franckfurt ein Jahr zwölf Rector der Schulen gewesen, auch<br />

mein Privatpräceptor fast drey Jahr; ist der Geburt von<br />

Kotbus gewesen. Auch hat es bey dieser Kirchen eine feine<br />

wohlbestallte Particularschulen gehabt, darüber dieser M. Pontanus<br />

oberster Visitator geweseu, dcun er laug den Schulen<br />

gedienet, auch schöne Disciplin darinnen gehalten, wie denn<br />

auch in meinem ^mti-i^. Hab auch in der Schulen einen<br />

Kollegen gefunden, Valentinus Voxius, mein alter Bekannter,<br />

mit dem ich zu Franckfurt burschiret. Dieser Pontanus, mein<br />

alter Präceptor, hat ein gutes Lob seines Amptes so seiner<br />

Visitation im Lande ans die Kirchen gehabt, darumb ihn auch<br />

reichlichen Gott foll gefeegnet haben. Nachdem ich mich in<br />

dieser Stadt wohl umgesehen (denn es auch feine Gebäude des<br />

Ackerbaues allda gehabt, da gut Geträ'idig gewachsen, ein gutes<br />

Vier wird da gemacht, davon die Bürger gute Nahrung<br />

gehabt, auch feine koL^itÌH den Scholaren mittheilen können,<br />

hübsche Vaumgärten und aller Nothdurfft Gelegenheit), nach<br />

gehaltener Mahlzeit umb Vesperzeit bin ich allein wiederum!)<br />

von dannen gezogen nnd unter einen Baum eine gute Weil<br />

u) Ioh. Pontanus, geb. d. 21. Nov. 1550 zu Cottbus, gestorben<br />

5. Jan. 1613, seit 1585 Pastor in Königsberg uud Superintendent<br />

der Neumark.


eines fahrenden Schülers. 67<br />

gerastet, allda zwccnc Gefährten zu mir kommen, mit welchen<br />

ich ein wenig gereifet. Sindt mit einander zu einem hohen<br />

Hügel kommen; fonsten giebt es nicht viel Berge, fondern ist<br />

gar ein eben Land; da haben sie mir berichtet, daß diefer<br />

Hügel der Neumarckt und Pommcrlandcs Gränze wäre, da die<br />

Neumarck sich endet, und das Pymmerlandt angehet. Von<br />

dannen alsbald mich meine Gefährten verlassen und eine<br />

andere Straße zogen, allda ich wiederumb allein reisen und<br />

bin kommen auf ein Dorfs, genanndt Ochdorff,^) hernacher<br />

wieder auf ein anderß, genandt Rohrbckc, darnach hab ich<br />

wiederumb durch ein Holz müssen reisen, eben lang, darinnen<br />

viel Wege und Straßen gewesen, dar ich mich verirret und aus<br />

der rechten Straßen kommen, und endlichen von einem Schäffer<br />

wieder in die rechte Straße bracht worden, darnach ans ein<br />

Dorfs, Brüßenfeldc ^) genannt, darinnen der Hertzog und<br />

Fürst aus Pommern ein schönes Vorwcrck gehabt. Da bin<br />

ich durchgezogen, wie die Sonne hat wollen untergehen, bin<br />

aber fortgeeilet in einem bösen sumpfchten Weg, so fast in<br />

lauter Morast gewesen, und endlichen auf eine höltzerne<br />

Brücken über die Oder, und gar spät mit dem Zuschluß kommen<br />

in ein seines kleines Städtlein, Gartz gcnanndt, so<br />

hart an dem Odcrfluß gelegen, ein feines kleines wohlgebautes<br />

Städtlein.<br />

Von Gartz, dem ersten pomrischen Städtlein.<br />

In dieses Städtlein bin ich gar spat zur Nacht kommen,<br />

gleich wie man hat wollen das Thor schließen; ist nicht son-<br />

!2) Uchtdorf, 2/4 Meilen nördlich von Königsberg, aber schon in<br />

Pommern gelegen, gehörte mit seinem Filial Rohrbeck, heut Noderbeck<br />

im 18. Jahrh, zur Herrschaft Wildenbruch. Noderbcck ist vom Jungfrauenkloster<br />

in Stettin angelegt worden, welches i. I. 1246 dem<br />

Ritter Burchard von Velefanz, Besitzer des Landes Fiddichow, 64 Hnsen<br />

nm 40 Mark Silber zur Gründung des Dorfes abkaufte.<br />

") Ueber das <strong>für</strong>stliche Vorwerk zu Vruscufcloe vgl. Hainhofers<br />

Tagebuch in Valt. Stud. III. 2. S. 113.<br />

5*


68 u. Vülow, Wanderung<br />

derlich groß, aber fein von Steinhäusern erbanet gewesen; auch<br />

eine feine Kirchen hat es darinnen gehabt neben einer kleinen<br />

Schulen und Cautoreyen. Liegt hart an dem Oderstrom, wie<br />

denn auch allda viel Schiffe mit Getraide ankommen, die auf<br />

Stettin herunter fahren. Habe in diesen Städtlein einen ausbündigen<br />

guten Wirth und trcuhertzigeu Mauu angetroffen, der<br />

Wohl erfahren und bewandert gewesen ist, Martinus Rößler<br />

genannt, hat wohl gewust, wie es ciucu armeu Wandergesellen<br />

ergehet, der mir viel Frcnndschafft und Ontes in seinem Hanse<br />

erzeiget. Dieser ist bald an den Odcrthor gewöhnet, hat mir<br />

fein Bericht gegeben, wie ich des andern Tages zu Schiff mit<br />

bis gen Stettin kommen könte ohne große Unkosten, wie mir<br />

denn auch wiederfahreu. In diesen Städtlein hat es ein wcttberühmtes<br />

gutes Bier gehabt, ist ein treffliches wohlschmeckendes<br />

und gesundes Bier gewesen, das garhger Vier, loie es denn<br />

auch weit und fern gcführet, deffen ich mich fatt genungsam<br />

getruncken. Deß andern Morgens ist eine Schale oder großes<br />

Schiff voller Korn gcschiffet allda vorhanden gewesen, deßen<br />

mich der Wirth berichtet, daranff habe ich angetroffen einen<br />

frommen treuherzigen Gesellen, Martinus Pad, von Stargart<br />

aus Pommern bürtia., der ein Faetor dieses Schiffes gewesen,<br />

bey dem habe ich mich angeben und gerne von ihm aufgenommen<br />

worden in das Schiff, darinnen ich gnte Gelegenheit bey ihme<br />

und den Schifflcuten gehabt. Mit demselben bin ich von<br />

Gartz abgeschiffet auf der Oder biß gen Stettin, habe Eßeu<br />

und Trincken vollauf bey ihnen gehabt ohne einige Eutgcltuug,<br />

wie es denn ein wüstes Volck umb die Voßkuechte ist. Sie<br />

haben Tag uud Nacht gefoffeu auf dem Waßer, sindt die<br />

Nacht auch auf den Naßer blieben eine halbe Meile von der<br />

Stadt, da fie das Schiff immer selbst nur von dem Strohm<br />

mählig haben gehen lassen. Von den Mücken sindt wir über<br />

die Maßen auf dem Wasser geplaget worden; wir sindt aber<br />

die Nacht hindurch mit Auffgang der Sonnen an die Stadt<br />

und Brücken kommen, dadurch das Schiff geheu und in die<br />

Aufnrth eingelassen worden, da wir außgangen. Von welcher<br />

Stadt weiter Meldung gescheheu soll.


eines fahrenden Schülers. 69<br />

Beschreibung des Landes Pommern sampt derselben<br />

H erzo gthümer.<br />

Die pomrische Landschafft wird in neun Herrschafften<br />

getheilct, als: Wenden, Caßuben, Stettin, Pommern, Usedom,<br />

Gotzgau, Wollgasth, Niegen und Barthen; seine alte Marck-<br />

steine sind gewesen die Waner, als: die Weixel, Warte, Penus<br />

undt die See. Diß Land ist auch ziemlich fruchtbar an Früchten,<br />

Vieh und Fischen. Es ist ein eben Landt und hat keine sonder-<br />

liche Berge darinnen. Die vornehmsten Städte liegen fast am<br />

Meer, welches das baltische Meer oder die Ostsee genennet,<br />

von den Wendischen Pomorzi, welches auch Augenstein wie in<br />

Preußen auswirfst; hat auch drinnen einen hohen Staden, daß<br />

es dem Lande nicht leichtlich einen Schaden thun kan. Es<br />

ist allenthalben fruchtbar, waßerreich, feereich, schiffreich, hat<br />

gute Aecker, Obst, Holzungen, Ströhme, Jagt, Viehe, Vögel,<br />

Fische, Getraide, Butter, Honig, Wachs :c., ist allenthalben<br />

mit Städten, Flecken, Schlößcrn und Dörffern besezzt, hat<br />

keinen unnüzzen Ort, speiset viel Länder, hat sich anfänglichen<br />

der windischcn Sprachen und Sitten gehalten, hat in sich eine<br />

sehr fruchtbahr Insel, Rügen genanndt, welche sieben Meilen<br />

lang und breit, welche keinen Wolff noch Ratten leidet, ist der<br />

Sundischcn Kornhauß, Schcuren und' Kühhoff, wie Cilieia der<br />

Römer; die vornehmste Stadt soll folgendt beschrieben werden.<br />

Meldung vom Augenstein, so man in dieser<br />

Landschafft findet.<br />

Den Augenstcin ^), so man in Pommerlandt auflist,<br />

nennen die Lateiner ^iiooi^uiN) daß ist Safft, die Griechen<br />

oiooti'iiiu, denn so man ihn reibet oder hizzet, zeucht er in<br />

sich Nein Gestäube, und obwohl der Augenstein allerley Farben<br />

hat, so wird doch keiner höher geschätzet denn der weiße, denn<br />

der hat einen edlen Geruch und eine große Krafft in der<br />

Arzeney; man findet denselbigen am wenigsten; der gelb ist<br />

Vgl. v. McwnZ Kautzow, Seite 351,


70 v. Vülow, Wanderung<br />

etwas anmuthiger denn der weiße, aber nicht also kräfftig.<br />

Zur Zeit der Pestilenz ist der weise Augenstein gutt damit<br />

zu räuchern; in der Arzeney braucht man ihn, das Blut zu<br />

stillen, so man ihn ertrinckt; er stillt auch den Unwillen des<br />

Magens. Ezliche schreiben auch davon, er mache auch die<br />

schwaugern Weiber bald gebährendt, so man ihn ein wenig aus<br />

das Feuer leget und <strong>für</strong> die Naßen hält, daß sie den Geruch<br />

davon schmecken; ezliche wollen anch bey seinem Geschmack<br />

erkennen, ob eine Jungfrau verfellet oder nicht sey, halten da<strong>für</strong><br />

ganzlichen, wenn sie den Geschmack richet, so kann und vermag<br />

sie das Waßer bey ihr nicht zu behalten.<br />

Bon der pommrischen Hauptstadt und Hcrrschafft<br />

in Stettin.<br />

Diese pommrische Hanptstadt ist vorzeiten ein langer<br />

Flecken gewesen, da sich die Fischer haben enthalten, weil der<br />

Oderstuß nebeu denselbigen wegfleust und nicht weit von der<br />

Stadt in die Ostsee fället; in diefe Stadt bin ich kommen den<br />

3. Maji, war der Sonntag Misericordias Domini. Ist aber<br />

eine große uud wohlerbauete Stadt, uudt sindt die Häuser<br />

mehrentheilß mit gebranndten Ziegeln gemanret, auch hat es<br />

darinnen feine weite Gafsen und Plätzen; es wohnet auch viel<br />

Volckes unter der Erden, sonderlichen von dem Haudwerckvolcks,<br />

in Kellern nnd Gewölben. Diese Stadt ist sehr volckreich,<br />

auch von vielen ausländischen Völckern, die da ihre Kauffmanschaft<br />

treiben, erfüllet, welche Zu Wasser uud zu Lande dahin<br />

kommen uud ihren Gewerb suchen. Es hat diese Stadt vier<br />

vornehme Hauptkirchen, die alle wohl mit reinen Lehrern uud<br />

Predigern bestellet, wird des Sonntags in allen geprediget,<br />

und ist also angeordnet, daß man immer ans einer Predigt<br />

in die andre gehen kan; in ezlichen ward hochdeutsch in ezlichen<br />

aber pommrische geprediget. Es hat auch sonsten andre Kirchen<br />

mehr in der Stadt, alß bey des Hertzogen Schloß, item auf<br />

den Graben ausser der Stadt, loie man bey des Hertzogen


eines fahrenden Schülers. 71<br />

Lustgarten gehet, in welchen auch der Gottesdienst verrichtet. ^)<br />

Es hat auch in dieser Stadt ein wohlbestalltes Gymnasium<br />

und Fürstenschule, darinnen viel Studenten ihre Auffenthaltung<br />

haben und gelahrte, feine Leute erzogen worden. Der Landes-<br />

<strong>für</strong>st hat auch sein Hofflager und Hoffhaltung darinnen, wie<br />

er denn auch ein wohlerbauetes Schloß und Burg daselbsten<br />

hat, führet aber nicht fo überaus große Hoffhaltung. Außer-<br />

halb der Stadt, einer Viertelmeilen davon, liegt noch ein<br />

schönes <strong>für</strong>stliches Hauß, die Oderburg genannt, darinnen<br />

die alte Hertzogen ihre Hoffhaltung gehalten, ist fein zierlicher<br />

und herrlicher gebauet, denn in der Stadt gewesen; der alte<br />

Hcrtzog mit sambt seinem Gemahl sind in schönen, weisen<br />

Marmelstein ausgehauen gewesen und ihre Statur an das<br />

Schloß eingemauret gewesen; darneben einen lustigen Thier-<br />

garten, welcher mit einem hohen Zaum umbzäumet, daß die<br />

wilden Thiere nicht herauß lauffen können. ^) Ich hab in dieser<br />

Stadt einen Landsmann angetroffen, Daniel Gottschalck genanndt,<br />

eines Pfarrherren Sohn von Lohse, bey welchem ich mich der<br />

Zeit auffgehalten, der mir gute Landsmannstreu bewiesen, weil<br />

ich bey ihm gewesen, der mich auch in der Stadt herumb-<br />

geführet und derselben Gelegenheit innwendig und auswendig<br />

gezeiget und berichtet. .<br />

Auf den Sonntag Misericordias domini haben sie einen<br />

alten Gebrauch gehabt, der Stadt Willkühr abzulesen oder die<br />

Bürger-geradung, wie sie es nach ihrer Landsart gencnnet,<br />

welche ich auch mit angehöret. Gehet damit also zu: In<br />

allen Kirchen wird es erst vermeldet, daß sich alle Einwohner<br />

'2) Die St. Peter-Paulskirche. Der herzogliche Lustgarten ist<br />

auf den älteren Stadtplänen angegeben, er lag zwischen dem Mühlenund<br />

Frauenthor und gab bei den schwachen Versuchen der städtischen<br />

Befestigung 1622 bis 1630 Ursache zu Verhandlungen zwischen der<br />

Stadt und dem Herzog. (Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I.<br />

Tit. 124. Nr. 42.)<br />

'^) Herzog Johann Friedrich führte von auswärts Wild ein znr<br />

Besetzung seiner Wildbahncn und mag er oder anch Herzog Barnim<br />

d. ä. solches auch nach der Oderburg gebracht haben.


72 u. Vülow, Wanderung<br />

umb Glock eins aus den Marckt bey den Rathhauße finden<br />

sollen, und wird solches vom Nathhauß herilnter dnrch den<br />

alten regierenden Bürgermeister abgelesen, und weil gleich zn<br />

der Zeit der Nath verändert, so wird der ncuregierender Bürgermeister<br />

der Gemein neben den andern Rathherren angemeldet<br />

und folgende Punkte jährlichen wiederholet:<br />

1. Als erstlichen soll ein jeder Bürger nnd Einwohner<br />

der Stadt seinen Geschoß vor Palmarum ablegen.<br />

2. Soll kein Bürger einen Frembden nnd Ausländischen<br />

ohne des Raths Vorwitzen auf- und annehmen.<br />

3 Es soll ein jeder, der einen ledigen Ort oder Vaustadt<br />

in der Stadt hat, bey Verlust deßelbigen wiederumb in Jahr<br />

und Tag aufbauen.<br />

4. Auch soll kein Bürger oder Nierschencke seinen Keller<br />

<strong>für</strong> Glock zehn eröffnen, noch Zechgäste unter der Kirchen<br />

sezzen.<br />

5. Es soll ein jeder Nachtbahr biß zum andern die<br />

Gaßeu saubern und rein halten, auch keine Schweine daheime<br />

behalten und in den Gaßen auf und nieder lauffen laßen, wo<br />

sie nicht auf Straffe eingesperret sollen werden.<br />

6. Es soll anch ein jeder Bürger daß Feuer wohl verwahren<br />

und gute Achtung drauff haben, die Schaurstein aufmäuren<br />

und täglichen reinigen lassen, wofern ihm das Hauß<br />

nicht zugeschlagen werden soll.<br />

7. Auch soll eiu Jeder Achtung dranff geben, wem er<br />

hauße und Herberge.<br />

8. Es soll sich ohne Ursachen nach zehen Schlagen in<br />

der Nacht auf der Gaßen Niemand finden und sich antreffen<br />

lassen.<br />

9. Niemandt soll außer der Stadt auf dem Lande vorkauffen,<br />

bey Straff 10 fl. Reinnischs.<br />

11). Anch soll kein Bürger sich unterstehen, frembde Bier<br />

zu schencken.<br />

11. Der Holzung zu hauen oder beschädigen in den<br />

Püfcheu und Wäldern aufs allergeriugste soll sich Niemandts<br />

unterstehen bey verfallener Leibesstraffe und Halßbruche.


eines fahrenden Schülers. 73<br />

12. Zum Zwölfften und Leztm sollen Bier-« und Weinschencken<br />

auch gute volle Maß geben.<br />

Es sind wohl andere Artickel mehr angezeiget, diese hab<br />

ich nur als die vornehmsten uud wichtigsten gemercket, darauß<br />

zu mercken, wie eine seine politische Ordnung der gemeinen<br />

Stadt zum Besten allda gehalten wird. ^)<br />

Diese Stadt ist noch ziemlichen feste gebauet und verwahret<br />

gewesen mit Mauren und tieften Graben, neben dem<br />

Stadtgraben hat der Fürst auch einen seinen Lustgarten, sehr<br />

schön zugerichtet, mit lieblichen wohlriechenden Kräutern uud<br />

Bluhmen, alles in lustige Spatziergänge geordnet, mit schönen<br />

abgerichteten Lauben von srembden Früchten, darunter man<br />

wie in Loben gehen können. Auch ist darinnen gewesen ein<br />

schönes geziertes Lusthauß, darinnen auch verborgene Wasserquellen<br />

zu besprengen werden gewesen seyn, wie man in den<br />

<strong>für</strong>stlichen Specercyen und Lustgarten findet, darein ich zwar<br />

nicht kommen, sondern auf dem Walle der Stadt man es alles<br />

sein hinein und überseheu können, weil er hart an den Graben<br />

und Wall der Stadt gelegen gewesen. Ein großer Handel<br />

und Wandel der Kauffmannschafft wirdt allda getrieben, denn<br />

aus der Ostsee oder Hafen oder baltischen See daran stoßen<br />

thut, darinnen neben der Stadt der Oderfluß gefallen, auf<br />

welchem aus der Ostsee zu Schiffe biß an die Stadt iu ihren<br />

Port lauffen können, wie denn dazumahl in die dreyhundert<br />

Schiffe klein und groß bey der Stadt gewesen und täglichen<br />

aus den Seestädten, Dännemarckt, Norwegen, Schottland und<br />

andern Oerten dahin kommen, daran man seine Lnst zu sehen,<br />

wie ich denn zuvor noch keine solche Schiffe gesehen, alß allda<br />

sind mir die ersten Seeschiffe <strong>für</strong>kommen; aber ein sehr wüstes<br />

und wildes Gesindlem ist es umb die Schiffleute, von welchen<br />

weiter an andern Orten mehr soll Meldung geschehen.<br />

") Dieser Gebranch des öffentlichen Verlesens der Vürgerordnung<br />

hat sich bis in die Zeit der preußischen Herrschaft erhalten nnd ist erst<br />

1724 abgeschafft worden. Thiede, Chronik von Stettin Seite 817.<br />

Anderwärts, z. V. in Anclam, wurde die Bursprake am Sonntag vor<br />

Martini verlesen. Stavenhagen, Beschreibung von Anclam, Seite 43 ff.


74 v. Bülow, Wanderung<br />

Nachdem ich mich nach Nothdnrfft in dieser Stadt besehen,<br />

bin ich wiederumb den 6. Maji nach Mittage umb Glocke 1<br />

allein fortgezogen, und ohngefähr zwo Meil Weges auf ein<br />

Dorfs kommen, Folcken Walde, ^) allda ich das erste Nachtlager<br />

gehalten; in welchem Dorffe ich auch zu Gefährten kommen,<br />

alß zu zweyen Hausierern und einem Glasergesellen, mit<br />

welchen ich des andern Tages fortgereiset uud fast den ganzen<br />

Tag in lauteren Wäldern und Hölzern reisen müßen, welches<br />

Holz in die 6 Meilen gewähret. In dem Walde ist ein Krug<br />

und Außspann gewesen, Müzelberg^) genanndt, darinnen<br />

wir gefrühstückt, von dannen wir auf kein Dorff noch zu<br />

keinen Leuten mehr kommen alß gegen den Abend in ein klein<br />

Städtlein, Uckermunde, darinnen wir viel Fische umbs<br />

Geld bekommen, sonderlichen die herrlichen Kaulpersen, darüber<br />

wir sich verwundern müßen; wären viel Geldes wehrt gewesen<br />

an manchen Ort der Welt, allda aber fast geringschätzig geachtet<br />

worden. Dieses Städtlein ist auch an der Ostsee gelegen,<br />

darinnen ein Schloß und Herrenhauß gewesen, allda wir die<br />

Nacht blieben und wohl in guten Fischen tractiren ließen. Deß<br />

andern Tages bin mit dem Glasergesellen allein davongezogen<br />

und haben wieder durch ein Holz zwo Meilen lang reisen<br />

müßen und hernacher kommen auf einen Krug, Vugwiz,^)<br />

darinnen wir Mittag gehalten, von dannen nach dem Eßen<br />

umb die Vesperzeit gen Aneo lam kommen, davon auch Meldung<br />

geschehen soll.<br />

Von Ancolam, einer Stadt in Pommern.<br />

Ancolam diese Stadt liegt auch am Seestrant, denn es<br />

auch ein Arm auß der Ostsee hiuan an die Stadt stoßet, wie<br />

^) Falkenwalde, Kirchdorf und Oberförfterei, 2 Meilen nordwestlich<br />

von Stettin.<br />

lv) (Groß)-Mützelbnrg 2'/2 M. südöstlich von Uckermunde an der<br />

Straße nach Stettin. Ursprünglich mir ein Vieh- und Ackerhof mit<br />

Kruggerechtigkeit in der großen Miitzelbnrger Forst.<br />

2") Vugewitz, Kirchdorf, 1'/2 M. südöstlich von Anclam, zn dessen<br />

Eigenthum es gehört.


eines fahrenden Schülers. 75<br />

bey Stettin, darnmb sie auch eine Seestadt oder einen Hafen<br />

hat, und nicht weit davon das baltische Meer liegt, wie denn<br />

anch große Seeschiffe allda ankommen. Ist zwar nicht eine<br />

große, doch aber noch feine Stadt, welche wohl mit Steinhäusern<br />

nach der Seestädter Art erbanet und gezieret. Es hat auch<br />

eine feine Kirchen in dieser Stadt, dabey auch eine ziemliche<br />

wohlbestallte Schulen; ein gutes wohlschmeckendes Bier hat es<br />

auch darinnen, davon die Bürger ihre Nahrung haben, sonderlichen<br />

nicht von guten Ackerban; sie haben auch ihren Kaufs -<br />

handel mit den andern benachbahrten Ländern und Seestädten.<br />

Als ich mich ein wenig umbgesehen und Vesperzeit gehalten<br />

und mein Gefährte allda hinder mir blieben, bin ich noch deß<br />

Tages allein fortgezogen biß anf ein Dorff, Ranzin^) genanndt,<br />

allda ich von der Pfarrfrauen die Abendmahlzeit erlangt<br />

nnd die Nacht allda verharret; deß andern Tages bin<br />

ich mit dem Frühesten auff gewesen und kommen auf ezliche<br />

Dörffer, darnach anf der rechten Hand im Holz ein fein Kloster<br />

liegen laßen und kommen auf Gripps Walde, davon weiter<br />

Meldung gefchehen foll.<br />

Von Gripp'eswalde nnd der pommrifchen<br />

hohen Schulen.<br />

In diese Stadt Gripp es Walde bin ich auch im May<br />

kommen, des Morgens frühe zu Glock 8, darinnen ich erst das<br />

Frühstück gehalten und mich ein wenig hernach darin umbgesehen.<br />

Diese Stadt liegt im Hcrtzogthnm Wollgast, und hat<br />

diese Stadt viel bürgerliches Zancks und Unfriede gehabt, dadurch<br />

sie etwan in Abnehmen kommen.^) Sie liegt fast im<br />

21) Ranzin, 2V? Meile südöstlich von Greifswald. Die Kirchenmatrikel<br />

von 1592 nennt als Pastor Ehrn Lanrentius, und dessen Vorgänger<br />

Martin Bock. Das „feine Kloster" im Holz ist Eldena.<br />

22) Wenn man hierbei au ein bestimmtes Factum denken will, so<br />

bietet sich nm diese Zeit der Streit zwischen Greisswald und Stralsund<br />

um die glewitzer Fähre dar, die vom .Hofgericht zwar Greisswald zugesprochen<br />

war, doch aber noch ciueu laugeu Proceß beim Reichskammer«<br />

gericht veranlaßte. Vgl. Kratz, die pomm. Städte. Seite 210.


76 o. Bülow, Wanderung<br />

Thal und Grunde, Zu welcher auch eiu Strandt auß der Ostsee<br />

gehet, daher sie auch <strong>für</strong> eine Seestadt geachtet. Es ist<br />

diese Stadt eine feine große Stadt, etwas größer als Ancolam,<br />

mit feinen gebranndten Steinhäusern erbanet, auf die alte seestädtische<br />

Manier. Es hat anch darinnen einen feinen großen<br />

Marckt gehabt, auf welchen ein hübscher Rohrkasten gewesen,<br />

weite und breite Gaßen gewesen, wird auch noch ziemlich sauber<br />

darinn gehalten. Es hat auch zweene feine Haubtkircheu neben<br />

andern Gestifften in dieser Stadt, so nicht sonderlichen gezieret,<br />

wie in den Seestädten zu finden, daneben eine ziemliche Particularschulen;<br />

auch haben die Fürsten von Pommern ihre Universität<br />

und hohe Schulen darinnen, welche Ao. 1456 ausgerichtet<br />

worden. Diese hohe Schul ist dazumahl begnadet gewesen<br />

mit dem wohlachtbaren und hochgelahrten Herrn<br />

der pommenschen Kirchen in wollgastischer Regierung,<br />

der unser augspurgischen Confession und den Schritten<br />

Lutheri Wohl zugethan, anch viel gutes Dinges zugeschrieben,<br />

loie er denn dem Lande sehr wohl bekanndt, auch uüzlichen<br />

uud dienstlichen. Dazumahl ist nicht eine sonderliche Frequenz<br />

von den Burschen allda gewesen; das Collcgium oder Auditorium<br />

liegt an der Stadtmauren in einen: Winckel benebenst<br />

einer Kirchen, last sich ansehen, als wanns ein altes Clostcr<br />

gewesen, nicht sonderlichen gebauet, auch nicht viel Raum innen,<br />

dabey abzunehmen, daß in dieser Universität niemahls viel<br />

Studenten allda und großen Zulaufs muß gehabt haben; wie<br />

man denn auch wenig Burfche gesehen oder in der Stadt einem<br />

sindt <strong>für</strong>kommeu. Die Bürgerschafft haben ihren Handel auch<br />

zu seewärts, wie auch zu Lande. Die Ostsee soll etwas von<br />

weiten von ihr liegen, doch können die Schiffe in einen Arn:<br />

oder Schlundt aus der See zu ihr anlauffcn, wie denn auch<br />

noch ziemliche Schiffe allda an ihrer Anfurth zu sehen gewesen.<br />

Die Insel Rügen kö'mpt ihr noch wohl zu Hülste, welche sehr<br />

fruchtbahr ist, also nichts sonderliches allda zu sehen, mag auch<br />

vorzeiten beßer umb sie gestanden seyn. Das griftswalder Bier,<br />

so von der Bürgerschaft allda gebrauen wirdt, ist auch nicht


eines fahrenden Schülers. 77<br />

sonderlichen, dienet <strong>für</strong> die 8wclio8i, damit es ihnen nicht die<br />

Köpfe pcrturbiret und in ihren Ztuäiis hindert, den Bürgern<br />

ist es anch bequem, läßt sich doch fein leicht wegtrinken; doch<br />

kan man gute frcmbdc Bier nnd spanischen Wein allda haben,<br />

denen <strong>für</strong> die Gelahrten nüzlich. Von Wassermühlen müßen<br />

sie nicht viel wißen, sintemahln sehr viel Windmühlen umb<br />

diese Stadt gewesen, als ich bald nicht gesehen.<br />

Wie man von Ancolam in die Stadt ziehet, da stehet<br />

ein kleines Kirchlein auf einem Berge <strong>für</strong> der Stadt, darinnen<br />

sich diese denckwürdige Historien zugetragen hat: in dieser Kirchen<br />

siehet man im Dache ein Loch hindurch, welches, weil man<br />

es schon vielmahl versucht, nicht zudecken kan, durch welches<br />

Loch der Teufel einen gottlosen Menschen soll hindurch und<br />

hinaus geführct haben und feinen Braten geholet haben. Waß<br />

dieß <strong>für</strong> ein gottloser Mensch ist gewesen, daran Gott ein solch<br />

schreckliches Exempel statniret, kan man wohl erachten, daß er<br />

ein vermessner, gottloser Mensch, der Gott und sein Wort<br />

verachtet nnd dem bösen Feinde sich gänhlich ergeben haben<br />

muß. An den Mauern neben dem Dache werden auch noch<br />

die Krallen gesehen, die er Zum Gedächtniß hinter ihnen verlassen,<br />

die er gcrizzet haben soll, als er ihn hinweggeführct.<br />

Behüte Gott <strong>für</strong> solcher Auffarth! Sonsten ist die Stadt anch<br />

nicht sonderlichen fest mit Wällen und Pasteyen verfehen gewesen,<br />

als mit einer Mauren, die hernmb gewesen.<br />

Von dannen bin ich noch deß Tages wiederumb gezogen<br />

und erstlichen kommen ans ein Dorfs, Meßkinhagen, weiter<br />

auf Brand es hoffe, und weil es am Sonnabend Abend gewesen,<br />

da hab ich hören zur Vesper aus den Dörffern beern^),<br />

wie allenthalben im Lande bräuchlichcn feyn foll. Umb den<br />

Abendt bin ich fast mit dem Znschluß nach Strallsundt<br />

kommen, wie weiter folgen wird.<br />

^) beiern. Von derselben alten Hand, welche die im Text vor-<br />

kommenden Ortsnamen ans den Nand ausgeworfen hat, ist hierzu die<br />

Bemerkung gemacht: „i. o. mit dem Klöppel an eine Seite der Glocken<br />

anschlagen." Der Gebranch herrscht bekanntlich noch jetzt auf dem<br />

und vielleicht anch in einzelnen Städten Pommerns.


78 v. Vülow, Wanderung<br />

Von Strallsundt, auch einer pommrischen<br />

Hauptstadt.<br />

Diese Stadt Sundt oder Strallsundt hat ihren Nahmen<br />

von 8u8Ìon6, einen Herzzogen aus Francken, ^) welcher<br />

sie Ao. 1046 gleichwie auch Franckfurt an der Oder, mein<br />

liebes Vaterland, gebauet hat. Ist eine feine, große und wohlgebaute<br />

Stadt jezt gewesen, mit schönen von gebrannten Ziegeln<br />

Steinhäuser gebauet, aber sehr enge Gaßen, und wird schlammig<br />

darinnen gehalten. In dieser hat es sehr viel Brunnen gehabt,<br />

fast in allen Gaßen; 25) ^ den Orten der Gaßen hat es auch<br />

viel hölzerne Pfäle um die Ende eingeschlagen, köndte nicht<br />

anders verstehen, daß solches geschehen von wegen den Häusern,<br />

damit sie nicht da<strong>für</strong> könten beschädigt werden. In diese Stadt<br />

bin ich kommen auf den Sonnabendt zu Abendt und zu einem<br />

Büchsmacher eingekehret, so gute Leuthlein gewesen und mir<br />

alles Gutes gethan. Diese Stadt hat erst den Barden Seer<br />

zum Fürsten gehabt, jetzt gehörets unter daß Herzogthumb<br />

Wolgast.<br />

Es hat diese Stadt eine vornehme Hauptkirchen gehabt,<br />

welche zwar nicht schön und zierlich ausgebutzet gewesen, wie<br />

ich denn fast in allen Orten des Landes gefunden, es wird<br />

aber alle Sonntage in allen der Gottesdienst mit Predigen und<br />

Sacramentreichen steißig bestellet und also angeordnet, daß wann<br />

die Predigt in der einen ausgewesen, man in der andern angefangen<br />

und also, wer Lust zu Gottes Wort zu gehen gehabt, in<br />

alle kommen mögen. In der obersten Pfarrkirchen, S. Nicolaus<br />

genanndt, hab ich nach vollbrachter Predigt des Raths ernsten<br />

Befehlig ablesen hören, denn ihnen der schärft genug <strong>für</strong>bracht<br />

vom Prediger worden, alß<br />

erstlichen soll Niemandt vor der Predigt in den Häusern<br />

oder Kellern Gäste sezzen, noch bey Gesöff aufhalten.<br />

24) Anmerkung derselben alten Hand: „i-0etiu8 vom Sund, der<br />

dabei ist, und Stralen, i. 6. Bogenschuß."<br />

25) Vgl. Brandenburg, die Anstalten zur Versorgung Stralsunds<br />

mit Wasser, S. 15 u. 28.


eines fahrenden Schülers. 79<br />

2. Es foll Niemands unter der Predigt auf dem Marckte<br />

oder <strong>für</strong> den Thoren und auf den Graben und anderswo fpatzieren<br />

gehen sich Niemandt finden laßen.<br />

3. Die Tezweiber mit ihrem Kramwerck follen nicht länger<br />

auf dem Marckt feil haben, biß daß man in der Kirchen zusammengeschlagen<br />

hat, alsdann sie sich bald von dannen machen<br />

sollen.<br />

4. Daß nicht Jedermann Alles auf die Pracht und sonderlich<br />

das Weibsvolck auf die Hoffart legen folten, fondern vielmehr<br />

die Häufer davor bauen.<br />

Es ist die Stadt auch am Meerstrandt gelegen, denn es<br />

auch eine <strong>für</strong>nehme Seestadt, sie liegt auch an einem guten<br />

geschlahen Boden, dabey ein gutes Getraydelandt; sehr schönes<br />

Weibsvolck und hoffärtiges giebts allda. Diese Stadt ist auch<br />

ziemlich fest, mit Graben, Mauren und Waßer herumb wohl verwahret;<br />

in den Stadtgraben habe ich die ersten gezämten Schwane<br />

gesehen, welche allda gewohnet, genießet und ihre Jungen erzogen.<br />

26) Es braut auch allda ein gutes, gesundes und wohlschmeckendes<br />

Bier, welches das berumbste in Pommern, darumb<br />

es auch zu Waßer weit geführet und allenthalben gern getrunken<br />

wird. Es hat fonsten ein wohlhabendes Volck allda, und wird<br />

die Kauffmannfchaft und Schiffarth anch fleißig getrieben, denn<br />

man dannen aus der Ostsee hin und wieder, als in Preußen,<br />

Dännemarck, Norwegen und andre Insulen lauffen kan, das der<br />

Vürgerfchafft gute Nahrung und Reichthumb giebt.<br />

Nachdem ich mich in dieser Stadt Sundt nach Nothdurfft<br />

besehen, bin ich mit einem Schöftknecht fortgezogen, und auch<br />

diefe Herrfchafft Bart besehen wollen, so auf der rechten Hand<br />

der Straßen mir fonsten wär liegen blieben. Sindt erstlichen<br />

zu vielen Seen^) kommen wie auch Teichen, fo im Lande allda<br />

gehabt, darauff viel Schwanen hauffenweiß gewesen; gen Bart<br />

sindt wir kommen zur Vesperzeit, davon ich weiter melden will.<br />

26) Brandenburg a. a. O. S. 9. Anm. 1.<br />

2'j Der Pütter- und der Vorchwalljee, weitere Seen von Bedeutung<br />

giebt es zur Zeit in der Gegeud nicht.


89 v. Välow, Wanderung<br />

Von der pommrischen Herrschafft Bart und des<br />

Städ tleins.<br />

Diefes ist die dritte Herrfchafft unter den pommrifchen<br />

Fürsten und Herzogtümer, wann fie in Theilung sindt; ist<br />

ein kleines aber wohlgebautes Städtlein gewefen, darinnen die<br />

Bürgerschaft ihre Nahrung von dem Ackerbau und Bierschanck<br />

haben nehmen müssen. Ein schönes wohlgeziertes Kirchlein<br />

hab ich allda funden, mit schönen Taffeln und Gemählden<br />

ausgepuzzet, ^) als ich in Pommern nicht funden. Es hat<br />

auch in diesem Städtlein ein <strong>für</strong>stliches Schloß und Hauß<br />

drinnen gehabt, darinnen die bartische Herrschafft Hauß gehalten<br />

und Hoffhaltung allda volführet: das Schloß ist mit<br />

breiten Naßergraben umbfangen und wie auf einem Wall in<br />

der Mitte gelegen. Ein sehr herrlich Bier hat auch das klein<br />

Städtlein geben, davon viel gehalten und weit ans dem Lande<br />

abgeholet undt getruncken wirdt, wie ich denn in Renßen in<br />

vielen Dörffern das Bier getruncken und angetroffen habe.<br />

Es giebt in Pommern an vielen Orten treffliche gute Bier -<br />

weil keiu Wein in diesen Lande wächst, so hat Gott das Land<br />

nnd ihre Städte mit sonderlichen berumbten Bier begnadet,<br />

wie denn darinnen gefunden worden das gartzker, stettinisch<br />

Bitterbier, stargarter, strallsnnder, bartischer und paswalcker<br />

Pasanelle, so den andern <strong>für</strong>nehmlich <strong>für</strong>gehen. Von dannen<br />

bin ich allein, als ich in diesem Städtlein umbgeseheu, eine<br />

Meile ans Land gezogen, bin aber in einein Holz irrgangen<br />

und von jungen Tnrteltauben oder Krohen ^115. wohl vexieret<br />

worden und gar spat in der Nacht in ein Dorfs kommen,<br />

Langeshagen,^) genanndt, allda ich im Krng bey den Feuer<br />

im Hause müßen liegen bleiben, da es sehr viel Ratten und<br />

große Mäuse gehabt, die von Boden auf mich herunter gefallen.<br />

Deß andern Tages, als ich fortgereiset, bin ich umb den halben<br />

N) Die S. Marienkirche, zu den schönsten Kirchen Pommerns<br />

zählend.<br />

^) Wahrscheinlich Langenhanshagcn, Dorf 1'/^ Meilen südwestlich<br />

von Barth nnd ebensoweit östlich von Damgarten entfernt.


eines fahrenden Schülers. 81<br />

Mittag wieder in die rechte Straßen kommen nnd von einem<br />

Weibe, so ans dem Felde Torp gegraben, znrechte gewiesen und<br />

auf ein Dorf kommen, Klein mü hl e genanndt, hernacher auf<br />

ein klein Städtlein zu kommen, Th ammgar ten, da ich von<br />

Pfarrherren die Mittagmahlzeit empfangen ^") und bald wiedcrumb<br />

anf einen offenen Flecken, Riebniz, welche beide Städtlein<br />

kaum einen Büchsenschuß von einander gewesen, daran die<br />

See gestoßen und vorzeiten allda eine schöne große Stadt gestanden<br />

und von der Ostsee ersauffet und verderbet worden;<br />

wie denn die beiden kleinen Städtlein drauf gezeiget, daß sie<br />

zusammen gehören, als die Stadt noch gestanden. Von dannen<br />

bin ich weiter in einem Holz zu einem Krug kommen, allda<br />

ich ein wenig gernhet und verbüßen, und heruacher von dannen<br />

auf Rostock in mecklenburger Lande, davon hernacher wirdt<br />

gemeldet werden.<br />

Beschreibung deß Mecklenburger Landes.<br />

Das Hcrzogthumb Meckelburg sampt der Graffschafft<br />

Schwerin, Rostock und Stargart sindt vorzeiten ungethciltc<br />

tzerrschafften gewesen, ist ein sehr fruchtbahres Land und überflüssig<br />

an Korn und Holz, auch fischreich, viel Viehes und<br />

Wildprcts, mit vielen großen und reichen Städten, Schlößern,<br />

Flecken und Dörffern wohlgezierct und gebauet, die ersten Einwohner<br />

deßclbigen Fürstenthumbs sindt genennet gewesen die<br />

Heruler oder Werrlen, sindt mit den Wenden unter eines<br />

Königes Regierung begriffen, daß ist soviel als Obotriten<br />

oder Gundtscharen oder Nottiren, ihre Abgötter sind<br />

crstlichen gewesen Teutones, welchen sie Menschen geopfert,<br />

darnach Radagast, welcher ein König bei ihnen gewesen, den<br />

haben sie stattliche Tempel aufgerichtet und seinen Bildniß einen<br />

Harnisch und Panzer angethan, und auf die Brust einen Ochscnkopf<br />

gesczzt.<br />

^) Nach den Matrikelnachrichten im Staatsarchiv war Adam<br />

Schröder damals Pastor in Damgarten. Die gewaltsame Trennung<br />

von Damgarten und Nibnitz dnrch die Flnth gehört zn den historisch<br />

nicht verbürgten Erzählungen des Reisenden.<br />

6


82 u. Vülow, Wanderung<br />

Es ist aber dieß Volck, die Werrlen, ein streitbahrcs Volck<br />

gewesen, welche nie von den Römern überwunden worden,<br />

sondern haben viel Kriege helffen führen nnd auch selbst gcführet,<br />

sind mit den Gothen nnter andern Bölckern die vornehmbsten<br />

gewesen, die Italien und Rom, Franckrcich nnd Hispanien,<br />

auch Afrieam, Asiam nnd Enropam bekrieget haben,<br />

und wiewohl Kayscr Karl in die 30 Jahr Krieg geführet, hat<br />

er doch die Werten <strong>für</strong> seine Freunde gerne gehabt und gehalten.<br />

Die Wenden und Werrlen haben einen König gehabt,<br />

Antyrius genanndt, welcher einen Ochsentopf und daß Pferd<br />

Alexanders Vueephalus im Schilde geführct, daher denn noch<br />

hente zu Tage die Fürsten zn Meckelburg wie auch die Rostock (!)<br />

eiuen Ochsenkopf mit weißen oder güldenen Hörnern führen,<br />

dieses haben sie zum Gedächtniß mit einer güldnen Krön des<br />

alten Königlichen Stammes ihnen von Kayser Carolen geschencket<br />

nnd Privilegiret.<br />

Die vornehmbste Städte sindt gewesen Mecklenburg<br />

von dem griechischen Wort ^/n/ro/?^, daß ist eine große<br />

Stadt, davon das ganze Landt seinen Nahmen, auch folgende<br />

Fürsten den Titnl behalten, nngeachtet, daß es zn vielen<br />

mahlen verheeret nnd unerbauet liegen blieben. Es hat anch<br />

nicht allein Antyrins, sondern auch Villngus, der mächtige<br />

König der Werrlen und Wenden, ihren Königlichen Siz nnd<br />

Hoffhaltung darinnen gehabt. In dieser Landschaft ist anch<br />

nicht weit von der See Vineta ausgerichtet, welche em.'<br />

herrliche Gewerbstadt ist gewesen, dahin aus India, Griechen,<br />

Reußen und Preußen Kauffmannswaarcn bracht nnd verhandelt<br />

worden, welche anch dnrch ihre eigene bürgerliche Uneinigkeit,<br />

Krieg nnd Empörnng dnrch den König aus Dännemarck<br />

gar in den Grund ist verderbet worden^).<br />

Item Rhetra, da noch alte Uhrknndt und i'Ulloi'^ einer<br />

feinen Stadt vorhanden, allda anch ein Tempel des Abgotts<br />

Nadagast gewesen; diese Stadt soll sieben feste Thor gehabt<br />

>") Die gewöhnliche Erzählung von der Wnndcrstadt Vineta, nur<br />

an einen anderen Ort verlegt.


eines fahrenden Schülers. 83<br />

haben, auch mit tiefen Graben nnd Manren wohl verwahret,<br />

soll gelegen seyn in den ftargartischen Lande nicht weit von<br />

einem großen See. Von den andern vornehmen Städten,<br />

darinnen ich kommen bin, will ich weiter melden folgende:<br />

Von Rostock der Hauptstadt<br />

deß Landes Meckelbnrges.<br />

In diefe Stadt bin ich kommen den 11. Maji und nach<br />

meinem Schul- und Wandersgesellcn Henrico Kiliano ^), deßen<br />

ich bey der ersten Reife gedacht, gcfraget, welcher sich dazumahl<br />

gleichfam in Wirthstandt und Ehestandt begeben; diefen,<br />

weil ich denselben gleich in feinem Vaterlande daheim angetroffen,<br />

bin ich zur Herberge bey ihm eingekehret, hab auch<br />

bey vier Wochen bey ihm stille gelegen und auf ihn gewartet,<br />

welcher mir gar viel Gutes in feinem Hanfe wegen alter bekannter<br />

und erkannter Frenndfchafft gethan.<br />

Diefe Stadt Rostock ist eine <strong>für</strong>nehme und große Hauptstadt<br />

in mcckelburger Lande, liegt nach der Länge mit lautern<br />

von gebrannten Ziegeln Steinhäusern erbauet, fehr schöne,<br />

große starcke Gebäude nach der alten feestädtischen Art. In<br />

dieser Stadt hat es weite Gcchen und einen großen Marckt,<br />

darauf ein feiner Waßerbrunnen, hat auch ein reiches und<br />

wohlhabendes Volck darinnen, doch nicht alfo hoffärtig, wie zu<br />

Strallsunde, und mit ziemlicher Kleidung, reinlich, doch aber<br />

fonderlicher unbekannter Tracht, sonderlichen verstellen die<br />

Hucken das Weibsvolck sehr, welches sie über die Hauftter<br />

ziehen und vor den Mantel braucheu. In dieser Stadt hat<br />

es vier vornehme Haubtkirchcn, die in der Unterstadt S. Nicolaus<br />

genannt, bey derselben ist eine hohe Spizzen gewesen,<br />

die dazumahl wieder gebauet und mit Schwer gedecket, denn<br />

sie längst nicht zuvor von einem Sturmwinde herunter ge-<br />

32) Er hatte mit demselben, nachdem eine vom Juli 1585 bis<br />

in den Winter dauernde Pest die frankfurter Studenten von dort ver-<br />

trieben hatte, am 25. Mai 1586 seine erste Ncise nach Oestreich an-<br />

getreten.


84 v. Vülow, Wanderung<br />

worffen.^) In diesen Kirchen hab ich ein fein Gemählde ge-<br />

sehen, welches mir sehr Wohlgefallen; es ist aber dieß Blldniß<br />

gewesen ein großer Mann, loie man den großen Christophorum<br />

in den Kirchen pfleget zn mahlen, darinnen die Laster der<br />

Menschen fein <strong>für</strong>gebildet.<br />

Fürbildung des großen Mannes Zn S. Nicolaus.<br />

Erstlichen gieng diesem Bildniß ans dem Mnnde ein<br />

Strahlen, wie der höllische Rachen getitnliret, ci-Hpula, dar-<br />

nach aus der rechten Hand ^v^i'itil^ aus der lincken Hand<br />

8u^6lI)Ì3.) aus der rechten Seiten odiniu. und aus der lincken<br />

Seiten piAi'iti^ aus dem Herzen ii'^, und zwischen den Beinen<br />

Die andre Kirchen wird genanndt zu S. Marien, oder<br />

unser Frauen Kirchen, ist eine feine große Kirchen gewesen,<br />

daran hat man zu der Zeit auch gebauet und fein angerichtet,<br />

darinnen hab ich einen feinen hölzernen Predigtstuhl gefunden,<br />

gar artig und künstlich, mit schönen Figuren ausgeschnizzet<br />

und gezieret.<br />

Die dritte, S. Petrus Kircheu genaiiudt, ist auch eine feine<br />

Kirchen gewefen, darinnen ein feiner Predigtsthul, von Werck-<br />

stücken ausgehauen uud auch mit artlichen Figureu gezieret.<br />

Die vierdtc ist die Pfarrkirchen S. Iaeob, darinnen die<br />

rechte hohe Predigt am Sontage darinnen gehalten, bey der-<br />

selben hat man eine durchsichtige neue Spitzeu erbauet uud<br />

mit Kupfer bedecket. In dieser Kirchen war ein schöner Predig-<br />

stuhl, von weißem Alapasterstein ausgehauen, welcher Ao. 1557<br />

erst erbauet, sowohl ein schön neu Orgelwerck Ao. 1585 er-<br />

bauet. Unter diesem Orgelwerck war zu sehen ein Todesbild,<br />

das hatte ein Stundenglaß in Händen und war mit Drath<br />

also gerichtet, daß wann die Uhr in Thurme die Stunden ge<br />

meldet oder geschlagen, hat daß Stundenglaß von sich selbst<br />

durch die Drähte und derselben Bewegung umbgewendet als<br />

n) Der Einsturz geschah am 30. September 1573. Flörcke, die<br />

vier Parochiallirchen Rostocks, Seite 23.


eines fahrenden Schülers. 85<br />

wann das Todtenbild. In dieser Kirchen hab ich den weit<br />

berühmten uud hochgelehrten Mann und D. Simonem Pauli ^)<br />

an: Sonntag Cantate und voc6in jncuuclitAtig praediciren<br />

hören, bey welchen man schöne Gaben und reichen Geist zu<br />

hören gewesen.<br />

In der ersten Predigt hab ich die zweene I0008 von<br />

ihme gehöret, wozu uns des Herrn Christi Leiden und Creutz<br />

diene, und wozu auch unser zeitliches Creuz uns diene.<br />

Znm andern von Ampt des h. Geistes, da er unter andern<br />

diese 1ii8toriü< erwehnet von studioso zu Wittenberg, welchen<br />

der H. Lntherus besucht und gefragt, waß er Gott in seinen<br />

letzten Stündlcin überantworten wollen, er ihme zur Antwort<br />

gegeben: Ein geringstes Herz und zerschlagen und zerknirschten<br />

Geist, mit dem Blut Jesu Christi besprengt. Darauf Lutherus<br />

geantwortet: Mein Sohn, so fahre hm in Gottes Nahmen,<br />

du wirst Gott geuungsam überantworten und ein angenehmer<br />

Gast erscheinen. Mehr hat er auch des Königes Astiages<br />

Historie mit dem Harftago, den er seinen Sohn schlachten und<br />

Zu eßen geben, crzehlet, der diese blutdürstige That müßen verschmertzcn<br />

mit diesen Worten: Niki ^l^^et, Huio^nid rox i^oit.<br />

Mit mehrern hat er einer Königin erwehnet, die sich in<br />

einer Münchskappen hat begraben lassen. Sprach D. Simon:<br />

Ich ziehe mich alle Morgen und will mich in meinem Sterben<br />

anziehen lassen mit der Gerechtigkeit Gottes und damit begraben<br />

und <strong>für</strong> Gott beßer bestehen als die Königin mit ihrer<br />

Münchskappen.<br />

In der andern Predigt hab ich notiret, da er den Ioou.m<br />

traetiret vom Gebet, hat er die Historie von dem Themistoele<br />

reccnsiret, welcher vom König Artaxerxe ins Exilium verjagt,<br />

aber durch Unterricht seinem Gemahl mit ihren jungen Sohn<br />

wiederumb zu Gnaden kommen, denn er ihm auf den Arm<br />

entgcgcngetragen, sprechende: Allergnädigstcr König uud Herr,<br />

ich bitt E. K. M. ihr wollet mir umb dieses eures Sohnes<br />

^) S. über denselben Iöcher, Gelehrtenlexicon. Er starb den<br />

17. Juli 1591.


86 u. Vülow, Wanderung<br />

willen gnädig seyn. Also solten wir mit Christo Jesu <strong>für</strong><br />

Gott unsern himmlischen Vater kommen umb deßelben willen<br />

Gnade bitten.<br />

Auch hat es in dieser Stadt Rostock eine Universität und<br />

hohe Schul Anno Christi 1419 fnndiret, die Auditoria sindt<br />

zwar nicht gar herrlich gebanet gewesen, gelegen auf einem<br />

weiten Plaz, der Hoppenmarckt genanndt; auf dieser Universität<br />

sind neben andern gewesen die berümhten Männer David<br />

Chyträus 83. tliooloZi^o I)0otoi') itoui S. Pauli,<br />

0t ^8t01') Nathan ChytraeUs, ^^) ^>008008 ^1'0lo880<br />

der dazumahl den Oviclium gelesen, dessen I6ctioii68 ich gehöret.<br />

Mit den andern hab ich persönlichen geredet und in<br />

mein Stammbuch uotiren laßen. Der Herr D. Chytraeus ist<br />

kranck und nicht wohl anf gewesen, doch dnrch seinen t^iniiluni<br />

zu sich in sein Musäum fodern und von den Znstandt der<br />

franckfurtischen Universität und derselben pi'ot^380i'idn8 sich<br />

mit mir unterredet, sonderlichen nach dem ^Vcm^olio mit Fleiß<br />

gefraget, der ihm bekanndt gewesen, anch allda im Lande<br />

Mcckelburg gcfreyet, und weil er von nur vernommen, daß ich<br />

in Dännemarck reisen, hat er dem Herrn D. Kuuftpen, Verwaltern<br />

des Klosters Ringstet, ezliche seine gedruckte ma.t6i'iÄin durch<br />

mich zugeschickt; lezlichen als ich valedieiren, hat er gebeten,<br />

ich wolle <strong>für</strong> ihm bitten helffen, daß ihn Gott wolle von der<br />

bösen Welt zur himmlischen Wonnen und ewigen Leben seeliglichen<br />

helffen wolle.<br />

Herr D. Simon Pauli ist gar unmüßig gewesen nnd mit<br />

vielen Geschafften beladen, doch zu mir kommen uud gar freundtlichen<br />

mit mir geredet, mein Stammbuch zu sich genommen,<br />

darinnen seinen Nahmen annotiret und dnrch seinen t^mulinn<br />

wiederumb überantworten lassen. In der Zeit als ich in<br />

Rostock gewesen und die Königin ans Dänncmarck mit ihrer<br />

Tochter, dem Franlein von Wolffenbütten dahin ankommen<br />

sollen, haben sie den 13. Maji die Bürgerschafft gemustert,<br />

35) Ueber die Gebrüder David sgeb. 26. Febr. 1531, gest. 25. Juni<br />

l600) und Nathan Chyträus (geb. 15. März 1543, gest. 25. Febr. 1595)<br />

vgl. Allg. Deutsche Viogr. IV. S. 254 ff.


eines fahrenden Schülers. 87<br />

dieselbigc in ihrer Rüstung anzunehmen, allda man warlich<br />

ein herrlich und wohlstaffiret Volck an der ganzen Bürgerschafft<br />

der Stadt gesehen, wohlausgepuzzet mit ihren Ober- und<br />

Nntergewchren, in schönen Schmuck mit Fedcrbuschen und Feldzeichen,<br />

Fahnen und Heerführern, ihre Obersten und Leutenampts,<br />

das wohl mit Lust anzusehen und sich darüber zu verwundern.<br />

Es sindt mir auch bey meinen alten Freundt Henrico die<br />

vier Wochen über mancherley selzamc Speisen und fremde Geträncke<br />

<strong>für</strong>kommen, so ich vor der Zeit nicht gesehen, sonderlich<br />

von mancherley Seefischen, also von Meerschwein, das ist ein<br />

fettes, füßes, liebliches Eßen gewesen, item frische Platteysen<br />

oder Schollen, wie sie des Landes genannt; Rochen, ein selzamer<br />

stattlicher Fisch mit einen: langen Schwantze; frische Hering,<br />

ist ein gar süßer Fisch; bergische Butten, sind fast der Art als die<br />

Blatteisen, nicht so groß; ist ein Herreneßen auf dem Rost<br />

geröstet; ist ein sehr fetter Fisch, gilt zum Trunck auf Kohlen<br />

gebraten; frischen Durst oder Morellcn oder Marrelen, diese<br />

sindt gar gemein mit Scnff wie den Stockfisch zu eßen. Auch<br />

haben sie viel frembden und spanischen Wein allda, wie denn<br />

mein Schulgesell, der H. Kilian, einen Weinschencken der Stadt<br />

geben hat, als Alacant; Zietcnwein, ein schwarzer Wein;<br />

Bastart; Hipocras, ein starckes von Gewürtz zugerichtetes Geträncke,<br />

wie ein Malphasier.<br />

Auch sindt zu sehen gewesen allda Meerwunder, alß Drachen<br />

mit Flügeln, Fische mit Flügeln, lange Fische mit breiten und<br />

langen Schnäbeln, item Löffelgänse, Schwanen :c.<br />

Diese Stadt ist auch wohl mit aller Nothdurfft begäbet<br />

gewesen, zu Lande der einen Seiten mit einen fruchtbahren<br />

Boden und gut Getraidigtland, item mit schönen Wiesen, Obstund<br />

Hopfgärten, nach der Warms^) und Waßer. Allein das<br />

Holz ist theuer und selzsam gewesen, undt wirdt sehr der Torp,<br />

so aus dem Erdreich wie Raßen gestochen, gebrauchet, welches<br />

wie Holtz brennt und gewaltige Gluth giebt, wird zum Braten<br />

und Kochen gebraucht. ^)<br />

36) Der Warnowfluß ist gemeint.<br />

3') Tors war dem Reisenden also unbekannt. Uebrigeus war auch


88 u. Bülow, Wanderung<br />

Es hat deßelbigcn Landes selzame Art mit den Baden<br />

uud Badstuben, so mir wunderbahrlich sürkominen, als ich<br />

daselbsten in die Vadstuben gangen, mich verwundern müßen,<br />

denn alles Volck, Mannes- und Weibesvolck, Gesellen und Jungfrauen,<br />

Jung und Alt, Klein nnd Groß, dnrcheinander gangen,<br />

gesessen uud gebadet, darzu hat das Mannsvolck nicht viel<br />

Schurtztücher furgebunden, sondern wird ihnen nur Qvasten,<br />

die Scham zu bedecken geben, daß halten sie <strong>für</strong>, wie Adam<br />

die Feigenblätter, und ziehen mit dahin <strong>für</strong> Franen und Jungfrauen,<br />

sizzen auch neben und untereinander, aber an allen kan<br />

Aergerniß geschehen, will ich nicht glauben, daß manche gute<br />

Madonna, so sie etwas Frembdes siehet, nicht selz am, oder den<br />

Junggesellen vor den Weibern. Das Volck im Lande und<br />

Stadt sind es also gewohnt, achtens nnd schcuens nicht, aber<br />

mir und einen Ausländischen kombt es selzam nnd wunderlich<br />

<strong>für</strong>, wie ich mich dann entsezzct und das lot'u^ium geben<br />

wollen, wenn der Bader mich nicht wieder zurückgeholet und<br />

Bericht gegeben. ^)<br />

Durch diese Stadt fleust auch am niedern Ort ein Bach<br />

hindurch, die Warno genanndt, treibet <strong>für</strong> der Stadt und<br />

S. Petersthor bey Vierzehen Wühlen, ezliche mit 4, 5 und<br />

mehr Gängen. Dieses Waßer, die Warno, wird nach der<br />

See warts groß, daß die Schiffe aus der See in die Stadt<br />

drauff lauffen können. Es hat auch uach dem Zingel hinauß<br />

viel Windmühlen umb diese Stadt herumb.<br />

Diefe Stadt hat eine sonderliche Gabe, brauet und giebet<br />

ein gutes rothes Bier, das rostocker Oehl genanndt, dadnrch<br />

die Bürger sehr gute Nahrung haben, denn es wird weit zur<br />

in Pommern, wenn anch einzelne Torfnutzungen sich schon sehr früh<br />

finden, das Stechen des Torfes nnd die Benutzung desselben als Brennmaterial<br />

selbst in der Mitte des l. Jahrh, noch nicht allgemein.<br />

Valt. Stnd. XXIV. Seite 58. Anm. 34. Scll, Gesch. v. Pommern II,<br />

Seite 246.<br />

38) Es fällt auf, daß die im ganzen Mittelalter vorkommende<br />

Mischung der Geschlechter in den Badstubeu dem Reisenden unbekannt<br />

ist. Vgl. n. a. Kriegk, deutsches Bürgerthum im Mittelalter, Neue<br />

Folge, 1871.


eines fahrenden Schülers. 89<br />

See warts biß in Preußen und andre benachbarte Landschafften<br />

geführct, ist guter Substanz und Geschmacks, nutrirsi und alimentirei<br />

sehr wohl, ist ein gutes Winter- und Sommerbier.<br />

Die Dännemarcker halten viel davon, und wird zu Copftenhagen<br />

soviel als Wein ausgetruncken; wenn man schon eben<br />

viel deßelben trincket, so befindet man davon keine sonderliche<br />

Beschwerung nicht.<br />

Und weil ich mich in die Länge zu Rostock aussgehalten,<br />

auch auf ein Schiff, so der Schiffmann anrichten lassen, warten<br />

müssen, hab ich auch des Fürsten und Hertzogen von Meckelburges<br />

Sizz nnd Hosstager, so nur 4 Meilen von Rostock gelegen,<br />

besehen müßen, davon ich auch ezliche Meldung thun will.<br />

Von Güstro und dem Hofflager<br />

des Hertzogen von Meckelbnrg.<br />

Von Rostock bin ich deß Morgens ausgangen und umb<br />

Glock 1 nach Güstro einkommen; bin, als ich mein Eßen<br />

und Trincken vollbracht und wegen hizzigeu Wetter erkühlet,<br />

bin ich in dem Städtlein herumgangen und mich darinnen besehen.<br />

Ist ein kleines und ziemlich gebauetes Städtlein gewesen,<br />

davon nicht sonderlich viel zu schreiben, denn wo man<br />

Schilff und Rohr aufdecket, wendet man auf die Gebäude auch<br />

nicht viel, wie es denn auch nicht der Ort des Landes große<br />

Sachen ertragen wollen. Es hat in diesen Städtlein zweene<br />

Kirchen gehabt, als den Dom oder die Pfarrkirchen, welcher<br />

dazumahl Vorsteher und Snperintendens gewesen der achtbahre<br />

und hochgelahrte Herr Doctor Andreas Celichius^), dessen<br />

Schrifften noch heute bey Tage verHanden. Die Domkirchen<br />

ist noch fein gezicret und erbauet gewesen, zu welcher der<br />

Hertzog von Schloß durch die Stadt einen hölzernen, zugedackten<br />

Gang gehabt, dadurch in die Kirchen zu gehen biß<br />

auf seinen Standt, der da von Werckstücken herrlichen darinnen<br />

aufferbauet. Für dem Altar den Chor ist der Fürsten Begräbniß<br />

zu sehen gewesen; der Chor ist gcftflazert gewesen mit<br />

Mekl. Jahrbücher IX, S. 170 ff.


90 v. Vülow, Wanderung<br />

rothen und weißen Quadratsteinen von Werckstückcn: im Chor<br />

sind die Geschlechter der Herzzogen von Alters her verzeichnet<br />

gewesen.<br />

Es hat jeztregierender Herhog Nlricus ein schön Epitaphium<br />

daselbst von weisen Alabasterstein aufgerichtet, darinnen<br />

sein und seiner Gemahl Statue ausgehaucu zu sehen gewesen,<br />

ein weißer Alabaster, ein Küriß schön überguldet, aus einem<br />

Polster kniendt sein Fräulein Elisabeth aus königlichen Stamm<br />

Dännemarck, auch in <strong>für</strong>stlichen herrlichen I^^itu schön übergoldt;<br />

ihre Gesichter haben sie gegen dem Altar gewendet,<br />

beyde gegeneinander, auch ihre Bücher <strong>für</strong> ihnen liegendt, als<br />

gleich sie darinn lesen, also daß diese Statue lieblich und lustig<br />

anzuseheu; an der Wandt in einer steinern Taffel ist das<br />

Stammregiester und Ursprung ihres Anfangs mit goldener<br />

Schrifft verzeichnet gewesen, welches das Vornehmbste darinnen<br />

zu sehen; sonsten ist sie auch ziemlich gezieret gewesen mit dein<br />

Altar und Predigtstuhl. Ein altes Kloster, davon die Kirchen<br />

noch gestanden, ist auch allda zu sehen gewesen, die andre<br />

Kirchen aber ein schlechtes Kirchlein <strong>für</strong> dem Thor bey dem<br />

Gottesacker und Vogelstanden, allda nicht sonderlichen zu sehen,<br />

smdt die Leichenpredigten nur drinnen zu sehen gehalten worden.<br />

Hei den Doni ist auch eine <strong>für</strong>stliche Particularschulcn<br />

verordnet, darinnen ezliche arme Knaben neben der Bürger<br />

Kinder mit Fleiß unterrichtet und erzogen in guten Künsten,<br />

zum Gebrauch dem Hcrtzog in seinen Lande. Es hat auch<br />

der Fürst iu diesem Städtlein ein <strong>für</strong>stliches Schloß, und Hoffhaltung<br />

allda geführet, uicht sonderlichen starck, ist kurtz vor<br />

Verlauffeuer Zeit durch Feuersbruust sehr beschädiget, doch<br />

wieder zu der Zeit sehr in Bau gebeßert,^) also daß eiu<br />

Fürst sich nicht hat scheuen dürften, darinne zu wohnen; hat<br />

eiueu weiten Plaz darinnen umbfangen, welches viereckigt denselben<br />

wie eili Quadrat umbschloßen; neben der Schloßbrückeu<br />

zur rechten Hand, als man aufs Schloß gehen, ist ein schöner<br />

") Den Coutract des Herzogs Ulrich mit dein Baumeister, vom<br />

9. Februar 1558, siehe Mckl. Jahrbücher V. S. ?l).


eines fahrenden Schülers. 91<br />

<strong>für</strong>stlicher Lustgarten zugerichtet gewesen, darinnen man von<br />

der Brücken hineinsehen können. Dersclbige Garten ist mit<br />

lustigen Spaziergängen von schönen Leubcn, so mit schönen<br />

grünen Laubern überzogen, Lusthäuscrn, Waßerbrünnlein, verborgenen<br />

Waßerquellcn, wohlriechenden Kräutern, so die Bette<br />

neue weiße") mit Buchstaben und Schilden gepflanzet, ausländischen<br />

Früchten nnd Blumen geschmückct, und also recht<br />

<strong>für</strong>stlichen zugerichtet, daß man in Sommerzeiten fein im<br />

Schatten spatzieren gehen und verlustigen können, daß es mit<br />

Lust anzusehen gewesen, wie es in solchen Garten <strong>für</strong>stlichen<br />

pflegt versehen zu seyn. Es ist gleichsam der Landes<strong>für</strong>st von<br />

der Jagt mit seinen Frauleiu anheim kommen aus dem Kloster<br />

Dobran, darinnen Hertzog Heinrich der Löw Anno 1329<br />

ist begraben worden, allda ich beyde aus eiuer kleinen Kutzschen<br />

sehen bey eiuander sitzen. Der Hertzog ist gar ein alter Herr<br />

gewesen, nicht sehr unähnlichen Fürst Johann Georgen, Marggrafen<br />

von Brandenburg, uusern Landessürsten.<br />

Dieses kleine Städtlcin hat ein treffliches gutes Bier gebrauen<br />

und geben, als Knisenack und bernauwisch genanndt;<br />

Knisenack ist ein starckcs, trübes Bier, wie Lehmjauche, aber<br />

ein gewaltiger Kopfrcißer, man darf es nicht viel trincken, so<br />

kriechets einem in Nacken und stöst einen gar darnieder.^)<br />

Sonsten hat es auf der einen Seiten ziemlichen Ackerbau,<br />

auf der andern Seiten nach dem Schloß ist ein lauter Morast<br />

und fumpfigter röhrigtcr Ort gewesen; es hat drey Pforten<br />

darinnen gehabt. Nachdem ich mich nun nothdürfftig besehen,<br />

weil sonstcn im Städtlein nichts sonderliches zu mercken, bin<br />

ich, als ich den thörichten Kniesenack auch gekostet, umb Glock 5<br />

wiedcrumb von dannen biß auf ein Dorf, Hohen-Sprengs,^)<br />

allda ich über Nacht blieben. Des andern Tages als ich fortgereifet,<br />

bin ich umb Glock 9 wiederumb gen Rostock in meine<br />

Herberge kommen und allda abgewartet, daß die Schiffe in<br />

") Reihenweise?<br />

42) Nach Mckl. Jahrbüchern V. S, 154 sind beide Arten, das<br />

de mansche Vier nnd der Kniesenack, gnstrowcr Prodncte.<br />

") Hohcn-Sprentz.


92 v. Bülow, Wanderung<br />

Däuuemarck abgelaufen, allda ich von meinem Wirthe H<br />

Kiliano mit ezlichen vertranlichen Sachen zu seinem Herrn<br />

Vetter D. Knupfern hinter Coppenhagen verschickt, ihme cinzuantworten,<br />

wie denn auch geschehen.<br />

Meldung der dähnischen Schieffarth.<br />

Den 5. Iulii bin ich mit einen coppcnhagischen Schiffmann,<br />

Jens Olischen genanndt, der nnr eine offene Schntten<br />

mit roftocker Bier beladen, in Dänncmarck gelanffen, und mit<br />

zween eisern Kasten, so zn Rostock gemacht, abgefertiget. Ich<br />

hab in dieses Schiff und Kasten meine Sachen bracht, nnd<br />

weil das Schiff auf der Warno von der Stadt bis an den<br />

Strand gen Wormünde mählig gehen müßen, bin ich den Weg<br />

die zwo Meilen zu Fuß gezogen und uebcn einem verstörten<br />

und wüsten Kloster weggereiset nnd kommen zn dem offenen<br />

Flecken War münde, welcher am Strande der See liegt und<br />

anch eine Porta und Einlanff der See allda hat, allda die<br />

Schiffe, so in Rostock gehen nnd abgehen, auf die Wiude eiu<br />

jeder Schiffarth abwarten müßen nnd auch ankommen müßen.<br />

Dieses Städtlein ist ein offener Flecken, liegt längst am Waßer,<br />

mehrentheils mit Fischern nnd Schiffleutcu bewohnet; neben<br />

der See anf einem Hügel steht ein hoher Thurm, genanndt<br />

die Leuchte, darnmb daß er täglich den Schifflenten bey der<br />

Nacht leuchtet, daß sie recht Zum Port einlauffcn und sich<br />

darnach richten, wie fie denn die ganze Nacht dazumahl Lichte<br />

darinnen gebranndt haben, sonderlichen weil die Königin aus<br />

Dännemarck ankommen, wie weiter folgen soll.<br />

An knufft der Königin aus Dännemarck.<br />

Zu Warmnnde hab ich den heiligen Abend <strong>für</strong> dem h.<br />

Pfingsten den ganzen Tag anf mein Schiff abgewartet, welches<br />

auf der Warno dnrch die Nacht ankommen. Diesen Tag und<br />

fast zwo oder drey zuvor war viel der Königin Volck ankommen,<br />

wie denn der Flecken Warmuude Alles damit erfüllet<br />

war und noch täglichen ab nnd zuzog, uud alle Stunden neue<br />

Schiff aus der See ankamen, weil sie sonderlichen guten Wind


eines fahrenden Schülers. 93<br />

dazu hatten, welches mir gemelten Tag schöne Lust gab, daß<br />

ich die Schiff in der See lauffeu und kommen sehen, weil ich<br />

zuvor noch nicht darbey gewesen. Die Heerwagen der Königin<br />

sind alle auf den Lande und zu Warmunde gewesen, da sindt<br />

ihrer 15 bey einander gestanden und stattlichen zugerichtet und<br />

mit rothen englischen Decken und gelben Atlaß verbrämet, mit<br />

schönen königlichen Wappen behafftet. Aus den Seiten der<br />

jungen Hertzogin Brautwagen, so allda in der Kirchen gestanden,<br />

ist sehr schön angerichtet gewesen, die Unterdccke mit<br />

einem rothen Sammet, darüber ein roth englisch Tuch, die<br />

Wappen schön vergüldet, versilbert und mit schönen Farben<br />

gezieret, die Knöpfe am Wagen von Silber übergoldt, alles<br />

Holzwerck schön roth gefärbet, die Ketten und eisern Werck an<br />

den Wagen und Rädern auch alles übergoldt sambt den Rücken<br />

und aller Znbehörnng, darüber man sich wohl verwundern,<br />

soll auf viel Golden, ezliche wollen auf 1000 Gulden die Unkosten,<br />

so drauff gangen, geschätzet seyn.<br />

Des vorgemeldten gantzen Tages ist der Königin Ankunfft<br />

gewartet worden aber nicht geschehen, denn ob sie wohl erst<br />

sehr dienstlichen Wind aus Däunemarck gehabt, so hat er sich<br />

doch umb den Abendt umbgewandt und entgegen kommen,<br />

dadurch sie nicht fortlauffen sondern nur lafsieren müßen.<br />

Sindt mit der Sonnen Untergang drey Schöße zur Lohsung<br />

gethan worden, welche man zu Warmunde hören können, darauff<br />

alsbald Anordnnng geschehen, daß die Schifflcute in Warmunde<br />

hauffeuweis mit ihren Böten oder kleinen Schifflein sich in die<br />

See begeben müßen und der Königin entgegenlauffen, damit<br />

ihr und dem Schiff, darinnen sie gewesen, möchte an dem<br />

Strandt geholffcn werden durch das Rudern, weil sie vom<br />

Winde nicht fort konndten. Es war aber grausam anzusehen,<br />

wann die Schiffknechte mit ihren Boten von den uugestümcn<br />

Wellen also auff und nieder geworffen, daß man zuweilen<br />

weder Schiff noch Menschen gesehen, und wer solches nicht<br />

zuvor gesehen, vermeinet, sie kämen all umb ihr Leben; die<br />

Schiffleute aber, so solcher Schiffarth wohl gewohuet, achten<br />

dies nichts, sondern wagen sich unverzagt hinein. Sie haben


94 u. Bülow, Wanderung<br />

die ganhe Nacht mit der Königin ihrem Schiff zn arbeiten<br />

gehabt, also daß sie mit dem Tage aus der See brachten<br />

und doch ein Theils Weges in der See stehen laßen mußten,<br />

eines Büchsenschußes weit, allda es eingeanckert, welches ein<br />

großes Schiff mit gedoppelten Topsiegeln, war S. Michael<br />

genanndt. Die Königin uniste aus den großeu Schiff sampt<br />

denen, so bey ihr waren, in die kleine Boten sich begeben, so<br />

ihr entgegen geschick! und hinan helffen; darauff brachteu sie<br />

sie geführet bis an den Flecken Warmunde, da sie mit der<br />

Sonnen Auffgaug angenommen worden, da nicht ihr Hoffgesinde,<br />

sondern auch viele andere und srembde Leute uud den<br />

Legaten von Rostock empfangen ward.<br />

Meldung, wie die Königin mit fampt<br />

der Brant empfangen ward.<br />

Hie soll der Leier wißen, warumb die Königin") diesen<br />

Zug aus ihrem Reich in Dentschland vorgenommen- daß, weil<br />

sie zwene junge Fräulein verheyrathet, als dem Herhoge von<br />

Ärauuschweig und dem Könige von Schottland, die ihr Veylager<br />

mit einander ini Königreich Dännemarck zu Coppeuhagen<br />

gehalten, und der König vou Schottland sein Gemahl zn<br />

Waßer in sein Königreich, dem Fürsten von Braunschweig<br />

aber sein Gemahl zu Lande heimgeführet worden, find sie über<br />

die See in dieser Heimführuug allda ankommen; ist eben ge-<br />

") Sophie, Tochter des Herzogs Ulrich von Meklenburg, seit<br />

4. April 1588 Wittwe des Königs Friedrich II. von Däuemarck, re-<br />

gierte als Wittwe 43 Jahre lang, bis zum 4. October 1631, über<br />

Dänemark; ihr selbstständigcs Auftreten in den öffentlichen Angelegen-<br />

heiten, die tüchtige Verwaltung ihrer Güter, endlich ihr lebendiges<br />

Interesse <strong>für</strong> die Wissenschaften verdienen Bcwnndernng. Die beiden<br />

Prinzessinnen waren ihre ältesten Kinder: Elisabeth, geb. 25. Ang.<br />

1573, welche jetzt dein Herzog Heinrich Julius vou Vrauuschweig als<br />

zweite Gemahliu zugeführt ward, uud Auua, geb. 12. Decbr. 1574,<br />

am 20. April 1589 mit König Jacob VI. von Schottland vermählt,<br />

der Mutter gleich au Verstand uud kräftigem Willen, thätig eingrei-<br />

fend in die politischen Bewegungen am englischen Hofe. Verlaufs in<br />

den Meklenb. Jahrb. IX, Seite 111—165.


eines fahrenden Schülers. 95<br />

Wesen den 0. Iunii Anno Christi 1590 am h. Pfingsttage<br />

frühe Morgens. Ihr Volck wie gemeldet, hat sie alle vorher<br />

auf vielen Schiffen geschickt, hat nicht mehr als einen jungen<br />

Prinzen, zweene kleine Fräulein sambt der Hertzogin und Braut<br />

neben zween omi8ÌiÌ3.riÌ8 bey ihrem Schiff gehabt, und ihre<br />

Dienerin.<br />

Die Annehmung an See geschahe auf diese Weise, daß<br />

wie sie aus dem großen Schiff stieg, findt die Heerdrommeln<br />

aufgeschlagen und die Trommeter aufgeblasen, welches in den<br />

See und auf dem Wasser freudig erklungen und lieblichen<br />

Schall von sich gegeben; es sindt auch auf den Schiffen von<br />

den Schiffleutcn, die dazumahl auf Wind liegend wartende,<br />

viel Freudenschüsse mit den Stücken der Königin die Ehre gehalten<br />

worden. In diesen, weil viel Volck auf sie gewartet<br />

und großer Zulaufs gewesen, ist von den Trabanten und Heerziehern<br />

ein Gang biß zum Wasser und Schiff gemacht, ihre<br />

Hoffleute in allen Logiamentern zusammenkommen und in Reverenz<br />

auff hoffmännisch auffgewartet; darnach haben sich ihre<br />

Räthe und vornehme Hoffdicner benebenst den Abgesandten<br />

der Stadt Rostock zur liucken Hand in Ordnung gestellet.<br />

Hierauff sindt die beyden Räthe, so bey der Königin gewesen,<br />

erst aus dem Schiffe getreten uud mit sonderlicher Ehr den<br />

jungen König aus dem Schiffe gehoben und fornan zur Rechten<br />

gestellet, darauff die Fräulein neben ihme gestellet, zum dritten<br />

die Braut und Fürstin und lezlichen die Königin und Mutter<br />

sampt ihren Dienern, welche alle, wie sie aus dem Schiff getreten,<br />

in Ordnung also stehen blieben, unterdessen mit zehen<br />

Trompeten, die immer 5 und fünff gewechselt, freudig geblafen<br />

und mit den Heerpauken aufgeschlagen, welche von Silber und<br />

schön übergüldet gewesen. Auf solches ist es gantz still von<br />

Heerholden gebothen worden, darauff der eine Legat der Stadt<br />

Rostock ein wenig <strong>für</strong>getreten und eine zierliche Oration gehalten,<br />

darinnen er wegen der Stadt und gantzen Lande sich<br />

gencigct, ganz unterthänig in Gehorsamkeit erbothen und dem<br />

Reich ihr Schuh rühmenden unterworffen, mit freundlichen<br />

uud dienstlichen Glückwüntschung Ihr Maj. glücklicher Ankunfft;


96 v. Bülow, Wanderung<br />

ezliche Credenzer und Gcschencke der Stadt Rostock allda übersendet,<br />

von ihnen offerirei und überantwortet, sowohl fleißigen<br />

Bitten, ihn ihre Gcgendt und Stadt einzurücken nnd der Stadt<br />

Ehr und geneigten Willen vorlieb sampt gantzen Hoffgesinde<br />

anzunehmen, auch ihren geneigten Schntz nnd Schirm mit<br />

Hülff und Beförderung befohlen zu seyn laßen. Auf diese Anbringung<br />

einer von deu beydcu Räthen, so bey ihr gestanden,<br />

respondiret mit wenig und kurhcn Worten, daß Ihr Kön. Würden<br />

solches Alles mit Dauck uud höchster Freuudschafft annehmen,<br />

erböthe sich sambt den ganzen Reich alle nachtbarüche<br />

Beföderung, Schutzes uud Schirmes zu geuießeu zu laßen;<br />

daranf sich die Königin samftt der Braut, jungen Fraulein<br />

uud jungen Prinzen sich gegen sie geneiget, wie denn auch die<br />

beydeu Räthe und Hoffgesinde, so ihm Umbkreiß gewesen.<br />

Darauff sind wiederumb die Heerdrommeln uud Trompeteu geschlagen<br />

und geblasen, und ist ein jeder in seiner augestellten<br />

Ordnung auf die Burg zum Frühstück gezogeu, biß sie weiter<br />

iu die Stadt Rostock gerücket, da sie ihre Pfingsten halten<br />

sotten. Ihre Kleidung ist gar schlecht in schwarzen Tuch gewesen,<br />

wie die adeliche Trauerkleidung, wie sie denn auch gleichfals<br />

in Trauerzeit geweseu wegen ihres H. Vater uud des<br />

alteu Königes Christiam, der des Jahres erst zuvor verstorben,^)<br />

darumb sie alle in schwartze Trauerkleiduug augcthau gewesen<br />

und dähnischen Trauermüzzeu. Der juuge Priuz ist iu schwärzen<br />

gedruckten Sammet und mit eiuer güldneu Ketten geschmilcket<br />

gewesen, sonsten ist keine sonderliche Pracht allda zu seheu gewesen<br />

und vielleicht gespahret gewesen biß zu ihrem Einzug.<br />

Ihreu Auffzug haben loir nicht erwartet, sondern sind nach<br />

diesen bald abgelausten.<br />

Von der d ä nuemärckischen Sceschisfarth.<br />

Nach Anuehmung der Königin, als sie vom Waßer kommen,<br />

45) Der Reisende ist nicht recht berichtet; der Vater der Königin,<br />

Herzog Ulrich III. von Meklenbnrg, starb erst 1603; unter dein „alten<br />

Könige" kann nur ihr Gemahl Friedrich N. von Dänemark (nicht<br />

Christian) verstanden sein, welcher ani 4. April 1586 gestorben war.


eines fahrenden Schülers. 97<br />

sindt wir baldt dranff zn Schiff gangen, und hat sich der<br />

Schiffmann nichts Weilers säumen wollen, sonderlichen weil<br />

wir vollen Wind in Dännemarck zn lauffen gehabt, sind alsbald<br />

aus dcu Port von Warmundc in die See gefallen; und<br />

als wir in die See kommen, ist der Schiffmann sambt seinen<br />

Schöpknechten auf die Knie gefallen nnd zn Gott umb glückliche<br />

Schiffung angernffen, auch uns andern allen sämbtlichen<br />

ermahnet, fleißig zu beten, wie denn auch vou uns geschehen,<br />

die Segel gerichtet und mit glücklichen Wind fortgclauffen.<br />

Nachdem wir aber Zwo oder drey sechs Weges (!)^) in die<br />

See kommen, sindt die Wehen angangen, da hat sich alles im<br />

Leibe umbgekehret von den Auf- und Unterfahren der Wellen<br />

und cmui i'6V6i'6iitÌ3> alles aus dem Leibe geworffcu und gespiehen;<br />

ist einem von dem Fahren also sclzam worden, daß<br />

man weder gehen noch stehen, sondern fast todtkranck liegen<br />

blieben. Nachmittag uud Vesperzeit ist der Wind etwas größer<br />

worden, nnd durch solchen Stnrm und Ungestümmigkeit die<br />

See sehr wüthend worden, also daß das Schifflein mit Wellen<br />

bedecket worden und wir in großer Gefahr gewesen, daß offt<br />

die Wellen in großen harten Stnrm über das Schiff weggeschlagen,<br />

offt die ander uud dritte Welle immer im Schiff gehabt,<br />

und ist solch Brausen von Waßcr und Wellen undt<br />

Sturmwiudt gewesen, daß wir einander im Schiff nicht Wohl<br />

vernehmen können; offtmahls haben die Weibspersonen geschrien,<br />

als sinken wir unter; wie denn mich ein Schöpknecht<br />

immer fort und fort das Waßer ans dem Schiff, so von den<br />

Wellen hineingeschlagen, ansplumpen müßen, sonsten würden<br />

wir nicht weit gefahren sein, sondern würde des Schiff bald<br />

erfüllet seyn worden. Weil wir aber wegen der Wehen todtkranck<br />

gelegen, haben wir uns diese Gefahr nicht sosehr wahrnehmen<br />

können oder schauen: nur wenn die Wellen uns begoßen,<br />

offt aufgesehen, ob wir schon im Waßer lägen, denn<br />

wie offtmahls von den Wellen besprengt, als wann wir mit<br />

einer Kannen Waßer begoßen worden waren. Die Wehen<br />

haben immer den Tag bey uns angehalten, so lang noch etwas<br />

46 Vielleicht „Seeweges?"<br />

7


98 v. Vülow, Wanderung<br />

bey uns gewesen, biß daß das lautere Waßer kommen, haben<br />

anch nichtes zu eßen nnd trincken begehret, nnd ist eillem zn<br />

Muth gewesen, gleich wann man sich mit dein Trunck zu sehr<br />

überladen und deß Morgens eine Viertranckheit hatte, nnd<br />

nichts cßcn noch trincken kan; ist gar drehend ini Hanpt worden,<br />

daß man nicht gehen, stehen noch sizzen können, sondern<br />

immer liegen müßen, also daß der Angstschweiß herausgedrungen.<br />

Im Liegen hab ich mir das Haupt iu deu Mantel gehüllet<br />

nnd nur offt aufgesehen, wann mich die Wellen überfallen,<br />

nnd nicht gewnst, ob man ini Schiff oder See gewesen,<br />

daß nns der Todt so nahe als das Leden gewesen, wan Gott<br />

nicht beschüzzct, uud hat die Noth recht ernstlich beten gelernet.<br />

In dieser Ungestümmigkeit des Windes sindt nur wohl<br />

und schleimig fortgclauffeu, also daß es gleich getzsischet, und<br />

ezliche Segel niedergelassen biß an den Abend, da sich dieser<br />

Stnrm gelegct nnd still worden, also daß wir nicht fortgekondt<br />

sondern einanckern müßen nnd il! der See liegen blieben gleich<br />

einer Insel, Wocn genanndt, welche Insel auch iu Däuuemarck<br />

gehörig. In dieser Insel gegen nns über ist eiu hoher Bers><br />

gelegen wie ein weiser Kreidcberg, darauff ezliche Gesträuch<br />

uud Bäume gestandeu. Wir sind aber hinzukommen, die Nacht<br />

sind wir allda still gelegen, da sindt auch andere Schiffe zu<br />

uns kommen, Bier uud Vutterung bey nnsern Schifflenten gekanfft,<br />

wie denn auch mehr Schiffe umb uus eingeanckert gewesen.<br />

Den andern Morgen sind wir mit kleinen Windt gegen<br />

den Tage fortgclauffeu, da uus deuu etwas auders worden,<br />

und die Weheu uicht kommen, anch die Kranckheit sich geändert,<br />

daß man hat wieder begehrt zu eßen: und da wir fortgelauffeu,<br />

haben wir die hohen Spizzen iu Coppenhagen zn sehen bekommen,<br />

sindt auch umb deu Mittag lnuankommen, davon<br />

weiter Melduug geschehen soll.<br />

Znm Schluß niag noch folgen, was Franck von Vcecrwnndern<br />

uud fremden Thieren auf seiner dänischen Reise erfahren<br />

hat, uud was er darüber iu einem besonderen Abschnitt<br />

mittheilt:


eines fahrenden Schülers. 99<br />

Vermeldnng<br />

etlicher selzamen wunderbahrlichcn Thiere, so hin uud wieder<br />

iu der See und Meer gefunden und gesehen, anch ans deu<br />

niitternächtigeu Iuselu gebracht werdeu.<br />

Erstlicheu lverden gefuudeu uud gcseheu Wall fische,<br />

die so groß als Häuser, sonderlichen bey Island. Diese kehrcu<br />

große Schiffe umb, lvo inan sie nicht abschreckt dnrch das<br />

Trommetenblasen oder Trommelschlägen, oder mit leeren ausgeworfenen<br />

Faßen abgewiesen, mit denen sie spielen uud gauckelu.<br />

Es baueu auch die Einwohner gemcldtcs Landes Hänser von<br />

ihrem Grad und Gebeinen, welchen Grad ich selber gesehen, darüber<br />

zu verwundern, welche greuliche große Grad siud. Sie ueuneu<br />

sie anch nach ihrer Sprache Trolvall, daß ist Teufelsfall,<br />

dieweil die Schifflcute ofsl iu Zufälle uud große Noth kommen.<br />

Es werden auch wieder auder Arth gefuudeu, die nennen<br />

sie Pistres oder PH iß e der, diese sindt greuliche Thier, sie<br />

richten sich auffwarths und blasen Waßcr ans den: Haupt als<br />

aus eiueu Rohrbruunen iu die Schiffe uud crträuckeu sie, auch<br />

werffeu sie die Schiffe offtermahls umb.<br />

Mehr findet man auch, die werden Ziphus gcuauudt,<br />

siud schreckliche Meerwuuder. Dieses frißt die schwarzen Seehuud.<br />

Auch findet mau Seeschweiue, sindt loie ein ander<br />

Schwein; item auch Thiere, die einen Kopf haben wie eine<br />

Kuh, daher sie Meertühe geneuuet; item Seehundt, welcher<br />

sehr fett, und Thran, die Wagen zu schmieren von sich geben.<br />

Sonderlichen werden, anch gefnnden große Krebse, czliche<br />

Schuhe, die größeu 1 ä Schuhe laug, die werden H nmer genanndt,<br />

dieselben sindt so starck, daß sie einen schwimmeuden Menschen erlvürgen<br />

können; derer große Bein uud Scheereu ich viel umbsoust<br />

iu Däuueniarä bekomnieu und auch ezliche iu Deiltschland bracht.<br />

Auch findet man allda stachlichte Fische, Rochen genanudt,<br />

welche auch viel zu uns in Deutschland gebracht werden - diese<br />

haben die Menschen so lieb, daß wann ein Mensch ins Meer<br />

fällt oder crfanfft darinnen, daß sie ihn bcschüzzen, daß er<br />

von den andern Fischen nicht gefreßen wird.<br />

Es werden anch Schlangen in der See oder Meer fnnden,<br />

7"


100 v. Bnlow, Wanderung eines fahrenden Schülers.<br />

2 oder 300 Schuhe lang, die verwickeln sich nmb die Schisse<br />

und fällen sie nmb, wenn sie stillstehen, nnd beschädigen also<br />

die Schifflente nnd was drinnen ist.<br />

Lezlichen findet man anch ein Geschlecht wie Endtvogel,<br />

welche ans Baume wachßen, so in den Meer stehen,<br />

welche aus großen Knospen anßbrechen nnd herunter ins Meer<br />

fallen undt wie ein lebendiger Endtvogel davonschwimmen,<br />

daher sie anch Bau mg ans e genanndt werden.<br />

Also findet man auch an vielen Orten mancherley selzame<br />

Wunderthier auf dem Lande nnd Erdreich. Also eines mit<br />

Nahmen Ierff/^) zn Latein ^uio, Zn Deutsch Vielfraß;<br />

dieses soll ein so geihig und freßig Thier seyn, wann es schon<br />

den Banch vollgefreßen, so hört es doch von ihm selbst nicht<br />

auf, sondern drücket sich zwischen zweyen bey einander stehenden<br />

Beumen anß, damit es hernach mehr freßen mag.<br />

Also findet man auch Sta inen oder Steiniger,<br />

welche schneller denn Roß lanffen, item Ünxe, welche schön<br />

von Farben, so in Wolffsgrnben gefangen, nnd wilde Katzen<br />

fressen, nnd von den Türcken, Ungern nnd Pohlen in ihrer<br />

Renterey gebraucht werden.'^)<br />

Mehr Elendthier, deren Klauen nnd Fnß sehr nüzlichen,<br />

Drachen, so ich zn Rostock gesehen, Affen, Elephanten,<br />

fo auch zu uns in Deutschland gebracht werden-<br />

Löwen; Basilisken, ein gifftig Thier, so das Land nnd<br />

Lnfft vergifftet; Crocodillen, so aus einem Ey herkommen<br />

sollen und wachsen, welche Kayser Maximilianns nach Wien<br />

in Oesterreich gebracht hat, deßen große Abeontrafait noch allda<br />

zu sehen; Psittig nnd Pappegoy, welcher drcyerley Art<br />

gefunden, wie ich selbst gesehen, anch in Deutschland gebracht<br />

werden, ascherfarben, blane, grüne und gelbe.<br />

Auß diesen Wunder und Thieren genngsam Gottes Wnnderallmacht<br />

und sein Wnndergeschöpf, beydes in dem Meer, offenbahrer<br />

See, nnd ans dem Erdreich in warmen nnd kalten<br />

Landen zn vermercken und zn sehen.<br />

") Iärv, schwedischer Name des Vielsraßes.<br />

^) d. h. der Pelz derselben.


ZWeilmdmcrzigster Jahresbericht<br />

der <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Pommersche</strong> <strong>Geschichte</strong><br />

und Merthumskunde.<br />

i. ii<br />

1, April bis I. Ottober 1879.<br />

Mitgliederftatiftik.<br />

Als ordentliche Mitglieder sind der <strong>Gesellschaft</strong> beigetreten<br />

folgende 17 Herren:<br />

1. Vohnstengel, Lehrer in Grabow a. O.<br />

2. Geiseler, Direktor in Stettin.<br />

3. Goedeking, Kgl. Garnison-Nan-Inspektor in Stettin.<br />

4. von Grnben-Comsow, Rittergutsbesitzer in Comsow<br />

bei Vieh ig.<br />

5. von Grnmbkow in Frankfurt a. O.<br />

6. Haber, Gymnasiallehrer in Lanenburg.<br />

7. Hoffmann, Oberförster in Klütz.<br />

8. Iun ins, Gutsbesitzer in Löcknitz.<br />

9. Kaselow, Kaufmann in Stettin.<br />

10. von Koller, Landrath in Camin.<br />

11. Kümmert, Bürgermeister in Colberg.<br />

12. Meyer, Kaufmann in Stolp.<br />

13. von der Osten, Rittergutsbesitzer in Blumberg.<br />

14. Purgold, Kaufmann in Stettin.<br />

15. Nöber, Superintendent in Gollnow.<br />

16. Di-. Walter, Gymnasiallehrer in Stettin.<br />

17. Dr. Weinert, Gymnasiallehrer in Demmin.


102 Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. II.<br />

Außerdem wurde der Senator des Königreichs Italien<br />

Herr Graf Giovanni GoZzadini zu Bologna zum<br />

correspondirenden Mitgliede ernannt.<br />

Noch einmal die Pfahlbauten von Lübtow.<br />

Eines unserer geehrten Mitglieder, das den Pfahlbauten<br />

von Lübtow i) ein besonderes Interesse zuwendet und zu wiederholten<br />

Malen durch weitere Nachgrabungen die Frage über<br />

Alter und Ursprung dieser Ansiedelungen zu lösen gesucht hat,<br />

Herr Hauptmann Berghaus in Stargard, ist dabei zu anderen<br />

Ansichten gelangt als wir sie in unsern Berichten vertreten<br />

hatten. Wir vergönnen ihm gern zur Entwickelung<br />

seiner Ansicht das Wort, wenn wir auch seinen Resultaten nicht<br />

beistimmen können und im Wesentlichen auf unserm früher vertretenen<br />

Standpunkt beharren müssen. Die Fundstücke, welche<br />

Herr Berghaus bei seinen Untersuchungen zu Tage gefördert,<br />

hat derselbe schon vor längerer Zeit^) unseren Sammlungen<br />

mit dankenswerter Vereitwilligkeit überwiesen. Derselbe<br />

schreibt:<br />

„Ueber die bei den Rittergütern Lübtow /V und L gemachten<br />

Funde herrscht bis jetzt ein ziemliches Dunkel. Ob<br />

wir es hier mit Pfahlbauten zu thun haben aus einer prähistorischen<br />

Zeit, oder ob dieselben den Beweis liefern, daß<br />

noch die Slaven Pfahlbauten benutzt haben, ist noch nicht erwiesen<br />

und möge in Nachstehendem gestattet sein, das Für<br />

und Wider zu beleuchten.<br />

Vor Allem ist es nöthig fest zu halten, daß die gemachten<br />

Funde sehr verschiedenen Zeitaltern und Fundstellen angehören.<br />

Es ist jede Periode in ihnen vertreten. Geräthe<br />

von Hirschgeweih, ein Steinbeil, ein Streithammer, Bronce-<br />

Gegenstände und vorwiegend Eisenwaffen. Allerdings sprechen<br />

Vgl. 39. Jahresbericht.<br />

Vgl. unten die Erwerbungen des antiquarischen Museums.


Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. ll. 103<br />

anscheinend gegen ein hohes Alter der vorgefundenen Pfahlwcrte<br />

die als „Mönche" bekannten Hohlziegel, die erst seit<br />

dein 13. Jahrhundert in Gebranch sind. Aber es liegt bei<br />

Lübtow nicht Alles an einer Stelle, und vor Allem nicht<br />

in einer Schicht. Theil weise haben wir es, meiner<br />

Ansicht nach, entschieden mit uralten Pfahlbauten zu thun.<br />

Werden im Lause der Zeit andere große Seen in Pommern<br />

im Wasserspiegel erniedrigt, so werden auch da die Pfähle zum<br />

Vorschein kommen, welche Zur weiteren Untersuchung anregen.<br />

Auch mag wohl so mancher alte Pfahl, das Zeichen einer uralten<br />

Ansiedluug schon früher uuachtfam ausgerissen und<br />

bei Seite geworfen oder verbraucht worden sein, da die Aufmerksamkeit<br />

der gebildeten Welt doch erst durch die Funde in<br />

den schweizer Seen im Jahre 1858 auf diese Dinge gelenkt,<br />

nnsere Kenntniß der Psahlbanten überhaupt alfo eine verhältnißmäßig<br />

kurze ist. Und warum follen nicht in Pommern<br />

Pfahlbauten anch in ältester Zeit bestanden haben? Haben<br />

nicht Kelten oder ein anderes UrVolk vor den Germanen hier<br />

gehanst, nnd sollte nicht hier wie anderswo die Noth gczwuugen<br />

haben eine sichere Zufluchtsstätte zu gründen; bieten nicht<br />

unsere zahlreichen Seen eine günstige Gelegenheit dazu, und<br />

werden nicht die Kelten als diejenigen angesehen, welche auch die<br />

schweizer Pfahlbauten bcwohuten? Vor Allem aber stimmen<br />

die sonstigen Nebeuumstände fast genan mit den schweizer Verhältnissen<br />

überein. Gerade wie in der Schweiz finden wir<br />

bei Lübtow die Bauten an der Nordseite des Sees, der Mittagssonne<br />

entgegen, vor den Nordwinden durch Auhöhen geschützt.<br />

Ebenso wie dort ist bei Lübtow der Seegrund sandig oder<br />

lehmig, so daß das Einrammen der Pfähle keine große Schwierigkeiten<br />

vernrfachte, auch die Stärke der Pfähle, die Entfernung,<br />

in welcher dieselben von einander eingerammt find, Alles das<br />

stimmt mit den im Züricher- und Ncueuburger See gemachten<br />

Entdeckungen überein. Und nun erst die eigentlichen Funde<br />

nnd Fundschichten. Herr von Schöning-Lnbtow ^ hat sich<br />

darüber in einer Aufzeichnung, welche in das „Landbuch <strong>für</strong><br />

Pommern" übergegangen ist, ausführlich geäußert. Wir ent-


1s)4 Zweiundvicrzigster Jahresbericht. I. II.<br />

nehmen seiner Darstellung das Folgende:^) „Zwischen den<br />

Pfählen war der Boden mindestens 3—4 Fnß höher als in<br />

der Umgebung, und es bestand die obere ea. 1 Fnß starke<br />

Erdschicht ans gutem hnmösen Boden, darunter kam gelber<br />

Lehmmergel nntermisän mit kleinen Kohlen, rothgebrannter<br />

Erde n. ä. Nachdem diese Schicht in einer Stärke von<br />

12—14 Zoll fortgenommen, kam Zwischen einzelnen Pfahlviereckcn<br />

eine Lage von kanm noch erkennbaren Dielen, unter<br />

diesen weißer Sand znm Vorschein. Die Dielen bedeckten mit<br />

Abwechselung höchstens einen Ranm von 6—10 Fuß im Geviert,<br />

doch waren sie immer von Pfählen eingefaßt. Unter<br />

dem etwa zwei Zoll hohen Sande folgten abermals Kohlen,<br />

Vrandschntt, nicht Steingeröll sondern rothgebrannter Lehm<br />

und Asche. Dieser Brandschntt, in einer Stärke von zwei Fuß,<br />

hielt ans bis ans den darunter liegenden Torf, der dem in<br />

der Nähe befindlichen an Beschaffenheit glich, nur durch die<br />

Erdlast tiefer und mehr conlftrimirt war. In der oberen Brandschicht<br />

(man kann deren an den meisten Stellen drei unterscheiden)<br />

fanden sich Geräthe von Eisen, die durchaus einer<br />

sftäteren, ackerbautreibenden Zeit angehören. In dem unter den<br />

Dielen befindlichen Brandfchntt waren die eisernen Gegenstände<br />

mehr einer kriegerischen Zeit angehörig, als Lanzen-Spitzen<br />

von sechs Zoll Länge bis zn zwei Fuß in bedeutender Masse,<br />

Pfeilspitzen, eine kleine Kette, diverse Sporen, Pferdegcbisse,<br />

Steigbügel, Hnseisen, Messer u. a. Uuter dieser Schicht kam<br />

abermals eine gesonderte; in nnd unter den Steinsachen<br />

kamen ein Stein Hamm er von Granit sechs Zoll lang<br />

nnd zwei Zoll stark, glatt bearbeitet, ein Hirschhornhammer<br />

oder Hacke, Schüsseln voll graner Masse, die aber an<br />

der Lnft zerfielen, Töpfe in hübfcher Form in Urnen-Fa^on,<br />

verkohltes Korn in sehr bedeutender Masse, von dem mit<br />

größter Bestimmtheit Weizen, Gerste, Erbsen zu erkennen waren,<br />

nicht einzeln sondern gemischt."<br />

Ganz ähnliche Verhältnisse finden wir in den fchweizer<br />

^) Vgl. H. V erg haus Landbuch von Pommern und Rügen<br />

Theil II, Vd. 4. Seite 806 ff.


Zweiundvierzigster Jahresbericht- I. II. 105<br />

Seen. Wenn Herr Prof. Virchow sagt, die fchweizer Pfahlbauten<br />

ständen in keinem Zusammenhang mit der nördlichen<br />

Gruppe, so wird dieser gewiegte Kenner aber doch nicht in<br />

Abrede stellen können, daß die Art des Hüttenbanes in beiden<br />

Gruftpen sich sehr ähnlich ist, und daß die bei Lübtow in der<br />

nnteren Schicht gemachten Funde in die Steinzeit hineinreichen,<br />

mithin ein bedeutendes Alter <strong>für</strong> sich in Anspruch nehmen.<br />

Ein ackerbautreibendes Volk muß schon vor den Germanen<br />

hier gehaust haben, loie das in bedeutender Menge gefundene<br />

verkohlte Korn deutlich beweist; auch giebt es kein historisches<br />

Zengniß da<strong>für</strong>, daß die Germanen auch in Pfahlhütten gelebt<br />

hätten. Hiermit sei indessen nicht gesagt, daß jeder bei Lübtow<br />

an das Tageslicht getretene Pfahl ein Alter von 2—3000<br />

Jahren hätte; die Funde liefern vielmehr den Beweis, daß die<br />

Bauten noch bis in das Eisenzeitalter, hier speciell theilweise<br />

bis in das Mittelalter benutzt worden sind. Man findet ja<br />

auch in der Schweiz alle Zeitalter vertreten. Meist sind die<br />

Fnnde dort an einer Stelle immer auch einer Periode angehörig,<br />

indessen findet man auch, gerade wie in Lübtow, die<br />

Sachen dnrch- oder übereinander. Es wurden ja, nachdem<br />

man das neue Metall bereits kannte, die alten Geräthe nicht<br />

gleich abgeschafft, sondern noch lange neben den neuen, wohl<br />

kostspieligen Werkzeugen und Waffen gebraucht. Ganz besonders<br />

mag dies bei den Broncesachen der Fall gewesen sein. Dieselben<br />

sind in Lübtow nur sehr gering an Zahl und dies ist<br />

sehr leicht erklärlich, da jedes Stück dieses Metalles durch Tausch<br />

oder Kauf, wahrscheinlich unter großen Mühen und Fährlichkeiten,<br />

hierher gelangen mußte. Es mag also der verhältnißmäßige<br />

hohe Preis die damaligen Bewohner von der Anschaffung<br />

abgehalten haben, und nur Reicheren war es vergönnt,<br />

sich einen solchen Luxus zu gestatten. Die Mehrzahl<br />

blieb bei ihren von Alters her überkommenen Steinwaffen.<br />

Die Mehrzahl der zierlichen Broncezelte und anderer<br />

ähnlicher Waffen mag auch lvohl mehr als Schallstück uud Paradewaffe<br />

gedient haben, wozu der goldartige Glanz der neuen<br />

Nronce ein gut Theil beigetragen haben mag, ebenso wie das


106 Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. li.<br />

damalige schöne Geschlecht sich ja auch nnt Vorliebe mit broncenen<br />

Gegenständen schmückte, wenn es sich nicht zu goldenen<br />

Schmucksachen versteigen konnte. Herr Professor Vlrchmo sagt:<br />

„daß man eigentlich nicht von eiliem Stein-, Broucc- und Eisen-<br />

Zeitalter redeli müsse, sondern von eiliem Ste ili- und einem<br />

Metall-Zeitalter, da hänsig Bronee neben Eisen, ja<br />

nach dem Eisen vorkomme. Unterstützt das nicht meine Ansicht?<br />

Als das Eisen ili unseren Gegenden allgemein in Gebrauch<br />

kam, da verdrängte es allerdings bald die Stcingeräthe, da es<br />

so bedeutend praktischer wie diese nnd viel billiger als die<br />

Bronee war.<br />

Mit großer Wahrscheinlichkeit läßt sich annehmen, daß das<br />

Schicksal der meisten Pfahlbanten durch das Feuer besiegelt<br />

wurde, da bei der großen Feuergefährlichkeit der Holzhütteu<br />

eiue kleine Unachtsamkeit das Ende der ganzen Niederlassung,<br />

mindestens jedoch der betreffenden Hütte herbeiführen mußte.<br />

Nun fielen die Hüttentheile, der Fußbodeu, die Vorräche, kurz<br />

Alles in der Hütte Befindliche iu angebranntem Zustande in<br />

das Wasser, uud blieb da liegen bis jetzt. Die geflüchteten<br />

Bewohner machten sich dann wieder daran, ihre Wohuungen<br />

nen herzustellen, bis nach kürzerer oder längerer Zeit sie das<br />

gleiche Schicksal ereilte. Es entspricht auch dem Gesagten vollständig,<br />

daß die Geräthc aus Stein und Hirschgeweih immer<br />

in der untersten Schicht gefuudeu werdeu, ali mauchen Stellen<br />

auch als eiuzige Beigabe, wo iudeffen mehrere Periodeu vertreteu<br />

find, immer ganz nnten, und zwar sino Oeräthe aus<br />

Stein, Aexte, Streithammer n. a., gar nicht so selten ili Lübtow.<br />

Die Hauptfundstücke bestehen allerdings aus Eisen. Ein<br />

Theil derselben, ein Korbschwert, Sporen, Steigbügel, gehören<br />

dem Mittelalter an und wir kommen später darauf zurück;<br />

daß wir es aber mit einer uralteu Wohustätte zu thun haben,<br />

die vor der Germanenzeit bereits bebant war, deweist anch<br />

der Umstand, daß am Nordnfer des Plöue-Sees, gegenüber<br />

den Pfahlbanten, viele Grabstätten gefnnden werden. Menschcnlnochen<br />

werden ja selten ili deli Pfahlbanten entdeckt, und es<br />

mag damals wie jetzt die Pietät <strong>für</strong> die Verstorbenen den-


Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. II. 107<br />

selben eine Ruhestätte im Schooße der ^vielleicht auch schon<br />

in jenen Zeiten geweihten) Mutter Erde angewiesen haben.<br />

Fragen wir nun aber, woher die mittelalterlichen Geräthe<br />

und Waffen, woher die Hohlziegel, die „Mönche" kommen,<br />

welche dem ganzen Fnnd durch ihre Anwesenheit ein so verhältnißmäßig<br />

junges Gepräge geben. Zuvörderst sage ich da,<br />

daß dieselben als Fund <strong>für</strong> sich zu betrachten sind<br />

und mit den eigentlichen Pfahlbauten garnichts<br />

zn thuu habeu. Daß die „Mönche" und mittelalterlichen<br />

Geräthe ebendaselbst gefunden worden, kann doch nicht beweisen,<br />

daß dort nicht einst ältere Pfahlbauten vorhanden waren, im<br />

Gegentheil entspricht es nur der allgemeinen Erfahrung, daß<br />

der Mensch sich meist immer wieder dort ansiedelt, wo schon<br />

andere vor ihm gewohnt. Und mag nicht den späteren Ansiedlern<br />

die Stelle, wo vielleicht 1000 Jahre vor ihnen das<br />

Pfahldorf Lübtow stand, eben so günstig erschienen sein als<br />

diesen ihren Vorgängern? Mag nicht die gegen den Nordwind<br />

schützende Abdachung, der fischreiche See, der prächtige Weizboden<br />

ihnen eben so verführerisch erschienen sein als den alten<br />

Bewohnern, die, wie die verkohlten Getreidereste beweisen, unzweifelhaft<br />

ebenfalls Ackerbau getrieben haben?<br />

Einer alten Sage nach soll im Plönesec ein Schloß gestanden<br />

haben. Wie bei so vielen Sagen wird ein kleines<br />

Korn Wahrheit darin sein, wiewohl, da Wahrheit uud Dichtung<br />

durch einander geworfen, der historische Kern sich nicht mehr<br />

erkennen läßt. Wahrscheinlich ist das oaßti'uin oder der Burgwall<br />

Karbe, das bei Prilipp ani ehemaligen Plönebett gestanden,<br />

und von dem man noch, wenn auch uuvollkommeu, die Nmwallung<br />

zu crkeuucn vermag, mit Lübtow verwechselt oder zusammengeworfen,<br />

indessen giebt doch die Sage zum Deuten<br />

Veranlassung. Betrachten wir die Oertlichkeit, so sind vor allen<br />

Dingen z wei Fnndstcllen zu unt erscheiden; wir wollen<br />

sie der Bequemlichkeit wegen ^ und L nennen; jene näher am<br />

Dorfe, auf der Ostscite der Chaussee vou Pyrih nach Dölitz,<br />

diese südlich davon auf der Westseite derselben - nicht weit von<br />

dem Schönings-Kanal sind die unsere Hypothese der Pfahlbauten


108 Zweinndvierziqster Jahresbericht. I. II.<br />

gefährdenden „Mönche" gefunden worden, vermischt mit Waffen<br />

und Gerathen des Mittelalters. Bei ^ sind aber unter der<br />

oberen, mittelalterlichen Schicht, die oben beschriebenen Bronecnnd<br />

Steinwaffen mit verkohltem Korn ansgegraben worden,<br />

bei V nur eiserne Geräthe, und die erwähnten „Mönche" in<br />

großer Zahl. Der Bau bei Z war somit allerdings ein<br />

lediglich mittelalterliches Bauwerk, und hat mit den eigentlichen<br />

Pfahlbauten am See qar nichts gemein, während wahrscheinlich<br />

an dem Pnnkte ^ das Centrnm der alten Pfahlnicdcrlassung<br />

war, wo auch einst das sagenhafte Schloß gestanden haben<br />

mag. Bei L wurde bart an der Chanssee ein Rost blosgelegt,<br />

bei welchem, und zwar nur au seiucr Südostccke, gauz bedeutende<br />

Funde gemacht wurdeu. Dieses eigenthümliche Bauwerk<br />

besteht aus eiuem Vlockhause aus starken, 10—12 Zoll<br />

im Geviert haltenden Eichenbalken, welche an der Westseite,<br />

theilweise anch an der Nord- nnd Südseite, einfach horizontal<br />

aufeinander, und auf den hier festeren Grnnd gelegt sind,<br />

während sie an der Ostseitc, nnd an weichen Stellen der Nordund<br />

Südseite aus eingerammtcu Pfählen, die die Holzart erkennen,<br />

sich aber bequem mit einem Spaten durchstechen lassen,<br />

anstiegen. Das Gebäude liegt ziemlich genan von Nord nach<br />

Süd und mag in seiner Längsseite 30 Fuß, in der Querseite<br />

25 Fuß messen. Auf einer Ecke läßt sich deutlich noch die<br />

Einlassung <strong>für</strong> einen senkrechten Eckpfeiler erkennen. Es ist<br />

dies an der Nordwestecke der Fall, welche erst im vorigen Jahre<br />

blosgelegt worden ist, und mag daher der scheinbare Widerspruch<br />

mit dem im 39. Jahresbericht Seite 42 Gesagten<br />

kommen, weil damals nur die sehr deformirten Ecken in Süd-Ost<br />

und Nord-Ost blosgclegt waren.<br />

Die Fuude, welche bei diesem Gebäude gemacht sind, befinden<br />

sich sämmtlich an der Südostecke, außerhalb der<br />

ehemaligen Wände, — nur ein sehr schöner Bronee-Hnmpen<br />

ist innerhalb gefuuden worden, — und zwar liegt Alles<br />

5—6 Schritt davon entfernt. Bis jetzt ist das Lager noch<br />

nicht erschöpft, trotzdem bis ans etwa zehn Schritt nachgegraben<br />

worden ist. 1—1^2 Fuß uutcr der jetzigen Rasendecke bc-


Zweinnduierzigster Jahresbericht. I. II. 109<br />

ginnen die Fnnde, nnd reichen bis in eine Tiefe von etwa 4 Fuß.<br />

Bei jedem Spatenstich stößt man auf Topfscherben ohne Glasnr<br />

mit den verschiedensten Verzierungen nnd von den verschiedensten<br />

Formen, ferner ans Pfeil- nnd Lanzenspitzen, Messer nnd Dolchklingen<br />

und auf Thierknochen. Wie im 39. Jahresbericht<br />

bereits gesagt, muß eine plötzliche dringende Noth die Bewohner<br />

veranlaßt haben, die Wohnstätte zu räumen. Ihre eigene<br />

Person und ihre kostbarsten Gegenstände aus edlem Metall<br />

vermochten sie zu retten, während alles Uebrige dem Verderben<br />

anheim fiel. Es muß eine gut ausgerüstete Speisekammer<br />

gewesen sein, die da zu Grunde ging, Kiefern vom<br />

zahmen Schweine, Hauer vom wilden, Knochen vom Reh,<br />

Nippen vom Hirsch lassen sich mit Bestimmtheit erkennen, die<br />

zahlreichen Scherben der Töpfe lassen auf einen geordneten<br />

Haushalt, der mit allem Geschirr reichlich versehen, ebenfalls<br />

schließen. Nnd gut bewehrt müssen andererseits die Bewohner<br />

anch gewefen sein. Die Pfeilspitzen verschiedensten Kalibers,<br />

vom ganz leichten Vogelpfeil bis zum massivsten finden sich<br />

dort, in mancher Schafthöhlung steckt noch das Holz. Ein Theil<br />

eines Brnstharnischcs, ein Broncering, wahrscheinlich die Schnalle<br />

eines Gürtels, fanden fich ebenfalls vor, desgleichen ein bisher<br />

nnenträthfeltes Instrument, 2^/2 Zoll lang, wie Perlmutter<br />

aussehend, wahrscheinlich von Glas.<br />

Fragen wir nun, was hier die Bewohner gezwungen hat, ihr<br />

anscheinend so wohl bewehrtes und gut versehenes Heim so<br />

schleunig zu räumen, so ist Fcuersnoth ausgeschlossen. Es<br />

fanden sich allerdings Kohlen vor, aber ganz vereinzelt, die<br />

wohl ans der Küche stammen mögen; die gesammten vorgefundenen<br />

größeren Holzstücke, Balken ?c. tragen keine Spur<br />

von Feuer, auch ist kein eigentlicher Vrandschutt vorhanden,<br />

also kann es nur der Feind des Feuers, das Wasser oder<br />

der Sturm gewesen sein, wahrscheinlich Beides. Unsere schwersten<br />

Stürme, welche das meiste Unheil anrichten, kommen aus<br />

Nordwest. Ein solcher mag sich mit sammt den Flnthen des<br />

gewiß die ganze Niederung erfüllenden Gewässers ans das<br />

Gebäude gestürzt haben. Dasselbe, in seinen Grundfesten er-


110 Zweiunduierzigster Jahresbericht. I. ll.<br />

schlittert, von Wasser und Sturm bedroht, bot keinen sicheren<br />

Aufenthalt mehr, und die Bewohner retteten sich mit ihrer<br />

kostbarsten Habe an das schlitzende Ufer, während dac- Gebäude<br />

den Elementen zum Opfer fiel und, der Richtung de^ Stnrmes<br />

entsprechend, nach Südost hin zusammenstürzte. Ta keine<br />

Menschenskelette gefunden worden, so muß es ihnen also möglich<br />

gewesen sein, sich vor der Katastrophe zn retten. Daß<br />

eine starke Gewalt das Gebäude uach Südost hinüber geworfen,<br />

geht daraus hervor, daß innerhalb der erkennbaren<br />

Wände fast nichts gefunden wurde, sondern eigentlich Alles<br />

an der Südostseite. Bis an 20 Schritt entfernt, und noch<br />

weiter fanden sich hier die Hohlziegel, vermischt mit Sparren<br />

vor. Nun ist freilich keine historische Ueberlieferung vorhanden,<br />

welche andeutete, wer darin gehaust, wozu das Gebäude gedient<br />

und wann es zerstört worden ist.<br />

Doch versuchen wir anch hier den Schleier zn lüften, den<br />

Jahrhunderte gewoben haben.<br />

Wer mit den Terrainverhältnissen des Pyritzer Kreises<br />

vertraut ist, bemerkt leicht, daß vom Nordrande des Madü- bis<br />

znm Ostrande des Plönesecs ein großes Becken sich erstreckt,<br />

welches in unvordenklichen Zeiten ebenfalls See war. Später<br />

bildeten sich zwei größere und zwei kleinere Seen, der Plönefluß<br />

durchströmte diese, sowie das dazwischeu uud daneben liegende<br />

Bruch, welches zum größten Theil unpassirbar war, auch wohl<br />

oft ganz unter Wasser stand. Nehmen wir mm an, daß die<br />

Gegend bewohnt gewesen, so müssen wir dahin gelangen, daß<br />

die durch eiue fast fünf Meilen lange Wasser- nnd Sumpfstrecke<br />

von einander getrennten Bewohner doch ans irgend eine<br />

Art mit einander in Communication gestanden haben. Nnn<br />

sind beim Torfstechen im Bruch von Lübtow Z die Fragmente<br />

eines ziemlich erkennbaren Knüppeldammes entdeckt worden,<br />

welcher, soweit er bloßgelegt ist, von Pyritz auf Lübtow zu<br />

geht, und zwar in der Richtung auf den uus beschäftigenden<br />

Bau. Bei diefer Gelegenheit sei sogleich erwähnt, das; an oder<br />

ans diesem Knüppeldamm eine vorzüglich erhaltene Pfeilspitze<br />

von Feuerstein gefunden worden ist. Hier hat also einst der


Zwciuudvierzigster Jahresbericht. I. II.<br />

Jäger der Steinzeit dein edlen Waidwerk obgelegen, oder der<br />

von ihm angeschossene Hirsch ist hier in: Sumpf verendet. Dieser<br />

Damm mm, mehrere Fnß unter der jetzigen Wiefcufläche,<br />

liefert den Beweis, daß eine Commnnieation zwischen beiden<br />

Ufern stattgefunden hat.<br />

Wie lange der Darum iu Gebrauch gewesen, vermag<br />

man natürlich nicht zn bestimmen; möglicherweise begrnb dieselbe<br />

Fluth, welche das Gebäude umstürzte, anch ihn, nnd bedeckte<br />

denselben sowie alles Uebrige mit Wasser, Schlamm und<br />

Erde, bis die Negulirung des Plönesees durch den Schöningskanal<br />

den Wasserstand erniedrigte. Allerdings kann man mir<br />

entgegnen, daß bereits damals ein Uebergang beim Paß existirt<br />

hat, ob derselbe indessen so alt ist, vermag auch Niemaud zu<br />

sagen; vielleicht wurde er gar erst hergestellt, als der erwähnte<br />

Knüppeldamm zerstört und die allmählich aufblühenden Städte<br />

Stargard nnd Pyritz einer direeten Commnmcation mit einander<br />

bedurften. Der Uebergang bei Sabes kommt nicht in<br />

Betracht als später angelegter Privatweg, ebenso ein von Herrn<br />

v. Schöning durch das Bruch geführter Privatübergaug.<br />

Halten nur mm zunächst fest, daß hier ein Uebergang,<br />

vielleicht der einzige, war, so läßt sich weiter schließen.<br />

Das Geschlecht der Schöning, urkundlich säst 6^/2 Jahrhnndert<br />

in dieser Gegend ansässig, ist wahrscheinlich mit den ersten<br />

deutschen Einwanderern gleich nach der Christianisirung Pommerns<br />

zu Ende des 12. Jahrhunderts mit Grundbesitz an<br />

der Plö'ne belehnt worden. Als es diesen, durch zahllose<br />

Kriege verwüsteten uud entvölkerten, aber doch äußerst fruchtbaren<br />

Landstrich empfing, muß es damit zugleich anch Pflichten<br />

übernommen haben, darnnter vielleicht auch die, welche die<br />

Urahnen der jetzigen Besitzer jenes Gebände an Punkt L errichten<br />

ließ. Diese Stelle mnßte also Jeder passiren, der von<br />

der Südseite des Bruches nach der Nordseile wollte. Abgesehen<br />

von einem Dammzoll, der vielleicht hier entrichtet werden<br />

mußte, ist es nun uicht allem möglich, soudern sogar<br />

wahrscheinlich, daß dieser zur Vertheidigung äußerst günstige<br />

Puukt eine fortifieatorifche Anlage getragen hat, ein Blockhaus,


112 Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. II.<br />

gut bewehrt, und nur auf einem schmalen Damme angreifbar.<br />

Wenn es nun gestattet ist, dies fest zu halten, so finden<br />

wir vielleicht auch eine Erklärung <strong>für</strong> die mittelalterlichen<br />

Funde in ^.. Hiernach haben die Eingewanderten bei ihrer<br />

Ansiedelung unter den obwaltenden schwierigen Verhältnissen<br />

in dem verwüsteten Lande ihre erste Wohnstätte an Punkt ^.<br />

mit Benutzung noch anderer zahlreicher Pfähle aufgeschlagen,<br />

später entstand daneben das in Punkt L belegene Blockhaus,<br />

eine Art detachirtes Werk zur Vertheidigung des Ueberganges,<br />

und eine Zufluchtsstätte im Falle der Noth. Erst, als die<br />

Katastrophe im 13. oder 14. Jahrhundert hereinbrach (vielleicht<br />

der Orkan vom Jahre 1309), siedelten sie sich an: festen<br />

Lande an.<br />

Danach scheint mir die Ansicht, daß in ^ sich eine uralte<br />

Pfahlansiedelung befand, doch nicht so ganz unbedingt abzuweisen<br />

zu sein, vielmehr weisen die Funde der unteren Schicht<br />

auf die älteste Zeit hin; dann stand im Mi ttelalter, wahrscheinlich<br />

unter Benutzung des ehemaligen Pfahlrostes, daselbst ein<br />

Wohnhaus, und Punkt L, ohne daß hier einst ein Pfahlbau<br />

war, trug ein zur Vertheidigung dienendes, mit Hohlziegeln<br />

eingedecktes Blockhaus, welches die Herren von Schöning<br />

mit ritterlichem Muth gegen menfchliche Feinde vertheidigten;<br />

vor einer höheren Macht indeßen mußten sie die Waffen<br />

strecken und das Gebäude räumen."<br />

Berghaus.


Zwenmdvierzissster Jahresbericht. I. II. 113<br />

Alterthümer.<br />

Unter den uns seit Anfang März zugegangenen, in<br />

der Beilage verzeichneten Alterthümern heben wir die folgenden<br />

hervor.<br />

Das älteste, auch durch seinen Fnndort in 14 F. Tiefe<br />

höchst seltene Stück ist der knöcherne Angelhaken (Nr. 6<br />

der Beilage). Er ist vorzüglich gearbeitet und von einer Größe,<br />

daß er nnr <strong>für</strong> die größtcu Fische unserer Gewässer verwendbar<br />

gewesen sein kann.<br />

Von den Urnen haben wir das Fragment der Gesichtsu<br />

ru e Nr. 16c auf Tafel II Nr. 1^ und 1^ abgebildet und dieser<br />

noch das Bild der Ball. Stnd. XXIX S. 120 besprochenen Gesichtsnrne<br />

von Schivelbcin (Taf. II Nr. 2) beigefügt.<br />

Zwei goldene Armbänder (Nr. 22 und 23 der<br />

Beilage) geben wir in entsprechenden Abbildungen ans Tafel I.<br />

Die römischen Fuude siud Nr. 24—27 verzeichnet.<br />

Der Denar Nr. 24 ans der Zeit der Rcpnblik ist der<br />

zweite, der in Pommern bekannt geworden (der andere, ans<br />

Niigen, befindet sich im Ständischen Mnscnm zu Stralsnnd,<br />

vgl. Balt. Stnd. XXVII S. 210) und darf daher als große<br />

Seltenheit gelten, wenn anders die von juugen Leuten gemachten<br />

Fnndaussageu, die nicht mehr zu controlircn find, völlig zuverlässig<br />

sind.<br />

Der Fuud von Schwedt (Nr. 26) der vollständigste,<br />

den wir von derartigen Alterthümern besitzen, erhält seine Bestimmuug<br />

sowohl durch die sogenannten Wendenfibeln,<br />

als auch durch die wohlerhalteue blaue Perle (c), die der<br />

von Host mann: das Nrnenfeld von Darzau Tafel XI,<br />

23 abgebildeten gcnan entspricht. Danach gehört der Fuud<br />

etwa dem dritten Jahrhundert n. Ch. an.<br />

In dieselbe Zeit dürfte der Fnnd von Butzke(Nr. 2?)<br />

zu fetzen sein, da er eine fast völlig gleiche blaue P er le (d)<br />

wie der eben besprochene enthält, auch die meisten Bernsteinperlen<br />

von künstlicher Bearbeitung zengen. Herr Tischler<br />

hat die Verbreitung dieser Perlen in den Schriften der


114 Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. II.<br />

physikalisch-ökonomischen <strong>Gesellschaft</strong> zu Königsberg<br />

1879 zweites Heft S. 23s) verfolgt und den Nachweis<br />

des Imports solcher Bernsteinarbciten geführt. Eine besondere<br />

Stütze <strong>für</strong> die Herkunft unseres Fundes aus dem Südeu<br />

bietet eine dazu gehörige Taf. II (3) in natürlicher Größe<br />

abgebildete Bernsteinbrcloqn e, die an dem einen Ende in<br />

einen (auf der Lithographie nicht völlig deutlichen, im Original<br />

aber unverkennbaren, anch mit Auge versehenen) Widdertopf<br />

endigt. Das seltene Stück befindet sich noch in den Händen<br />

des Herrn Rektors Di'. Petersdorff in Pr. Friedland.<br />

Im Jahre 1858 find, wie nns berichtet worden, in<br />

Rehseel bei Masfow eine Anzahl Nrncn gefunden, deren eine<br />

ein Paar römischer Bronees Poren enthalten hat. Dieselben<br />

befinden sich im Besitze des Herrn v. Petersdorff<br />

auf Buddendorf bei Gollnow, der die Güte hatte, uns dieselben<br />

vorzulegen. Die Sporen sind flachbogig nud mit einem kurzen<br />

kegelförmigen Dorn versehen.<br />

Der Tafel II Nr. 4 in 'natürlicher Größe wiedergcgebcne<br />

Ring ist von maffivem Silber. Er wurde Anfang August<br />

v. I. auf der südlichen Anhöhe der Altstadt Colberg von<br />

Herrn Gymnasialzeichenlehrer Meier mitten nnter Vnrgwallfcherben,<br />

womit die Oberfläche dort besäet ist, aufgefunden.<br />

Dieser Theil von Altstadt ist unzweifelhaft, wie außer deu<br />

Scherben die Localität crgiebt, die alte Burg Colbcrg, der<br />

Ring mithin einer echt wendischen Stätte angehörig. Die<br />

von Herrn Sophus Müller in Kopenhagen in „Schlesiens<br />

Vorzeit in Bild nnd Schrift", Aericht 35 S. 197<br />

sorgfältig begrüudete Anficht, daß diese Riuge, die mau,<br />

weil sie sich in Skelettgräbern fast immer in der Gegend der<br />

Schläfe finden, Schläfenringe genannt hat, auf slavische<br />

Nationalitäten hinweisen, erhält durch dieseu Fund eine nelle<br />

Stütze.<br />

Wir fügen hier die übrigen derartigen Stücke<br />

aus Pommern bei.<br />

1. Der im Jahresbericht II S. 14 (221) nnd Balt. Stnd.<br />

XXVII. S. 221 erwähnte Fuud christlich-wendischer Münzelt


Zroeiuudvierzigster Jahresbericht. I. II. 115<br />

von Goldbeck, war auch ein kleiner Vorrath arabischen<br />

Silbcrsch m u ä e s beigelegt. Unter diesen in unserm Museum<br />

aufbewahrten Stücken befindet sich ein eben solcher<br />

silberner massiver Schläfenring, wenig kleiner,<br />

als der abgebildete.<br />

2. Im stralsundcr St ändi schen Mns enm befinden sich,<br />

zufolge gütiger Mittheilung des Herrn Dr. Bai er, vier<br />

broncene Schläfenringe von 2^/2 bis Z Cm. Durchmesser,<br />

die nebst einem Hohlringc nnd einem mit Broneeschlag<br />

befehlen Stück eines ledernen Gürtels angeblich<br />

in einem Kegelgrabe zu Lancken auf Iasmund gefnnden<br />

sind.<br />

3. In der Nordischen Abtheilung des Königlichen<br />

Museums in Berlin befinden fich Schlafen ringe<br />

zusammen mit arabischem Schmuck aus einem Funde bei<br />

B ü t 0 w.<br />

4. Wenn auch nicht innerhalb der Grenzen des jetzigen, so doch<br />

des früheren Pommerns ist zu S e e h a u s e n bei Pre n z -<br />

lan ein in unserm Mnseum vorhandener Fund gemacht,<br />

der einen silbernen massiven Schlafcnring von fünf<br />

Centimeter Durchmesser enthält. Anßcr diesen: gehören<br />

dem Funde noch an 1) drei Broneeringe von etnia<br />

gleicher Größe, deren zwei, mit umlaufenden Spiralrcifen<br />

verziert, mittels kurzer Haken schließen, während am dritten<br />

5üe ssiitz zulaufenden Enden in einer Weite von etwa 1 Cm.<br />

umgebogen sind, 2) ein Dutzend schwerer broneencr<br />

Perlen und Brcloques.<br />

5. Zwei silberne Schläfcnringe, 1858 bei Cörlin<br />

gefunden, sind jetzt im Mufeum zn Schwerin^).<br />

6. Im Museum zu Neu-Strclitz befinden sich vier<br />

^) Da dieser Fund in unsern Blättern noch nicht registri rt ist,<br />

so holen wir das an dieser Stelle nach.<br />

Im Jahre 13').^ wurden beim Van der hinterpommerschen Eisen-<br />

bahn in der Gegend von Cörlin beim Eröffnen einer.^lcsgrnbe etwa


116 Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. II.<br />

Schläfenringe, jeder von etwa 5 Cm. Durchmesser,<br />

gefunden zu Thurow bei A nel am vor 1850.<br />

Der auf Tafel III. abgebildete Fund von Borntuchen<br />

(Nr. 28 der Beil.), zu dem noch ein identisches, aber zer-<br />

brochenes Armband gehört, bietet insofern ein schwer zu lösendes<br />

Räthsel, als zu erklären bleibt, wie ein zu offenbar heidnischem<br />

Cultus verwandtes Räuchergefäß, gefunden in einer mit Menschen<br />

asche gefüllten Urne, der späten Zeit angehören soll, da in<br />

Pommern die Glasur angewandt wurde. Gleichwohl scheint<br />

vorläufig nichts anderes übrig zu bleiben, als der Schluß, daß<br />

dreißig menschliche Gerippe drei bis vier Fuß tief gefunden,<br />

zugleich folgende Alterthümer.-<br />

1. zwei große silb erne Ringe, hohl, im Lichten 8Cm. Durchmesser,<br />

9 Mm. dick, an einem Ende abgestumpft, am andern<br />

verjüngt und zu einem Haken umgebogen;<br />

2. zehn silberne Armringe von massivem 2 Mm. starkem<br />

Draht;<br />

3. zwei silberne Fingerringe von mit Silberblech umlegtem<br />

Kupfer;<br />

4. ein dünner ringförmiger Silber draht mit 13 Perlen, von<br />

denen drei von Bernstein, die übrigen von hellblauem, dunkelgrünem,<br />

kalkweißem oder dunkelgrauem Glase, einige mit eingelegten<br />

rothen oder weißen Linien;<br />

5. ein eisernes Messer, dessen Schneide 9 Cm. Länge hat nud<br />

zu dem wahrfcheinlich eine silberne Spitze, die sich gleichzeitig<br />

fand, als Beschlag gedient;<br />

6. eine eiserne Scheere (in der Form der Schafschuren), an<br />

der ein Stückchen Leinewand festgerostet war;<br />

7. eine silberne Münze mit der Inschrift<br />

Vorderseite V6N0I^<br />

Rückseite 8NI^ N<br />

Da diese Münze, aller Wahrscheinlichkeit nach, dem pommerschen<br />

Herzog Bogislav I. von Stettin (f 1187) oder auch dem Herzog Bogislav<br />

von Schlawe (nm 1180) zugehört, (vgl. Grote: Münzstndien lli,<br />

Seite 390) so wird der gesammte Fund von Herrn Lisch wohl mit<br />

Recht in das Ende des 12. Jahrhunderts versetzt und noch als<br />

spätwendisch angesehen. Meklenb. Jahrb. Bd. 24, Seite 282.


Zwciundvierzigster Jahresbericht. I. II. il?<br />

es sich hier nm eine späte, kanm früher als ins ^l4. Iahrhnndert<br />

zu setzende Leichenbestattung nach heidnischem<br />

Ritus handelt.<br />

Nachgrabung in der Forst vou Klütz bei Damm.<br />

Herr Oberförster Hoff mann in Klütz hatte dem Vorstande<br />

mehrere flache Kegelgräber in der von ihm verwalteten<br />

Forst signalisirt. In Folge dessen unternahmen mehrere<br />

Vorstandsmitglieder im Mai v. I. unter seiner Führung eine<br />

Nachgrabung. Dieselbe war aber theils wegen der großen Menge<br />

von Kopfsteinen, die zu entfernen waren, theils wegen der<br />

vorgeschrittenen Tageszeit fast resultatlos. Die erwarteten Steinkisten<br />

wnrden nicht gefunden, fondern nur einige unter Nr. 15 der<br />

Beilage verzeichnete Scherben. Die Kegelgräber finden sich an<br />

zwei verschiedenen Stellen des füdlichen Theiles der Forst,<br />

diesseit und jenseit der Försterei unweit Wietstock.<br />

Ueber Ausgrabungen bei Konikow und Schlawe<br />

geben wir unter Bezugnahme auf Balt. Studien XXVIII<br />

S. 448 den von Herrn Oberlehrer Dr. Hanncke in Cöslin über<br />

eine Sitzung des dortigen wisfenfchaftlichen Vereins in der Cösliner<br />

Zeitung vom 18 Mai v. I. erstatteten und uns gütigst<br />

zur Verfügung gestellten Bericht:<br />

Die zuerst vorgenommene Ausgrabung bei Konikow<br />

war auf der Westfeite des kleinen Plateaus nach der Eisenbahn<br />

zu erfolgt. In der üblichen Steinkiste fand man eine<br />

etwa 9—10 Zoll hohe Urne, die durch einen aufliegenden, ganz<br />

flachen Deckel geschlossen war. Leider zerbröckelte die Urne.<br />

In derselben waren mit Erde untermischt Knochen, die durch<br />

ihre Größe auffielen. Während fönst die Knochen meist klein<br />

zerschlagen sich vorfanden, waren hier die großen Gelenkknochen<br />

unversehrt und überschlagen in die Urne hineingelegt. Broneegegenstände<br />

wurden nicht gefunden.<br />

Interessanter war die zweite Stelle der Nachgrabungen<br />

anf der Südostseite des Grundstücks. Dort hatte auf einem<br />

<strong>für</strong> die Eifenbahnverwaltnng angebrochenen Kiesstiche der Ne-


118 Zweiundvierzigster Jahresbericht, I. II.<br />

sitzer des Bauerhofs in kleinen Abständen von einander kleine<br />

Steinsammlungen, und darunter Kohlen und Feuersteine gefunden.<br />

Eine ganze Collektion von Feuersteinen, augenscheinlich<br />

bearbeitet, (z. V. eine Pfeilspitze war deutlich erkennbar),<br />

konnte der Versammlung vorgelegt werden. Auch zwei ziemlich<br />

gut erhaltene Menschenschädel, von deren einem das Gebiß<br />

wunderbar gut erhalten war, wurden damals von dem Besitzer<br />

aufgegraben. Als die Bereinsmitglieder an der betreffenden<br />

Stelle felbst ihre Nachfuchuugen anstellten, fanden sie das<br />

wahrscheinlich zum zweiten Schädel gehörige Gebiß, sowie<br />

einzelne Zähne lose im Sande liegen.<br />

Sodann legte Herr Bauiuspektor Siehr einen höchst<br />

interessanten Fund vor. Im vorigen Jahre war zwei Meilen<br />

von Schlawe seewärts in einen: Kieslager eine Urne gefunden<br />

worden. Als dieselbe zerbrach, fand man anf dem Boden eine<br />

kleine Urne von der Form und Höhe einer kleinen Tasse und<br />

in derselben drei Bronc efibeln, die wegen der kunstvollen,<br />

comsilicirten Arbeit (sie haben Aehulichkcit mit unseren heutigen<br />

Patentnadeln) wohl als römische bezeichnet werden müssen.<br />

Ueber Urnenstätten bei Colberg.<br />

Kauzenberg. Da, wo sich die Straße nach Gr. Iestin<br />

von der Chaussee, die nach Treptow a. R. führt, abzweigt,<br />

liegt der Kauzenberg. Auf seiner südöstlichen Seite fand ich<br />

Ende Juli dieses Jahres eine größere Anzahl Urnenscherben<br />

niit wellenartigen Verzierungen. Auf große Resultate<br />

dürfte bei etwaigen Nachgrabungen nicht zu rechnen sein, da<br />

der Berg bei den Colberger Belagerungen wiederholt verschanzt<br />

worden ist nnd auf seiuer höchsten Stelle noch jetzt Verschanzungen<br />

zeigt.<br />

Prettmin. ^/2 Stunde westlich vom Kauzenberge,<br />

eigentlich auf der sich nach Westen fortziehenden Verlängerung<br />

des Kauzenberges liegt Prettmin. Etwa 20—25 Min.<br />

westlich von Prettmin findet sich am AbHange einer Höhe, die<br />

der „Kiek" genannt wird, eine wüste Saudstäche, die sehr große<br />

Mengen von Urnenscherben aufzuweisen hat, auch Steinmesser


Zweiundvierzigster Jahresbericht- 1. II. 119<br />

fanden sich dabei vor, sogenannte Wenden-Urnen jedoch nur<br />

in geringer Anzahl. Angestellte Nachgrabungen blieben erfolglos,<br />

da man, je tiefer man gräbt, desto weniger findet. Es<br />

dürfte anzunehmen fein, daß hier die Urnen nur im lofen<br />

Sande gestanden haben, der im Laufe der Zeit vom Winde<br />

verweht worden ist uud die etwa hervortretenden Urnen der<br />

Witterung preisgegeben hat. Gegenstände aus Bronce habe<br />

ich nicht finden können, doch sollen seinerzeit welche gefunden<br />

worden sein.<br />

Garrin. Zwischen Garrin und Nessin, näher an letzterem<br />

Orte gelegen, befindet sich, durch eine schmale, sumpfige<br />

Wiese vom Spic-Nache getrennt, ein langgestreckter, wüster<br />

Höhenzug, uur mit Haidckraut bewachseu. Dieser Berg euthält<br />

viele St einkistengräber, von denen, um der Steine willen,<br />

die meisten geöffnet worden find. In einem folchen Grabe,<br />

d. h. in der Urne desselben, hatte sich auch ein Spindelstein<br />

vorgefuuden. Am 1. August d. I. besuchte ich dicfe Stelle<br />

uud saud nach einigen vergeblichen Bemühungen ein Steinkistcngrab.<br />

Nachdem die Deckplatte gehoben war, zeigte sich<br />

die ganze Steinkiste mit feuchtem, lehmigem Sande angefüllt.<br />

Bei weiterem Snchen entdeckte ich noch ein tassenähnliches Thongefäß,<br />

das ich leidlich erhalten mitbringen konnte; andere<br />

Gegenstände fanden sich nicht vor. Am Fuße des Berges<br />

fittden sich noch einige kreisruude Hügel vou mäßiger Größe.<br />

Jeder derselben war noch bis vor kurzer Zeit mit einem Steinkreise<br />

eingefaßt, auf der Spitze eines jeden lag ein großer<br />

Stein. Diefer letztere ist bei den meisten diefer Hügel noch<br />

vorhanden, während die Stcinkreife in neuester Zeit entfernt<br />

worden find.<br />

Colberg d. 10. Angnst 1879. H. Meier.<br />

Ueber mittelalterliche Wandmalereien in Katzow<br />

bei Wolgast<br />

sendet uus Herr Pastor Kasten daselbst folgenden Bericht:<br />

Katzow bei Wolgast, im Juli 1879. Bei dem Restauratiousbau<br />

der hiesigeu Kirche, welcher vou dem Architekten


Zweinndvierziqster Jahresbericht, l. li.<br />

Prüfer geleitet wird, siud nnifaugreiche alte Wandmalereien,<br />

die dem 14. oder 15. Iahrhnndert angehören, uuter der<br />

Kalktünche znm Vorschein gekommen. Zum Theil siud sie noch<br />

in allen Linien der Zeichnung deutlich erkennbar, andere sind<br />

nnr in einzelnen Resten vorhanden. Ziemlich wohl erhalten<br />

nnd nicht übel ausgeführt ist eiue Darstellung des h. Lanrentius<br />

uud der h. Kateriua lso nach alter Schreibuug) an<br />

der Südwand; hier sind mit gothischen Minnskcln die Namen<br />

der Heiligen darüber geschrieben und eine seitliche Inschrift<br />

bezeichnet eine Johanna Friscn als Stifterin des Bildes.<br />

Weniger klar sind die Darstellnngen an der Ostwand; doch<br />

erkennt man links deutlich Secnen aus der Leidensgeschichte<br />

^Kreuztragung und Geißelung in der uuteru Hälfte, die Kreuzigung<br />

in der oberen) und rechts Maria mit dem Kinde,<br />

darüber Christus als Weltrichter. Fast vollständig conservirt<br />

ist ein großes Bild St. Georgs, mit dem Drachen kämpfend,<br />

an der Westwand. Leider wird es voraussichtlich nicht möglich<br />

sein, von diesen knnstgeschichtlich so interessanten und in Vorpommern<br />

vielleicht einzigen Wandgemälden irgend etwas zu<br />

erhalten; die sünf oder sechs alten bischöflichen Weihekreuze,<br />

welche ebenfalls bloß gelegt sind, werden jedoch hoffentlich dem<br />

Innern der Kirche als Erinnernng an die vergangenen Zeiten<br />

nnd als Schmuck verbleiben.<br />

Miinzfunde.<br />

I. Mittelalterliche Münzen von Wollin.'')<br />

Im Febrnar v. I. wurde bei Lübeck au der Straße<br />

uach Natzeburg ein kleiner Münzfuud von 13 Vracteateu und<br />

79 Deuareu gemacht, nnter denen sich folgendes Stück befand:<br />

.Vs: D V (^0III/VN D^s), im Pcrlenkreise der Greif,<br />

zwifchen dessen Vorder- nnd Hinterpranken ein Stern;<br />

1^8: N(MI^1^. VO^IX, im Perlenkreise ein Kreuz<br />

mit einem halben Stern im zweiten nnd einer halben<br />

Lilie im dritten Winkel.<br />

") Vgl. v. Sallet Zeitschrift <strong>für</strong> Numismatik 1879 S. 186 ff.


Jahresbericht. 1. 11. 121<br />

Herr Stadtgerichtsrath Dannenberg in Berlin, dem<br />

dieser Fund vorgelegen, hat aus dieser Münze den wichtigen<br />

Schluß ziehen können, daß die bisher in Pommern häufig<br />

vorkommenden Denare mit halber Lilie und halbem Stern,<br />

die man bisher nach Gnoien verlegte, der Stadt Woll in zu-<br />

Anschreiben sind.<br />

II. Fünf Fnnde ans dem zweiten Viertel des<br />

17. Jahrhunderts.<br />

1. Münz fund von Speck bei Gollnow.<br />

In der zum Rittergute Ssieck gehörigen Forst wurdeu<br />

bei Waldarbcitcn in einem der letzten Jahre die folgenden<br />

siebzig Silber münzen ausgegraben, die etwa 1 Fnß tief ohne<br />

Umhüllung lagen. Der Besitzer, Herr Rittergntsbesitzer Flügge,<br />

Mitglied des dentschen Reichstages, hat dieselben der <strong>Gesellschaft</strong><br />

großmüthig als Gefchenk überlassen.<br />

I. Pommern:<br />

Doppelschilliuge:<br />

1. Franz 1620;<br />

2—3. Philipp Iulins 1620 nnd 1621;<br />

Ulrich:<br />

4—5. v. I. 1620,-<br />

6—9. v. I. 1621;<br />

10—21. v. I. 1622;<br />

l/24 Thaler:<br />

22—23. Ulrich 1621 und 1622;<br />

Bogislav XIV:<br />

Doppelschillinge:<br />

24. verwischt;<br />

25—28, o. I.<br />

29-37. v. I. 1621;<br />

38 — 59. v. I. 1622;<br />

60—66. v. I. 1628;<br />

67. V. I. 1629;<br />

68. Thaler v. I. 1631.


Zweiundvierzigster Jahresbericht, l. U.<br />

II Nürnberg.<br />

69. Thaler v. I. 1621.<br />

III. Polen.<br />

70. Sigismund III. Thaler v. 1628.<br />

Der Fund hat wegen seiner großen Zahl pommerscher<br />

Stücke ein besonderes Interesse. Die jüngste Münze, der Thaler<br />

Bogislav XIV. v. I. 1631, weist ihm seine Stelle genügend<br />

an. Er gehört Zwischen den Fnnd von Küstrow (V. St.<br />

XXIX S. 133) und den von Gramm en t in (B. St. XXIX<br />

S. 138).<br />

2. Thalerfund von Nackitt (Kreis Pyritz).<br />

Im Juni v. I. wurden ans dem zn Rackitt gehörigen<br />

Hauswalle, ciuer zwischen Wiesen gelegenen Anhöhe, beim<br />

Chausseeban in einen: Topfe, der beim Graben zertrümmert<br />

wurde, vierzehn Thaler gefnnden. Tnrch die Güte des<br />

Herrn Oberlehrer Di-. Blasend orff, der den Fnnd im<br />

Pyritzer Kreisblatt besprochen, haben nns dieselben, mit Ausnahme<br />

von Nr. 2 und 6, znr Einsicht vorgelegen. Es sind<br />

die folgenden:<br />

1. Pommern: Bogislav XIV. 1633 (Madai 3939);<br />

2. Oesterreich: Rndolf II. 1604;<br />

3. Tirol: Ferdinand (f 1595) o. I. (Madai 3852);<br />

4. Erzbisthnm Magdebnrg: Joachim Friedrich,<br />

als Administrator, 1592 (Madai 3244);<br />

5. B raunschw ei g-Lünebnrg: Heinrich Julius<br />

1608 (HoiioLwill ^o Mi-i^, Madai 3583);<br />

6. Christi au IX., Bischof von Minden 1621;<br />

7. Friedrich Ulrich 163 3 (O00 6t Mi'i^o);<br />

8. Kurfachsen: Johann Georg 1633 (Madai<br />

2978);<br />

9. Spanische Niederlande: Albert v. Oesterreich<br />

nnd Elisabeth, brabantischer Krcnzthaler<br />

0. I. (Madai 3860);<br />

10. Utrecht: 1603;


Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. II. 123<br />

11. Westfricsland: 1620;<br />

12. Emdcn o. I. (i^i'dinliQäi II, Madai 4853);<br />

13. Rostock 1631 :<br />

14. Thorn 1633 (Madai 5134).<br />

Da der kleine Fnnd drei sehr wohl erhaltene Stücke ans<br />

d. I. 1633 enthält, wird er nicht lange nach dieser Zeit<br />

vergraben sein nnd schließt sich demnach unmittelbar an den<br />

in den Balt. Stnd. XXVIII S. 572 veröffentlichten Fnnd<br />

von Nosenfelde an.<br />

3. Dneatcn- nnd Thalerfnnd von Pasewalk.<br />

Im September v. I. wnrde ans dem Wiesengrnndstück<br />

des Gastwirths Herrn Lisch in Pasewalk ans einem Maulwurfshügel<br />

ein Thaler ans dem 17. Jahrhundert gefunden.<br />

Dadurch veranlaßt, ließ Herr Lisch die Stelle aufgrabeu, nnd<br />

es fanden sich, ohne Umhüllung senkrecht auf eiuauder gepackt,<br />

die folgenden drei Goldstücke und dr ei unddre ißig<br />

Thaler, die im Besitz des Eigenthümers geblieben sind.<br />

I. Dueatcn:<br />

1. Brandenburg: Doppeldukateu, Georg Wilhelm<br />

1636.<br />

2. Campen: o. I. Rs. Umschrift 8nl)<br />

3. Westfriesland: 1630.<br />

II. Thaler:<br />

Oesterreich:<br />

1. Rndolf 11. 1607 (M.5 30);<br />

2. Mathias 1620 (trotzdem daß Mathias fchon 1619<br />

starb);<br />

3. Ferdinand II. 1634, <strong>für</strong> Ungarn;<br />

4. Erzherzog Ferdinand (f 1595) o. I. <strong>für</strong><br />

Elsaß (ähnl. R.") 4289);<br />

5—8. Erzherzog Leopold (f 1682), <strong>für</strong> Tirol von<br />

M — Madai: Thalercabinct.<br />

) N — Neiinanu: ?)cilnz- nnd Modaillencabinct, Hannover 1879.


124 Zweiundvierzigster Jahresbericht, l. ll,<br />

1621 und Zwei verschiedenen Gepräges von 1623,<br />

ein Thaler <strong>für</strong> Elsaß von 1628 ; (M. 1387, R.4307).<br />

Sachsen:<br />

Ernestinisch:<br />

9. Johann Philipp von Altenburg nnd seine<br />

Brüder FriedrichIohann, Wilhelm undFriedrich<br />

Wilhelm 1620 (M. 1463);<br />

Albertinisch:<br />

1l>—11. Christian II. nnd seine Brüder Johann Georg<br />

nnd Augnst 1607 nnd ^/2 Thaler von 1608 (ähnl.<br />

M. 2961);<br />

12. Johann Georg und Albert 1614, um das Bild<br />

des letzteren achtzehn Wappenschildchen (M. 524,<br />

R. 4723);<br />

13—15. Johann Georg I. zwei von 1623 und 1634 (ähnl.<br />

R. 4742);<br />

Brandenburg.<br />

Altfränkische Linie:<br />

16. Georg nnd Albert 1538 8i clou8 ^10 nokik,<br />

(1UÌ8 coutil Q03 (M. 1033, ähnl. R. 3235).<br />

Neufränkische Linie.<br />

17—18. Joachim Ernst 1619 und 1620 (M. 3533,<br />

R. 3262);<br />

Braunschweig-Luneburg.<br />

19. Christian von Celle, Administrator von Minden<br />

1622: Bild des h. Andreas, ^ustiti^ ot ^onomäi^<br />

(K.*)8366);<br />

Bisthum Hildesheim:<br />

2l). Ferdinand von Baiern 1625 (K. 4524, ähnl,<br />

M. 445);<br />

Grafschaft Oettingeu:<br />

21. Ludwig Eberhard 1623 (R. 5373);<br />

nover 1877.<br />

und Medailleiicabmet des Grafelt Knyfthausen, Han


Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. II. 125<br />

22. Frankfurt, Ferdinand II. (Jahreszahl 1 . .3, das<br />

Fehlende durchlöchert);<br />

23—24. Nürnberg 1624, zwei Stücke mit verschiedenen<br />

Stempeln;<br />

Niederlande.<br />

25. Philipp II. <strong>für</strong> Brabant ^/2 Kreuzthaler 1569<br />

(vgl. M. 6066);<br />

26—27. Holland 1621 und 1629;<br />

28. Westfriesland 1621;<br />

29. Seeland, halber Thaler 1634;<br />

30. Overyffel 1620.<br />

Dänemark.<br />

31. Christian IV. 1638 NoAii^ klingt<br />

Polen.<br />

32. Sigismund III 1629;<br />

33. Thorn 1633.<br />

Die älteste bestimmbare Münze (Nr. 16) gehört dem Jahre<br />

1538 an, die jüngste (Nr. 31) vom Jahre 1638, ist um ein<br />

volles Jahrhundert später. Die Vergrabung des kleinen Schatzes<br />

wird also in den Kriegslasten zu suchen sein, die mit dem<br />

Einbrüche der Kaiserliche« unter Gallas 1637 begannen und<br />

noch bis in den Sommer 1638 dauerten, da die Schweden<br />

uuter Banner wieder siegreich vordrangen. Gerade Vorpommern<br />

hatte in der Zeit entsetzlich zu leiden.<br />

4. Thalerfund vou Briefen bei Schivelbcin.<br />

Im November v. I. fand der Bauerhofbesitzcr Herr<br />

Zietlow in Briefen auf feiuem Hofe beim Graben etwa<br />

1 F. tief eine kupferne Büchfe mit folgenden zwciund<br />

zwanzig Th alcrstücken.<br />

Oesterreich.<br />

1. Rudolf II und die Erzherzoge, <strong>für</strong> Elsaß, 1605<br />

(Madai 2417);<br />

2. Ferdinand II <strong>für</strong> Böhmen 1625 (Madai 2779);


126 ^weiundvierzigster Jahresbericht. I. II.<br />

3. Ferdinand 11 <strong>für</strong> Böhmen 1625 (halber Thaler);<br />

4. Leopold von Tirol nnd die übrigen Erzherzoge,<br />

<strong>für</strong> Elsaß 1622;<br />

Salzburg:<br />

5—6. Paris 1621 und 1623;<br />

Sachsen:<br />

Albcrtinifch:<br />

7. Angust, Kur<strong>für</strong>st, 1569;<br />

8. Christian II nnd die Brüder Johann Georg<br />

nnd Angnst, 1600 (halber Thaler);<br />

9. Johann Georg I 1623 (halber Thaler);<br />

10. Vo rmundfcha ftsth aler der Katharina von<br />

Ora nien, 1625 ;<br />

Münster (Bisthnmi:<br />

11. Ferdinand von Baiern 1633 (Madai 838);<br />

12—13. Hamburg 1621, zwei verschiedene Gepräge;<br />

14. Lübeck 1609;<br />

15. Nürnberg 1626;<br />

Niederlande:<br />

16—18. Westfriesland 1619, 1624 nnd ein halber Thaler<br />

von 1629;<br />

19-20. Geldern, beide von 1619;<br />

21. Utrecht 1619;<br />

22. Holland 1629.<br />

Da die jüngste wohlerhaltene Münze (Nr. 11) dem<br />

Jahre 1633 zngehört, fällt der Fund in eine Kategorie mit<br />

dem vorstehenden von Rackitt, in seiner Zusammensetzung<br />

(6 österreichische, 7 niederländische Thaler, in Summa 13 auf<br />

22) schließt er sich dem folgenden von Glowe an.<br />

5. Thalerfnnd von Glowe auf Rügen.<br />

Im November 1878 wnrde in dem nordwestlich von<br />

Sagard gelegenen, an die Schabe stoßenden Dorfe Glowe<br />

ein Fnnd von 111 Thalern gemacht, die beim Ausheben<br />

eines Kellerfnndaments zu Tage kamen. Dieselben gelangten


Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. II. 127<br />

sämmtlich in den Besitz nnseres sehr thätigen Mitgliedes, des<br />

Stadtraths Herrn Pr6st in Colbcrg, dessen gefällige Mittheilnngcn<br />

über den selten großen Fnnd wir resmniren.<br />

Es kommen ans die österreichischen Lande (mit<br />

Einschluß von Ungarn, Böhmen, Tirol, Elsaß) 32 Stücke,<br />

von denen das älteste o. I. Ferdinand I. zufällt, das<br />

jüngste ins Jahr 1639 gehört, 33—35. Salzburg o. I.<br />

(das jüngste von Paris); 36—38. Sachsen (das jüngste<br />

von Johann Georg I.); 39. Baiern o. I. (Maximilianl.)<br />

40. Würtemberg 1624; 41. Schleswig 1624;<br />

42. Pommern (Christine) 1642 ; 43—48. Braun schweig-<br />

Lüneburg 1583—1629; 49. Mansfeld 1616; 50. Montfort<br />

1621; 51. Erfurt 1617; 52—61. Frankfurt<br />

1621 — 1646; 62—66. Hamburg 1610—1638; 67. Metz<br />

1631; 68—70. Nürnberg 1624—1626; 71--73. Lübeck<br />

1549—1619; 74—75. Rostock 1637 und 1640 ; 76.Stralsund<br />

16^33); 77—79.Wismar 1573 — 1624; 80—104Nieder<br />

lande (Provinzen und Städte 1580—1649; 105. Spinola<br />

((^XV); 106. Schweden 1644; 107—109.Norwegen<br />

1640—1645; 110—111 Polen 1637 und 1649.<br />

Die Bergung dieser Münzen kann also vor 1649 nicht<br />

stattgefunden haben, so daß der Fund fast gleichzeitig mit den<br />

Thalerfnnden von Mes cherin (39. Jahresbericht IV. Seite 75)<br />

nnd G ummclin (Balt. Stud. XXVIII. Seite 574 und 584)<br />

deren jüngste Stücke beide in das Jahr 1650 fallen, vergraben<br />

fein muß. Auch seiner Zusammensetzung nach gehört er mit<br />

diesen in ein Kategorie, insofern alle drei fast das gleiche<br />

Verhältniß der österreichischen und der holländischen Stücke<br />

aufweisen:<br />

Meschcrin (auf 40 Stück) 5 österreichische,, 12 holländische.<br />

Gummelin (ans 77 Stück) 21 „ 21<br />

Glowe (anf 111 Stück) 32 „ 25


128 Zweiundvierzigster Jahresbericht, l. II.<br />

Beilage.<br />

Eruierlimtgeu des antiquarischen Musenms<br />

vom 1. März bis 1. November<br />

^ — Fundorts<br />

I. Heidnische Alterthümer.<br />

^V. Stein- und Knochen fachen.<br />

1. Wetzstein aus Thonschiefer 14 Cm. l. I? bei Cöslin in einer<br />

Urne. — Oberprimaner Quandt in Cöslin. ^I. 149^.^<br />

^. Beil aus Diorit mit Schaftloch 14 Cm. l. 1^ bei Cöslin.<br />

— Derselbe. sI. 1493.^<br />

3. Beil ans Diorit ohne Schaftloch. 1^ Rottmannsh agcu bei<br />

Demmin. — Herr Di-. Starck in Demmin. sI. 1499.^<br />

l. Beil ans Diorit mit verschmälertem Schaftende. 1^ Kalkofen<br />

anf Wollin. — Herr Franz Küster daselbst. >I. 1518^.<br />

5, Fenersteinbeil 10 Cm. t. 5' Moltkcstraße hier. >I. l'">24.j<br />

l;. Angelhaken von Knochen 11 Cm. l. ^ Reddies bei<br />

Zuckers Kr. Bütow, 14 F. l. im Mergel. — Herr Major v. Stehl<br />

zn Stolp durch Herrn v. Home ver daselbst. ^I. 1511.^<br />

7. Perle aus Knochen. 1^ Logengarten hier. — Herr Pro-<br />

fessor Hering hier. ^I. 1513.^<br />

1^. Urnen und Nrnenscherben nebst Beigaben.<br />

8. ii. Urne 2^ Cm. h., gedrungen banchig, mit kurzem Hals;<br />

>). Gesichtsurne 15 Cm. h. von derselben Form wie li. Un-<br />

mittelbar am Rande die Ohren und die Nase, neben welcher,<br />

sie berührend, zwei kleine Eindrücke, welche die Angen darzustellen<br />

scheinen. Beigabe: kleiner broncener Fingerring (defekt).<br />

1^ Feldmark Schwichow-Kr. Lanenbnrg in Gräbern. — Herr<br />

v. Nerin anf Woedtke Kreis Laueuburg. j^F. 1490.^<br />

'^). a. Kleine Urne der Vroncezeit 7 Cm h. ; d. 4 Urnen^<br />

sch erben, darunter eine mit Henkel. 1^ Flatow in Westprenßcn.<br />

II. 1^)4.^,<br />

1^. :i. Zwei dickwandige Scherben einer großen Mützennrne,


Bericht. 129<br />

eine vom Halse, die andere vom gefalzten Deckel mit kreisförmig<br />

gestellten Nageleindrücken; d. eine kleine tasfen form ig e Urne<br />

mit Henkel, 5 Cm. Durchmesser. ^ Garrin bei Colberg, in<br />

einem Steinkistengrabe. ^I. 1527.)<br />

N. 3.. 5) Urnenscherben, darunter eine durchlöcherte; d. 14 Feuer»<br />

steinsplitter; e. ein schleifsteinartig bearbeitetes Stückchen<br />

Sandstein. ^ Prettmiu bei Colberg. jI. 1529.)<br />

12. Urnenscherben. V' Kauzenberg bei Colberg. ^I. 1532).<br />

13. u. Urnen scherben; d. Knochen und Zähne vom Eber;<br />

o. silberner massiver Schläfering, 15 Mm. Durchmesser.<br />

(Taf.) ^. Altstadt bei Colberg. sI. 1528.)<br />

No. 9—13 überreicht von Herrn Gymnasialzeichenlehrer Meier in<br />

Colberg.<br />

14. Dicke Urnenscherben ohne Ornamente. I" Wintershagen<br />

bei Stolpmünde von Urnen, die in Gruppen von 3—4 Stüä<br />

neben einander gestanden uud beim Bau der Eisenbahn 1877<br />

bloßgelegt wurden. — Herr v. Homeyer in Stolp. ^I. 1421.)<br />

15. Sechs rothgebrannte Urnenscherben. ^ Oberförsterei Klütz,<br />

aus einem Steinkistengrabhügel. (S. o. S. 117). — Herr Kuorru.<br />

II. 1522.)<br />

16. ^. Urne mit Schnurverzieruugen. 1^ Gegend von Lauen:<br />

bürg ^I. 1585); d. fünf Bauchurnen, eine gehenkelt, eine<br />

mit je zwei Knöpfen statt der Henkel; o. Mützenurue, schwarz,<br />

11,5 Cm. h., 12 Cm. Bauchdurchmesser; ä. Hals eiucr Gesichtsurne,<br />

16 Cm. h., schwarz, geglättet, Nase, 2 Ohren (von<br />

denen eins abgebrochen), 2 Augen (Mund fehlt), am unteren Halse<br />

die Zeichnung zweier Nadeln uud eines Vierfüßlers,<br />

wie es scheint, eines Pferdes (Taf. II, 1); 6. Ohr einer Gesichtsurne<br />

mit zwei Bronceriugen, von denen einer eine blaue<br />

Perle von Glas, der andere eine solche von Bronce trägt;<br />

s. verschiedene Bruchstücke vou kleinen Bronceriugen, ciue<br />

Spirale und Blech von Vrouce. 1? Zwischen Laueuburg<br />

uud Wiercschutschin, beim Chausscebau. — Die Kreisstäude,<br />

durch Herrn Landrath v. Vonin. sI. 1527.)<br />

(I Broncesacheu.<br />

17. Unteres Stück eiues Schwertes, 30 Cm. l. ^ Damerow,<br />

Kreis Cöslin. 1870 beim Auswerfen eines Grabens in der Königlichen<br />

Forst bei Wieck, zusammen mit zwei anderen Schwertern<br />

und dem oberen Stück von diesem, alle drei Schwerter senkrecht<br />

stehend, welche Sachen zuletzt der 1879 verstorbene G. F. M. Gras<br />

v. Noon besessen. — Herr Lehrer Nenmann in Damerow.


130 Bericht.<br />

18. u. Nadel. 9 Cm. l., mit gewelltem Halse; d. Ring, 2,5 Cm. im<br />

Durchmesser, flach, gegossen; c. Messer, geschweift, mit Spiralgriff<br />

(Vgl. Fr. Franc. XVIII, 6; Montelins ^nt. 8u6cl. 191).<br />

1^ Langkavel bei Naugard 1877 in verschiedenen Urnen eines<br />

15 Quadratruthen großen Urnenfeldes. — Herr Agent Dämelow<br />

in Bredow. U. 1490.)<br />

19. Brillenfibel, 10 Cm. l. ^ Vutzke bei Belgard (in einem<br />

Grabhügel?). — Herr Rektor I)r. Petersdorff in Pr. Friedland.<br />

V. 1531.)<br />

20. Fingerring aus Draht, dazu zwei Spindelsteine, der eine<br />

von Bernstein. ^ Cublitz bei Stolp 2'^ F. tief in Urnen gefunden.<br />

— Herr G. R. Meyer ^uu. in Stolp. U. 1523.)<br />

21. Zwei Tu tu li. ^ Hohenwalde bei Landsberg. — Herr Di'.<br />

Voß in Berlin. sI. 1577.^<br />

v. Goldsachen.<br />

22. Armband, 140 Gr. schwer. ^ Lauenburg am 5. Mai 1879<br />

auf dem bis dahin wüst gelegeneu Theile des Schützeuplatzes bei<br />

Anlegung eines Weges 1 Met. tief ohne Umhüllung. Die Schlußstücke<br />

der Spange schloffen fest an einander, wurden aber von<br />

einem Arbeiter gelöst, wobei etwas Sand herausfiel. — Gekaust.<br />

lI- 1584.)<br />

23. Armband, 34 Gr. schwer. Gefunden zwischen 1839 nnd 1847<br />

in einem abgetragenen heidnischen Kegelgrabhügel, welcher Steingerölle,<br />

Scherben nnd Metallstücke enthielt, zu Sch Wichtenberg<br />

bei Demmin. — Herr Gerichtsrath Lad ewig in Greifswald.<br />

II. 1591.)<br />

(Vgl. die in natürlicher Größe gegebenen Abbildungen beider Stücke<br />

auf der Tafel I).<br />

v. Römische Funde.<br />

24. Denar aus der Zeit der Republik Vai'Fuut^a.. As: N.<br />

Vai-F. (Monogramm), Kopf der Roma mit geflügeltem Helm, davor<br />

X. Rs: lionaa. Jupiter mit Palme und Blitz in einer im<br />

Schritt fahrenden Quadriga. ^ Bullen wiukel bei Colberg,<br />

1857/58 beim Eisenbahnbau auf Knops Amberg gefunden. II. 1582.1<br />

25. Denar des Kaisers Antoninus v. I. 138. As: Imp 'I'<br />

^.ei On.63 Ha6i'i ^utouiuus um den Kopf des Kaisers. Rs:<br />

^U3 I>iu3 ^ N ^ ? 008 068 II Weibliche Figur mit Wage<br />

und Füllhorn. I? Je stin bei Colberg, in einer Sandgrnbe 1865.<br />

V. 1583.)<br />

26. u. Sechzehn Bruchstücke vou Brouceschmucksachen, darunter<br />

drei Bügel vou sogenannten Wendenfibeln; d. Hänge-


Bericht. 131<br />

tu ans (Riemenzunge) von Bronze;


132 Bericht.<br />

südöstlich des Pfahlbaus (vgl. 89. Jahresbericht III, S. 52).<br />

— Herr Hauptmann Berg haus inStargard. sI. 1385.1*).<br />

33. Eisen: 16 Pfeilspitzen, eine Sichel, zwei Sporen, zwei<br />

Schnallen, ein Nagel, ein Steigbügel, halbes Hufeisen,<br />

drei unerkennbare Gegenstände, l" Ebenda. — Derselbe.<br />

III. Münzen, Siegel, Medaillen.<br />

34. Kursächsisches '/24 Thalerstück v. I. 1689. — Herr Marine-<br />

Ingenieur Pelzsch. U- 1497.)<br />

35. Vracteat von Demmin. Gekauft. ^I. 1498).<br />

36. li. Ratzeburger Doppelschilling des Bischofs Angnst von<br />

Braunschweig v. I. 1619; d. dänisches Zweiskillingstück<br />

Christians IV.; c. Schanmburger Schilling des Grafen<br />

Ernst v. I. 1619. ^ Zinnowitz anf Usedom. — Herr Bernsteinarbeiter<br />

Saldsieden daselbst. lI. 1500.)<br />

37. Groschen Joachims I., 1517, Stendal. ^ Uchtenhagen. —<br />

Herr Rittergutsbesitzer Kolbe daselbst. sI. 1501.)<br />

38. Lübischer Dreiling 1747. — Herr Bnchbindermeister Weicht<br />

hier. sI. 1506.)<br />

39. Schilling des Hochmeisters Michael (1414—1422). ^<br />

Schwetz. — Herr Amtsrichter Mag un na daselbst. W. 1507.)<br />

40. ll. Brandenburgisches Zweigroschen stück; b. Französi«<br />

sches Kupferstück ^ve Naii


Bericht. 133<br />

47. '/,5 Ncichsthaler Friedrichs III. v. Holstein v. I. 1623.<br />

— Herr Gerichtsrath Lad ewig in Greifswald. ^I. 1592.)<br />

48. Oblatenabdruck eines Siegels v. Stettin 1660. — Herr<br />

Görs hier. sI. 1435.)<br />

4'.). Westfälischer Coupon über 100 Franken v. I. 1813. — Herr<br />

Kaufmann Berendes hier. II. 1536.)<br />

50. Zwei Siegelabdrücke der adlichen Familie v. Lentze aus dem<br />

16. Jahrh. — ^ des Stempels Alt-Storkow bei Nörenberg.<br />

— Herr Knappe in Alt-Storkow. ^I. 1516.)<br />

51. Grünes Wachsfiegel in einer Blechkapsel 6. Okpiwii ('umi-<br />

U6N8Ì8 3.ä CNU8li8, Christus, zu beiden Seiten knieende Heilige, in<br />

einem gothischen Bau. —Herr KämmererP rüst in Colberg, V. 1502.)<br />

52. a. Drei Vierchen von Stargard; d. Viercheu von Prenz-»<br />

lau; e. Vierchen von Pyritz; ci. Bracteat von Greifswald;<br />

6. herzoglich pommerscher Bracteat; k. unbestimmter<br />

Vracteat; F. drei Vierchen von Stettin. — Herr Oberlehrer<br />

Günzel in Anclam. II. 1580.^<br />

53. Neun colbergische Papiéruothmü uzen von 1807. — Herr<br />

Kämmerer Prüft in Colberg. sI. 1578.)<br />

54. Zwölf Thaler des Fundes vou Nackitt (vgl. oben S. 122),<br />

davon Nr. 7 Geschenk des Herrn Rittergutsbesitzers Neh ring<br />

auf Rackitt, die übrigeu elf Geschenk der Stände des Kreises<br />

Pyritz. II. 1587 und 1599.)<br />

55. .^. Giberne Medaille der Stadt Eisleben auf Luther v. I.<br />

1661-, d. kursächsischer VicariatZthaler Georgs II. v. I-<br />

1657 (Madai 538); o. kursächsischcr Reformationsjubel<br />

thaler GeorgsI. v. I. 1630 (Madai 533). — Gekauft. ^I. 1594.)<br />

56. Vier Photographien vou Medaillen, auf a. Anna Maria,<br />

Gemahlin Barnims XII.,- d. Ernst Bogislav v. Croy; c. Anna<br />

v. Croy (Sterbemedaille, wilder Manu); ä. Anna v. Croy<br />

(Sterbemedaille, Brustbild). — Herr Dr. mscl. Starck iu Demmiu.<br />

l3. 1595.)<br />

57. ll. Denar des römischen Kaisers Elagabalus v. I. 220<br />

(^duuälmti^ ^UF.) ; d. Denardes römischen Kaisers Postu -<br />

mus (I^iä^L miliwm). — Primaner Mauasse. N 1539.)<br />

58. :i. Doppelschilling Bogislavs XIV., Jahr verwischt; d. drei<br />

pommersche Pfennige, einer v. I. 1581; c. zwei Pfennig»<br />

stücke, deren eine große Zahl beim Hafenbau iu Stralfund gefunden<br />

aber noch nicht bestimmt sind (auch im Kgl. Müuzkabiuet<br />

iu Verliu unbekannt. — Herr Gymnasiallehrer Manke. ^I. 1590.j<br />

59. Zweiundzwauzig Thalerstücke nebst der Kupferbüchse, iu der<br />

sie gefunden. I? Briefen bei Schivelbem. Gekauft, sI. 1606)<br />

(S. d. Verzeichniß oben S. 125).


134 Bericht.<br />

IV. Verschiedenes.<br />

60. Vier photographische Bilder: ^. Arcona; d. Kirche von<br />

Altenkirchen- o. der Swantewitstein von Altenkirchen-<br />

I. 15)93.^<br />

Die werthvolle Sammlung des Herrn Major Kasiski<br />

in Neustettin, von der wir in den Balt. Stud. XXVIII,<br />

S. 580 gesprochen haben, ist im Sommer v. I. dem Königl.<br />

Musenm in Berlin einverleibt, ein kleiner Rest desselben von<br />

dem Hohen Cnltnsministerium unseren Sammlungen überlassen<br />

worden. Wir heben aus denselben nur hervor einige eiserne<br />

Fibeln, Messer, Gürtelhaken aus den Brandgräbern<br />

bei den Mühlen von Persanzig und einige Gabelftfähle<br />

nebst einem <strong>für</strong> Wellcnornamentik bearbeiteten Knochen<br />

aus den wendischeu Pfahlbauten im Persanzigsec.


Tafel I.<br />

1. Ring von Laucnburg S. 113, Beil. Nr. 22.<br />

2. Ring von Schwichtenberg S. 113, Beil. Nr. 23.<br />

Tafel II.<br />

1 lr u. Id. Gesichtsurne von Wiercschntschin bei Lanenburg S. 113,<br />

Beil. Nr. 16.<br />

2. Gesichtsnrne von Kreitzig bei Ncustettin, Balt. Stnd. XXIX, S. 120,<br />

3. Bernsteinbreloqne des römischen Fnndes von Vutzke bei Belgard<br />

S. 114.<br />

-1. Schlagring von Altstadt Colberg S. 114, Beil. Nr. 13 c.<br />

Tafel III.<br />

l u. 2. Mittelalterlicher Fnnd von Vorntuchen bei Bukow S. 116,<br />

Beil. Nr. 25.


Berichtigung.<br />

S. 131 unter No. 28 ist statt Buckow zu leseu Biitow, ebenso<br />

auf der Beschreibung der Tafeln unter Nr. lll.


Nun! von<br />

>


Diese Zeitschrift erscheint in Nierteljahrsheften nnd kostet<br />

im Buchhandel 4,50 Mark der Jahrgang. Aeltere Jahrgänge<br />

bis XX. incl. werden mit Ausnahme von I, II, XII 2, XX11,<br />

welche vergriffen sind, zu herabgesetzten Preisen, der Jahrgang<br />

zu 1,50 Mark, verkauft, und sind zu beziehen durch den<br />

Hauptlehrer Rusch hier, Iohannishof 1—2.<br />

Die geehrten Mitglieder ersuchen wir, ihre Geldsen-<br />

dungen nicht au die <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Ponim. Gesch. ?e., son-<br />

dern an den Oberlehrer Di'. Kühne, Hohenz ollern-<br />

st raß e 8, alle anderen Zusendungen und Correspondenzen all<br />

den Professor Lemcke, Königsplah 12, adressiren zu wollen.<br />

Im Verlage von H. Dallucllberg in Stettin ist erschie-<br />

nen und durch jede Buchhandlung zu beziehen:<br />

Die Königin Luise in Pommern, von<br />

I)i-. Blasendorff, Oberlehrer am Gymnasium zu Pyritz.<br />

Preis 1 Mark.<br />

Der Ertrag der Schrift ist bestimmt <strong>für</strong> die Waisenkasse<br />

der Lehrer an den höheren Schulen Pommerns.


Diejenigen Mitglieder, welche im Besitz älterer Jahrgänge, besonders l., II., XII. 2, XXl. 1, XXIV.<br />

u„d XXVIII. der Valt. Studien sind und kein besonderes Interesse an denselben haben, werden hoflichst<br />

ersucht, sie entweder gratis oder gegen einen zu verabredenden Preis der <strong>Gesellschaft</strong> zu überlassen.<br />

Der Vorstand.


Inhalts - Verzeichnis<br />

v. Bülow: Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> des Staatsministers<br />

Paul von Fuchs 137—156<br />

Director Lehmann: Chronologisches zu den Missionsreisen<br />

Bischofs Otto von Bamberg 159—168<br />

Dr. Schlegel: Achter Brief Philipp hainhofers aus<br />

Augsburg an Herzog Philipp von Pommern 1610 169—183<br />

Graf v. Krassow: Fund im Torfmoor bei Gingst . . 184-186<br />

Recept <strong>für</strong> ubermeßige Augenhitze 186<br />

Rob. Hasenjäger: Bruchstück eines mittelniederdeutschen<br />

Menologiums 187—202<br />

v. Bülow: Ulrich von Dewitz verlehnt 2^2 Hufe in<br />

Vraunsfort, IV2 Käthen Wurth und den vierten<br />

Theil des Kruges daselbst an Lubbeke v. Köthen. 203—206<br />

Derselbe: Einauartierungskosten zu Greifenberg 1675. . 207—209<br />

Derselbe: Ein Jagdschein vom Jahre 1547 210<br />

Derselbe: S. Jacobs Hühner 211-213<br />

Derselbe: Severin Frederici aus Arnswalde übergiebt der<br />

Lucie Rulows in Stettin sein hausgeräth zur Aufbewahrung<br />

214—216


Beiträge zur <strong>Geschichte</strong><br />

des Staatsmimsters Paul von Fuchs.<br />

Von Staatsarchivar Dr. von Bülow.<br />

Das öffentliche Wirken und namentlich die staatsmännischc<br />

Thätigkeit des stettincr Stadtkindes, späteren Ministers nnd<br />

gewandten Gehülfen beim Ausbau des brandenburg-preußischen<br />

Staates, des Frciherrn Paul von Fuchs, ist wiederholt ein-<br />

gehend geschildert worden; aber selbst wenn es an solcher Dar-<br />

stellung noch mangelte, so müßte ich doch darauf verzichten, sie<br />

zu geben, weil das dazu nöthige Material nur hier nicht zu<br />

Gebote steht. Es mag genügen, ans die letzte größere Schrift<br />

über Fuchs zu verweisen, ^) sowie auf Rankes Genesis des<br />

preußischen Staates und Droysens preußische Politik.<br />

Mit seinem engeren Vaterlande, speciell mit seiner Vater-<br />

stadt, scheint Fuchs, nachdem er ihr einmal den Rücken gewandt,<br />

lange gar keine Beziehungen gehabt zu haben; erst seine zweite<br />

Heirath knüpfte das Band mit der Heimath wieder, doch ohne<br />

ihn derselben persönlich näher Zu bringen, bis er kurz vor dem<br />

Ende seiner Wirksamkeit an Stelle des am 14. October 1702<br />

verstorbenen Geheimen Raths Georg Laurenz von Krokow zum<br />

Canzler des Herzogthums Hinterpommcrn ernannt wurde. Das<br />

Schreiben, in welchem König Friedrick I. diese Ernennuug der<br />

i) F. v. Salpins, Paul von Fnchs, ein braudeuburg-preußischer<br />

Staatsmann vor zweihundert Jahren. Leipzig, Duncker und Humblot,<br />

1877. Vgl. auch den betr. Artikel in der Allg. Teutschen Biographie<br />

von Prof. Th. Hirsch.<br />

9


138 Paul von Fuchs.<br />

pommerschen Regierung in Stargard anzeigte, datirt vom<br />

27. Januar 1703 und lautet:^<br />

Von Gottes Gnaden Friderich, König 3c.<br />

Unsern gnädigen Grus zuvor, würdige undt veste Räthe,<br />

liebe, getreue. Weiln wir befunden, daß die Nothwendigkeit erfordern,<br />

die durch Absterben weylandt unsers Würcklich-Geheimbten<br />

Raths, des von Crokau, vacirende Cantzlerstelle im<br />

Hertzogthumb Hinterpommern durch eiu tüchtiges undt qualificirtes<br />

Subjeetum wieder zu ersetzen, so haben wir darzu unsern<br />

Würcklich-Geheimbten Etats- undt Krigsrath ?c. den Freyherrn<br />

von Fuchs, dessen Trewe uudt ungemeine Capacitai uns von<br />

so vielen Jahren her bekandt, allergnädigst ernant, nnd demselben<br />

obgedachtes Cancellariat zu einiger Ergchung vor die<br />

große und ersprisliche Dienste, so uus und unserm königl. Hause<br />

derselbe geleistet, in Gnaden zulegen wollen. Wir befehlen<br />

euch demnach hiermit allergnädigft, erwehnetcn Freyherrn<br />

von Fuchs vor unsern Cantzler zu erkennen undt anzunehmen<br />

und ihme alles dasjenige, was der verstorbene von Crockau<br />

als Cantzler sowohl an ordinairen Gehalt als Sftortuln gehabt,<br />

völlig reichen und zukommen zu laßen. Aldieweilen wir aber<br />

seiner Dienste bei unsere? hohen Persohn Vonnöthen haben,<br />

undt er also dorthin nicht? persöhnlich zugegen sein kan, so hat<br />

derselbe sich erbothen wegen seiner Abwesenheit mit unserer<br />

allergnädigsten Approbation solche Anstalt zu machen, daß deshalb<br />

in unsern und des Laudes Diensten nichts verabsäumet<br />

werden solle, allermaßen solches vorhin zu den Zeiten des<br />

von Somnitz und des von Crockau, wan dieselbe in nnsern<br />

Diensten abwesendt gewesen, anch also beobachtet worden. Seind<br />

euch mit Gnaden gewogen.<br />

Geben zu Potstam d. 27. Iau. 1703.<br />

Friederich.<br />

Gr. v. Wartenberg.<br />

Dies Rescriftt gelangte am 1. Februar an die Regierung<br />

nach Stargard, zugleich mit einem sehr verbindlichen eigen-<br />

Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I. Tit. 80. Nr. 371.


Von Dr. v. Vülow. 139<br />

händigen Begrüßungsschreiben von Fuchs an seine nunmehrigen<br />

Collegen, ^) worin er sagt, daß er zwar wohl Ursache gehabt,<br />

wegen seiner anderen obhabenden vielen und schweren Verrichtungen<br />

diese neue Last zu depreciren, doch habe er sich verbunden<br />

erachtet, auch zu Dienst seines werthen Vaterlandes<br />

einen Theil seiner noch übrigen Kräfte und Lebenszeit<br />

aufzuopfern. „Die größeste Vergnüguuge, fo ich hiebey empfinde,<br />

ist, daß ich in ein Collegium zu tretten die Ehre<br />

habe, worinnen so viele vornehme und mit großen Qualitäten<br />

begabete Leuthe sitzen, von welchen ich mir alles getreuen Beystandes<br />

zue unsers großen Königes und des Landes Bestem<br />

und Aufnehmen verfehe, und welchen ich hingegen hiemit aufrichtig<br />

angelobe, daß ich eine meiner <strong>für</strong>nembsten Obliegenheiten<br />

achten werde, meinen hochgeehrten Herren sambt und sonders<br />

gefällige Dienste zu leisthen, des Collegii Lustre und Aufnehmen<br />

zu suchen und mit einer recht pommerschen Aufrichtigkeit<br />

zu erweisen, daß ich binn<br />

Meiner hochgeehrten Herren<br />

und werthesten Collegen<br />

dienstergebenster Diener<br />

Berlin P F v Fuchs,<br />

den 30. Jan. 1703.<br />

Es mag sein, daß Fuchs von den Ständen des Herzogthums<br />

Hinterpommern und Camin, denen er durch eine interessante<br />

kur<strong>für</strong>stliche Resolution vom ^ ^ 1693 und in derselben<br />

durch eingehende Behandlung der Einzelnheiten der Landesverwaltung<br />

näher getreten war^), zu dieser Stelle vom<br />

Könige erbeten worden; eine bloße Ehrensinecure, wie man<br />

nach dem königlichen Rescript glauben könnte, war dieselbe<br />

indessen nicht, denn neben der Einführung der höheren Beamten<br />

in ihr Amt hatte der Canzler außer der Leitung der Geschäfte<br />

2) Es waren dies die Räthe von Carnitz, Non Vraunschweig,<br />

von Somnitz, von Wobeser, von CorZwandt und von Schröder. Außerdem<br />

gehörten noch der Archivar, zwei Secretaire nnd zwei Canzlisten<br />

zur Regierung.<br />

4) v. Salpius a. a. O. Seite 118 ff.


140 Paul von Fuchs.<br />

in Abwesenheit des Präsidenten namentlich die Kammerverwaltung<br />

und die Inspection über die verschiedenen Gerichtshöfe<br />

zu führen. Daß Fuchs am wenigsten sein Amt als Sinecure<br />

ansah, sondern auch hier den Details seine besondere Aufmerksamkeit<br />

zuwandte, wird sogleich an einigen Beispielen gezeigt<br />

werden. Drei Jahre vor seiner Ernennung zum Canzler<br />

hatte Fuchs in Stargard die Erbhuldigung der hinterpommerschen<br />

Stände entgegengenommen, seine dabei am 9./19. Oetbr.<br />

1699 an die Ritterschaft und die städtischen Behörden gehaltenen<br />

Reden nebst Einigem über das dabei beobachtete Ceremoniell<br />

befinden sich in der Löperschen Bibliothek.<br />

Am 6. Juni 1703 gegen Abend kam nach den Aufzeichnungen<br />

des Archivars, Pfalzgrafen Imanuel Wendtlandt<br />

in dem oben citirten Aetenstück des Staatsarchivs der neue<br />

Canzler Zum ersten Mal nach Stargard, um den Sitzungen<br />

des Landtags beizuwohnen, und ließ sich dabei das Regierungseollegium<br />

vorstellen. Indem er in seiner Anrede an dasselbe<br />

wiederholte, daß er seiner andern Geschäfte wegen um die<br />

Person des Königs, „allwo die Quelle undt der Uhrsprung<br />

der Wohlfahrt des gantzen Vaterlandes", fein müsse, sprach er<br />

doch die Hoffnung aus, vielleicht grade dadurch den: Lande<br />

nützlich fein zu können. Ein Freund ständischen Wesens war<br />

der neue Canzler übrigens nicht, vielmehr war es sein Bestreben,<br />

dasselbe niederzuhalten und dagegen die <strong>für</strong>stliche Macht<br />

zu heben. In der äußeren Politik konnte er keinen besseren<br />

Lehrer als den großen Kur<strong>für</strong>sten gehabt haben, der ihn stufen^<br />

weise von kleineren zu wichtigeren Aufgaben führte. Fuchs<br />

hat denn auch sich des <strong>für</strong>stlichen Lehrers würdig gezeigt;<br />

namentlich bei der Annahme der Königswürde durch Friedrich III.<br />

verwarf er den Gedanken einer Crcation durch den Kaiser<br />

durchaus und rieth unter allen Umständen nur die kaiserliche<br />

Anerkennung zu begehren, denn König werden könne der Kur<strong>für</strong>st<br />

wohl auch ohne den Kaiser.<br />

Auf die obige Anrede erwiderte der geheime Regicrungsrath<br />

von Carnitz im Namen des Collegiums höflich, daß über<br />

die Ernennung des Herrn Canzlers allgemeine Freude ge-


Von Dr. v. Vülow, 141<br />

Wesen, und daß Alles gethan werden solle, um auch in der<br />

Abwesenheit desselben die Regierungsgcschäste sorgfältig und<br />

nach eines jeden Pflicht abzuthun. Die Vorstellung war nach<br />

einer Randbemerkung Wendtlandts so vor sich gegangen, daß,<br />

„wie des H. Geh. Raths undt Cantzlers ?e. von Fuchs freyherrl.<br />

Excell. in die Regierung gekommen, hatt dieselbe das 00II6filini<br />

i-oAÌm. vor der Thür der Audiencestube, nach Westen<br />

hin, in einer langen Reihe empfangen, undt ist darauff vorstehende<br />

Anrede in der Audieneestnbe bey dehm Tische geschehen".<br />

Bei dieser persönlichen Anwesenheit that Fuchs auch einen<br />

Einblick in die Einzelheiten der Geschäftsführung der Regierung,<br />

und es ist charakteristisch <strong>für</strong> einen Mann von so eisernem<br />

Fleiß, daß er auch von Anderen Rührigkeit forderte. So schrieb<br />

er im November 1703 an den Geheimcnrath von Earnitz^):<br />

„daß die königliche Regierung dahin sehen möchte, daß die<br />

Dinge, so abzuthun und zu verabscheiden sind, alle Woche von<br />

der Taffel kähmen, nnd das in einer Woche ein Collegialtag<br />

gehalten werden möchte". Die Regierung nahm dies an und<br />

bestimmte, wenn nicht sonst schon in der Woche frequente Sitzung<br />

gewesen wäre, so solle alle Sonnabende ,,3^8(iuo oonvoc^tione"<br />

eine solche gehalten werden, die des Morgens Glock 10 präcise<br />

angehen müsse ^).<br />

Auch der Archivar Wendtlandt erhielt unter dem 26. Januar<br />

1704 eine Erinnerung wegen zu hoch erhobener Expeditionsgebühren<br />

; es soll „vor Mundirung einer Relation, da dieselbe<br />

ausgelöset werden muß, wann nicht weitläufftige oo^i^o dabey<br />

seyn, mehr nicht alß 8 ggr. genommen, die ox oNoio ab-<br />

5) Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I. Tit. 80. Nr. 377.<br />

6) Diese Ordnung war nicht von langem Bestand, denn in der<br />

Sitzung des 21. October 1704 erklärt v. Carnitz, „das es itzo schon<br />

halb 11 wäre, nnd Niemandt als Herr Negierungsrath von Corswandt<br />

verHanden; damit aber knnfftig guthe Ordnung gehalten würde, folte<br />

alle Wochen des Freytags nnd zwar des Morgends Glock 9 der Col-<br />

legialtag gehalten werden". Diese Aenderung stieß aber auf Wider-<br />

stand, bis im folgenden Jahr die fünf Räthe der Regierung sich dahin<br />

einigten, daß Jeder einen bestimmten Tag der Woche auf der Negie-<br />

rung erscheinen, am Freitag aber allgemeine Sitzung sein solle.


142 Paul von Fuchs.<br />

gehende Sachen, in gpseio Kirchencollecten bald ausgefertiget<br />

werden, wesfals mein hochgeehrter Herr Rath den Tag, an<br />

welchem das Concept gemachet, dabey notiren kan. Dann wird<br />

auch dahin zu sehen seyn, daß alles nach der Expedition soforth<br />

zur Registratur gegeben und nichts verschoben werde". In<br />

demselben Schreiben empfiehlt er auch Vorsicht bei Benutzung<br />

des Archivs, und wenn auch heute glücklicherweise eine freiere<br />

Praxis herrscht, so darf es doch <strong>für</strong> jene Zeit nicht befremden,<br />

daß Fuchs vorschlägt, es solle gar kein Sollicitant ins Archiv<br />

gelassen, vor der Thür desselben aber eine Oeffnung oder Klappe<br />

angebracht werden, um den Verkehr mit der Außenwelt zu<br />

vermitteln?).<br />

Als Fuchs mit dem Kanzleramt <strong>für</strong> Hinterpommern und<br />

Camin betraut ward, stand er im Anfang seines 64. Lebensjahres;<br />

es war ihm nicht lange mehr beschieden, thätig zu<br />

sein, da die großen Anstrengungen, denen er sich im Dienste<br />

des Königs und des Staates unterzog, seine Kräfte frühzeitig<br />

erschöpft hatten. Am 11. August 1704 liefen zwei Schreiben<br />

bei der königlichen Regierung in Stargard ein, in denen die<br />

Wittwe und der Sohn den am 7. d. M. auf seinem Gute<br />

Malchow bei Berlin erfolgten Tod des verdienten Staatsmannes<br />

anzeigten. Das erstere lautet^):<br />

Hochwohl- und wohlgebohrne Herrn geheimbte und Regierungsräthe,<br />

insonders hochgeehrte Herren!<br />

Es hat dem Höchsten gefallen nach seinem unerforschlichen<br />

Rath, Ihrer Königl. May" Würcklichen Geheimten Estats- und<br />

Kriegesrath, Lehnsaii-ectoi-Oin, Cantzler im Herzogthumb Hinterpommern<br />

und Fürstenthumb Cammin, auch Consistorialpraesi-<br />

') Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I. Tit. 80. Nr. 380.<br />

Auch den Rechtsanwälten sollten entstandener Unordnung wegen die<br />

Acten nicht mehr ertradirt werden- sie dürfen dieselben auf der Regierung<br />

einsehen und haben das Weitere zn Hause zu besorgen.<br />

8) Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. 1^. I. Tit. 80. Nr. 371.<br />

In Stargard wurde das <strong>für</strong> solchen Fall übliche Ehrengeläute und<br />

die Danksagung von den Canzeln <strong>für</strong> den folgenden Souutag angeordnet.


Von Di-, v. Vülow. 143<br />

denten Paul Freyherrn von Fuchs ;e., meinen im Leben gewesenen<br />

lieben Eheherrn am 5. dieses Monathes allhier mit<br />

einem plötzlichen Zufall und Schlagstuß zu belegen und darauf<br />

deu 7. aus dieser Zeitlichkeit in die seelige Ewigkeit zu versetzen.<br />

Wie schmertzlich mir dieser unvermuthete Hintritt sey,<br />

kan ich mit der Feder nicht ausdrücken, zweifle dabey nicht, es<br />

werden meine hochgeehrte Herren nach der zu meinem seel.<br />

Eheherren getragenen Affection über diesen großen Verlust ein<br />

hcrtzliches Mitleiden mit mir haben und das Gedächtnüs des<br />

seelig Verstorbenen bey ihnen laßen im Scegen seyn, wie ich<br />

dagegen den großen Gott bitte, daß derfelbige meine hochgeehrte<br />

Herren samt und sonders <strong>für</strong> alle Trauer- und Unglücksfälle<br />

lange Zeith bewahren und diefelbe nebst dero werthen Familien<br />

bey beständigen Vergnügen erhalthen wolle. Ich verbleibe<br />

Meiner hochgeehrten Herren, Geheimten<br />

und Regierungsräthen<br />

Malchau, dienstwligste (!) Dienerin<br />

d. 8. Aug. Louise verwittibte<br />

1704. Freyfrau von Fuchs.<br />

Ueber die Familienverhältnisse des Canzlers, seine und<br />

seiner Frau Verwandte, meint man grade in Stettin reichliches<br />

Material finden zu können, uud doch habe ich mich iu dieser<br />

Erwartung bisher getäuscht gesehen. Die zahlreichen Leichenpredigten<br />

des 17. Jahrhunderts, die handfchriftlichen genealogifchen<br />

Sammlungen, die sich hier finden uud über fo viele<br />

pommersche und namentlich stettiner Familien schon oft die gewünschte<br />

Auskunst gegeben haben, enthalten wenig über die in<br />

mehreren Generationen in Stettin blühende Familie Fuchs;<br />

und wenn man auch die Namen mehrerer Mitglieder derselben<br />

kennt, so fehlt doch der genealogische Zusammenhang. Das<br />

Gleiche gilt von der unter dem Namen vita6 ^oinoi-Hnornni<br />

bekannten ähnlichen Sammlung in Greifswald.<br />

Der Canzler ist aus einer stettiner Apotheker- und Kaufmannsfamilie<br />

hervorgegangen, deren ältestes bisher bekanntes<br />

Mitglied der Apotheker Benedict Fuchs ist, welchem der Rath


144 Panl von Fuchs.<br />

von Stettin am 28. Juli 1545 gegen Zahlung von sieben<br />

Gulden jährlich <strong>für</strong> seine am Heumarkt gelegene Apotheke ^)<br />

das Privilegium cnheilte, daß abgesehen von den f<br />

Apotheken neben seiner nnd des Claus Stellmacher Ofsiein<br />

keine andre städtische Apotheke in der Stadt errichtet werden<br />

sollte. Venedict Fuchs starb am 26. Februar 1584. Ein<br />

Verwandter gleichen Vornamens, muthmaßlich sein Sohn, wurde<br />

1586 iu den Rath gekoren nnd war 1612 Abgeordneter der<br />

Stadt bei dem Vertrag mit Herzog Philipp II. über das<br />

städtische Patronat, das Stadtgericht, die Oderschifffahrt :e.<br />

Vermnthlich ist er derselbe Benedict Fuchs, welcher 1588 und<br />

1601 in städtischen Steuerregistern als Besitzer eines Hauses<br />

iu der Mühleustraße genannt wird. Im erstgenannten Jahre<br />

hatte er von demselben ^/2 Gulden Landsteuer, im letzteren<br />

2 Gnlden 16 Gr. nicht näher bezeichnete Stener zn zahlen.'")<br />

Das väterliche Geschäft als Apotheker scheint aber Venedict<br />

nicht betrieben zu haben, denn es figurirt in den eben angeführteu<br />

Steuerlisten ein Matthias Fuchs als Besitzer des<br />

Hauses am Henmarkt, von welchem er 1588 ^/2 Gulden, 1620<br />

einen ganzen Gnlden Landstener und 1623 ebensoviel an Kreissteuer<br />

entrichtete. Dieser Matthias Fuchs (gest. 1617) nahm<br />

übrigens als Deputirtcr der Schoppen ebenfalls Theil an den<br />

erwähnten Verhandlungeu mit Herzog Philipp II. Iu seiner<br />

Jugend hatte er Gelegenheit gehabt, die Welt zn sehen, er<br />

war mit dem kaiserlichen Orator Friedrich Vrann als Apotheker<br />

nach Konstantinoftel gegangen, hatte die griechischen Inseln<br />

besucht uud iu einem Itinoi'I.riuin ^oiiätaiitinopolitaniim<br />

diese Reise beschrieben.") Ein Hermann Fuchs steuerte 1601<br />

9) Diese Apotheke, die jetzige Löwenapotheke, besteht bekanntlich<br />

noch gegenwärtig in dem ursprünglichen Hanse nnd das Original des<br />

erwähnten Privilegiums ist im Besitz des gegenwärtigen Besitzers,<br />

Dr. Papst. Ich benutze diese Gelegenheit, um ans die architektonisch<br />

schönen Gewölbe nnd eine schön gewundene Säule im Hintergebäude<br />

dieses Hauses aufmerksam zu macheu.<br />

l«) Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. 1^. I. Tit. 128. Nr. 65.<br />

") Micrälius, 4. Buch, zum Jahr 1618.


Von Dr. von Vülow. 145<br />

1 Onlden 8 Gr. von einer Bnde in der Fuhrstraße, nnd ein<br />

Benedici Fuchs, der mit dem obigen Rathsherrn identisch sein<br />

kann, 1620 1 Gnldcn von einem Hause in der Mühlenstraße.<br />

Ein Andreas Fnchs starb am 20. Inni 1601 als Schöppenschreiber,<br />

und bald nach ihm am 27. Januar 1603 ein Materialienhändler<br />

Christoph Fuchs. Ein Peter Fuchs, Kaufmann<br />

und Wcinhä'ndlcr in Stettin, starb am 26. Januar 1631 und<br />

wurde' am 30. desselben Monats in der St. Iaeobikirche daselbst<br />

begraben, wobei der Pastor Daniel Wasserführcr die Leichenrede<br />

hielt. Eine Anna Fnchs, Wittwe des Syndikus der hinterpommerschen<br />

Ritterschaft Di'. Johann Meier, vermählte sich<br />

zum zweiteu Mal mit dem Apotheker Wilhelm Hiltcbrandt in<br />

Stettin, einer bekannten Arztfamilie angehörend. Ein Hofgerichtsadvocat<br />

Paul Erust Fuchs, vormals auch beim Seegericht<br />

thätig, kommt 1682 in den Aeten des Staatsarchivs<br />

vor.-^) Die Zugehörigkeit der Geuannten znr Verwandtschaft<br />

des Canzlers ist im höchsten Grade wahrscheinlich, aber noch<br />

nicht erwiesen.<br />

Erst der Vater des Kanzlers, der Magister und Prediger<br />

Samuel Fuchs, brachte das gelehrte Element in die Familie.<br />

Nach der auf ihn gehaltenen Leichenpredigt ^) war er am<br />

7. November 1597 zn Stettin als Sohn des herzoglichen<br />

Kellermeisters Iaeob Fuchs und der Martha Grimm geboren,^)<br />

erhielt im Jahre 1626 (nach andrer Nachricht 1624) die Stelle<br />

eines Pastors an der St. Nicolaikirche daselbst, die er auch bis<br />

zu seinem am 4. September 1644 erfolgten Tode verwaltet<br />

hat. Er war zwar schließlich der erste Geistliche an dieser<br />

Kirche, aber nicht, wie bei v. Salpius S. 3 und anderwärts<br />

auf Grund der vom Secretair der Academie der Wissenschaften<br />

in Berlin, Iablonski, verfaßten Abhandlung gesagt wird, erster<br />

l2) Staatskanzlei 1^. II. Tit. 21. Nr. 329.<br />

'2) Die im Weiteren gegebenen genealogischen Nachrichten entstammen<br />

meist den erwähnten Lcichenpredigtsammlnngcu. Dem königl.<br />

Konsistorium verfehle ich nicht <strong>für</strong> gütigst gegebene Belehrung meinen<br />

Dank auszusprechen.<br />

^) Micrä'lins nennt in einer Rede dies Geschlecht non iii<br />

in Stettin.


146 Paul vou Fuchs.<br />

Prediger und Superintendent, weder voll Pommern noch auch<br />

bloß von Stettin; denn wie von einer eigentlichen Rangordnung<br />

der stettiner Kirchen überhaupt nicht wohl gesprochen<br />

werden kann, so wenig hat die St. Nieolaikirche eine besonders<br />

hervorragende Stellung unter ihren Schwestern je eingenommen,<br />

und die an derselben fungirenden Geistlichen haben als solche<br />

niemals die Würde von Superintendenten bekleidet. Der Irrthum<br />

kann nur daraus entstanden sein, daß während der Abwesenheit<br />

des letzten herzoglich pommerschen Superintendenten und Schloßpredigers<br />

Di'. Jacob Fabricius von Stettin^) der Diaconus<br />

Mag. Daniel Lange dessen Geschäfte übernahm, uud Magister<br />

Samuel Fuchs <strong>für</strong> den letzteren in der Zeit von Ostern bis<br />

Michaelis 1632 die Vesperpredigten in der Schloßkirche hielt,<br />

also nur den Vertreter des Superintendenten theilweise vertrat.<br />

Laut <strong>für</strong>stlichem Vergleich vom 18. Februar 1632 wurden ihm<br />

da<strong>für</strong> aus der herzoglichen Leibkammer 50 Thaler bestätigt.<br />

Das Stadtministerium von Stettin gehörte und gehört<br />

noch jetzt eigentlich zu keiner Synode und fehlt deshalb in dem<br />

nach Synoden geordneten Manufcript von Steinbrück: „Die<br />

pommersche Priesterschaft", einer werthvollen auf amtlichen Ermittelungen<br />

basirenden Arbeit; doch besitzt das königliche Confistorium<br />

in Stettin ein anderes handschriftliches Werk dieses<br />

überaus fleißigen Sammlers, dem obige Notizen entnommen<br />

sind. Wenn auch die St. Iacobi- und St. Marienkirche durch<br />

ihren Reichthum die ansehnlichsten Kirchen der Stadt waren,<br />

so stand das Amt des Superintendenten doch mit ihnen nicht<br />

in Verbindung, sondern war mit den Functionen des herzoglichen<br />

Schloßftredigers verknüpft. Dasselbe stimmt mit dem<br />

Amte des heutigen Generalsuperintendenten überein, während<br />

^) Derselbe war mit Genehmigung des Herzogs Bogislav XIV.<br />

dem Könige Gustav Adolph am 29. Januar 1631 ins Feld gefolgt,<br />

wartete der täglichen Morgen- nnd Abendandachten desselben als Feldprediger<br />

und kehrte erst nach des Königs Tode in seine frühere Stellung<br />

nach Stettin zurück. Er starb am 11. Angust 1654, hat also den Mag.<br />

Fnchs nm zehn Jahre überlebt.


Von Dr. von Bülow. 147<br />

die Superintendenten der Gegenwart in der herzoglich pommerschen<br />

Kirchenordnung Präpositi oder Archipresbyteri heißen.<br />

Seine Studien hatte Mag. Samuel Fuchs in Stralsund,<br />

Eisleben, Wittenberg und Jena gemacht und hatte sich in Halle<br />

schon ein Jahr vor Erlangung der stettiner Pfarrstelle mit<br />

Jungfrau Margaretha Zeugling vermählt, Tochter des Carl<br />

Zeugling, Rath des Herzogs Philipp Julius von Pommern<br />

und Advocat zu Halle, und dessen Ehefrau Agnes Krause.<br />

Aus dieser Ehe stammten vier Stiefgeschwister des Kanzlers,<br />

nämlich I.Andreas; 2. Anna Margaretha, geb. 8. Dezember<br />

1627, gest. 16. Juni 1657, nachdem sie am 12. Januar 1647<br />

einen Nachfolger ihres Vaters, Mag. Joachim Utecht geehelicht<br />

hatte; 3. Martha Elisabeth, vermählt mit Johannes Schaper,<br />

Lic. der Rechte und Advocat in Cüstrin; 4. Agnes, vermählt<br />

mit Friedrich Sell, Probst und Pastor in Wollin. Zwei andre<br />

Söhne werden noch erwähnt: Anton, der gleich den andern<br />

Schülern des stettiner Gymnasiums 1637 in einem ooniiuxuä<br />

iHcr^lliAriini 3tu


148 Paul von ssnchs.<br />

von Schweden gehaltenen Gedächtnißpredigt den Vorwnrf arger<br />

Schmeichelei. Ans literarischem Gebiet scheint er der Sitte der<br />

schreibseligen Zeit zuwider wenig thätig gewesen zn sein: unter<br />

den vielen uns anfbewahrten Schriften stettiner Geistlicher des<br />

17. Jahrhunderts finde ich keine von ihm verfaßte, nur Micrälius<br />

führt eine Druckschrift an, betitelt: 8HiQ8oni(^ I^va.ii-<br />

AOlioorniQ oc^HSCldtio, 1636. Dagegen hat er im Verein<br />

mit seinem Amtsbrndcr, Tiae. Fanstinns Menno, im Jahre<br />

1626 die Kirchenbibliothek zu St. Nicolai gestiftet, welche durch<br />

Schenkungen an Bücheru und Geld nach nnd nach recht bedeutend<br />

wurde, aber bei der Zerstörung der Kirche leider ebenfalls<br />

zu Grnnde gegangen ist. ^) Im Bibliothekszimmer waren<br />

die Oelbilder der beiden Stifter aufgehängt. An Grundstücken<br />

befaß Mag. Samuel Fuchs 1627 nur eine Bude in der<br />

Frauenstraße.<br />

Auch die Familie Friedeborn ist eine während des 16.<br />

und 17. Jahrhunderts in den kaufmännischen und Beamtenkreisen<br />

Stettins wohlbekannte nnd in mehreren Zweigen blühende<br />

gewesen, die Zur Zeit der schwedischen Herrschaft auch<br />

eiue Nobilitirung erfahren hat nnd als redendes Wappen einen<br />

silbernen Springborn im blauen Felde führte. Sie besaß im<br />

17. und 18. Jahrhundert Bugwitz bei Anklam, sowie Eichow<br />

bei Cottbus und Selchow bei Sternberg i. N. Ein Lieutenant<br />

oder Fähnrich Jacob Siegmnnd von Fricdcborn wurde<br />

in der Schlacht bei Prag am 6. Mai 1757 verwundet^).<br />

In den stettiner Steuerregistern kommt in der Zeit von 1601<br />

bis 1623 ein Kaufmann Hermann Friedeborn als Besitzer von<br />

Hänscrn in der (nnteren) Schnlzenstraße und im Rosengarten<br />

vor; er war mit Gertrud Wilkens vcrheirathet und hatte eine<br />

am 23. Jan. 1594 geborene Tochter Emerentia, welche nach<br />

zweimaliger Vermählnng (znerst am 16. Nov. 1615 mit dem<br />

Kaufmann Christoph Hauße, gest. 1621, und danach 1622<br />

mit dem sie überlebenden Valentin Turow) am 22. September<br />

^) Pfennig, Histor. Nachr von der Nicolaikirchenbibl. in Alten<br />

Stettin, 1791.<br />

") Pauli, Leben großer Helden, I. S. 104; IV. S. 334; VI. S. 86.


Von Dr. von Vülow. 149<br />

1630 in Stettin starb nnd in der St. Iacobikirche beerdigt<br />

wurde. Ein Paul Friedcborn steuerte 1623 einen Gulden<br />

von einem Hause in der Breitcnstraße, und 1601 ein Martin<br />

Friedeborn 1 Gulden 8 Gr. von einer Bude vor dem Mühlen-<br />

thor. Ein Franz Friedeborn besaß 1623 eine Bude in der<br />

Baustraße, von der er ^/2 Gulden Kreissteuer entrichtete. Ein<br />

Peter Friedeborn, geb. 1606 als Sohn eines Kaufmanns Her-<br />

mann Friedeborn und der Gertrud Ladewig, starb 1661 als<br />

Senator und Aeltcstcr der Kanfmannfchaft; er war mit Maria<br />

Malchin, Tochter des stettiner Kämmerers Malchin, vermählt<br />

gewesen. Endlich klagte 1697 ein kursächsischer Regiments-<br />

feldscheer Christian Friedcborn gegen den Wirth des stettiner<br />

Schützenhauses wegen unberechtigten Arrestes^). Die Familie<br />

kommt in bürgerlichen Aemtern außerhalb Stettins wiederholt<br />

vor; so waren im Jahre 1617 Dionysius Friedcborn Pastor<br />

zu Greifenberg und Gregor Friedeborn Rector zu Garz a. 3).<br />

Als Geschwister der obenerwähnten Anna Friedeborn,<br />

verwittwcten Simon und wiedervermählten Fuchs, kennt man<br />

einen Bruder, Namens Jacob, den späteren Schwiegervater<br />

des Kanzlers, welcher in Holland Seeretair der Kur<strong>für</strong>stin<br />

Louise von Brandenburg war und später als Geheimsecretair<br />

im brandenburgischen Staatsdienst stand. Er ist es wohl ge-<br />

wesen, der dem Neffen zuerst die Wege bahnte zu der späteren<br />

glanzvollen Laufbahn. Möglicherweise war er auch der Be-<br />

sitzer der obenerwähnten Güter in der Lausitz und Ncumark,<br />

die jedoch bald wieder in andere Hände gelangten. Wer aus<br />

der Familie das Gut Bugwitz besessen hat, ist mir nicht ge-<br />

lungen, festzustellen. Ein anderer Bruder, Michael, schwedischer<br />

Gerichtsassessor, verlor am 11. April 1649 das ihm am<br />

31. März desselben Jahres von seiner Ehefrau Anna Becker<br />

geborene Töchterchen Maria. Die Eltern der Anna Becker<br />

waren Helmich Becker und Elisabeth Sibrand. Eine Schwester<br />

Lueia starb am 10. September 1626. Die Urgroßeltern<br />

dieser vier Geschwister waren Johann Friedcborn und Anna<br />

n) Staatsarchiv zu Stettin: Schwed. Arch. lit. 1^. Nr. 49.


150 Paul von Fuchs.<br />

Stade^), deren Stand nicht näher angegeben ist, von denen<br />

aber eine handschriftliche Notiz sagt, daß eins von ihnen das<br />

hohe Alter von 110 Jahren erreicht hat ^). Ein Sohn aus<br />

dieser Ehe, Jacob Friedeborn, wird 1590 genannt; er war<br />

Altermann der Kaufmannschaft in Stettin und mit Lucia<br />

Stegemann verheirathet, mit der er einen Sohn, Paul Friedeborn,<br />

erzeugte, geb. am 24. Januar 1572, den bekanntesten<br />

seines Geschlechts, denn ehe derselbe im Jahre 1630 Bürgermeister<br />

von Stettin wurde, hatte er bereits 34 Jahre lang<br />

das Amt eines Stadtschreibers daselbst mit großer Treue und<br />

Umsicht verwaltet und das Interesse der Stadt auch nach<br />

außen hin wahrgenommen. Er vertrat dieselbe auf dem Reichstage<br />

zu Regensburg 1597, auf dem Hansatage zu Lübeck, bei<br />

einer Gesandtschaft an den König von Dänemark und bei vielen<br />

anderen Gelegenheiten. Im Jahre 1616 war er Senator<br />

geworden und wird als solcher das erwähnte Haus in der<br />

Vreitenstraße besessen haben; 1624 ernannte ihn König Gustav<br />

Adolph von Schweden zu seinem Rath, und als 1634 Herzog<br />

Bogislav XIV. von Pommern nach dem Vorgang der wolgaster<br />

Regierung das Collegium der Landräthe, welches bisher<br />

aus der Ritterschaft allein berufen war, wieder aus den drei<br />

Ständen der Prälaten, Ritter und Städte zusammensetzte,<br />

wurde der Bürgermeister Paul Friedeborn <strong>für</strong> Stettin präsentirt<br />

und nach seiner Bestätigung zu der auf den 14. Juli<br />

d. I. zu Stettin angesetzten Convocation der Landräthe der<br />

„Orte" Wolgast und Stettin berufen. Vorher schon, im Jahre<br />

1626, war er in den argen Nöthen des Vaterlandes zum<br />

Kriegscommissar gewählt worden. Außer dieser seiner vielseitigen<br />

amtlichen Thätigkeit hat er um Stettin durch Abfassung<br />

eines Geschichtswerkes sich verdient gemacht; seine:<br />

„Historische Beschreibung der Stadt Alten Stettin in Pommern",<br />

gedruckt und verlegt 1613 bei Jochim Rhetes Erben, die in<br />

zwei Ausgaben, einer kürzeren lateinischen und einer größeren<br />

2») Vgl. hinten die Ahnentafel.<br />

22) Steinbruch Rathsspiegel, in der Bibliothek der <strong>Gesellschaft</strong><br />

<strong>für</strong> pomm. <strong>Geschichte</strong> und Alterthumskunde.


Von Dr. von Vülow. 151<br />

deutschen erschien, ist ein Werk, das noch heute unentbehrlich<br />

ist wegen der vielen den städtischen Urkunden entnommenen,<br />

freilich nur lose aneinander gereihten, archivalischcn Notizen und<br />

Listen städtischer Beamten. Paul Friedeborn ist der Großvater<br />

des Kanzlers Paul von Fuchs mütterlicher Seits. Im Jahre<br />

1597 vermählte er sich mit Anna Schlecker, geb. 1568 als<br />

Tochter seines Vorgängers im Stadtschreiberamte Elias Schlecker,<br />

welche vorher an den Mag. Gerhard Berg vermählt gewesen<br />

war. Sie starb 1649 und hatte aus ihren beiden Ehen eine<br />

Nachkommenschaft von 12 Kindern, 19 Enkeln und 20 Urenkeln.<br />

Aus der Zweiten Ehe entstammten fünf Söhne und vier Töchter,<br />

doch kennt man, wie oben berichtet, nur die Namen zweier<br />

Söhne und zweier Töchter, und von den letzteren hat nur<br />

Anna, die Frau des Mag. Samuel Fuchs, <strong>für</strong> uns ein Interesse<br />

als die Mutter des späteren Kanzlers.<br />

Die Personalien über den letzteren scheinen überall der<br />

vom Secretair der Academie der Wissenschaften in Berlin,<br />

Johann Theodor Iablonsky, verfaßten Abhandlung entnommen<br />

zu sein^); in handlicherer Form stehen sie bei v. Salpius,<br />

auf den ich hiermit verweise. Dem mir vorliegenden Exemplar<br />

sind noch allerhand andere auf diesen Todesfall bezügliche<br />

Schriften beigegeben; zuerst die am Sonntag nach der Beifetzung,<br />

d. h. am 13. Sonntag nach Trin. (17. Ang.) vom<br />

Hofprediger Daniel Ernst Iablonsky im Dom zu Cöln an<br />

der Spree gehaltene Trauerpredigt über Ies. 60, Vers 19,<br />

20 ; dann die Leichenrede des Predigers zu Malchow, Johann<br />

Porst, gehalten bei der Beisetzung daselbst über 2. Cor. 5,<br />

Vers 1 ; hierauf die erwähnte Iablonskysche Abhandlung, und<br />

endlich allerhand Beileidsbezeugungen nach der Sitte der Zeit,<br />

als: ein lateinisches Trauergedicht der Universität Frankfurt,<br />

unterzeichnet Mich. R. D. ; eine auf den Verstorbenen vom<br />

Professor der Eloquenz Christoph Cellarius gehaltene Gedächtnißrede;<br />

eine von I. E. Witte, Halle 1. September 1704, an<br />

N) Berlin, Druckts Johann Wessel, 1705. Ebenfalls in Schöttgen,<br />

Altes und neues Pommerland, I. S. 54 ff.


152 Paul von Fuchs.<br />

den Sohn, Legationsrath Freiherr Johann Paul von Fuchs,<br />

gerichtete epistola c0N80ilrt0i-ia, und endlich ein deutsches<br />

Traucrgcdicht: „die Thränen der Mnsen bei dein Grabe des<br />

Freiherrn von Fuchs" von Benjamin Ncukirch, ein schwülstiger<br />

Erguß, wie sie damals Mode waren und fast bei keinem Leichenbegängniß<br />

fehlten. Heute ist es schwer, ans solchen Schriftstücken<br />

immer das heransznfinden, was den Hinterbliebenen<br />

Trost gewähren sollte: wir finden sie geschmacklos, oder sie<br />

üben im besten Fall eine komische Wirkung ans nns aus, doch<br />

müssen gleich den Predigten jener Periode diese Dinge im<br />

Geiste ihrer Zeit betrachtet werden. Auch die lateinische Inschrift<br />

über der Gruft ist unter diesen Drucksachen.<br />

Nachdem Fuchs seine Studien iu Greifswald, Helmstädt<br />

und Jena vollendet hatte, fuugirtc er einige Zeit als Advocat<br />

in Berlin und zeichnete sich dabei durch eine bedeutende Redegabe<br />

aus, was vielleicht die Ursache zu seiner Berufung (1667)<br />

als Professor an die nen errichtete Universität Duisburg war.<br />

Er hielt Vorlesungen über Iustinians Institutionen und gab<br />

eine „Paraphrasis" derselben heraus. Hier wird er seine erste<br />

Ehe eingegangen sein' der Name seiner Fran ist nicht bekannt,<br />

doch gehörte dieselbe einer französischen Nefügiefamilie an.<br />

Schon 1670 wurde Fuchs aus dieser Stellung in den Dienst<br />

des großen Kur<strong>für</strong>sten berufen, wo feiue Tüchtigkeit namentlich<br />

als gewandter Unterhändler sich bald zeigte, so daß er<br />

nun schnell zum geheimen Staatsseeretair, wirklichen Hofrath,<br />

geheimen Nath und Staatsministcr emporstieg, als welcher er<br />

1682 vom Kaifcr in den Adelstand erhoben wurde; eine Standeserhöhuug,<br />

welcher braudenburgischerseits am 11. Deeembcr<br />

1684 die Anerkennung folgte. Lehnsdireetor der Kurmark<br />

wurde er 1686, und 1695) Präsident des kurmärkischen Consistoriums;<br />

das Kanzleramt <strong>für</strong> Hinterftommern und Camin<br />

war die letzte ihm übertragene Würde.<br />

Die hohe Stellung, welche Fuchs einnahm, machte ihm<br />

den Erwerb eines nicht unbeträchtlichen Vermögens und an-sehnlichen<br />

ländlichen Grundbesitzes möglich; als er 1691 das<br />

prenßische Indigenat erhielt, taufte er die wolfshöfeufchen


Von Dr. von Bülow. 153<br />

Güter im Amte Ncuhauscu, welche seitdem Fuchshöfcn heißen;<br />

später das Gnt Wedderau bei Heiligenbeil; anch besaß er die<br />

Kirchlehcn zn Vorwcrck, Aruau, Namsan, Stengan (?), Vorgehnens?),<br />

Steinbriicken (?), Sparre (?) nnd Friedrichswalde ^).<br />

Vorher schon (1683) hatte er bei Berlin die Güter Blankenburg<br />

nnd Heinersdorf, sowie Malchow gekauft; ans letzterem<br />

Edelsitz hielt er sich viel ans, bante ein Predigerwittwen- sowie<br />

ein Waisenhans nnd richtete in der Kirche eine Familiengrnft<br />

her. In dem hübsch eingerichteten herrschaftlichen Wohnhanse<br />

pflegte er der Geselligkeit; dort ist er, nnd zwar nach den<br />

oben mitgetheilten brieflichen Nachrichten, eines schnellen Todes<br />

ohne vorhergehende lange Krankheit gestorben. König Friedrich I.,<br />

welcher oft daselbst des Canzlers Gast gewesen, erwarb später das<br />

Gut zu gelegentlichem Sommeraufenthalt. Ob die genannten<br />

milden Stiftungen daselbst noch cxistiren, war nicht zn ermitteln<br />

; die Grnft, im Mittclgange der Kirche gelegen, ist vor<br />

einigen Iahreu bei einer „Nenoviruug" zugeschüttet worden,<br />

auch das frciherrliche Wappcu, das eine Empore zierte, ist nicht<br />

mehr erhalten, nnd die Erinnerung au deu großen Staatsmann<br />

dort völlig verschwunden. ^')<br />

In die Zeit der Nobilitiruug fällt auch die zweite Heirath<br />

des Canzlers mit feiucr Eousiuc Louise Friedcboru, Tochter<br />

des obengenannten geheimen Staatsseeretairs Iaeob Friedeborn;<br />

keine glückliche Verbindung, wie es scheint, denn die Eheleute<br />

lebteu längere Zeit getrennt von einander uud konnten bei der<br />

dadurch uöthig gewordenen Thciluug des Mein und Dein sich<br />

nicht ohne Dazwischentreten der Behörden verständigen. Erst<br />

in den letzten Lebensjahren des Canzlers wnrde das Verhältniß<br />

cm besseres. Die Freiiu von Fuchs überlebte ihren Gemahl<br />

um zwei Jahre, nach einer ebenfalls nicht mehr erhaltenen<br />

Inschrift in der Gruft zu Malchow starb sie am 31. März<br />

1707 im Alter vou 52 Iahreu, 7 Mouateu uud 10 Tagen.<br />

24) Königschc CoÜcctanecn aus der König!. Bibliothek in Berlin.<br />

N) Fontane im „Bär" 187^, Seite 5 ff. und 17 fs. Eine im<br />

Kirchenbuch von Malchow verzeichnete Nadu.me äo l'uoii«, ii^o (^lo<br />

1ai-) weiß ich nicht unterzubringen.<br />

10


154 Paul von Fuchs.<br />

In der ersten Ehe waren dein Canzler zwei Töchter geboren<br />

worden, deren jüngere Charlotte hieß und am 6. September<br />

1687 sich mit dem Staatsminister Freiherrn Wolfgang<br />

von Schmettau vermählte. Sie war 1711 Wittwe. Eine<br />

Notiz in den Königschen Collectaneen in Berlin giebt dem<br />

Canzler noch eine Tochter erster Ehe, Charlotte Catharine,<br />

gest. 1. September 1726, nachdem sie mit dem geh. Tribunalsrath<br />

und Präsidenten des kurmärkischen Puftillencollegiums<br />

Carl von Rodenberg vermählt gewesen war. Entweder sehen<br />

wir in dieser Charlotte Catharine die älteste Tochter, oder man<br />

muß annehmen, daß die jüngere, deren Name Charlotte feststeht,<br />

nach dem Tode des Freiherrn Wolfgang von Schmettau<br />

in zweiter Ehe mit Carl von Rodenberg sich vermählte. Aus<br />

der zweiten Ehe des Canzlers stammt nnr der Sohn Johann<br />

Paul, Hof- und Legationsrath, sowie ravensbergischer Appellationsgerichtsrath,<br />

der am 26. November 1700 die nachgesuchte<br />

Erlaubniß erhielt, sich mit Fräulein Henriette von Brandt ein<br />

<strong>für</strong> alle Mal aufbieten zu lassen. Die Braut war geboren<br />

am 4. (12.?) April 1686 als Tochter des geheimen Raths<br />

und Canzlers der Neumark, Iohanniterritters Ludwig von Brandt<br />

und der Amalie von Schlabrendorf. Die Ehe war von kurzer<br />

Dauer, denn schon nach 14 Monaten, am 3. Februar 1702,<br />

starb die junge Frau (sie war erst sechzehn Jahr alt) vier Tage<br />

nach ihrer Entbindung von einer Tochter Louise Henriette,<br />

welche später mit Heinrich Franz von Münchow auf Garwin<br />

uud Darsen (?) vermählt war. ^) Noch in demselben Jahr,<br />

nach der unter dem 1. November 1702 ertheilten abermaligen<br />

Erlanbniß zu nur einmaligem Aufgebot zu schließen, vermählte<br />

sich der Legationsrath Johann Paul von Fuchs mit<br />

Franzelline Louise Freiin von Wylich, die nach dem Tode ihres<br />

26) Von den vier Särgen, welche in der früheren Grnft zn Malchow<br />

sich befanden, enthält einer die Gebeine der Freiin Henriette von Fnchs,<br />

geb. von Brandt, der andre gehört der zweiten Gemahlin des Canzlers<br />

an, Louise geb. von Friedeborn. Die Inschriften der beiden anderen<br />

waren in den vierziger Jahren diefes Jahrhunderts nicht mehr lesbar.<br />

„Bär", 1579, Seite 140.


Von Dr. von Vülow. 155<br />

ersten Mannes den berühmten General von Lottum heirathete,<br />

der Zu Fuchshöfen starb. Die Ehe war sehr unglücklich, und<br />

deshalb soll die Freifrau von Fuchs, an welche die Güter<br />

schließlich fielen, dieselben zu einem weiblichen Fideicommiß<br />

gemacht haben, um den Besitz nie mehr in männliche Hände<br />

gelangen zu lassen. Aus dieser zweiten Ehe des Legationsraths<br />

Johann Paul von Fuchs mit Frauzelline Louise von Wylich<br />

stammt eine Tochter Anna Louise Sophie, welche unvermählt,<br />

uud ein Sohn Friedrich, welcher jung starb. Welches der<br />

Geschwister das ältere war, ist nicht ganz sicher, da die Angaben<br />

verschieden lauten, doch scheint mit Friedrich von Fuchs<br />

das Geschlecht ausgestorben zu sein, wenigstens haben die erwähnten<br />

Königschen Collectanecn die Notiz, daß im Jahre 1786<br />

ein Lieutenant von Fuchs in Preußen gestorben sei, worauf<br />

die Weddcrauschcn Lehne erledigt wurden. Ich will nicht<br />

unterlassen zu erwähnen, daß die Nachforschungen über das<br />

Freiherrngeschlecht von Fuchs durch das Vorhandensein mehrerer<br />

ebenfalls neugeadclter Familien gleichen Namens erschwert<br />

werden. Das dem Canzler bei der Ertheilung des Adels verliehene<br />

Wappen zeigte einen gespaltenen Schild, vorn in Gold<br />

ein halber schwarzer Adler, hinten im blauen Felde ein Fuchs.<br />

Die letzte Staudescrhöhung ward dem Canzler in Folge<br />

des guten Verhältnisses zu Theil, in welchem der Kaiser mit<br />

dem brandenburg-preußischeu Hofe stand, und welches ihn veranlaßte,<br />

sich dem König Friedrich I. durch eine dem ersten<br />

Staatsmann desselben erwiesene Auszeichnung freundlich zu<br />

erwcifen. Unter dem 1. August 1701 wurde der Canzler<br />

mit seinen Angehörigen in den erblichen Reichsfreihcrrnstand<br />

erhoben und ihm dabei auch sein Wappen vermehrt, der Hauptschild<br />

wurde quadrirt und mit einem Mittelschilde belegt. Der<br />

letztere zeigt in silbernem Felde einen Eichen- und Palmenzweig,<br />

krcuzweis gestellt und durch ein Band verbunden, der<br />

Hauptschild im ersten und vierten goldenen Felde den an die<br />

Theilungslinie gelehnten halben gekrönten schwarzen Adler, im<br />

zweiten und dritten blauen Felde den goldenen springenden<br />

Fuchs. Auf dem Schild sind Zwei gekrönte Helme, der erste<br />

10*


156 Paul vou Fuchs.<br />

mit dem Eichen- uud Palmenzweig, der zweite mit den: sprin-<br />

genden Fuchs zwischen einem offenen schwarzen Adlerflng.<br />

Der König bestätigte die Erhebnng sogleich nnd beglückwünschte<br />

seinen Diener nicht nnr selbst zn dieser Ehre, sondern es wnr-<br />

den auch alsbald die nöthigen Bekanntmachungen in die Pro-<br />

vinzen erlassen. So erhielten in einem Schreiben, datirt Schön-<br />

hansen den 10. Angust 1701 die hinterpommerschcn Regieruugs-<br />

collegien die Anzeige „wegen des Würcklich Geheimeu Estats-<br />

uud Krieges Nahts von Fnchßen Naronats", in welcher es<br />

heißt: 2l) „Gleichwie die belante sondcrbahrc Meriten nnd<br />

Qualitäten Unsers würcklich Geheimen Estats- nnd Krieges<br />

Rahts :c. Panl von Fnchß, wie anch die getreue und crspries-<br />

liche Dienste, so derselbe Uns nnd Unserm Königlichen Hanse<br />

beynahe an die vierzig Jahre in den wichtigsten Angelegen-<br />

heiten mit unaussetzlicher Treue uud Fleiß geleistet, Uns ver-<br />

anläßet, denselben mit seiner Ehegattin nnd Sohn, Unsern<br />

Hoff- und Ravensbergischen Appellationgerichts Naht, Johann<br />

Paul vou Fuchs, wie auch seine Tochter Charlotte von Fnchß,<br />

nnd des Sohns Fran, Henriette von Brandt, ans eigener<br />

allergnädigsten Bewegniß in den Stand, Ehr und Würde Unsers<br />

Erb-Königreichs, Ehnr<strong>für</strong>st-, Fürstentümer nndt Lande Frey-<br />

herren nnd Freyinnen zu erheben, also haben Wir Ench solches<br />

hiermit in Gnaden bekandt machen nnd zugleich allergnädigst<br />

anbefehlen wollen, Ench darnach allergehorsahmst zn achten" :e.<br />

Znr Kenntniß des Titelwescns der Zeit mag noch erwähnt<br />

werden, daß nach damaliger Titelordnnng mit dem Frei-<br />

herrnstand das Prädieat Wo hl geboren verbunden war,<br />

und den Genannten in demselben Schreiben der Gebranch<br />

desselben beigelegt wurde. Das Negierungscollegium ermangelte<br />

nicht, dem nenen Freiherrn seine Glückwünsche darzubringen,<br />

<strong>für</strong> welche Fnchs sich dnrch ein bei den Aeten befindliches<br />

Schreiben, datirt Golhe den W. September 1701, bedankte.<br />

Die nöthige Geschmeidigkeit, nm gegenüber den in den<br />

letzten Jahren des großen Kur<strong>für</strong>sten und während der ersten<br />

Staatsarchiv zu Stettm: Staatscanzlei, 1'. II. Tit. /. Nr. l>.


L>0N Di'. von Bülow. 157<br />

Regierungszeit seines Nachfolgers bei Hose herrschenden Um-<br />

trieben und Reibungen seinen Platz zu behaupten, besaß Fuchs<br />

in hohem Grade; es war das noch mehr wie zn andern Zeiten<br />

ein Hanptcrfordcrnisi des Diplomaten des 17. Iahrhnnderts.<br />

Die Frage, ob dabei seinerseits die sittliche Grenze immer streng<br />

inne gehalten worden ist, kann hier nm so eher unerörtert<br />

bleiben, als die Antwort mehr oder weniger nachthcilig <strong>für</strong><br />

alle Staatsmänner jener Zeit ansfallen würde. Inwieweit dem<br />

Canzlcr die Hofluft zum Leben nothwendig war, dürfte schwer<br />

zu sagen sein; Thatsacke ist, daß, als nach Dankelmanns Stnrz<br />

anch sein Stern im Sinken war, und er zu diplomatischen Ge-<br />

schäften weniger oft hinzugezogen ward, er doch persönlich in<br />

der Guust Königs Friedrich I. nichts verlor; der König ver-<br />

kehrte vielfach freundschaftlich mit ihm und besuchte ihn wieder-<br />

holt auf seinem Oute Malchow. Auch am 7. August 1704,<br />

dem Todestage des Canzlers, war ein solcher Besuch beabsich-<br />

tigt, als auf dem Wege dahin der König die Nachricht von<br />

dem Hinscheiden seines trenen Dieners erfnhr.<br />

Es liegt mir ein Portrait des Canzlers vor, nach dem<br />

1690 von Ramondon gefertigten Gemälde gestochen von Ioh.<br />

Georg Wolffgang in Berlin, in welchem man die glänzenden<br />

Eigenschaften des gewandten Staatsmannes, der nach zeit-<br />

genössischem Urtheil eine unverkennbare Richtung auf das Edle<br />

hatte, nicht ausgedrückt findet. Die geschlitzten Angcn, die<br />

breite Nase und die fleischige untere Hälfte des Gesichts zeigen<br />

nicht den feinen Kopf und gewandten Diplomaten, sondern<br />

machen einen sehr gewöhnlichen Eindruck. Den Kopf bedeckt<br />

eine große Pcrrückc, das faltenreiche Gewand wird von der<br />

rechten Hand vorn ^nsammengehalten. Unter dem Bilde ist<br />

in lateinischer Inschrift Name, Titel, Gebnrts- nnd Todesjahr<br />

genannt, anch das Wappen in einer Cartonche angebracht.<br />

Eine im „Histor. Schauplatz berühmter Männer", 1710,<br />

Seite 10 ff. abgedruckte Lebensbeschreibung des Canzlers habe<br />

ich nicht erlangen tonnen. Withoff drückt sich folgendermaßen<br />

über ihn aus: ..Vii' ili t^ntum I^nicl^ucln^ in


158 Paul von Fuchs. Von Dr. von Vülow.<br />

äulceäo 3,0 ä^ni^us tot<br />

Vgl. auch die berliner Beiträge z. jurist. Literatur I, Seite 159<br />

und Iöcher, Gel. Lex. II, Seite 792.<br />

,


Jacob Fuchs,<br />

<strong>für</strong>stlicher Kellermeister.<br />

Ahnentafel «nd Nachkommen des Staatsnnnisters Freiherrn Panl von Fnchs.<br />

Mag. Samuel Fuchs,<br />

geb. 7. Nov. 1597 zu Stettin, gest. daselbst 4. Sept. 1644, begr. 10. Sept. Seit<br />

1626 Pastor an der St. Nicolaikirche in Stettin.<br />

Gem.: 1. Margaretha Zeugling, verm. 1625, gest. 23. Sept. 1638, Tochter des<br />

Advocaten Carl Zeugling in Halle und der Agnes Krause.<br />

2. Anna geb. Friedeborn, verm. 6. Mai 1639.<br />

Johann Anna<br />

Friede- Stade.<br />

bow.<br />

Jacob Friedeborn<br />

1590.<br />

Wermann der<br />

Kaufmannschaft<br />

in Stettin.<br />

Martha Grimm. Paul Friedeborn<br />

geb. 24. Jan. 1572 in Stettin, gest. ebenda<br />

14. Nov. 1637. Stadtsecretair, danach<br />

Bürgermeister in Stettin.<br />

Lucie Stegemanu. Elias Schlecker,<br />

Stadtsecretair<br />

in Stettin.<br />

Elisabeth<br />

Stoltenborg.<br />

Anna Schlecker,<br />

geb. 7. Juli 1568 in Stettin, gest. ebenda<br />

5. Jan. 1649.<br />

Gem.: I. Mag. Gerhard Berg.<br />

2. Paul Friedeborn, verm. 1597.<br />

Anna Friedeborn.<br />

Gem.: 1. Dr. Wilhelm Simon, Archiater in Stettin, gest. 1637.<br />

2. Mag. Samuel Fuchs, verm. 6. Mai 1639.<br />

Paul Freiherr von Fuchs,<br />

geb. 15. Dezbr. 1640 in Stettin, gest. 7. Aug. 1704, begr. 13. Aug. in Malchotv bei Berlin. Brandenburgischer Minister, Staatslauzler, Erbherr auf Malchow,<br />

Fuchshöfen, Wedderau :c., geadelt 1682, in den Freiherrnstand erhoben 1701.<br />

Gem.: 1. N. N. aus einer französischen Refügiefamilie.<br />

2. Louise Friedeborn, geb. 9. Aug. 1654, gest. 30. März 1707, Tochter des Geh. Staatssecretairs Jacob Friedeborn.<br />

1. Ehe. 1. Ehe.<br />

N. Tochter. Charlotte Freiin von Fuchs.<br />

Entweder hieß dieselbe Charlotte Catha- Gem.. Wolfgang Freih. von Schmettau,<br />

rina, war vermählt mit Carl von Roden- verm. 6. Sept. 1687, Wittwe 1711. Gem.!<br />

berg und starb 1. Sept. 1726, oder die<br />

jüngere Tochter ging als verwittwete von<br />

Schmettau diese Ehe ein.<br />

2. Ehe.<br />

Johann Paul Freiherr von Fuchs,<br />

Legationsrath.<br />

1. Henriette von Brandt, geb. 4. (12.) April 1686, gest. 3. Febr. 1702.<br />

2. Franzelline Louise Freiin von Wylich, wieder vermählt mit Graf von Lottum.<br />

Louise Henriette<br />

Freiin von Fuchs.<br />

8em.: Heinrich Franz<br />

von Münchow.<br />

,<br />

Anna Louise Sophie<br />

Freiiu von Fuchs<br />

starb unvermählt,<br />

2. Ehe.<br />

Friedrich Freiherr von Fuchs<br />

starb jung und wie es<br />

scheint unvermählt.


Chronologisches zu den Misjionsreisen<br />

Bischofs Otto von Bamberg.<br />

Nachgelassenes Manuscript des verstorbenen Gymnasial-Director<br />

Lehmann in Neustettin.<br />

Von den beiden Pommernfahrten des Bamberger Apostels<br />

ist die zweite gut bezeugt:<br />

1) dem Jahre 1127 nach durch den im Herbst desselben<br />

geschriebenen Brief des Abts Wigand von Theres bei<br />

Ebo II o. 16, vgl. Iaffö Gesch. des deutschen Reichs unter<br />

Lothar, S. 60, Anm. 24;<br />

2) nach ihrem Anfang den 31. März, Gründonnerstag,<br />

äoraim, durch Ebo III o. 3 ;<br />

3) nach ihrem Ende den 20. December, vigilia 8ti.<br />

durch Ebo III c. 24 und Herbord III e. 31.<br />

Von ihrer Gesammtdauer, 265 Tage, ist die Zeit vom<br />

31. März bis Pfingsten, den 22. Mai, d. h. 53 Tage fast<br />

ganz zur Hinreise von Bamberg nach Usedom erfordert<br />

worden. Ebo o. 5 6xtr. und o. 6 : (>Vi-a.tÌ8ia^3)<br />

Die ersten Reisestationen zählt Ebo 6. 3 in folgender<br />

Weise auf:<br />

1) 31. März von Bamberg nach dem der Bambcrger<br />

Kirche gehörenden Herrnhofe Growze: Fußwaschung;<br />

2) 1. April (Charsreitag) von Growze nach der alten<br />

Stadt Kirchberg;<br />

3) 2. und 3. April Ruhetage;


160 Lehmann, Missionsreisen<br />

4) 4. April von Kirchberg nach Kloster Reginheresthorf<br />

(Reinsdorf bei Querfnrt)<br />

5) 5. April Einweihung des Klosters.<br />

6) 6—9. April: Der Rest der Osterwoche wird in Scheidungen<br />

und Mncheln zngebracht pio<br />

7) Nachträglich erfahren wir c. 3 6xtr. von einer Zusammenkunft<br />

des Bischofs mit Wirikind, dem Herrn von Havelberg,<br />

in Merseburg vor Kaiser Lothar, lvobei Wirikind den<br />

Pilgern freies Geleit durch sein Gebiet versprach.<br />

8) berichtet Herbord c. 1, daß in Halle die nöthigen<br />

Einkäufe zur Reise gemacht und in Schiffe verladen wurden.<br />

Von hier ging die Flußfahrt<br />

a. Saale abwärts bis zur Einmündung in die Elbe,<br />

80 Km. nach der „Post- und Eisenbahnkarte im deutschen<br />

Reich in 12 Blättern, bearbeitet im Cours-Büreau des Kaiserlichen<br />

deutschen General-Postamtes. Berlin 1874."<br />

d. Elbe abwärts «) bis Magdeburg 35 Km., wo die<br />

Reisenden von Erzbischof Norbert ehrenvoll aufgenommen werden;<br />

A bis zur Havelmündung 90 Km.<br />

o. Havel aufwärts bis Havelberg 4 Km.<br />

Summa der Flußfahrt 209 Km.<br />

Die Ankunft in Havelberg fällt gerade in das Gerovit-<br />

Fest. Wirikind verweigert die Erfüllung des versprochenen<br />

Geleites, und Otto verschafft sich 30, nach Herbord 50 Wagen,<br />

beladet dieselben mit seinen Vorräthcn und tritt die Reise<br />

durch das Lutitier-Land bis Demmin an.<br />

Nach der angeführten Karte betragen auf der heutigen Poststraße<br />

die Entfernungen von Havelberg bis Kyritz 29 Km.<br />

von dort bis Wittstock . . . . 30 „<br />

„ „ „ Röbel 28 „<br />

„ „ „ Waren 23 „<br />

„ „ „ Stavenhagen . . . 29 „<br />

„ „ „ Demmin . . . . 27 „<br />

Ebo 0. 4 nennt auf dieser Strecke<br />

IW'FmT"


Ottos von Bamberg. 161<br />

1) eine va,8ti88ima 8Ì1v^, durch welche sie fünf Tage<br />

ziehen,<br />

2) dann einen wunderbar langen See, an dem die Völkerschaft<br />

der Moriz wohnt (Müriz-See),<br />

3) und zuletzt die Stadt Demmin.<br />

Hier wartet der Bischof zwei Tage auf den Pommern-<br />

Herzog (HU6N1 oti^m IMnnul non 3ÌQ6 ^orionio^ 6


162 Lehmann, Missionsreisen<br />

9. Mai von Waren bis Stavenhagen (29 Km.);<br />

10. Mai von Stavenhagen bis Demmin (27 Km.);<br />

11.—12. Mai zweitägiger Aufenthalt daselbst;<br />

13. Mai Zusammentreffen mit Herzog Wartislav;<br />

14.—15. Mai Befrachtung der Schiffe;<br />

16.—18. Mai Reise von Demmin nach Usedom.<br />

Die Rückreise erfolgte durch Polen 1'Usl6N8 st. i.<br />

Otto) HU68tuU1 do 60MINÌ880 8it)i tallito luoi'^tuin Acl<br />

1ìtt61'Ì8<br />

Das Mlläi'iouniuin der Erstgenannten umfaßt also die<br />

Jahre 1124, 1125, 1126 und 1127, vgl. Priefl. II. o. 1:<br />

5MQ0 INÌ1168Ì1U0 60nt68ÌlI10 VÌ668ÌH10 (^U^ito.<br />

Das Jahr 1124 wird auch durch Ekkehards Chronik<br />

S. 262 mit folgenden Worten bezeugt: „Kaiser Heinrich hatte<br />

um die Mitte der Fasten in Worms eine Unterredung mit<br />

gewissen Fürsten; den nicht anwesenden d. h. den Sachsen,<br />

Baiern und Böhmen kündigte er an, am 7. Mai ^OQN.8 N^'i)<br />

nach dem Hofe Bamberg zu kommen. Es war eine ansehnliche


Ottos von Bamberg.<br />

Versammlung, und Otto leistete den einzelnen Fürsten ein Erhebliches<br />

mehr an Natnralliefernngen als er verbunden war.<br />

Nach Erledigung der Geschäfte zeigt er dem Kaiser und<br />

den Fürsten die Reise nach Pommern an; einstimmt die versammelte<br />

Kirche, einstimmt der Hof, nur die Söhne der Vamberger<br />

Kirche verlassen ungern ihren lieben Vater, indem sie<br />

ihn wie einen Todten mit vielen Thränen geleiten." Ebenso<br />

Annalista Saxo zu d. I. 1124 S. 761.<br />

Es gilt ferner, die Dauer der Hinreise zu untersuchen.<br />

Den t0i-uiinu8 Ha M6m derselben setzt Ebo II. o. 5<br />

mit der Ankunft Ottos in Eamin in n^tivit^to<br />

i03^tÌ8ta.6 d. i. den 24. Juni; den<br />

dagegen Ekkehard auf die ^01^8 N^i d. h. den 7. Mai,<br />

der Priest. II. o. 1 in den Juni nach Pfingsten (25. Mai), und<br />

Herbord auf den Tag nach dem S. Georgsfest, den 24. April.<br />

Mit Ekkehard stimmt anscheinend Ebo, wenn er den Bischof<br />

dem Priester Adalrich von der Aegidiuskirche bei der Einweihung<br />

der Walburgiskirche auf der Altenburg die erste Mittheilung<br />

von der Reise nach Pommern machen und ihm eine<br />

siebentägige Bedenkzeit stellen läßt. Denn nach Jack Beschreibung<br />

der Altenburg S. 6 ist die Walburgiskirche am 1. Mai<br />

eingeweiht; doch braucht diese Angabe nicht urkundlich beglaubigt<br />

zu sein, sondern kann ans einem Rückschluß aus Ebos Bericht<br />

und Ekkehards Zeitangabe beruhen.<br />

Etwas mehr Licht über die zur Reise von Bamberg nach<br />

Camin erforderliche Zeit gewinnen wir aus einer genaueren<br />

Betrachtung der von Otto nach Ebo und Herbord zurückgelegten<br />

Wegstrecken; wenn wir dabei in Erwägung ziehen, daß<br />

der Bischof in seinem Sprengel, wie in dem befreundeten Böhmen<br />

und Polen mit starkem Vorspann reiste, so daß es ihm<br />

immerhin möglich sein konnte, statt der 20—30 Km. der<br />

zweiten Reise erheblich längere Tagereisen von 40—50 Km.<br />

zurückzulegen.<br />

Hiernach lassen sich berechnen:<br />

1. Nelsc von Bamberg nach Michclfeld (47 Km. Luftlinie) 1 Tag<br />

2. dreitägiger Aufenthalt in Michelfeld . . . . 3 ,,


164 Lehmann, Missionsreisen<br />

Transport ... 4 Tage<br />

3. Kirchweihe in Lichtenberg . . . . . . . 1 „<br />

4. desgl. in Vohenstrauß (62 Km. von Michelfeld) . 1 ^<br />

5. Reife nach Kloster Kladran (46 Km.) . . . 1 „<br />

6. Reise nach Prag (112 Km.) 2 „<br />

7. Reise nach Abtei Sadska (34 Km.) . . . . 1 „<br />

8. 03.8ti'NN Nilßoi^ (48 Km.) 1 „<br />

9. ^sti-um Zui-ä^ s76 Km.) 2 „<br />

10. das Polnische ^iuiociü (Nimptsch; 26 Km.) . 1 „<br />

11. Vreslan (45 Km.) 1 „<br />

12. zweitägiger Aufenthalt 2 „<br />

13.<br />

14. unclo äi^i-688118 vix iiitlH XIVcIÌ68 ücl (/no-<br />

. . . . 14 „<br />

15. I^o1Ì3i^U8 — Ottoiioiu ^or tr68 6^(loumcl^8<br />

in 01)Ì80t)1)3.tn OiI6^6N8Ì 860NN äotinuit. .21 „<br />

(Nach Herbord 0. 9 7 Tage.)<br />

16. von Gnesen bis Uzda (Gnscht an der Warthe bei<br />

Zantoch. Qnandt Balt. Stnd. XV. 1. S. 168.)<br />

171 Km 4 „<br />

17. 7- (Herb. 6-) tägiger Zug durch den Grenzwald 7 „<br />

18. ^cl 8t5lMuin s^wää^m 1 „<br />

19. 3.cl villani i)i'0xiiiiÄM I „<br />

20. aä ?ii'Ì80iim cll8ti'ulli (47 Km. von Zantoch). 1 „<br />

21. Aufenthalt in Pyritz 14 „<br />

(Nach Herbord cinH8Ì XX. cIÌ6l)u8.)<br />

22. von Pyritz nach Camin (Luftlinie 93, Straße<br />

^s/ii6 Km.) 3 „<br />

Summa 84 Tage<br />

und nach Hcrbord 74 Tage, d. h. die Anknnft Ottos in<br />

Camin am 24. Juni steht weder mit der Abreise<br />

von Bamberg am 7. Mai noch am 24. April in<br />

Einklang.<br />

Zur Herstellung einer Harmonie zwischen beiden Berichterstattern<br />

bietet sich aber glücklicherweise<br />

1) in dem Pyritzer Aufenthalt ein nahe liegender Ausweg.


Ottos von Bamberg. 165<br />

Während nämlich der Prieflinger 0. 4 dort nur 500 Personen<br />

taufen läßt, nennt Herbord 0. 17 7000, ohne zu bedenken,<br />

daß er selbst c. 14 nur überhaupt gegen 4000 Menschen<br />

ans der ganzen Provinz dort zusammenströmen ließ.<br />

Natürlich erfordert die Taufe einer größeren Anzahl mehr<br />

Zeit, als die einer kleineren. Nach Herbords ausführlicher<br />

Darlegung 0. 15 braucht der Bischos sieben Tage zur Predigt,<br />

dann folgt ein dreitägiges Fasten, dann die Taufe gleichzeitig<br />

in drei Baptistcrien. Für letztere bleiben ihm zehn Tage, d. h.<br />

täglich werden 700 und zwar in jedem Baptisterium 233 Personen<br />

getanft; denken wir uns die Geistlichen hierbei täglich<br />

zwölf Stunden lang mit Ablösung thätig, so bleiben <strong>für</strong> jede<br />

Tause drei Minuten, was mit der Detailbeschreibnng 0. 16<br />

in so schreiendem Widerspruch steht, daß Niemand denselben<br />

wird aufrecht erhalten wollen.<br />

Es wird daher den Pyritzern nichts übrig bleiben, als<br />

auf die Masse der Getauften zu verzichten; mnß die Residenz<br />

Camin 'mit 3585 und gauz Pommern mit 2216^6 sich begnügen,<br />

(Priest, c. 4 20; Ebo 0. 11) warum sollte Pyritz<br />

uicht mit den 500 des Pricstinger zufrieden sein? In den drei<br />

oder vier Tanftagcn würden dann noch immer je 125 refp. 166<br />

oder in jedem Baptisterium 41—42 resp. 55—56 dem Christenthum<br />

gewonnen sein.<br />

2) Die Worte des Prieslingcr 0. 1 : ni6Q8o ^iinio Min-<br />

HU3^08ÌMUO dioI)H3 6X3>otÌ8 itoi' HcoÌMÌt legen die Vermuthung<br />

nahe, daß diese Zeitangabe sich ursprünglich auf die<br />

Abreise aus Polen nach Pommern bezogen hat, dann aber<br />

irriger Weise nach Bamberg übertragen ist. Andrerseits mag man<br />

bei der Differenz des 7- und dos 21tägigen Aufenthaltes in<br />

Gucsen (oben Nr. 15) leicht auf den Gedanken kommen, daß<br />

die XIV (IÌ68 (Nr. 14) in der letzteren Zahl mit enthalten<br />

sind. Pfingsten fiel 1124 auf den 25. Mai, und wo konnte<br />

Bischof Otto dieses Fest angemessener verleben als in Gnesen?<br />

Dazu mögen<br />

3) bei den obigen Zeitangaben ähnlich wie bei c^3.drÌ6ii-<br />

Tag der Ankunft und der Äbreife doppelt mitgezählt


166 Lehmann, Missionsreisen<br />

sein, nnd dies alles in Betracht gezogen, dürfte die Reise sich<br />

mit innerer Wahrscheinlichkeit etwa in folgender Weise gestaltet<br />

haben:<br />

20. April von Bamberg nach Michelfeld;<br />

21.—23. April Ruhetage;<br />

24. April Kirchweihc in Lichtenberg;<br />

25. April desgl. in Vohenstrauß;<br />

26. April nach Kladrau;<br />

27.—-26. April nach Prag;<br />

29. April nach Abtei Sadska;<br />

30. Aprll nach Miletin;<br />

1. Mai nach Bnrda;<br />

2. Mai nach Nimptsch;<br />

3. Mai nach Breslau;<br />

4. und 5. Mai in Breslau;<br />

6. Mai ins Poscner Bisthum;<br />

7.—20. Mai nxl (^U62oii86iu o^clc^iluu;<br />

20.-26. Mai in Gnesen;<br />

27.-30. Mai nach Guscht;<br />

31. Mai bis 5. Juni durch den Grenzwald;<br />

6.-8. Juni nach Pyritz;<br />

8.-22. Juni in Pyritz;<br />

22. Juni Abreise nach Camin;<br />

24. Inni Ankuuft daselbst.<br />

Auch hinsichtlich anderer zeitlicher Differenzen bei den<br />

Biographen läßt sich ohne große Schwierigkeiten ein Ansglcich<br />

finden:<br />

In Camin bleibt Otto nach Ebo o. 5<br />

voi ^m^)1iu8) nach dein Priefl.


Ottos von Bamberg. 167<br />

zweimonatliche (Herb. c. 26) oder neunwöchentliche (Cbo o. 8,<br />

Priest. 6. 8) erfolglose Arbeit in Stettin.<br />

Im October und November wird Stettin und Umgegend<br />

(Graditz, Liybin, Priest, o. 14 Herb. 37) bekehrt, dann geht Otto<br />

nach Wollin, wo er zwei Wintermonate, alfo December und<br />

Januar, zubringt; von dort aus besucht er Camin, Colberg,<br />

Dodena und Belgard. Ebo c. 18 Herb. o. 37 39.<br />

Um Maria Reinigung, den 2. Februar 1125, faßt erden<br />

Entschluß zur Rückreise nach Bamberg; Ebo n. 18. Dieselbe<br />

begann mit einer Revision der (oder eines Theils der)<br />

neu gegründeten Gemeinden und schlug dann die Richtung ein,<br />

welcher man im vorigen Jahre gefolgt war. Der neueste Biograph<br />

des Pommern-Apostels läßt ihn zwar am 2. Februar von Wollin<br />

abreisen nnd über Camin und Pyritz am 11. Februar in<br />

Gncsen ankommen, aber auf der Hinreise hatte diese Strecke<br />

18 Tage erfordert, und aus dem Priest. III. o. 1 erfahren wir,<br />

daß die Wanderer in ca.piw ^miü d. i. am Aschermittwoch,<br />

11. Februar, in dem großen Grenzwalde anlangten, von wo<br />

sie sicher noch 10 Tage bis Gnesen brauchten.<br />

Nach einiger Rast in der polnischen sowie in der böhmischen<br />

Hauptstadt, wo Otto sich bemüht, den todtkranken<br />

Herzog Wladislav mit seinem Bruder zu versöhnen (Iaffc;<br />

a. a. O. S. 45), treffen sie Tags vor Gründonnerstag am<br />

25. März in Michelfeld ein und kehren am Oster-Sonntag,<br />

den 29. März, nach Bamberg zurück.<br />

Nach Herbord c. 39 verweilte Otto längere Zeit in dem<br />

eine Tagereise (36 Km. Eisenbahn) von Colberg gelegenen Bclgard,<br />

als er sich entschloß, Usedom, Wolgast, Gutzkow undDemmin<br />

aufzugeben. Dann ging er an die Revision der Gemeinden,<br />

und zwar nach der geographischen Lage wohl zuerst in Colberg,<br />

dann in Clodona bei Treptow (26 Km. Chaussee von Colberg),<br />

ferner in Camin (30 Km. Landstraße von Treptow), in Wollin<br />

(26 Km. Chaussee von Camin), in Stettin (75 Km. Haff<br />

von Wollin) und in Pyritz (41 Km. Chaussee von Stettin).<br />

Etwa am 21. Februar mag er in Gnescn eingetroffen<br />

sein und dort bis zum 27. gerastet haben.


168 Lehmann, Missionsreisen Ottos von Bamberg.<br />

28. Februar Fahrt von Gnesen nach Posen;<br />

1.—3. März Fahrt von Posen bis Rawicz (108 Km.) im<br />

Süden des Posener Bisthums;<br />

4.-6. März Fahrt nach Breslau;<br />

7.—12. März Fahrt nach Prag;<br />

13.—19. März Aufenthalt in Prag;<br />

20.-22. März Fahrt nach Kladrau;<br />

23. März Fahrt nach Nohenstrauß;<br />

24. März Fahrt nach Leuchtenberg;<br />

25. März Fahrt nach Michelfeld;<br />

wobei selbstverständlich <strong>für</strong> andre Möglichkeiten ausreichender<br />

Spielraum gelassen werden muß.


Achter Orief Philipp Hanchofers aus Augsburg<br />

an Herzog Philipp von Pommern 1610.<br />

Mitgetheilt von Di'. Schlegel.')<br />

N. In alten Stettin d. 17. Iulij 1610.<br />

Veandwortet daselbst den 19. Iulij 1610.<br />

Durchleuchtiger Hochgeborner Fürst, Gnädiger Herr, Ewren<br />

Fürstlichen Gnaden seyen meine underthanige, gehorsame und<br />

willigste Dienst bester Fleiß und Vermügenß beforn, Gnädiger<br />

Herr<br />

Auf 27. Juni schriebe E. Fr. Gnd. ich underthanig mein<br />

letstes, und sante darbcy in ainem küstlin Dr. Vraitschwerts<br />

bedenkhen ob die Schwäbische freye Reichß Ritterschaft sich mit<br />

anderen <strong>für</strong>sten und Ständen sich (!) in ain bündtnnß einzulassen<br />

oder nit: mehr 4 bogen mit Looi^tsu, 4 Zeitungen auß<br />

Strahburg, 4 auß Prag, 4 auß Italia, 6 auß Schweizerlandt,<br />

4 auß Niderlandt, 3 auß Frankreich, : mehr in ainem<br />

schächtelin 4l") silberne musterten von knöpf und bertlen, 2 büchslen<br />

mit ambra, muschio uud llvotto, 1 Egifttischen balsam,<br />

deß Vossis öhl, ain geferbtes röhrlen Wasser: In ainem andern<br />

lädlin das Podagra Wasser, gferbt nägelen öhl, ain grose<br />

Christalline kugel, 2 Alabasterne quart Ayr: wider in aim<br />

schächtelin 2 ganze und 3 halbe alabasterne florentiner ayr<br />

zur vexation:<br />

In ainem büchßlin ain Enten und ain tauben: wider in<br />

aim büchßlin fruchten und fluegen, aussen ain silberin geschmelzt<br />

') Die ersten sieben Briefe erschienen 1877 mit einer kurzen Einleitung<br />

von demselben.<br />

11


170 Achter Brief Philipp Hainhofers.<br />

landschäfftlin, in einem küstlin den Roßmarin balsam. Welches<br />

alles beyfamen in ainem küstlin, darob E. F. Gnd. namen auf<br />

bürgament geschrieben stehet, welches ich vermaint, bey den<br />

Naumburger khaufleuten biß nach Naumburg auf der gutschen<br />

fortzubringen, fo haben fies aber nit mit nemmen khünden,<br />

alfo volgenden tags bey aim aignen mann an Wolf Stehelins<br />

fel. Erben gefant, und starkh recommandiret, daß fies wolten<br />

<strong>für</strong>derlichst nach Leipzig an Ihren mitverwanten den Wolf<br />

Lebzelter fenden, der Hoffnung, es werde E. F. Gnden vor<br />

ankhunft difes beherlich und wol conditioniert fein zugelangt,<br />

und zu Gnädigen gefallen geraicht, daß mir zu vernemmen<br />

fehr lieb fein würdt.<br />

Die büsem büchßlen hat Bosfis hochgeruembt, deß morgenß,<br />

nachdem man sich gewafchen, ain wenig in knebelbart<br />

oder an die naßlöcher zu streichen, dan er das Huren stärkhet<br />

und erwärmet, die gedechtnuß be<strong>für</strong>dert, und durch den geruch<br />

sich angenem machet, mit wem man redet, zu Venedig habenß<br />

die Z6nti1' Iiuomiiii sehr im brauch.<br />

Der Egiptische balsam auf ain schnitten broth gestrichen<br />

und geesfen, stärckht den magen, erhelt gesundt, und haylet<br />

trefflich die wunden. Von den andern öhlen und waffer ist<br />

bericht befchehen in beschreibung der seereten. Item von den<br />

musterten silber im jüngsten brief.<br />

Die Christalline kugel dienet die äugen darin zu erfrischen,<br />

die Hände damit zu kuelen, zur zier auf ain tisch zu setzen.<br />

Durch den reflexum der formen der durchgehet etwas darmit<br />

anzuzünden, durch den reflexum deß liechts, fo man darhunder<br />

stellet, bei der nacht fcharpf ain Ding zu fehen, fo brauchenß<br />

die Wahrsager, was sie wollen, darin zu sehen, und nennenß<br />

barillen. Die ayr auß Alabaster macht man Zu Florenz,<br />

dienen zur vexation auf ain falat under rechte ayr gelegt,<br />

item zur handt kuelung, item den Hennen under zu legen, man<br />

drehet auch zu florenz gar fchöne durchsichtige schäalen auß<br />

alabaster, speisen darin zn essen, daß sie sauber und frisch<br />

bleiben, item macht man zu Pisa schöne gruene gefchürr auß<br />

äi piombo, fo fchön wie fchmirall, fein fchwer wie


Von Dr. Schlegel. 171<br />

bley, und foll der Chur<strong>für</strong>st von Heydelberg am ganze credenz<br />

dergleichen gefchürr haben machen lassen. Ich hab etliche zum<br />

muster beschrieben, wanß mir khommen, schückh ichs E. F. Gnd.<br />

auch, und ist im Deutschlandt waz selzams, sehen wie glaß und<br />

sein doch gössen. Die Enten und tauben sein zum muster,<br />

Ihr Drch. in Bayrn haben <strong>für</strong> die Künigin in Spagna und<br />

Infantin zu Brüssel, auch <strong>für</strong> die Künigin in Frankreich uud<br />

Erzherzogin zu Grez schöne Mayrhöf von dergleichen thierlen<br />

machen lassen, so auch der Chur<strong>für</strong>st von Colin, und großherzog<br />

von Florenz schöne solche stück machen lassen; item<br />

amen Mayrhof <strong>für</strong> den Kayser, daß am solch stuckh auf 5, 6,<br />

biß in 800 fl. khommen, fo hat man auch <strong>für</strong> den Herzogen von<br />

Wittenberg am fchön vogelhauß, item <strong>für</strong> Herzogen Willhalm<br />

in Bayrn ainen orsiheum gemacht, und ain falchenhauß; der<br />

der dise thierlen mähet, haist Johann Schwegler, ist 7 ganzer<br />

Jahr beym Herzog Willhalm in seim closter gewest, endlich<br />

haimlich außgerissen, und alhie zu ainer Euangelischen Dochter<br />

geheurat, auch Euangelisch worden, und ob er wol bey Bayrn<br />

in Vngnade Ware, weil er sich doch unsträflich verhelt, tag und<br />

naht <strong>für</strong> <strong>für</strong>sten und Hern genug zu arbeiten hat, auch, wan<br />

man ihme gleich nichts mehr ansrümmete, auf etlich Jahr mit<br />

angefrümbter arbait genug zu thun hette, und, obs wol vil<br />

versuecht, doch khainer ist, der ihms khan nachmachen, und nach<br />

seim tod solch Ding 10. mahl sovil wehrt würdt sein, also<br />

denkhen Ihre Durchl. gleich nicht mehr an das Vorgelaufene,<br />

und sein noch froo, wan sie nur arbait von ihme haben mügen,<br />

die sie hin und wider verschükhen und verschenckhen, es haben<br />

etlich <strong>für</strong>sten nach ihme gesielt, die ihme wolten arbait gnug<br />

und bezahlung gnug geben, wan er niemandt, alß <strong>für</strong> sie,<br />

arbeiten wolte, er will aber niemandt mehr verobligiert sein,<br />

vil weniger sich an ain <strong>für</strong>stenhof begeben, allenweil er sehr<br />

blöd im köpf, oft kranckh, und durch dise zahrte arbait der<br />

federten schneiden, sonderlich der fewrfarben, daß geficht sehr<br />

schwächet; ich heb ihme seine khünder auß der tauf, und diene<br />

ihme in vil weg, sonderlich wan ihme waz abläufst, so daß<br />

wan ich begere, er mir <strong>für</strong> andern waz schönst und saubers


172 Achter Brief Philipp Hainhofers.<br />

machet, gefelt nur E. F. Gnd. <strong>für</strong> Dero gemahlin ain mairhof<br />

oder sonst waz groß, so will ich ihme mit allem fleiß bestellen,<br />

waz sie gnd. begeren werden; er hat ain klain stückhlin<br />

<strong>für</strong> Mantoua anßgemacht, welches fertig biß an das gehänß,<br />

will sehen, ob er ain anderß nach Mantona anfangetc, und<br />

mir dises stückhlin <strong>für</strong> E. F. Gnd. volgen ließe, darmit sie<br />

recht sehen möchten, waz seine arbait ist, welche verhoffentlich<br />

E. F. Gnd. und Dero hochgeehrten geliebten gemahlin nit übel<br />

gefallen würdt.<br />

Daz silberin geschmelz landtschäfftlin und fluegen machet<br />

ain anderer, der wohnet außerhalb der Statt, macht auch fehr<br />

fchön Ding von dergleichen arbait, sonderlich vil an Kayseriscben<br />

Hof und in Spannia, in silbernen lädlen, deren er jezt<br />

nichts ausgemachts, sonst auch Ml solch lädlin wolte khaufft<br />

und mit gefchückht haben; die stiegen sein schön in daz haar<br />

oder auf ain huet zu fteckhen, auch auf fruchten und schawessen,<br />

daß man meine, sie kreusen recht darob umb; sonstcn, wie vor disen<br />

anzaigt, außer goldt und silber arbaiter, küßler uud urmacher,<br />

und dise 2 thierlenniacher, auch etlichen mahlern, hat es alhie<br />

nit geschückhtere nnd fleißigere leut, alß in andern Stätten,<br />

in disen arbaiten aber mügen sie hie wol passieren, so auch<br />

die barchetmacher, und leinwathweber, dern es am grose anzahl<br />

hie hat.<br />

Deß Di'. Braitschwerts bedenkhen würdt noch in höchster<br />

gehaim gehalten und niemandt eommuniciert anch noch <strong>für</strong><br />

die Ritterschafft nit abgeschrieben werden, man will zuvor vernemmen,<br />

wie sich der Haylbronnische uniontag werde anlassen,<br />

und waz weiter möchte gehandlet oder begert werden, beforab,<br />

weil es wider vermueten tägliche uovitHtoä jezt im reich gibt<br />

und man bey so gestalteten fachen schier nit waist, wer der<br />

mächtigest und wer daz Haupt ist, oder wa es noch hinauß will.<br />

Haben also E. F. Gn. gehorsamen bericht über dazjenig,<br />

waz in obangedeuten küstlin ist. Dise tag sein etliche burger von<br />

Stralsondt, (under welchen der aine Niklauß Matheuß, der<br />

andere Raphael Erich, deß dritten und 4. namen waiß ich nit,)<br />

bey mir gewest, deneit ich meine natnralia nnd


Von Di-. Schlegel. 173<br />

(dan von antichischen ich nichts habe) gewisen,<br />

und auf E. F. Gnd. alß unsers gnd. Fürsten und Hern, gesundthait<br />

ainen becher ohn ainen bodcn (in welchen gleich wol<br />

ain quärtlin wein gehet) außgebracht, welche mir versprochen,<br />

am hineinraysen ihren weeg auf Stetin zu zunemmen, E. F.<br />

Ond. meine underthänige gehorsame und ganz willigste dienst<br />

underthanig anzuzaigen, und mit hineinzufueren, waz ich ihnen<br />

aufgeben würdt, denen gcdenckh ich inner 8 tagen ain küstlin<br />

zuzurichten und es nach Nuernberg Zu schückhen, per (?) dohiu sie<br />

von Speyr auß zu khommen gedenckhen, den weil sie ihren Schwägern<br />

den Dr. Töellman nit alhic gesunden, sondern vernommen,<br />

daß er in deß Hern Pfalzgrafen von Neuburgs diensten zu<br />

Speyr ist, so sein sie ihme nachgerayset, wollen sich doch nit<br />

lang mehr heraussen aufhalten, sondern ehest wider nach hauß<br />

rayssen, so daß ich mich mit aim küstlin zuzurichten auch nit<br />

säumen will, es sein mir erst vor 2 tagen der proces (so die<br />

Margräfin Sibilla von Burgaw, als sie noch ledig standts<br />

Ware, wider die Herzogin Jakobe von Gilch löblichsten gedechtnuß<br />

angestclt,) neben den bcgerten Gilchischen fachen abzuschreiben<br />

zukhommcn, welches eben sehr vil, und weil es ehrruerige<br />

sachen und <strong>für</strong>stliche Häuser antrifft, und deßwegen<br />

billich in höchster gehaym solle gehalten werden, so gib ichs<br />

underschidlichen abzuschreiben und sage khainem vom andern,<br />

darmit khainer weder trum noch endt, noch wisse, waz er<br />

schreibt, underthäniger Hoffnung, E. F. Gud. werden mir solches<br />

nit in Ungnaden vermerckhen, noch ainem Iinfleiß zuschreiben,<br />

dan es umb deß besten willen geschühet, und ist besser, waz<br />

wenigs mehr gespendiert, darmit man nit dardurch in gefahr<br />

khomme, weder daz, wens ainer oder 2 allein schrieben, ain<br />

darauß erwachsen solte. So hab ich auß I^Iii-<br />

)id1iotIi00Ä die iiiLoriptionoL 88. v6tn8tHtÌ8 gekhaust<br />

umb 3 tlr. welches buch nit mehr zu bekhommen, in<br />

welchem E. F. Gnd. auch leichtlich werden fünden, daz deroselben<br />

gndigst gefällig. Es ist auch in gedachter dik1iotli6(^<br />

daz ^Lti'onomionin (^089.rouui fail umb 15 st., Hoffete es<br />

umb 12 fl. zu erhalten, und ist dises buch auch nit mehr


174 Achter Brief Philipp HainhoferZ.<br />

fail zu fünden, wa es E. F. Gnd. nit zuvor haben, und in<br />

ihre did1Ì0tQ60Hin gnädigst begeren, will ichs <strong>für</strong> dieselbe<br />

auch auf daz wolfailst khauffen, so müglich, und hineinschückhen.<br />

Die statuti iaini1Ì3.6 ää. I^niiFHrtnyi-oi-uiii sein auch<br />

bey der handt, albereit abgeschrieben, und werden, weil es vil,<br />

mit ersten gemelten fachen gesant im küstlin, hab <strong>für</strong> commi!ni0Hti0H6m<br />

und abschreiberlohn st. 10 zahlen musen, und ob<br />

man wol diefe 8www auf allen Universiteten berathschlagen,<br />

und in ottima toi'MH mit Kayserlicher Authoritet versichern<br />

lassen, so ist doch alles strittig worden, und ist daz recht diser<br />

Zeit nie so recht, daz manß mit khünde krum und disputierlich<br />

machen; hat vileicht den alten Paungartner auch Gott straffen<br />

wollen, weil er gleichsam Gott versuecht, und sich auf menschliche<br />

weyßhait und stärckhe verlassen gehabt, der alte Paungartner<br />

hat über die --^ st. verlassen, die vermainte Erben<br />

jezundt gehn wie betler umb, so khan Gott auß etwaz nichts<br />

machen.<br />

Waz ich <strong>für</strong> Niderländifche und thailß verdeutfchete schriften<br />

beysamen habe, ersehen E. F. Gnd. anß der list^ ist waz<br />

darunder, daz E. F. Gnd. gnädigst beliebet, laß ichs abschreiben,<br />

und da es nit verdeutscht were, so verdeutsche ichs selbs vollents,<br />

sein meins erachtenß mehrertheils ^ro^tsi- aivsi-ga. contsuta<br />

wol zu lesen.<br />

Es ist mir von einem sehr <strong>für</strong>nemmen Bapstischen Hern<br />

Ihrer Drchl. in Bayrn dem Kayserlichen gesanten gegebne resolution<br />

communiciert worden, welche ich nit waiß, ob ichs<br />

pro vsra. oder ^6nLäa. halten solle, beforauß, weil darin<br />

stehet, daß der Kayser ihme, Herzogen in Bayrn, die 6X6cutioQ6iQ<br />

wider die ungehorsame surften anbefolhen habe, welches<br />

vil were, obs nur Bayrn ihme zu ehren (daz er bey ihrer<br />

Mayl in so grosem ansehen wegen anbefolhener execution<br />

und begerten correspondenz) oder zu guetem glümpfen<br />

(daz er von den protestierenden desto mehr geliebt werde,<br />

wan er die 6X6eutioQ6iii wider sie abschleht) oder aber den


Von Di-. Schlegel. 175<br />

protestierenden znm schröckhen (wan sie vom ernst vernemmen,<br />

daz sie die Waffen desto eher niderlegen) spargieren last, khan<br />

ich nit wissen; von ainem andern orth vernimme ich wol, daz<br />

der graf von Zollern bey ihrer Drchl. in Bayrn darnmb ge-<br />

West seye, umb <strong>für</strong> daz newe werbende Puchaimische regiment<br />

den musterplaz in seinem landt zu begcrn, allenweil daz<br />

Bistum Passau sehr ausgezehrt, und man dises Volckh im<br />

Bayrn ant mainsten bedürften würdt, angesehen man noch nit<br />

waiß, wa die <strong>für</strong>sten in Bayrn, wan sie im Elsaß fertig,<br />

möchten amen einfall thon, demnach die sag starckh gehet, zu<br />

Camm ligen schon in die


176 Achter Brief Philipp HamhoferZ.<br />

herzog wolle sich nit darein legen, so gar nit, daz da er zu Brüssel<br />

in aim lustgarten mit ihme Collation hielte, und die mulinierte<br />

soldaten in seinen Dienst begerete, ihme der Spinola<br />

geantwortet: er wolte eher seinem Kunig 3 Vöstungen vergeben,<br />

alß die mutinierte soldaten dienen lassen, so hab er<br />

Erzh. auch dem Pfalzgrafen Wolff Willhalm nach Disseldorf<br />

geschrieben, wen ers ihe verlassen solle daz landt und die<br />

Vöstung Gilch, so wolt ers am allerliebsten ihme Pfalzgrafen<br />

vergönnen, die Kay. May^. aber, wens wahr ist, waz man<br />

schreibt, sein aines andern süns; dan undern dato 28. Iuuio<br />

avisiert man von Prag volgendc worth: So würdt daz<br />

Gilchische Wesen auf dise weiß biß zu außtrag deß rechtenß<br />

angestelt, daz der Churf. von Sachsen dieselbe <strong>für</strong>stenthumb<br />

solle so lang administriern, biß es durch daz Rom. reich auhgesprochen<br />

und erkhant würdt, wem nemlich solche von rechts<br />

wegen gebüren, zu solchem endt lasse alberait der^ von Sachsen<br />

Zu Dreßden 3 regiment knecht werben, über solche sollen die<br />

obriste sein, der Reingraf, der Ginterott, der von Gayßberg<br />

nach Gilch zu gebrauchen, es ist auch gestern alberait von<br />

Ihr Kay. May^. nach Franckhreich spediert worden, umb dieselbe<br />

Künigin abzumahnen, daz versprochen Volckh mit heraußkhommen<br />

zu lassen, weil diser billiche weeg <strong>für</strong> die handt genommen<br />

werde. Gleich jezo vernimme ich, daz der Churf.<br />

von Sachsen heint von Kay. May^ die lehn der Gilchischen<br />

landen gegen ainem revers empfahen solle, so aber anderer<br />

<strong>für</strong>fallender Ursachen halber nit beschehen, sondern ist auf khünftigen<br />

Mittwoch verschoben worden; duc i1i6. Wen nun der gestalt,<br />

daz doch nit glaublich, ihre Mayl wolten die protestierende in<br />

ainander knüpfen, wurdts dem hauß Oestereich vermuetlich,<br />

auch nit zu geringem nachthail raichen, und sachßen grose muhe<br />

und macht brauchen die P083688 zu Gilch einzunemmen, und die<br />

andere auß zuschlagen, er wolte den dem Brandenburger ins<br />

land fallen und Braunschweig zum gehilfen haben, wie ich<br />

vil <strong>für</strong>chten, beschehen möchte,<br />

Waz der lottringsche gesante zu Stutgart bey Ihren Fr.<br />

Gnd. verrichtet, würdt zweifelsfrey Di'. Vechler in beygelegtem


Von Dr. Schlegel. 177<br />

schreiben E. F. Gnd. vermelden, mich darauf referiert; über<br />

deß Künig in Franckhreichs abfall sein die poutikt^ nit hoch<br />

erschrockhen, dan sie immer noch hoffen, den protestierenden<br />

solle die versprochene französische hilf dardurch entzogen, und<br />

die Künigin, so guet jesuiterisch ist, ihnen nit so wol, alß ihr<br />

Künig gewogen sein. Zn Prag trawet man auch nit gar hoch,<br />

von bannen dise 63,i'iniii3. khommen:<br />

86IitÌ8 prOViäa. 8ÌAQ3.<br />

0IQI168) Hill t6<br />

l^iiiiit) 6t 811^)61'6886<br />

68 3) DomiiiO) VÌQ668 1106<br />

VÌ11668 IiÌ6 6t 1il)iqi16 ti108.<br />

Die Künigin hat den Hugenotten den friden 6.6 H0V0<br />

6 6t 80ii6Q1lit6I' confirmiert, und 6X661^111111 I.^1NHÌ8<br />

zugelassen, es scheint aber auß Nr. 3. und 4., die lioner wollen<br />

nit recht trawen, und würdt sich sonderlich der teufel und<br />

sein anhang under dises jungen Künigs und seiner fraw Mueter<br />

regiernng waidlich brauchen, wie dan auß den Straßburger<br />

3.VÌ3Ì und der <strong>für</strong>sten pretext in daz Elses, sonderlich aber auß<br />

den vertrewlichen ra.AAii3.Aii auß Schweizerlandt genugsam zu<br />

sehen, welches fewr sich auch schon zümlich weit einreisset, zwar<br />

vor disem mehr beschehen durch Frankreich aber jederzeit<br />

wider gestilt worden, weil aber der Franzoß tod, vermaint der<br />

Spanier desto mehr lnfft zu haben, die Schweizer noch mehr<br />

zu zerütten, und sie zu selaven zu machen, wie sie dan durch<br />

ihre zertrennnng und lH6tioii68 zümlicher Massen darzue<br />

worden, alß anß einer langen trewherzigen vermahnnng an sie<br />

zu sehen, welche E. F. Gnd. ich auch im küstlin underthänig<br />

schückhen will, und wol zu lesen ist.


178 Achter Brief Philipp hainhoferZ.<br />

Erzherzog Leopoldus ist von hinnen nach Passaw geraiset,<br />

den soldaten guets herz geniacht, er wolle ihnen baldt<br />

gelt schückhen, sie haben aber schlechten glanben daran, sondern<br />

sagen, wen er sovil gehabt hette, wurdt er zu Gilch blieben<br />

sein, man hat über seinen namen beyligende ^ln^r^mui^tH<br />

gemacht, dergleichen gedücht zwar nicht zum friden, sondern nur<br />

zu mehererer Verbitterung dienet, und besser were, mans<br />

underliesse.<br />

Im Maylandischen st^to ist auch grose praeparation<br />

zum krieg wider Savoia, maincn ihr vil, es seye ain verdeckhtes<br />

essen, und wollen die Vencdiger dem Bapst und Fuentes<br />

nit trawen, stärkhen sich auf den frontiern auch sehr, und werden<br />

zu schaffen geben, wer an sie khommet.<br />

Mains entHalts so habe E. F. Gnd. ich vor disem von<br />

ainer kettin geschrieben und abriß geschückht, dern Herr graf<br />

von Althaim 6 gleiche allhie angefrümbt, anjezo schückhe E.<br />

F. Gnd. ich underthänig den Patronen in bley abgegossen,<br />

beneben etlich andern bleyinen abgüssen, <strong>für</strong> welche alle ich<br />

st. 4 bezahlt, khan ich mehr abgüß zur handt bringen, so<br />

underlasse ichs auch nit.<br />

Für die 2 silberne Pfening, ist nichts, dan ichs von den<br />

meinen abguesen lassen, under welchen ich den ainen, nemllch<br />

ihr Drchl. in Bayrn, in goldt habe, in ainem gedreheten<br />

schwarzen Ebeno kränzlin, so ihr Drchl. selbs gedrehet, und<br />

alß sie bey mir waren, und sahen, daz ich mich der modernischen<br />

pfening delectiere, mir ihne gnädigst verehret, beneben vermeldt,<br />

sie geben jezt etlich jähr hero khaine gnaden Pfening<br />

mehr auß, weil sie nit mehr regierender Herr sein, darmit ich<br />

jedoch ihrer Drchl. gnädige affection <strong>für</strong> andern verspüre, so<br />

verehren sie mir gnädig ihr büldtnuß, daz ichs zu andern<br />

guldinen Kayserlichen und <strong>für</strong>stlichen büldtnussen und pfeningen<br />

aufbehalten wolle, neben anerbuetung viler gnad, wan ich gen<br />

München khomme, die mir ihre Drchl. gnädigst erzaigen wollen,<br />

und hab ich darnach gar vil schrieben von ihrer Drchl. neben<br />

andern gnädigsten Verehrungen mehr empfangen, alleildiewcil<br />

ich hin und wider vil khunstsachen von alten mahlern, item


Von Dr. Schlegel. 179<br />

von indianischen sachen muesen einkhauffen, von mehr orthen<br />

beschreiben, und auß meiner selbs ra^oiiH und cabinet volgen<br />

lassen, wie sie dan ihre Drchl. trefflich wol auf alle sachen<br />

verstehn, jederzeit baare bezahlung zum einkhauff verschaffen,<br />

und sich khain gelt rhauwen lassen; sonderlich wurdt ich grose<br />

gnad erlangt haben, wan ich auf dero gethanes gnädiges begeren<br />

hette 4 englische schaaff und am wider, item am Aurochsen<br />

und khue mit grosen Hörner bekhommen khünnen aus<br />

ihren Mayrhof nach Schleißhaim, alda sie mancherley selzame<br />

thier haben, under anderm 4 littawische böekh, mit 5 und<br />

6 Hörner, die man mir geschenckht und ich sie Ihrer Drchl.<br />

underthanig verehrt; sie haben allen costen und uncosten gern<br />

bezahlt, und aigne fuehren, die englischen fchaaff zu Staden<br />

abzuholn, fchückhen wollen, wie ich mich dan auch vil bemuhet,<br />

aber ich Habs mt khünden zu wögen bringen, und hat fichs<br />

wegen groser gefahr und verboths niemandt uuderstehn wollen<br />

auß dem Künigreich zu fuehren, dan man furchtet, fie mehren<br />

sich außerhalb, und befchehe dardurch mitler weil der englischen<br />

woll am abbruch, alß alberait mit der spanischen woll beschehen<br />

ist; nur begerete es Bayrn nit zur Zucht <strong>für</strong>nemlich,<br />

sondern nur zum lust, ich getrawe mir aber diß orths weiter<br />

nichts zu verrichten, dan ich niemandt in gefahr <strong>für</strong>fezlich<br />

bringen will.<br />

Es haben mir Ihre F. Drchl. Herr Margraf zu Cullenbach<br />

und Herr Margraf zu Durlach auch schöne gnadenpfening<br />

verehrt, auf ihenem ihrer F. Gnd. und dan ihrer F. Gnd. Gemahlin<br />

büldnuß: auf disem Ihro F. Gnd. büldnuß, und hinden<br />

am todenkopf darbey Miviä 6t mudi-a 3ninu8. Dieweil<br />

aber khaine andere revers oder motti darbey, so hab ichs<br />

nit abguesen lassen, begeren aber E. F. Gud. noch gnädigst<br />

abguß darvon, so es alßbaldt gehorsam beschehen, und<br />

bin ich im werckh auß mein stambuch außzaichnen zu lassen,<br />

waz <strong>für</strong> E. F. Gnd. möchte ü> proposito seyn, und es alles<br />

in aine schöne schreibtafel zu verfassen, die ich ^ poäta. zurichten<br />

lasse, E. F. Gnd. underthanig zu verehren.<br />

Weil meine nunüäm^tH) wie gemclt, alle inodoruH, alß


180 Achter Brief Philipp hainhofers.<br />

cnnfache, dopplete, dreh, vier, 5, 6, und lOfache dncaten, am«<br />

fache nnd doppelte krönen und goldtft. ainfache, doppelte, 3, 4,<br />

und 5fache taler fein, auf welchen khaine fondere motti, sondern<br />

allain derjenigen Potentaten und Ständt bnldtnusseu,<br />

Wappen und namen fein, die sie prögen lassen, fo ist von denselben<br />

nichts abznzaichncn; wol aber waiß ich in ainer pupillenpfleg<br />

aine guete anzahl haydnischer, griechischer und constantinopolitanischcr<br />

gnldincr, silberner und metalliner pfening mit<br />

schönen darzne gehörigen buchern umb nachzuschlagen, waz es<br />

<strong>für</strong> Pfening sein, welche der alte Dr. Adolph Occo scl. vilmahlß<br />

sehr geruembt, von ainem flirnemmen orth her khommen und mit<br />

nluhe und Unkosten von der Pupillen vorältern sein colligiert<br />

worden, khan ichs durch mittelß persohnen in aim rechten gelt<br />

alles mit ainandcr überkhommen, under dem schein, alß wan<br />

ichs fiir mich in mein khnnftkhammerlin khauffen wolte, fo will<br />

ichs nit underlaffen - der Herzog in Bayrn hats durch Hern<br />

Marx Fngger vermainet zu khanffen und wol zu bezahlen, die<br />

tutoli habenß aber bißher noch nit wölln hingeben, noch auß<br />

der Statt lassen, sondern gesagt, wan sies ihe soltcn hingeben<br />

und daz gelt dar<strong>für</strong> anlegen, so wolten sies lieber ainem burger<br />

gönnen, der lust darzue hat, darmits in der Statt bliebe, ich<br />

will mein bestes darmit thon, und wan ichs bekhommen khan,<br />

E. F. Gnd. seiner Zeit gehorsamlich anzaigen, möchte vileicht<br />

E. F. Gnd. zu ihrem intent bas dienen, alß khainem andern<br />

surften, Vayrn hat über -^ st. pfening beyainandcr, mit welchen<br />

Dr. Oeco felig ^/4 jähr nmbgangen, biß ers in ain ordnung<br />

gericht und beschrieben, der hat offt bekhant, daß uuder<br />

disen Pf. gar vil feyen, die der Bayr<strong>für</strong>st under den seinen nit<br />

hat. Im Reich höre ich, soll nicmandt den Kayser mit groser<br />

anzahl schöner pfening übertreffen.<br />

Her hanß Fugger felig hat auch umb ^ st. pfening<br />

zusamen khaufft gehabt, aber ist mit verfälschten und abgossnen<br />

Pfennigen, die nit authcntie gewest fein, weilß er nit verstanden,<br />

fehr betrogen worden. Diser Pupillen pfening vermain


Von Dr. Schlegel. 181<br />

ich, möchte bey 300 oder darüber sein, khans nit eigentlich<br />

wissen, sein in der Erbschaft mit den dazne gehörigen bnchern<br />

nmb taler 300 angeschlagen worden, wen es aber znm khauff<br />

solte khommen, weil der eine Pfleger mir nach verfraint, Hoffete<br />

ich sie in rechten: Prayß zn haben, darvon aber seiner<br />

Zeit ain mehrers.<br />

E. F. Gnden schückhc ich hiemit anch nnderthanig von<br />

meinen Pfennigen ain venedifchen newen Dncaten, der . . 6 und<br />

ß. 4 gilt, erst daz verschiene jähr sein aufkhommen und brögt<br />

worden, und ist nichts dar<strong>für</strong>, wie auch <strong>für</strong> darzue gelegten<br />

Augsburger goldt fl. nichts ist, sondern nur zur anzaig meiner<br />

gehorsamen underthanigcn affection gegen Ew. F. Gnd. dienet,<br />

denen nichts versagt solle werden, waz in meim vermügen ist;<br />

der aine goldtfl. mit der büldtnuß ist von denjenigen, wie<br />

man H" 82 im Reichstag alhie dem Kayser amen becher voll<br />

verehrt gehabt, alß wie brüchig, daz alle statt waz verehren,<br />

der ^2 unv 3^4 Zechin sein auch von meinen münzen, und<br />

weil sie nit gar gemain, hab ichs auch darzue gelegt, der underthänigen<br />

hofnnng E. F. Gnden Werdens nit Ungnaden vermerckhen,<br />

daz ich mit so schlechten sachen aufzeuch, fein halt<br />

anstatt aincs mustcrs und sonderlich die goldtfl. sonst alhie nit<br />

zu haben, dan man nit vil gebregt hat.<br />

Die zu Prag anwesende Chur- und surften, wie ich vertraulich<br />

berichtet würdt, haben under andern: proponiert, daz<br />

man aine ansehenliche legation solte zu bayden surften nacher<br />

Disseldorf abordnen, und fie bereden, daz sie die vermaintlich<br />

Possedierente landt solte ansehenlichen administratorn, die<br />

Ihre Kay. Mar/ dahin verordnen werden, biß zu rechtlichem<br />

ausspruch abtrctten, oder da sie dahin nit zu bereden werden,<br />

daz sie nit alß aigene Hern, sondern alß Kayserliche ^äuiini-<br />

8tra


182 Achter Brief Philipp tzainhofers.<br />

gnuegen, daz Ihre Mar/ etliche ansehenliche Chur- und surften<br />

darzue ziehen wollen, die neben Ihrer Mar/ den außspruch<br />

formiern helfen, darmit nicmandt ab der partialitet zu klagen habe;<br />

waz nun noch ervolgen würdt, wollen wir baldt gewahr werden.<br />

Es hat am <strong>für</strong>nemmer Herr über Burgawische gueter<br />

etliche bericht begcrt, der ihme beyligender gestalt erfolgt, so<br />

mir auch vertreulich eommunicicrt worden und obwol es daz<br />

ansehen gehabt, alß werde Her Margraf von Burgaw strakhs<br />

herausziehen und zu Ginßburg residiern, so ist es doch Wider<br />

still, daz Schloß zu Ginßbnrg auch noch nit außgebawet,<br />

würdt vileicht am gelt zu der außlösung manglen, ohn welches<br />

er nit weichen will, auch ungern von Anebris herauß khommet,<br />

vil weniger ist Her Villinger gern von seim gut abtretten,<br />

Erzh. Maximilianus und diser Margraf khünden sich nit wol<br />

in Tyrol bey ainander begehen, gibt sonderlich im geyaidt<br />

81IQU.i3.tÌ0I168 ab.<br />

E. F. Gnd. haben auch hierbey gnädig 6 bogen 86or6ti<br />

abermahlen zu empfahen, mit nechstem volgt ain mehrers<br />

underthaniger Hoffnung, E. F. Gnd. werden feider neben andern<br />

fachen auch mein gesanter conto i)r0 fl. 383^/8 sein zukhommen,<br />

und sie dem lebzelter zu entrichtung dessen, und der noch<br />

verehrten 100 rt. dem Vossis so auch sein st. 140, zusamen<br />

fl. 523^/8 gnädige Verordnung gethon haben, daz er mirs bezahle<br />

; da es aber noch nit beschehen were, und es E. F. Gnd.<br />

nit zuwider, khünden sie, umb gerade äummain im wixel nach<br />

Nuernberg zu machen, st. 600 zu zahlen, gnd. verschaffen, fo<br />

folle der Ueberrest im nechsten conto auch fchon ordenlich verraitet<br />

worden, doch alles E. F. Gnd. gnädigen willen haimstellent<br />

und nit verlangen gnädige schreiben erwartent, dan<br />

mir feider dem von 9. Mayo khain schreiben von E. F.<br />

Gnd. zugelangt, und wol gern wissen wolt, ob E. F.<br />

Gnd. khainer meiner schreiben außgeblieben, dan derofelben<br />

ich auf 12. 19. 20. und 29 Mayo, auf 2. 9.<br />

16. und 27. Iunio underthänig geschrieben, und allezeit<br />

waz leswürdiges mitgesant habe, auch nit guet, wens in<br />

frembde händt khommen weren, also alle . . . erwarte, daz


Von vi-. Schlegel. 183<br />

gndgst HVÌ80 von E. F. Gnd. mir zn lange. Wünsche hiemit<br />

E. F. Gnd. glückhlich, fridliche regiernng und gesundes<br />

leben, und befelchc dcroselben zu hoch<strong>für</strong>stlichcn Gnaden mich<br />

gehorsamlich.<br />

Dat. Augspurg ^. ä. 7. Iulio st. n. 1610.<br />

E. F. Gnd.<br />

underthäniger gehorsamer<br />

Philippus Hainhoser.<br />

Daz 86or6tum mit der schrift auf den leib hab ich geprobiert,<br />

es gibts mit limon safft uud mit nrin^ gar perfect,<br />

und sagt er Vossis, im merzen seinen aignen urin^in deß<br />

morgenß nüchtern getrunckhen, sichere ainen dasselbe ganze Jahr<br />

vor dem sieber.<br />

,


Fund im Torfmoor bei Gingst.<br />

Mitgetheilt vom Grafen von Krassow.<br />

Nahe bei dem Flecken Gingst auf Rügen liegt ein der<br />

dortigen Pfarre gehörendes fehr tiefes Torfmoor, aus welchem<br />

der Torf durch Kefcher (Hamen) in bedeutender Tiefe gewonnen<br />

wird. Hierbei werden oft Scherben von Thongefäßen, feltener auch<br />

fast heile Gefäße zu Tage gefördert; dieselben sind theils glatt<br />

und roh gearbeitet und bestehen aus Thon, der mit kleinen<br />

Granitkörnern gemischt ist; theils aber sind sie von feinerer<br />

Arbeit und mit Linien in sehr verschiedenen Mustern verziert.<br />

Seltener sind andere Dinge gefunden, welche eine Benutzung<br />

der Stätte durch Menschen bekunden, z. V. angebrannte Holzstücke,<br />

Knochen und Steingeräthe; letzteres dürfte seinen Grund<br />

darin haben, daß dieselben vermöge ihrer Schwere in der flüssigen<br />

Torfmafse bis auf deren feste Unterlage in solche Tiefe<br />

Hinabgefunken sind, daß der Kescher des Torfmachers sie nur<br />

ausnahmsweise erreicht. Die seit zehn Jahren dort gefundenen<br />

Alterthümer sind zum bei weitem größten Theil meiner Sammlung<br />

rügischer Alterthümer einverleibt. Es ist mir nicht zweifelhaft,<br />

daß hier einst ein Pfahlbau gestanden hat, obwohl ich<br />

das Vorkommen von Pfählen noch nicht mit Sicherheit habe<br />

constatiren können. Ehe ich auf die Funde aufmerksam wurde,<br />

ist nicht darauf geachtet und wohl Manches zu Grunde gegangen.<br />

Die vorhandenen Pfähle mögen durch das seit vielen<br />

Jahren betriebene Keschern des Torfes größtentheils zerbrochen


Vom Grafen von Krassow. 185<br />

sein. Im vorigen Jahr hatte<br />

der Torfmacher einiges Holz<br />

zu Tage gefördert, welches der<br />

Beschreibung nach wohl von<br />

Pfählen abgebrochen sein mag;<br />

leider habe ich die Bruchstücke<br />

nicht gesehen; der Arbeiter<br />

hatte sie erst trocknen wollen,<br />

ehe er sie nur ablieferte, und<br />

dabei waren sie abhanden ge-<br />

kommen. In diefem Frühling<br />

nun ist ein Geräth von Eichen-<br />

holz gefunden, welches eine so<br />

eigenthümliche Gestalt hat, daß<br />

ich es <strong>für</strong> angemessen halte,<br />

hierbei eine Zeichnung dessel-<br />

ben einzusenden. Die Maße<br />

sind von H—d 8 Centimeter,<br />

von d—


186 Fund im Torfmoor bei Gingst.<br />

daß sie an der Luft sehr bald abbröckelte. Nach dem Trocknen<br />

ist die kreisrunde Form fast unkenntlich geworden und erscheint<br />

das Stück jetzt abgeplattet.<br />

Pansé Witz auf Rügen,<br />

den 24. Juli 1879.<br />

Recept <strong>für</strong> ubermeßige<br />

Graf von Krassow.<br />

N. Sawrteich wie zwei Fenste groß, schwartze Sepfe wie<br />

zwei Finger groß, Zwei Leffel vol weißen gemahlenen Senpff,<br />

von zweyen Eyern das Weiße und eine Handtool Saltz, diß<br />

alleß fein durcheinander gemenget, also daß es einig ist, darnach<br />

Henpfhede genommen, fein dicke von einander gezogen, drauf<br />

daß Vorige aufgestrichen und des Abends, wen man schlaffen<br />

gehen will, unter die holen Fnße gebunden, damit schlaffen<br />

geleget biß morgents, diß 2 oder 3 Abendt nach einander ge-<br />

braucht, ^rodatimi 63t.<br />

') Staatsarchiv zu Stettin: Wolg. Arch. Tit. 89. Nr. 15. Das<br />

Schriftstück ist nicht datirt, stammt aber aus dem Anfang des<br />

17. Jahrhunderts und hat nach Papier nnd Schrift ein amtliches<br />

Ausfehen.


Bruchstück cincs mittelniederdeutschen<br />

Mcnologiums.<br />

Mitgetheilt von Robert Hasenjäger in Stettin.<br />

Hierzu zwei Tafeln.<br />

Das im Nachstehenden mitgetheilte Bruchstück eines mittelniederdeutschen<br />

Menologiums findet sich auf einem Pergamentblatt<br />

in Quart, das von Herrn Archivar Dr. R. Prümers in<br />

der Bibliothek der <strong>Gesellschaft</strong> aufgefunden wurde, zusammeu<br />

mit einer Papicrhandschrift, enthaltend ein Fragment einer<br />

mitteldeutschen Margarethenlegende. Letzteres wird voraussichtlich<br />

in nächster Zeit in der von Höftfner und Zacher herausgegebenen<br />

Zeitschrist <strong>für</strong> deutsche Philologie bekannt gemacht<br />

werden.<br />

Was nnn unser Menologium hier angeht, so hat sich mir<br />

leider weder aus der Sprache uoch aus dem Aeußcren des<br />

Pergamentes ein Anhalt ergeben, der darauf führen könnte,<br />

über die Zeit und den Ort der Entstehung Genaueres Zu ermitteln.<br />

Doch glaube ich, daß die Abfafsungszeit wohl noch<br />

in das XIV. Jahrhundert zu setzen ist, worauf auch in der<br />

Schreibung das ziemlich häufige lauge l am Ende der Wörter<br />

zu deuten scheint.<br />

Das Bruchstück enthält nun die Tage vom 9. bis 13.<br />

November, doch fehlt vom 9. der Ansang, vom 13. der<br />

Schluß. Uutcr jedem Datum werdeu die Heiligen aufgeführt,<br />

und von einigen unter ihnen wird eine knappe Lebensbeschreibung<br />

gegeben. Daraus folgt unter dem Texte zu jedem Datum<br />

eine Reihe farbiger Abbildungen, die Momente aus dem Leben<br />

der Heiligen darstellen. Der Raum, auf dem die Abbildungen<br />

stehen, hat eine Höhe von etwa drei Centimetern und erstreckt


168 Bruchstück eines mittelniederdeutschen Menologiums.<br />

sich von dem schmalen inneren bis zn den: breiteren änßeren<br />

Rande des Pergamentes.<br />

Von den unter dem Texte znm 9. November stehenden<br />

Abbildungen lassen sich nur die auf der rechten Seite des den<br />

Abbildungen zugemessenen Raumes sicher deuten. Iu zwei<br />

Bildern werdeu Scenen aus der Marter des heiligen Theodorns<br />

dargestellt. Die Hände über dem Kopfe Zusammengebunden<br />

hängt der nackte Körper des Heiligen da, (wie überall, so anch<br />

hier, ist der Farbenton des Fleisches nicht wiedergegeben, das<br />

Haupthaar ist immer dunkelblond) in den der im Profil gezeichnete<br />

Folterknecht mit rothem Obergewandc und lila gefärbten<br />

Beinkleidern das Folterinstrumcnt, einen eisernen zackigen<br />

Haken, zum Zerreißen des Fleisches eingesetzt hat. Rechts von<br />

dieser Gruppe, so daß ein wenig der Zeichnung auf den breiten<br />

Rand des Pergaments übertritt, ist der Heilige auf dem brennenden<br />

Scheiterhaufen liegend dargestellt, die Hände anf den Rücken gebunden.<br />

Das Obergewand ist blan, die blonden Haare nmgiebt<br />

eine gelbe Aureola. Das Feuer des Scheiterhaufens ist dargestellt<br />

durch rothe züngelnde Flammen, die den Körper des Heiligen<br />

rings umgeben.<br />

Die Abbildungen des linken Theils, von den eben beschriebenen<br />

durch ein herzförmiges Blatt anf knrzem Stiele getrennt,<br />

stellen, wie ich vermuthe, zwei Episoden aus der Marter des<br />

heiligen Arestas oder Orestis dar. (Die vita bei Lanrentins<br />

Surius IV. 9. Novbr. Seite 237.) Die Hände auf den Rücken<br />

gebunden, den Kopf zur rechten Seite gedreht und die Augen<br />

zum Himmel emporgeschlagen, erscheint der nackte Körper des<br />

Heiligen hängend; die blonden Haare sind von einer hellgrünen<br />

Aureola umgeben. Zu seiner linken Seite der Folterknecht im<br />

Profil gezeichnet; mit halb abgewandtem Gesicht holt er, in<br />

den hocherhobenen fänden einen Knittel haltend, znm Schlage<br />

aus. Die Farbengebung ist dieselbe wie vorher. Neben dieser Grnppe<br />

zur Mitte des Blattes hin ein Stück einer ereuelirten Kerkermauer;<br />

in dem Fenster des Kerkers ist das Gesicht des Heiligen<br />

von einer gelben Aureola umgeben, sichtbar. Die Maner ist blau,<br />

das Fenster matt lila gefärbt, die Färbung der Haare vergessen.


Von Robert Hasenjäger. 189<br />

Schließlich sind noch zn erwähnen zwei in keinem erkennbaren<br />

Znsammenhange mit den übrigen Abbildungen stehende<br />

Brustbilder von Heiligen. Sie sind kaum halb so hoch als<br />

die anderen Abbildungen des Pergaments. Das eine derselben<br />

befindet sich oben rechts neben der vorher erwähnten<br />

Mauer, das andere oben links neben dem hängenden Arestas,<br />

so daß es schon ans den schmalen Rand des Pergamentes zu<br />

stehen kommt. Die Aureolen sind gelb und, was sonst hier<br />

nicht mehr vorkommt, von se drei rothen Streifen durchbrochen.<br />

Die rechten Schultern sind mit rothen Mänteln bekleidet, so<br />

daß man in diesen beiden Brustbildern wohl Bildnisse der beiden<br />

Heiligen und Bischöfe Ursinus von Bourges und Vieto oder<br />

Vito von Vcrdun zu sehen hat, die zusammen mit Theodorus<br />

und Arcstas die von Laur. Surius a. a. O. unter dem 9. November<br />

angeführten Heiligen sind. ^)<br />

Die Mitte des Raumes, der die Abbildungen zu dem<br />

unter dem 9. November stehenden Texte enthält, nimmt das<br />

Brustbild eines Bischofes ein und ist wohl aus den heiligen<br />

Nkrtinuä p^pH zu beziehen. Den Kopf ziert die Bischofsmütze<br />

und eine hellgrüne Aureola. Die Schultern umgiebt ein<br />

rother Mantel mit gelber Verbrämung, um den Hals schlingt<br />

sich ein gelbes Band. Zur Rechten dieses Bildes wird die<br />

Enthauptung der drei im Texte genannten Heiligen Tiberius,<br />

Modestus, Florentia in einem Gruppenbilde dargestellt. Die<br />

Gruppe der in Brustbildern gezeichneten Heiligen ist so geordnet,<br />

daß zwei derselben, von denen der links befindliche um die<br />

allein sichtbare linke Schulter einen grünen Mantel mit breitem<br />

gelbem Rande trägt, den Vordergrund einnehmen. Im Hintergrunde<br />

steht der dritte Heilige, von dem nur der obere Theil<br />

der (übrigens verzeichneten) Aurcola, die Stirn und der Hals<br />

sichtbar werden. Liuks ueben dieser Gruppe steht der Heuker<br />

l) Nach dem durchgehenden rothen Kreuz zu schließen, welches den<br />

Heiligenschein dieser beiden Figuren ziert, ist darunter Christus zu verstehen,<br />

welcher dem Märtyrer im Gefängniß und während der Marter erscheint.<br />

Da<strong>für</strong> spricht auch die über dem Bilde schwebende Stellung.<br />

Anm. der Red.


190 Bruchstück eines mittelniederdeutschen MenologiumZ.<br />

in hellgrünem Obergewand im Begriff mit dem hoch über dem<br />

Kopfe geschwungenen Schwerte die Hinrichtung zu vollziehen.<br />

Liuks von dem heiligen N3.i'dinu3 MM befindet sich eine aus<br />

zwei Brustbildern bestehende Gruppe. Was <strong>für</strong> Heilige sie<br />

vorstellt, läßt sich nur mit einiger Wahrscheinlichkeit vermuthen.<br />

In dem Texte werden zwar keine anderen als die bereits erwähnten<br />

vier Heiligen aufgeführt, es scheint aber, als sei dieser<br />

unvollständig überliefert. Da die Worte ,to ^oää^ in dem<br />

Raume stehen, der den Abbildungen Zugemessen ist, und vielleicht<br />

sogar erst nachträglich hinzugefügt sind, so bin ich geneigt<br />

zu glauben, daß die Abbildungen vor Niederschreiben des<br />

Textes gefertigt sind, uud daß der nach Gutdünken abgemessene<br />

Raum sich später als unzureichend ausgewiesen hat. Mehr als<br />

die beiden Worte ,to ^ocldo^ mit denen die <strong>Geschichte</strong> des<br />

N^i-timiä MM allenfalls schließen konnte, ließen sich schicklich<br />

nicht unterbringen, wenn nicht die Bilder zu sehr durch die<br />

dazwischen zu schreibenden Worte leiden sollten. Das Uebrige<br />

mußte der Schreiber wohl oder übel fortfallen lassen.<br />

Die so ausgefallenen Heiligen sind nach meiner Vermuthung<br />

Theoctiste Lesbia uud Tryphaua, und die Märtyrer<br />

Trypha, Respicius, Nympha, die bei Laur. Sur. a. a. O.<br />

unter dein 10. November erscheinen und mit Ausnahme der<br />

Theoctiste auch bei Pilgram unter dem angeführten Datum vorkommen.<br />

Da nun in unserem Gruppenbilde nicht Märtyrer<br />

dargestellt werden, so bleibt wahrscheinlich, daß man es auf<br />

Theoctiste und Tryphana zu beziehen hat.<br />

Die Bilder selbst sind so gestellt, daß die rechte Schulter<br />

des links stehenden durch die linke des rechts stehenden theilweise<br />

verdeckt wird; einer Verdeckung der Köpfe ist durch Neigung<br />

derselben zur Seite vorgebeugt. Beide Heilige sind mit<br />

blauen auf der Brust zurückgeschlagenen Mänteln bekleidet.<br />

Um den Hals des rechts gestellten schlingt sich ein schmales<br />

gelbes Band, doch bleibt die Brust offen, während sie bei dem<br />

links gestellten durch ein rothes Brusttuch bedeckt erscheint. Die<br />

Aureolen sind rechts roth, links gelb. Uebrigens befindet sich<br />

zwischen dem Bilde des heiligen Ua.rtini.i8 MM und der eben


Von Robert Hasenjäger. 191<br />

beschriebenen Gruppe ein dreiblättriges Kleeblatt ans hellbraun<br />

gefärbtem Stiel, links von der Gruppe ein Blatt, das dem<br />

unter dem 9. November beschriebenen sehr ähnlich ist.<br />

Auf der Rückseite des Blatttes stehen Abbildungen zum<br />

11. und 12. November. Diejenigen zum 11. sind Scenen aus<br />

dem Leben des heiligen N^i'tiniiä ^igoo^uä und aus der<br />

Marter des heiligen Mennas; daneben findet sich das Brustbild<br />

eines Bischofs ganz in der Weise gezeichnet und gefärbt,<br />

wie dasjenige des Ua,i'tinii8 p^pa. zum 10. November.<br />

Die äußerste Gruppe stellt die Beschenkung des Armen<br />

mit dem halben Mantel dar. Der Bettler, eine nackte Figur,<br />

mehr als zur Hälfte auf den Rand gezeichnet, streckt die Rechte<br />

aus, um das Stück des roth gefärbten Mantels in Empfang<br />

zu nehmen, den der Heilige vom Pferde aus, das übrigens<br />

keinen Zügel, fondern an dessen Stelle ein gelbes Halsband<br />

trägt und unbestimmte blaugrüne Färbung hat, mit dem<br />

Schwerte schon säst völlig durchschnitten hat. Wunderlich mißlungen<br />

erscheint in der Zeichnung der Sitz des Heiligen aus<br />

dem Pferde. Offenbar hatte der Zeichner die Absicht den<br />

Heiligen so darzustellen, daß er sich im Sattel zur Rechten<br />

hin umdrehend erscheint, um den Mantel zu zertheilen. Sein<br />

Können reichte indeß nicht aus, und so stellt sich denn der<br />

Heilige als rücklings auf dem Pferde fitzend dar. Bekleidet ist<br />

der Heilige übrigens mit einem hellgrünen bis etwa auf die<br />

Knie reichenden Rock und lila gefärbten Beinkleidern. Das<br />

Haupt umgiebt eine gelbe Aureola.<br />

Hieran schließt sich in zwei Gruppen die Marter des<br />

heiligen Mennas, so daß die erste die Zerreißung mit eisernen<br />

Haken nnd die Verbrennung mit Lampen, die andere die Geißelung<br />

mit Bleikeulen und die Enthauptung des Heiligen darstellt.<br />

Die Zerreißung und Verbrennung wird von zwei<br />

Henkersknechten an dem hängenden nackten Körper (die Hände<br />

sind über dem Kopfe zusammengebunden, vgl. oben zum 9. November)<br />

vorgenommen. An die rechte Seite des Märtyrers hält<br />

der Henker die brennende Lampe, die linke zerreiht ein anderer<br />

mit einem eisernen Doppelhaken. Die Gewandung des rechts


192 Bruchstück eines mittelniederdeutschen Menologiums.<br />

stehenden Henkers ist hellblau, des links stehenden roth, dazu<br />

lila gefärbtes Beinkleid. Die andere Gruppe zeigt den Heiligen<br />

in hellgrünem Gewand und mit rother Aureola auf der Seite<br />

am Boden liegend mit gefalteten Händen. Rechts steht ein<br />

Henkersknecht, der in der rechten die Bleikeule schwingt, mit<br />

der linken den hellbraun gefärbten Rock zusammenhält; links<br />

ein anderer im hellblauem Rocke und lila gefärbten Beinkleidern,<br />

in vorgebeugter Haltung mit der linken das Haupt des<br />

Heiligen festhaltend, mit der rechten den Todesstreich führend.<br />

Die Abbildungen zum 12. November stellen die Enthauptung<br />

der vier im Anfang des Textes genannten Heiligen dar.<br />

Dieselben sind zu einer liegenden Gruppe vereinigt, mit gelben<br />

und rothen Aureolen geschmückt. Auffallend ist, daß der eine<br />

der Heiligen mit dem rothen Bischofsmantel bekleidet ist, währene<br />

doch keiner von den Märtyrern im Texte Bischof genannt<br />

wird. Euticianus, der im Texte offenbar fälschlich <strong>für</strong> das<br />

richtige Eutychianus steht, denn Euticianus gehört unter den<br />

8. December, ist freilich Bischof, und der einmal im Texte gemachte<br />

Fehler trug sich auch auf die Zeichnung über. Rechts<br />

von der Gruppe steht der Scharfrichter in hellgrünem Rock,<br />

mit der linken faßt er das Haupt des mit dem Bischofsmantel<br />

bekleideten Märtyrers, die rechte holt mit dem Schwert zum<br />

Streiche aus. Der rechte Arm mit dem Schwerte tritt übrigens<br />

völlig auf den breiten Rand des Pergamentes über. Den<br />

übrigen Raum füllt die Darstellung der zwei im Text erzählten<br />

Wunder aus dem Leben des Bischofs Kunibert von<br />

Köln. Das erste Bild zeigt denselben als Knaben schlafend im<br />

Bette. Von der Decke herab züngeln an der einen Wand<br />

rothe Flammen und erfüllen das Gemach mit ihrem Schein.<br />

In dem anderen Bilde steht der Heilige in Bischofstracht (hellgrüne<br />

Aureola) vor einem Altar die Messe singend. Eine<br />

weiße Taube ist im Begriff sich auf seinem Haupte niederzulassen.<br />

Seitwärts von dem Altar stehen zwei Laien in rothem<br />

und blauen Gewände, die mit gefalteten Händen das Wunder<br />

anstaunen.


Von Robert Hasenjäger. 193<br />

Nach dieser Einleitung gebe ich nnnmehr den Abdruck des<br />

Bruchstückes selbst:<br />

kill .... 1) undo 3n1 iumoi' ^V686N. ^180 lot ^<br />

1i6 0N0 ^6^611 MI 011 ^1'0t VN01' mit FoI)UndoN0<br />

to I'uc1v6. I)o diinl


194 Bruchstück eine? mittelniederdeutschen Menologimns.<br />

i't Iio an on oli6iido ^686nt lind6 (lUllm to<br />

Ll-. III. idll8 X0V6InI)1'l8 piloti Nllrtini. 1)6<br />

011 Arot I)Ì800P lindo Vliol VllN domo lioili^oil<br />

llndo ^odd08 Aonlldon l1,l30 Vllol^ da.t 1i6 mlM6A6Il<br />

8liQt in^iceäc nudo dio slocl^n 6i'^v6ct6 1i6.<br />

iio v/61-6 und6 >V<br />

l6 >V0 inilclo HN don 3.<br />

^1 8111 i0V6Ht ^V01'6, d^<br />

6. Do 1i6 ^68(?^6110t >V3.8 6r d61' do^)6) do motto<br />

6IH6 611^) ai^N10 doi'ltig0) 111id6 ii6 F^k 6IH6 8ÌI1<br />

6Q16 AOt d68 I15l<br />

mit dÌ886mo 1il6d6) do<br />

H11 d61116 8ÜV611 Iiaivon Iciodo 86I16II Ilo. ^.n 81116m6<br />

dod6") ^Vi^i't dor enZoIo 8t6mn6 A6li0i't. lindo<br />

N6I1I16. Do V/l18 6N riddoi- mid6 0V61'800>V6d6 d6<br />

undo cullili liQ don V/M. D^r na. (3)N dor 1)08611 ^6<br />

Diooio^tini undo N^ximi^ni^ ^180 80 ^o^oron<br />

Hiia.m Ilo 3.N dat voii^ ^- und6 I)6li^nd6 8ÌI^ mit<br />

8t6miio dti.t I10 I^oi'stoQ ^V01'6. Do ^V3>rt Ilo dom6<br />

tomoli ^o^ovon to ^)ino^6iido. ^.180 ^VNi't Ilo<br />

lilld6 Illit gol)llild6non Iia.ndoii lli80 Illil^o mit<br />

i, dit dilt dlot HN don 8ti-aton vlot, d^r N3. oollt<br />

n lind6 ^) mit I^ro^voloii to roton, lindo mit<br />

do ^lindon ^odi'ii^6t, lindo ^odi'^nt to d6ii<br />

Cyrus Alerandriuus, Sergius, Pyrrhus und Paulus, Patriarch zu<br />

Constantinopel. Im eoä. fehlt ,I^i'i'kug' und <strong>für</strong> ,^rum' ist verschrieben<br />

,oii'<br />

^) eoa.<br />

'2) Die in Klaiumeru stehenden Worte von liu . . . bis . .<br />

sind wohl durch Nachlässigkeit des Schreibers an diese offenbar unrichtige<br />

Stelle gerathen.


Von Robert Hasenjäger. 195<br />

mit I^innon uncio 1)oi'nondo 1ni, ^)<br />

do ^voi'clon Aom^i'torot dui' got.<br />

t0 ^.lri


196 Bruchstück eines mittelniederdeutschen MenologiumZ.<br />

Do ^3.8 KÌ800P Iiuäo ^V38 V3.H lincio 3.11<br />

11111^6 V311 8Ì116IQ6<br />

to sl6Q6Iiä6 3.Q 81I16II16 p3.I3.86. /V180 01108 22)<br />

3.11<br />

3.11 8ÌN61H6 I)6l1cl6 I^cii, clo 83. 1i6 3.11<br />

83, ^V0 cl6 8t3.t mit<br />

0^6nä6. 1^1168 ^) t3.A68 clo 1i6 111138611<br />

611 äuV6 V3I1 (16II16 I16IQ6I6 UPP6 81Q<br />

1i0V6t 3.11 3.1^61' 1iiä6 0U^6Q UI16.6 3.180 V3.Q 8ÌH6IQ6 110V6Ä6<br />

u^> 611 Ar3.f. D0 V0rc;lit6ii 86^ 66 Iuä.6 cl3.t 1i<br />

8o1ä6) lindo ä6 3.1iä6I'6I1 8Pl3.Ic611) 63.t ^V6l6 6Q<br />

ä3,t ^16 ^V61'6 611 I)6cl6li118<br />

V. Ì61I8 Q0V6IIiI)I'i8 t0<br />

80iut017Ì8 VÌ0t0I'Ì8) c>6 ^V0rä6Q ^61113.^6^6^ lindo 83.Q6ti<br />

1,601113.1118 66 ^V3.8 611 bìo<br />

Die Frage, welchen Quellen die im Vorstehenden mit-<br />

getheilten Lebensbeschreibungen folgen, entscheidet sich verhält-<br />

nißmäßig einfach, wenigstens was die heiligen Martinus p.<br />

und 6p., Mennas und Kunibert angeht. Aus der folgenden<br />

Nebeneinanderstellung unseres Pergamentes mit den betreffenden<br />

Stellen aus den lateinischen vit3.6 bei Surius und Iaco-<br />

bus a Voragine (doch giebt letzterer nur die vita, des<br />

a. a. O. unter dem 6. Januar und bei Weidenbach a. a. O. Seite 145<br />

unter dem 22. October. Da an einen von diesen hier unter dem<br />

12. November nicht zu denken ist, so ist mir ein arger Schreibfehler<br />

<strong>für</strong> den auch bei Laur. Sur. unter dem 12. November angeführten<br />

Erzbischof und Märtyrer Livinns wahrscheinlich. Der Tert würde also<br />

vielleicht zu ordnen sein: IIu66 sauoti I^iviui 6s >v^8 diLoop uuäs<br />

uiiidki'ti uuä6 I^kwiuui 6y ^3.i'6n diolit6i'6, nuäe Xu-<br />

66 -5VÄ8 tO<br />

22) 006. F0668.<br />

23) ooä. 6ÌII68.<br />

") 006. 6ÌQ63.<br />

22) eoa 6ÌU.


Von Robert Hasenjäger. 197<br />

Märt. 6p. und die weiter unten behandelte des Theodorus<br />

Tiro) läßt sich leicht erkennen, daß ihm die allgemeine Tradition<br />

der katholischen Kirche zu Grunde liegt, wie sie sich<br />

übereinstimmend in den vorher erwähnten lateinischen Bearbeitungen<br />

darstellt. Doch möchte ich trotz mancher wörtlichen<br />

Uebereinstimmung nicht behaupten, daß ein unmittelbarer Zusammenhang<br />

stattfinde, ohne indeß sagen zu können, durch<br />

welche Mittelglieder die Verbiudung hergestellt werde. Das<br />

wird auch nicht eher möglich sein, als bis mehr derartiges<br />

bekannt wird.<br />

611<br />

Do 1i6 A686F6116t >VH8 61'<br />

oi' äop6) (lo mott6 6M6<br />

111iä6 Ii6 61116 LÌ11<br />

6U16<br />

8a.116to N^rtino 6PÌ860P0.<br />

p. 741—42.<br />

8ÌI)Ì<br />

l'llt) dividit 6t p^i'<br />

1111 (Iiim od vi Ulli<br />

9> rniiio 616M0'<br />

6N86<br />

1106^6<br />

511Z6103 316<br />

1


198 Bruchstück eines mittelniederdeutschen Menologiums.<br />

86A6N6t. IInd6 MI dorn 8ÜV6N L63.tu8 3,nt6m 86V6rini18<br />

1i3.1v6N chiodo 86N6N N6. (U0I0NÌ6N8Ì8 6^Ì860PN8<br />

^n 8in6m6 dodo ^va.rt d6r ÌII3. ^0)73.) (^U3. vii 83.n6tii8<br />

6QA616 8t6N1N6 ^6N0I-t. odiit, 3,n^6io8 03.nt3.Qt68 in<br />

606io audivit — —<br />

Inhaltlich dasselbe bietet die Erzählung des Simeon<br />

Metaphrastes bei Laurentius Surius IV unter dem 11. November<br />

Seite 247. Von ihr ist der Bericht bei Iacobus<br />

a Voragine nur ein kurzer oft wörtlich übereinstimmender<br />

Auszug.<br />

N3,rtvrinm 8t. 6t<br />

8t6N<br />

in<br />

8. N6QH3.6<br />

8nriii8 IV. p. 24.<br />

6N riddoi' nnd6 0V6I-- 1it3i'i 86 ip3nm 1'6i6ß3.vit in<br />

d6 V/61'1t Iind6 1063. d6861't3. . . . 6XÌ8tÌ-<br />

N6 3N d3t ^118) c^nod ^3m 0Üm m6di-<br />

.' 8t6mn6, d3.t 1i6 ^6)7- V3.886t) in (^110 ^niv61'83.<br />

Do ^v3^1-t<br />

1i6 d6N16 1^61--<br />

r6N F6<br />

1Ì6t3 8N3. in mONti()U8 1i3.-<br />

1)Ìt3.tÌ0N6 d6866Qdit in 6ÌVÌ-<br />

t3.t6m, 6t 6um V6NÌ886t in<br />

m6dium tn63trnm 6t ^^3.6-<br />

t61'Ü886t 0mN68, ^ui 6r3.nt<br />

in 8t3.dio, — 3.1t3. V066 6X-<br />

6i3.m3.vit: —<br />

61). 14. — dl16tN8 luit<br />

N6N38 3d rvri-Iium pr3.6<<br />

8Ìd6m —


II 6<br />

Iind.6 mit F( ;1)Nnd6N6N Q3.11-<br />

ä6Q 3.180 13.' a^6 mit ß6ld6n<br />

ß68i3.^6N, 1) it d3.t diot 3.11<br />

d6Q 8ti'3.t6N viot.<br />

Dar N3.<br />

iiiid6 mit I^i- 0^V6i6N tO l6t6N,<br />

und6 mit 1illri3.1^6N<br />

d6 WNN-<br />

Von Robert hasenjäger. 199<br />

66iit F6Q3.N^6N<br />

to d6Q 8Ìd6Q mit<br />

). IV.<br />

1 ini) 6t 6xt61idi 3.<br />

>1' vii'Ì8) 1)onm 3.nt6m<br />

N61'VÌ8 63.6di V6Q6m61it6r.<br />

(^nm 8Ì6 61'go sortit61' toi'-<br />

HN61'6tni') 6t 83.NFNÌ8 6 Vni-<br />

. V. 6t 61im ,<br />

Ilt ÌQ 1ÌAQ0 to1i6-<br />

imi, iii88Ìt l6rr6Ì8<br />

6O17M8 6Ì118 I3.-<br />

— — 6P. VI. D6Ìiid6<br />

3.1'd61it68 ÌZI1Ì8 I3.mp3.d68<br />

in, und mit<br />

iii88i't iiid6x<br />

Q6Q ^3.ud611 11Iid6 vot611 6P. VII. iiil)6<br />

0V6i' d6 doi'116 U608 8P3.1'AÌ ìli t6ri-3. 6t VINO<br />

Ì861'116<br />

mit tnm P6dibn3 6t<br />

t0<br />

tO<br />

611 tO<br />

123.18<br />

Ko1i16 83.116ti<br />

3.11 ^0<br />

8NPI'3. 603 tifili P6r 8N1Nm<br />

3.1116rnd6iit3.t6m, — Indox<br />

1-NI-8N8 ÌN88Ìt 83.116tnm V61'-<br />

1)61-3.1^ in 60II0 6t<br />

6P. X. 63.piti8<br />

in 6nm tnlit 86Nt61itÌ3.m.<br />

Vit3. 8. (Ünni1)61'ti 6P.<br />

i^oi. 6t 6O1i5.^ nt 1i3.i)6tnr in<br />

3.1itÌ(^NÌ8 6X6mpi3.1'i1)N8. ^.N-<br />

toi'Ì8 N0m6N ii166I-tnm 68t,<br />

86(1 IiÌ8toi'Ì3i iid6m m6r6tni'.<br />

!.. 8nr. IV. p. 274 t.<br />

6P. I V. (Hn3.d3.NI d6ni-<br />

(^N6 Q06t6 dnm P61'vil^i11'6X in<br />

I66t() (^nÌ63661'6t, Vidit8n1)ito<br />

I06NIN iiiniN, ni)i 83.N6tn8<br />

8OPO1'Ì8 A1'3.tÌ3.


200 Bruchstück eines mittelniederdeutschen Menologiums.<br />

to (i6N6Nd6 ^6883.<br />

3.11 8ÌN6N16 P3.i3.86. ^I30 61168 luiNÌNi<br />

U3.6iit63 do d6 Iconig' 3.11 8ÌI16- 6P. VI.<br />

IQ61)6(1(1613.6I1, (lo 8!11i6 3.11 d6 Il.61N6dÌ0 (<br />

8t3.t d3.r d3.t Icint I^cii lindo 8U6668801'<br />

83. V>0 d6 8t3.t Nlit g1'0t6N16 (luiN 6pÌ860P3.lÌ8 1)6N6dÌ6-<br />

^'3.3, U1id6 tÌ0liÌ8 3.866N(1Ìt.<br />

d6iV3.t 6P. VII. ^U3.d3.1N dÌ6<br />

d6N16 1cind6. /VI30 duni 3UP61' 1N6N83.N1 do-<br />

d3.t 1(int 1)Ì860P 3.N d61' . INÌnÌ63.N1 IN I)33Ì1Ì63. 83.N6-<br />

VUoi dog'6N(i6. t3.1'UN1 vii'giiiUNI ì<br />

3.^68 do 1l6 mÌ386N 3.d8t3.N8 6161'U8 6t<br />

, do ciu3.m 611 duv6 vidit oolnmiiani 8pi6ndidÌ8-<br />

domo I16NI6I6 NPP6 8ÌN 811113.111 PI'ÌINUNI I13.6 6t<br />

U1id6 3.180 V3.N 8ÌN61N6 I10- Ìn8Ìd6I-6 63.piti, inox<br />

V6d6 Up 611 j)'1'3.f. Do V01'6Q- 1'6V6I'8l11N 6t 1UXt3.<br />

) 1111(16 (16 3.11- 6il1p83.m.<br />

6N, d3.t 1^6 — — — — — —<br />

76 6N 1)6d6ii118 d63 1l6Ì- I^3.6t3.d3.1itui' quidßlQ 86<br />

PÌÌ83ÌN13.I11 8UÌ domini VÌ81-<br />

t61' 1iU1N3.NÌ 63.3U8 il<br />

(1ÌN6N1.<br />

Ueber das Martyrium des Theodorus Tiro besitzen wir<br />

drei lateinische Berichte: 1) ^i'tvi'iuin 83.n6ti 6t Fioi-io3Ì<br />

N3.I-tviÌ8 (^Iil-Ì8ti ^1i60doi'i 6X 8ÌN160N6 ^I6t^p1i1'3.8t3, bei<br />

Laur. Surius IV. 9. November Seite 230. 2) do 83.ncto<br />

Ilioodoi-o bei Iaeobus a Voragine Cap. l^i.XV Seite 741.<br />

3) einen solchen, der in einer ()i'3.tio D. ^i'6goi'ii ^V886iii<br />

k6tro k>3.Q6Ì860 ^ino V61'0N6N8Ì Ìnt6ipi6t6 enthalten ist<br />

und im Auszuge bei Laur. Surius 9. November IV Seite 289


Von Robert Hasenjäger. 201<br />

mitgetheilt wird. Der znletzt angeführte Bericht enthält keine<br />

eigenthümlichen Züge, anch ist ihm die geistliche Betrachtung<br />

Hauptzweck, so daß er hier <strong>für</strong> uns außer Betracht bleibeu<br />

kaun. Von den beiden anderen Berichten ist derjenige des<br />

Simeon Metaphrastes der ausführlichere, uud man könnte die<br />

vit^ bei Iaeob. a Voragine als einen treuen Anszng daraus<br />

ansehen, wenn nicht von der Verbrennung des Heiligen an<br />

beide Berichte stark von einander abwichen.<br />

Das Verhör vor dem Nichter, das mit dem festen Be-<br />

kenntnisse des Märtyrers schließt, geben beide noch in wört-<br />

licher Uebereinstimmung:<br />

Iaeob. a. Vor. Simcon Metaphr.<br />

VÌ8) Il1ll6X H<br />

, 6886 d6iÌl)61'^tÌ0N6 (lìxìt 8.<br />

(Hi'Ì8tO tl10? Olli äoi-0 : (Hnicl VÌ8 6886 1101)18-<br />

Ì116: Olim 0IiI-Ì8t0 U160 6t Olim lNI 6um 01iri8t0 tl10 ?<br />

llii 6t 811111 6t 6^0.<br />

M60 6t fui 6t Llilll 6t 61'0.<br />

(16 6^6t61'0 l^6 M0ä V0i63.<br />

Von hier an läßt sich mm anch unser Fragment als<br />

dritter Bericht zur Vergleichung heranziehen. Es beginnt mit<br />

den Schlußworten aus dem Bekenntnisse des Märtyrers —<br />

I)ÌQ .... Uiiä6 89,1 ilim6i' N686H — hat also sicher das<br />

Verhör berichtet in Nebereinstimmung, wie man sieht, mit den<br />

den beiden anderen Berichten, doch Wohl in der kürzeren Fassung<br />

wie bei Iaeobus.<br />

Bei Simcon ist nun der Fortgang der Erzählung kurz<br />

folgender: Wörtlich angeführter Sprnch des Nichters, der den<br />

Heiligen znm Fcuertode verurtheilt. Sofort wird der Spruch<br />

durch die Lictoren ausgeführt, die eiligst einen Scheiterhaufen<br />

Herrichten. Der Heilige fchlägt über die Stirn uud den ganzen<br />

Körper das Kreuzeszeichen uud besteigt den Scheiterhaufen. Der<br />

heilige Geist lindert die Leiden des Märtyrers der uuter Lob-<br />

gesängen feinen Geist aushaucht. Seine Seele fährt in Ge-<br />

stalt eines Blitzes gen Hunmel. Ein frommes Weib Eufebeia<br />

13


202' Bruchstück eines mittelniederdeutschen MenologiumZ.<br />

erbittet sich den unverbrannten Leichnam und bestattet ihn in<br />

ihrem Hause.<br />

So die Erzählung bei Simeon Metaphr. Abweichend davon<br />

berichtet die Version bei Iacobus: ^un(^'n88N8 68t ÌM6 ci-6i,<br />

in<br />

Oäoi-6 V6I-0 8U3.VÌ88ÌN0 0INN63<br />

V0X<br />

in ß^uäiuiQ äoinini tui.<br />

multi vi(i6i-unt.<br />

Noch anders unser Pergament: Schon der Bericht von<br />

der Verbrennung des Heiligen hat den charakteristischen Zusatz:<br />

mit A6l)unä6N6n QNnä6n to luolcs. Ihm ganz eigenthümlich<br />

aber ist die Herbeirufung des Clconicus. Die Voraussetzung,<br />

daß der Tod schmerzlos erfolgt, und der Körper des<br />

heiligen unversehrt geblieben sei, (welches letztere bei Iacobus<br />

ausdrücklich gesagt wird) begegnet auch hier wie in beiden anderen<br />

Berichten. Die Worte der Stimme vom Himmel (die<br />

Simeon Metaphr. gar nicht kennt) sind vollständiger als bei<br />

Iacobus. Die Bestattung des Leichnams durch eine edele Frau<br />

kennt unser Text wie Simeon Metaphrastes.<br />

Die Nebeneinanderstellung der drei Berichte wird gezeigt<br />

haben, daß hier nicht die Rede davon sein kann, etwa die vita,<br />

bei Iacobus aus der prodatH bei Laur. Sur. herzuleiten und<br />

die Stettiuer aus der epitomo bei Iacobus. Sie bieten alle drei<br />

soviel selbstständige Züge, daß wir nicht umhin können, sowohl<br />

<strong>für</strong> Iacobus als auch <strong>für</strong> die vit^ unseres Pergamentes eine<br />

besondere Quelle anzunehmen. Wir werden uns die Sache so<br />

vorstellen müssen, daß neben der pi-od^ta des Simeon Metaphrastes<br />

noch mindestens zwei andere, non pi-ok^tHO, im<br />

Umlauf gewesen sind, sich aber neben der von der Kirche anerkannten<br />

nicht haben erhalten können. Ihre Reste würden wir<br />

einestheils in dem Auszuge des Iacobus, andcrntheils in dem<br />

kurzen Berichte unseres Textes zu sehen haben.


Ulrich von Dewitz<br />

verlehnt 2'/2 Hnfe in Vrannsfort, 1'/2 Käthen Wurth<br />

nnd den vierten Theil des Kruges daselbst an<br />

Lnbbeke v. Köthen.<br />

Daber, d. 11. März 1385.<br />

113.111611, 3.N16I1. 1^ Ii61' IllirioK V3.N<br />

820116, 66IN6 A0t.1i ^113.66,<br />

3.11611 0iiI-Ì8Wu1ua6N) 66 6^88611 di'6ss 2<br />

ìli ä6l IQ0I6H<br />

Q0V6 in<br />

-0FF6Q U1iä6 IX<br />

6IN ä)"t V0rI)0110N6li6 Auät. lincio QUV6I1<br />

9.1161' toKoiiOriHAO) Iiutli I11ic11i6 li'U6iit6 3.180) 3.186 l^6 Q0V6H<br />

11116.6 ^V11I-ci6 1ÌFA611 in 6l611 m3.t


204 Ulrich von Dewitz.<br />

^ , i6 63t<br />

to 1)^116) 66 86I13I ^oic m^t N^U611 6lV6Q UI166 I0V6<br />

6^t V0I786li)76V611 ^utii t0 V0li3t61i66 vor ^<br />

16QI16I-6I1 M^t 3.1661' I-66litÌ6li6Ìt, 66 66 V0r1)0U0II16t<br />

V0I'86liI'6V6I1 Ii0V6I1<br />

^Q6Q Hliä6I'I1 6Iit^)1i6I1^6 tliO 1^U6, 80<br />

6(1661- 82)^116 6I-V6I1 UH m^m6 1-3.66 III166 111)^1161' 6I-V6Q<br />

^66661- 1111661' m^ 16^^611 V6ltÌ6ii<br />

111166 ^V3.t I16 m^t 6611<br />

^666.617 UIit^)1iHI1 t0 16Q6, NI166 80ii^1 6IN<br />

m^t M6IQ6 I-6o1it6, 5180 3.186 6)^886<br />

V0I- 1it^86t1i; 6^t I0V6 Ì6ll 1i61' Dil-16^ m^t<br />

in tri1^6I1 3.116 6)^886 V0l861'6V6i1611<br />

I10I66Q66, III166 863.1 666617 ^1 M^t IQ^I16<br />

6 H6IN611 6666 6rA61^8t, 66 6^886111<br />

863.6611 IU0A6. ^0 ti1F6 III166 M6I'6I'<br />

820 1i6d1)6 16^ 1i6r HilicK V3.Q I)6^VÌt26)<br />

6.6886Q I)^^ m^ ^t80li3)p 1)686^61611 13


Verlehnung. 205<br />

Stammvaters der pommerschen Linie der DeWitze, ^) Ulrichs I.,<br />

gest. vor dem 12. Juli 1363, dessen Erben nach dem unznverlässigen<br />

Bericht des meklenburgischen Geschichtschreibers<br />

Latomus wegen Fclonie gegen ihren Lehnsherrn, Herzog Johann<br />

von Meklenburg, der Grafschaft Fürstenberg im Lande Stargard<br />

verlustig gegangen sein sollen, indem sie im meklenburgpommerschen<br />

Kriege von 1368 auf pommerscher Seite gestanden<br />

hätten. Unser pommerscher Chronist Kantzow weiß davon nichts,<br />

während Micrälius^) diese Erzählung in seine vier Bücher<br />

pommerscher <strong>Geschichte</strong> aufgenommen hat. Abgesehen aber davon,<br />

daß der Landesherr der Grafen, der genannte Herzog Johann<br />

von Meklenburg, an jenem Kriege nicht Theil genommen hat,<br />

waren die von Dewitz wegen des Städtchens Daber auch pommersche<br />

Lehnsleute, hätten also, auf welcher Seite sie nun<br />

kämpften, in jedem Fall Felonie begehen müssen. Dergleichen<br />

Fälle kamen jedoch so häufig vor, daß sie in den Friedensvergleichen<br />

nach den Fehden ausdrücklich vorgesehen werden,<br />

und so würden auch in dem jenen Krieg beendenden Frieden<br />

von Ribnitz die Herzoge von Pommern sich ihrer Lehnsleute<br />

angenommen und sie vor Schaden bewahrt haben. Es müssen<br />

also andre Ursachen, die sich zur Zeit nicht urkundlich feststellen<br />

lassen, den Verlust der Grafschaft Fürsteuberg <strong>für</strong> die von Dewitz<br />

herbeigeführt haben, und bleibt der Gedanke an einen Verkauf<br />

derfelben der Nächstliegende, denn am 20. Februar 1365 kamen<br />

die Erben des Grafen Ulrich I. zu Daber überein, daß die<br />

Grafschaft Fürstenberg jenseit der Oder in Gelde geschätzt werden<br />

sollte. Der Grafentitel ward von den Nachkommen noch<br />

einige Zeit fortgeführt, zur Behauptung der Grafenwürde aber<br />

reichten die Mittel nicht aus, wie denn zahlreiche Gutsverkäufe<br />

aus jener Zeit den Beweis liefern, daß das Geschlecht pecuniäre<br />

Verluste erlitten hatte. Grade mit dem in der vorliegenden<br />

Urkunde genannten Lubbeke von Köthen werden mehrere derartige<br />

Geschäfte abgeschlossen; ob der Verfasser der von Dewitz-<br />

Wegner, Familiengeschichte der von Dewitz, Seite 63 ff.<br />

) Micrä'lins, Ausgabe von 1723, VI. Seite 341


206 Ulrich von Dewitz.<br />

schen Familiengeschichte aber auch diese Urkunde gekannt hat,<br />

ist nicht ganz deutlich zu ersehen. Die von Köthen haben<br />

diese Besitzungen nicht lange inne gehabt, sie verschwinden bald<br />

aus der Gegend von Daber, und die Güter wurden von den<br />

Dewitzen wieder erworben.<br />

Die Zeugen kommen in den gleichzeitigen Urkunden wiederholt<br />

vor, die Süring saßen auf Daberkow und waren Afterlehnsleute<br />

der Dewitze und der Borcken; die von Mildenitz,<br />

um Stargard ansäßig, stehen in der Musterrolle von 1523<br />

als Lehnsleute der Borcken, später gehörte ihnen Ribbekardt.<br />

Der Stammsitz der Briefen ist wahrscheinlich der gleichnamige<br />

Ort im Kreise Schivelbein.<br />

5) Wegnei a. a. O, Seite 102, 103.<br />

v. V.<br />

1


Einquartierungskosten zu Greifenberg.<br />

1675.<br />

In den ersten Tagen des Juni 1653 war nach langem<br />

Elend mit den brandenburgischen Reitern der Friede wieder in<br />

Greifenberg eingezogen, so daß, wie eine Hossiitalrechnung der<br />

Stadt sagt, man „billig in diesem angehenden Jahre ein neu<br />

83.6ou1um anfangen" solle. Freilich schien es anfangs, als sei<br />

auch unter der neuen Herrschaft das alte Elend geblieben,<br />

denn zwei in kurzer Zeit ausbrechende Brände, die in den<br />

Jahren 1658 und 1668 die Stadt verheerten, lähmten die<br />

Thatkraft der Bürger derartig, daß viele die Stadt verließen<br />

und anderwärts eine neue Heimath suchten. Die Wunden,<br />

welche namentlich der zweite Brand der Stadt schlug, waren<br />

noch lange nicht geheilt, als im Jahre 1675 Greifenberg wie-<br />

der in die Hände der Schweden gerieth, und die Schrecken des<br />

dreißigjährigen Krieges sich wiederholten. Wie groß die Ein-<br />

quartierungskosten waren, sagt eine Bittschrift eines greisen-<br />

berger Bürgers David Eurtius aus dem Jahre 1688/) in<br />

welcher er um Erlaubniß nachsucht, fünf Jahre lang frei von<br />

Abgaben und Einquartierung mit allerhand Waaren handeln<br />

zu dürfen. Bei der schwedischen Invasion 1675 seien ihm nicht<br />

nur 272 Rthlr. 12 lß. baar drauf gegangen, sondern er habe<br />

auch fast allemal den commandirenden Offizier mit der Wache<br />

ms Haus nehmen müssen, wodurch er an seinem Geschäft so<br />

großen Schaden erlitten habe, daß er nicht anders seine Frau<br />

Staatsarchiv zu Stettin: Staatskanzlei ?. II. Tit. 4v, Nr. 13.


208<br />

Einquartierungskosten zn Greifenberg,<br />

und Kinder zn ernähren wisse. In einer vom Notar Daniel<br />

Bontihn beglaubigten Abschrift, giebt Cnrtins eine<br />

Designation<br />

dessen, was mihr bey Schwedischer Einquartierung daranff-<br />

gegangen nndt Schaden geschehen:<br />

1. habe ich einen Capitani vom Helmfeldschen Regiement<br />

nahmens Schwengefeld nebst seinem Mnsterschreiber und dreyen<br />

Dienern, wie anch 5 Pferde den ersten Monath als Februar<br />

inne bekommen, wo<strong>für</strong> nur rechne an Kostgeld:<br />

vor den Capitain . .! 6 Rthlr.<br />

vor den Mnsterschrciber z 4 „<br />

vor die drey Diener ! 8 „<br />

darzu extra außgeben müssen vor Wein,<br />

3.^u3. vi


Von Dr. von Bülow. 209<br />

noch ein Pferd mitgenommen, davor ihme!<br />

beym Abmarch gebothen worden . . . ' 42 Rthlr.<br />

auf die Reise ihm mitgeben müssen von i<br />

3 Scheffel kleinen Mehle gebacken Brod!<br />

und Zwieback, so mihr gekostet . . . 3 „<br />

2 Seitten Speck, so seine Knechte aus der!<br />

Kaste genommen<br />

noch an truckenem Fleische mitgenommen ^<br />

2 kalekutische Hahnen ä.<br />

^/2 Tonne Vier<br />

an einem V e t i e l a k e n . . . . . . . .<br />

vor seine Pferde hatt er genommen 4 Drömmt<br />

Korn<br />

Noch an rauchen Erbsen, Hexel, Heu und<br />

Stroh<br />

2 newe Stangen zeume<br />

zur Carosse und Rüstungen von meiner<br />

Dielen genommen<br />

An Kontribution würd mihr angesetzet im<br />

Monath Febr. 16 Rthlr. 18 lß, und<br />

selbe obgedachten Kapitain Schwengefelden<br />

assigniret, davon remittirte er mihr vor<br />

seine Speisung 10 Rthlr., und muste ich<br />

ihm also an Gelde noch geben bahr . .<br />

Im Martio wurden ihm assigniret von<br />

meiner Kontribution 21 Rthlr., davon<br />

ließ er nach 14 Rthlr., und muste ihm<br />

noch geben<br />

Im April muste ich dem Obristl. Viting!<br />

und dem Regiemcntsquartiermeister zahlen! 21<br />

3<br />

1<br />

2<br />

1<br />

1<br />

32<br />

12<br />

„<br />

12<br />

—<br />

12<br />

24<br />

lß<br />

.!272 Rthlr.! 12 lß<br />

v. V.


Ein Jagdschein vom Jahre 1547.<br />

Wir Barnim :c. bekennen und thun kunth meniglichen,<br />

das wir auf underthenigs bitten und ansuchen des Erbarn<br />

unsers lieben getrewen Matzke Borkenn zu Pansin gesessen, zu<br />

seiner notdurfft jegenwertigen Zeiger und Schützen umb unser<br />

Stadt Piritze auch durch den gantzen Waitzacker desselben orts<br />

auf diesen ersten vnd schirsten Freuling vnd frühe Zeit, wan<br />

das federwilprat wiederumb in diese Lande ankomen Wirt, beide<br />

auf Eckern, wiesen vnnd anderswho dasselbe an kranichen,<br />

Geusen, Enthen vnd andern federwilprath, wie solchs namen<br />

hat, dis Ihar vnd diese frühe Zeit vber frey vnd vnbehindert<br />

zu schiessen vnd zu fellen vorgunstet vnd nachgegeben haben.<br />

Gestaten, Vorgunsten vnd nachgeben Ihme solchs hiemit krafft<br />

dieses unsers Briefs, doch also, das er damit niemands gefherlichen<br />

leibs oder lebens, auch anderen vngefherlichen Nachteil<br />

vnd schaden am getreide, an den Eckern oder sonsten zufügen<br />

solle; Unseren Amptleuthen, Voigten, Renthmeistern, Zollern,<br />

Bürgermeistern, Richtern, Rathe vnd gemeinden, auch allen<br />

anderen vnseren vnderthanen, ernstlich hiemit gebietende, Ir<br />

diesen Zeiger hierinnen keinen eintragk, vorhinderunge vnd<br />

beschwerunge beiegnen lasset oder selbst ertzeiget, sondern Ihnen<br />

in solchem furhabendem wercke fortfharen lasset Bey vormeidunge<br />

unser schweren straff vngenade. Vrkuntlich haben wir diesen<br />

Brief mit vnserm Secret wissentlich besiegeln lassen, Der gegeben<br />

ist Zu Alten Stettin Am Dinstage des 1. Februarii<br />

Anno 3c. xlvij.^) v. B.<br />

Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I. Tit. 83. Nr. 40.


S. Jacobs Hühner.<br />

In einer Beschwerde des Grafen Georg Caspar von Eberstein<br />

zu Naugard^) gegen den Informator seines Bruders Volrad,<br />

Namens Conrad Schleiff (Schliessen), der seinen Zögling<br />

auf Reisen begleiten sollte, sich dabei aber sehr unzuverlässig<br />

erwies, heißt es, Schleiff habe <strong>für</strong> sich selbst zwar sehr wohl<br />

zu sorgen gewußt, in Basel zu seinem eigenen Vortheil französischen<br />

Unterricht genommen, aber „seinen Herrn unndt discipul<br />

den gemeinen Haussen undt S. Jacobs huenern befohlen".<br />

Ueber den Ursprung dieser Redensart, die hier soviel bedeutet,<br />

als „eigene Wege gehen lassen", giebt das Leben der<br />

Heiligen, Nürnberger, Anton Koberger, I486, durch folgende<br />

Erzählung Auskunft:<br />

Einsmals was ein reicher man der het lang keinen erben«<br />

da bat er sant Iaeob mit grosser andacht das er im einen<br />

erben vmb got erwurb vnd gelobet im. wenn derselb erb zu<br />

seinen tagen keine, so wolt er in zu seinem grab bringen, da<br />

gab im got durch saut Jacobs willen einen schönen sun. da<br />

der sun gewuchs. da gieng er mit dem vater vnd wolt zu<br />

sant Jacob vnd kamen in ein stat die hyeß gelffenacht. da<br />

zerten sy reylichen l!). das mercket der Wirt vud gedacht im<br />

wy er sy vmb ir gutt brecht vnd stieß den Vater des nachtes<br />

einen silberin kopff in seinen sack. Vnd da sy des morgens<br />

') Staatsarchiv zu Stettin. Stett. Arch. ?. I. Tit. 45. Nr. 47 ^-^<br />

vs)1. 4. Georg Casper theilte i I, 1609 die Grafschaft Naugard mit<br />

seinen Brüdern Albrecht und Volrad in drei Theile, damit deu früher<br />

bei der Gefammtwirthjchaft vorkommenden MißHelligkeiten vorgebeugt<br />

werde.


212 S. Jacobs Hühner,<br />

hin waren gegangen, da hieß in der Wirt nachcylen. nnd<br />

sprach sy hctten in: sein silberin kopff gestolen. vnd nam dem<br />

Vater seinen silberin kopff auß seinem sack vnd sprach zu im.<br />

Er müst darumb sterben, da sprach der sun. Ich bekenn<br />

meinen Vater wol so frnmb das besser ist ich sterb dann das<br />

er sterbe, davon bit ich ench das ir mich fnr in töttet. das<br />

teten sye da er im das selber außerwelet vnd hiengen den sun.<br />

das sahe der Vater mit seynen äugen, da ward er betrübt vnnd<br />

claget sein hertzenleyd dem lieben Herren sant Jacob vnd gieng<br />

<strong>für</strong> sich zu seinem mnnster. vnd da er darein kam da rufst er<br />

sant Iaeob mit grosser andacht an vnd sprach. Lieber Herr<br />

sant iacob ich hab dich geweret als ich dir gelobt hab. ich<br />

bin aber vbel geweret. wann ich hab meinen lieben sun verloren,<br />

vnd gieng da von dannen vnd keret wyder heym in fein<br />

land vnd was ser betrübt vnd da sein wol drey Wochen was<br />

das man im seynen snn erhangen hat. da kam er wider gen<br />

gelffenacht vnd sah seinen snn an dem galgen mit grossem<br />

leyd vnd greyff im an seine beyn. da sprach der sun. Lieber<br />

Vater thu mir nit wee. da erschrack der Vater vnd meynet er<br />

wer tod vnd gewan da ein Hoffnung, vnd sprach, lieber sun<br />

lebest du noch, da fprach der sun. ia das wisß in der warheit.<br />

da wart der Vater gar fro vnnd sprach, lieber sun wer hat<br />

dich entHalden, das du nit tod bist, da sprach er vnser Herr<br />

Iefus cristus vud der heylig zwelfpot fant Iacob der ist<br />

ymmermer bey mir gewesen vnnd vnder meinen fusfen gestanden,<br />

vnnd hat mich auff gehalten das ich noch leb. da lieff der<br />

Vater bald zu dem richter. der gieng von seiner kuchen. da<br />

bereytet man im in der kuchen einen Hannen vnd ein Hennen,<br />

da sprach der vater zu dem richter ich bit euch das ir mir er«<br />

laubt das ich meinen sun von dem galgen neme wann er lebt<br />

noch, da sprach der richter das verweyß ich wol. ir mögt<br />

wol wissen leben die huner an dem fftiß so lebt er auch, da<br />

sprungen dy huner zuHand ab dem spisß vnd wurden lebentig<br />

vnd gewunnen federn, das nam den richter groß wunder vnd<br />

hieß besehen ob sein sun an dem galgcn noch lebt, da sagt<br />

man im es wer war. da gieng er mit allen seinen frewnden


Von Di'. v. Vülow. 213<br />

zn dem galgen und namen in herab, vnd frogten in wie im<br />

geschehen were. Da sprach er. mein lieber Herr sant Iaeob<br />

ist ymmcrmer vnder meinen fnssen gestanden lind hat mir gcholffen<br />

das ich noch lebe vnd hat vns geniessen lassen das wir<br />

unschuldig sein, da sprachen dy menschen. vnd weren sy<br />

schuldig gewesen, der lieb Herr sant Jacob het in nit gcholffen.<br />

da vicng man den Wirt, der veriach das er in unrecht getan<br />

hett. da schleyffet man in vnd radbrecht in. darnach flngen die<br />

huner vber funff meyl in ein stat dy heyst domcn vnd woltcn<br />

nit da sein da das vnrecht gericht was ergangen, vnnd in der<br />

stat scynd sy noch an einer offen straffen in einem eyßnen<br />

gytter da seind sye wol sechß hundert iar gewesen, vnd leben<br />

noch biß an den mngsten tag. Also ward der man vnd der<br />

sun ledig mit der hilff des lieben Herren sant Jacobs des<br />

danckten sy got vnd im mit grossem ernst. v. B.<br />

'


214 Hausgeräth des Severin Frederici.<br />

Severi« Frederici aus Ärnsumlde<br />

übergiebt der Lucie Rulows in Stettin sein Hans-<br />

geräth zur Aufbewahrung.<br />

Stettin den 8. April 1538.<br />

Item ick Severinus Frederici, bordich van Arnßwalde,<br />

bokenne mith disser meiner eignhenn Handtschrifft, dat ick in<br />

Martten Mitten husße, Burgers tho Oldenn Stettin, wanafftich<br />

jegen Simon Belitzenn by der bovensten Apotekenn. dit mein<br />

nhageschrevene Thakell nnnd Hawßgeradt tho truwer Handt<br />

in Bewahrunghe gebracht hebbe by de vorsichttghe Lutia Rulowß<br />

darsnlvcst by gemeltenn Märten Mitten Haußhemich, de<br />

my ßodanth nhageschrcvenn Gndt mit aller Trwheit und<br />

hogen Upsehende vaste gelavet und thogesecht hefft fflitich tho<br />

und in höde tho holdende.<br />

thom erstenn<br />

II Deckebedden und V Underbedden<br />

V Hovetpole, VIII Kusßenn<br />

V Par Lakenn<br />

VIII Veckenn luttick und grodt dorcheinander<br />

XVI thinnen Vathe luttick und grodt<br />

XVI thinnen Sempschottelenn<br />

XVI thinnen kannen luttick unnd grodt<br />

I thinnen Wynfflassche<br />

XVI thinnen Theller<br />

Uli thinnen Wynnotzell<br />

I thinnen Botterschrynn<br />

VII Grapeu luttick und grodt<br />

II missingejche Taffelringhe


Von Or. v. Bülow. 215<br />

II missingessche Wosekcllenn<br />

V missingessche Lnchtcr lnttick unnd grodt<br />

XI Ketell luttick nnd grodt<br />

II missingessche Dcgell<br />

I missingesschen Möußcr<br />

II Bradtpannen, II Rosten<br />

I Ketelhake unnd I Brantyscr und V isernn Kellen<br />

I Thnnne ffull holten Vate<br />

II Kumme darinne mine Kleder innhe sint, ohnn Iopenn<br />

unnd Rocken, de ick hir late<br />

I Kiste dar Linenfslack inne is<br />

II Ladenn<br />

I Spanbedde<br />

Item II Mrck Szulvers<br />

Item XV Bote, de ick hir ock lathe.<br />

Oder disse Inventatimi sint an und oder geweset de werdige<br />

Herrn Er Rcinnholt, Predicant, und de wolgelerde Andreas<br />

Piper, Clericus, und de erßamen Märten Witte unnd<br />

Märten Schröder, Burgenß hirto gebedenn, de bosichtiget hcbbeu<br />

allens wat inventirct ist. Dit ist geschein tho Olden Stettin<br />

des Mandages vor Palmarum (8. April) Anno imm mynner<br />

Thall XXXVIII. Tho mcr Orkundt hebbe ick euen Zcedell<br />

uth deme anderen geschneden, dat eine Neil tho vorantwerdende<br />

deme erbarenn Rade, dat ander Deill by my tho beholdende.<br />

„Vy der bovenstcn Abbatheke" Diese Bezeichnung wurde<br />

seit etwa 1530 <strong>für</strong> die jetzige Obere Schuhstraße gebraucht,<br />

nachdem um diese Zeit Clans Stellmacher das Hans der jetzigen<br />

Hofapotheke gekauft und darin seine Ofsicin eingerichtet hatte.<br />

Balt. Stud. X. 1. Seite 79.<br />

Von den in der obigen Verhandlung namhaft gemachten<br />

Personen ist Näheres nicht bekannt, obgleich die Familiennamen<br />

der meisten derselben öfters vorkommen. Nur von Andreas<br />

Piper sagt Fricdeborn in dein seiner Beschreibung von Stettin<br />

beigegebenen Verzeichnis^ der seit der Reformation daselbst verstorbenen<br />

Theologen, er sei Pastor an der Peter-Paulskirche<br />

gewesen, in der Nacht des Stillenfreitags 1568 abgebrannt,


216 Severin Frederick Von Di'. v. Vülow.<br />

„darüber er am Leibe so schwer Versehret ward, daß er 8. April<br />

hernacher starb."<br />

Die mitgetheilte Urkunde ist einem Actenstück des Staats-<br />

archivs zu Stetttin beigeheftet. (Stett. Arch. 1'. I. Tit 103<br />

Nr. 37^) betitelt: Register der Elftausend Iungkfrawen Vru-<br />

derhoff, itein des Armenhauses vorm Mühlcnthor oder Pilgrim-<br />

hauses 1532. Der innere Zusammenhang beider Stücke ist<br />

nicht ersichtlich. Der Bogen auf dem die Urkuude vom 8. April<br />

1538 geschrieben steht, ist in die Hälfte gebrochen und auf dem<br />

Bruch in einer gewundenen Linie durchschnitten, wie man das<br />

in ähnlichen Fällen auch wohl noch heut zu thun pflegt. Dann<br />

ist der halbe Bogen in schmal Folio gebrochen und beschriebe«<br />

worden.


Diese Zeitschrift erscheint in Vierteljahrsheften nnd kostet<br />

im Buchhandel 4,50 Mark der Jahrgang. Aeltere Jahrgänge<br />

bis XX. incl. werden mit Ausnahme von I, II, XII 2, XX11,<br />

welche vergriffen find, zn herabgesetzten Preisen, der Jahrgang<br />

zu 1,50 Mark, verkauft, und sind zu bezieheu durch den<br />

Hanptlehrer Rusch hier, Iohannishof 1 — 2.<br />

Die geehrten Mitglieder ersuchen wir, ihre Geldsendungen<br />

nicht an die <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Pomm. Gefch. :c., sondern<br />

an den Oberlehrer Dr. Kühne, Hohenz ol lernst<br />

raß e 8, alle anderen Zusendungen und Korrespondenzen an<br />

den Professor Lemcke, Königsplatz 12, adressiren zn wollen.


Diejenigen Mitglieder, welche im Besitz älterer Jahrgänge, besonders I., II, XII. 2, XXI. 1, XXIV.<br />

und XXVIII. der Balt. Studien sind und kein besonderes Interesse an denselben haben, werden höflichst<br />

ersucht, sie entweder gratis oder gegen einen zu verabredenden Preis der <strong>Gesellschaft</strong> zu überlassen.<br />

Der Vorstand.


Inhalts - Verzeichnis<br />

v. Vülow: Ein drohender Kosakeneinfall 217—236<br />

Derselbe: Die Allgemeine Deutsche Biographie und Pommern<br />

. . 237 245<br />

Derselbe' <strong>Geschichte</strong> der Apotheke in Barth 246-260<br />

Pastor A Vogel: Der Grabhügel bei Ttaffelde und<br />

das Dorf Delne 261-264<br />

v. Aülow: Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> von Po'litz in: dreißigjährigen<br />

Kriege 265—276<br />

Derselbe: Lieferungen zum hofhält Wallensteins . . . 277-284<br />

ZweiundvierzigsterIahresbericht.III.lv 235-323


Ein drohender Kosakeneinfall<br />

1625.<br />

Mitgetheilt vom Staatsarchivar Dr. von Vülow.<br />

Es ist bekannt, wie bedenklich die Lage Pommerns schon<br />

vor der Landnng Gnstav Adolphs war: die Anzeichen am<br />

politischen Himmel wurden immer gefahrdrohender nnd ließen<br />

über das nnmittelbar bevorstehende Hereinbrechen des Unwetters<br />

keinen Zweifel bestehen, dennoch aber war man im Lande in<br />

keiner Weise znr Abwehr gerüstet. Seit Bartholds bekannter<br />

Charakterschilderung des Herzogs Bogislav 14. hat man sich<br />

gewöhnt, alles Unheil, von dem Pommern in den letzten Jahren<br />

seiner Selbstständigkeit betroffen worden, ans den „rechtlich<br />

gesinnten, wohlmeinenden aber furchtsamen Fürsten" fast allein<br />

zu schieben und ist geneigt zu vergessen, daß Pommerns Lage<br />

zwischen zwei gewaltigen uuter entschlossenen Anführern stehenden<br />

Heeren wohl auch eiucn kräftigeren Charakter als Vogislav 14.<br />

in harte Vedrängniß gebracht haben würde. Die geographische<br />

Lage am baltischen Meere, dem „Fcstungsgrabcn" der Vnrg<br />

Schweden, als deren „Contreesearpe" Pommern bezeichnet ward,<br />

machten es nothwendig, daß ein großer Theil des Kampfes<br />

auf pommerschem Voden gekämpft werden mnßte, so daß, verschieden<br />

von andern Theilen Deutschlands, Pommern Währelid<br />

des langen Krieges fast ununterbrochen die Fahnen des einen,<br />

sehr häufig aber diejenigen beider Theile ans seinen Zinnen<br />

hat wehen sehen. Daß Kaiserliche sowohl wie Schweden den<br />

Anspruch machtcu, als Freunde zu kommen, machte die Lage<br />

14


218 Ein drohender Kosakeneinfall,<br />

nicht besser. Dem Ansinnen der Schweden im Winter<br />

1626 auf 1627, einigen Tausend Söldnern nnter den Obersten<br />

Streifs und Tenfel von Mekleuburg her den Durchzug durch<br />

Pommern zu gestatten, hatte Bogislav 14. als reichstrener<br />

Fürst nicht nur nicht nachgegeben, sondern es war ihm trotz<br />

der Geringfügigkeit der disponiblen Streitkräfte anch gelungen,<br />

den Feind von Penkuu ab uud über die Gräuze zu drängen,<br />

so daß der erstrebte Oderübergang nicht anf pommerschem<br />

Gebiet, sondern in Schwedt bewerkstelligt werden mnßte.<br />

Das Uebel lag aber nicht allein in der geographischen<br />

Situation des Landes oder dem Charakter des Herzogs, ein großer<br />

Theil der Schuld ist iu dem Mangel am Verständniß der Lage<br />

zu suchen, den die Landständc, namentlich die Städte, an den Tag<br />

legten. Man war untereinander nneinig und im kurzsichtigsten<br />

Eigennutz befangen, so daß Jeder nur deu augenblicklichen<br />

Vortheil oder Nachtheil zn sehen vermochte nnd gegen die zum<br />

nothdürftigsten Schuh des Landes gemachten Vorschläge sich hartnäckig<br />

sträubte. Eiue von zahlreichen rügischen nnd pommerschen<br />

Edelleuten gemachte Eingabe vom 7. Inni 1627 wies auf dic<br />

Unzulänglichkeit der üblichen Landesvertheidiguug durch die<br />

Lehusmannen hin nnd verlangte in kräftigen Worten Anwerbung<br />

mehrerer Regimenter Fnßvolks, aber vergeblich; die Städte<br />

stützten sich auf ihre Privilegien, die fie von dergleichen Lasten<br />

frei fprachen; „der Tenfel hole fie, ich weiß von ihren<br />

Privilegien nichts", rief Vogislav im Unwillen, aber dic<br />

Lauigkeit und der Eigennutz behielteu deu Sieg. Mau war<br />

in dem unfeligen Wahn befangen, den von allen Seiten heranziehenden<br />

Heeresmasfen gegenüber nentral bleiben zn können,<br />

und hatte dabei im Blick anf die drückende, unter der Negierung<br />

des kurz vorher verstorbenen Herzogs Philipp Inlius noch<br />

vermehrte Schuldenlast die geheime Hoffnnng, dnrch diesc<br />

Neutralität am billigsten wegkommen zu köuueu. Wenige<br />

Jahre fpäter mußte dieser Irrthum mit dein vollständigen<br />

Ruin des Landes bezahlt werden, Schweden „logirte sich auf<br />

seiner Contreescarpe"; aber gleich von Anfang an war diese<br />

Politik die Urfache beständigen Hin- nnd Herschwankeus uud


von Dl. von Vülow. 219<br />

Hinhorchens ans jedes vage Gerücht drohender Gefahr,<br />

der man dnrch eiligst gefaßte, indessen doch nur halb ausgeführte<br />

Maßregeln begegnen wollte.<br />

Das Ereigniß, von dem auf dcu folgenden Blättern die<br />

Rede ist, liegt um zwei Jahre hinter den oben erwähnten<br />

zurück nnd wird geschildert in einem ans dem königl. Staatsarchiv<br />

aufbewahrten Actenstück, ^) welches über eine den pommerschen<br />

Grenzen angeblich von Polen her durch ungeordnete<br />

Banden drohende Gefahr berichtet; dasselbe enthält mehrere<br />

vom Herzog in dieser Angelegenheit erlassene Schreiben und<br />

giebt Nachricht von dem, was man znr Abwendung der Gefahr<br />

zu thun beschloß. Nach Kosegartcn hing jene Nnsammlnng<br />

polinscher Kosaken mit dem bekannten beabsichtigten Durchzug<br />

schwedischer Regimenter durch Pommeru nach Polen zusammen,<br />

der dadurch abgewehrt werden sollte. Die vorliegenden Acten<br />

sagen davon nichts und ans Grund derselben ist daher der<br />

Kosakenangriff als eine eigenmächtige Handlung zügelloser<br />

Banden dargestellt. Auch steht der Vorfall nicht isolirt da;<br />

schon im Sommer 1623 war eine Schaar von 10,000 Kosaken<br />

von Polen her nach der Mark aufgebrochen und hatte bei<br />

Züllichan ihr Qnartier aufgeschlagen. Der Kur<strong>für</strong>st von<br />

Brandenburg, dem die nächste Gefahr von den ungebetenen<br />

Gästen drohte, fand noch Zeit, seine Nachbarn uud unter<br />

diesen den Herzog Vogislav 14. von Pommern von dem auch<br />

ihnen möglicherweise bevorstehenden Besuch zu benachrichtigen,<br />

und der Herzog beeilte sich, obgleich bei der Entfernung die<br />

Gefahr <strong>für</strong> ihn noch keine drohende war, Mittel zur Abwehr<br />

zu treffen. Eins der in dieser Angelegenheit erlassenen Schreiben,<br />

an den Hauptmann im Amte Belgard, Johann von Hechthausen,<br />

gerichtet, ist aufbehalten worden und lautet wie folgt:^)<br />

Von Gottes Gnaden Bogislaff, Herzog zu Stetin Pom-<br />

') Stett. Arch. I'. I. Tit. 52, Nr. 10 :i. Vgl. Valt. Stud. XV, 1.<br />

(1853) Seite 78 ff.: Kosegarten, das Friedländische Kriegsdolk zn<br />

Greisswald, 1627-1631.<br />

^) Löpersche Vibl. im Besitz der <strong>Gesellschaft</strong> f. pomm. Gesch. u.<br />

Merthnmsknnde, Mscr., Nr. 8.


220 Ein drohender Kosakeneinfall,<br />

mern, Fürst zu Ruegen ?e. erwehlter Bischoff zn Cammin ^e.<br />

Unsern Grus zuvor. Vöster, lieber, getrewer, Wir mögen dir<br />

nicht verhalten, was maßen Uns gleich izo der Chur<strong>für</strong>st zu<br />

Brandenburg? 3c. dnrch einen eigenen Currirer avisiret, das<br />

bey zehentausendt Coßaggen im Aufbruch, und allbereit S. Ld.<br />

Chur<strong>für</strong>stenthumb und Landen sich soweit gcuahct, das sie<br />

jenseit Zillich Quartir genomeu. Weill nun nicht bewnst,<br />

wohin ihr Intention gerichtet: so will hoch Vonnöten sein,<br />

das man alles Orts ein wachendes Auge habe, die Pä'ße,<br />

Thore, Mauren nnd Welle woll vorsichere nnd sich mit gntcn<br />

Rüstungen und Gewehren in wolgcfaster Vercitschafft halte.<br />

Wollen demnach dir mit Erinnernng des newlich publicirten<br />

Aufbots gnedig und ernstlich befohlen haben, die unter deinem<br />

Ampte gesessene von der Ritterschafft zu Fahnen zn fordern,<br />

ihnen newlichst Ediet wegen Stellung in Bereitschaft, auch<br />

diese Gefahr <strong>für</strong>znhalteu nnd sie dahin bei Verlust ihrer Lehne<br />

anzuhalten, das sie bei Tag und Nacht außgaugenem Ediet<br />

zufolge parat sein uud, so lieb einem Jeden des Vaterlandes<br />

Wolfardt angelegen ist, hieran nichts verabseumen. Das ist<br />

nnsere ernste Meinnng. Datum iu Eile Alten Stetiu am<br />

30. Iuuij Auno 1623.<br />

Bogischlaff m. i).<br />

Dem dösten nnserm Hanbtman anff Belgardt und lieben<br />

getreweu Iohan von Hechthausen, zn Naffin gefcßenn.<br />

Johann von Hechthausen ans Naffin, dessen Geschlecht nm<br />

1450 zuerst in Pommeru urkundlich auftritt, und in dessen<br />

Canzlei obiges Schreiben an: 3. Juli eröffnet ward, kommt<br />

schon 1612 als Hauptmann von Belgard vor; welche Maßregeln<br />

er in der vorliegenden Angelegenheit ergriff, darüber ist<br />

uns nichts aufbehalten, so daß die Aunahme einer vorübergehenden<br />

Gefahr berechtigt ist.<br />

Im Mai 1625, nur weuig Monate nach Vogislavs 11.<br />

Regierungsantritt, hatte sich jedoch abermals das Gerücht<br />

verbreitet, daß sich „ein muttwillig nnd ränberisch Gesiudlein<br />

von Cosaken in großer Anzall bei etlichen Tausentcn vorsamblet,<br />

auß dem römischen Reiche in die Lande Prenßen und


von ^1'. von Vülow. 221<br />

insonderheitt in die cnlnimische Woiwodschafft allschon gewaldtthctig<br />

eingefallen, mit Nanbcn, Morden, Schendung der Weiber<br />

und dergleichen tyrannischen Vorübnugen nnd Violenzen großen<br />

Schaden gethan nnd in dein beharligen Propos sein sollen,<br />

von dannen auch über die Weißell in nnsere Länder zu vorrücken,<br />

dieselben dnrchzustreiffen nnd Alles zu vorHeeren und<br />

zn vorterben." Diesmal war die Sache ernster Natur, und<br />

um dem Eindringen dieser Bande entgegenzutreten, wurde zunächst<br />

die gcsammte Landschaft in einen: unter dem großen<br />

herzoglichen Siegel vom Schlosse zn Wolgast nm 5 Uhr Abends<br />

am 22. Mai 1625 erlassenen Schreiben aufgefordert, aber<br />

auch die einzelnen Stände und Städte erhielten gleichen Befehl.<br />

Das Staatsarchiv bewahrt diejenigen Verfügungen,<br />

welche das Domcapitel zu Camin und die Stadt Stettin<br />

in dieser Angelegenheit erhielten. Die letztere lautet:<br />

Von Gottes Gnaden Bogischlaff, Herzog zu Stettin,<br />

Pommern, Fürst zn Ruegen, crwcltcr Bischof zn Cammin?c.<br />

Unsern gnedigcn Grus zuvor! Erbare uud ersame, liebe,<br />

getrewe! Uns ist von vornehmen ^rten vertrawlich gewiße<br />

Nachrich zugekommen, wasgestalt die auß der Cron Polen<br />

bandisirte Lißezker Kos sagten^) in zimblicher Anzahl auf<br />

2) Eigentlich Lissowczyki, polnische Freischaaren nach dem Parteigänger<br />

Alexander Joseph Lissowski benannt, der sie im Anfang<br />

des 17. Jahrhunderts bei den inneren Unruhen des russischen Reiches<br />

und den polnisch-russischen Wirren ins Leben rief. Kosaken sind<br />

bekanntlich kein Volksstamm, sondern leichte Reiterei; schon in einem<br />

Docnment von 1588 heißt es: levioi'is arm^tur^o milita, vul^o<br />

(^o/lüvi mmcuplUi. Dem König Sigismuud 3. von Polen, der die<br />

Lisfowcziker in seine Dienste zog, leisteten sie wesentliche Hülfe, Nach<br />

Beendigung des Krieges 1619 fand die bedeutend angewachsene und<br />

schon sehr zügellose Truppe dadurch Beschäftigung, daß man sie dem<br />

Kaiser Ferdinand 1. überließ, in dessen Solde sie in der Türkei, in<br />

Ungarn, Böhmen und Deutschland vielfach fochten. Einzelne Züge<br />

derselben kehrten, theils um Nachschub anzuwerben, theils entlassen<br />

oder des Kampfes milde, in die Heimath zurück und betrugen sich hier<br />

nicht besser als in Feindesland, indem sie unter Ranb und Plünderung<br />

cinherzogcn und alles Gesindel an sich lockten. Dadnrch wurden sie<br />

zu einer förmlichen Landplage, so daß der Reichstag von 1624 den


222 Ein drohender ^osakeneinfall,<br />

etliche Tansendt dißeidt der Wcixell versamblet sein nnd in<br />

gcmelter Cron Polen, bevorab in der negstanreinenden eolmischen<br />

Woywodtschafft, mit Rauben lind Plündern großen<br />

Schaden gethan, anch an Leuten und Viehe mechtig Frefell<br />

undt Mntwillen getrieben haben; voun deßwegen anch von<br />

dem großmechtigenn Hern WoyUwden unserm freundlichen,<br />

lieben Nachbarn Hansen Weyhcrn ^) zimblicher Wiederstant geleistet,<br />

nnd dieselben nunmehr von dessen Woywotschafft und<br />

Lande Grenzen abgetrieben sein solleu. Wan Wir dan leichtsamb<br />

zu erachten haben, das anch auderc großmechtige Stände<br />

der Cron Polen ermelten Cossagken ebenmeßig Wiederstant<br />

Wojewoden anbefahl, sie mit den schärfsten Mitteln zn unterdrücken.<br />

Da die Erecntivgewalt in Polen aber schwach war, so ließ sich das<br />

nur langsam und mit Mühe bewerkstelligen, ja das Uebel wurde<br />

schlimmer, als i. I. 1624 Kaiser Ferdinand mit Bethlen Gabor von<br />

Siebenbürgen Frieden schloß und ein Heer von angeblich 12,000 Lissow-<br />

czykern aus seinem Dienst entließ, welche nun znm größten Theil die<br />

im Heimathlande vagabondirenden Schaarcn verstärkten. So ist denn<br />

auch unter dem Kosakenschwarm, der 1635 Pommern in Unruhe ver-<br />

setzte, eiue solche Lissowczykerbande zn verstehen, deren Stärke, 18,000<br />

Mann, jedoch weit übertrieben erscheint. Ich bin <strong>für</strong> diese sowie<br />

manche andere lehrreiche Auskunft über den Vorfall der Güte des<br />

Herrn Dr. Clauswitz, vormals Staatsarchive iu Poseu, jetzt Stadt-<br />

archivar iu Berlin, zu Dank verpflichtet. Auf Kosegarteus differirende<br />

Ansicht ist oben schon hingewiesen.<br />

3) Johann von Weyher aus der bekannten hinterpommerschen<br />

Familie, der zweite von sechs Brüdern, welche sämmtlich hohe Stellun-<br />

gen in Polen einnahmen, ein Enkel des Claus von Weyher auf<br />

Leva uud ein Neffe des Martin von Weyher, Bischofs von<br />

Camin (1549—1556), war seit 1613 Nojewode von Cnlm nnd starb<br />

1626 als General uud Senator der Republik Polen. 1604 war er<br />

Untercämmerer von Cnlm, 1612 Castellali von Elbing nnd 1615<br />

Wojewode von Marienbnrg gewesen. Er hinterließ vier Söhne, die<br />

ähnliche Aemter bekleideten uud deren einer, Jacob, die Stadt<br />

Weyersfrei sjetzt Neustadt) bei Danzig gründete und bewidmete.<br />

Das von Weyhersche Wappen sind drei Rosen über zwei dreimal ge-<br />

zahnten Balken (Kinnbacken?). Vgl. Vagmi hl, <strong>Pommersche</strong>s Wappen»<br />

bnch, Band 3, Seite 63 uud Cramer, <strong>Geschichte</strong> von Lanenburg uud<br />

Bütow, wouach die am Schluß folgeude Stammtafel zusammeuge<br />

stellt ist.


von Dl', v. Vülow. 223<br />

leisten, dieselbe verfolgen, von ihren Grenzen abtreiben, nnd sie<br />

darüber cntlich (wicwoll Wir mit ihnen, anch sonsten jemants<br />

nicht zn schaffen haben) nnsern Grenzen nnd hocherwehnter<br />

Cron Polen benachbarte Landtschasft nnd Empter anch berueren<br />

mochten, inmaßen Wir auch davon alrcits <strong>für</strong> gewiß von ver-<br />

trawelichen Ort avisirt nnd gewarnct fein: so befehlen Wir<br />

ench hiemit gnedig nnd ernstlich, die ganze Bürgerschafft ge-<br />

stracks in Vereitschafft zn bringen, die Manrcn und Welle in<br />

guetcr Versicherung zu halten, sonsten anch dabei alle bei der<br />

Stadt verhandenc Oeschüz, Mnnition und andere zu Ernst<br />

gehörige Sachen zn praeparircn und auff Unfer oder in Un-<br />

ferm Absein Unserer der Cron Polen negstangesessenen Veamftten<br />

oder anch bestalten Kricgsoffieirern erstes Erinnern mit gebue-<br />

rcndem Vermnegen an Noß nnd Man erheischender Noturfft<br />

nach ins Feldt nebenst Unser gewertigen Ritterschafft außzu-<br />

ziehen, auch da es nicht soeben euwere, sondern die angrenzenden<br />

sÖrter^ mit betreffe, dabei gleichwie fie im Gegenfall zn ewerm<br />

Vesten zn thuen verpflichtet, ebenermaszen wilfahrig zur Hülff-<br />

reitung unaußftleiblich zu erscheinen, und also nach Mugligkeit<br />

alles Ungemach nnd Beschwerung von Unserm geliebten Vater-<br />

lande cinmuetig abweuden zn helffen. Wie dieses die er-<br />

heischende Noturfft des Laudes uicht anders erfordert, alß<br />

befchichtt auch daran Unser landts<strong>für</strong>ftlicher ernster Wille und<br />

Meinuug. Datum Wolgast deu 23. May Anno 1625.<br />

In dem an das Domcaftitel gerichteten Schreiben heißt<br />

es: „So befehlen Wir Tir hicmit gnedig uud ernstlich an-<br />

gesichts dieses, cwre uutergebeue Ritterschafft und Unterthanen<br />

<strong>für</strong> ench zue bescheiden, die Ritterschaft in Deine Dir anbe-<br />

fohlenen Ambte, loie den auch die anliegende Stedte an einen<br />

gelegenen Orth vorzuebefcheiden, ihnen diese Besorgnus anzu-<br />

deuten und an Unser Stadt, nachdem Wir dieses Orts mit der<br />

schrifftlichcn Aufforderung, wie es jezige Eyl erheischett, ande-<br />

rergcstalt so baldt nicht fertig werden können, sie in Ernst zu<br />

vermahnen, das ein Jeder bei den Eyden und Pflichten, damit<br />

uns Iedtweder verwandt, nuu so viel mehr noch besage vori-<br />

ger Verwarnugspatenten in steter Bereitschaft sizen, an Rosß,


224 Ein drohender Kosakeneinfall,<br />

Man, Harnisch, Gewehren uud andern zum Ernste gehörigen<br />

Sachen, so stargk er immer nfkommen kan, welches ihme doch<br />

an seinen schuldigen Roßdiensten uuuachthcilig sein sol, sich also<br />

gefast halten, auch respeetive die Stadt, ihre Wälle uud Päße<br />

woll vorwahreu, uud mit ihren schuldigem: Ufwartungen im<br />

Felde an Rosß uud Mau mit denen Zuebehöruugcn, ungleichen<br />

sich auch dergestalt fertig macheu sollen, das uf jedern Nothfall,<br />

den Gott gnediglich abwende, in eiliger Stunde an Orth und<br />

Ende, da es no'tigk, sie sämmtlich uud ein Jeder insonderheit<br />

parat erscheinen möge: zugleich auch uf die Grenzen fleißig<br />

Nfmergken zue haben, was vou einem uud audern Orth fiir<br />

Aviso erfolgen möchte, bey Tag und Nacht, nachdem es die<br />

Angelegenheit erfordert, nns an Enden, da Wir anzutreffeu,<br />

unsenmblich zue berichten; da auch die eyleude Gefahr das<br />

Zurückberichtcu uicht erleiden konte, die ewre Unterthanen anbefohlene<br />

Amptsverwanteu vou Adell undtt angelegene Stedte<br />

auf vermergkten Nothfall angesichts ufzuefordcrn uud also die<br />

Grenzen zu dcfeudireu; gestallt Wir dau zu dcro Behuef alleu<br />

unsern Dir anbefohlenen Lehnleuten uud Iluterthauen, ailch<br />

Bürgermeistern nnd Rahtt in dabey annliegenden Stedten kraft<br />

dieses ernstlich gebieten, auf Dem ernstes Erfordern nnseumlich<br />

wollgerüstet ufzuseiu und den uubilligeu Eiudrengern nach<br />

Mögligkeit zu wiederstehen; wobey dan ein Amftt dem andern<br />

dergestallt Aßistenz zu leisteu verpflichtet sein soll, das wo ihr<br />

mit deu Ewrigen der zudriugendcn Machtt zn schlvach, die<br />

nechstcn Dir zucspriugen uudt herkegen auch dergleichen ihnen,<br />

dafern auf ihrer Seithcn sich derogleichen erregen würde uud<br />

ihr mit dcu Euren sonder einige Gefahr anßrücken töntest, (!)<br />

von dir wiederfahren solle, daniit also zueforderst durch gottliche<br />

Mitwaltung mit gemeiner Znthat bester Mügligkeit nach all<br />

befahrcnde Ilngelegenheit vonu unsern: geliebten Vaterlande abgewendet<br />

werden möge. Dieses wie es die jezo erheischende<br />

Notturfft erforderet. Also geschicht auch daran nnser gaitz<br />

ernster zuverleßiger Will uudt Meiuung. Datum Wolgast den<br />

23. May Anno 1625."<br />

Das Schreiben zeigt nnverkennbare Spuren eiliger Abfaßnng.


von Di'. v. Vülow. 225<br />

Der herzogliche Befehl erging handschriftlich und theilweis<br />

fogar circulirend von einem Orte zum andern, „alldieweil man<br />

fo geschwinde zum gcwonlichen Uffbade in Drnck nicht gelangen<br />

mügen." Das gedruckte Patent, datirt Wolgast, den 30. Mai<br />

1625, wurde nachgeliefert.<br />

Gleich am folgenden Tag, den 24. Mai, versammelten<br />

sich die Väter der Stadt und haben es auch in der Folge an<br />

Rathssitzungen, in denen der herzogliche Befehl behandelt wurde,<br />

nicht fehlen lassen; doch stieß derselbe auf vielen Widerstand<br />

bei den Alterleuten der Kaufmannschaft und der neun Hauptgewerke.<br />

Diesen hatte zuerst der Rath vorgeschlagen, zur Abwcndnng<br />

der drohenden Gefahr schleunig 20 Reiter auszurüsten,<br />

auch zur Fortbringung der Kriegsmunition, Kraut und Loth,<br />

etliche Rüstwagen mit Pferden zn beschaffen, änderte dann aber<br />

die Proposition dahin, statt der 20 Pferde lieber 100 Musketiere<br />

zu werben; welchen: Vorschlag auch der am Vorabend<br />

von Wolgast her eingetroffene <strong>für</strong>stliche Canzler zustimmte.<br />

Obgleich während der Sitzung mehrere Schreiben eingingen,<br />

ans denen ersichtlich wird, daß die Gefahr größer war, als<br />

man anfangs anzunehmen geneigt sein wollte, so erschienen<br />

Kaufmannschaft und Gcwerke doch ziemlich lau und der Bewilligung<br />

von Geldmitteln wenig günstig. Nur langsam gaben sie zu,<br />

daß „die Trommel geschlagen", d< h. die 100 Musketiere angeworben<br />

werden durften, zur Ausrüstung derselben aber wollten<br />

sie nichts beitragen, „ox ^i-m^nioiitHi-io könnten die Oberwehre<br />

genommen, die Nnterwchren müßeu sie (die Musketiere)<br />

selbst halten. Kontribution ginge langsam vort, man solle von<br />

der Zulage eine Woche oder drei das Geldt nehmen, biß etwas<br />

wieder einkombt." Diese Ablehnung der directen Besteuerung<br />

ging indeß nicht durch, vielmehr wurde auf jedes Haus in<br />

Stettin 1 fl., auf jede Bude ^/2 fl., und auf jeden Keller<br />

^/4 fl. Kontribution gelegt, die in jedem Quartier von Haus<br />

zu Haus durch vom Rath verordnete Collectoren „allereilfertigst<br />

und lengst in der negstanstchenden Wochen eingesamblct<br />

werden solle." Anch ließ der Rath einen Jeden verwarnen,<br />

„wen die verordnete collootoi'Oä zu ihm kommen, daß er mit


22l) Ein drohender Kosakeneinfall,<br />

Erlegung dißer geschlossenen nnd bewilligten Krigsstenr seines<br />

Theils; unweigerlich, uuscumig, lvilliglig nnd wirklich sich be-<br />

zeige nnd einstelle, anch sonst mit seinein Haußgewehr nnd waß<br />

an üi'ina.tui'H znm Ernste gehörig, sich bestermaßen gefast<br />

halte, alles bei Straaff des Lasters der Verlassuug des Vater-<br />

landes nnd anderer ernster Anmerckung."<br />

Znm Werbecommissar <strong>für</strong> die zn stellenden 100 Musketiere<br />

wurde Daniel Schreiber^), und znm Hauptmann Michael<br />

Hennicke, zwei stettiner Bürger, bestimmt; der Letztere erhielt<br />

in seiner Bestallung freie Station und znnächst freie Reise bis<br />

an die gefährdete Grenze auf dem Wagen des Commissars.<br />

Zeige es sich dort, daß die Gefahr geringer, als man geglanbt,<br />

oder daß sie schon vorüber uud die Anwerbung von Mann-<br />

schaft unnöthig sei, so solle er dennoch <strong>für</strong> seine Reise nnd<br />

geleisteten Dienste 30 Thlr. mit freier Ausquittiruug auf der<br />

Hin- uud Rückreise erhalten; komme es aber zur Werbung uud<br />

zu eiuem öffeutlicheu Kriegszuge, so habe er dem städtischen<br />

Commissar den Eid zu leisteu uud danach sich dem von Sr.<br />

<strong>für</strong>stlicheu Guadeu eiuzusetzeudeu Oberstlieuteuaut uuterstellen zu<br />

lassen. So lange die Expedition dauert, werdeu ihm 40 Thlr.<br />

monatlicher Sold nnd Befreiung von der nnterdeß erhobenen<br />

Kriegssteuer versprocheu, uud dabei solle es auch seiu Bewen-<br />

den haben, wenn ihm im weitereu Verlauf mehr als die zuerst<br />

geworbeuen 100 Musketiere uutergestellt würdeu.<br />

Während die Einwohner Stettius iu eiuem von allen<br />

Kanzeln der Stadt verlesenen Schreiben des Raths, das von<br />

„18000 (!) Kosaken, die sich mehr und mehr hänfen", sprach,<br />

znr pünktlichen Zahlnng der anfcrleqten Eontribution ermahnt<br />

wurden, erging an das Eigenthumsstädtlein Pölih ebenfalls<br />

ernstlicher Befehl, in gnter Bereitschaft zn sein und den Rüst-<br />

Wagens, den Pölitz in Kriegsnöthen vermöge des im Jahre<br />

^) Sein Name kommt in den Acten dieser Jahre sehr oft vor;<br />

er war 1619 Altermann und starb l638. Seine Iran hieß muth»<br />

maßlich Elisabeth Gützmitz.<br />

5) ^uAii'ia, 86i'vitiuiii euli-num, Wagendienst, war die sehr drückende<br />

Verpflichtung der Unterthanen, namentlich in den Dörfern, znm Vor-


von Dr. v. Bülow. , 227<br />

1570 getroffenen Vertrages zu stellen verpflichtet war, sofort<br />

fertig zu machen, mit den nöthigen Pferden und allem Zubehör<br />

zu versehen und bei ertheiltem Befehl damit aufzuziehen.<br />

Zwifchenein erhielt Nogislav 14. uuter dem 28. Mai<br />

aus Schlochau einen neuen Bericht durch den schon erwähnten<br />

Woiwoden von Culm, Iohaun von Weyher, der überhaupt in<br />

der ganzen Angelegenheit sehr thätig war und dem Herzog<br />

wesentliche Dienste leistete. Der Bericht lautete:<br />

Durchleuchtieger, hochgeborner Fürst, gnediger Herr! Euwer<br />

<strong>für</strong>stl. Gnaden sein meine ganz willige Dienste nebenst Wuuschuug<br />

alles <strong>für</strong>stlichenn Wollstandes allezeit bevor, und füege E. f. G.<br />

unumbgänglicherr Notturfft zu wißenn, das die muthwilliege<br />

Burfe die Leßofzigkeu geheißen, aus dem romischenn Reich<br />

in diese Lande Prenssen und souderlich in meine Woywodtschafft<br />

ins colmische Landt eingefallcnn, in Kirchenn und andern der<br />

löniglichenn Nnderthanen Heußernn mit Raub und Brandt uucrhoretenn<br />

Schaden gethann, die armen Leute morden, ihnen<br />

tzende nnd Füße abhawenn, die Frawenßpersohnenn mit Gewalt<br />

violiren und übergroße Tyranney ubenn. Deren obwoll bereits<br />

in die vierhundert niedergeleget, so kombt mihr ebenn diese Stunde<br />

die Zeitung, das ihrer etliche Tausent ihren Paß über die<br />

Weigsel durch Pommerellen in Euwer <strong>für</strong>stl. Gnaden Landt<br />

gerichtett haben sollenn; wolte derowegenn aus besonderer underthenigen<br />

Affection icgenn Euwer f. G. und derenn Landt und<br />

Leute nicht seumen, E. f. G. solches in Eyl wissenn zu lassenn,<br />

damit dieselbe die Ihrigenn in gueter Reitschafft habenn und.<br />

auff deu Nothfall allen Unheill vorkommenn und den: muthwilliegen<br />

Volck zum Wiederstandt bereit fein möge. E. f. G.<br />

wollen mich hierin wieder avisiren, ob E. f. G. weitergefonnen fein,<br />

mit mihr eine gnedige und vertrawliche Eorrespondeutz in diefem<br />

Fall zu halten, derselben ich neben Empfehlunge gotlichen<br />

spann und zn Fuhren, besonders <strong>für</strong> den Heerdienst ; danach hatten die Vanern<br />

zu den Kriegsziigen des Landeshcrrn einen mit vier Pferden bespannten,<br />

eisenbeschlagenen Heer- oder Rüstwagen mit der dazu nöthigen<br />

Mannschaft zu stellen.


228 Ein drohender Kolakeneinfall,<br />

Schuzes zu gutter Gesundtheit unndt glücklicherr derenn Landt unnd<br />

Leute Negierunge zn allen annchmblichenn Dienstenn allezeit<br />

erbottig bin. Inn Eyle anff Schlochow an 28. Monats May<br />

8tv1o uovo Aliili 1625.<br />

Dienstwillieger gehorsamer<br />

Johann Weyer<br />

eolmischer Woywodt.<br />

Ann<br />

Herzog Vilgischlaffenn Herzogen zu Stettin Pommerrn.<br />

tot. tit.<br />

Vergleicht man die Daten der in dieser ganzen Mobilmachuugsaugelegcnheit<br />

ergangenen Schreiben, so scheint die Stadt<br />

Stettiil ihren Pflichten im Ganzen noch verhältnißmäßig schnell<br />

nachgekommen zu sein; sie sieht denn auch ihre Leistungen als<br />

einen den andern Ständen gethanen Vorschuß an, der ihr<br />

von diesen wieder zu erstatten sei, und äußert sich in einem<br />

dem mittlerweile schon nach Cöslin vorausgeeilten Herzog<br />

nachgesandten Schreiben also: „Wann aber, ehe nnd <strong>für</strong>deme<br />

es rechtt zum Feldtzuge komme oder andere wirckliche Krigsordinarch<br />

gegeben werde, vermuge der Landftrivilegien die<br />

Nothurfft erheischen will, daß ^udiic^ äolidLi'^tio 6t comuiu^ic^tio<br />

cimi 8tll>til)ii8 Hc 0i(Iinidii8 i)roviiioi^1i1)u8 vorhergehe,<br />

damit man nicht allein den Succurs, wie starck er<br />

nötigk, sondern auch die zugehörige 8uui^tu8 I)0i1ico8, woher<br />

sie zu nehmen, zu ermeßigeu und zn statniren, auch, waß das<br />

Principaliste ist, den Krigsraath coiumuni voto rechtt zu faßen,<br />

und zu ordnen, wie die Expedition am vorsichtigsten zu dirigireu,<br />

damit keine Inaequalität oder Konfusion entstehe oder<br />

etwaß Verseumlichs sich zutrage, uoch in iQoä6i-iilliiii6 ä^lön-<br />

8Ì0NÌ3 zu viel oder zu wenig gethan werde, viel weiniger aber<br />

3.ut Q6^i60tÌ3 8t^ti!)H8 andre Widrigkeit in<br />

oder gahr eine Desertion zu befahren sein müege;<br />

alß ist unser undertheniges, hochvleissigs Pitten, E. f. G. allerschlennigst<br />

eine Convoeation deß vornembsten Ausschußes vou<br />

Laudtständen und Städten in Gnaden anstellen laßen wollen,


von Dr. v. Vülow. 229<br />

damit von solchen Sachen nach Anweißnng der Landtprivilcgicn<br />

mit gemeinem Raath müegc deliberiret und geschlossen werden.<br />

Wie wir dann hiencbst anch allcrfeierligst Protestiren und bedingen,<br />

waß wir unsers Orths <strong>für</strong> dießmahl zum Vorschuß<br />

gleichsamb geleistet und vcrstrecket, dafern unß die übrigen<br />

Stände des Landes ^ro ^u.ot3. nicht gleichkommen würden,<br />

ihre i'^tI.8 künfftig von ihnen oder auß gemeinem Landtkastcn<br />

zu repetiren, wie dann auch insonderheitt die Stadt Alten<br />

Stettin solenniter bedinget, waß sie anitzo über ihre alte schuldige<br />

Pflichtt in Abführe der <strong>für</strong>stlichen ^rm^tui-H und Moßqueten<br />

Ln^oi^OZQtOi-io und pi'0^t6r ^oi'ionium 12101^6<br />

inä^^its aufs sich genommen und über sich gehen lassen, das<br />

solches hinkünfftig nicht müege in ooiiLOt^OiitÌNlli gezogen,<br />

sondern allein da<strong>für</strong> gehalten werden, daß es eine übrige extraordinär<br />

Rettungshülff in dieser schnellen Anrennung gewesen,<br />

die E. f. G. zu Ehren und Gefallen ^i'so^rio geschehen;<br />

deßwegen E. f. G. auch in Gnaden geruhen werden, daß solches<br />

umb der Posteritet und unser sonst allenthalben geschwierigcn<br />

Bürgerschafft willen durch ciuen Specialrevers gebürlich<br />

praecustodiret und verwahret pleibe."<br />

Hinter diesem verclausulirten Patriotismus, der sich über<br />

das Maß der geleisteten Begeisterung und Opfer Quittung<br />

ausstellen läßt, nimmt sich die Versicherung sonderbar genug<br />

aus, daß man mit Gut und Blut Zur Rettung des Vaterlandes<br />

jederzeit bereit sei.<br />

Während Herzog Bogislav 14. schon auf den Mittwoch<br />

nach Exaudi (1. Juni) eine Musterung über das Fußvolk nach<br />

Vublitz anberaumte, war der Stettiner Commissar Daniel<br />

Schreiber noch lange nicht soweit. War ihm auch iu seiner<br />

sehr ausführlichen Instruction erstlich die Ehre, Freiheit, Wohlfahrt<br />

und Rettung des Vaterlandes „eingebunden" und ihm<br />

zu dem Ende <strong>für</strong>s Zweite zu 100 Soldaten Werbuugsgclder<br />

wie auch zu Bewehrung derselben eine Anzahl Muskcteu,<br />

Kraut, Loth und Munition anvertraut worden, so war ihm<br />

doch drittens eingeschärft, mit der Werbung oder Ausstellung<br />

der Werbungsgelder nicht „fortzuplatzen", sondern erst sich zu


230 Ein drohender Kosakeneinfall,<br />

überzeugen, ob wirkliche Gefahr sei. Aber anch in diesem<br />

Fall solle er nicht sofort die 100 Mann, sondern zuerst nur<br />

einen Theil derselben anwerben und überhaupt ein Auge daraus<br />

haben, wie weit die andern Städte ihrer Pflicht nachkommen ?e.<br />

In der That zeigte sich, als Daniel Schreiber auf dem<br />

Schauplatz ankam, die Gefahr schon beseitigt, ohne daß es des<br />

pommerschen Aufgebots bedurft hatte. Der Lefcr wird aber<br />

wissen wollen, was der Commissar über dieselbe in Erfahrung<br />

gebracht und loie überhaupt die ganze Angelegenheit zu Ende<br />

ging, und geben wir daher in Folgendem Schreibers am 10.<br />

Juni 1625 dem Rath zu Stettin eingereichten Commissionsbericht<br />

:<br />

welchergestaltt ich bey sürgenommener Resistentz<br />

wider die Irruption der Coßagken auff der pommerschen<br />

Greutze meine Commission abgelegt!,<br />

und was ich deswegen vor glaubwürdige Kuudtschafft<br />

und Partie ularit eten eingenommen habe.<br />

Demnach im Jahre 1625, den 25. May E. Ernvester,<br />

wolweiser Rath und verordnete Alterleute E. E. Kauffmans<br />

sampt der 9 hauptgcwercke in M^jlioo 0011^0881.1 die Intimationschreiben,<br />

welche der Herr Oberster Leutenambtt Aßmns<br />

Glasenap an wolgedachten E. E. wolweisen Rath wegen Praesentirung<br />

der schuldigen Manschafft zn Roß nnd Fuß ^ä<br />

1n8tl^ti0N6iii, worzu ein gewißer Orth in ermcltem Schreiben<br />

benennet worden, in reife Berathschlagung genommen, und<br />

befunden, das solche Intimation den Landtagesabscheiden znwidern,<br />

welche requiriren, daß ^i-I.6Mi'Hti0ii08 deilioao inito<br />

00Q3Ì1Ì0 mit den gesampten Landtstenden geschlossen werden<br />

sollen, haben sie dennoch anff die von andern Örtern ausgegebene<br />

Gefahr uud der Cossagken verübte Hostiliteten die Ehre, Freyheitt,<br />

Wolfarth und Rettung des Vaterlandes, uud wie deßelben<br />

Grentzen vor frcmbdcr Gewaltt und Einbruch unbeschädigt zu<br />

erhalten und müglichst zu beschirmen sich allerhöchst angelegen<br />

sein zu lassen und sich deswegen eines gewissen modi, darüber


von Di'. v. Vülow. 231<br />

mir eine Instrnction ist gegeben worden, unter einander ver-<br />

glichen, mir anch denselben anff einen oder andern Wcgk zu<br />

verrichten in Gnnstcn eommittiret.<br />

Solcher Commission znfolge habe ich mich den 27. ver-<br />

schicncn Monats Waij mit der Zugegebenen Hi'MI.tui'^ an<br />

Mnßqucten, Kraut, Loth und Ammnnition von hinnen auf-<br />

gemachctt, meinen Weg auff Stargardt genommen, nnd als<br />

ich vom Herren Syndico daselbst verstendigett worden, das<br />

E. E. wolwciser Nath der Stadt Stargardt bey diesem be-<br />

vorstehenden Ncsistcntzwcrck mit der Stadt Alten Stettin Con-<br />

formitet halten und einen ihres Mittels Hn. Vartholomeum<br />

Schnbben mit gleicher Instruetion nnd Armatur an die pom-<br />

mcrschc Frontier naher Polen abfertigen wolten, bin ich mit<br />

demselben in oomit^tu bis gen Velgardt verreiset, und den<br />

29. May des Abcndts daselbst ankommen.<br />

Ob wir nnn woll bey dem Herrn Burgermeister, wie<br />

auch bei Andern uns nmb Erkundigung umbgethan, haben wir<br />

doch zu nnser Vcrgewißcrnng und was die Zeitt und wahre<br />

Beschaffenheit eines so hochwichtigen Wercks erfurdern wolte,<br />

des Orts nicht erfahren können. Darnmb habe ich mich mit<br />

der Stadt Stargardt abgefertigtem Commissario dahin ver-<br />

einbahret, das er in beider Städte Alten Stettin und Stargardt<br />

Nahmen, worzu ich ihme meine Vollmachtt gegeben, dem Herrn<br />

Obersten Leutenantt die mitgebrachte ai-m^tiii'^m. praesentiren<br />

soltc, ich aber wolte an nähern Orten in Polen Erkundigung<br />

einnehmen, damit wir mit desto beßerm Grunde dasjehnige,<br />

was ro8 ij)8H Postuliren würde, zur Handt ergreiffen könten.<br />

Zu dem Ende habe ich den 30. May mich in Polen gen<br />

Rcppow zn Arndt von der Golzen begeben, welchen ich aber<br />

nicht einheimisch, sondern bey seinem Bruder Balthasar von<br />

Goltzcn zu Heinrichsdorff^) refidirend angetroffen. Als ich nnn<br />

") Neppow nnd Heinrichsdorf sind alte goltzische Güter ani<br />

Dratzigsce. Die Eltern der beiden Gebrüder waren Joachim von<br />

der Goltz anf Heinrichsdorf, Reppow nnd Clansdorf, nnd Ursula<br />

geb. von dem Borne a. d. H. Graffee. Pauli Leben großer Helden,<br />

Band 7, Seite 78.


232 Ein drohender Kosakeneinfall,<br />

als alter Kundtschafft, die ich vor vielen Jahren mit ihme<br />

in Q0H(i6llii3i und sonsten contrahiret, denselben angetreten<br />

und gebethen, seine Wissenschafft von den Cossagken und dero<br />

Intention 860i-6to zu communiciren, hat er in allem Guten<br />

meine Ankunfft aufgenommen und sich auff mein ^otitiim<br />

dergestaltt erklerett:<br />

Das zwar ein Hauffen Cossagken im Reich Polen sich<br />

gesamblett hetten, aber es wüste Ihre königliche Maytt. in<br />

Polen von ihrer Werbung wie auch von deroselben Intention<br />

gantz nichts, derowegen sie auch bandisiret, geschlagen und<br />

gentzlich dissipiret wehren, mit Fürzeigung einer schriftlichen<br />

Aviso, welche er und sein Brnder an den Herrn Rittmeister<br />

Niclaus von Hechthausen, darinnen die Particulariteteu umbstendtlich<br />

enthalten, deßelben Tages abgeschrieben hctten. Er<br />

hatt auch hienebcn vcrtrawlich mir zu verstehen gegeben, das<br />

es ihnen fast seltzam <strong>für</strong>kehme, das man auf der Grentze iezo<br />

zum dritten Mahle solche Kriegspraeparation anstcllete; sie<br />

wehren ja mit uns in gleicher Gefahr undt besorgeten sich<br />

dennoch keiner Hostilitet; so lang Gott der Allmechtige die<br />

<strong>für</strong>stliche beide Augen würde offen erhalten, hette sich Pommerlandt<br />

keiner Gefahr zu besorgen.<br />

Es wehr auch in jeztgemelter Resident) ein <strong>Pommersche</strong>r<br />

vom Adel mit Nahmen Gerhardt Zastrow, welcher ebenmeßig<br />

die Niderlage undt Dissipation der Cossagken mit wciterm Fürgeben,<br />

das Gottlob keine Gefahr verHanden wehre, asseriret;<br />

zeigte auch dabey an, wan einige Pericul C6lvicil)u.8 i^Zornm.<br />

immiuiren folte, würden sie mit deme, was ihnen lieb wehre,<br />

an dem Orthe nicht bleiben, sondern daßelbe salvireu uud in<br />

Sicherheitt bringen laßen. Das zwar eine Defension aufn<br />

Nothfall angerichtett würde, solches wehre an sich recht und<br />

billig, davon könte auch bei künftiger Versamblung ät^wuui<br />

^iovin^i^iinin gemeinnützige Consultatimi gepflogen werden;<br />

er hette in Ncwligkcitt mit seinem Vettern Confcrentz und Unterredung<br />

halten wollen, wie ich mich dan bey ih nie uuterschiedtlich<br />

angegeben, aber wegen anderer Gescheffte, damit er<br />

occupai zu fein sich entschuldigt hatt, keine Audieutz erlaugett.


von I>. von Vülow 233<br />

Derowegen endtlich niit dem stargardischen Commissario<br />

die Resolution genommen, das er bis gen Gryfthcnberg voraus<br />

reißen möchte und alda snbsistiren, bis ich des andern Tages<br />

nachfolgete, ob intci'im etwas Anders <strong>für</strong>kehme, damit wir<br />

unsere conäili^ darnach zu richten hetten.<br />

Es begibtt sich aber deßelben Tages zu Abendt, das der<br />

Herr Oberster Jürgen Christoff Rose, welcher vor einem halben<br />

Jahr von Herrn 1^IiiiM)0 ^ulio christmilder Oedechtnns an<br />

die königliche Maytt in Polen in hochangelegenen Sachen<br />

verschickett gewesen, und etwa nur 14 Tage zuvor seinen Abscheidt<br />

aus Warschow, zu Belgardt angelanget, auch daselbst<br />

pernoctiret. Wie ich nun den 1. Iuny von Belgardt aus in<br />

seinem Comitat bis gen Gryfthenberg gerathen, hat er unterwcgens<br />

nicht allein alle Humanitet mir erzcigett, sondern daneben<br />

den Verlaufs der Cossagkischen Niderlage und ihrer<br />

Dissipation iu p^i'tioni^i'i folgenden Inhalts umbstendtlich<br />

erzehlett:<br />

Das nemblich der Starosta Saliitsky ^) den Vortrab dieser<br />

Cossagken, so 8()l) starck, darunter die vornembste c1uc68<br />

gewesen, zu Gast geladen, aber weil seine Resident) solche<br />

Vielheitt des Volctes einzunehmen zu gering wehre, in eine<br />

Stadt Novimirska^) oder Neustadt genandt, zu divertiren<br />

gebethen. Es hctte aber derselbe Starosta mit der Vürgerschafft<br />

dieser Stadt einen heimblichen Anschlag gemachett, das<br />

sie solten den Gästen an Eßen und Trincken vollauft' geben,<br />

hat ihnen auch eine gewisse Losung bezeichnet^ wan er sie des<br />

Nachts angreiften wolle; alsdan folte sich die Bürgerschafft<br />

7) Nichtiger Ossoli nski. Michael Ossolinski war zur Zeit Sta-<br />

rost von Marienburg. Der Name Salinsky kommt in Polen gar<br />

nicht vor.<br />

") Dieser Ort läßt sich nicht mit Sicherheit feststellen, da es in<br />

der betreffenden Gegend Westprenßeus, wo Ossolinski Besitzungen<br />

haben tonnte, verschiedene Ortsnamen mit dem Stamme mir giebt.<br />

Novimirska heißt aber nicht Nenstadt. Ein Ort dieses Namens<br />

(poln. I^ovvs! miuölo) existirt dort nirgends, wenn nicht etwa die<br />

Neustadt, d. h. der neue Stadttheil eines Ortes, z. V. von Ma-<br />

rienbnrg. gemeint ist.<br />

15


234 Ein drohender Kosakeneinfall<br />

Her<strong>für</strong> thuen und dieses räuberisches Oesindlein<br />

I.I-NÌ8 dempfen helfen.<br />

Ob nun wol die Cossagken nach allcrhandt vollenbrachter<br />

Crudelitet, darunter sie auch 8^ci-i8 nicht verschonett, außer<br />

und in der Stadt eine starcke Schildtwachtt bestellet!, auch der<br />

Stadt Thore aus den Angeln gehoben, ob sich etwa eine Ge-<br />

fahr ereugete, damit sie desto ehe und ungehindert Zu dem<br />

großen Haussen, so im Felde gelegen, stoßen köndtcn, so hette<br />

doch diese ihre Fürsichtigkeitt keinen Suceeß gefunden, sondern<br />

als jeztermelter Starosta Salinsky mit seinem Kriegsvolcke<br />

6x 60inp08Ìt0 umb Mitternachtt an die Stadt geruckett und<br />

die Schildtwachtt nach des Vii-^iin Vcrßlcin, da er NOlGZ<br />

"lro^^oi'un^ inilitum deftingirct: Iiivliännt uil)0in vino<br />

80IQI10HU0 86^)u1t^irl, voll Weins oder Biers auf der Erden<br />

schnarchend gefunden, hette er dieselbe alsbaldt cum (^660 ot<br />

83>n^iiin6 abgefertigett, darauf die Bürgerschafft in der Stadt<br />

6


von Nr. v. Vülow, IZf)<br />

Es hat mich der Herr Obristcr Berichtt gethan, das<br />

Jürgen Loche von Stargardt biirtig, welcher von nnserm allerseits<br />

gnedigen Landes<strong>für</strong>sten nnd Herren etwa vor sechs Wochen<br />

ansgesandt worden, der Cossagken Intent zn e^'ploriren, mit<br />

ihme von Warschow ans Polen herunter bis gen Newen Stettin<br />

in oomitiitii geloesen wehre; der hette in der Herbergen ihre<br />

6iN


236 Ein drohender Kosakeneinfall.<br />

habe meinen Wegk nach Hause genommen, der zuvcrsichtigeu<br />

Hoffnung, ich werde meiner Commission mit gntem contento<br />

^oinniittoiitium ein Gnügen gethan haben, inmaßen dau auch<br />

der Stargardischer Commissarius auff eingenommenen solchen<br />

Berichtt seinen Weg heimbwerths vollendts gewendet hatt.<br />

Daniel Schreiber<br />

ll13.nu 8113.


Stammtafel des Johann v. Weyher (s. Seite 222, Anm, 3.)<br />

Claus von Weyher<br />

Erbherr auf Leba.<br />

Franz, Martin,<br />

1. August 1549 — 8. Juli 1556<br />

Bischof v. Camin.<br />

Claus, Martin, Georg, Döring,<br />

Lieut. unter focht in focht unter ging nach<br />

Stephan Va- Deutschland, v. Staremberg Frankreich;<br />

thori, Kön. v. Frankreich und in Venedig und fiel in einer<br />

Polen. War Polen; siel als Malta; fiel in Schlacht.<br />

1577 bei der poln. Hauptm. Baiern.<br />

Belagerung 1580 vor<br />

v. Danzig. Moskau.<br />

Franz,<br />

am Hofe König<br />

Sigmund 3,<br />

von Polen.<br />

Ernst,<br />

widmete sich<br />

den Wissenschaften.<br />

Johann,<br />

1604 Unterkämmerer<br />

von Culm, 1612<br />

Castellati v. Elbing,<br />

1615 Woiwode von<br />

Marienburg, 1618<br />

Woiwode von Culm,<br />

1622 Starost von<br />

Putzig, Sobowitzund<br />

Schlochau; ^ 1626<br />

als comm. General<br />

und Senator der<br />

Republik Polen.<br />

Claus,<br />

1643 Woiwode von<br />

Marienburg, dann<br />

von Culm.<br />

Demetrius,<br />

Castellai: von<br />

Dauzig, 1618<br />

Schatzmeister<br />

zu Marienburg,Senator;<br />

1- 1628<br />

zu Bereut.<br />

Ernst,<br />

Wiltjchütz in Böhmen,<br />

gründet und bewidmet<br />

Weyc'rsfrei (jetzt Neustadt<br />

bei Danzig.)<br />

Melchior,<br />

1616 Schatzmstr<br />

zu Marienburg,<br />

1619 Casiellan zn<br />

Elbing, 1626<br />

Woiwode?.u Culm,<br />

Senator, Starost<br />

v. Schlochau, Kowalewo<br />

u. Krohn;<br />

f 1643 zu<br />

Schlochau.<br />

Ludwig,<br />

1612 Schatzmstr<br />

zu Marienbnrg,<br />

vorher Unterkämmerer<br />

v. Kulm,<br />

Starost v. Krohn<br />

und Schlochan;<br />

-f 1614, begraben<br />

zu Kozymin.<br />

Jacob, Ludwig,<br />

Reichsgraf, Woiwode 1648 Starost zu Elbing,<br />

von Marienburg, spater Woiwode zu Pome-<br />

Schlochau und Vütow rellen, kämpft in Deutsch-<br />

(1641-58), Herr auf laud, Frankreich, Spa-<br />

nicn, Preußen und Polen,<br />

vertheidigt die Festung<br />

Zamoß gegen die<br />

Kosaken, kämpft gegen<br />

die Tartaren und mit<br />

seinem Bruder Jacob<br />

gegen die Schweden,<br />

vertheidigt Marienburg<br />

Uiid fällt dabei 9. März<br />

1656 auf dem Wall.<br />

G'M.: Cäcilie v. Dönhof,<br />

des Woiwoden von<br />

Pomerellen Gerhard<br />

v. D. Tochter.<br />

Martin Wladislav,<br />

poln.<br />

Kammerherr,<br />

Anführer einer<br />

Husaren«<br />

cohorte, fiel<br />

24. Juni 1610<br />

b. der Belager.<br />

von Karowe-<br />

Zamiescie<br />

wider die<br />

Moscowiter.


Die Allgemeine Deutsche Giographie<br />

und Pommern.<br />

Vom Staatsarchivar Di-, von Bülow.<br />

Die historische Commission bei der königlichen Akademie<br />

der Wissenschaften in München hatte bereits seit Beginn ihrer<br />

aus Veranlassnng und mit Unterstützung des verstorbenen Königs<br />

Maximilian 2. von Baicrn unternommenen Arbeiten sich mit<br />

dem Gedanken getragen, durch ein biographisches Nachschlage-<br />

werk <strong>für</strong> Deutschland eine längst gefühlte Lücke in unserer<br />

historischen Literatur auszufüllen. In diesem <strong>für</strong> den wissen-<br />

schaftlichen Gebrauch des Gelehrteu wie <strong>für</strong> die Gesammtheit<br />

der Gebildeten berechneten Werke sollten mit Ausnahme noch<br />

Lebender alle bedeutenderen Persönlichkeiten Aufnahme finden,<br />

„in deren Thaten und Werken sich die Entwickelung Deutsch-<br />

lands in <strong>Geschichte</strong>, Wissenschaft, Kunst, Handel nnd Gewerbe,<br />

kurz in jedem Zweige des politischen und des Culturlebens dar-<br />

stellt." Bei Feststellung des Begriffs des „Deutschen" ist weder<br />

ausschließlich die politische Grenze Deutschlands zu irgend einer<br />

Zeit, noch die nationale Bedeutung des Deutschen allein ins<br />

Auge gefaßt; vielmehr sind auch die außerhalb der politischen<br />

Grenze liegenden Lande berücksichtigt, soweit sie mit dem Oesammt-<br />

leben Deutschlands in engerem geistigen Zusammenhang geblieben<br />

sind. Dies gilt namentlich <strong>für</strong> die Niederlande und die Schweiz.<br />

Im Uebrigcn ist mau dem praktifchen Gesichtspunkte folgend<br />

bestrebt gewesen, nicht durch ängstliches Bewahren respeetive<br />

Zurückweisen eines Namens den stofflichen Zusammenhang zu<br />

zerreißen.


238 Allg. Deutsche Biogr. und Pommern<br />

Da von vorn herein gewünscht ward, das Werk „auch in die<br />

kleineren Bibliotheken der Städte, der Schulen, der Gelehrten,<br />

der Bücherfreunde eindringen zu sehen, damit es möglichst<br />

Vielen eine leicht zugängliche Belehrung nnd Unterhaltung<br />

bringe", so galt es mit Bezug auf dell Umfang des Ganzen<br />

sich ans das möglichst geringste Maaß zu beschränken, das mit<br />

der Beschaffenheit de^ gewaltigen Stoffes verträglich schien.<br />

Obgleich den Mitarbeitern möglichste Knappheit der Schilderung<br />

anempfohlen ward, und zn dem Zweck eine Einthciluug der<br />

einzelnen Biographien in vier Klassen angeordnet ist, so dürfte<br />

der ursprünglich in Aussicht genommene Umfang des ganzen<br />

Werkes, 20 Bände zu je 50 Bogen, doch wohl überschritten<br />

werden; denn weuu es auch bei Persönlichkeiten eiuer weit hinter<br />

uns liegenden Zeit leicht ist, den Stoff eng zusammenzudrängen<br />

und mosaikartig zu behandeln, so schweift dagegen bei<br />

der Lebensbeschreibung eines Zeitgenossen die Feder unwillkürlich<br />

aus, uud die Schilderung wird breiter.<br />

Währeud die Vertretung des Inhalts der einzelnen Biographien<br />

den unterzeichneten Verfassern znfällt, liegt die Redaetion<br />

des Ganzen in den Händen des früheren Professors an<br />

der Universität zn München, Freiherrn Rochus von Lilicncron,<br />

jetzt Klosterprobst in Schleswig, uud des Professors Franz<br />

Laver Wegele in Würzburg; es sind bis jetzt zehn Bände<br />

erschienen, welche bis „Hassenkamp" gehen.<br />

Die Liste der in die Allgemeine Deutsche Biographie aufgenommeneu<br />

Pommern ist ursprünglich von den Staatsarchivaren<br />

Dr. Klempin und Dr. von Bülow iu Stettin, sowie vom<br />

Professor Dr. Pyl in Greifswald aufgestellt, aber seitdem vielfach<br />

verändert und erweitert worden. Den Genannten ist auch<br />

ein Theil der eigentlichen Bearbeitung zugefallen; ja gewisse<br />

Artikel, wie z. V. die pommerschen Herzoge, konnten kaum von<br />

andrer Stelle als vom königlichen Staatsarchiv zu Stettin aus<br />

bearbeitet werden, wobei sich günstige Gelegenheit bot, manche<br />

von Barthold nnd Anderen begangene Irrthümer aus deu<br />

Quellen zu widerlegen. Im Uebrigen sind die Verfasser auch<br />

der auf Pommern bezüglichen Artikel vielfach Fachmänner und


von Ni'. V. Bülow. 239<br />

über ganz Deutschland zerstreut. Ich gebe in Folgendem das<br />

Verzeichniß der Artikel mit den Namen der betreffenden Ver-<br />

fasser, damit vielleicht durch diese Mittheilung eine Anrcgnng<br />

zu einer pommerschen Biographie erwachsen möge.<br />

Borarbeiten zu einer solchen sind die verschiedenen Publicationen<br />

von Vanselow, sein „Gelehrtes Pommern", „Adliches Pom-<br />

mern", „<strong>Pommersche</strong>s Heldenrcgister", „Nachrichten von Ge-<br />

neralsupcriutendenten ?c. in Hinterpommern" ; auch in Wntt-<br />

stracks Veschreibnng von Pommern findet sich Manches. Seit<br />

Schluß des vorigen Jahrhunderts dürfte aber in Pommern<br />

ans diesem Gebiete nur wenig geschehen sein, denn Niederstedts<br />

Arbeiten beschränken sich nur auf eiu sehr kleines Gebiet.<br />

Das <strong>für</strong> die' Allgemeine Deutsche Biographie ini Allge-<br />

meinen aufgestellte Priucip uicht zu äugstlicher Abgrenzung gilt<br />

auch von dem hier speciell sür Pommern abgefaßten Verzeich-<br />

niß ; auch das peinlichste Abwägen würde hier niemals ein<br />

allseitig befriedigendes Resultat zu liefern im Stande sein, und<br />

so bleibt es Jedem unbenommen, die Liste nach seinem Gefallen<br />

sich zu erweitert! oder Zu beschränken.<br />

Ndelbert, Bischof, 1140<br />

v. Adelung, Lingnist, 1768<br />

Adelung, Lexicograph, 1732<br />

v. Aeminga, Inrist, 1710<br />

v. Aeminga, Jurist, 1749<br />

Aepiuus, Theolog, 1499<br />

Ahlwardt, Philolog, 1760<br />

Ahlwardt, Philosoph, 1710<br />

v. Ahnen, Staatsmann, 1631<br />

Amandus, Theolog, 1530<br />

Ammon, Schulmauu, 1635<br />

Amsterdam, Philosoph, 1450<br />

Andrea, Dramatiker, 1000<br />

Arndt, Dichter uud Patriot 1769<br />

Arndt, Mathematiker, 1817<br />

Asher, Buchhändler, 1800<br />

von v. Bülow<br />

„ Leskien<br />

„ Scherer<br />

„ v. Stintzing<br />

„ v. Stinhing<br />

„ Henke<br />

„ Merzdors<br />

„ Häckermann<br />

„ Häckermann<br />

„ Brecher<br />

„ Heppe<br />

„ Häckcrmann<br />

„ Scherer<br />

„ Frcytag<br />

„ Cantor<br />

„ Mühlbrecht<br />

Band 1.<br />

Seite 66<br />

80<br />

80<br />

„ 128<br />

„ 128<br />

„ 129<br />

„ 161<br />

„ 162<br />

„ ^62<br />

„ 389<br />

„ 404<br />

„ 417<br />

„ 447<br />

„ 541<br />

„ 553<br />

„ 619


240 Allg. Deutsche Aiogr. und Pommern<br />

Aue, Dichterin, 1677<br />

Bahr, Schulmann, 1670<br />

von<br />

v. Balthasar, Gelehrter, 1737<br />

Balthasar, Theolog, 1632<br />

v. Balthasar, Jurist, 1701<br />

v. Balthasar, Theolog, 1690<br />

Barkow, Jurist, 1791<br />

Barkow, Anatom, 1798<br />

Barnim I.Herzog V.Pommern, 1278 „<br />

Barnim 3. „ „ „ 1368,,<br />

Barnim 6. „ „ „ 1405,,<br />

Barnim 7. „ „ „ 1449 „<br />

Barnim 8. „ „ „ 1451 „<br />

Barnim 11. „ „ „ 1501 „<br />

Bartholdi, Schulmann, 1688<br />

Bartholdy, Schulmann, 1765 „<br />

Battus, Philosoph, 1571<br />

Battus, Theolog, 1674<br />

v. Beckedorff, Staatsmann, 1778 „<br />

Veitzke, Militair, 1798<br />

u. Belling, Militair, 1719<br />

Berckmann, Theolog, 1560 „<br />

Berends, Arzt, 1759<br />

Viederstedt, Theolog, 1762<br />

v. Bllow, hist. Schriftsteller, 1846 „<br />

v. Bismarck-Bohlen, Militair, 1790 „<br />

Blankenburg, Aesthetiker, 1744<br />

v. Blücher, Feldmarschall, 1742 „<br />

v. Blumenthal, Staatsmann, 1720 „<br />

Bodeker, Polyhistor, 1437<br />

Bolen, Canonist, 1419<br />

Bötticher, Schulmann, 1748<br />

Bogislav 1. Herzogv. Pommern 1187 „<br />

Bogislav2. „ „ 1220 „<br />

Hering<br />

Häckermann<br />

Hacker mann<br />

Merzdorf<br />

häckermann<br />

Häckermann<br />

Muther<br />

Häckermann<br />

v. Bülow<br />

v. Vülow<br />

Häckermann<br />

Häckermann<br />

Häckermann<br />

v. Bülow<br />

Häckermann<br />

o. Bülow<br />

Häckermann<br />

Häckermann<br />

Steffenhagen<br />

Wegele<br />

Z. Lippe<br />

Häckermann<br />

Hirsch<br />

Hacker mann<br />

v. Bülow<br />

Häckermann<br />

Richter<br />

Seite 636<br />

767<br />

Band II.<br />

Seite<br />

„<br />

„<br />

„<br />

„<br />

„<br />

„<br />

„<br />

v. Meerheimb „<br />

o. Bülow<br />

Häckermann<br />

Häckermann<br />

Müller<br />

v. Bülow<br />

Väckermann<br />

Band<br />

Seite<br />

28<br />

29<br />

29<br />

30<br />

67<br />

67<br />

71<br />

74<br />

77<br />

79<br />

79<br />

79<br />

105<br />

107<br />

134<br />

134<br />

220<br />

295<br />

312<br />

353<br />

356<br />

620<br />

642<br />

681<br />

689<br />

727<br />

751<br />

III.<br />

3<br />

3<br />

35<br />

40<br />

41


Bogislav 3. s4.) Herzog v. Pommern<br />

1309 von<br />

Bogislav 5.Herzogv. Pommern 1374 „<br />

Bogislav 6. „ „ „ 1393 „<br />

Nogislav 8. „ „ „ 1418 „<br />

Bogislav 10. „ „ „ 1454 „<br />

Bogislav 13. „ „ „ 1544 „<br />

Vogislav 14. „ „ „ 1580 „<br />

Bolhagen, Theolog, 1083<br />

Boltenstcrn, Jurist, 1763<br />

v. Bonin, Adelsgeschlecht<br />

v. Bonin, Militair, 1793<br />

v. Bonin, geistl. Dichter, 1682<br />

Nonnns, Theolog, 1548<br />

v. Borck, Militair, 1668<br />

v. Borck, Militair, 1715<br />

Borries, Dlchterin, 1799<br />

Brandenburg, Syndicus, 1783 „<br />

Brandes, Schauspieler, 1735 „<br />

Breithaupt, Schulmann, 1770 „<br />

Breitsprecher (^v. Breitenstern),<br />

Jurist, 1739<br />

v.Vrenkenhof, Nationalöconom,1723„<br />

Brockmann, Theolog, 1723 „<br />

Brüggemann, Kanzelredner, 1743 „<br />

Brnlow, Dichter, 1585 „<br />

Brunsberg, Banmeister, 1400 „<br />

Buchow, Bürgermeister, 1628 „<br />

Bugenhagen, Reformator, 1484 „<br />

v. Bnggenhagen,Landmarschall, 1420 „<br />

Bukow, Theolog, 1537<br />

Bnrgmann, Jurist, 1662 „<br />

Burgmann, Jurist, 1669 „<br />

Bütow, Theolog, 1600<br />

Büttner, Pädagog, 1708<br />

(5almus, Mediciner, 1617 „<br />

von 1>1'. v. Bülow. 241<br />

Häckermann Seite 42<br />

Häckermaun „ 43<br />

Häckermann „ 46<br />

v. Bülow „ 47<br />

v. Vülow „ 48<br />

Häckermann „ 55<br />

v. Vülow „ 56<br />

Hering „ 105<br />

Häckermann „ 114<br />

v. Vülow „ 127<br />

v. Meerheimb „ 128<br />

Presset „ 130<br />

Heppe „ 133<br />

v. Bülow „ 156<br />

z. Lippe „ 157<br />

Häckermann „ 179<br />

Häckermann „ 237<br />

Förster „ 243<br />

Brückner „ 290<br />

Häckermann „ 303<br />

Meitzen „ 307<br />

Häckermann „ 341<br />

Hering „ 406<br />

Scherer „ 420<br />

Dohm „ 452<br />

Häckermann „ 492<br />

Köstlin „ 504<br />

Häckermann „ 509<br />

Häckermann „ 512<br />

Muther „ 609<br />

Muther „ 609<br />

? „ 653<br />

Häckermann „ 659<br />

Häckermanu „ 695


242<br />

Allg, Deutsche Biogr. und Pommern<br />

Canzler, Canieralist, 1811 von<br />

Canzler, Mathematiker, 1866<br />

Caroe, Jurist, 1679<br />

Casimir 1. Herzog o. Pommern 118l) „<br />

Charisius, Bürgermeister, 1684 „<br />

Charisius (v, Charifieu), Bürgermeister,<br />

1764 „<br />

Charisius, Arzt, 1764<br />

Charisius, Jurist, 1709<br />

Charisius Arzt, 1741<br />

Chemnitz, Publieist, 1605<br />

Chemnitz, Jurist, 1611<br />

Chemnitz, Kanzler, 1561 „<br />

Christiani, Theolog, 1610 „<br />

Colberg, Theolog, 1623<br />

Colberg, Theolog, 1659<br />

Conradi, Jurist, 1469 „<br />

Cothenius, Arzt, 1708<br />

Cracow, Staatsmann, 1525 „<br />

Cramer, Theolog, 1568 „<br />

Cranz, Theolog, 1723 „<br />

Creplin, Naturforscher, 1788 „<br />

v. Croy, Herzogin, 1590—1660 „<br />

Crüger, Theolog, 1694 „<br />

Crusius, Theolog, 1597<br />

Dähnert, Bibliothekar, 1719 „<br />

Damerow, Arzt, 1798<br />

Decius, Prediger u. Dichter, 1541 „<br />

Dedelow, Theolog, 1485<br />

Degantz, Medieiner, 1459 „<br />

Denso, Schulmann, 1708 „<br />

Detharding, Arzt, 1671<br />

v. Tewitz, General, 163


Dinnies, Bürgermeister, 1727<br />

Dogen, Architekt, 1672<br />

v. Dönniges, Staatsmann, 1814<br />

v. Dreger, Historiker, 1699<br />

Dreist, Schulmann, 1784<br />

Droysen, Mathematiker, 1770<br />

v. Eberstein, Gf., Militair, 1644<br />

v. Eberstein, Gf.,Staatsmann, 1538 ,<br />

v.Eberstein,Gf., Staatsmann, 1533 ^<br />

Edeling, Generalsuftcrint., 1522<br />

v. Eickstedt, Staatsmann, 1661<br />

v. Eickstedt, Kanzler, 1527<br />

Ellendt, Schulmann, 1796<br />

Ellendt, Schulmann, 1803<br />

Elzow, Genealog, 1698<br />

Engelbrecht, Jurist, 1626<br />

v. Engelbrecht, Innst, 1709<br />

Engelbrecht, Jurist, 1717<br />

Erich 1., Herzog v. Pommern, 1382<br />

Erich 2., Herzog V.Pommern, 1474<br />

Erichson, Theolog, 1700<br />

Erichson, Aesthetiker, 1777<br />

Ernst Ludwig, Herz. v. Po nun., 1539<br />

Fabri, Ordenssyndicus, 1504<br />

Fabrieius, Jurist, 1798<br />

Fabricius, Generalsupcrint., 1593<br />

Fabricius, Bürgermeister, 1788<br />

Falkenberg, Dominikaner, 1417<br />

Finelius, Theolog, 1787<br />

Fock, Historiker, 1819<br />

Forchem, Dramatiker, 16. Jahrh.<br />

Franck, Naturforscher, 1759<br />

Franz, Herzog v. Poinmcvn, 1577<br />

Freder, Theolog, 1510<br />

von 1^'. u. Bülow. 243<br />

von Häckermann Seite 242<br />

Hirsch<br />

Nnmplcr<br />

Niemann<br />

Lang<br />

Häckcrmann<br />

Potcn<br />

v. Bülow<br />

v. Bülow<br />

Riemann<br />

Erdmannsdörffer<br />

v. Bülow<br />

Schrader<br />

Schrader<br />

v. Bülow<br />

Müller<br />

Müller<br />

Müller<br />

v. Bülow<br />

v. Bülow<br />

Häckcrmann<br />

Häckermann<br />

Müller<br />

v. Liliencron<br />

Pyl<br />

v. Bülow<br />

Pyl<br />

Ritter<br />

294<br />

339<br />

391<br />

392<br />

435<br />

581<br />

582<br />

584<br />

639<br />

746<br />

„ 746<br />

Band VI.<br />

Seite 47<br />

„ 48<br />

129<br />

131<br />

133<br />

206<br />

207<br />

214<br />

214<br />

298<br />

499<br />

„ 506<br />

„ 514<br />

„ 522<br />

„ 554<br />

Band VII.<br />

Häckermann Seite 16<br />

Häckcrmann „ 142<br />

Schercr „ 154<br />

Häckermann „ 247<br />

Müller „ 292<br />

Müller „ 327


244 Biographie von Pommern<br />

Fridlib, Theolog, 1663 von<br />

Friedeborn, Bürgermeister, 1572 „<br />

Friedlieb, Jurist, 1633<br />

Friedrich, Bischof v. Camin, 1343 „<br />

v. Fuchs, Staatsmann, 1640 „<br />

Furchau, Schulmann, 1752 „<br />

Furchau, Schulmann, 1787 „<br />

v. Gadebusch, adl. Geschlecht,<br />

13. Jahrh.<br />

Gadebusch, Historiker, 1719<br />

Gadebusch, Historiker, 1736<br />

Gebhardi, Mathematiker, 1667<br />

Gebhardi, Theolog, 1657<br />

Gehlen, Chemiker, 1775 „<br />

Gentzkow, Bürgermeister, 1576 „<br />

Georgi, Naturforscher, 1738<br />

Gerdes, Syndicus, 1709<br />

Gerdes, Jurist, 1734<br />

Gerschow, Jurist, 1568<br />

Gerschow, Historiker, 1587 „<br />

Gesterding, Jurist, 1740<br />

Gesterding, Jurist-, 1781 „<br />

Gesterding, Bürgermeister, 1774 „<br />

Giesebrecht, Schulmann, 1790<br />

Giesebrecht, Historiker und Schul- „<br />

mann, 1792<br />

Gildehusen, Bürgermeister, 1398 „<br />

Gosen, Nathsherr, 1636<br />

Graß, Jurist, 1657<br />

Graßmann, landwirthschaftlicher „<br />

Schriftsteller, 1798<br />

Graßmann, Mathematiker, 1809<br />

Graßmann, Schulmaun, 1779<br />

Grischow, Meteorolog, 1683<br />

Müller<br />

v. Bülow<br />

Müller<br />

v. Bülow<br />

Hirsch<br />

Häckermann<br />

Käckermann<br />

Pyl<br />

Hausmann<br />

Müller<br />

Pyl<br />

Häckermann<br />

Ladenburg<br />

Pyl<br />

Ratzel<br />

Schirrmacher<br />

Häckermann<br />

Pyl<br />

Pyl<br />

Häckermann<br />

Pyl<br />

Häckermanu<br />

Seite<br />

Land ^<br />

Seite<br />

„<br />

„<br />

Band<br />

Seite<br />

v. Giesebrecht „<br />

Kern -<br />

Pyl<br />

Pyl<br />

Stintzing<br />

Leisewitz<br />

„<br />

385<br />

388<br />

399<br />

514<br />

/III.<br />

170<br />

205<br />

206<br />

298<br />

298<br />

299<br />

480<br />

481<br />

497<br />

593<br />

713<br />

731<br />

731<br />

IX.<br />

48<br />

49<br />

126<br />

127<br />

127<br />

158<br />

159<br />

168<br />

403<br />

591<br />

593<br />

Cantoru.Leskien „ 595<br />

Cautor „ 598<br />

Pyl „ 703


von Dr. o. Bülow.<br />

Gröning, Bürgermeister, 1561 von<br />

Groskurd, Schulmann, 1747 „<br />

Groskurd, Philolog, 1770<br />

Gruel, Bürgermeister, 1559 „<br />

Grucl, Syndicus, 1596<br />

Gruel, Rathsherr, 1600<br />

Grümbke, Historiker, 1849<br />

Grunert, Mathematiker, 1872<br />

Gützlaff, Missionar, 1851<br />

Hadus, lat. Dichter, 1514<br />

Hagcmcistcr, Jurist, 1819<br />

Hagemeister, Geistlicher, 1569 „<br />

Hagcmeister, herz. Rath, 17. Jahrh. „<br />

Hagemeister, Dichter, 1806 „<br />

v. Hagcnow, Geolog, 1865 „<br />

v. Hagcnow, Beamter, 1876 „<br />

Haken, Historiker, 1791<br />

Haken, Historiker, 1835 „<br />

Hakenbcrgcr, Componisi, 17. Jahrh. „<br />

Hamel, gcistl. Dichter, 1592<br />

Hammermcister, Schauspieler, 1860 „<br />

v. Hanow, Oberst, 1661<br />

Hanoo, Polyhistor, 1773<br />

Häsc, Landwirth, 1843<br />

v. Haselberg, Jurist, 1838<br />

v. Haselberg, Mediciner, 1844 „<br />

Hasert, Theolog, 1864<br />

Hasert, Syndicus, 1632<br />

Hasselbach, Pädagog, 1864 „<br />

Nlasendorff<br />

Pyl<br />

Pyl<br />

Pyl<br />

Pyl<br />

Pyl<br />

Häckermann<br />

Cantor<br />

Petrich<br />

Krause<br />

Pyl<br />

Pyl<br />

Pyl<br />

Hartmann<br />

Häckermann<br />

Häckermann<br />

v. Bülow<br />

Kelchner<br />

Eitner<br />

?<br />

Kürschner<br />

v. Vülow<br />

Prantl<br />

Vlasendorff<br />

Häckermann<br />

Häckermann<br />

Häckermann<br />

Pyl<br />

Haag<br />

245<br />

„ 720<br />

„ 743<br />

„ /44<br />

Band X.<br />

Seite 6<br />

6<br />

6<br />

„ 22<br />

„ 50<br />

„ 236<br />

„ 307<br />

„ 329<br />

„ 330<br />

„ 331<br />

„ 331<br />

„ 349<br />

„ 351<br />

„ 396<br />

„ 396<br />

„ 397<br />

„ 473<br />

„ 487<br />

. 523<br />

„ 524<br />

„ 728<br />

„ 731<br />

„ 731<br />

„ 741<br />

„ 742<br />

„ 761


246 <strong>Geschichte</strong> der Apotheke in Barth,<br />

<strong>Geschichte</strong> der Apotheke in Sarth.<br />

Von Dr. von Bülow, Staatsarchivar.<br />

Die Frage nach der Gründungszeit der ersten Apotheken<br />

in Pommern läßt sich mit bestimmten Jahreszahlen schon<br />

deshalb nicht beantworten, weil der Begriff des Wortes<br />

vormals ein anderer war, als jetzt; man verstand im<br />

Mittelalter nnter dem Ausdruck ^potiiec;^, 3.^0^60^1-1118,<br />

Krüdcner, nicht ausschließlich eine der Bereitung von Medicamenten<br />

gewidmete Anstalt oder Persönlichkeit, sondern auch<br />

und sogar viel häufiger einen Gewürzladen und Gewürzkrämer.<br />

Im benachbarten Meklenburg kommt ein ^0tli60^i'iii8<br />

zuerst in der Zeit von 1262—1295 in Rostock vor, auch<br />

findet sich der Ausdruck ^potii^ dort i. I. 1291. ^) In<br />

Pommern lassen sich Apotheken erst 80 Jahre später urkundlich<br />

nachweisen, und zwar entstammt die älteste bis jetzt bekannt<br />

gewordene Nachricht dem ältesten stettiner Schöffenbuch, in<br />

welchem Blatt 40" folgende Eintragung vom Jahre 1345 sich<br />

befindet:^) „soi^H 860imc1^ ^)03t XI iiiiliiim vii^iiin<br />

iìlill, OOQI-Hlìi L^I'VOti, (MIN 00118611811 ^0lia.I1IiÌ3<br />

8UÌ, ot X^tLI-ina. 801-01- 6M3 c6885lV6I-11Iit 6.6 06N811 X<br />

') Meklbg. Urkbch., Nr. 951, 15^0, 2130, 2155 und 2331.<br />

") Für die Mittheilungen aus den stettiiier Schöffenbüchern bin<br />

ich Herrn Prof. Lemcke vom Marienstiftsgymnasium hier zu besonderem<br />

Dank verpflichtet. Es sind drei Schöffenbücher von Stettin erhalten<br />

geblieben: 1. das älteste, lateinische, von 1305—1352 mit Lücken; 2. ein<br />

deutsches von 1495 -1526; 3. das von Prof. Hering bei seiner Topo-<br />

graphie von Stettin benutzte von 1531 an. Nebenher gehen, die Lücke<br />

zwischen 1 und 2 thcilweise ausfüllend, zwei geistliche Bücher von<br />

1375 bis etwa zur Reformationszeit.


von l)i'. von Vil'low. 247<br />

1) 1' 01) 6 ll) 1) 0 t 0 c. lr UI /l il X t ^1 l o n t c 111." Hering gedenkt<br />

einer Apotheke in Stettin i. I. 1420 :^) die Schöffenbücher<br />

erlvähncn 1502 nnd öfter ohne Iahresangabe die ,^)0t1i6^><br />

llra ^^Im^i-^ä", die auch später wiederholt vorkommt, ohne<br />

daß man die Lage derselben mit Sicherheit anzngcben vermag.<br />

Ebenso wenig läßt sich entscheiden, ob wir es in diesen Fällen<br />

mit einem Kramladen oder mit einer mcdicinischen Apotheke<br />

zu thun haben.<br />

Die Gründungszeit der ersten medizinischen Apotheke in<br />

Stettin kann nach deli Schöffenbücheru etwas genauer fixirt<br />

werden als bisher. Unter dem Jahre 1533 findet sich nemlich<br />

eine Eintragung: ^OAon cloni 1i0viii^ivlc6(I d)' cloi' 3^)to1( 0<br />

oixlo", nnd 1550: ^in<br />

1'8dl-^t6Q orcio UI16.6 (101'<br />

0icl6Q a.I)d^t6ic6i'8 oll cn 1I U801'N.^ Es ist dies die<br />

jetzige Löwenapotheke am Henmartt, deren gegenwärtiger Eigenthümer<br />

Dr. Papst ein dieser Onicin ertheiltes Nathsprivileginm<br />

von 1545 besitzt. Um dieselbe Zeit, etwa 1530, legte der<br />

bekannte Unruhestifter Elans Stellmacher in der oberen Schnl^<br />

straße eine zweite Apotheke, die jetzige Hofapothekc an. Die<br />

Oertlichkeit wird ili den Schöffenbüchern wiederholt bezeichnet<br />

als: ,^'o^on tloi- I)^v?ii8t6n li^dI.t6i(Q", oder:<br />

^n — — ^ii8oi'n" (beides ohne Jahr),<br />

oder 1538: „In ä6in Ivülni^il


248 <strong>Geschichte</strong> der Apotheke in Barth,<br />

der südlichen Thür der Schloßkirche im Schloßhofe hatte.<br />

Der Apotheker wohnte im Eckhanse der jetzigen kleinen Rittcrnnd<br />

Pelzerstraße, außerhalb der Herrenfreiheit ^).<br />

Im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts ließ der <strong>für</strong><br />

das Neste seiner kleinen apanagirten Herrschaft sorgsam beflissene<br />

Herzog Bogislav 13. es sich angelegen sein, in seiner Residenzstadt<br />

Barth eine Apotheke zu gründen, indem er seinem Canzler<br />

Di-. Bernhard Macht 1572 ein Privilegium zur Errichtung<br />

einer solchen ertheilte. Obgleich Macht ein Rcchtsgclehrter und<br />

der die Regierung leitende Rath des Herzogs war, so kann es<br />

nicht befremden, denselben hier als Inhaber einer Apotheke zu<br />

sehen. Dergleichen Bclehnungen, denn als eine solche ist das<br />

Privilegium anzusehen, erhielten verdiente herzogliche Diener<br />

öfters, nnd zwar meistens mit der Erlanbniß, das Privilegium<br />

nach Belieben an Andere verkaufen zu dürfen. So verlieh<br />

Herzog Bogislav 13. als Herzog von Stettin am 16. August<br />

1604 seinem Seeretair Israel Kaykow dem älteren"), also auch<br />

einem Juristen, die erwähnte Apotheke „an der Iacobikirche",<br />

die unter ihrem früheren Besitzer Philipp Schünemann in Verfall<br />

gerathen war. Kaykow verkanfte die Apotheke am 31.<br />

October 1610 um 100 alte Thaler an den Schneideraltermann<br />

Jochim Bestert den älteren, was große Unruhe und viel<br />

Verhandlungen unter den übrigen Apothekern Stettins znr<br />

Folge hatte, die erst durch die Verheirathnng von Vesterts<br />

Tochter an den Apotheker Johann Holzwerder beigelegt wurden.<br />

Anch der Kanzler Bernhard Macht in Barth war weit<br />

entfernt, mit dem eignen Betrieb der ihm verliehenen Apotheke<br />

sich abzugeben, vielmehr verkaufte er dieselbe mit dem ihm darauf<br />

verliehenen ausschließlichen Privilegium uach uur dreijährigen:<br />

4) Vgl. die interessante Abbildung des Schlosses ans der Vogel-<br />

perspektive von 1607 im Staatsarchiv: Stett. Arch. ?. I. Tit. 71,<br />

Nr. 20. 1552 ließ Herzog Barnim 11. „seinen" Apotheker wegen<br />

eines Verbrechens aufhängen. Staatsarchiv: Stett. Arch. 1'. I. Tit.<br />

93. Nr. 114.<br />

5) Derselbe war ein Tochtermann des verstorbenen Hofapotheters<br />

Thomas Lamprecht.


von Dr. v. Vülow. 249<br />

Besitz im Jahre 1575 an den Rath zu Barth um 650 Gulden.<br />

Die nunmehr städtische Apotheke scheint im Rathhause aus-<br />

gerichtet worden zu sein und ist wohl auch bis Ende vorigen<br />

Jahrhunderts immer dort gewesen; sie wurde von aller<br />

Schätzung uud Steuer eximirt, erhielt neben dem Rathskeller<br />

den ausschließlichen Ausschank von Aquavit, gebranntem und<br />

fremdem Wein und sollte sich mit Bezug auf die eigentlichen<br />

Apothekerwaaren nach der wolgaster Taxe richten, welche Herzog<br />

Vogislav 13. und sein Bruder Ernst Ludwig im Jahre 1568<br />

erlassen hatten. Diese Taxe ist uns nicht erhalten geblieben,<br />

schon i. I. 1618 wird sie vom Rath zu Barth sammt dem<br />

dem I)r. Macht verliehenen ersten Privileg als nicht vorhanden<br />

bezeichnet. Dagegen ist das dem Rath unter dem 7. Januar<br />

1576 vom Herzog ertheilte Privileg der Mittheilung werth,<br />

und geben wir es hier nach der auf dem Staatsarchiv auf-<br />

bewahrten Abschrift wieder:^<br />

Privilegium aver de Bardische Apotecke.<br />

Von Gottes Gnaden wir Bugßlaff, Hertzoch zue Stettin,<br />

Pommern, der Caßuben und Wenden, Fürste zu Rucgen uud<br />

Graffe zu Gutzkow, thuen kunt vor unsere Erben unde Nach-<br />

kommen: nachdem der hochgelartc unser Cantzler, Nadt und<br />

liebe getrewer Bernhart Macht, der Rechte Doctor mit nitt<br />

gcrengcn Uncosten eine Apoteckcn ihn unser Stadt Barte unsern<br />

Dienern und gemeiner Statt zum Besten ahngerichtet, wir<br />

ubcr solche Apotecken, auch zur Erholung seiner Unkosten, ein<br />

Privilegium und Vegnadunge ihme und denen, welche die<br />

Apotecke von ihme keuffen wurden, gnediglich gegeben, und aber<br />

gcmclter unser Cantzeler aufs seinen Abezoge dieselbe Apotecke<br />

dem Rade unser Statt Vartt midt ihrer Gerechtigkeit verkaufst,<br />

uns aber umb Vernewrunge desselben underdeniglich ersucht,<br />

haben wir sein undcrthenigcs Suchen nicht unpilligk gcachtctt,<br />

geben, vorlihen und bestetigen hiemitt crafft disses unsers Bricffs<br />

gcmcltem Rade und ihren Nachkommen alle und jede Freiheit,<br />

darmitt wir unsern Cantzclern ahn der Apotecken begnadet<br />

Wolg. Arch. Tit. 47, Nr. 30.<br />

16


250 <strong>Geschichte</strong> der Apotheke zu Barth,<br />

hatten, miti guetem Vorwissen aller bestendigstenmaßen, alß<br />

solches am krefftigsten unnd bestendigsten sein soll, also wie<br />

folget: :<br />

Anfencklich soll der Radt je unndt allewege guete frische<br />

unforvelschede Materialien uff erwenter jhuwe Apotecken zu<br />

Kauffe schaffen, von Iharen zu Iaren frische zu und einkauften,<br />

alle HHUÄ8 äi8ti1iHt3.8 und äiinplici^ jerlich vorneweren, die<br />

alten abe und wegkthuen, mitt denn coinp08Ìt.Ì8 also halten,<br />

daß so viele ungefehr ein Jahr anßkommen müge, dispensiren<br />

unde übers Jahr frische zugerichtet werden Vorordenunge<br />

thuen; gleichergestaldt soll eß mitt den ^roiQ3.tÌ8 gehalten<br />

werden; Darumb wir dieselbe Apotecken des Ihares einmall<br />

oder nach Gelegenheit nmbß ander Ihar durch unsern N6äiouiQ<br />

^) wollen Visitiren und mitt Rade der uiedicoi-nin<br />

Unrigtigkeit darine wollen abeschaffen laßen. So soll der<br />

Apotecker, der jder Zeidt uff der Aftotecken sein wirtt, auch<br />

<strong>für</strong> unß, uuser Gemahll und Hoff, waß ahn Conditen, Latwergen,<br />

0011^6^18, Mareipanen und dergleichen, darzu ihm unser<br />

Küchemeister Zugker und waß darzu gehöret!, von dem Unseren<br />

langen soll, vorfertlgen, fauber, rein nnd mitt Fleiß zurichten.<br />

Darjegen haben wir dem Rade Hinwider zu Erholung ihreß<br />

Unkostens gnediglich gegunnet, gegeben, gunnen, geben, confirmiren<br />

nnd bestetigen hiemitt, daß anßerhalbe disser Apotecken keine<br />

andere von Iemandtß ihn unser Statt Bartte zu Verderbe<br />

disser solle angerichtet werden, dieselbe von allen Schätzungen,<br />

Unplicht und Steuren frei und exempt sein solle, daß auch uff<br />

der Apotecken allein nndt von memandts anderß, eß sein<br />

Kramer oder andere, kein Gewürtze, Specereien, gestoßen oder<br />

ungestoßen, und was zur Apotecken geHort, alß Honnigk, Oell,<br />

Zugker, 36iniii^ und anderß nichts außgenommen; doch gleichwol!<br />

die Armuet nicht übersetzen, sondern nach dem Wolgastischen<br />

Taxi, denn wir und unserer Herr Bruder Anno 68 faßen und<br />

') Der Herzog hat also danach einen Leibarzt in Barth gehabteinen<br />

Stadtarzt finde ich zuerst 156^ in einem in andrer Beziehung<br />

sehr interessanten Actenstnck des Staatsarchivs: Wolg. Arch. Tit. 47.<br />

Nr. 5 erwähnt.


von Nr. von Vülow. 251<br />

vcrordcnen laßen, vorkauffe nnd außwege, solle oder muge verkeufft<br />

werden. Geschehe eß darüber, sollen sie eß denselben zu<br />

nemmcn, doch daß Genommene, alß ihn nnser Kuchen an uns<br />

vorfallen, unserem Kuchemcister überantworten. Weiln auch<br />

weinigk Abegangk der Wahren, die uff der Apotecken sein gesparett,<br />

darumb nicht großer Gewin sein kann, haben wir<br />

gemelter Apotecke auch mitt dem Weinschancke, Hyppoeraiß,<br />

süße, frembde Weine, ^n^ vit^o, gebranten Wein, doselbst<br />

und in deß Rathß Keller, und anderswo von keinem ohne Unplicht<br />

außzuschencken, befreiet, doch dergestalt, daß sie alwege<br />

gueter unforfelscheder schmackhafter Oedrencke sich befleißen, den<br />

Kaufs deßelben auch nicht zu hoch steigeren oder zur Übermaßen<br />

die Leute übersetzen. Urkundlich haben wir dieses unser<br />

gegebene Privilegium mitt unserem hie angehängeten Siegell<br />

bekrefftigctt unde mitt eigner Handt underschriben. Gegeben<br />

zu Barthe den siebenden Ianuarii Anno Taufent fünfhundert<br />

sechs und Sibentzigk.^<br />

Es würde in hohem Grade interessiren, die in diesem<br />

Privileg erwähnte Wolgaster Apothckertaxe von 1568 zu kennen,<br />

denn bei der Wichtigkeit der Sache war die Sorge der Behörden<br />

natürlich, daß nur gute Arzneistoffe dem Pnblikum geboten<br />

würden, während andererseits dieses sich über die theuren<br />

Preise beklagte und gegen Uebervortheilung geschützt werden<br />

wollte. Es darf gehofft werden, daß in diesem oder jenem<br />

Stadtarchiv noch einmal eine ältere Apothekerordnnug und Taxe<br />

aus dem 16. Jahrhundert aufgefunden wird; was das Ko'nigl.<br />

Staatsarchiv von dergleichen besitzt, ist viel späteren Datums<br />

und naturgemäß in den Tax- und Vietualienordnungen enthalten.<br />

Manches über Apotheker, Aerzte und Wundärzte findet sich<br />

auch in den verschiedenen herzoglichen Hofordnungen. In der<br />

Taxordnuug des wolgaster Naths vom 21. Febr. 1628 heißt<br />

es6) „Tit. IX.: Von Apoteckern und Gewürtzeramuern" nur<br />

kurz 1 „Die Apoteckcr, Materialisten unnd Gewürtzkramer sollen<br />

guete, untadelichc nnd unvorfelschete Wahren in billigen Wehrt<br />

^) Staatsarchiv zu Stettin: Wolg. Arch. Tit. 4l. Nr. 26.


252 <strong>Geschichte</strong> der Apotheke in Barth,<br />

verkauften, die alte verlegene untugliche Materialien abschaffen<br />

und sich an der Stadt hinwieder mit fricschen tuglichen Wahren<br />

versehenn."<br />

Etwas ausführlicher werden die Apotheken in Herzogs<br />

Vogislav 14. renovirter Tax- und Victualienordnung vom<br />

15-17. Mai und 25. Oct. 1632 ^) behandelt, wo es heißt:<br />

„Tit. XI. Von Apotekern und Materialisten. Wan auch die<br />

Erfahrung bezeuget, das eine Zeit hero die Leute mit ubermeßigen<br />

Taxen zimblich hoch beschweret und dabey zuweilen<br />

das Gewißen Hindan gesetzet worden, so sollen Apotheker, Gewurtzhendeler<br />

und Materialisten die uutüglichen alten Materialien<br />

ab und an deren Stadt andere frische und tuegliche Wahren<br />

wiederschaffen, selbige Wahren auch nach dem Einkaufs,<br />

worbey ihnen ein billiger und christlicher Vorthell zue gönnen,<br />

auf ihren Eydt und Gewißen in eine richtige gewiße Tax<br />

bringen, und solche Tax an jedem Ohrte alsofort nach Publication<br />

dieser unserer Ordnung Burgermeistern und Nhatt, wie<br />

auch den verordenten Inspectorn in Städten zur Revision unweigerlich<br />

übergeben, oder im wiedrigen Fall nnd da sie das<br />

Maaß der Billigkeit überschreiten würden, ernster Bestraffung<br />

gewertigk sein. Die Visitation der Apotheken Wirt der Magistrat<br />

nach eines jeden Ohrts Gelegenheit durch die M6clioo8<br />

und andere erfahrne Leute zun öfftern anzuordnen und mit<br />

Vleiß zue befördern wißen."<br />

Es befremdet, daß in dieser Victualieuordnung der stettiner<br />

Apothekerordnung vom 20. April 1625 keinerlei Erwähnung<br />

geschieht i"), denn wenn dieselbe auch nnr vom Rath<br />

erlassen ist, und der Herzog mit Bezug auf die von ihm pri-<br />

Staatsarchiv zu Stettin: Wolg. Arch. Tit. 41. Nr. 26.<br />

) Der vollständige Titel der selten gewordenen Schrift lautet:<br />

Va,1oi'Ì8 8ÌV6 ^I.XAtÌ0UÌ8 No^iolimLutoi'um t^ni sim^iicium<br />

C0in^i08Ìt0i'um, c^ull.6 ill Ü360M ^)i'0Ztliut. Das ist, Ordnung der<br />

Apothecken der Stadt Alten Stettin, Sampt beygefügter Tar und Werth<br />

aller derer Artzneyen, welche allda anzutreffen nnnd zn finden. Gedruckt<br />

zu Alten Stettin, durch Nicolaum Varthelt, Im Jahr 1625.


von Di'. von Vülow. 253<br />

vilcgirten Apotheken sich nicht danach zn richten brauchte, so ist<br />

doch nicht anzunehmen, daß ein so wichtiger Erlaß ohne Zu-<br />

stimmung uni nicht zu sageu Bestätigung der höchsten Obrig-<br />

keit ergehen konnte. Auch an Ausführlichkeit überragt sie alle<br />

früheren pommerschcn Verfügungen der Art bedeutend. Nach<br />

einer in sieben Abschnitten von den Visitationen, den Aerzten,<br />

Apothekern, der Anschaffung und Bereitung der Arzneien, den<br />

distillirten Wassern, der Taxe, Maaß nnd Gewicht nnd endlich<br />

der Taxirung der Arbeit handelnden Einleitung, werden in 46<br />

Classen alle damals üblichen Medicamente mit ihren Preisen<br />

aufgezählt. Daß dabei die wunderbarsten und ekelhaftesten<br />

Stoffe, wie getrocknete Regcnwürmer, egyptische Mumien, Moos<br />

von einem Todtenkopf, Mcnschenfett, und dcrgl. nicht fehlen,<br />

wird den nicht befremden, welcher weiß, daß noch heut zu<br />

Tage oft abcutheuerliche Dinge in den Apotheken verlangt wer-<br />

den. Schickte doch Kur<strong>für</strong>st Friedrich der Fromme von der<br />

Pfalz i. I. 1570 seiner Tochter Elisabeth ans ihr Verlangen<br />

ans seiner Hausapotheke Butter von Frauenmilch, so viel er<br />

davon noch hatte; „ist aber sehr alt", bald 33 Jahre (!) und<br />

rührte von der Amme der Prinzessin her. ^)<br />

Aehnlich der stettiner, nur kürzer gefaßt, ist die colbcrgi-<br />

sche Apothekenordnuug vom 24. April 1643^), die zu einer<br />

interessanten Vergleichung mit der stettiner Ordnung namentlich<br />

mit Bezng ans die Preise Veranlassung giebt.<br />

Nach dieser Abschweifung wenden wir uns wieder der<br />

Barther Apotheke zu.<br />

Durch wen der Rath zn Barth seine 1575 erworbene<br />

Apotheke verwalten ließ, ist nicht bekannt, doch war das Ge-<br />

schäft kein <strong>für</strong> den Stadtsäckel vortheilhaftes, so daß die Vater<br />

der Stadt froh waren, in dem Apotheker und Rathsverwandtcn<br />

Petrus Zizow, vielleicht dem bisherigen Administrator, einen<br />

Känscr zu finden, der <strong>für</strong> 306 Guldcu die Apotheke zu eigen<br />

") Kluckhohn, Friedrich der Fromme, S. 478.<br />

'^) (!c»u8lllnlio ?Iiainmcc>^o1i (^idorFouLÌL


254 <strong>Geschichte</strong> der Apotheke in Barth,<br />

erwarb, <strong>für</strong> welche der Rath seiner Zeit mehr als das Dop-<br />

pelte gezahlt hatte. ^) Der Kaus wurde, wie aus dem oben-<br />

citirten Aktenstück des Staatsarchivs hervorgeht, am 14. Oct.<br />

1591 abgeschlossen, erhielt aber erst unter dem 5. Juli 1608<br />

die herzogliche Bestätigung.<br />

Bei der unbestimmten Fassung gesetzlicher Verordnungen<br />

jener Zeit, neben welchen persönliche Privilegien oft ungestört<br />

einhergingen, kann man sich über die beständigen Klagen wegen<br />

Störung im Gewerbebetrieb nicht wundern. So hatte denn<br />

auch Petrus Zizow Streit mit einem stralsunder Krautkramer,<br />

d. h. Gewürzhändler Iohan Kahlwage, der auf Grund eines<br />

vom Herzog Philipp Julius ertheilten Privilegiums außerhalb<br />

der gewöhnlichen Jahrmärkte acht Tage lang in Barth öffent-<br />

lich ausstehen und seine Waaren feil halten durfte. Obgleich<br />

dies dem Wortlaut des Apothekerprivilegs, „daß auch uff der<br />

Apotecken allein undt von niemandts anderß, eß sei Kramer<br />

oder andere, kein Gewürtze, Specereien :c. muge verkeufft wer-<br />

den", schnurstracks zuwider lief, so wurde der Rath doch unter<br />

dem 15. Februar 1610 vom Herzog angewiesen, den Kahlwage<br />

in der Ausübung seines Gewerbes nach dem Privilegium nicht<br />

zu hindern; im Uebrigen aber „pleibts beydem Einhalt unser<br />

dem Apoteker Petro Ziezouwen mitgeteilten Konfirmation".<br />

Alfo bekamen Beide Recht.<br />

Nachdem die Apotheke 26 Jahr lang im Privatbesitz ge-<br />

wesen war, ging sie nach dem Tode des in der ersten Hälfte<br />

des Jahres 1617 verstorbenen Apothekers Peter Zizow wieder<br />

vorübergeheno in das Eigenthum der Stadt über, indem der<br />

Rath dieselbe von den Erben um 500 Mark erwarb, jedoch<br />

nur um sie <strong>für</strong> denselben Preis an Nicolans Wandesleben ab-<br />

zutreten. Obgleich in seinem vom 30. Juni 1617 datirten Gesuch<br />

um Erneuerung des Privilegs der Rath erklärte, daß die<br />

Apotheke „sowoll wegen E. f. G. selbst und der umbgeseßenen<br />

Landschafft, alß auch allgemeiner Stadt nicht kan gemißet wer-<br />

den", so mußte er zugleich eingestehen, „daß die Wahren, so zur<br />

Ooni, Chronik von Barth, Seite 389.


von Dr. v. Bülow. 255<br />

Aftoteken gehören, weinigen Abgangk haben" und der Gewürzhandel<br />

die beste Nahrung des Apothekers in Barth sei, weshalb<br />

Wandeslcben die Nebernahme nur nnter der Bedingung<br />

eingehen wollte, daß die Concurrenz der stralsunder Kramer<br />

beseitigt würde. Aus Bitten des Raths wurden denn auch die<br />

denselben vergönnten Vortheile in dem neuen Privilegium,<br />

Wolgast, den 2. April 1618, aufgehoben, und die Betheiligten<br />

namentlich die Gewürzhändler Pasche Ianccke, Johann Kahlwage<br />

uud Christoph Finck, unter Einsorderung der ertheilten<br />

Concessionen an das herzogliche Archiv, durch den Notar damit<br />

bekannt gemacht. Der betreffende Passus im neuen Privilegium<br />

lautet: ,,Undt als der Apotekcr angenommen seine<br />

Wahre in den Preiß, wie die Stralsundische Materialisten<br />

selbige verkauften, zn geben, haben wir die 00110688101168, so<br />

etlich vom Stralsundt darauff, das sie außerhalb der gewönlichen<br />

Jahrmärkten zu Barthe das Wochenmarck haltten muegen,<br />

erlangett, caßirct uudt uffgehoben, wie dan ihnen hiemitt soll<br />

ernstlich ufferlegett seiu, sich hinfuro der Wochenmarckte genzlich<br />

zu enthalten und solche 00Q0688Ì0ii68 in ori^in^ii m unser<br />

^ro^ivum wieder einzubringen, so lieb ihnen ist unsere Straffe<br />

zu vermeiden."<br />

Eine andre im ursprünglichen Privileg enthaltene Bestimmung,<br />

wonach der Apotheker zur Anfertigung von Conditen,<br />

Latwergen, Confect und Marzipan <strong>für</strong> den Herzog und dessen<br />

Gemahlin verpflichtet war, hätte man bei dieser Gelegenheit<br />

auch gern beseitigt, umsomehr da Barth ja aufgehört hatte,<br />

<strong>für</strong>stliches Hoflager zu sein, wie ehedem unter Herzog Bogislav<br />

13.; doch wnrde, um der Zukunft nicht vorzugreifen und<br />

namentlich des Leibgedinges wegen, eine Aenderung hierin nicht<br />

beliebt. Das Amt Barth war nemlich der Herzogin Agnes,<br />

Gemahlin des Herzogs Philipp Julius, als Leibgedinge verschrieben.<br />

Mit des Herzogs Tode, 1626, kam sie in den Besitz<br />

desselben.<br />

Wandcslcben hatte <strong>für</strong> Hans und Garten der Stadt jährlich<br />

20 Gulden zu zahleu, blieb aber nicht lange im Genuß,<br />

denn er starb am 21. Aug. 1620 au der Pest; der Rath


256 <strong>Geschichte</strong> der Apotheke in Barth,<br />

übernahm die Apotheke von Neuem und contrahirte mit Adam<br />

Frölich, Apothekergehülfen in Wolgast wegen Uebernahme derselben<br />

auf drei Jahr gegen eine Pacht von 100 Mark. Der<br />

Contract ist wichtig genug, um hier mitgetheilt zu werden.<br />

Er lautet:<br />

Im Nahmen deß Herren sey hiemit Iedermenniglich kundt<br />

unnd offenbar, demnach ein ehrbar wollweiser Rahtt der Statt Vartt<br />

nach Abbleiben seligen Nicolai Wandesleben, weyland Apotekern<br />

daselbst, das Corpus der Apoteken vormüge desseu mit demselben<br />

ufgerichteten Vortrages wiederumb an sich gebrachtt unndt<br />

weil zu allgemeiner Statt Noturfftt unudt Besten dieselbe<br />

wiederumb bestellet werdeu müssen, hat wolerwenttcr Rahtt<br />

mit dem erbarn unndt kunstreichen Gesellen Adamo Frölichen<br />

uff vorhergende rühmliche Commendativi! vornehmer Leute,<br />

bevorab seines Herrn Ioachimi Heuuen, f. Apotekers zu Wolgastt,<br />

wiederumb transigiret uundt denselben uf drey Jahr volgenderntassen<br />

bestellet unndt angenommen.<br />

Anfenglich uundt zum ersten ist vorabredett, das ihme<br />

das Corpus mit sampt der dazu verordenter Wohnunge unndt<br />

dem zwischen der Zingel vorm langen Tohre belegenen Gartten<br />

beneben aller vorigen Immunitet unndt Freyheitt uf bevorstehenden<br />

Ostern mit einem richtigen Inventario kegen einhundert<br />

Marck järiger Pension uff zwey Zeiten, als Michaelis<br />

unndt Ostern zu erlegen, beneben zweyen Stübichen Clarett uf<br />

der bey Besichtigung der Fewerfahren gewönlichen Gastereyen ^)<br />

einzuliefern, eingereumett unndt angewiesen. Die Wohnung<br />

mit sampt dem Gartten sol ihm fertigt eingeandtworttet werden,<br />

unndt fol er fchuldigk sein nach abgelauffenen Iharscharen<br />

solches also wiederumb zu liefern; würden aber fchwere newe<br />

unndt nötige Bawde darin vorzunehmen sein, sollen solche<br />

von den Cammerherren vorrichtet werden. Unndt weil im<br />

selbigen Losamente zu Treugunge der Kreuter keiue Gelegenheit,<br />

alß sol ihme dazu das newe Losamentt ufm Rahtthause<br />

eröfnet werden.<br />

") Oom a. a. O. Seite 389 erwähnt diese Naturallieferung schon<br />

bei dem Apotheker Wandesleben.


von Dl', v. Bülow. 257<br />

Fürs Ander, weil allerhand Composita unndt gebrante<br />

Wasser in der Apoteken vorhanden, hat er beliebet gesatzeten<br />

Taxte nach solche anzunehmen nnnd zn bezahlen, doch mit<br />

dem Bedinge, da ein oder anders darunter, so unduchtig, das<br />

ihme solches auch nicht ufgetrungen werden sol. Die dicßfalß<br />

von ihme endrichtete Gelde sollen den daran vorwiesen eingehendigt<br />

werden.<br />

Zum Drnttcn, so viel die andere zu der Apotheken gehörigete<br />

Materialia unnd Species betreffen tuhn, vorschafft er<br />

ihme dieselben uf seine Kosten.<br />

Zum Vierten sol er ihme auch angelegen sein lassen, je<br />

unndt allewege in der Apoteken frische und unverfälschte Wahren<br />

feil zu haben unndt von Jahren zu Jahren frische zu<br />

unndt einkauften, alle HM3.8 cl68ti1^t^8 unndt LiinMoi^ järlig<br />

vornewen, die alten abe unndt weg tuhn, mit den conip08ÌtÌ8<br />

es also zn halten, das so viel man ohngcfehr ein Jahr<br />

außkommen muge, dispensiret unndt übers Jahr sonderlich an<br />

denen, so nicht lengcr dauren können, frisch zugerichtet werden;<br />

anch mit den uul.t6i'ÌHiiI)u8 cl68ti1^tÌ8 et C0iii^08iti8 es<br />

also zu Halten, domit wen ein ehrbar Rahtt zu ihrer guten<br />

Gelegenheit uff ihren Kosten die Apoteke dermahlen Visitiren<br />

Wirt, das alßdan keine Unrichtigkeitt müge werden gefunden.<br />

Nnndt was alfo bcrürter Adamus Fröliche bey Antrctung der<br />

Apoteken an dem coi-^ors, Instrumenten unndt andern besage<br />

des Inventarii Wirt empfangen, solches sol er anch schuldig<br />

sein, bey Abtretung guett unndt fertig ohne Abgangk wiederumb<br />

zu liefern.<br />

Nnndt weil anch zum Fünften der Abgangk der uf eiuer<br />

Apotcken gehörenden Wahren alhier nicht groß sein kau,<br />

uundt derowegen in dem Hauptprivilegw von unserm guedigen<br />

Fürsten und Hern gncdiglich vorordenet, das nicht allein neben<br />

dieser Apoteken keine andere Apotcke von Iemande alhie augerichtet<br />

werden sol, sondern auch das von Nicmande, es sein<br />

Krämer oder andere, keine Gewürtze, Spccercyeu gestoßen oder<br />

ungcstoßen bei Verlust der Wahren vorkaufftt nnd feil gehabt<br />

werden sol, zu welchem Ende dan auch I. f. G. die


258 <strong>Geschichte</strong> der Apotheke in Barth,<br />

8Ì0Q68, so etliche der stralsundischen Materialisten, außerhalb<br />

Iahrmarcktes alhir Wochenmarckt zu halten, expracticiret, gnediglich<br />

cafsiret unndt ussgehoben, alß wil ein ehrbar Rahtt<br />

auch drüber mit Ernste halten unndt wieder die Contrav'enienten<br />

der Gebüer nach exequiren.<br />

Damit aber auch gleichwol die Armuth in den Materialien<br />

von ihme nicht übersetzet werden müge, sol er nicht allein<br />

vorbunden sein, gute frische und untahdelhafte Wahren sich zu<br />

vorschaffen, sondern auch dieselbe an voller Gewichte unndt,<br />

soviel immer thunlich, bevorab bey Vorkauffung gantzer unndt,<br />

halber Pfunden, nach dem stralfundischen Materialisten, doch<br />

nach Bonitet der Wahren sich zu richtten, domit also die Bürgerschafftt<br />

nicht vorursachett, ihmc mit seinen Wahren vorbey<br />

zu gehen unndt ihre Noturfftt vom Stralsund überbringen zu<br />

laßen.<br />

Schließlich wil auch u. g. F. unndt Herr die C0Q0S8-<br />

8Ì0H68) so Ihrer f. G. einern oder andern unser Bürger in<br />

Bardt über Wem, frömbde Bier unndt ^. vitH6 schencken erteilet,<br />

gleichergestaltt cassiret unnd vor nötig erachtet, daß zu<br />

Erhaltung des Apotekers Nahrung solches allein bey der Apoteken<br />

an UnPflicht gelaßen werden sol. Alß sol er sich schuldig<br />

sein, sich allewege gueter unndt unverfälschter schmackhafter<br />

Getrencke, insonderheit neben andern der reinisschen Weine umb<br />

der Frömbden unnd Krancken willen sich zu beflißen, den Kauf<br />

auch nicht zu hoch steigern, weiniger die Leute mit geringer<br />

Maße oder sonsten zu übersetzen.<br />

Damit auch eiue gewiße Maße der frömbden Biere fein<br />

muge, fol ihm nur erlaubet fein, greifeswaldifche Mumme,<br />

stralsundische uundt rostocher Vier ueben den bartischen Bier<br />

zu scheucken, würde er aber anderswoher Bier ihme zubringen<br />

laßen, sol ihm solches, sobalt mans erfehret, genommen unndt<br />

den Armen gegeben werden.<br />

Solte auch künftig endweder einem erbarn Rahtt nicht<br />

gelegen fein, obbemelter Adamum Frölichem in diefer ihrer<br />

Bestallunge lenger behalten, oder ini Kegentcil ihn, lenger<br />

drin zu vorharren, fol ein Theil dem andern ein Ihar zuvor


von Dr. v. Vülow. 259<br />

die Loßkündiguug zu tnhn verbunden sein, nnd was alßdan<br />

an Materialien, Compositen unndt andern vorhanden sein wirt,<br />

so zn einer Apotcken gehörig nnd nötig, sol der Sueeessor<br />

ebenermaßen nmb billigen Preiß anzunehmen nnd nach vcrstendiger<br />

Lente Taxation zu behalten schuldig sein. Urkundlich<br />

sein dieses Contraets zwey Reecße gleichs Lauts aufgericht unndt<br />

init beiderseits Contrahcnten Zusiegeln bestctiget. Actum den<br />

15. Februar A" ^1^622.<br />

Aus dem Contraet geht hervor, daß die Apotheke <strong>für</strong> ihr<br />

Bestehen doch sehr auf deu Ausschank von Getränken angewiesen<br />

war, denn zu den aufgehobenen Concessionen der<br />

stralsunder Bürger von 1618 kommt hier noch die Cassatimi<br />

aller in Barth selbst vorhandener Schankgerechtigkeitcn von<br />

Wein, fremden Vieren, Aquavit ?c., welche Getränke von nun<br />

an nur in der Rathsapotheke (der Rathskeller wird nicht erwähnt)<br />

geschenkt werden sollten. Es war indeß zu erwarten,<br />

daß die durch solche Maßnahmen geschädigten Kramer diese<br />

Einschränkungen ihres Gewerbebetriebs nicht ruhig hinnehmen<br />

würden, und da Klagen bei dem Herzog Philipp Julius nichts<br />

halfen, dieser vielmehr dnrch zwei kurze aber scharfe Maudate<br />

an den Rath vom 10. April 1623 und 31. März 1624 nach<br />

dem „erweiterten uud eonfirmirten Privilegio in allen seinen<br />

Klauseln nnd Puneten alles Appellirens oder Protestirens<br />

ungeacht gelebt wisseu" wollte, so giug die gesammte Kramerzunft<br />

mit einer Klage an das kaiserliche Kammergericht. Sie<br />

wollten „lieber zweytausend Gulden vorkehren oder nicht gewinnen,<br />

alß vor sich unndt ihre Nachkommen solches Handelß<br />

sich begeben." Die Alterleute der Kramerzunft waren damals<br />

Herminius Klyc und Cafpar Detmer. Das Resultat des Prozesses<br />

ist uicht bekaunt, wie denn überhaupt die Varther<br />

Apothekeraeten des Staatsarchivs aus der herzoglichen Zeit<br />

hier schließen, denn ein von einem Carl von Iasmuud aus<br />

Rügeu vom 11. September 1619 am Apotheker Nie. Wandesleben<br />

begangener Hausfriedensbruch ist ohne Bedeutung <strong>für</strong><br />

die <strong>Geschichte</strong> der Apotheke.<br />

Nach Oom a. a. O. hat die Apotheke noch bis 1672


260 <strong>Geschichte</strong> der Apotheke in Barth,<br />

also über 50 Jahre in der geschilderten Weise weiter bestanden,<br />

dann ist sie aber eingegangen, nm erst Zn Anfang des 18.<br />

Jahrhunderts wieder neu eingerichtet zu werden. Im Jahre<br />

1706^) bewarb sich ncmlich ein Apotheker Petrns Schultz bei<br />

der schwedischpommerschen Regierung um eine Concession, indem<br />

er sein Gesuch damit motivirte, den Vrunnengästen beim<br />

Kentzer Brunnen den Sommer hindurch näher zu sein. Freilich<br />

war die ihm angebotene frühere Apothekerwohnnng während<br />

der dreißigjährigen Vacanz ganz verfallen, so daß die statt<br />

Miethe zu zahlenden 10 Thlr. etwas ungebührlich erscheinen,<br />

und der Petent hievon und von den bürgerlichen Lasten<br />

wenigstens das erste Jahr befreit sein wollte. Auch den Gewürz-<br />

und Aquavithandel, den der Rath ihm nicht gestatten<br />

wollte, bedang er sich als bei einer kleinstädtischen Apotheke<br />

unentbehrlich ausdrücklich aus, erreichte es auch, daß der Rath<br />

unter dem 12. April 1706 von der Regierung angewiesen<br />

wurde, „dem Supplieanten in seiner zu der Stadt und Landeß<br />

Einwohner Besten abzielenden Intention mehr behulff- als<br />

hinderlich zu fallen, und wo uicht ein Mehrers, dennoch die<br />

in allen solchen Städten denen Apothequern gegönnete Freyheit<br />

bey Präparir- und Verkauffung der Medikamenten den Gewürtzhandel<br />

und das Aquavitschenken zu treiben, ebenfals<br />

demselben zu verstatten und zu aceordiren."<br />

Das Vesitzverhältuiß der barther Apotheke vom letzten<br />

Viertel des 16. bis zum ersten Viertel des 18. Jahrh, ist also<br />

folgendes:<br />

1572 der Kanzler Di-. Bernhard Macht.<br />

1575 der Rath.<br />

1591 der Apotheker Peter Zizow.<br />

1617 der Rath, der sie alsbald an Nicolans Wandcsleben<br />

verkauft.<br />

1622 der Rath, Adam Frölich als Pächter.<br />

(1672—1706 existirt keine Apotheke in Barth.)<br />

1706 der Apotheker Peter Schultz.<br />

") Staatsarchiv zu Stettin: Schwed. Arch. Tit. 119. Nr. 84.


Der Grabhügel bei Staffelde<br />

und das Dorf Delne.<br />

Von Pastor A. Vogel in tzohen-Reinkendorf.<br />

(Hierzu eine Tafel.)<br />

In der Nähe des Dorfes Staffelde, nur 362 Schritt von<br />

der nordwestlichen Ecke desselben entfernt nnd südlich am Wege<br />

nach Tantow, lag auf einer Anhöhe ein vereinzelter Hügel, der<br />

in der Umgegend weithin sichtbar war. Derselbe ist zu Anfang<br />

des Jahres 1877 abgetragen worden und hat sich dabei<br />

als ein künstlich errichtetes Grabmal aus heidnischer Vorzeit<br />

erwiesen. Als ich Gelegenheit hatte, die Stelle in Augenschein<br />

zu nehmen, war die Abtragung bereits vollendet. Große<br />

Steine lagen in Menge umher, und auf meine Frage nach<br />

etwa gefundenen Alterthümern zogen die mit der Abfuhr der<br />

Steine beschäftigten Arbeiter zwischen den Steinen zwei Scherben<br />

einer schwarzbraunen Urne hervor, die einzigen, die meines<br />

Wissens vor der Zerstörung bewahrt geblieben sind und sich<br />

jetzt im Besitze unserer <strong>Gesellschaft</strong> befinden. Diese Urnenreste<br />

sind dadurch besonders eigenthümlich, daß die eingeritzten Verzierungsstriche<br />

mit ganz kleinen weißen Muscheln ausgelegt<br />

waren, daß ferner die eine Scherbe das in rohen Strichen eingeritzte<br />

aber doch deutlich erkennbare Bild eines Pferdes zeigt.<br />

Ich erinnere mich nicht, in dem Alterthumsmuseum des stettiner<br />

Schlosses irgend eine Urne mit ähnlicher Verzierung durch


262 Der Grabhügel bei Staffeide,<br />

Muscheln oder Bild gesehen zn haben. Die weiteren Nachforschungen<br />

nach dem Vcfnnd des Hügels, deren Resultate ich<br />

besonders den Vcmühnngen des Herrn Lehrers Heydemann in<br />

Pargow zn verdanken habe, ergeben das Folgende.<br />

Der Hügel war 18 Fnß hoch nnd hatte die Gestalt eines<br />

ländlichen Backofens in vergrößertem Maßstäbe. Er war äußerlich<br />

mit einer 1^/2 bis 2 Fuß dicken Lehmschicht umgeben und<br />

mit Gras bewachsen. Am Grunde desselben lag ein Kranz<br />

von großen Steinen, von denen einzelne wohl ein Gewicht bis<br />

zn 8 Ctr. hatten. Der damit eingeschlossene Ranm war dann<br />

mit kleineren, sogenannten Dammsteinen und Lehm ausgefüllt.<br />

Der nächste Kranz war kleiner, zeigte anch äußerlich nicht so<br />

große Steine, und so fort bis zur Spitze, wo ein eigenthümlicher<br />

Stein als Schlußstein eingelegt war. Ans dem Grunde<br />

des Hügels befand sich eine Steinkiste, deren Innenseiten ungefähr<br />

2 uud 3 Fuß maßeu. Im Ganzen wurdeu fünf Urnen<br />

gefnnden. Zwei schwarzbraune standen in der Kiste; die drei<br />

anderen von mehr lichter gelblicher Farbe standen dicht neben<br />

der Kiste an der West-, Süd- uud Ostseite derselben. Knochenreste<br />

und Asche fanden sich nur in den Urnen, anderweitige<br />

Gegenstände nirgends. An den nuumehr verschwundenen<br />

Hügel schloß sich folgende Sage an. Es liege in demselben<br />

ein heidnischer Fürst mit so vielem Golde uud anderen Kostbarkeiten<br />

begraben, daß wenn sein Fürstenthnm ganz abbrenne,<br />

es von diesem Golde wieder aufgebaut werden könne, oder nach<br />

anderer Lesart wieder aufgebaut werdeu solle. Von diesen<br />

Schätzen hat man nichts gefunden, anch war keine Spur vorhanden,<br />

daß der Hügel jemals geöffnet worden wäre.<br />

Nach der Volksmeinung soll Staffelde zu der Zeit, als<br />

der Grabhügel errichtet wordeu, an einer andern Stelle gestanden<br />

haben, woranf die noch hente gebräuchliche Benennung<br />

einer im SW. des jetzigen Dorfes gelegenen 203 Fuß hohen<br />

Anhöhe als „Schloßberg" hindeuten soll. Feruer weiß jedermann<br />

von einer verschollenen Stadt zu erzählen, die südöstlich<br />

vom alten Schloßberg ans der Stelle, welche der Eselsdrink<br />

heißt, gelegen und den Namen „Schehlen" gehabt habe. Anch


von Pastor A. Vogel. 263<br />

Staffclde sei früher „Stadt Staffelde", nnd die Banern daselbst<br />

„Bürger" genannt worden.<br />

Znr Erklärung der letzterwähnten Sagen ist zn bemerken,<br />

daß der verschollene Ort Schehlen wahrscheinlich mit der villa<br />

vkliio oder I)oi6n identisch ist, welche in der Gründungsurkunde<br />

der Stadt Gartz von 1249 als Grenzpnnkt genannt wird, bis<br />

wohin das Odcrbrnch stromabwärts der Stadt gehören sollte. ^)<br />

Delne ist aber wohl nichts anderes als das polnische und niederwcndische<br />

doln^, äolno — das untere, Nieder-. So<br />

dürfte die verschollene „Stadt" nichts weiter sein als das frühere<br />

„Unterstaffclde", das damals ebenso wie das obere sich<br />

mehr südlich ausgedehnt haben mag. „Unterstaffelfelde" werden<br />

noch jetzt einige mehr nördlich in der Nähe der Oder gelegene<br />

Häuser genannt. Der Name Delne würde dann überhaupt einen<br />

Gegensatz Zndem Namen Staffelde enthalten, der in seiner ältesten<br />

Form 8t0p6ii6^) jedenfalls auf das flavifche stopion ^ die<br />

Stufe, Staffel zurückzuführen ist (wovon auch der erste Theil<br />

des Wortes Stubbenkamer abgeleitet werden muß). In der<br />

Altmark findet sich außer eiuem Dorfe Stapel bei Osterburg<br />

noch ein Stapen bei Betzcndorf; ein Dorf Staffelde liegt bei<br />

Soldin in der Neumark, ein anderes bei Nauen im Osthavellande.<br />

Es verhielten sich also Stoftelle und Dclnc wie in<br />

jetziger Zeit Hohen- und Niederzaden, Ober- nnd Unter-<br />

Schöningen, Ober- und Unter-Staffelde. Daß bis Unterstaffelde<br />

das Gartzer Oderbrnch gereicht hat, kann nicht<br />

auffallen, da noch in neuerer Zeit der sogenannte Greifenhagensche<br />

Zoll, ein Etablissement in den Wiesen am rechten Oderufer<br />

bei der Mcscheriner Brücke, zu dem Eigenthum der Stadt<br />

gehörte. Noch bliebe aufzuklären, warum die Staffeldcr<br />

Tradition den verschollenen Ort nicht Delen, sondern Schehlen<br />

oder Tschelcn nennt. Man wird versucht, an eine spottende<br />

') Pomm. Urkbch. 1. S. 378. Schladebach, Gesch. der Stadt Garz,<br />

Seite 35 ff. Zu Delne vgl. s,'(xl. äpi. ?om. v. Hasselbach ii. Koscgarten<br />

S. 609, Anm. 6.<br />

^) ('od. (Ij)1. I'om. von Hasselbach und Kosegarteu, Nr. 465,<br />

S. 933. Urk. v. 6. Oct. 1251.


264 Der Grabhügel bei Staffelde.<br />

Entstellung des rechten Namens zn denken und könnte dann<br />

auf das polnische L^o^oin^ — dicht oder das wcnd. «c^öin^<br />

aäj. von scialo die Leiche rathen.<br />

Die beifolgende Zeichnung mag die Lage der vorerwähnten<br />

Oertlichkeiten veranschaulichen.


oi<br />

llls Deine.<br />

>


Seiträge zur <strong>Geschichte</strong> von Miß<br />

im dreißigjährigen Kriege.<br />

Von Dr. von Vülow, Staatsarchivar.<br />

Der am 30. April 1623 zu Iüterbock abgehaltene Kreis-<br />

tag des obersächsischen Kreises hatte, nm die Sicherung der<br />

Grenzen gegen ordnungslos umherziehende Söldnerschaaren<br />

besorgt, die Aufstellung einer größeren Truppenmacht be-<br />

schlossen; 6000 Mann zu Fuß und 2000 Reiter sollten an-<br />

geworben und die Mittel dazu durch eine außerordentliche<br />

Steuer zusammengebracht werden. Der bekannte Widerwille<br />

der Stände gegen solche Maaßregeln wußte allerdings die<br />

Last etwas herabzumindern, indem er es durchsetzte, daß ein<br />

Theil dieser Mannschaft, obgleich die Gefahr noch dieselbe war,<br />

schon nach drei Monaten wieder abgedankt wurde; in die Er-<br />

haltung der übrigen mußte man wohl oder übel sich finden.<br />

Der auf Pommern fallende Theil dieser Truppen stand unter<br />

der Führuug des Asmus von Glasenapp und war bis zur<br />

Musterung auf der stettiner Lastadie und beiden Wieken, sowie<br />

aus den Eigenthumsortschaften der Stadt untergebracht. Der<br />

dcsfallsige Befehl Herzogs Vogislav 14. lautetet)<br />

Non Gottes Gnaden Bogischlaf, Herzog zuc Stettin<br />

Pommern ?c. Fürst zu Rügen. Unsern Grus zuvor! Erbare<br />

und Ersame, Liebe, Getreue! Es ist euch nuhnmher kundt,<br />

anß was unnmbgenglicher Noth uns oblieget, zu Folge des<br />

') Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Nrch. ?. I. Tit. i:N. Nr. 114.<br />

17


Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> von Politz,<br />

jüngsten obersächsifchen Craißschlusses zue Giieterboek in müglichster<br />

Eile ezliche Fehnlein Knechtte werben undt ans die<br />

Beine bringen zu laßen, Gestalt wir dan unserm bestalten<br />

Oberleutenandt Aßmus Glasenappen^) Commiß gebenn, solche<br />

Werbung stunds ahn vorzustellen. Weil er dan dorauf albereit<br />

uicht allein ezliche der Unterofsicirer undt gemeinen Vefehlighabern,<br />

sondern auch eine gute Anzahl Soldaten besprochen<br />

undt anhero zur Handt gePracht, auch teglich derer mher unndt<br />

entlichen die vollige Anzahl erwartet, dabei aber die Notturfft<br />

erfurdert undt Herkommens ist, das dieselbe alhier, da die<br />

Musterung bestimmet, algemach verleget undt einquartieret<br />

werden: Alß befehlen wir euch hiemit gnedig unndt ernstlich<br />

wollend angesichtes den Niederwikischen alhier anzndeuten, sich<br />

gefast zu machen, das sie auf des Forierers Anmelden etwa<br />

ein oder zwei hundert, oder soviell es die Gelegenheit leiden<br />

will, zur Losierung aufnehmen, bis so lang das die Musterung<br />

vorgengig undt die Soldaten Zue Felde können geführet werden.<br />

Was nun daselbsten von izvorhandenem undt hernegst teglich<br />

mehr zulauffendem Volcke uicht losierenn kan, muß in die<br />

Oberwiecken, Lastadien oder wo es sonst der Oberleutenant am<br />

füeglichstenn erachten undt angeben möchte, vertheilet undt aufs<br />

eiue geringe Zeit eingeleget werden, dazu ihr den minder nicht<br />

zu gedencken undt dasselbe zu befurdern habet. Dakegen wir<br />

dan die ernste Versehung bei unserm Obristen undt Kreigsofficirern<br />

thuen wollen, das dieselbe Knechtte ehest gemnstert zu<br />

Felde verschaffet werden, undt innenmittelß ein iglicher umb<br />

sein Geldt zehren, sich schiedt- undt friedlich kegen feinen Wird,<br />

deßen Haußgenoßen uudt idermenniglich verhaltten und bei<br />

Vermeidung gepührlicher Straff Keimandt unzimbliche Ve-<br />

^) Derselbe kommt in den Acten wiederholt vor nnd wird seine<br />

Bestallung als Befehlshaber der herzoglichen Soldtrnppcn anch etwa<br />

um diese Zeit erhalten haben. Im Jahre 162? bat er, da ihm wegen<br />

seiner Dienste eine besondere Velohnnng zngesagt war, nin Velehnung<br />

mit einem See und Vnsch, die Made genannt, bei Vnblitz, der<br />

früher im Besitz seines Geschlechts gewesen war; doch erhob die Stadt<br />

Vnblitz Einsprache hiergegen.


von Or. v. Vülow. 267<br />

schwcer zuefügcn sollenn. Wie nnhn die nnnmbgengliche Noth<br />

Solches erheischet, alß geschieht daran nnsere zuvcrleßige<br />

Meinung. Datnm aufs unserm Residenzhauße Alten Stettin<br />

29. May Anno 1623.<br />

Wie stark die Einquartierung gewesen, ist aus den Acten<br />

nicht ersichtlich; bald aber liefen von allen Seiten Klagen über<br />

die zu große Last sowie über das ungebührliche Betragen der<br />

Soldaten ein. In Scheune nnd Krekow, den beiden<br />

stettiner Eigenthumsdörfern, waren bei jedem Baumann sechs<br />

Soldaten und bei jedem Kossäten zwei ohne die dazu<br />

gehörigen Weiber und Inngen eingeleget worden, uud anderwärts<br />

war es nicht weniger. Dazu gefährdeten die zügellosen<br />

Landsknechte Eigenthum und Leben der Bewohner ans das<br />

Höchste. Der stettiner Nathsverwandte David IlUes^)<br />

berichtete, „daß am verschienen Sontage, ist gewehsen der<br />

6. Inly, 3 Soldaten in der Breitcnstraßen am kleinen Papcnstraßenordt<br />

geseßen undt auf Hüner gelawcrt, wie sie dan<br />

auch eins, welches dem Becker Hanß Schnlzcn gehörigk, wegbekommen",<br />

„hernach wehren sie nach der großen Papenstraßen<br />

gangen undt dem Schneider Caspar Dusterbeckeu 3 Hüner ge-nommen."<br />

In beiden Fällen gelang es den Eigenthümern<br />

indeß, den Dieben ihren Nanb wieder abzujagen; schlimmer<br />

aber hätte es enden können, als „newlichcr Tage ein Soldatc<br />

auf der Mönchebrügge gestanden unndt eine mitt einer Kngell<br />

geladene Mnßquete über die Oder nach der Lastadien abgeschoßen,<br />

da dan des Fnrstl. Zölners Andreß Elerß<br />

Haußfraw vor der Thür gestanden uundt mit einer andern<br />

Frawen geredet, welcher die Kngell über der Achsel! in die<br />

Mawer geflogen, daß ihr der Kalck nmb den Kopf gestoben."<br />

Am meisten aber hatte sich die Stadt Pölitz zu beklagen,<br />

die wie die andern stettiner Eigenthumsörter ihren Theil von<br />

der Einquartierung erhalten hatte; und zwar waren ihr 700<br />

Mann angesagt worden, was den armen nnr von Fischerei<br />

Er war 1619 Senator in Stettin und starb 1634.


268 Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> von Pölitz,<br />

und Hopfenbau lebenden Ort, der keinen Ackerbau betrieb und<br />

alle Lebensmittel an Korn, Bier ?c. aus Stettin bezog, dem<br />

Untergang nahe bringen mnßte. Bürgermeister und Rath<br />

wandten sich daher in einem wehmüthigen Schreiben nach<br />

Stettin als ihre Herrschaft mit der Bitte um Rath und Hülfe:<br />

Edle, Ehrnnvehste, Achtbahre, Hoch- unnd Wolgelahrte<br />

auch Wolweise, insonders großgünstige, gebietende Erbherrn!<br />

Vormittelst unser pflichtschuldigen unndt gehorsahmen Dienstenn<br />

Anerbietung mugen denselben wir zu berichten nicht umbgehenn,<br />

wie das heute umb 10 Uhr I. F. G. Krigsoberste, der edler,<br />

gestrenger unndt ehrnnoehster N. v. Glasenap samftt etlichen<br />

seinen Leibdienern unndt andern Obersten alhie zu unß angelanget,<br />

andeutende das er gesonnen 700 undt mehr Fußvolck<br />

<strong>für</strong>s Stedtlein in einem Gezelt zu legenn. Nun erinnern sich<br />

E. E. A. Wolw. unndt G. gutter Maßen, daß wir albereits<br />

43 fl. unndt etliche Groschen Krigssteur einantworten laßenn,<br />

mit Erbietenn, da in Alten Stettin abermahl dießfals eine<br />

Steure angesaget würde, auch unsere MotHm. nach unserm<br />

geringen Vermugcn mit zu contribuirei:. Wan wir aber in<br />

Diesem uuß nicht zu rahtenn wißen, als gelanget hiemit ann<br />

E. E. A. Wolw. unndt G. unser unterdienstfleißiges Pitten,<br />

dieselbe hoher Obrikeit Ampts halben in diesem unß Schutz<br />

halten nndt mit guttem Rahtt unterweisenn unndt beywohnen,<br />

auch dabeneben in Gonsten erwehgenn, daß eß unß ein wahre<br />

Unmuglikeit sey, einen solchenn Hauffeun Bolcks aufm Halse<br />

liegend haben, den wir offt weder Bier noch Vrodt habenn,<br />

davon unsere Mitbürger undt die Armuth kann erhalten<br />

werden. Erwarten E. E. A. Wolw. und G. gutten Naht<br />

unndt Bescheids dieselben sampt uud sonder gottlicher Allmacht<br />

getrewlich empfelend. Pölitz den 6. August A"- 1623.<br />

E. E. A. Wolw. unndt G.<br />

uuterthänige und gehorsahme<br />

Burgermeistere und Rath.<br />

Eine Eingabe, welche der Rath von Stettin deshalb an<br />

den Herzog machte, half ebenso wenig als eine von derselben<br />

Behörde an die zügellose Soldatesca gerichtete Verfügung vom


von Di'. v. Vü'low. 269<br />

11. October 1623, worin den „erfahren undt manhafften alhie<br />

eingelegten Capitain nndt Soldaten" vorgehalten wurde: „waßgestalt<br />

bcedcß den Bürgern in unndt außer der Stadt mit<br />

Schimpfiren, Schmehen, Wegnehmen der Hüner, Enten ?e.<br />

alß auch dem armen Pawersman in unser undt gemeiner<br />

Stadt Eigenthumb allerhandt Drancksaal unndt Beschwerungen<br />

ohngeacht deß hochbetewertcn Artienllbriefes, ja wieder die<br />

erbahre Billigkeit undt christliche Liebe zugefügt" werde, weshalb<br />

der Rath ihnen hiermit ernstlich befehle, „alles Außlauffens,<br />

Gardenß undt Plagkcns in unser undt gemeiner<br />

Stadt Dörffern sich zu enthaltten."<br />

Die Stadt Pölitz erhielt richtig die angesagte Einquartierung<br />

und mußte derselben alles Verlangte an Mahlzeiten,<br />

Stroh 7c. liefern. Einige Einwohner haben fechs Mann über<br />

zwei Monate lang im Quartier gehabt, wobei von einer Vezahlnng<br />

feitens der Soldaten nicht die Rede war; vielmehr<br />

erhielten dieselben beim Abzüge meist noch recht ansehnliche<br />

Geschenke, abgesehen von den Bettlaken, jungen Hühnern und<br />

Gänsen, die während der Zeit auf unerklärliche Weise verloren<br />

gingen. Am deutlichsten spricht hierüber die Kostenliquidation,<br />

welche Pölitz nach Abzug deu Mannschaften einreichte und die<br />

sich auf 375 fl. 17 Gr. bclief, von denen aber nicht ersichtlich<br />

ist, ob die Stadt sie ganz oder auch nur theilweise je wiedererhalten<br />

hat. Bei der Kostenberechnung wurde folgende <strong>für</strong><br />

die Kenntniß der Lebensmittelpreise jener Zeit wichtige Taxe<br />

zu Grunde gelegt:<br />

<strong>für</strong> jede Mahlzeit 2 Gr. pomm.<br />

eine Gans 6 „<br />

eine Ente 4 „ ,,<br />

cm Huhn 3 „<br />

ein Banerbrot 2 ,, ,,<br />

eine Mandel Eier 6 „ ,,<br />

eine halbe Mandel Käfe 4 „ ,,<br />

ein Scheffel Hafer 24 ,,<br />

eine Mandel Stroh 12 ,, „<br />

ein Schinken 1 fl — ,, „


270<br />

Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> von Pölitz,<br />

was auf die Soldaten im Stedtlein Pölitz undt<br />

Dörff Meßentin an Unkosten, Inhalt aufgenom-<br />

mener Kundschaft aufgangen.<br />

1. Jochim Otto Bürgermeister.<br />

Von diesem hat Christoff der Furierer 9 Scheffel<br />

Habern geborget ^ 1 st. la.0it<br />

noch 1 Spaden ins Lager leihen müssen . .<br />

6 Scheffel Roggen hette er in der Nacht auß der<br />

Scheune verlohren, welche die Soldaten mitgenommen,<br />

^ 6 Ortsfl<br />

die Zufuhr des Holtzcs ungerechnet<br />

2. Michel Paull Rahtsverwanter zue Pölitz.<br />

7 Geuse hetten die Soldaten auf einmal todtgeschlagen<br />

ii 6 Gr. l^cit<br />

noch ein Tischtuch verlohren pro<br />

noch ihme 2 Vüeren vom Bette gezogen . .<br />

1 Schwein von 3 Jahren erschoßen pro<br />

dem Capitein Podewilsen ganzer 5 Wochen Leichte,<br />

Salz, Stro, anch Fntter undt Hew vor zwei<br />

Pferde geben müßen, so er zum geringsten<br />

rechnet ans<br />

3. Urfula Klokowes, Bürgermeister Matthies<br />

Pauls sehl. Witwe.<br />

2 Genfe nndt 5 Hüencr die Soldaten todt ge- i<br />

schlagen,<br />

noch haben sie einen Hanffeit Hew verfuttert<br />

fl.<br />

9<br />

1<br />

9<br />

st. j> 15<br />

Gr. Pf.<br />

—<br />

li 10<br />

2 —<br />

2 —


von Di'. v. Vülow. 271<br />

4. Peter Engelke, ein Bawman zuc Pölitz.<br />

Bor den Haber wehren sie ihmc schuldig gebliebeu<br />

noch hettc er ihnen thun müssen ^'4 Erbsen, 4<br />

Hüeuer undt 20 Eyer, so er schezet auf . .<br />

des Capitcins Crokoen 8 Pferde hctten 2 Fueder<br />

Hcw aufgefilttcrt, so wert gewesen . . . .<br />

noch hctten die Soldaten ihmc anch einen Haussen<br />

Hew weggetragen, welchen er nicht geben<br />

wollen <strong>für</strong><br />

5. Michel Sido, Bawman daselbst.<br />

Bruukoen Knecht hab er 5 Wochen fücdern<br />

müßen, begeret nun da<strong>für</strong><br />

Brunko, alß er 2 mahl Geste gehabt, verzehret<br />

!ft. Gr.! pf.<br />

12<br />

fl.! 14 ! 16j12<br />

eine Pferdedecken, undt 1 Keßel von 3 Pfunden 16,-<br />

6. Da vi dt Albrecht, Bürger in Pölitz.<br />

An Hakenwahrcn als Kcese, Spurten, Hering,<br />

Butter, Vrandtwcin, Speck die Soldaten ab-<br />

holen laßen inhalt Verzeichnis, so er mit seinem<br />

Eyde bekräftigen null<br />

noch verlohren 1 braunschlvigische Decken i)i'0 .<br />

noch 1 Degen <strong>für</strong><br />

noch 1 Pahr Violen Strümpfe pro . . . .<br />

7. Ein Raht zu Pölitz<br />

berichtet, das sie den Soldaten, so im Thor !<br />

daselbst Wacht gehalten, teglich 3 Ortssi, zue<br />

Bier undt Hering geben müßen, welches so<br />

lange gewehret, das es geworden . . . .<br />

welche 12 st. sie dem Schencken noch schuldig sein !<br />

.i 9j —


272<br />

Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> von Pölitz,<br />

noch 2 Tonnen Bier aufgangen, alß der Stadt ^! st. Gr.! Pf.<br />

Alten Stettin Abgeordnete den Obersten Leutenambt<br />

undt andere Vefhelighaber tractiret, l^oit<br />

die Soldaten hetten ihrem Hüetsman einen<br />

Haussen Hew weggetragen, so wert gewesen .<br />

8. Hans Möldeke, Schencke zue Pölitz.<br />

Diesem seindt die Soldaten über vorige 12 st.<br />

noch an Bierschuldt hinterstellig geblieben<br />

welches Bier Paul Varnstein, Christof undt andere<br />

bei ihm geborget<br />

1 zinnerne Kanne anßm Keller wegkommen pro<br />

9. Jochim Timme, Rahtman zue Pölitz.<br />

Hat des Leutenambts Diener anstaet des Habern<br />

gegeben<br />

dem Leutenambt an Brot folgen laßen . . .<br />

oiäslli 2 Pahr Hücner <strong>für</strong><br />

des Oberleutenambts Kutscher eine Axt gethan pro<br />

dem Furierer Christof eine Radehacke....<br />

den: Obersten Leutenambt eine Vencke pro . .<br />

1 Schüßel ^i-o<br />

ein Handtuch ^ro<br />

ein stehen Laken<br />

ein Pfuel<br />

noch hetten sie eine Decken mitgenommen pro .<br />

zum Lager 4 Fueder Holz auß seinem Hause<br />

folgen laßen<br />

fl. j!27 ^ —j —<br />

125<br />

st. ^27! —j —<br />

1<br />

—<br />

—<br />

1<br />

1<br />

1<br />

—<br />

3<br />

3<br />

3<br />

5<br />

2<br />

26<br />

24<br />

24<br />

10<br />

—<br />

16<br />

16<br />

—<br />

—<br />

—<br />

21<br />

24 10


von Di'. von Bülow. 273<br />

10. Ern Ludovici Hollonii^), wcilaudt<br />

Pastoris zu Pölitz fehl. Witwe berichtet, das<br />

ihr die Soldaten 5 Geuse genommen, so sie ^fl. !Gr.> Pf.<br />

schezet auff<br />

11. Ehr Paulus Schmidts Pastor Zu<br />

Pölitz, saget das die Soldaten Marienkirchen<br />

Hölzlein verlängst der Beke, wie auch S. Peterskirchen<br />

Holz, so Virchholz ist, fast ausgehawen,<br />

S. Iürgenshospitals Zaun weggebrochen.<br />

Die Soldaten ihme eiue Zuchtsaw erschoßen uudt<br />

2 Kelber mitgenommeu, so zue schetzeu<br />

^) Ludwig Hollonius, aus Westphalen gebürtig und vorher<br />

in Vraunsfort Pastor, war auch ^oow laui-oatuL und starb 1621.<br />

Seine Wittwe Anna Rintelmann, mit der er sich 1596 vermählt hatte,<br />

war ans Hameln. Er veröffentlichte: 8ouimum vit^ 1ium3.uli6, ein<br />

Lnstspiel mit Herzog Philipp dem Guten von Burgund und einem<br />

betrunkenen Baner als handelnden Personen 1606: lidi-i<br />

miuunl 1609; «Iudii26U8 mliFiiuL, c^ui o8t annua Ni11o8i<br />

t68Ìmu8 Ä ^I.tlili ^68U Odlisti Domini ll.c Luivatoi'iZ UUIN3.UÌ<br />

1-18) OlirmillL (!6i6di'!itu8 por I^uäovieum H0II011ÌNM, in<br />

1^öUt2 ?li8t0i'6m. 866ÌUÌ t^pi8 KQ6ti^ui8. 4" s) Vll. Ferner:<br />

Zwo erbauliche Pedigten aus dem XII. Capittel Lucä Vom Reicheu<br />

Menschen, dem die Schenne zn klein wird, unnd nuu fresseu und saufen<br />

wil, aber des Nachts plötzlich stirbt, auff die Kornreiche zeit<br />

appliciret nnd gehalten durch I^udovioum Hoiiomum, ^lr8t0i'6ui im<br />

Städlein Pölitz. Zu eud ist augehengt eine 3Vi^0i)8ÌL 1ii8t0rio!i von<br />

Thewren nnnd wolfeilen Jahren. Gedruckt zu Alten Stettin dnrch<br />

Joachim Nhcten ^uno


274 Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> von Pölitz,<br />

12. Der Schulze zu Meßcntin, Märten<br />

Harteke, Michell Maßo uudt Michel<br />

Schwarzo vor sich uudt im Nahmeu der<br />

ganzen Nachbarschaft berichten, das sie 2 Soldaten,<br />

so zur Wacht bestellet, ganzer 5 Wochen,<br />

dem einen teglich auß 14 Fischerheuser 28 Gr.<br />

noch teglich 2 Gericht Fische, zu 6 Gr. gerechnet,<br />

den andern Soldaten die übrigen 12 Pauren<br />

alle Tage zwei Mahlzeiten speisen und ^/2<br />

Stübchen Vier ihne geben müssen, zu rechnen<br />

auf 1 Tag nur 4 ßl, i^it<br />

die 4 Vawleute haben dem Obersten Leutenambt<br />

6 Scheffel Habern geben müßeu ^ 3 Ortsfl.<br />

13. Christoff Steiuführer, Müller in der<br />

Obermühle vor Pölitz.<br />

Hat durch die erbarn Gerichte daselbst den Schaden<br />

besichtigen uudt taxireu laßen, producirt<br />

d68ÌAiHticm0in 6X6088UUIN) so sich belauft<br />

iu die<br />

inmaßen im inäti-umonto zue befinden.<br />

14. Der Richter zu Pölitz, Jochim Natstörf, ^<br />

berichtet Ambtshalben das die Soldaten Iere- ^<br />

mias Härteten Zaun, so negst ihrem Lager, <<br />

ganz weggerrißen undt verbrendt, welcher ^<br />

Zaun zue schezeu<br />

Verndt Kannemachers Zauu<br />

30<br />

6<br />

5 5<br />

! 4<br />

Gr.<br />

20<br />

18<br />

26<br />

16<br />

Pf.<br />

12<br />

72 ! — ! —


von Ni', von Vülow. 275<br />

15. Das Nirchenholz, so die Soldaten vor Pölitz<br />

außgehawcn, ist von dem Gerichte geschezet auf<br />

Alles inhalt hierüber verfertigten Instruments.<br />

Summarum Alles, was oben specificiret, machet<br />

375 fl. 17 Gr.<br />

ori'01'0 c^Ionii.<br />

fl.<br />

50<br />

Gr. Pf.<br />

Die Gefammtsumme dessen, was in allen stettiner Eigcnthumsortschaftcn,<br />

Pölitz und Messentin mitinbegriffen, verzehrt<br />

worden war, belief sich ans 6322 fl. 5 Gr.<br />

Zur Zeit der kaiserlichen Einquartierung, die den<br />

pommerscherseits gemachten schwachen Versuchen, sich selbst zu<br />

schützen, sehr bald folgte, ging es Pölitz nicht besser. Aus<br />

dem reichen Material möge hier nur ein kurzer Bericht überdie<br />

Leistungen stehen, die das Städtchen zu Anfang des Jahres<br />

1627 an zwei Compagnien Kaiserliche zu geben hatte. Dieselben<br />

erhielten an Roggen statt des Hafers vom 1.—10. Januar<br />

geliefert: 28 Wifpel, 8 Scheffel, an Bier täglich jede<br />

Compagnie 4 Tonnen, zusammen 60 Tonnen.<br />

Dann heißt es weiter:<br />

Daselbst (in Pölitz und Messentin) habenn gelegcnn<br />

2 Compagnien, der H. Leutenandt De la Fortune, der Cornett<br />

Hans Jacob Galler, ein Freyherr nebst andern Offieirern, unnd<br />

habenn in Pöliz gelcgenn vermöge der bey der Inquisition<br />

eidtlich auffgenommenen Verzeichnuß 567 Pferde, 394 Personen.<br />

Wirdt nur geringe unnd genaw uff jedes Pferdt unnd jede<br />

Person Tag unndt Nacht ^/2 st. gesezt. Ist den Tag <strong>für</strong> ein<br />

Pferd unnd einen Mann 1 fl., tregt auß auff 16 Tage auf<br />

Pferde die Summe 4536 fl.<br />

auff Personelt, welche Tag und Nacht gesoffen . 3136 -<br />

Dieses Sa. Summarum 7672 fl.<br />

Wein unnd Brantewein, so ihnen den Soldaten die Leute Zwangsweise,<br />

wo sie nicht wolten geprügelt, außgeschelmct unnd außgehuret<br />

werdenn, auß Stettin umb ihr eigen Gcldt, welcheß


276 Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> vou Pölitz.<br />

sic auß ihrer Nahrung dargebcn unndt theilß leihcnn unudt<br />

aufborgen müßen, geholct, belaufst sich auf . 142 ^2 fl.<br />

ann Gelde in Pöliz abgezwungen . . . . 170 -<br />

denn Messentinschen über gesetztenn überflüssigem:<br />

Unterhaldt abgedrungen . . . . 1W<br />

Ist also vonn unndt aus Poliz unnd Meßentin zusammen<br />

die ganze Summa Summarum 8160 fl.


Lieferungen zum Hofhält Waüensteins^<br />

1627 ff.<br />

Verzeichnuß^)<br />

derenSachen, so vorI.F.G. Herzogen znFricdtlandt<br />

und Sagan von allerley Victualien zur<br />

Küchen Noturft teglich von Fischen und sonsten<br />

bedurffen, als nemblich<br />

Carpen 4 Schock<br />

Hechte, groß, klein und mittel 60<br />

Speisefischlcin 60<br />

Ahl, von Colbaz 6<br />

Gründet 4 Maeß<br />

Nhlrupen ,<br />

Braßen i von Uckcrmünde<br />

Barmen ^ was man werde bedurften, des uun in Vor-<br />

Stöer l raht verbleiben soll und verHanden.<br />

Eyer !<br />

Pntter, frische nnd geschmelzte, so viel man werde bednrffen.<br />

Schön weiß Wechl zn Postetcn und Puttcr teglich ^/4<br />

Weineßig 10 Pint<br />

Viereßig ^/2 Eimer<br />

Salz 2/4<br />

Schöne Erbsen '/3<br />

Schmctcn oder Milchramb 4 Macs<br />

Milch tcglich 4 Waßerkanncn<br />

') Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I. Tit. 4^. Nr. 57.:<br />

Kayserlichc Kriegssachrn aus dcu Jahren 1


278 Lieferungen zum hofhalt Wallenstems,<br />

Stockfisch oder Rohtscheer 12 Stück<br />

Platetschen oder Schulten 60 „<br />

geweßerten Hering 40 „<br />

Bückling )<br />

Bricken , was man werde bedurften<br />

Sardelen '<br />

Englische Oesterln<br />

Pfefferkuchen<br />

Holz, was man bedarf<br />

Kohlen<br />

frische oder dürre Schwammen oder Pülze<br />

Krebse<br />

Honig 2 Pint<br />

An Semmel undt Rundtstück 400<br />

Rogkenbrodt Ruudtstück zu 2 Pfd 300<br />

An Wein <strong>für</strong> I. F. G. Taffel und audre Speiseweine<br />

teglich 6 Eimer<br />

An Vier 3 Faß<br />

Eyß<br />

An Fleisch tcglich:<br />

gemeste Ochsen 2 Stück<br />

Kelber 6 „<br />

Schubsen 12<br />

Lemmer 8 „<br />

gemestete Schweine 1 „<br />

indianische Huener 6 „<br />

Caphuenen 20 „<br />

alte Huener 40 „<br />

junge Huener 60 „<br />

junge Tauben 20 Par<br />

junge Spähnfärckel 4<br />

Speck 1 Seite<br />

Putter undt Schmalz ^ <


von Di'. von Vülow. 279<br />

Knoblauch, Rctig, Petcrzillig, Kümmel, Rüben, Sallat,<br />

Spinaht, Salbciblctter, Noßmarin, Meioran, Kohl,<br />

Stechbern, Spargel nnd sonstcn, was man bekommen kan.<br />

Von allerhandt Specerey und Confect<br />

gestoßen Saffran 1/2 Pfd.<br />

, ganz und gestoßen Pfeffer 1^/2 „<br />

ein Pfd. gestoßen Ingber 1 „<br />

gestoßen Neglein 1/2 „<br />

ganz und gestoßen Zimmet 3^/z „<br />

Mnßeatenblumen ^/2 „<br />

eingemachten Citronat und Cieori, Pome-<br />

ranzenblnuien, Dorten und Brunelle« 8<br />

Ricß<br />

N)<br />

/ Mandclambrosin<br />

60<br />

Diebeln<br />

4<br />

frische Citronen<br />

24<br />

Pomcranz 30<br />

Capern 2 „<br />

Oliven<br />

4 „<br />

gesalzen Limonicn . . . . . . . 40 Stück<br />

Vruuellen<br />

3 Pfd.<br />

^ Wachsliechter von gelben uudt weißen Wachs 6 „<br />

weiße Windtliechter<br />

6<br />

Pcchwindtliechter<br />

20<br />

Baumöhl<br />

4 Pfd.<br />

Seiffe zum Tischgcwandt zu waschen . . . . 15<br />

Stercke und blawe Farbe 2^/2 „<br />

Inschlittliechter 30 „<br />

fein Carnaricnzucker 10 Huete<br />

Muschateuuuße ^/8 vom Pfunde<br />

Allerley eandidirte Wasicr und überzogen Confeet 24 Pfundt<br />

„<br />

„ „<br />


280 Lieferungen zum hofhält Wallensteins,<br />

Verzeichnus<br />

des Proviandts, welches auff <strong>für</strong>stliche Verordnung<br />

dem Herren Generaln Herzogen zue Friedlandt nach<br />

Pasewalck geschicket worden, den 19. Iuny 1628.<br />

An Gewurtze laut der Speciallrechnung ^)<br />

vor 360 Rthlr.<br />

an Wein ist genommen von Peter Voßen:<br />

1 Ahme Malvasier sur . . . . 46 „<br />

2 Ahme Reinwein 5 46 Rthlr. . 92 „<br />

8 Ahme Landtwein in 2 Stucken,<br />

die Ahme 20 Rthlr., undt dan<br />

noch <strong>für</strong> 2 Rthlr., so in die<br />

beide Stucken mehr als 8 Ahme<br />

gewesen thuet 162 „<br />

noch 3 Ahme Reinwein von Jochim<br />

Schlegeln, die Ahme zu 40 Rthlr.,<br />

thuet 120 „<br />

viertzigk Thonnen Vier die Thonne 2. 2 R. 80 „<br />

zwantzigk W. 20 Schffl. Hafer, der W.<br />

ü. 15 Rthlr., thuet 312^2 „<br />

an drögen Fischen, Weitzen- undt Roggenbrodt<br />

laut der Speeiallrechnung vor . 26 „ 29^2 ßl.<br />

an Fuhrlohn <strong>für</strong> Wein, welchen die<br />

Pauren wegen Gefherlichkeit nicht haben<br />

führen können, gegeben 21 „<br />

den Weinschrödern an Arbeitslohn . . 1^/2 „<br />

Spundegeldt vom Biere 2/4 „<br />

an Zehrung dem Notario undt Stadthoffmeister,<br />

^) so zur Ueberlieferung des<br />

Proviandts mitgeschicket worden, deßgleichen<br />

auf die Fuhrwagen in Alles<br />

aufgangen 6 „<br />

Summa Summarum 1230 Rthlr. 2(^/2 ßl.<br />

2) Vgl. die folgende Rechnung über Gewürze :c. vom sürstl.<br />

Küchenmeister Andr. Timme.<br />

3) der Stadt Stettin.


von vi-, v. Vülow. 281<br />

Nachfolgendes Gewürtz und Confect<br />

hatt der f. Küchenmeister H. Andreas Timme auf Anordnung<br />

der f. Herrn Rhette von mihr umb bahre Vczahluug außgcnommcn,<br />

Anno 1628, am 18. Iuuy, wie folgt:<br />

25 Pfd. Pfeffer 10 Rl. 28 ßl.<br />

24 „ Ingber 8 ., - „<br />

12 „ Zimmet 20 „ — „<br />

3 „ Neglein 9 „ — „<br />

3 „ Maeeß 12 „ - „<br />

1'/2 „ Saffran 18 „ - „<br />

'/2 „ Nüße 1 „ _ „<br />

27 „ kleine Roßin 3 „ — „<br />

30 „ große Roßin 3 „ — „<br />

20 „ Mandeln 4 „ 18 „<br />

106V2 „ an 23 Hutt Zugker . . . 53 „ 24 „<br />

100 „ Pflaumeu 7 „ - „<br />

40 „ Reiß 4 „ — „<br />

8 „ Caperu 2 „ 24 „<br />

4 Stop Olivcu 3 „ 12 „<br />

90 Limonien 3 „ — „<br />

16 Pfd. Baumö'ctt 5 „ 12 „<br />

50 „ FahriuZugker 22 „ 8 „<br />

3 „ Datteln 1 „ 18 „<br />

8 „ Prunellen 3 „ 20 „<br />

6 „ Gartenkümmcl 1 „ 12 „<br />

8 „ Pfefferkümmel<br />

An Confect<br />

Mandeln<br />

l Neglciu<br />

2 „ — „<br />

12 Pfd. Zunmt<br />

°. 84 Pfd. ^l'chcl<br />

18 ßl 42<br />

^' ^ Auiues<br />

Coriandcr<br />

Gartenküinmel<br />

Cardamom<br />

8 .. —<br />

"w.^.,^„


282 Lieferungen zum Hofhält Wallenfteins,<br />

Candisata 17 Rl. 9 ßl<br />

10<br />

Pomerantzenschalen i<br />

Hindtleufften l<br />

5 20 ^<br />

16 Lavendelblütt . .<br />

15<br />

91/2 Colorat klein<br />

15 „<br />

13 Bißem Zimmt klein<br />

12<br />

4 Quittenschachteln . . .<br />

—<br />

10 Dutzt Nürmberger Kuchen<br />

5<br />

2 Mittel Marcipane ü. 32 ßl<br />

2 große Marcipane . . .<br />

50 Pfd.<br />

. . Ingber<br />

An Eonditen<br />

Hindtleufften<br />

Cytronath<br />

Quitten<br />

Pomerantzenschalen<br />

Nüße<br />

Calmus<br />

Gefeße zum Gewurtz, Confeet und Conditcn.<br />

Zum Pfeffer 1 Schachtel<br />

zum Ingber 1 Schachtel<br />

zum Zimbt 1 Feßichen<br />

zum groß und klein Roßin 1 Sack . .<br />

zum Mandeln 1 Sack<br />

zum Pflaumen 1 Sackh<br />

znm Reiß 1 newen Sackh<br />

zum Capern und Oliven 2 Feßichen . .<br />

zum Limonien 1 Viertel<br />

znm Vanmöell 1 Krng<br />

zum Fahrin 1 Viertel . . . . . .<br />

noch 7 Feßichen zum eingemachten Sachen<br />

H 4 ßl<br />

zum Consect 1 Faß<br />

znm andern Sachen 1 Faß<br />

dem Boddichcr<br />

2<br />

25 Rl 25 „ —<br />

—<br />

— „<br />

— „<br />

32 „<br />

— „<br />

28 „<br />

12 ..<br />

28<br />

6 «<br />

6 „<br />

4 „<br />

12 „<br />

12 „<br />

? .<br />

9 „<br />

28 „<br />

24 „<br />

24 „<br />

12 „<br />

Summa Summarum 360 Rl. 10 ß.


von Di'. v. Vülow. 283<br />

Des durchlcuchtigen, hochgebornen undt hochwürdigen<br />

Fürsten nndt Herrn, Herrn Bogislai, Herzogen zne Stettin<br />

Pommern, der Cassuben und Wenden, Fürsten zn Rügen,<br />

erwählten Vischoffs zilc Cammin, Graaffen zn Güzkow nndt<br />

Herrn der Lande Lawenburgk undt Bütow, unsers gnedigen<br />

Landes<strong>für</strong>sten undt Herrn ?c. nacher Pascwalch verordnete<br />

Commissarii, wir Georg von Eichstedt und Ernst von Rammin<br />

aufs Noten Clempenow, Böke und Naßenhcide erbgeseßen, be-<br />

uhrkunden trafst dieses, des E. E. Nahtts der Stadt Alttcn<br />

Stettin das znc Sr. des H. Generalls Herzogen von Fricd-<br />

lands F. Gn. hiesige loie auch an andere Örttcr und Platze<br />

in Pommern, woselbst I. F. O. ferners anlangen und mcht<br />

gebüerligc Ailßrichtungc haben könten noch inöchten, gebührende<br />

Außrichtungen anhcro abgeordnetes Praesent an Gewürz, Con-<br />

fecturen, Vier undt Weinen, auch Habern, wie nachfolgendts<br />

verzeichnet,^) als erstlich<br />

1 groß Faß mit allerlei Confect, Marcipäner, Candisat und<br />

Nürnberger Kuchen<br />

1 klein Feßchen mit stadtüch teuren klein Confect und Vic-<br />

scmzucker<br />

1 Faßchen mit Limonici:<br />

1 Faschen mit weißen Farihn Zugker<br />

1 Faschcu mit Zimmet gestoßen<br />

1 Faschen mit Oliven<br />

1 Faschen mit Caftern<br />

1 lange Schachtell mit gestoßen Pfeffer<br />

1 Schachtell mit Ingber<br />

1 Schachtell Pfefferkümmel<br />

4 Qnittcnschachtclln<br />

1 Sagk mit klein und großen Nosin<br />

1 Sagk mit Reiß<br />

1 Sagk mit Mandeln<br />

1 Sagk mit Pslanmen<br />

1 Feßichen mit Barbere Vieren<br />

4) Im Wesentlichen, doch nicht durchaus, identisch mit dem vom<br />

Küchenmeister Andr. Timme gekauften Vorrath.


384 Lieferungen zum hofhalt WallensteinZ, von Dr. v. Vülow.<br />

1 Feßichen mit Quitten<br />

1 Feßichen mit Hintleufften<br />

1 Feßichen mit Citronat<br />

1 Feßichen mit Kirschen<br />

1 Feschen eingemachten Ingber<br />

1 Feßichen mit Nüßen<br />

1 Kruge mit frischen Baumöel<br />

1 Scharmutz mit Muscatenblumen<br />

1 Scharmutz^) mit Saffran<br />

1 Scharmutz mit Neglein<br />

1 Scharmutz gantzen Ingber<br />

1 Scharmutz mit Gartenkümmell<br />

1 Scharmutz Brunellen<br />

1 Scharmutz Muscatennüße<br />

1 Scharmutz gantzen Pfeffer<br />

23 Hüehde Zugker<br />

1 Scharmutz mit Dadelen<br />

13 Ahme Rein und Landwein<br />

item 1 Faß Malvasier<br />

39 Tonnen Vier<br />

1)r0 12 fl gebackeue Semmeln<br />

20 Winspcll undt 20 Scheffel tzabern<br />

wie auch an anderen gedörreten Fischen und holländischen<br />

Kähsen besage des Commisschreibers hierüber sonderbahr ertheilten<br />

Quittung durch dero dabeneben Abgeordnete, bevorab<br />

den erbarn undt wollgeachtten Iacobum Neuman guett und<br />

vollkommentlich auch unversieret nicht allein in Pasewalch<br />

geliefert, besondern auch nebst ihnen von uns S. F. G. des<br />

Herzogen von Friedlands verordneten Hoff- undt Küchenmeisters<br />

der Gebühr eingehendiget und überantworttet, laut seiner uns<br />

deßfals ertheilten Specialquittung. Solches bezeugen wyr<br />

obgesaztte Deputirte Fstl. Commissarii mit unsern eigen Händen<br />

und Pittschafften. Datum Pasewalch 21. Iunij A" 1628.<br />

Georg von Lickstedt<br />

^ ^ Ernst von Ramin.<br />

20, Scharmützel — Krämerdüte.


Zweimldmeyigster Jahresbericht<br />

der <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Pommersche</strong> <strong>Geschichte</strong><br />

und Merthumskunde.<br />

in. iv.<br />

1. October 1879 bis 1. April 1880.<br />

Die Theilnahme an den Bestrebungen der <strong>Gesellschaft</strong> ist<br />

auch in dem lehtverflossenen Zeiträume eine recht rege gewesen.<br />

Hat sich dieselbe auch nicht in einem gleich starken Zuwachs<br />

der Mitgliedcrzahl wie in früheren Jahren gezeigt, so hat sich<br />

doch in einem Speeialfall erkennen lassen, daß das von der<br />

<strong>Gesellschaft</strong> gepflegte Verständniß <strong>für</strong> die Kunde der Vergangenheit<br />

unserer Heimath ein recht lebendiges war. Während<br />

nämlich durch eine Anregung des Vereins <strong>für</strong> Hansische <strong>Geschichte</strong><br />

veranlaßt, eine förmliche, auf urkundlichen Grundlagen<br />

beruhende Forschung nach dem Ursprung und der Bedeutung<br />

der dem Mittelalter entstammenden Straßennamen in den<br />

ehemaligen Hansestädten in die Wege geleitet und in Hamburg<br />

<strong>für</strong> diese Forschung eine Art von Ccntralstclle geschaffen ist,<br />

war gerade Pommerns Hauptstadt, in der schon vor etwa<br />

20 Jahren eine sehr erhebliche Zahl solcher Namen ohne recht<br />

erkennbaren Grund gestrichen waren, in Gefahr wieder einige<br />

derselben, welche auf historischen Werth Anspruch machen<br />

konnten, Zu verlieren. Die Seitens des Vorstandes der Ge-


286 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />

sellschaft dagegen gemachten Einwände fanden eine allseitige<br />

Theilnahme nnd wir können zn nnserer Freude mittheilen, daß<br />

die betreffende schon in Kraft getretene Verfügung, soweit das<br />

Interesse der Alterthnmskunde dabei in Frage kam, rückgängig<br />

gemacht worden ist. Erwähnen wollen wir noch, daß als ans<br />

dieser Veranlasfnng der 1. Sekretär der <strong>Gesellschaft</strong> im Auftrage<br />

des Vorstandes eine in einem der hiesigen Blätter veröffentlichte<br />

Darstellung über die Entstehung und den Werth<br />

dieser Namen ausarbeitete, bei dieser Gelegenheit im hiesigen<br />

Magistrats-Archiv eine Anzahl bisher unbekannter <strong>für</strong> die<br />

Stadtgeschichte höchst werthvoller Quellen aufgefunden wurde,<br />

die zum Theil als verschollen, wenn nicht als gänzlich verloren<br />

gegolten hatten.<br />

Die Zahl der Mitglieder betrug nach dem 41. Jahresbericht<br />

466<br />

es starben oder schieden aus 45<br />

blieb Bestand . "121<br />

es traten hinzu 54<br />

somit jetziger Bestand 475<br />

Anßer den im 42. Jahresbericht I. II. aufgeführten<br />

sind im letzten Jahre die nachgenannten Herren der <strong>Gesellschaft</strong><br />

beigetreten:<br />

1. Berg, Lehrer in Stettin.<br />

2. Brehmer, Kaufmann in Anclam.<br />

3. Engler, Hansitmann in Stettin.<br />

4. Di-. Fnth, Gymnasiallehrer in Anelam.<br />

5. Dr. Gabel, Gymnasiallehrer in Stettin.<br />

6. Gerber, Kaufmann in Stettin.<br />

7. Gerstäcker, Landgerichtsrath in Stettin.<br />

8. Dr. Gruber, Director der Landw.-Schule in Schivelbein.<br />

9. Hasenjäger, Conrcetor an der Domschule in Cammin.<br />

10. Herotizky, Kaufmann in Stettin.<br />

11. Hertel, Gewerberath in Stettin.<br />

12. Hirt, Lehrer in Stettin.<br />

13. Itzinger, Amtsgerichtsrath in Stettin.<br />

14. Kant, Lehrer in Stettin,


Zweiundvierzigster Jahresbericht. M. IV. 287<br />

15. Kern, Gymnasialdirector in Stettin.<br />

16. Klemp, Buchdruckereibcsitzer in Belgard.<br />

17. Knittel, Pastor in Cösternitz.<br />

18. Lehmann I., Premier-Lieutenant in Colberg.<br />

19. A. Man asse, Kaufmann in Stettin.<br />

20. Manke, Gymnasiallehrer in Stettin.<br />

21. Niekammer, Buchhändler in Stettin.<br />

22. Peter sen, Dircctor in Stettin.<br />

23. Pfeiffer, Kaufmann in Stettin.<br />

24. Rudow, Sekretär iu Belgard.<br />

25. Schmidt, Zeichenlehrer in Stettin.<br />

26. Schmidt, Landgcrichtsrath in Stettin.<br />

27. Max Schrader in Stolp.<br />

28. Schubert, Kaufmann in Stettin.<br />

29. Alexander Schultz, Kaufmann in Stettin.<br />

30. Schultz, Regieruugs- u. Provinzial-Schulrath in Stettin.<br />

31. Or. Tre ut ler, Oberlehrer in Velgard.<br />

32. Tsch entscher, Gymnasiallehrer in Neustettin.<br />

33. Viedenz, Kgl. Bergmeister in Ebcrswalde.<br />

34. Di'. Weitze, Fabrikbesitzer in Stettin.<br />

35. I)i'. Will) elmi, Kreisphysikus in Swinemünde.<br />

36. Di-. Ziegel, Stabsarzt in Stettin.<br />

Unter den der <strong>Gesellschaft</strong> durch den Tod entrissenen Mitgliedern<br />

ist besonders der Gymnasial-Direetor Dr. H. Lehmann<br />

in Neustettin zu uenncn, durch dessen Hinscheiden die<br />

<strong>Gesellschaft</strong> einen empfindlichen Verlust erlitten hat. Derselbe<br />

war nicht nnr, und zwar besonders in der letzten Zeit, ein<br />

fleißiger Mitarbeiter auf dem von uns gepflegten Gebiete,<br />

sondern verstand es auch iu hervorragendem Maße Andere<br />

heranzuziehen und <strong>für</strong> nns zu gewinnen, so daß Neustcttiu in<br />

den letzten Jahren unter den Städten Pommerns relativ stets<br />

die höchste Mitgliederzahl aufzuweisen hatte und in der absoluten<br />

Zahl nur von Stettin selbst übertroffen wurde.<br />

Hermann Friedrich Christoph Lehmann wurde<br />

am 5. Iuui 1821 zu Greifswald geboren als Sohn eines<br />

Bäckermeisters uud studirte seit 1836 zuerst aus der Universität


288 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />

seiner Vaterstadt, dann in Leipzig nnd Halle <strong>Geschichte</strong> und<br />

Philologie. Seit 1846 unterrichtete er am Gymnasium zu<br />

Stralsund, später in Putbus und darauf 1851—1861 an<br />

dem Gymnasium seiner Vaterstadt, dem er seine erste Iugendbildung<br />

verdankte. Von hier wurde er als Director an das<br />

Gymnasium zu Neustettin berufen, dem er bis zu seinem am<br />

21. Mai 1879 erfolgten Tode vorgestanden hat. Von seinen<br />

Schriften berühren uns hier nur die historischen. Es sind<br />

folgende:<br />

Studien zur <strong>Geschichte</strong> des apostolischen Zeitalters. Greifswald<br />

1856. 4.<br />

Chronologische Bestimmungen der in der Apostelgeschichte<br />

Kap. 15—28 erzählten Begebenheiten. In: Theol. Studien<br />

und Kritiken 1858. Heft 2.<br />

Claudius und seine Zeit. Gotha 1858. 8. a. u. d. T. Claudius<br />

und Nero und ihre Zeit. I. Bd.<br />

tidu8. Greifswald 1860. 8.<br />

Zur Chronologie des ersten sicilischen Sclavenkrieges. In:<br />

Philologus 1855. S. 711 ff.<br />

<strong>Geschichte</strong> des Gymnasiums zu Greifswald. Greifswald 1861.<br />

Pommern zur Zeit Otto's von Bamberg. Berlin 1878. 8.<br />

Beiträge zur <strong>Pommersche</strong>n <strong>Geschichte</strong>. Neustettin 1878. 4.<br />

Bausteine zur Neustettmer Lokalgeschichte. Neustettiu 1879. 8.<br />

Ein 0M8 ^)08tulliiiiii veröffentlichen wir in dem gleichzeitig<br />

mit diesem Bericht erscheinenden Hefte der Baltischen<br />

Studien, das eine Rechtfertigung seiner in der Schrift Pommern<br />

zur Zeit Otto's von Bamberg angenommenen chronologischen<br />

Festsetzungen enthält.<br />

Seit seiner Uebersiedelung nach Neustettin hat Lehmann,<br />

in mancherlei Kämpfe verwickelt, eine sehr verschiedene Beurtheilung<br />

erfahren. Unserer <strong>Gesellschaft</strong> ist er stets ein treuer,<br />

zuverlässiger und <strong>für</strong>sorglicher Freund und eifriger Förderer<br />

gewesen, dem sie zu stetem Danke verpflichtet bleibt.<br />

Der Vorstand hat durch die Cooptation des Herrn Bau-<br />

Inspektor Go ed eking und des Herrn Archivar Di'. Prümers


Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV. 339<br />

die Zahl seiner Mitglieder auf 16 vermehrt und besteht demnach<br />

aus den Herren:<br />

1. Stadtschulrath Balsam.<br />

2. Oberlehrer Di-. Blümcke.<br />

3. Staatsarchivar Di'. von Vülow.<br />

4. Bau-Inspektor Goedcking.<br />

5. Oberlehrer Dr. Haag.<br />

6. Professor Di'. Hering.<br />

7. Rentier Knorrn, 2. Sekretär.<br />

8. Oberlehrer Di-. Kühne, Konservator und Kassenführer.<br />

9. Landgerichtsrath Küster.<br />

10. Professor Lemcke, 1. Sekretär.<br />

11. Gerichtsassessor a. D. Müller.<br />

12. Geh. Iustizrath Pitzschky, Rechnuugs-Revisor.<br />

13. Archivar Dr. Prümers.<br />

14. Realschullehrer Di'. Schlegel.<br />

15. Oberlehrer Schmidt.<br />

16. Ober-Regierungsrath Trieft.<br />

Als am 1. Fcbrnar d. I. der Herr Ober-Regierungsrath<br />

Trieft das seltcue Fest des 60jährigen Amtsjubiläums<br />

beging, widmete die <strong>Gesellschaft</strong> demselben den vorliegenden<br />

30. Band ihrer Baltischen Studien und eine Deputation des<br />

Vorstandes durfte zugleich mit dem Dedikationsexemplar dem<br />

hoch verehrten Jubilar, der noch lauge iu gleicher Frische und<br />

Rüstigkeit seinem Amte und uns erhalten bleiben möge, auch<br />

ihre Glückwünsche überbringen.<br />

Den Redaetions-Ansschuß <strong>für</strong> die Baltischen Studien<br />

bildeu der erste Sekretär und die DDr. von Bülow nnd<br />

Haag. Die Arbeiten zur Invcntarisation der Kunstdenkmäler<br />

Pommerns (vgl. nnten) leitet der Ban-Inspektor Goedeking.<br />

Nachdem im vergangenen Jahre der Vorstand einen Cyelns<br />

von Vorlesnngen veranstaltet hatte, welche eine Uebersicht<br />

über die ganze Pommerschc <strong>Geschichte</strong> geben sollten, haben in<br />

dem lehtcn Winter in gleicher Art vor einem größeren Publikum<br />

uud unter lebhafter Betheiligung, ebenfalls dnrch den Vorstand<br />

veranlaßt, Vorträge von Professoren der Universität Greisswald


290 Zweiundvierzigster Jahresbericht. Ili. IV.<br />

stattgesunden, die sich über hervorragende Epochen der ganzen<br />

<strong>Geschichte</strong> ausbreiteten und nicht bloß unsere <strong>Gesellschaft</strong>, sondern<br />

auch die weiteren Kreise der Stadt Stettin den betreffenden<br />

Herren gegenüber zu lebhaftem Danke verpflichteten, der<br />

auch an dieser Stelle hierdurch noch einmal seinen Ausdruck<br />

finden möge. Es sprachen Herr Professor Dr. Well Hausen<br />

über das assyrisch-babylonische Alterthum, Herr Professor Dr.<br />

von Wilamowitz-Möllendorf über Berenike von Aegypten,<br />

Herr Professor Dr. Kießling über einen Gentleman der<br />

römischen Kaiserzeit, Herr Dr. Perlbach über Hermann<br />

von Salza, Herr Professor Dr. Ulm an über Napoleon II.,<br />

Herzog von Reichstadt.<br />

Eine im Laufe des Winters durch Zeitungsnachrichten<br />

angeregte Hoffnung, daß sich in Holland das als Album<br />

Philip pi bekannte Album des Herzogs Philipp II. von Pommern<br />

erhalten habe und eventuell erworben werden könne, hat<br />

sich leider nicht bestätigt. Herr Dr. Prümers, welcher, seine Anwesenheit<br />

in seiner westfälischen Heimath benutzend, die Güte<br />

hatte, einen Abstecher nach Holland zu machen und das qu.<br />

Album an Ort und Stelle einzusehen, fand zwar ein sehr<br />

interessantes Buch vor, das einst im Besitze Philipps II. gewesen<br />

und bei der Zerstreuung der herzoglichen Hinterlassenschaft<br />

nach dem Tode Bogislav XIV. mit abhanden gekommen<br />

sein mag, aber das sog. Album Philippi war es nicht und<br />

außerdem wurde <strong>für</strong> dasselbe ein so ungemessener Preis gefordert,<br />

daß von einem Eingehen auf Unterhandlungen behufs<br />

des Erwerbes desselben unter den obwaltenden Verhältnissen<br />

keine Rede sein konnte.<br />

Dagegen sind in Stettin, wie schon oben angedeutet, recht<br />

beachteuswerthe Reste der alten Stadtbücher aufgefunden<br />

worden, die als gänzlich verloren galten. Eine genauere Beschreibung<br />

derselben wird in diesen Blättern später erfolgen,<br />

heute möge es genügen mitzutheilen, daß die aufgefundenen<br />

Stücke fämmtlich älter sind als die von Hering Balt. Stud.<br />

X. 1. S. 3 ff. beschriebenen. Freilich giebt das jetzt wieder<br />

Gewonnene noch immer keine zusammenhängende Reihe,


Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV. 291<br />

bietet aber doch eine bis in den Anfang des 14. Jahrhunderts<br />

zurückreichende, <strong>für</strong> die Stadtgeschichte dnrch nichts zn erfetzende<br />

und wenigstens nicht durch allzu große Lücken unterbrochene<br />

Ueberlieferung. Es sind ini Ganzen fünf Bände,<br />

deren ältester das Schöffenbuch (in 2") die Jahre 1305—15,<br />

1324—26, 1344—46, 1350—52 umfaßt, das fog. geistliche<br />

Buch (in 4") beginnt dann mit dem Jahre 1373 und reicht,<br />

nur durch eine unbedeutende Lücke unterbrochen, in zwei Bänden<br />

bis 1522, von der Fortsetzung des Schöffenbnches aber (in 2")<br />

sind noch die Jahre 1495—1523 erhalten, endlich das Schöffenbuch<br />

des lastadifchen Gerichts (in 4") über die Jahre 1551—1570.<br />

Zur Zahl der eor respond irenden Vereine sind<br />

neben dem Verein <strong>für</strong> oberhessische Lokalgeschichte zu Gießen<br />

hinzugetreten und haben nns durch Ilcbersendung einer großen<br />

Anzahl werthvollster Publikationen erfreut: die Königliche<br />

Akademie der Wiffenfch aften, Gefchichte und<br />

Alterthümer zu Stockholm und das Mufeum nordischer<br />

Alterthümer zu Christiania.<br />

Die Kasse, welche in dem vorjährigen Bericht mit einem<br />

<strong>Bestände</strong> abschloß von 2056.37 M.<br />

hatte eine Einnahme von 5724.65 „<br />

zusammen 7781.02 M.<br />

dagegen Ausgaben 7374.44 „<br />

somit blieb ein Bestand von '406.58 M<br />

Die hauptsächlichsten Positionen sind von der Einnahme:<br />

der obige Bestand aus 1878 2056.37 M.<br />

Resteinnahmen aus 1878 327.50 „<br />

Jahresbeiträge 1398.— „<br />

Baltische Studien 1379.— „<br />

Subventionen 1831.— „<br />

Erlös aus Antiquitäten 288.10 „<br />

Erlös ans den Vorträgen 280.— „<br />

Zinsen 198.— „<br />

Die hauptsächlichsteu Positionen sind von der Ausgabe:<br />

Ankanf von Antiquitäten . . . . . . . 605.90 M.<br />

Bibliothek 347.20 „


292 Zweiunduicrzigster Jahresbericht. III. IV.<br />

Inventarienbeschaffung und Umzugskosten . . 579.05 M.<br />

Verwaltung 862.— „<br />

Porto 230.— „<br />

Baltische Studien 1934.— „<br />

Kosten der Vorträge 237.80 „<br />

Capitalanlage 2264.30 „<br />

Einstweilen zinsbar belegt waren 1878 4200 M.<br />

hinzu kommen 2300 „<br />

Zu bemerken ist dabei, daß in dieser Summe mit enthalten<br />

sind die Gelder, welche die <strong>Gesellschaft</strong> vorschußweise<br />

zur Verwendung <strong>für</strong> das Inventar der Kunstdenkmäler erhalten<br />

und bisher noch nicht verwendet hat. Ein ähnlicher<br />

im Verhältniß zu den Vorjahren ungünstiger Abschluß wird<br />

sich auch <strong>für</strong> die nächste Zeit nicht vermeiden lassen, da inzwischen<br />

<strong>für</strong> die Katalogisirung der Bibliothek sehr erhebliche<br />

Mittel haben bereit gestellt werden müssen.<br />

Die Rechnung ist, nach geschehener Prüfung durch den<br />

Herrn Rechnungsrevisor, ordnungsmäßig dcchargirt worden.<br />

Ueber die Vermehrung der Sammlungen geben die<br />

Beilagen am Schlüsse dieses Berichtes genaue Auskunft. Das<br />

Museum befindet sich jetzt in dem großen Remter des südlichen<br />

Flügels des Kgl. Schlosses. Obwohl der Umzug dorthin und<br />

die Neubeschaffung von Schränken und anderem Inventar bedeutende<br />

Kosten verursachten, muß dennoch diese Umsiedelung<br />

als ein wesentlicher Fortschritt bezeichnet werden. Der große<br />

herrliche Raum wird zwar noch nicht zur Hälfte mit den Ausstellungsgegenständen<br />

gefüllt, aber gestattet da<strong>für</strong> auch eine<br />

desto bequemere Ausdehnung und obwohl der Umzug und die<br />

Neuaufstellung sich bis zum Ende des Juni hinzogen, haben<br />

dennoch in den wenigen Sommermonaten des vergangenen<br />

Jahres über 1200 Personen das Mnseum besucht, von dessen<br />

Fenstern man zugleich auch eine weitreichende und imponirende<br />

Aussicht über Stettin und einen großen Theil seiner Umgebung<br />

genießt. Das Gebälk des Saales, früher im Erdgeschoß<br />

desselben Schloßflügels befindlich und bei dem Umbau vor


Zweiundvierzigster Jahresbericht. HI. IV. 293<br />

cinigeu Jahren in dein obersten Stockwerk verwendet, ist von<br />

Kuglcr iu der <strong>Pommersche</strong>n Kunstgeschichte Valt. Studien VIII.<br />

1. S. 153 eingehend beschrieben; dasselbe verleiht dem Raum einen<br />

imposanten und zugleich alterthümlichen Eindruck, der ihn <strong>für</strong><br />

den Zweck, Zu dem er jetzt verwandt ist, besonders geeignet<br />

erscheinen läßt. In demselben Flügel im Erdgeschoß ist in<br />

den Räumen des Kgl. Staatsarchivs auch die Bibliothek der<br />

<strong>Gesellschaft</strong> untergebracht. Wir freuen uns mittheilen zu<br />

können, daß gegründete Aussicht vorhanden ist, daß ein bisher<br />

zu anderen Zwecken verwendeter, daneben befindlicher Raum<br />

in Kürze dem Staatsarchiv zugewiesen wird, wodurch wir in<br />

die Lage kommen, unserer Bibliothek eine von den übrigen<br />

Räumen gesonderte nnd zweckentsprechendere Aufstellung zu<br />

gewähren.<br />

Die literarische Thätigkeit auf dem Gebiete der<br />

<strong>Pommersche</strong>u <strong>Geschichte</strong> hat auch in diesem Jahre nicht geruht,<br />

erschienen sind außer der von der <strong>Gesellschaft</strong> selbst herausgegebenen<br />

Zeitschrift, den Baltischen Studien, Jahrgang 30,<br />

so weit zn unserer Kenntniß gekommen, noch die folgenden<br />

Schriften, von denen auch die, welche nicht direkt Pommern betreffen,<br />

doch <strong>für</strong> nnfcre Forschungen von großer Wichtigkeit sind.<br />

Die slavischen Ansiedelungen in der Altmark von Brückner.<br />

Gekrönte Preisschrift. Leipzig 1879. gr. 8.<br />

Die Abtretung Vorpommerns an Schweden von Brencker.<br />

Halle 1879. 8.<br />

Vincontü Olitici clo vitü. ZuZOiiIiHAÜ, herausgegeben von<br />

O. Dick mann. Berlin 1879.<br />

<strong>Geschichte</strong> der Stadt Fiddichow von H. Glöde.<br />

GcschichtederStadtCamminvonL. Kücken. Cammin. 1880.8.<br />

Ueber den gekrönten Straßburgcr Dichter Caspar Brülow<br />

aus Pyritz von Di'. Zanke. Programm des Gymnasiums<br />

zu Pyritz. 1880.<br />

Pommern und der große Kur<strong>für</strong>st von Di-. R. Hanncke.<br />

In: Zeitschrift <strong>für</strong> Preußische <strong>Geschichte</strong> und Landcsknnde.<br />

1880.<br />

Von einer ganz besonderen Bcdcutnng aber <strong>für</strong> die Ge-


294 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />

schichte aller Ostseeländer ist die von Herrn Professor Dr. Dietrich<br />

Schäfer in Jena herausgegebene neue Bearbeitung<br />

seiner gekrönten Preisschrift: Die Hansastädte und König<br />

Waldemar. Jena 1879. 8., ein Buch, das wir hiermit jedem<br />

Freunde der heimischen <strong>Geschichte</strong> auf das angelegentlichste<br />

empfehlen.<br />

Von nicht geringerer Bedeutung verspricht <strong>für</strong> die prähistorische<br />

Zeit zu werden das von Herrn Professor Dr.<br />

Lindenschmit in Mainz begonnene Werk, dessen erste Abtheilung<br />

so eben erschienen ist: Handbuch der deutschen Alterthumskunde.<br />

Uebersicht der Denkmale und Gräberfunde frühgeschichtlicher<br />

und vorgeschichtlicher Zeit, in welchem der Verfasser den<br />

sehr zu billigenden Weg einschlägt, nicht von den urzuständlichen<br />

Verhältnissen der frühesten Bewohner unseres Landes zu<br />

beginnen, sondern seineu Ausgang nimmt von dem festen<br />

historischen Boden der sicher bestimmbaren Denkmale der letzten<br />

heidnischen und ersten christlichen Zeit. Mit den von dem<br />

Verfasser gewonnenen Resultaten werden wir noch öfter Veranlassung<br />

haben uns zu beschäftigen. Heute möge es genügen<br />

darauf hinzuweifen, daß sich derselbe mit vieleu der bisher<br />

conventionell als feststehend betrachteten Voraussetzungen der<br />

ältesten <strong>Geschichte</strong> auf Grund sehr bestimmter und zuverlässiger<br />

Erwägungen in offenen Gegensatz stellt. Besonders beherzigenswerth<br />

erscheint uns außerdem was in der Einleitung S. 33 ff.<br />

gegen die in letzter Zeit auch in Preußen so beliebte Centralisirung<br />

der Alterthümer und <strong>für</strong> den Werth und die Bedeutung<br />

provinzieller und ähnlicher Localsammlungcu gesagt ist.<br />

Ferner freut es uns mittheilen zu können, daß ein<br />

literarisches Unternehmen, das wir vor 2 Jahren ankündigten,<br />

nunmehr eiuem nahen Abschluß entgegengeht. Die <strong>Pommersche</strong>n<br />

Lebens- und Landesbilder von Hermann<br />

Petrich befinden sich unter der Presse und eine buchhändlerische<br />

Ankündigung auf dem Umschlag dieses Heftes giebt<br />

über die Bezugsweise des etwa im Oktober d. I. erscheinenden<br />

Buches das Nähere an. Der Verfasser selbst hat uns gebeten,<br />

ihm in diesen Blättern das Wort zu einem Begleitbriefe <strong>für</strong>


Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV. 295<br />

das Werk zn gestatten, welchem Wnnsche wir hiermit gern<br />

nachkommen. Derselbe schreibt:<br />

„Ueber ein Jahr später als der Verfasser gehofft hatte,<br />

werden die <strong>Pommersche</strong>n Lebens- und Landesbilder unter<br />

dem Specialtitel Aus dem Jahrhundert Friedrichs des<br />

Großen erscheinen. Sachliche wie persönliche Hindernisse haben<br />

den Abschluß des Werkes verzögert. Nur einzelne kleinere Partien<br />

sind hie und da in Zeitschriften dem Ganzen zuvorgekommen.<br />

Nachdem nunmehr der Druck des Buches begonnen hat, ist<br />

seine Ausgabe <strong>für</strong> den kommenden Herbst vorauszusehen. Da<br />

mir aber während der Arbeit ans den Kreisen der geehrten<br />

Vereinsmitglieder so vielfache freundliche Aufmunterung und<br />

thätige Hülfe zu Theil geworden ist, so kann ich mir nicht<br />

versagen, schon hier <strong>für</strong> diese bereitwillige Erfüllung meiner<br />

vor zwei Jahren an diefer Stelle ausgesprochenen Bitte herzlich<br />

zu danken — allerdings sogleich mit der neuen Bitte, nun<br />

auch dem ausgewachsenen Bnch bei seinem öffentlichen Auftreten<br />

dieselbe unentbehrliche Theilnahme beweisen zu wollen.<br />

Etwaige Referate in der Lokalpresse, direkte Förderung des<br />

Absatzes, Mittheilung der unzweifelhaft vorhandenen Versehen<br />

und Irrthümer und ähnliche Unterstützungen Seitens der geehrten<br />

Vereinsmitglieder werden — dessen ist sich der Verfasser<br />

völlig bewußt — den Erfolg des Unternehmens wesentlich bedingen.<br />

Da der ca. 450 Seiten umfassende Band im Laufe<br />

biographifch-historischer Erzählung sämmtliche Städte der Provinz<br />

und, soweit ich sehe, ca. 500 andre Orte mit mehren hundert<br />

berühmten und unberühmten Persönlichkeiten zur Besprechung<br />

bringt, so daß jeder pommcrsche Leser in jedem Theil unsrer<br />

Heimath gewiß sein kann, auf zahlreiche persönliche und örtliche<br />

Bekanntschaften zu stoßen, so hoffe ich, daß schon die<br />

Sache selbst manche Mängel der Ausführung zuzudecken im<br />

Stande sein wird.<br />

Um einen vorläufigen Einblick in den mannigfaltigen<br />

Inhalt zu geben, möge hier Einzelnes aus demselben seine<br />

Stelle finden.<br />

I. N. L. Graf Zinzendorf. (Darin u. a. General


296 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />

v. Natzmer auf Iannewitz, N. B. v. Vonin aus Cartzin,<br />

C. D. v. Krassow auf Diwitz, Zinzendorf in Stolp, D. Cranz<br />

aus Naugard u. a.)<br />

II. Ewald Christian von Kleist. (Darin u. a.<br />

I. Chr. Adelung aus Spantekow, V. F. v. Tauentzien aus<br />

Tauentzien, Chr. A. v. Manteuffel auf Gr. Poplow u. a.)<br />

III. David Ruhnken.<br />

IV. Chr. G. Aß mann. Darin: Garzer Schreckenstage.<br />

(Die Kosaken in Hohen-Reinkeudorf und Hohen-Selchow.)<br />

V. W. S. v. Belling und der siebenjährige<br />

Krieg in Pommern. Darin: zu Wasser und zu Lande<br />

gegen Schweden und Russen, 1757 —1760. (Oberhauptmann<br />

v. Weyher-Lauenburg, Kapitän v. Koller und die Seeschlacht<br />

von Neu-Warp, Major v. Knobelsdorff und die Ueberrumpelung<br />

Demmins, das Treffen bei Züssow, der Sturm auf<br />

Anelam, Kosakenstreifzug des Major v. Podewils, das Treffen<br />

am Kavelpaß, Blüchers Gefangennahme, Beschießung von<br />

Plathe ?e.) Husarenstrategie an der Tollense. Russisches<br />

Schreckensregiment in Hinterpommern. (Herzog Eugeu von<br />

Württemberg, Gefechte, Scharmützel und Ueberfälle an der<br />

Klenzer Mühle, bei Barkow, Röpenack, Kenzlin, Clempenow,<br />

Ferdinandshof, Dammgarten, Klötikow, am Spieer, Kreiher,<br />

Völzer Bach u. v. a.) Stolper Friedensjahre.<br />

VI. K. W. Ramler. Darin: Der Sänger des<br />

Königs. Kolberger Ruhmeshalle (v. d. Hcyde und P. v.<br />

Werner). Vühnenfahrten und Kunstfrcuudc im alten Pommerlande<br />

(K. Plümicke aus Wollin, Brandes aus Stettin,<br />

Graf H. B. Schlverin-Schwerinsburg u. v. a.).<br />

VII. I. I. Spalding. Darin: Zu deu Füßen<br />

Shaftesbury's (v. Wolfradt-Plüggentin a. R., Graf Bohlen-<br />

Carlsburg, Frhr. v. Borck-Falkenburg ^c.).<br />

VIII. F. B. Schöuberg v. Brenkenhoff und<br />

die wirthschaftlichen Verhältnisse Pommerns vor<br />

100 Jahren. Spekulative Köpfe (K. H. Schimmelmann<br />

aus Demmin). Neues Land und neue Leute (Au der<br />

Madüe, S. v. Cocceji von Coccejendorf, Präsident v. Schöning


Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV. 297<br />

auf Lübtow ?e.). Meliorationen. Ein betriebsamer Landwirth<br />

(Coscmühl, Wunneschin, Schwenz). In der Gastfreundschaft<br />

pommcrschcr Edelhöfc 1777 und 1778 (bei Graf<br />

Borck-ötargord, Graf Podewils-Wnsterwitz, Graf Podewils-<br />

Varzin u. v. a.).<br />

IX. I. K. Lava ter. Darin: In der Varther Präpositnr<br />

(Baron Olthoff und Philipp Hackert zu Boldewitz u. a.).<br />

X. E. F. Graf Hertz berg. Darin: Die Schule des<br />

Diplomaten (Pastor Rhcnsius-Hascnsicr, die Lottiner Güter ?c.).<br />

Seines Volkes Anwalt nnd seines Königs Freund (Graf<br />

Hoym-Poblotz, Di-. Selle-Stcttin, Landräthin v. Borck-Kankelfitz<br />

n. a.). I11 601110 cHcIont6 (Präpositus Drews-Neustettin,<br />

F. v. Dreger ans Grcifenbcrg n. a.).<br />

XI. I. h. L. Mei erotto. Darin: Stargarder Pädagogik<br />

von ehemals. Schulmeisters Zwischenstunden (I. Casten<br />

zu Fritzow u. a.).<br />

XII. I. F. Zöllner.<br />

Treptow a. R., im Juni 1880.<br />

Hermann Petrich,<br />

Archidiakonus, Gymnasiallehrer a. D.<br />

Als eine sehr dankenswerte Anordnung des Herrn Direktors<br />

der Staatsarchive müssen wir bezeichnen, daß derselbe im<br />

Jahre 1879 dnrch die Herren Staatsarchivare DD. v. Bülow<br />

und Prümers sämmtliche Städte der Provinz bereisen ließ,<br />

um den noch vorhandenen Stand urkundlichen Materials in<br />

städtischen und ähnlichen Archiven zu constatiren uud dcsseu<br />

eventuelle Deponirung in dein hiesigen Staatsarchive zu veranlassen.<br />

Die durch diese Reise eine Zeit lang unterbrochene<br />

Arbeit <strong>für</strong> das P ommers ch c Urkund enbu cki ist seitdem<br />

soweit gefördert, daß nach Genehmigung des betreffenden Vertrages<br />

mit dem Drucker nunmehr der Druck des zweiten Bandes<br />

beginnen kann.<br />

Endlich müssen wir unsere Mitglieder an dieser Stelle<br />

noch daranf aufmerksam machen, daß alle Aussicht vorhanden<br />

ist, daß nur in nicht allzn langer Frist eine mit Venntzung<br />

aller neueren Forschungen und auf eingehendem Quellenstudium<br />

19


298 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />

beruhende neue <strong>Geschichte</strong> Pommerns erhalten werden,<br />

die in bescheidenerem Umfange gehalten, als das Werk von<br />

Barthold, eine im edlen Sinne populäre Darstellung verspricht.<br />

Näheres darüber mitzutheilen sind wir noch nicht ermächtigt,<br />

und müssen uns <strong>für</strong> jetzt mit dieser Andentung genügen lassen,<br />

daß somit einem lange empfundenen Bedürfniß in einer, wie<br />

wir hoffen, nach jeder Richtung befriedigenden Weise entsprochen<br />

werden wird.<br />

Auch das Inventarium der Kunstdenkmäler<br />

Pommerns naht sich zu einem Theile wenigstens dem Abschluß.<br />

Nachdem durch die Liberalität der Stände unserer<br />

Provinz die Mittel zum Druck der Neuvorpommerschen vom<br />

Baumeister v. Haselberg bearbeiteten Abtheilung bereit gestellt<br />

sind, hat jetzt der Vertrag mit einem Berliner Institut zur<br />

Herstellung der Illustrationen vollzogen werden können und<br />

die Sache in so weit Fortgang gewonnen, daß noch im Iuui<br />

d. I. der Druck selbst beginnen kann. Für die Abtheilung<br />

Stettin-Cöslm hat jetzt die Sache ebenfalls eine zweckentsprechende<br />

Leitung dadurch erhalten, daß, wie oben erwähnt, der<br />

Kgl. Bau-Inspektor Goedeking in den Vorstand getreten ist<br />

uud die Arbeit <strong>für</strong> das Inventar zn leiten übernommen hat.<br />

Zugleich sind Verhandlungen eingeleitet mit einem geeigneten<br />

Techniker, der im Laufe des Sommers die beiden Regiernngsbezirke<br />

bereisen wird, um die nöthigen Aufnahmen zu machen.<br />

Läßt sich somit zwar noch nicht ein baldiger Abschluß <strong>für</strong><br />

diese Abtheilung erwarten, so steht doch eine recht erhebliche<br />

Förderung der Arbeit in gewisser Anssicht.<br />

Die Gen eral-Vers a mmluug fand statt am 24. Mai<br />

1879. In derselben erstattete der 1. Sekretär den inzwischen<br />

veröffentlichten 41. Jahresbericht nnd verlas einen Aufsatz des<br />

Dr. v. Bülow über den Reisebericht eines fahrenden Schülers<br />

auf einer Reise durch Meklenbnrg uud Pommern aus dein<br />

Jahre 1590. ' Auch dieser Aufsatz ist nebst dein Reiseberichte<br />

inzwischen in den Baltischen Studien veröffentlicht. Die in<br />

derselben Versammlung genehmigte Aenderung des §. 19 der<br />

Etatuten, durch welcheu der Vorsitzende des Vorstandes zur


Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV. 299<br />

Vertretung der <strong>Gesellschaft</strong> nach Außen ermächtigt werden<br />

sollte, hat die nachgesuchte Bestätigung Seitens des hohen<br />

Ministerium bisher noch nicht erhalten.<br />

In der Beilage L. geben wir das Verzeichnis^ der vom<br />

1. November 1879 bis Ende Mai 1880 eingegangenen<br />

Alterthümer mit Ausschluß derjenigen, die noch besonders<br />

zu besprechen, resp. abzubilden sind, was wir aus<br />

Zweckmäßigkeitsgründen bis zum nächsten Heft verschieben<br />

müssen. Besonders reich sind wir mit Münzen bedacht,<br />

wo<strong>für</strong> wir den freundlichen Gebern, die nns zum Theil fehr<br />

wcrthvolle Stücke gesandt haben, und deren Namen sich in<br />

Beilage L. Nr. III. finden, unsern ganz besondern Dank sagen.<br />

Der Vorstand der <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Pommersche</strong><br />

<strong>Geschichte</strong> und Allerthllmsknnde.


300<br />

Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />

Beilage ^.<br />

Zuwachs der Mliothck<br />

vom 1. April 1879 bis 1. April 1880.<br />

Agram.<br />

I. Durch Austausch.<br />

I. Vi-. 4. ftoäill«. II. Ni-. 1. 2. 1^6806 1879.<br />

Ba mb erg. Historischer Verein <strong>für</strong> Oberfranken.<br />

41. Bericht.<br />

Berlin. a. <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Anthropologie, Ethnologie nnd<br />

Nrgeschichte.<br />

Verhandlungen. Januar 1879 bis Januar 1880.<br />

d. Verein <strong>für</strong> die <strong>Geschichte</strong> der Mark Brandenburg.<br />

Märkische Forschungen XV.<br />

o. Verein <strong>für</strong> die <strong>Geschichte</strong> der Stadt Berlin.<br />

Schriften Heft XVI. Holtz e, das Berliner Handels»<br />

recht im 13. und 14. Jahrhundert,<br />

ci. Verein Herold.<br />

Der deutsche Herold. Jahrgang X.<br />

Bern. Allg. geschichtsforfchende <strong>Gesellschaft</strong> der Schweiz.<br />

Jahrbuch. Band IV.<br />

Bistritz. Gewerbeschule.<br />

5. Jahresbericht.<br />

Breslau. ^. <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> vaterländische Cultur.<br />

56. Jahresbericht nebst General-Sachregister,<br />

d. Verein <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> n. Alterthümer Schlesiens.<br />

Zeitschrift XV. 1.


Beilage 301<br />

Vudysin. Naoioa 861-1)8^.<br />

1879. XXXI 2. XXXII 1.<br />

Cambridge.<br />

12. auä 13. ÄNUN3.1 I'6p0i't8. vol. II. Hl'. 3. 4.<br />

Chemnitz. Verein <strong>für</strong> Chemnitzer <strong>Geschichte</strong>.<br />

Mittheilungen II.<br />

Christiania. Mnseum nordischer Alterthümer.<br />

501- 1869—1878. Il.6Mt6i' til 861-<br />

fi'ii tortiäsn 8. 9. 10. 11(5^6.<br />

Darmstadt. Historischer Verein <strong>für</strong>dasGroßherzogthum Hessen.<br />

Archiv XIV. 3.<br />

Dorpat. Gelehrte Estnische <strong>Gesellschaft</strong>.<br />

Sitzungsberichte 1879 u. 1880. Verhandlungen X. 2.<br />

Dresden. Kömglich Sächsische <strong>Gesellschaft</strong> zur Erforschung<br />

und Erhaltung vaterländischer Geschichts- und<br />

Kunstdenkmäler.<br />

Mittheilungen 30.<br />

Freiburg i. B. <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Geschichtskunde.<br />

Zeitschrift V. 1.<br />

Genf. 0Ì^t6 do ^oo^rHpIiio.<br />

1.6 Fiode XVIII. 2. 3. 4.<br />

Gießen. Oberhessischer Verein <strong>für</strong> Lokalgeschichte.<br />

1. Jahresbericht.<br />

Görlitz. Oberlausitzische <strong>Gesellschaft</strong> der Wissenschaften.<br />

Neues Lansitzisches Magazin I.V. 2. I.VI. 1.<br />

Graz.<br />

Historischer Verein <strong>für</strong> Steiermark.<br />

Beiträge 16. Mittheilungen 27.<br />

Hamburg. Verein <strong>für</strong> Hamburgische <strong>Geschichte</strong>.<br />

Zeitschrift N. F. IV. 1. Verzeichniß der in den Zeitschriften<br />

Band I—Vl enthaltenen Aufsätze. Mittheilungen<br />

II. 4—12. III. 1—3.<br />

Hannover. Historischer Verein <strong>für</strong> Niedersachsen.<br />

Zeitschrift 1879.<br />

Dar lem. 800Ì6t6 Ho1iAnaHÌ86 d68 80Ì0N068.<br />

^1'ekiv68 U661'Iau6^is 663 80Ì6U668 0XÄ0t68 6t UQtui'6ii68.<br />

1'0M68 XIII, Uvl. 4. 5. XIV. UV. 1-5.<br />

Hohenlcnben. Historischer Verein.<br />

47. 48. 49. Jahresbericht.


302 Zweiunduierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />

Jena. Verein <strong>für</strong> Thüringische <strong>Geschichte</strong> und Alterthumsknnde.<br />

Zeitschrift IX. 3. 4.<br />

Kiel. 3,. <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Schleswig-Holstein-Lauenburgische<br />

<strong>Geschichte</strong>.<br />

Zeitschrift VIII.<br />

d. Naturwissenschaftlicher Verein <strong>für</strong> Schleswig-<br />

Holstein.<br />

Schriften III. 2.<br />

Königsberg i. Pr. a.. Alterthumsverein Prnssia.<br />

Altpreußische Monatsschrift 1879. 3-8.<br />

d. Physikalisch-öconomische <strong>Gesellschaft</strong>.<br />

Schriften XVIII. 2. XIX. 1. 2. XX. 1.<br />

Leiden. U^5^t8cli3.p^ der Q6cl.6i'1^nä8^^<br />

Han^eiill^eu eil mZäkäeliuo'Lu 1879.<br />

d6i-iedt6u. 1879.<br />

Leipzig. Museum <strong>für</strong> Völkerkunde.<br />

7. Bericht.<br />

Lindau. Verein <strong>für</strong> die <strong>Geschichte</strong> des Bodensees und seiner<br />

Umgebung.<br />

Schriften 7. 8. 9.<br />

L ü b ek. Verein <strong>für</strong> Lübische <strong>Geschichte</strong> und Alterthumskunde.<br />

Urkundenbuch VI. 1. 4. Verzeichniß von Abhandlungen<br />

und Notizen zur <strong>Geschichte</strong> Lübet's. Jahresbericht<br />

1877 und 1878.<br />

Lüneburg. Musenmsverein.<br />

2. Jahresbericht.<br />

Magdeburg. Vereiu <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> und Alterthumskuude<br />

des Herzogtums und Erzstifts Magdeburg.<br />

Geschichtsblätter XIV. 1—4.<br />

Marienwerder. Historischer Verein.<br />

Zeitschrift 3.<br />

Meiningen. Alterthumsforschender Verein.<br />

Einladnngsschrift zmn 14. November 1878.<br />

München, l^) Kgl. Bayerische Akademie der Wissenschaften.<br />

Sitzungsberichte 1879. I. II. 1. 2. Abhandlungen<br />

XIV. 3.<br />

d) Historischer Verein <strong>für</strong> Oberbayern.<br />

Archiv 37. Jahresbericht 39/40.


Namür.<br />

XIV. 4.<br />

Nürnberg. Germanisches Mnsenm.<br />

Beilage ^. 303<br />

Anzeiger <strong>für</strong> Kunde der deutschen Vorzeit. 1879.<br />

Osnabrück. Historischer Verein.<br />

Verzeichniß der Bibliothek der handschriftlichen Sammlungen<br />

von H. Veltmann.<br />

Prag. Verein <strong>für</strong> die <strong>Geschichte</strong> der Teutschen in Böhmen.<br />

Mittheilungen XVI. 3. 4. XVII. XVIII. 1. 2.<br />

Chronik der Stadt Elbogen von Schlesinger.<br />

17. Jahresbericht.<br />

Schmalkalden. Verein <strong>für</strong> Hennebergische <strong>Geschichte</strong> und<br />

Landeskunde.<br />

Zeitschrift 3.<br />

Sigmaringcn. Verein <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> und Alterthumsknnde<br />

in Hohenzollern.<br />

Mittheilungen XII.<br />

Ssieier. Historischer Verein der Pfalz.<br />

Mittheilungen VII. Vili.<br />

Stockholm.<br />

Kl- 8vei'ÌF0 del 1—4.2. 5. 1"^.<br />

la6 lii'^. 1872—79 «luui.<br />

V. 1^. ^llg'i03:ie1i8Ì8kA incuti kou^i.<br />

1. 2. —<br />

F i ^ r äei 1. 2. —<br />

I^iidodi'^uä L. lì!. 0oli II. i^ckuiuFHi'ur 8V6U8K3.<br />

8tat6U8 1iÌ6t01'Ì8K^ MUL6NN1 dkft 1. 2. — Uollte-<br />

1ÌU8. 8tut0I18 1iÌ8t()I'Ì3l


304 Zweiunduierzigster Jahresbericht. HI. IV.<br />

Zürich. Antiquarische <strong>Gesellschaft</strong>.<br />

Mittheilungen XI.IV.<br />

II. Geschenke.<br />

1. Von den Vorstehern der Kaufmannschaft hier:<br />

Stettins Handel Industrie uud Schifffahrt im Jahre 1878.<br />

2. Von dem Rektor Herrn Fromm in Bahn:<br />

od.


Beilage ^. 305<br />

13. Von dem Herrn Gymnasiallehrer Haber in Lauenburg:<br />

ii. Johann Meyer. Gröndunnersdag by Eckernför. Leipzig.<br />

1875). 5.<br />

b. Will). Schmidt. Suczawas historische Denkwürdigkeiten.<br />

Czernowitz. 1876. 8.<br />

14. Von dem Gymnasiallehrer Herrn Di'. Manke hier:<br />

Gebnrtsbrief <strong>für</strong> Ioach. Friedr. Riemer. Stargard. 1714.<br />

15. Von dem Herrn Verfasser:<br />

V0I1N6U8 in uu66 1879.


30k) Zweiundoierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />

94. Von dem Stadtrath und Kämmerer Herrn Pr^st in Colberg:<br />

Busch ing, die heidnischen Alterthümer Schlesiens. 2. Heft.<br />

25. Von dem Gymnasiasten Carl Müller hier:<br />

Ein Schreiben der Herzogin Sophie von Stettin


Beilage 15. 307<br />

Beilage «<br />

Erwerbungen des antiquarischen Museums<br />

vom 1. November 1879 bis 31. Mai 1880.<br />

^ ^ Fundort.)<br />

I. Heidnische Alterthümer.<br />

^V. Steinsachen.<br />

1. li. Mühlstein ans grobem Granit, 32 Cm. Dnrchmesser; d. Meißel<br />

ans gelbem Fenerstein; o. Meißel ans graubraunem Hornstein.<br />

1? Käsecke bei Demmin in einer unmarkirten Grabkammer,<br />

IV4 Meter t. — Herr Dr. Starck in Demmin. jH. 1601.)<br />

2. Meißel ans hellgrauem Fenerstcin, nnpolirt, 14 Cm. l., 4,5 Cm.<br />

br. ^I. 1628.1<br />

3. Art von granem Feuerstein, unpolirt. 1^ Insel G risto w. Gekauft.<br />

V- 1657.^<br />

4. a. Art von gelbem Feuerstein, 11, Cm. l. ; d. Säge von granem<br />

Feuerstein. ^ Zarneckow bei Ziissow auf der Feldmark. —<br />

Secnndaner Wenzel, eingesandt durch Herru Oberlehrer Dr.<br />

Hanow in Anclam. V. 1661/2.)<br />

5. Beil ans Hornblende, 8 Cm. l., 4,5 Cm. br., 4,5 Cm. dick,<br />

ohne Schaftloch. ^ Zwischen Alt-Damm nnd Rosengarten.<br />

6. Beil aus Grnnstein, 11 Cm. I., größte Breite 4,5 Cm., Dicke<br />

3 Cm. mit Schaftloch. ^ bei Alt-Damm. — Herr Fabrikbesitzer<br />

E. Lippold daselbst. jI. 1672 nnd 1673.)<br />

L. Urnen nnd Nrnenscherben mit Beigaben.<br />

7. a. Tasscnförmige Urne mit einem Henkel, 9 Cm. Durchmesser am<br />

oberen Rande, 5 Cm. Höhe; d. Spielnrne 6 Cm. h., 4,5 Cm.<br />

Dnrchmesser, mit zwei Henkeln; c. Spiralfingerring; 6. Gußfing<br />

erring- (>. drei Stücke einer Haarnadel mit schraubenförmiger<br />

Verzierung uuterhalb des Knopfes nnd gewelltem Halse;<br />

f. die Hälfte eines Hals ring es, oben mit querstehenden Strichverziernngen<br />

^- bis l'. Bronze). 1^ bei Stolp in einer größeren<br />

Urne, die zerbrochen ist, mit Asche nnd Knochen, aus einem


308 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />

mit zwei Reihen Steinen umgebenen Grabe in einem Sand-<br />

Hügel. — Primaner M, Schrader in Stolft. sI. 1618.)<br />

8. Urne. ^ Wiercschn tschin, Kr. Lauenburg. — Herr von der<br />

Olsnitz durch Herrn Gymnasiallehrer Haber. ^I. 1626.)<br />

9. a. Urne, 34 Cm. h. von gleichem Bauchdurchmesser, in der Mitte<br />

ein etwas erhabener Ning herumlaufend- d. Urne, 22 Cm. h.,<br />

von gleichem Vauchdurchmesser, der vorigen ähnlich, dazu Deckel;<br />

e. kleine schwarze Urne, in Form eines Henkeltopfes, 6,8 Cm. h.;<br />

6) Urnendeckel, flach, mützenartig, mit umgebogenem Rande,<br />

15 Cm.; 6. banchige Urne ohne Hals, 28 Cm. h., 30 Cm. Durchmesser,<br />

unten ungeglättet. ^ Lnstebnr bei Colberg. — Herr<br />

Rittergutsbesitzer v. Kameke daselbst. ^I. 1631, 1632, 1642 und<br />

1643.)<br />

10. n,. Kleine grauschwarze Urne, 6 Cm. h. und im Durchmesser,<br />

ohne Henkel; d. Urnenscherben von zwei stachen, schaleuartigen<br />

Urnen- o. punktirte und gestrichelte Urnenscherben; d. Fingerring<br />

von Vronzeblech, gerieft. Die kleine Urne hat in einer der<br />

flachschaligen gestanden. ? Selchower Mühle bei Uchtdorf, in<br />

Steinkistengräbern. — Herr Lehrer Agahd in Iägersfelde bei<br />

Uchtdorf. V. 1644.)<br />

11. Boden einer heidnischen Urne, 7 Cm. Durchmesser, k' Wittchow<br />

bei Stargard. — Herr Hauptmann Berghans daselbst.<br />

lI- 1675.)<br />

0. Bronzesachen.<br />

12. Paalstab, 17 Cm. l., 3,5 Cm. br. mit Schaftlappen, l' Wamlitz<br />

bei Stettin. Gekauft. ^I. 1614.^)<br />

13. Bruchstücke von zwei Pincetten, Ringen nnd einer Nadel,<br />

l' Lustebur bei Colberg, vor Jahren ausgepflügt. — Herr Rittergutsbesitzer<br />

v. Kameke daselbst. II. 1630.)<br />

14. Geschmolzene blaue Glasperle auf einem Ringe von Bronze,<br />

und Bruchstücke von Ringen. I? Lustebur bei Colberg in<br />

einer Urne. — Herr Zeichenlehrer Meier in Colberg. sI. 1640.)<br />

15. Zwölf Stück zerflossener Vronzeguß und Scherbe einer Urne,<br />

k' Selchower Mühle bei Uchtdorf in einem Kegelgrabe. —<br />

Herr Lehrer Agahd in Iägersfelde. sI. 1666.)<br />

16. Fibel mit rautenförmiger Platte und zwei Vrillenspiralen.<br />

^ Kehrberg er Forst neben der Breslauer Bahu in einer mit<br />

Knochen und Asche gefüllten Urne. Gekauft. sI. 1677.)<br />

O. Römische Funde.<br />

17. Milchfarbige Glasperle. 1,2 Cm. l., fünfflächig prismatisch<br />

geschliffen. ^ Feldmark Bornim unweit des Winter-Kirchhofes


Beilage V. 309<br />

bei Potsdam in einem Hünengrabe. — Herr Fichmann hier.<br />

lI. 1611.)<br />

18. a. Stück der Spirale einer römischen Fibel. I? Vor länger als<br />

10 Jahren in einem heidnischen Grabe in Cop rieben bei Bärwalde<br />

i. Pomm. sI. 1641); d. Fingerring von hellgrünem<br />

Glase. I? Ebendaselbst, und vielleicht beide zusammengehörend. —<br />

Herr General v. Neckow in Stolp. ^I. 1641.)<br />

U. Eisensachen.<br />

19. Scheere in Form einer Schafscheere, 16 Cm. l. ^Altstadt<br />

bei Colberg tief im Moor. — Herr Wirthschafts-Inspector Crnsius.<br />

V. 1609.)<br />

20. Einige Stückchen eiserner Ringe und Fibeln mit Knochenresten.<br />

^ Lustebur bei Colberg in einer Urne. — Herr Zeichenlehrer<br />

Meier in Colberg. ^I. 1639.^j<br />

21. Lanzen spitze, 23 Cm. l., und eine defecte Fibel. ^ Ebendaselbst<br />

in einer schwarzen Urne. — Herr Rittergutsbesitzer von<br />

Kameke in Lnstebur. II. 1631.)<br />

II. Mittelalterliches.<br />

22. Bronzener dreifüßiger Gußgrapeu, 35 Cm. Durchmesser, mit<br />

Hansmarke V V. 1? Unbekannt. — Herr Zeichenlehrer Meier in<br />

Colberg hat denselben in Händen eines jüdischen Kaufmanns gefunden.<br />

Gekauft. ^I. 1596.)<br />

23. k. Eiue Anzahl Pfeilspitzen, Krampen, Nägel und ein in<br />

der Klinge 33 Cm. l. Schwertmesser von Eisen; d. Stück<br />

eines Messing geräth es; o. Netzbeschwer er. 1^ Vütow,<br />

S.O. vom Schloß. — Herr Di-. Schneider in Vütow. ^F. 1602.)<br />

24. Topf. 1^ Bütow, hinter der Superintendeutur beim Abreißen<br />

des Fundamentes eines Stallgebändes mit mehreren anderen gefunden.<br />

— Herr Di-. Schneider in Bütow. sI. 1603.)<br />

25. Eiserne Pfeilspitze, 6 Cm. l. ^ Burgruine bei Blumeuwerd<br />

er. Primaner M. Schrader in Stolp, V. 1619.)<br />

26. Nothgebrannter irdener Topf mit einem Henkel, 10 Cm. h.,<br />

14 Cm. Vauchdurchmesser. Der Rumpf hat 12, etwa 0,5 Cm.<br />

breite wagerechte Cannelirungen, der Nand ist scharf abgesetzt.<br />

^ Gartz a. O. ca. 4 Met. t. unter der Erde beim Neubau des<br />

Hauses 172 (Kfm. Richter). — Herr Pastor Paul. ^I. 1665.)<br />

III. Münzen, Medaillen und Siegel.<br />

27. Adelheidsdcuar. I" Altstadt bei Colberg. — Herr Zeichenlehrer<br />

Meier das. von Herrn General Crnsins. sI. 1613.)


310 Zweiunduierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />

28. li. Schwedisches Ör^ Stück Gufi. Adolfs v. I. 1028 (Nicop) ;<br />

d. Messing marte: llnn^ ^clnilto ^lvrLndor^. Rs. verwischt.<br />

— Herr Oberlehrer Or. Vlasendorff in Pyrih. ^I. 1617)<br />

29. n,. Zwei Denare Barnims I.- d. Bracteat v. Stettin;<br />

e. Zwei Bracteaten von Stralsnnd. Eingetauscht. j^I. 1020.)<br />

30. Großes Siegel der Stadt Freicnwalde i. P. (Abdruck in<br />

Lack.) ZißMnin civitutis ^ri^littu>vll166. — Herr Bürgermeister<br />

Krüger daselbst. ^I. 1621.)<br />

31. Großes Siegel der Stadt Zanow (Lack-Abdrnck). 8 ' Zivi-<br />

SÄSI8 1)6 8Ntt0^6. -- Herr Kämmerer Pro st in<br />

Colberg. ^I. 1624.)<br />

32. Eine Sammlnng von 28 meist dentjchen Münzen, darunter<br />

4 Stück preußische Thaler von 1750, 1786, 1861. — Herr<br />

General v. Neckow in Stolp. II. 1645.)<br />

33. l/^ Thaler y^n Johann Friedrich nud Moritz v. Sachsen. 1546.<br />

- Herr Stadtverordneter Dittmer hier. ^I. 1646.)<br />

34. '/«4 Thaler Brau nschweig-Zelle (?) v. I. 1569. ^ Stettin<br />

beim Canalbau. — Herr Ingenieur Hackbarth. ^I. 1653.)<br />

35. Ovale japanesische Bronze-Münze. — Herr Kfm. Horn<br />

hier. V. 1654.)<br />

36. Sieben gehenkelte Silbermünzen: «.. <strong>Pommersche</strong>r Thaler<br />

Philipps II. von 1557. tristo (^t Ii6ipud1ic3.6 ; d. Zwölfkrenzerstück<br />

Ferdinands I. von 1557 <strong>für</strong> Tirol (vergoldet); c) Herzoglich<br />

sächsischer halber Thaler vou Christian, Johann Georg n. August<br />

von 1597; (1) Kur- und herzogt, sächsischer Thaler Christians II.,<br />

Johann Georgs und Angnsts v. I. 1607; s) Herzoglich sächsischer<br />

l/4 Thaler Christians, Johann Georgs nnd Angnsts v. I. 1601;<br />

l) Braunschwcig-Lüneburgischer '/^ Thaler Friedrichs v. 1647;<br />

F) Schwedisches Zweimarkstück Carls XI. v. 1673. — Herr Kfm.<br />

Aron Manasse hier. ^I. 1655.)<br />

37. Sieben Silbermünzen: ü. '/^ Mark Vambergisch des Bischofs<br />

Franz Ludwig von 1795. Rs. 2um I^sswu 668 V3,wr1liuä8.<br />

d) Oesterreich. Zweiguldeustück von 1859; c) Preußischer ^ Thaler<br />

von 1792; 6) Landgräft. hessischer '/2 Thaler Wilhelms IX. von<br />

1789; s) Württembergischer Gnlden von 1842; f) Anhaltischer<br />

Thaler von 1863; x) Vaierisches 3V2 Guldenstück ans die Vermählung<br />

des Kronprinzen Maximilian nnd der Prinzessin Marie<br />

v. Preußen von 1842. — Herr Kaufmann Grundmann hier.<br />

V- 1656.)<br />

33. Eine Sammlung vou 27 meist Deutschen Münzen und<br />

Medaillen, darunter ein pommersches Sechspfennigstück Philipp<br />

Julius 0. I., ein preußischer Thaler v. 1795, eiu tiroler Thaler<br />

des Erzherzogs Ferdinand, ein sächsischer Ducateli vou 1617 auf


Beilage L. 311<br />

das Neformations-Iubiläum, ein Thaler von Seeland von 1621.<br />

— Herr Apotheker Keibel in Treptow a. Toll. sI. 1663-1<br />

39. Eine Sammlung von 35 kleinen Münzen, darunter ein<br />

Denar von Wisby, ein Danziger Solidns von 1582, eine Niederländische<br />

Kupfermünze Carls V. sI. 1664,), Thaler von Danzig<br />

von 1649 Wadai 4829). — Herr Kaufmann Wolfram hier.<br />

13- 1667.)<br />

40. a. Brau nschweig - Lüneburg: fcher Thaler Heinrich Julius<br />

von 1613. IIc»u68tum pro ^tria; d. Kurbrandenburgi scher<br />

Thaler Friedrichs III. von 1691;


312 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />

51. ii. Bruchstück eines rosettcnförmigen Ziegels mit Stempel-Verzierungen;<br />

d. Bruchstück einer grün glasirten Kachel, die das<br />

Bild eines spanisch costümirteu Mauues mit Ordenskette des gol'<br />

denen Vließes zeigt, darunter Karol (wahrscheinlich Karl V.).<br />

I" Stargard beim Fundameutgraben. — Herr Rector Schwarze<br />

das. ^I. 1652.)<br />

52. Eine Sammlung von Glasbildern aus Kirchenfenstern des<br />

16. und 17. Jahrhunderts, darunter das schöne Bild eines betenden<br />

Heiligen (S. Franciscus?). — Herr Kaufmann Alexander<br />

Schultz hier. II. 1670.^<br />

53. Ein Stück Bernstein, 11 Cm. l., 8 Cm. br., größte Dicke 5 Cm.<br />

? Mühlenbecker Forst, etiva 1 Met. t. beim Graben gefunden.<br />

— Königliche Regierung hier. ^I. 1600.)<br />

54. Siebenuudzwau zig photographische Bilder von Alterthümern,<br />

Städten nnd Landschaften von Vorpommern und Rügen.<br />

Gekauft. l^I. 1615 uud 1673.1<br />

55. 2,. Stich von Stettin nach dem Originalgemälde vom Jahr<br />

1659, ans dem Jahr 1798, 45 Cm. l., 29 Cm. br.; d. Stich<br />

von Stettin i. I. 1799 in derselben Größe. — Fräul. Malbranc<br />

hier. ^I. 1627.)


Beilage N. 313<br />

Beilage (X<br />

Veycichniß der Mitglieder<br />

der <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Pommersche</strong> <strong>Geschichte</strong> und<br />

Alterthumskunde<br />

bis zum 1. April 1880.<br />

I. Protector.<br />

Sc. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz des<br />

deutschen Reiches und von Preußen.<br />

II. Präsident.<br />

Der Königliche Oberpräsid cn t von Pommern,<br />

Wirkt. Geheime Rath Herr Freiherr li. Mllltchhansen<br />

Excellenz.<br />

III. Ehrenmitglieder.<br />

1. Se. König!. Hoheit der Prinz Carl von Prenßen.<br />

2. Se. Durchlaucht der Reichskanzler nnd Minister-Präsident<br />

Dr. Fürst v. Bismarck in Varzin.<br />

3. Se. Excellenz der General der Cavallerie und Kommandirende<br />

General des 2. Armee-Korps Herr Hann von<br />

Weyhern in Stettin.<br />

4. Se. Excellenz der Königliche Wirkliche Geheime Rath<br />

und General-Landschafts-Director Herr v. Koller in<br />

Carow bei Labes.<br />

5. Der Geheime Med.-Rath Herr Professor Dr. Virchow<br />

in Berlin.<br />

6. Der Großherzoglich Mecklenburgische Geh. Archiv-Rath a. D.<br />

Herr Dr. Lisch in Schwerin i. M.<br />

7. Der Professor nnd Ober-Bibliothekar Herr I)r. Hirsch<br />

in Greifswald.<br />

20


314 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />

8. Der Geheime Rath und Professor Herr Dr. W. von<br />

Giesebrecht in München.<br />

9. Der Direetor des Germanischen Museums Herr Professor<br />

Di-. Essen wein in Nürnberg.<br />

10. Der Direetor des römisch-germanischen Central-Mufeums<br />

Herr Professor Di-. Lindenschmit in Mainz.<br />

11. Der Director im Königl. Ital. Ministerium der auswärtigen<br />

Angelegenheiten Herr Christoforo Negri<br />

in Rom.<br />

12. Se. Excellenz der Kaiserl. Ober-Ceremonienmeister Graf<br />

v. Stillfried-Alcanta ra in Berlin.<br />

IV. Correspondirende Mitglieder.<br />

1. Freiherr von Kö'hne, Wirkt. Geh. Staatsrath in St.<br />

Petersburg.<br />

2. Dr. Eeynowa in Bukowiez bei Terespol, Westpreußen.<br />

3. Dr. Verghaus, Professor in Grünhof-Stettin.<br />

4. Hering, Landgerichts-Director in Arnsberg.<br />

5. Dr. Große, Syndicus in Altenburg.<br />

6. Dr. Kurd v. Schlozer, Gesandter in Washington.<br />

7. Plathner, Baumeister in Berlin.<br />

8. Dr. Wigger, Archivrath in Schwerin i. M.<br />

9. Freiherr v. Tettau, Öber-Regierungsrath in Erfurt.<br />

10. Dr. Beyersdorff, Arzt in Beuthen i. O.-S.<br />

11. Kasiski, Major z. D. in Neustettin.<br />

12. Richter, Lehrer in Sinzlow bei Neumark i. Pomm.<br />

13. Dannenberg, Landgerichtsrath in Berlin.<br />

14. Dr. Friedländer, Director des Königl. Münz-Kabinets<br />

in Berlin.<br />

15. Di-. Pertsch, Professor in Gotha.<br />

16. Graf G. v. Gozzadini, Senator des Königreichs<br />

Italien in Bologna.<br />

V. Ordentliche Mitglieder.<br />

^. In Pommern,<br />

in Alt-Damm 1. Kumbier, Apotheker.


Beilage 0.<br />

NI Anclam 2. Billerbeck, Iustizrath.<br />

3. Brehmer, Kaufmann.<br />

4. Di'. Fnth, Gymnasiallehrer.<br />

5. Grube, Privatlehrer.<br />

6. Dr. Hanow, Oberlehrer.<br />

7. Keibel, Lehrer d. höheren Töchterschule.<br />

8. Pöttcke, Vnchdruckereibesitzer.<br />

in Bahn 9. Hage mei st er, Bürgermeister.<br />

10. Dr. Kanitz, Rector.<br />

11. Müller, Superintendent.<br />

12. Müller-Hochheim, Lieutn. u. Gutsbes.<br />

13. Koch, Amtsrichter.<br />

14. Sachse, Lehrer.<br />

boi Bahn 15. Nahn, Amtsvorsteher in Rohrsdorf.<br />

in Velgard 16. Apolant, Kaufmann.<br />

17. Dr. Kierski, Kreis-Physicns.<br />

18. Klemp, Bnchdrnckereibesitzer.<br />

19. Klewe, Gymnasiallehrer.<br />

20. Kno rr, Gymnasiallehrer.<br />

21. Di'. Krüger, Gymnasiallehrer.<br />

22. Rnbow, Secretar des Kreisansschusses.<br />

23. Dr. Scheibner, Gymnasiallehrer.<br />

24. Dr. Treutler, Oberlehrer.<br />

25. Wegner, Superintendent.<br />

dei Belgard 26. v. Kleist-Netzow, Ober-Präsident a. D.<br />

in Kiekow.<br />

dei Callies 27. v. Klitzing, Rittergutsbesitzer in Zuchow.<br />

in Cammin 28. Hasenjäger, Conreetor.<br />

29. v. Koller, Landrath.<br />

30. Kücken, Ziegelcibcsitzer.<br />

31. Klicken, Ingenienr.<br />

32. Lüpke, Archidiaconns.<br />

33. M einhold, Superintendent.<br />

boi Clcmpenow 34. Gicsebrecht, Pastor in Golchen.<br />

boi Charlottenhof 3 5. Petersen, Ober-Anitmann in Drenowin<br />

Codram 36. Brandt, Königl. Amtsrath.


316<br />

in Cösternitz<br />

in Cöslin<br />

bei Cöslin<br />

in<br />

Colberg<br />

Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />

37<<br />

38.<br />

39.<br />

40.<br />

41.<br />

42.<br />

43.<br />

44.<br />

45.<br />

46.<br />

47.<br />

48.<br />

49.<br />

. Knittel, Pastor.<br />

Stettin, Rechtsanwalt.<br />

v. Kameke, Rittergutsbes. in Lustebuhr.<br />

Klawonn, Pastor in Bast.<br />

Lenz, Pastor in Tessin.<br />

Crusius, Generalmajor z. D.<br />

Lehmann, Premierlieutenant.<br />

Kümmert, Bürgermeister.<br />

Meier, Zeichenlehrer.<br />

Prost, Stadtrath und Kämmerer.<br />

Dl. Schuffert, Gymnasiallehrer.<br />

Di-. Streit, Gymnasial-Director.<br />

Dr. Ziemer, Gymnasiallehrer.<br />

Wegner, Amtsgerichtsrath.<br />

bei Colberg<br />

50.<br />

51. . v. Ramin, Major und Rittergutsbes. in<br />

Schwedt.<br />

in Daber 52. Wegner, Superintendent.<br />

bei Daber 53. v. Dewitz, Rittcrgntsbes. in Wussow.<br />

53. v. Dewitz-Krebs, Rittergutsbesitzer in<br />

Weitenhagen.<br />

bei Dargislaf 54. . v. Ramin, Rittergntsbes. in Iarchow.<br />

in Demmin 55. . Franck, Oberlehrer.<br />

56. Di-, incxl. Starck, practischer Arzt.<br />

57. Dr. Weinert, Gymnasiallehrer.<br />

bei Demmin 58.<br />

Graßmann, Pastor in Sophienhof.<br />

59, . Baron v. Seckcndorf, Rittergutsbes. in<br />

Brook.<br />

60. . Schmidt, Pastor in Cartlow.<br />

bei Denzin 61.<br />

v. Zitze Witz, Rittergutsbes. in Bornzin.<br />

bei Dölitz 62, . Eben, Rittergutsbes. in Linde.<br />

63. Schmidt, Pastor in Suckow.<br />

in Falkenburg 64. , Plato, Ober-Prediger.<br />

in Ferdinandstein 65. Höppner, Lehrer.<br />

in Fiddichow 66. Glöde, Bürger.<br />

bei Fiddichow 67.<br />

Coste, Landschaftsrath u. Rittergutsbes.<br />

in Brusenfelde.


Beilage 0. 317<br />

bei Fiddichow 68. Baron v. Steinäcker, Rittergutsbes. in<br />

Rosenfelde.<br />

bei Friedrichsgnade 69. Steffen, Gutsbesitzer in Iustemin.<br />

in Oartz a. O. 70. Krielke, Maurermeister.<br />

71. Ramthun, Gymnasiallehrer.<br />

72. Runge, Hauptmann.<br />

73. vi-, insci. Sinsteden, pract. Arzt.<br />

74. I)r. Vitz, Rector.<br />

bei Gartz a. O. 75. Vogel, Pastor in Hohen-Reinkendorf.<br />

in Gollnow 76. Fleischmann, Obersteuer-Controlleur.<br />

77. Hellberg, Buchdruckereibesitzer.<br />

78. Röber, Superintendent,<br />

in Grabow a. O. 79. Arft, Rechtsbeistand.<br />

80. Vohnstengel, Lehrer.<br />

81. Fricke, Baumeister.<br />

82. Holland, Schulvorsteher.<br />

83. Dr. in6ä. Hoppe, Arzt.<br />

84. Neumann, Schiffscapitain.<br />

bei Gramenz 85. v. Blankenburg, Rittergutsbes. in Kussow<br />

86. v. Gaudecker, Rittergutsbes. in Zuch.<br />

in Greifenberg i. P. 87. Di'. Kanitz, Rector u. Hülfspred.<br />

88. Ebert, Pastor.<br />

bei Greifenberg i. P. 89. Gloxin, Lieutn. u. Rittergutsbes.<br />

in Coldewanz.<br />

in Greifenhagen 90. Bartelt, Pastor.<br />

91. RückHeim, Apotheker.<br />

92. Dr. Iacobson, Kreisphysikus.<br />

93. Otto, Kreissecretair.<br />

94. Weizmann, Kreisbaumeister.<br />

95. Unra u, Amtsgerichtssecretair.<br />

bei Greifenhagen 96. Jonas, Rittergutsbes. in Garden.<br />

97. Junker, Fabrikbesitzer in Vogelsang.<br />

98. Modler, Pastor in Stecklin.<br />

99. Runge, Rittergutsbes. in Wietstock.<br />

bei Gr. Icstin 100. v. Gickste d t-Tantow, Major a. D.<br />

in Eickstedtswalde.


318 Zweiundvierzigster Jahresbericht. HI. IV.<br />

bei Gr. Mellen 101. Freih. v. W angen hei m, Rittergutsbes.<br />

in Kl. Spiegel,<br />

bei Hohenfelde 102. v. Blanke nburg, Rittergntsbes. in<br />

Strippow.<br />

in Iasenitz 103. Wegner, Pastor,<br />

in Lanenburg i. P. 104. Haber, Gymnasiallehrer,<br />

bei Lebbin 105. Franz Küster, Amtsvorsteher in Kalkofen.<br />

106. Hugo Küster in Kalkofen,<br />

in Löcknitz 107. Innius, Vrauereibesitzer.<br />

in Massow 108. Di-. Fischer, Kreisphysicus.<br />

bei Massow 109. v. Petersdorf, Rittergutsbesitzer in<br />

Bnddendorf.<br />

110. Rohrbeck, Rittergntsbes. in Müggenhall.<br />

bei Mittelfelde 111. Freih. v. Wangen heim, Rittergutsbes.<br />

in Neu-Lobitz.<br />

bei Naugard 112. Baron v. Flcmming, Erblandmarschall<br />

in Basenthin,<br />

bei Nenmark i. P. 113. Oben aus, Pastor in Sinzlow.<br />

114. Rieck, Rittergutsbes. in Glien.<br />

bei Nörenberg 115. Dahms, Rittergutsbes. in Seegut,<br />

in Neustettin 116. Baack, Gymnasiallehrer.<br />

117. Betge, Gymnasiallehrer.<br />

118. Bindseil, Gymnasiallehrer.<br />

119. Vöhlau, Gymnasiallehrer.<br />

120. v. Bon in, Landrath.<br />

121. Dietlein, Proreetor.<br />

122. Haake, Gymnasiallehrer.<br />

123. Di-. Hoff, Rathsherr.<br />

124. Huth, Kaufmann.<br />

125. Kohl mann, Gymnasiallehrer.<br />

126. Reclam, Gymnasiallehrer.<br />

127. Scheu ne mann, Rechtsanwalt.<br />

128. Schirmeister, Gymnasiallehrer.<br />

129. Schmidt, Hauptmann u. Catastercontroll.<br />

130. Spreer, Oberlehrer.<br />

131. Tschentscher, Gymnasiallehrer.


Beilage 0. 319<br />

132. Wille, Gymnasiallehrer.<br />

133. Di'. Ziemßen, Oberlehrer.<br />

bei Neuwarp 134. v. Enckevort, Rittergutsbesitzer in<br />

Albrechtshof.<br />

in Pasewalk 135. v. Enckevort, Rittmeister,<br />

in Penkun 136. Succow, Lehrer,<br />

bei Penkun 137. v. d. Osten, Rittergutsbes. in Blumberg,<br />

bei Plathe 138. Ha den stein, Pastor in Witzmitz.<br />

bei Podejuch 139. Hoffmann, Oberförster in Klütz.<br />

in Polzin 140. Nietardt, Kaufmann,<br />

bei Polzin 141. v. Manteuffel, Rittergutsbesitzer und<br />

Mitglied des Herrenhauses in Redel.<br />

bei Priemhausen 142. Mühlenbeck, Rittergutsbesitzer<br />

in Gr. Wachlin.<br />

in Pyritz 143. Backe, Buchhändler.<br />

144. Balcke, Gymnasiallehrer.<br />

145. Berg, Ober-Prediger.<br />

146. Dr. Blasend or ff, Oberlehrer.<br />

147. Breit fpre ch er, Seminarlehrer.<br />

148. Ei sentra ut, Bank-Director.<br />

149. Dr. llioä. Hartwig, Arzt.<br />

150. Dr. ni6ä. M ö.ll.er, Arzt.<br />

151. Schreiber, Bankbuchhalter.<br />

152. Tummeley, Fabrikbesitzer.<br />

153. Wetzet, Rector und Hülfsprediger.<br />

154. O. Wetzet, Rector.<br />

155. Zietlow, Superintendent.<br />

156. Or. Zinzow, Gymnasialdirector.<br />

bei Pyritz 157. Nehring, Rittergntsbes. in Rakitt.<br />

158. v. Schöning, Rittergutsbes. in Lüdtow ^.<br />

159. Sternberg, Pastor in Pisterwitz.<br />

bei Gr. Rambin 160. Klettner, Rittergutsbes. in Glötzin.<br />

in Regenwalde 161, Gust. Schultz, Kaufmann.<br />

162. Hallensleben, Heilgehülfe,<br />

in Rügenwalde 163. He mptenmacher, Commerzicnrath.<br />

in Schivelbein 164. 1)r. Gruber, Direetor,


320 Zweiundmerzigster Jahresbericht. III. IV.<br />

in Schwelbein 165. v. Mellenthin, Amtsrichter.<br />

166. Waldow, Buchdruckereibesitzer.<br />

in Schlawe 167. Dr. Crusius, Kreisphysikus.<br />

bei Schlawe 168. Brandenburg, Rechnungsführer in<br />

Adl. Suckow.<br />

in Stargard 169. Berghaus, Hauptmann.<br />

170. Di'. Loth holz, Gymnasial-Director.<br />

171. v. Nickisch-Nosenegg, Landrath.<br />

172. Rohleder, Gymnasiallehrer.<br />

173. Dr. Schmidt, Oberlehrer.<br />

174. Schwarze, Rector.<br />

175. vi-. Wiggert, Proreetor.<br />

176. Di-. Ziegel, Gymnasiallehrer.<br />

bei Stargard 177. Witzlow, Lieutn. und Rittergutsbesitzer<br />

in Ferchland.<br />

in Stepemtz 178. Rahm, Oberförstercandidat.<br />

in Stettin 179. Abel, Bankier.<br />

180. Allendorf, Kaufmann.<br />

181. Appel, Gutsbesitzer.<br />

182. Aron, Kaufmann.<br />

183. Balsam, Stadtschulrath.<br />

184. Barsekow, Bankdirector.<br />

185. Bartels, Kaufmann.<br />

186. Becker, Kaufmann.<br />

187. Vennthsow, Kaufmann.<br />

188. Berg, Lehrer.<br />

189. Dr. Blümcke, Oberlehrer.<br />

190. Bock, Stadtrath.<br />

191. Böttcher, Kaufmann.<br />

192. Bötzow, Kanfmann.<br />

193. Bon, Ober-Regierungsrath.<br />

194. v. Borcke, Bankdirector.<br />

195. Bourwieg, Iustizrath.<br />

196. Dr. Brand, Arzt.<br />

197. Vrennhausen, Baumeister.<br />

198. I)i-. Brunn, Gymnasiallehrer.


Beilage 0. 321<br />

199. Brunnemann, Rechtsanwalt.<br />

200. Bueck, Landgerichtsrath.<br />

201. Dr. v. Bülow, Staatsarchivar.<br />

202. v. Bünau, Regierungsassessor.<br />

203. Dr. Claus, Oberlehrer.<br />

204. N. Cohn, Kaufmann.<br />

205. H. Dannenberg, Buchhändler.<br />

206. E. Degner, Kaufmann.<br />

207. Denhard, Landgerichtsrath.<br />

208. Dekkert, Kaufmann.<br />

209. v. Dewitz, Ober-Landesgerichtsrath.<br />

210. Dr. Dohrn Mn.<br />

211. von Dücker, Königl. Forstmeister.<br />

212. Dr. Eckert, Oberlehrer.<br />

213. Engler, Hauptmann.<br />

214. v. Ferentheil und Gruppenberg,<br />

Gen.-Lieutenant und Kommandant.<br />

215. Fischer v. Röslerftamm, Redacteur.<br />

216. Furbach, Iustizrath.<br />

217. Gadebusch, Stadtrath.<br />

218. Dr. Gaebel, Gymnasiallehrer.<br />

219. Gehrte, Divisionspfarrer.<br />

220. Geiseler, Director.<br />

221. Gentzensohn, Buchdruckereibesitzer.<br />

222. Gerber, Kaufmann.<br />

223. Versta eck er, Landesgerichtsrath.<br />

224. Giesebrecht, Syndicus.<br />

225. Goedeking, K. Bau-Inspector.<br />

226. Rud. Grantze, Kaufmann.<br />

227. Dr. Oraßmann, Gymnasiallehrer.<br />

228. C. Greffrath, Kaufmann.<br />

229. Gribel, General-Consul.<br />

230. v. Gronefeld, Ober-Regierungsrath.<br />

231. R. Grundmann, Kaufmann.<br />

232. Dr. Haag, Oberlehrer.<br />

233. Haken, Oberbürgermeister.


322 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />

234. Hämmerst ein, Amtsrichter.<br />

235. Heinrich, Director.<br />

236. Hemptenma cher, Kaufmann.<br />

237. Dr. Hering, Professor.<br />

238. Herotizky, Kaufmann.<br />

239. Hertel, Gewerberath.<br />

240. v. Heyden-Cadow, Landes-Director.<br />

241. Hirt, Lehrer.<br />

242. Hoffmann, Oberlehrer.<br />

243. Itzinger, Amtsgerichtsrath.<br />

244. Job st, Oberlehrer.<br />

245. Kabisch, Director.<br />

246. Kant, Gymnasiallehrer.<br />

247. C. Kanzow, Kaufmann.<br />

248. Kar kutsch, Kaufmann.<br />

249. Karow, Commerzienrath.<br />

250. G. A. Kaselow, Kaufmann.<br />

251. Kern, Gymnasialdirector.<br />

252. Kietzling, Referendar.<br />

253. Kist er, Consul.<br />

254. Knorrn, Rentier.<br />

255. Köhn, Staatsanwalt.<br />

256. Dr. König, Redacteur.<br />

257. Kossack, Baumeister.<br />

258. Krähn st öwer, Kaufmann.<br />

259. Kreich, Kaufmann.<br />

260. Krum macher, Consistorialrath.<br />

261. Dr. Kühne, Oberlehrer.<br />

262. Küster, K. Forstmeister.<br />

263. Küster, Landgerichtsrath.<br />

264. Laetsch, Rector.<br />

265. Lang hoff, Kaufmann.<br />

266. Lebeling, Buchdruckereibesitzer.<br />

267. Lemcke, Professor.<br />

268. Lenz, Baumeister.<br />

269. Dr. Lieber, Oberlehrer.


Beilage 0. 323<br />

270. Lincke, Realschullehrer.<br />

271. Di-. Loewe, Gymnasiallehrer.<br />

272. Lossius, Direktor.<br />

273. Magunna, Director.<br />

274. A. Ma nasse, Kaufmann.<br />

275. Dr. Manke, Gymnasiallehrer.<br />

276. Dr. Marburg, Oberlehrer.<br />

277. Marquardt, Medizinal-Assessor.<br />

278. Masche, Iustizrath.<br />

279. Metzel >n., Rentier.<br />

280. W. H. Meyer, Kaufmann.<br />

261. Isidor Meyer, Kaufmann.<br />

282. Milentz, Amtsgerichtsrath.<br />

283. Mitzlaff, Kaufmann.<br />

284. Dr. ^ni-. Moll, Amtsrichter.<br />

285. Mügge, Inspeetor.<br />

286. Müller, Direttor der Provinzial-Zuckersiederei.<br />

287. Müller, Prediger.<br />

288. u. d. Nahmer, Buchhändler.<br />

289. Niekammer, Buchhändler.<br />

290. F. A. Otto, Kaufmann.<br />

291. Petersen, Director der Nordd. Seeund<br />

Fluß-Vers.-<strong>Gesellschaft</strong>.<br />

292. Pfeiffer, Kaufmann.<br />

293. E. Pietschmann, Kaufmann.<br />

294. Carl Julius Piper, Kaufmann.<br />

295. Pitsch, Professor.<br />

296. Pitzschky, Geh. Iustizrath.<br />

297. Fr. Pitzschky, Kaufmann.<br />

298. Di-. Prümers, Archivar.<br />

299. Purgold, Kaufmann.<br />

300. Rabbow, Kaufmann.<br />

301. Rahm, Geh. Commerzienrath.<br />

302. v. Redei, Kaufmann.<br />

303. Em. Richter, Kaufmann.


324 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />

304. Roh leder, Kaufmann.<br />

305. Di-. Rühl, Gymnasiallehrer.<br />

306. Rusch, Hauptlehrer.<br />

307. Dr. ui6cl. Sauerhering, Arzt.<br />

308. Saunier, Buchhändler.<br />

309. Dr. in6ä. Scharlau, Arzt.<br />

310. Schenk, Rector.<br />

311. Schiff mann, Archidiakonus.<br />

312. F. F. Schiffmann, Kaufmann.<br />

313. Schinke, Maurermeister.<br />

314. Schintke, Goldarbeiter.<br />

315. Dr. Schlegel, Realschullehrer.<br />

316. Schlesack, Stadtrath.<br />

317. Schlichting, Amtsgerichtsrath.<br />

318. W. Schlutow, Geh. Commerzienrath.<br />

319. A. Schlutow, Stadtrath.<br />

320. Th. Schmidt, Oberlehrer.<br />

321. Schmidt, Oberlandesgerichtsrath.<br />

322. Schmidt, Landgerichtsrath.<br />

323. Schmidt, Zeichenlehrer.<br />

324. Schreyer, Consul.<br />

325. Sch ridde, Lehrer.<br />

326. Hellm. Schröder, Kaufmann.<br />

327. v. Schrot ter, K. Forstmeister.<br />

328. Schubert, Kaufmann.<br />

329. C. H. S. Schultz, Director.<br />

330. Fr. Leop. Schultz, Kaufmann.<br />

331. Schultz, Prediger.<br />

332. Schultz, Regierungs- und Provinzial-<br />

Schulrath.<br />

333. Sehlmacher, Iustizrath.<br />

334. Sievert, Director.<br />

335. Silling, Kaufmann.<br />

336. Sotzmann, K. Oberförster a. D.<br />

337. Sperling, Rentier.<br />

338. I)r. inoä. Steffen, Sanitätsrath.


Beilage 0. 325<br />

339. Steffen!) a gen, Gymnasiallehrer.<br />

340. Steinmetz, Prediger.<br />

341. Sdenbeck, Kaufmann.<br />

342. Thierry, Reichsbankkassirer.<br />

343. Thym, Vankdirector.<br />

344. Ferd. Tiede, Kaufmann.<br />

345. Trieft, Ober-Regierungsrath.<br />

346. Uhfadel, Bankdirector.<br />

347. Wächter, Conful.<br />

348. Di-. Walter, Gymnasiallehrer.<br />

349. Di-. A. Wegner, Schulvorsteher.<br />

350. Dr. E. Wegner, Arzt.<br />

351. R. Wegner, Kaufmann.<br />

352. Wehmer, Kaufmann.<br />

353. Di'. Wehrmann, Geh. Regierungsrath.<br />

354. Weigert, Amtsrichter.<br />

355. I)i-. Weicker, Gymnasial-Director.<br />

356. Di-. Weitze, Fabrikbesitzer.<br />

357. Wendlandt, Iustizrath.<br />

358. Werner, Rechtsanwalt.<br />

359. Weyland, Kaufmann.<br />

360. Di-. Wißmann, Medizinalrath.<br />

361. Dr. Wolff, Chef-Redacteur.<br />

362. A. H. Zander, Kaufmann.<br />

363. v. Zepelin, Hauptmann.<br />

364. I)r. Ziegel, Stabsarzt.<br />

bei Stettin 365. Kolbe, Rittergutsbef. in Pritzlow.<br />

366. v. Ramin, Geh. Rath in Brunn.<br />

367. Wetzel, Pastor in Mandelkow.<br />

in Stojenthin 366. Ianczikowski, Lehrer/<br />

in Stolp i. P. 369. v. Homeyer, Rittergutsbesitzer.<br />

370. Pippow, Baumeister.<br />

371. Oscar Meyer, Kaufmann.<br />

372. v. Reckow, General-Major z. D.<br />

373. Max Schrader.<br />

bei Stolp i.P. 374. Arnold, Rittergutsbef. u. Lieut. in Rectz.


326 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />

375. Treubrod, Brennerei - Inspector in<br />

Gumbin.<br />

inStolzenburg 376. I. Laß, Ortsvorsteher,<br />

bei Trampte 377. Abraham, Rittergutsbes. in Sassenhagen.<br />

378. Kolbe, Rittergutsbes. in Uchtenhagen.<br />

379. Rohrbeck, Rittergutsbes. in Sassenhagcn.<br />

380. Kypke, Pastor in Buche.<br />

inSwinemünde 381. Weber, Amtsrichter.<br />

382. Dr. Wilhelm:, Kreisphysicus.<br />

in Treptow a.R. 383. Boden st ein, Bürgermeister.<br />

384. Di-. Bouterwek, Gymnasial-Director.<br />

385. Calow, Kreisrichter a. D. und Landschaftssyndicus.<br />

386. Petrich, Archidiaconus.<br />

b.Treptowa.R.387. Stumpf, Oberförster in Grünhaus,<br />

in Treptow a.T. 388. Oelgardt, Conrector.<br />

b. Treptow a.T. 389. Thilo, Pastor in Werder.<br />

bei Uchtdorf 390. Agahd, Lehrer in Iägersfelde.<br />

in Ueckermünde 391. Graf v. Rittberg, Landrath.<br />

beiUeckermünde 392. v. Enckev ort, Rittergutsbes. i. Vogelsang.<br />

bei Vietzig 393. v. Zitzewitz, Rittergutsbes. in Zezenow.<br />

394. v. Gruben, Rittergutsbes. in Comsow.<br />

in Wangerin 395. Petermann, Zimmermeister,<br />

bei Wangerin 396. v. Puttkammer, Rittmeister a. D. in<br />

Henkenhagen.<br />

in Wartenberg i. P. 397. Wentz, Superintendent,<br />

bei Wartenberg i. P. 398. Hildebrandt, Superintendent in<br />

Babbin.<br />

in Wolgast 399. Vödcher, Gymnasiallehrer.<br />

400. Herm. Witte, Kaufmann,<br />

bei Wolgast 401. Kasten, Pastor in Katzow.<br />

bei Zinnowitz 402. Dieckmann, Pastor in Netzelkow.<br />

in Züllchow 403. Dr. iu6ä. Steinbrück, Arzt.


Beilage 0. 327<br />

L. Außerhalb Pommerns.<br />

in Angermünde 404. Dr. tlieoi. 6t pliil. Mathieu, Pastor,<br />

in Barmen 405. Hasse, Aftothekenbesitzer.<br />

406. Schultz, Polizei-Inspector.<br />

in Berlin 407. A. Arndt, Lehrer.<br />

408. Bartz, Anstaltsprediger in Plötzensee.<br />

409. v. Corswandt, Rentier.<br />

410. v. Hellermann, Rittmeister.<br />

411. v. Hellermann, Lieutenant.<br />

412. O. Iähnke, Universitäts-Vibliothekar.<br />

413. v. Kessel, Major z. D.<br />

414. Oppenheim, Ober-Tribunalsrath.<br />

415. v. Rönne, Landgerichtsrath.<br />

416. v. Somnitz, Lieutenant.<br />

417. Supprian, Seminar-Director.<br />

418. Tourbiö, Amtsrichter a. D.<br />

in Brandenburg a. H. 419. v. Kameke, Major,<br />

in Culm 420. Faßmann, Gymnasiallehrer.<br />

in Danzig 421. Bertling, Archidiaconus und Stadtbibliothekar.<br />

422. Dr. Giese, Lehrer an der Realschule<br />

zu St. Johann.<br />

in Eberswalde 423. Viedenz, Kgl. Bergmeister,<br />

in Frankfurt a. O. 424. G. v. Grumbkow.<br />

in Glogau 425. Gallus, Rechtsanwalt,<br />

in Hadersleben 426. Harms, Staatsanwalt,<br />

in Halle a. S. 427. Dr. Heydemann, Professor.<br />

428. Dr. Wehrmann, Gymnasiallehrer,<br />

in Kiel 429. Dr. Haupt, Professor,<br />

in Königsberg i. N. 430. Dr. v. Lühmann, Oberlehrer,<br />

in Königsberg i. Pr. 431. Dr. Carus, Gen.-Superintendent.<br />

bei Krziczanowitz 432. Weltzel, Geistl. Rath in Tworkau.<br />

in Lennep 433. Enke, Lehrer,<br />

in Luckenwalde 434. Dr. rued. Klamann, Arzt,<br />

in Lissa Ng.-V. Posen 435. Knoop, Gymnasiallehrer.


328 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />

bei Nechlin 436. v. Winterfeld, Rittergutsbesitzer in<br />

Neuenfeld.<br />

bei Pfaffendorf 437. E. Vahrfeld, Rittergutsbesitzer und<br />

Amtsvorsteher in Rietz-Neuendorf.<br />

in Pofen 438. v. Kunowski, Oberlandesger.-Präsident.<br />

in Potsdam 439. v. Lettow, Oberst im 1. Garde-Regiment<br />

zu Fuß.<br />

bei Schönfließ i. N. 440. Eick, Amtsrath in Steinwehr.<br />

in Siegen 441. Dr. Taegert, Direetor.<br />

in Schwetz 442. Magunna, Amtsrichter.<br />

in Tarnowitz 443. Dr. Pfundheller, Oberlehrer.<br />

bei Neu-Trebbin 444. Tesmer, Pastor in Alt-Trebbin.<br />

in Wiesbaden 445. Müller, Assessor a. D.<br />

in Wittenberg 446. Paul, Hauptsteueramts-Controlleur.<br />

in Würzburg 447. Dr. Schröder, Professor.


Vugcnhagcns Hamburger Kirchen-Ordnung<br />

von 1529.<br />

Sollte sich irgendwo in öffentlichein oder privatem Besitze<br />

eine ältere Handschrift von Johannes Vngen Hagen Der<br />

Erbaren Stadt Hamborg Cristlike Ordeninge vom<br />

Jahre 1529 in niederdeutscher Sprache finden, so möchte<br />

der Unterzeichnete bitten, ihm davon Mittheilung zn machen;<br />

namentlich Handschriften ans dem 16. Jahrhundert wären sehr<br />

erwünscht. Hamburg, Pastorenstraße 13.<br />

Carl Vertheau, Pastor Zn St. Michaelis.<br />

Bngenhagens Wolliner Kirchen-Ordnung<br />

von 1535.<br />

Die von Fr. Koch in seinen Erinnerungen an Ioh. Bugenhagen<br />

1817 benntzte Kirchen-Ordnung, welche Vugenhagen <strong>für</strong><br />

seine Vaterstadt Wollin abfaßte, ist seitdem verschollen. Jede<br />

Nachricht über den Verbleib derselben würde von größtem Werthe<br />

sein und wir bitten, solche vorkommenden Falls an den Herrn<br />

Staats archivar Di'. von Vülow in Stettin richten zn<br />

wollen.<br />

Der Vorstand des Vereins <strong>für</strong> <strong>Pommersche</strong> <strong>Geschichte</strong><br />

nnd Alterthmnstttnde.<br />

Verlag von Wolf Lothar Oemler in Hamburg.<br />

Anfang September d. I. wird erscheinen:<br />

Pommrsche Lebens- und Landcsbildcr.<br />

Aus dem Jahrhundert Friedrichs des Großen.<br />

Von Hermanu Petrich,<br />

Archidiakouus in Treptow a. d. R., Gymnasiallehrer a. D.<br />

ungef. 28 Bogen 8"; broch. etwa 5 ^., eleg. geb. etwa 6 ^.<br />

I n h a l t :<br />

1. Nicolaus Ludwig Graf von Zinzendorf. 2. Ewald Christian<br />

von Meist. 3. David Ruhnken. 4. Christian Gottfried Aßmann.<br />

5. Wilhelm Sebastian von Belling und der siebenjährige Krieg in<br />

Pommern. 6. Karl Wilhelm Ramler. 7. Johann Joachim Spalding.<br />

8. Franz Balthasar Scho'nbergk von Arenkenhoff und die<br />

wirthschaftlichen Verhältnisse Pommerns vor hundert Jahren. 9<br />

Johann Kaspar Lavater. ^0. Ewald Friedrich Graf v. Hertzberg.<br />

11. Johann Heinrich Ludwig Meierotto. 12. Johann Friedrich<br />

Zöllner und seine Reise durch Pommern i. I. 1795.<br />

Bestellungen auf obige Werke werden von allen Buchhandlungen<br />

wie von der Verlagsbuchhandlung entgegengenommen.


Diejenigen Mitglieder, welche im Besitz älterer Jahrgänge, besonders I., IR., XII. 2, XXI. 1, XXIV.<br />

und XXVIII. der Balt. Studien sind und kein besonderes Interesse an denselben haben, werden hoflichst<br />

ersucht, sie entweder gratis oder gegen einen zu verabredenden Preis der <strong>Gesellschaft</strong> zu überlassen.<br />

Der Vorstand.<br />

'<br />

^'<br />

co<br />

^


Inhalts « Verzeichnis<br />

S.<br />

v. Bülow: Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> des pommerscheu<br />

Schulwesens 329-411


Beitrage<br />

zur <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

im 16. Jahrhundert<br />

von Dl'. G. von Bülow, königl. Staatsarchivar.<br />

Einleitung.<br />

Die pommerschen Schuleinrichtungen zur katholischen Zeit<br />

waren im Wesentlichen dieselben wie in anderen Theilen des<br />

nördlichen Deutschlands. Die reformatorischen Bestrebungen<br />

Karls des Großen auf dem Gebiet des Unterrichtswesens können<br />

begreiflicherweise sür Pommern ebenso wenig wie der Verfall<br />

desselben unter seinen Nachsolgern in Betracht kommen; vielmehr<br />

tritt mit Nebcrgehung der Vorstufen die Schule hier zu Lande<br />

in demjenigen Grade der Entwickelung in die Erscheinung, den<br />

sie im 13. Jahrhundert überall erreicht hatte. Die deutschen<br />

Einwanderer brachten nur, was sie selbst besaßen. Im Mittelalter<br />

war die Kirche die alleinige Trägerin aller Bildung; sie<br />

allein war in der Lage, das vorhandene Wissen durch Unterricht<br />

weiter zu verbreiten. Die Schule, von der Kirche ausgehend<br />

und ein Theil derselben, wurde von deren Dienern geleitet<br />

und hatte den hauptsächliche:: Zweck, die Idee der Kirche so<br />

zu verwirklichen, wie das Mittelalter dieselbe kannte, neue<br />

Diener derselben heranzubilden und zu kirchlicher Frömmigkeit<br />

zu erziehen. Diese innige, lebendige Beziehung zwischen Schule<br />

und Kirche zeigt sich deutlich auch durch die äußere Verbindung,<br />

in der beide zu einander stehen. Fast überall sind die ältesten<br />

Schulen einer Pfarrkirche, einem Domstift, einem Kloster affiliirt.<br />

21


330 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

So waren es in Greifswald die Dominikaner und Franziskaner,<br />

welche in den zu ihren Klöstern gehörenden Schulen das Quadrivinm<br />

(Arithmetik, Geometrie, Musik nnd Astronomie) lehrten;<br />

die Nicolai- und Marienkirche daselbst hatten jede ihre Trivialschule<br />

(<strong>für</strong> Grammatik, Rhetorik und Dialcctik), während die<br />

niedere Schreib- nnd deutsche Schule mit der Iacobikirche verknüpft<br />

war. l) Bei Fundirung des Marienstifts in Stettin i. I.<br />

1262 wurde mit demselben eine Schule verbunden;^) und als<br />

diese nicht mehr zureichte, erhielten i. I. 1391 die Provisoren<br />

der Iacobikirche durch päpstliche Vollmacht Erlaubniß, auch<br />

ihrerseits eine Schule zu eröffnen und einen tüchtigen Lehrmeister<br />

<strong>für</strong> dieselbe anzunehmen. ^) Von der Existenz der Domschule<br />

zn Camin in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts<br />

geben die Statuten des Capitels einige Nachricht. ^) Nicht viel<br />

fpäter geschieht auch der colberger Domschule zuerst Erwähnung;<br />

ein Vertrag von 1378 regelte das Verhältnis; des dortigen<br />

Capitels und des Rathes der Stadt zu derselben. ^) Um örtlich<br />

nicht zu weit auszuschweifen, erwähne ich nur, daß im<br />

benachbarten Meklenbnrg schon nm 1300 weltliches Patronat<br />

Yon Schulen vorkommt; so übertrug am li. Aug. 1297 die<br />

Fürstin Anastasia daselbst dem Rath zu Wismar das Patronat<br />

der dortigen Schulen. ^)<br />

Die Einrichtung dieser Schulen war so, daß bei einem<br />

Kloster der Abt, bei einem Domstift der das Amt eines Scholasticus<br />

bekleidende Capitular nicht etwa als Rectoren der Schule<br />

fnngirten, sondern vielmehr nur die Oberaufsicht über dieselbe<br />

führten. Sie ernannten den Rector, der seinerseits nach Be-<br />

1) Lehmann, Gesch. d. Gymn. zu Greifswald, Seite 1. Albert Nest-<br />

val, Schulmeister in Greifswald, kommt 1445 vor, f. Staatsarchiv zn<br />

Stettin: Orig. Greifswald Nr. 8; nnd ebenda Orig. Kl. Nenencainp<br />

Nr. 102 ein Schnlmeister Johannes in Richtenderg fchon 134l).<br />

2) Friedeborn, Beschreibung von Alten-Stettin, l. Seite 42 ohne<br />

urkundlichen Beleg.<br />

Z) Zachariae, Histor. Nachr. von der Nathsschnle in Stettin, Seite 12.<br />

4) Klempin, Diplom. Beiträge, Seite ->03 ff.<br />

5) Niemann, Gesch. d. Stadt Colberg, Seite 470.<br />

«) Meklbg. Urtdch. Nr. 1506.


von Dr. v. Vülow. 331<br />

dürfniß Lehrer miethete (locati), nnd in Gemeinschaft mit ihnen<br />

den Unterricht ertheilte. Das Schnlgeld war nach den Vermögensverhältnissen<br />

der Schüler oder nach ihrer Zugehörigkeit<br />

zur Stadt verschieden nnd wurde zwischen dem Scholasticus,<br />

dem Rector nnd den Locaten zu ungleichen Theilen getheilt.<br />

Da die letzteren und der Nector in der Regel geistlichen Standes<br />

waren und keinen eigenen Haushalt hatten, so erhielten sie ihren<br />

Tisch bei den Bürgern oder in dem Kloster, zu dem die Schule<br />

gehörte.<br />

Die Resultate der Schulen des Mittelalters dürfen nicht<br />

mit dem Maaßstab der Gegenwart gemessen werden. Nächst<br />

dem Donat wnrde der Cisio Ianus und eine Anzahl biblischer<br />

<strong>Geschichte</strong>n, letztere häufig in versificirter Form, gelernt; das<br />

höchste Ziel des Schulunterrichts aber und der Uebergang zu<br />

höheren Stndien waren die Disticha Catonis. Die Verwendung<br />

der Schüler znm Kirchendienst, am Altar oder bei Leichenbegleitung,<br />

namentlich bei der Kirchenmusik, findet sich schon früh. ^)<br />

Für wissenschaftliche Zwecke war, von zeitweisem Verfall<br />

abgesehen, diese Einrichtung verhältmäßig gut, obgleich zugegeben<br />

werden mnß, daß die auf den Schulen des Mittelalters<br />

dargebotene Bildung immer eine fremde war, der die Veziehnngen<br />

zum Leben des Volkes fehlten. Wer daher die Bedürfnisse<br />

des täglichen bürgerlichen Lebens im Angc hatte, das<br />

bei dem wachsenden Verkehr allmählig andere Forderungen<br />

stellte, denen die bloße Schreib- und deutsche Schule nicht<br />

immer gerecht werden konnte, der sah sich nach andern Anstalten<br />

nm; denn der freie Verkehr in den großen Handelsstädten zumal<br />

setzte Kenntnisse voraus, die in den geistlichen Schulen<br />

wenig oder gar nicht geachtet wurden. Diesem Bedürfniß entsprechen<br />

mit der Zeit die weltlichen Schulen, welche weil von<br />

der höchsten städtischen Behörde eingerichtet oder doch unter<br />

ihrer Obhut stehend, vielfach den Namen Raths- oder auch<br />

bloß Stadtschulen tragen.<br />


332 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

Im evangelischen Teutschland sind die meisten höheren<br />

Vildungsanstalten Kinder der Reformation; die ersten Rectorcn<br />

derselben waren in der Regel unmittelbare Schüler von Luther<br />

und Melanchthon; zu deren Füßen hatten sie gesessen, auf<br />

deren Empfehlung hatten sie die Leitung ihrer Schule über-<br />

tragen erhalten. Sie waren es daher anch, die den Geist von<br />

Wittenberg überall weiter verbreiteten und allen um die Mitte<br />

des 16. Jahrhunderts entstandenen oder neu eingerichteten<br />

höheren Schulen ein kirchliches Gepräge gaben. Was aber<br />

ganz neu war und, wie der evangelischen Kirche, so auch der<br />

Schule eine wesentlich andere Stellung gab als vorher, war<br />

die Erhöhung der <strong>für</strong>stlichen Gewalt, die anf dem Gebiet der<br />

Schule sich kund gab durch das Erlassen von Schulord-<br />

nungen <strong>für</strong> ganze Länder mit zahlreichen oft recht detail-<br />

lirten Forderungen. An den Rechtsverhältnissen dagegen ward<br />

Weniger geändert. Wie die Schule daher früher der katho-<br />

lischen Kirche eingefügt war, so erscheint sie jetzt als ein ergän-<br />

zender Theil der evangelischen Kirche, und nicht minder erhalten<br />

die Lehrer als Beamte dieser Kirche die Existenzmittel wenigstens<br />

theilweise von derselben. Man folgte der richtigen Ueberzeugung,<br />

daß die geistlichen Güter am besten dadnrch verwendet würden,<br />

daß man durch Gründung von Schnlen tüchtige Kräfte <strong>für</strong> den<br />

Dienst der Kirche heranbildete. Ein ziemlich frühes Beispiel<br />

dieser Gesinnung gab in Pommern die Stadt Stolp, indem sie<br />

alle bei der dortigen Pfarrkirche gestifteten Memoriengelder auf<br />

einmal zur Einrichtung einer Schule darstreckte. ^) Andererseits<br />

war auch den Geistlichen, selbst wo sie nicht die Vorgesetzten<br />

der Schule waren, ein Aufsichtsrecht über dieselbe geblieben<br />

oder durch die evangelische Schulorduung ueu gegeben; sie hatten<br />

die anzustellenden Lehrer zu prüfen und einznführeu, sie besaßen<br />

in den Aligelegenheiten der Schnle mindestens eine berathende<br />

Stimme; namentlich aber war bei Einführung neuer Schul-<br />

gesetze ihre Meinung von großer Bedentung. Endlich wurde<br />

bei den Kirchenvisitationen Alles, was die Schule anging, von<br />

Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I.-Tit. 118. Nr. 15.


von Di'. v. Bülow. 333<br />

der damit betrauten Commission, an deren Spihe in Pommern<br />

der Superintendent als der erste Geistliche des Landes stand,<br />

nicht minder eingehend geprüft wie die kirchlichen Angelegenheiten,<br />

und den noch vorhandenen Kirchenvisitationsprotokollen<br />

verdanken wir beinahe Alles, was uns über das pommersche<br />

Schulwesen nicht nur des 16. Jahrhunderts erhalten geblieben ist.<br />

Die evangelischen Schulordnungen der Reformationszeit<br />

sind in zwei Familien eingetheilt worden und umfassen, die eine<br />

die allgemeinen, die andere die Localsch ulordnungen.<br />

Jene sind meist den allgemeinen Kirchenordnungcn einverleibt<br />

und schließen sich <strong>für</strong> Norddcutschland an die kursächsische und<br />

braunschweigsche Kirchenordnung, beide von 1528, an; erstere<br />

von Melanchthon, letztere von Bugcnhagen verfaßt. ^) Auch<br />

die pommersche vermehrte Kirchenordnung von 1563, von den<br />

drei Superintendenten Paul von Rhoda, Iaeob Runge und<br />

Georg Venediger verfaßt (die erste pommersche Kirchenordnnng<br />

von 1535 stammt von Vugenhagcn), enthält im fünften Theil<br />

„Van den Scholen" die Grundlagen, auf denen das evangelische<br />

Schnlwefen in Pommern sich aufbaute. ^) Die auf Grund<br />

dieser allgemeinen Ordnung neu organisirten oder neu gegründeten<br />

pommcrschen Schuleu erhielten in Localschulordnungcn<br />

ihre specielleren Gesetze, oft in solcher Ausführlichkeit, daß erst<br />

sie ein vollständiges Bild des paedagogischcn Lebens und Strebens<br />

jener Zeit vermitteln. Namentlich die nach der Synode von<br />

1593 in ganz Pommern abgehaltene Kirchenvisitation beschäftigte<br />

sich in eingehender Weise mit den in den verschiedenen Städten<br />

eingerichteten Schulen.<br />

Es ist soeben der Name des Mannes genannt worden,<br />

2) Vormbaum, Evangel. Schulordnungen, I. S. 1 u. 8.<br />

n) Kerckenordening Im Lande tho Pomern 2c. Wittemberg 1563.<br />

Den 5. Theil „Von den Schulen" s. Vormbaum a. a. O. Seite 165.<br />

Bngenhagens Kirchenordnnng von 1535 schließt sich an die von Braunschweig<br />

(15)38), Hamburg (1529) und Lübek (1531) an und tragt den<br />

Titel 1 Kercken-Ordeninge des gantzen Pamerlandes 2c. Wittenberg 1535.<br />

Sie ist abgedruckt in A. von Balthasar


334 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

den Pommern mit besonderem Stolz den Seinen nennt, Johann<br />

Vugenhagen, dessen Werth als Gelehrter überhaupt, als gründlicher<br />

Interpret der heiligen Schrift, als praktischer und theoretischer<br />

Theologe und als Mitarbeiter am Werke der Reformation<br />

nicht geschmälert wird durch Hervorhebung seiner Verdienste<br />

als Schulmann und Schulverbesserer. Von 15()3—1517<br />

unausgesetzt uud mit Unterbrechung noch bis 1521 als Lehrer<br />

uud Rector der großen Schule zu Treptow a. R. thätig, brachte<br />

er dieselbe in hohen Aufschwung; von weither, aus Westfthalen<br />

und Livland strömten ihm Schüler herzu nach der unbedeutenden<br />

Stadt in Hinterpommern, und vielleicht noch bis Ende des 16.<br />

Jahrhunderts bewahrte seine Schule etwas von seinem Geiste.<br />

Der Erste war allerdings Bngenhagen nicht, der in Pommern<br />

öffentlich Hand an die Verbesserung der Schulen gelegt hat.<br />

Schon 1525 ließen der Rath und die Achtundvierzig von<br />

Stralsund durch Johann Aepinus, Rector daselbst, eine tüchtige<br />

Kirchen- und Schulordnung in plattdeutscher Mundart entwerfen<br />

und veröffentlichen, und wenige Jahre danach erschien, von<br />

sämmtlichen Geistlichen der Stadt uuterschrieben, ein Anhang<br />

dazu. Erst 1535, also zehn Jahre später, arbeitete Vugenhagen<br />

nach dem <strong>für</strong> die Sache der Reformation in Pommern maßgebenden<br />

Landtage zu Treptow a. R. <strong>für</strong> Stralsund ebenfalls<br />

eine Kirchenordnung aus, in welcher ein eigner kurzer Abschnitt<br />

„Van den scholen" handelt. ") Ist mm auch des Aepinus<br />

Schulordnuug mit ihrem Anhang gleich derjenigen Bugenhagens<br />

nur ein Entwurf, der allgemeine Regeln aufstellt, die Ausführung<br />

ins Einzelne aber Andern überläßt, so kann die Stadt Stralsuud<br />

es sich doch zur Ehre anrechnen, daß ihre Altvordern auf so<br />

tüchtige Weise und als die Ersten in Pommern <strong>für</strong> das Wohl<br />

der Kirche und Schnle ihrer Vaterstadt zu sorgen bemüht gewesen<br />

sind. In demselben Jahre erstreckte sich Bugenhagens Visitationsarbeit<br />

auch auf Wollin. Mit besonderer Liebe mag er<br />

das Schulwesen dieses seines Heimathsortes erfaßt und sich der<br />

") Alle drei stralsunder Ordnungen sind abgedruckt bei Mohnike<br />

und Zober, Verckmamis stralsund. Chronik, Anhang, Seite 278 ff.


von I)r. v. Vülow. 335<br />

Verbesserung desselben hingegeben haben, denn der Visitationsabschied<br />

von Wollin scheint eingehender und detaillirtcr verfaßt zu<br />

sein als der stralsnnder. Wir müßten, um die Samenkörner evangelischen<br />

Schulwesens, welche Bugenhagens Hand in den vaterländischen<br />

Boden senkte, genau kennen zu lernen, vor Allem diese<br />

von des Reformators eigener Hand niedergeschriebenen Gesetze<br />

und Ordnungen studieren. Leider aber scheint es, daß wir der<br />

Möglichkeit, dies zn thun, gänzlich beranbt sind: das wichtige<br />

Document gehörte einst dem Stadtarchiv zu Wollin nnd wurde<br />

daselbst bis 1817 ausbewahrt, als der Director des Gymnasiums<br />

zu Stettin, Friedrich Koch, es zu seinen als Programm erschienenen<br />

„Erinnerungen an Bugenhagen und seine Verdienste<br />

als Schulreformator" sich erbat. Seitdem ist das werthvolle<br />

Original abhanden gekommen; ein Verlust, der um so beklagenswerther<br />

ist, als eine Abschrift nicht bekannt ist, und wir daher<br />

mit unserer Kenntniß dieser Arbeit des Reformators nur auf<br />

die dürftigen Excerpte Kochs angewiesen sind.<br />

Aus der nicht unbedeutenden Literatur zur <strong>Geschichte</strong> der<br />

pomlncrschen Schulen, welche theils in Gestalt von Programmen,<br />

theils in Form selbständiger Schriften existirt, führe ich<br />

folgende an:<br />

Sam. Elard, Drittes Buch der gollnowschen Schnlgeschichten,<br />

1628. (Das erste und zweite Buch sind nicht erschienen.)<br />

Ioh. Sam. Hering, Immerwährendes Denckmahl der<br />

Güte Gottes, am Gymnasium Carolinum in Stettin verherrlicht,<br />

1744.<br />

Mag. Gotthilf Traug. Zachariä, Nachrichten von der<br />

Raths- und Stadtfchnle zu Alten Stettin, 1760.<br />

Friedr. Koch, Nachricht vom Rathslyceum zu Stettin, 1793.<br />

Friedr. Koch, Der Fürst und die Schnle, 1821.<br />

Eh. D. Breithanftt, Versuch eiuer greifswaldischen Schulgeschichte,<br />

1827.<br />

G. S. Falbe, <strong>Geschichte</strong> des Gymnasmms zu Stargard,<br />

1831.<br />

A. Giesebrecht, <strong>Geschichte</strong> des Gymnasiums zu Neustettin,<br />

1840.


336 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

A. F. W. Hassclbach, <strong>Geschichte</strong> des ehemaligen Pädagogiums<br />

zu Stettin, 1844.<br />

A. F. W. Hasselbach, Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> des Gymnasiums<br />

in Stettin, 1851.<br />

Ludwig Giesebrecht, das Iageteufelsche Colleg in Stettin,<br />

1852.<br />

H. Lehmann, <strong>Geschichte</strong> des Gymnasiums zu Greifswald,<br />

1861.<br />

Ernst Heinrich Zober, Urkundliche <strong>Geschichte</strong> des stralsunder<br />

Gymnasiums, 1839—1860.<br />

Da es uicht in meiner Absicht liegt, auf diesen wenigen<br />

Blättern eine <strong>Geschichte</strong> der pommerschen Schulen zu schreiben,<br />

ich vielmehr nur urkundliches Material als Beitrag zu einer<br />

solchen zu bringen und mit einigen einleitenden und erklärenden<br />

Worten zu versehen beabsichtige, so werden die angeführten<br />

Schriften nur in gelegentlichen Hinweisen benutzt werden. Doch<br />

sei es erlaubt auf die letztgenannte derselben, die <strong>Geschichte</strong><br />

des stralsunder Gymnasiums von Zober, als auf eine vortreffliche,<br />

mit reichhaltigem Urkundenmaterial ausgestattete Monographie<br />

hinzuweisen, als auf die ausführlichste Arbeit, welche<br />

wir über ein pommersches Gymnasium besitzen. Die Erfahrung<br />

hat mich gelehrt, daß noch sehr viel werthvolles Quellenmaterial<br />

zur <strong>Geschichte</strong> auch der pommerschen Schulen unbenutzt<br />

und oft verachtet liegt; möchten diese Zeilen dazu beitragen,<br />

daß diese Schätze gehoben und in gleicher Weise, wie<br />

Zober es <strong>für</strong> Stralsnnd that, zur Förderung unserer Kenntniß<br />

anderer Schulen verwerthet werden. Indem ich im Folgenden<br />

einiges den Schätzen des Königlichen Staatsarchivs zu Stettin<br />

entnommene urkundliche Material zur <strong>Geschichte</strong> der pommerschen<br />

Schulen im Reformationszeitalter vorlege und bespreche, genieße<br />

ich den Vortheil, daß die mitzutheilenden, den Kirchenvisitationsprotocollen<br />

entnommenen Documente bisher unbekannt und unbenutzt<br />

gewesen sind. Ein genaueres Vergleichen ihres Inhalts<br />

mit der Kirchenordnung von 1563 wird zeigen, wie weit die<br />

Bestimmungen der letzteren in den kleineren Städten Pommerns<br />

den dort bestehenden Verhältnissen gemäß zur Ausführung kamen.


von Dr. v. Bülow. 337<br />

Die lateinischen Schnlen.<br />

Das Patronat über die Particular- oder lateinischen Schulen<br />

legten die Schnlreformatoren in die Hände des Raths, der mit<br />

dem Pastor und den Kirchenvorstehern zunächst über die Person<br />

des zu wählenden Rectors und die weiteren Schulangelegenheiten<br />

sich zu einigen hatte. In streitigen Fällen bildete das<br />

Consistorium die höhere Instanz. ^) Man war sich aber der<br />

ursprünglichen Stellung der Schule zur Kirche Wohl bewußt,<br />

uud wo die Verhältnisse danach waren, ließ man die Leitung<br />

thunlichst in den Händen der Geistlichkeit. So heißt es im<br />

Kirchenvisitationsprotocoll von Colberg vom Jahre 1568: „Nachdcme<br />

die Capitularen von Alters haben die Kirchen und Scholempter<br />

darselbest vorwaltet, vorshein und bostellet, aber in<br />

Voranderunge der Religion sich desselben auch der Rhadt hatt<br />

angenummen, — — so sollen — — die residirende Capitularen<br />

sich mit dem Nhade Zu Colberge — —- fruntlich underreden<br />

:e." ^) Die Iurisdiction dagegen verblieb dem Herzog<br />

allein, wenigstens bestritt der Superintendent Jacob Runge<br />

1591 dem Rath zu Barth entschieden das Recht, den dortigen<br />

Schulmeister Cleopellus (Klöppel), der sich unordentlichen Wandels<br />

schuldig gemacht hatte, zu entlassen, da dies Recht den Städten<br />

im Lande Wolgast nie gestattet worden sei. Der Rath habe<br />

vielmehr die Bestrafung beim herzoglichen Consistorium als<br />

der höchsten Instanz in geistlichen Angelegenheiten zu beantragen.<br />

^) Auch den Capitularen vom Marienstift in Stettin<br />

verblieb ein gewisses Recht über die Schule daselbst.<br />

Ein großer Uebelstand, der, aus der vorreformatorischen<br />

Zeit überkommen, den lateinischen Schulen auch in Pommern<br />

l2) „Die Onericheit in groten sieden, dar gude particular Scholeu<br />

synt, Hebben — — den Scholmeister tho vociren :c." In den Städten<br />

sollten zwei Rathsherren und die Pastoren alle Vierteljahr die<br />

Schule visinren, all? zwei Jahr aber der Superintendent. Pomm.<br />

Kirchenordnung von 1563<br />

") Staatsarchiv zn Stettin: Stett. Arch. 1^. III. Tit. 1. Nr. 1.<br />

") Staatsarchiv zu Stettin: Wolg. Arch. Tit. 63. Nr. 119.


338 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

noch lange anklebte, war das Handwerkmäßige der Schulmeistert,<br />

das auch an einzelnen Stellen der Kirchenordnung von 1563 noch<br />

durchklingt. Der Schulmeister (ludi m^istoi-, wäi moäLi-Htoi-,<br />

seltener i-sotoi-) wurde, wie oben erwähnt, auch jetzt<br />

noch von der Schulbehörde gewählt und mit seinem Amte<br />

wohl auch unter förmlicher Überreichung der Ruthe belehnt. ^)<br />

Daß die letztere nicht bloß äußeres Zeichen der Machtvollkommenheit<br />

war, sondern stark gehandhabt wnrde, da<strong>für</strong> lassen<br />

sich zahlreiche Beweise bringen; aber während andere Schulordnungen<br />

über denjenigen Körpertheil, an dem die Ruthenstrafe<br />

applicirt werden soll, sich eingehend vernehmen lassen ^),<br />

ist in den pommerschen Localschulordnungen von der Ruthe<br />

nur im Allgemeinen die Rede. Nur einmal, in Wolgast,<br />

heißt es, der Zuwiderhandelnde ,,p06u^8 Inot uatidu3".<br />

Der Schulmeister miethete die Lehrer, die Schulgesellen, oft<br />

nur aus der Masse der von Ort zn Ort ziehenden fahrenden<br />

Schüler, die als ^3.6ä^0^i Unterricht gebend wie nehmend,<br />

eine Mittelstufe von recht zweifelhaftem Werth darstellten, während<br />

als Lehrlinge im Schulgewerk die Schüler zu denken<br />

sind. Einen anderen Mangel rügt die Kirchenordnung von<br />

1563, wenn sie der Obrigkeit aufgiebt, darauf zu sehen, daß<br />

die Lehrer wo möglich auf gewisse Jahre angestellt und nicht<br />

ohne erhebliche Ursache kurzweg entlassen werden; „diewile vele<br />

voranderinge der praeceptoren der joget schedlich". Es kam wohl<br />

vor, daß ein tüchtiger Schulmeister (Rcctor), nachdem er sich<br />

Stellung zu verschaffen gewußt hatte, eine Reihe von Jahren<br />

feiner Schule rühmlich vorstand, die Lehrer aber blieben felten<br />

lange, und die ungünstige Rückwirkung so raschen Wechsels auf<br />

den Unterricht konnte nicht ausbleiben. Der Grund, warum<br />

'5) „und leßet der Rhatt ihme durch den Stadtschreiber Rueten<br />

und Stogk <strong>für</strong> den Knaben uberandtworten mit bovhelig und Ermhauunng,<br />

das alle ihn <strong>für</strong> ihreu Schuelmeister sollen erkennen." Staatsarchiv<br />

zu Stettin: Nachr. über die Schnle in Barth 1584. Wolg. Arch.<br />

Tit. 63. Nr. 119. Vgl. auch Lehmann a. a. O. Seite 17.<br />

!6) Kriegk, Deutsches Bürgerthum im Mittelalter, Neue Folge,<br />

1871, Seite 104, aus einer nürnberger Schulordnung von 1500.


von Dr. v. Bülow. 339<br />

die Lehrer so vielfach und schnell wechselten, ist außer der ihnen<br />

etwa innewohnenden Wanderlust in den kläglichen Gehaltsverhältnissen<br />

Zu suchen. In Cöslin erhielt nach dem „Extract<br />

der alten nnd newen Besoldungen der Kirchenn- Schulen- und<br />

Castendiener" im Jahre 1555") der Rector 30 Gnlden, der<br />

Cantor 20 Gulden, und der Bacealaureus 10 Gulden. Am<br />

21. Dez. 1569 wurde eine Aufbesserung nnter Vorbehalt herzoglicher<br />

Genehmigung beschlossen, wonach der Rector eine Zulage<br />

von 25 Gulden, der Cantor eine von 20 und der Baccalaureus<br />

eine von 15 Gnlden bekommen sollte. Es scheint aber damit<br />

nicht nach Wunsch gegangen zu sein, denn die Kirchenvisitation<br />

von 1591 giebt den Kirchenprovisoren auf, da<strong>für</strong> zu sorgen,<br />

daß Rector, Cantor und Baccalaureus zu ihrer bisherigen<br />

Besoldung je zehn Gulden Zulage erhalten. ^) Holz und Licht<br />

hatten die Schüler, resp. deren Eltern zu beschaffen; Lichter<br />

wurden noch bis in die neueste Zeit an manchen Orten von<br />

jedem Schüler zur Beleuchtung seines Platzes mitgebracht.<br />

Daß dieser Gebrauch aber schon sehr alt ist, beweist die bereits<br />

citirte meklenburgische Urkunde von 1297, wonach jeder Schüler<br />

von Allerheiligen bis Maria Reinigung täglich zwei Lichter<br />

zu bringen hatte, eins <strong>für</strong> den Lehrer, das andre <strong>für</strong> sich. ^)<br />

In kleineren Städten suchte man sich dadurch zu helfen, daß<br />

man den Schulmeistern Nebenämter übertrug. Vielfach besorgten<br />

sie die Stadtuhr, sehr gewöhnlich aber waren sie zugleich<br />

Stadtschreiber; ja es kam vor, daß, z. B. in Bahn,<br />

sogar der Pastor dieses Amt verwaltete. Schon Bugenhagen<br />

eifert in der Kirchenordnung von 1534^) gegen dieses unziemliche<br />

Vermischen der Aemter, aber die Noth war oft größer,<br />

") Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. III. Tit. 1. Nr. 1.<br />

'8) Ebenda: ?. III. Tit. 4. Nr. 6, vol. 3.<br />

") Meklbg. Nrkbch. Nr. 2444. In Golnow war Martini der<br />

Anfangstermin.<br />

26) Item, dewyl befunden werth, inn etliken klenen Steden, dat<br />

de Knaben trefslick vörsümet werden dar dorch dat de Scholmeister<br />

ock Stadtfchriuer is, fo ysset van nöden, dat inen desse beide ampt<br />

nicht vplegge einer persone, snuder vau einander scheide so vele es<br />

mögelik is. Vnlidelick öuerst is idt, vnde schal nicht gesiadet werden,


340 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

als daß dasselbe vermieden werden konnte, nnd die Kirchenordnung<br />

von 1563 enthält dieselbe Klage. Naturallieferungen<br />

sollten dem auch anderwärts sehr gering bemessenen Baargehalt<br />

zu Hülfe kommen; wie es aber damit beschaffen war, bezeugt<br />

am deutlichsten eine Eingabe des Rectors und des Lehrers der<br />

Partimlar-(Latein-)schule in Wollin vom 13. Mai 1594 an<br />

die Mitglieder der Kirchenvisitation als an die von der Kirchenordnung<br />

zur Beachtung gerade auch solcher Mängel bestellte<br />

Behörde. Die klägliche Lage der Lehrer wird darin in deutlichen<br />

Farben geschildert, und das Schreiben mag darum unverkürzt<br />

hier seine Stelle finden:^)<br />

Achtbare, Ehrwürdige, Edle, Ehrnveste, Erbare, Hochgelarte,<br />

Großgoustige Herren! Mittelß unser Dieustanbiethung<br />

werden E. A. W. unnd G. sich aus dem, so E. A. W. unnd<br />

G. übersandt, günstigklich ehrinnernn, was geringe Besolduuge<br />

wir wegen uuserer Schuldienste vonn der Kirchen zu gewarten<br />

haben, worbeneben E. A. W. unnd G. Fohlgendes zu berichten<br />

unß die Notturfft dringen thut, das ohne unsere eintfaltiges<br />

Ehrinnernn dieselbige reifflich zu erWegen habenn, wie Gott<br />

der Almechtige von Iaren zu Iharenn dem menschlichem: Geschlechte<br />

wegen großer Sünde, was zu des Menschen Underhalt<br />

unnd Leibesnahrunge gehörett, durch seinen gerechten Zorne<br />

entzehen unnd miswachsige Iare einfhallen lessett, dahero dan<br />

bey den Menschen in allen Stenden, was zu menschlichem<br />

Underhalt nottigk, vonn Iaren zu Iaren allentlich je theurer<br />

unnd theurer wirtt. In welches Ehrwegunge den andernn<br />

Kirchendienernn dieses Ortes ihre vorhin geringe Besoldunge<br />

vmme mennigerleye orsake willen, dat ein Parner edder predicante oct<br />

mit sy ein Stadtscriuer. A. v. Balthasar, «lug oeoi68Ì3.8tieum p^toi'ki6,<br />

1763. II, S. 575.<br />

2!) Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I. Tit. 110. Nr. 2.<br />

Noch im 18. Jahrh., als die Schulgesellen zu Greifenberg wegen<br />

Errichtung eines eigenen Hausstandes um Gehaltserhöhung baten, ent<<br />

schied der Rath: „es sei kein nothwendiges 6886utÌ3.l6 des Lehrers, daß<br />

er sich verheirathe; dieser Stand sei überhaupt nur ein tsmpoi-iii-iuiu<br />

cziliä." Die Lehrer müßten „in der Zufriedenheit mit ihrer Lage ihre<br />

Größe zeigen." Riemann, Gesch. der Stadt Greifenberg, S. 115.


von Dr. v. Vülow. 341<br />

<strong>für</strong> weinigk Iaren zu underscheitlichen Mahlen verbessert unnd<br />

einstheils mehr den über die Aelffte augeret, mitt unß Schuldienernn<br />

aber hatt man es nicht alleine bey der alten, geringen<br />

Besoldunge bleiben lassen, sondern dieselbige auch noch verringertt,<br />

wie E. A. W. unnd G. aus den Kirchenregisternn befinden<br />

werden, das Johannes Hoyer, welcher lenger den 10 Ihare<br />

vor einen pra^c^ptoi^m. ahn den Schulen gedieneth, jerlich<br />

25 st Besoldunge bekommen, darentkegen ittzo nur 20 gegeben<br />

werdenn. Ob man nun von sulcher geringere Besoldunge<br />

sich erhalten, ein Vucheschen unnd die Kleidunge davon<br />

habenn könne, wollen E. A. W. unnd G. W. günstigklich zu<br />

ehrwegen geben; zn geschweigen, das uns auch die geringe<br />

Besoldunge nicht zu rechter Zeitt und wie sich gebürett entrichtett,<br />

sondernn allererst wen es vor einem halben unnd drey<br />

viertheil Iaren verdienet, alsedenne bey einem halben, heilen<br />

und anderthalb Gulden zugepflugkett wirtt, das wir auch damit<br />

nichts ausrichten können. So ist auch ein Drömet Habern<br />

zu deß Schulgcsehllen Besoldunge deftutiret, welchen E. Rates<br />

Paure uunde die Aftcnborge zu Grossen Mokerttze^) unnd<br />

derselben Nnderthan jerlich zu entrichten schuldigk, und nach<br />

alter wiewoll unzimlicher Gewonheitt von den Schulgesellen<br />

selbst muß ingemanct werden, der Wirt auch vorenthalten unnd<br />

nicht gegeben, unnd was noch' gegeben wirdt, das ist echterst<br />

unnd nichts Guthes, das es auch <strong>für</strong> Haber undtt Korne nichtt<br />

kan geachtet werden. Die Apenbörge und ihre Underthan pleiben<br />

schuldigk unnd wollen nicht geben, unnd ob es woll vielfaltigk<br />

E. E. Rath unnd den Diacon geklaget worden, das ihnen nach<br />

alter Gewonheit, wen sie ihn die Stadt kiemen, ein Pfertt<br />

mochte ausgespanncn unnd dadurch zur Bezahlunge gebracht<br />

werden, so geschicht doch nichtes darzu. Dahero es den zulest<br />

kommen wirtt, das die Apenbörge unnd ihre Nnderthan (wie<br />

sie dan vor jedes vorgeben), von sulchen nicht wissen wollen<br />

unnd der Kirchen sulche Hebunge würde entzogen werdenn;<br />

22) Die von Apeuburg waren zu Tonnin und Gr. Mokratz auf<br />

der Insel Wollin angesessen und starben 1779 aus.


342 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

und wen wir nicht von guthen Leuten und einstheils unsernn<br />

Freunden Zuthatt gehabtt, hetten wir unß schwerlich erhalten<br />

tonnen, wie unß dan einsteilß Dische mangeln, so die Diacon<br />

bey den Bürgern beschaffen unnd derowegen bey guthen Leuthen<br />

sollicitiren Pflegen, unnd können nicht sehen, wie sich doch die<br />

so nach unß kommen werden, von sulcher geringen Besoldunge<br />

enthalten werden.<br />

Darbeneben ist E. A. W. und G. zu vermelden, das von<br />

Alterß her von den <strong>für</strong>stlichen Amptleuthen 21 Fuder Brenneholtz<br />

der Schulen gefohlgett worden; sulchs Holtz, welches der<br />

Ratt durch ihre Pauren zur Stette führen lesfet, ist bisweilen<br />

von den vorigenn Amptsleutcn zu rechter Zeitt nicht loßgegeben,<br />

unnd wen es noch loßgegebcn, von den Pauren zu lathe unnd<br />

wen der Winter halb hinwegk allererst zur Stetten geführett,<br />

unnd sulches wegen des Rathes nachlessigenn bey den Pauren<br />

Beschaffnnge. So laden die Paure auch so gar weinigk auff,<br />

das ein starck Kerle ein Fnder wegktragcn mochte, behalten auch<br />

woll ettwas davon, fo sie mit zu Hauß nehmen, also das man<br />

nirgenß mit dem Holtze kommen kan, worauß sich dau große<br />

Ungelegenheitt uuud Nersäuinnusse der Iugent unnd manniges<br />

gnthen intuii verursachett, den die Leute behalten wegen der<br />

Kelte die Knaben aus der Schulen. ^)<br />

Ist derowegen unseres dienstliches Bitten, E. A. W. unnd<br />

G. der lieben Iugent, den Schnlen nnd unser guustigklich geruchen<br />

unnd diesen Mengelenn unnd Beschwerungen Ratt schaffen,<br />

unnd weile unß E. E. Ratt, die Diaconi unnd die gantze<br />

Vurgerschafft das Getzeuchnusse wirtt geben müssen, das wir<br />

uus in uuserm Ampt und Dienste ohne nngebürlichen Rnimb<br />

fleiffigk und gebürlich verhalten und die ahn unsrr Ankumftft<br />

verfahllene Schule wiedernmb, soviel unß muglich auffgerichtett,<br />

die geringe Besoldunge nach Schwerhcit dicscr Zeit nnnd Iare<br />

verbesseren und mehren wolle. Sulchs Wirt nicht alleine gottliche<br />

Ahlmacht E. W. uuud G. reichlich belonen, sondern auch<br />

^) Auch aus Golnow ertönte 1595 die Klage, daß der Schulofen<br />

selten warm sei aus Mangel an Holz.


von Di'. v. Bülow. 343<br />

itzo nnnd folgendes viele Iare von E. A. W. nnnd G. von<br />

der Postcritct gerühmet werden, ohne das wir eh auch benebenst<br />

unsern Knaben mit unserm christlichem Bett bey godtlicher<br />

Ahlmacht umb E. A. W. und G. zn bitten, nnd wie dabeneben<br />

vor unsere Persone mugliches Fleisses zn verschulden geftissen<br />

sein wollen.<br />

E. A. W. unnd G.<br />

underdienstwillige<br />

Paulns Vaumgard, ludi inodei^tor nnd<br />

Bartholomäns Schutze,<br />

Da die Schulgesellen oftmals keineu eigenen Hausstand<br />

hatten, war an manchen Orten, z. B. in Golnow, die Schule<br />

auf Kosten der Kirche mit dem nöthigen Hausrath an Betten<br />

;e. versehen; den Tisch hatten die Lehrer dann bei den Bürgern,<br />

was nicht minder Anlaß zn Verdruß gab. In Naugard erhielt<br />

der Schulmeister ursprünglich seine Mahlzeiten in der<br />

herrschaftlichen Küche, als er aber nach einiger Zeit den Schulgeselleu<br />

nnd dieser noch einen Jungen mitbrachte, wnrde der<br />

Mihbranch durch den Grafen von Eberstein abgeschafft.<br />

Die Klagen über diesen Punkt hören nicht auf und rufen<br />

den Ausspruch des Agricola ins Gedächtniß: „Wenn irgend<br />

Etwas einen seinem Wesen widersprechenden Namen trage, so<br />

sei es die Schule. Die Griechen hätten sie d^o^/, die Lateiner<br />

Indus genannt, da doch nichts von Muße entfernter, nichts<br />

strenger und dein Spiel widerstrebender fei als sie. Viel richtiger<br />

werde sie von Aristophanes bezeichnet, der sie


344 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

gart, Stolp, Velgarde, Treptow, Cammin, scholen gude particularia<br />

syn, dar ein ludi Rector sy, mit einem guden Conrectore,<br />

Cantore vnde mit twenn, dreen effte mehr Collaboratoribus,<br />

nha gelegenheit yeders ordes. In andern Steden by<br />

gemeinen Scholen, möten drie Personen syn, in geringen Steden<br />

twe, vnde kan die Custos wor ydt nödich vnde füglich tho dönde,<br />

mit in der Scholen helpen." Die hier <strong>für</strong> die Schulen der<br />

größeren Städte geforderte Zahl von mindestens fünf Lehrern,<br />

den Rector mit inbegriffen, wird von keiner der durch die<br />

unten abgedruckten Schulordnungen vertretenen Schulen erreicht.<br />

In Treptow wirkten nach dem Schulplan trotz seiner fünf<br />

Classen nur drei Lehrer; ebenso viele in Wolgast, wenn man dort<br />

nicht unter dem Custos und dem hypodidascalus zwei getrennte<br />

Persönlichkeiten verstehen will, was immerhin möglich ist. In<br />

Golnow und wohl auch in Wollin waren zwei Lehrer und in<br />

Labes gar nur einer thätig.<br />

Ein Ueberblick der in den pommerschen Schulen angestrebten<br />

Ziele wird am besten durch das Studium der unten mitgetheilten<br />

Lectionspläne zu gewinnen sein, doch mag auch eine<br />

Betrachtung der in den verschiedenen Schulen und Classen benutzten<br />

Schulbücher dabei förderlich fein.<br />

Im Religionsunterricht gilt es zunächst ein festes,<br />

mechanisches Einprägen des kleinen Katechismus Luthers,<br />

auf den unteren Stufen in deutscher, höher hinauf in lateinischer<br />

Sprache. Eine Erklärnng des Inhalts, ein Einführen in das<br />

Verständniß desselben ist nirgends vorgesehen. Daneben wird<br />

auch die Eatechesis des David Chyträus gebraucht, z. B.<br />

in der ersten Classe der Schule zu Treptow alle Donnerstag<br />

und Freitag eine Stunde. Es liegt mir von diesem vielgebrauchten,<br />

biblisch gehaltenen Lehrbuch ein Exemplar der Ausgabe<br />

von 1576 vor, 25) welches leider nicht ganz vollständig<br />

ist. Dasselbe schließt nach der Erklärung des Vaterunsers mit<br />

der i-e^ni^ vitas Melanchthons; das Uebrige fehlt. Auch in<br />

Stralsund bediente man sich desselben.^) Neben diesem weit<br />

26) Zober, Urkundl. Gesch. d. Stralsunder Gymn. I. S. 9.


von Nr. u. Vülow. 345<br />

verbreiteten Buche gab es noch ein fpeciell <strong>für</strong> Pommern geschriebenes<br />

nnd in der von Herzog Vogislav 13. begründeten<br />

<strong>für</strong>stlichen Druckerei zu Barth gedrucktes Lchrbuch, das den<br />

wolgaster Gencralsuperintendenten Dr. Jacob Runge zum Verfasser<br />

hat. 27) Nach einer längeren an die pommerschen Geistlichen<br />

und Lehrer gerichteten Vorrede folgt eine kurze Einleitung<br />

D6 1oA6 6t 6vmiF6iio, nnd dann wird die christliche Lehre,<br />

ähnlich wie bei Chyträus in zehn, so hier in vier und zwanzig<br />

I00Ì8 vorgetragen: 1. 66 1)60 6t do ti'idn8 ^6r80iiÌ8 ; 2. 6.6<br />

M0 D6Ì ^6811 ^I'Ì8t0 I^c^in^toro 1108^0 ; 3. 66<br />

83.11 oto; 4. 66 6l6Htioi16 ; 5. 6.6^6^6 1)61; 6. 66<br />

7. do viribu8 IIU1HH11Ì8 in r6l)II8 6ivii118, 8611 66<br />

^rl)itri0; 8. 66 6VH11^61Ì0; 9. 66 6Ì86I-Ì1HÌ116 V6t6ri8 6t<br />

Q0V1 t68t3>I116Iiti; 10. 6.6 )118tìii(;HtÌ0116) AI'^tiH 6t il6.6;<br />

11. 66 ^)rH6668tiiiHtÌ0Q6 6ÌV111H; 12. 66 1)01118<br />

13. 66 60616813.; 14. 66 8H6I-H1H6IitÌ8 ; 15. 66<br />

16. 66 606113,; 17. 66 P061iit61iti3.; 18. 66 0i3,vidi18 66oi6-<br />

8Ì3.6; 19. 66 61^1166; 20. 66 iiiv063tÌ0H6 Doi; 21. 66<br />

1il)61't3,t6 o!iI'Ì8tÌ^N3.; 22. 66 IKHAÌ8ti'3,tu. politico; 23. 66<br />

6Ì861'ÌMÌ116 ^)0t68t3tÌ8 666i68Ì38tÌ0H6 6t 1)0iiti6A6; 24. 66<br />

I-6811I-I'66ti0ii6 6t vita. 36t6ru3.. Ich finde Runge's Catechesis<br />

in Wolgast, Wollin, Labes und Golnow im Gebrauch.<br />

Die Kirchenordnung von 1563 ordnet den Katechismusunterricht<br />

in den lateinischen Schulen <strong>für</strong> alle Classen wie folgt:<br />

Erstlick schölen alle Scholkinder in gemein grodt vnde<br />

klein alle morgen, wenn sie in der Scholen thosamen kamen<br />

2^) Der Titel des gleich allen barther Drucken nicht häufigen Werkes<br />

lautet: 0^N0llll8I8 1)0(/I'NI^ll (^i-isti^ao, I^l V8VN<br />

uu^io, 8. ^I<br />

Ii. Dann von einer Kreislinie eingefaßt das Bild<br />

des Heilandes mit der hebräischen Umschrift: König der Juden. Darunter:<br />

Klein octav. Die 30 Seiten lange Vorrede spricht zu den „I^iis 6t<br />

" und ist datirt: (^I'ipki^vaidwe, cli


346 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

vnde dat V6ni Z^iioto 8piritii8 gesungen vnde die Morgensegen<br />

gebedet, ein stücke vth dem kleinen Catechismo Lutheri<br />

mit der vthlegginge, eher tho lesende angefangen wert, düdesch<br />

vnde düdlich recitiren, am Montag die teien gebade sampt der<br />

vthlegginge M. Luthe:<br />

Dinstags dat Symbolum mit der düding M. Luth.<br />

Mitwekens dat Vader vnse mit der vthlegginge Luth.<br />

Donnerstages van der hilligen Dope sampt der vthlegginge<br />

M. Luth.<br />

Freidages dat Aventmal mit der vthlegginge M. Luth.<br />

Sonnavendes de morgensegen sampt dem gantzen Catechismo<br />

schlicht ahne die vthlegginge.<br />

Tho x schlegen, wenn die Kinder vthghan, dat düdesche<br />

benedicite.<br />

Hora. duodecima 3. msriäio dat Gratias,<br />

MN8Ì03.10U1 Vnd OCtO l>0Q08.<br />

Des avendes wenn sie vth der Schole ghan: D3.<br />

edder Erholdt vns Herre by dinem wordt ?c. eins vmb dat<br />

ander, vnde ^liiiio äimittig alle dage.<br />

Darna 8ÌuFii)Ì8 cl.Ì6l)ii8 O6i'tiim portoni t^ui^O 6.0-<br />

Mandages van den Bischöpftcn vnd wat men den schuldich.<br />

Dinstages van der Ouericheit vnde wat men den tho<br />

donde schuldich.<br />

Mitwekens der Ehemenner vnde Fruwen ampt.<br />

Donnerstages der Olderen vnde Kinder ampt.<br />

Freitages des Gesindes Hussheren vnde yöget.<br />

Sonnauendes nha der Vesper der Wedewcn vnde gemeine,<br />

dat also die gantze Catechismus die weke dörch geendiget, ahne<br />

verhindering der andern Studien.<br />

Im Pensum der dritten Classe wird der Religionsunterricht<br />

am ausführlichsten behandelt: „Vnde darmit sie der hilligen<br />

schrifft vnde gödtlicken lehre van kindes behne up gewanen<br />

werden, schall die Scholmeister vp den Middewecken effte<br />

Sonnavent exponiren Matthäum Euangelistam efftc epistolam<br />

Pauli ad Titum, Timotheum !c. vnde etlicke vtherlesene Psal-


von Dr. v. Vülow. 347<br />

mm: Hnki-6 kreinuoi-unt ^6nt68 6to. H.6. t6 voniins<br />

D6118 etc;.<br />

In t6 domino 8p61'2,vi 6to. (üonütßinini domino,<br />

I)0NI18 6to. ^006, (^11I.N1 1)01111111 6to. Uonisnto doinin6)<br />

Dovili 6tc. N^niiio^t 6te. item 53. c)3.Mt N83


348 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

Die vier cli^ioAÌ 83,c;i-i 0li8t6i1Ì0iiÌ8 sgest. 1563)<br />

werden in dm pommerschen Schulen weniger gelesen, als man<br />

ihrer antiealvinistischen Tendenz wegen vermuthen sollte; doch<br />

galt es eben auch hier nur, schöue Phrasen zu sammeln. Ich<br />

sinde sie in Treptow a. R., wo sie in Prima und Secunda<br />

am Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag früh um 7 Uhr,<br />

und in Stralsund, wo sie in Tertia an den beiden ersten Tageu<br />

um 8 Uhr gelescu wurden, ^) sowie in Labes.<br />

Das Lateinische ist in den Schulen der Reformationszeit<br />

nicht minder die Hauptsache als vorher, wenn auch besonders<br />

in Norddcutschland das Studium desselben betrieben<br />

wurde im Hinblick auf den der Theologie dadurch geleisteten<br />

Dienst. Konnte die Reformation nur durch die Waffen der<br />

Wissenschaft der Wahrheit des Evangeliums zum Siege verhelfen,<br />

fo konnte sie auch nur durch die Wissenschaft den Sieg<br />

behaupten.<br />

Die nach dem bekannten Grammatiker Donatus benannte<br />

Grammatik war das Erste, was der angehende Lateiner in die<br />

Hände bekam. Wie Melanchthon dieselbe in die sächsische<br />

Schulordnung aufnahm, so finden wir sie 1563 in der pommerschcn:<br />

„Wenn sie die Fibel lesen können, schulen sie ferner<br />

lesen leren den Donat, effte Bouni Grammaticam 2c." Die<br />

Anfänger im Lateinischen werden schlechtweg Donatisten genannt.<br />

Die lateinische Grammatik Melanchthons nimmt<br />

natürlich auch in den pommerschen Schulen den ersten Platz<br />

ein; in keiner kann sie fehlen, anch die Syntax und Prosodie<br />

werden überall gebraucht. In den unteren Classen, wenn der<br />

Donat bemeistcrt war, bediente man sich des von dem braunschweiger<br />

Superintendenten Dr. Nicolaus Medler verfaßten<br />

Compendi ums der Grammatik Melanchthons, welches in<br />

knapper Form fragend und antwortend die Elemente enthielt.<br />

Die Schulen zu Wollin und Treptow hatten i. I. 1594 dieses<br />

Buch in Gebrauch, welches uach des Verfassers 1551 erfolgten<br />

Tode noch mehrere Auflagen erlebte. Die Grammatik des<br />

Zober a. a. O. 111. S. 58.


von Nl. v. Vülow. 349<br />

Hermann Bonnus, der durch seine pädagogische Wirksamkeit<br />

in Pommern Hierlands kein Fremder war, ist trotz der Empfehlung<br />

durch die Kirchcnordnnng zu Ende des 16. Iahrhnnderts<br />

nnr in Wolgast eingeführt worden.<br />

Das Memoriren lateinischer Vocabeln war eine Hauptsache<br />

der unteren Classen neben und auch vor dem Leruen der<br />

Declinationen und Conjugationen. Täglich wurden einige<br />

lateinische Wörter an die Tafel geschrieben, die dann bis zum<br />

folgenden Tag gelernt werden mußten. Dabei wurden gewisse<br />

Gesichtspunkte festgehalten und Ordnungen oder Gruppen<br />

aufgestellt. Es wurden Verzeichnisse angelegt, die später erweitert<br />

wurden. Dies sind die in allen Schulen gebrauchten<br />

Vocabularien, der nomGuoliitoi' oder die uoinknoi^tura.,<br />

auch voe^knia i-oi-niu. der Schulordnungen, die<br />

sich auch dem deutsch-lateinischen Katechismus angehängt finden.<br />

Auch schon Ausgangs des 15. Jahrhunderts existirten zahlreiche<br />

Vocabelsammlungen dieser Art, die zugleich als Schulbücher<br />

dienten. Wenn wir nach ihnen das Niveau der damals<br />

erreichten Sprach- und Realweisheit bemessen, so war dasselbe<br />

vor der Reformation ein sehr niedriges. Man erstaunt über<br />

die Fülle lächerlicher Etymologien, die dieselben enthalten. Im<br />

evangelischen Norddentschland war der Nomenclator des Nathan<br />

Chyträus in Rostock (1582) verbreitet, weil darin re8 u^ntio^o<br />

berücksichtigt waren. Einzelne Schulen hatten ihr eigenes Vocabularium.<br />

So gebrauchte man in Wollin 1594 die<br />

in 118UIN 8o^oiH6 6i')^^i8<br />

Bei den Greifswalder Schulen habe ich diese<br />

Vocabelsammlung nicht ausfindig machen können, doch besitzt<br />

die dortige Universitätsbibliothek eine solche vom Jahre 1610;<br />

vielleicht eine spätere Auflage des in Wollin gebrauchten Buches.<br />

Der Titel lautet:^) Voo^dni^ ^ l'ormn, ^ in uzum.<br />

29) Ich verdanke diese Mittheilung der Güte des Bibliothekscustos<br />

Di-. Perlbach. Der Verfasser, Wegner, ist mit Sicherheit nicht nachzuweisen.<br />

Ein Philipp Wegener war (Kosegarten, Gesch. d. Universität<br />

Greifswald II, Seite 2i^3) i. I. 1567 Conrector in Stralsund<br />

1577—1531 lüdimoäbi-iitoi' sciioi^e ^i-tio. Or^liiZ^aid. und wurde


350 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

?0ll16I-3.QÌ3.6 ! 60ii6Ct3, H U8Ìt9


von Dr. v. Bülow.<br />

XX. 1)6 0N0ÌÌ8) äi^1iit^tiI)U8 H 0PiüoÜ8.<br />

(5 Unter-<br />

abtheilungen.)<br />

XXI. 1)6 8HPP6ii60tii6, Ìi18ti'U.U16IitÌ8 H r6l)U8. (11 Unter-<br />

abtheilungen.)<br />

XXII. D6 3.6(1iiici0I'I11Il Mrtil)!^, 8U.PP61i6^tii6.<br />

(4 Unter-<br />

abtheilungen.)<br />

XXIII. D6 3.1iiui3iiI)U8


<strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

C0INII10N6-<br />

6t Iclidu8 N1QN8ÌUIN num6i'AncIÌ8. ^Herausgegeben<br />

1589 von Lanrentins Ludovicus. Ans der Rückseite des Titels<br />

ist Trotzcndorfs ^eichenstein in der Iohanniskirche zu Liegnitz<br />

abgebildet); oder das andere:<br />

in<br />

in 8ON0I3. l30ic1I)6i-F. ^r^ncolurti 1611. Die erste Ausgabe<br />

des letzteren Werkes ist der Vorrede nach von 1572. Die görlitzer<br />

Schule erfreute sich unter ihrem trefflichen Rector Petrus<br />

Vincentius, früher Professor in Wittenberg, eines über ihren<br />

nächsten Kreis weit hinausgehenden guten Rufes, so daß zahlreiche<br />

Schüler auch aus fernen Gegenden ihr zuströmten. Der<br />

in Pommern einzig dastehende Gebrauch des genannten Buches<br />

wird auf den guten Klang dieser Schule zurückzuführen fein.<br />

Unter den in der Schule behandelten lateinischen Schriftstellern<br />

hatten diejenigen den Vorzug, welche in den praktischen<br />

Gebrauch der Sprache, in das Lateinschreiben und Sprechen<br />

einführten. Auf den Inhalt und dessen Interpretation kam<br />

es weniger an, als um Beispiele <strong>für</strong> die Regeln der Grammatik<br />

oder schöne Sentenzen zu sammeln. So sehr auch Melanchthon<br />

beim Erlernen der alten Sprachen den formalen Bildungszweck<br />

vertrat, indem namentlich das Lateinische deutlich zu denken<br />

zwinge, und nur nebenbei dasselbe als Mittel ansah, den Zugang<br />

Zu den Wissenschaften zu eröffnen, so meinte doch Luther:<br />

„wenn auch ein Knabe, der Latein gelernt habe, nachher ein<br />

Handwerk treibe, so schade ihm solche Lehre nichts zur Nahrung."<br />

Dennoch ist kein Zweifel, daß in fehr vielen Schulen, namentlich<br />

der kleinen Städte, das <strong>für</strong> den Unterricht im Lateinischen<br />

gesteckte Ziel mit Bezug auf die Bildungsstufe und den fpäteren<br />

Beruf der Schüler ein viel zu hohes war. So wird z. B.<br />

der Nutzen, den die Schüler in der kleinen Ackerstadt Labes<br />

theilung zu Dank verpflichtet. Nach derselben befindet sich je ein Exemplar<br />

dieser beiden Schulbücher auf der dortigen Stadtbibliothek.


von Di'. v. Vülow. 353<br />

von der Expomrung der ciceronianischen Briefe gehabt<br />

haben, ein sehr geringer gewesen sein, da nach des Rectors<br />

Aussage vom Jahre 1598 die Knaben daselbst im Sommer<br />

„eins Theils die Gußelen, eins Theils die Schweine, eins<br />

Theils die Kelber, eins Theils die Kühe, eins Theils die<br />

Ochsen hüeten; eins Theilß müßen die Pstuch treiben." Es<br />

ist nicht anzunehmen, daß die Gänse und Kälber besser gediehen,<br />

wenn sie ciceronianisch gehütet wurden. Virgils Bucolicen<br />

dürften eher am Platze gewesen sein, wurden aber nicht in<br />

Labes tractirt. Ueberall, auch wo dies nicht besonders be-<br />

merkt ist, wird die von Ioh. Sturm besorgte Auswahl der<br />

Briefe des Cicero benutzt worden sein; so außer in Labes<br />

noch in Golnow, Wollin, Treptow und Wolgast.<br />

Auch der auffallenden Benutzung des Terentius lag<br />

etwas von dem Gedanken zu Grunde, daß die todte Sprache<br />

erfahrungsmäßig, wie die Muttersprache, gelernt werden solle;<br />

da hatte allerdings die in den Komödien repraesentirte Con-<br />

versationssprache einen besonderen Werth. Man las dieselben<br />

in Wollin, Treptow, Golnow und Wolgast. Ueber das Schlüpfrige<br />

dieses Schriftstellers half man sich hinweg, so gut oder so<br />

schlecht es eben ging.<br />

Virgil und Ovid werden zwar in der Kirchenordnung<br />

von 1563 <strong>für</strong> die vierte (höchste) Classe empfohlen, doch sinde<br />

ich sie nur wenig in den Schulen der kleineren Städte im<br />

Gebrauch; von ersterem las man die Bucolicen in Wollin<br />

und Wolgast, von letzterem die Tristi en in Treptow, vielleicht<br />

auch in Wolgast.<br />

Dagegen kommen die Fabeln des Aesop, namentlich<br />

in der von Joachim Camerarius besorgten lateinischen Ueber-<br />

setzung vielfach vor. In Wollin, Wolgast und Treptow wurden<br />

sie in der zweiten Classe getrieben.<br />

Die aus dem vierten Jahrhundert stammende, unter dem<br />

Namen äistioliH (^tonis bekannte und im ganzen Mittel-<br />

alter hochgeachtete Sftruchsammlung in Prosa und Versen wurde<br />

in den Schulen von Wollin, Treptow, Wolgast und Labes ge-<br />

braucht; die loci oominunsä des Niederländers Johann


354: <strong>Geschichte</strong> des pomrnerschen Schulwesens<br />

Murmellius nur in Wolgast und Treptow, ^) obgleich die<br />

Kirchenordnung von 1563 den Lehrern beide zur Emübung der<br />

metrischen Regeln empfiehlt.<br />

Die Aneignung eines stießenden Stiles wurde neben den<br />

Classikern und den Schriftstellern älterer Zeit gefördert durch<br />

Gesprächsammlungen, deren die Reformationszeit mehrere kennt.<br />

Die Kirchenordnung von 1563 empfiehlt die t'0i-mni3.6<br />

Pu.si'ilinm colloHniorniQ des nürnberger Rectors Sebaldus<br />

Heiden, doch wurden dieselben nur in Treptow und<br />

Labes angewendet, ooiloHiiig. Lorci 6 rii in Wolgast. ^)<br />

Die Uebungen im lateinischen Stil kommen wiederholt vor, so in<br />

Wollin und Treptow; am letzteren Ort auch in li^ta. oi'^tious.<br />

Daß am Sonnabend der Kirchenordnung gemäß das<br />

Evangelium des folgenden Sonntags lateinisch in<br />

der Schule gelesen wurde, wie dies z. B. die Schulordnungen<br />

von Treptow und Wolgast zeigen, ist schon gesagt worden.<br />

Das Griechische ist bekanntlich in der sächsischen Schulordnung<br />

von 1528 nicht enthalten; der eigentliche Begründer<br />

des Studiums der griechischen Sprache und Literatur ist vielmehr<br />

erst Joachim Camerarius, der Humanist im schönsten<br />

Sinne des Worts. Ihm folgend haben die verschiedenen späteren<br />

Schulordnungen das Griechische sämmtlich in ihren Lehrplan<br />

aufgenommen. Daß bei der pommerschen Kirchenordnung<br />

Bugenhagens von 1535 dies nicht der Fall ist, erklärt sich aus<br />

dem, das Detail des Unterrichts nicht berücksichtigenden Charakter<br />

derselben; dagegen fordert die Kirchenordnung von 1563<br />

<strong>für</strong> die vierte (höchste) Classe, man solle „flit dhon, dat die<br />

Knaben lehren, i-6ot6 6t Hpw 61-3.000 schriuen."<br />

Von griechischen Grammatiken finde ich die des gelehrten<br />

und weitgereisten breslauer Schulmannes Johann<br />

Metzler,^) die in Wollin und Treptow in der ersten Classe<br />

2') Das kürzlich erschienene Werk von Reichling: Ioh. Murmellins,<br />

sein Leben und seine Werke, Freiburg, Herder, habe ich nichd nachlesen<br />

können.<br />

-N) Auch in Stralsund, vgl. Zober a. a. O. HI. Seite 15.<br />

N) gest. 1538 als Landeshauptmann im Fürsteuthum Breslau.


von Dl. v. Bülow. 355<br />

im Gebrauch waren; am letztereu Orte alle Donnerstag und<br />

Freitag um 2 Uhr. Die griechische Grammatik des lüneburger<br />

Rectors Lucas Lossius wurde in Golnow den Primanern<br />

alle Montag und Dienstag um 9 Uhr interpretirt.<br />

Griechische Schriftsteller siud in denjenigen pommerschen<br />

Schulen, um die es sich hier handelt, gar nicht<br />

gelesen worden. Abgesehen von der schon erwähnten allsonnabendlichen<br />

Lectüre des Sonntagsevangeliums, die<br />

in Wollin, Treptow und Golnow mit den geförderteren<br />

Schüleru griechisch geschah, wurde nur in Golnow Montags<br />

und Freitags um 9 Uhr die griechische Uebersetzung des 7 9.<br />

Psalms von Paul Dolscius gelesen. Ueber die in<br />

Wolgast vom Rector gelesenen o^i-miiiH des Pythagoras<br />

und des Phocylides, letztere durch die Kirchenordnung von<br />

1563 empfohlen, fehlen mir die Nachrichten.<br />

Ein wie hoher Werth auf die Musik gelegt wurde, ist<br />

aus fast allen Localschulordnungen ersichtlich. Hieß doch auch<br />

der zweite Lehrer an vielen Stadtschulen offtciell Cantor. Beim<br />

Gottesdienst wurden die Schüler insgesammt als regelmäßiger<br />

Singechor verwendet, und der Unterricht konnte sich daher nicht<br />

auf bloßes Einüben der Gesänge nach dem Gehör beschränken,<br />

er mußte ein Unterricht in der Kunst der Musik sein. So<br />

sind auch unter den Choralgcsängen der <strong>Pommersche</strong>n Kirchenordnung<br />

von 1563 nach dem damaligen Sprachgebrauch uicht<br />

unsere Kirchenmelodien, sondern Chöre, also Figuralgesänge,<br />

Motetten ?e. zu verstehen. ^) Auch der Umstand, daß der<br />

Gesangunterricht nicht durch alle Classen, sondern nur in Prima<br />

und Secunda ertheilt wird, läßt dies erkennen. In Treptow,<br />

in Golnow (Figuralgesang am Donnerstag und Freitag von<br />

^) Hirtho moth in groten Schoten ein gut geschickter Cantor syn,<br />

yn anderen geringen Steden mach ydt die Scholmeister sülvest dohn,<br />

effte dorch einen synen gesellen bestellen vnde disse ordeninge holden,<br />

dat twe dage in der weke die Praecepta Musices Mich gelesen, mit<br />

exemplis vorkleret vnde esaminerei vnde den Knaben ingebildet, dem-<br />

geliken twe dage in ciiutu fibrilli effte eti0i'g.1i äe tompoi'6 trüwe-<br />

liken mit den Knaben gesungen, die ^i'^eeeptg, revetiret vnde k<br />

gebracht werden.


356 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

12—1 Uhr, Choralgesang am Sonnabend nm 12 Uhr), in<br />

Labes (Donnerstag von 12—1 Uhr) wird Gesangnnterricht ertheilt;^)<br />

am eingehendsten scheint man sich aber in Wolgast<br />

mit Gesang beschäftigt zn haben. Die Schnlordnnng von Wolgast<br />

von 1601, dem Ende des hier behandelten Zeitraums angehörend,<br />

enthält ein eigenes Kapitel, die Gesetze <strong>für</strong> den musikalischen<br />

Chor umfassend, aus denen wir über die Art der<br />

dort getriebenen Kunst zwar wenig erfahren, aber doch im<br />

Allgemeinen die hohe Bedeutung ersehen können, die derselben<br />

beigelegt wurde; denn wer sich in seinem Wandel irgend etwas<br />

zu Schulden kommen ließ, oder auch nur durch unpassende<br />

Kleidung Anstoß erregte, wurde aus dem Chor ausgeschlossen.<br />

Es geht übrigens daraus hervor, daß dieser musicalische Chor<br />

in Wolgast nicht bloß in der Kirche, sondern auch bei öffentlichen<br />

Gelegenheiten anderer Art, Hochzeiten und dergl. aufgetreten<br />

ist. Derselbe hat auch den Currendegesang betrieben.<br />

Als Hülfsmittel finde ich das Cantionale von Lossius<br />

uud die ^rt68 mu8ic3.i68 von Dresler, beide in<br />

Golnow.<br />

Der Schatz an geistlichen Liedern, welcher der Schuljugend<br />

zugänglich gemacht wurde, war nicht erheblich. Die<br />

Kirchenordnung von 1563 schreibt nur <strong>für</strong> die unterste Klasse<br />

das Lernen der gewöhnlichsten lateinischen und deutschen Kirchenlieder<br />

vor, nämlich:<br />

dat düdefche ^o venni<br />

dat düdesche<br />

dat düdesch<br />

Ick dancke dem Heren van gantzen herten.<br />

Esaia dem Propheten dat geschach.<br />

Herre nu lestu dynen Diener in friede fahren, vnde<br />

dergelicken ?c.<br />

Item die olden Cantica van den festen.<br />

N) Als die passendste Stunde <strong>für</strong> den Gesaugunterricht gilt schon<br />

1535 in Vugenhagens Kirchenordnung die Stunde nach dem Essen,<br />

und auch 1563 wurde in der dritten Klasse „alle dage VP die rij<br />

stunde", d. h. nach Tisch, musicirt.


von Di'. u. Bülow. 357<br />

Vp Wynachten:<br />

in LoM^om, latin vnde düdesch.<br />

Joseph, leuer Joseph min.<br />

In duini<br />

DÌ68 68t<br />

Vp Paschen:<br />

8ni-r6xit (utii'Ì8tu8 ^0äi6, mit dem Düdeschen: Erstanden<br />

ist die Hillige Christ :c.<br />

Vp Pmgesten:<br />

8piritu8 83,Q0ti ^1'^ti^) latin vnde düdesch, vnde wat<br />

dergliken olde gescnge mehr syn, die schulen den Kindern Mich<br />

geleret werden.<br />

Dialectik und Rhetorik wurden in den Schulen der<br />

kleineren pommerschen Städte wenig getrieben, nur Wolgast<br />

hat dieselben in seinen Schulplan aufgenommen. Dort wird<br />

alle Montag und Dienstag um 9 Uhr Dialeetik und alle<br />

Moutag um 7 Uhr Rhetorik gelehrt. Auch hält der Nector<br />

daselbst alle Freitag um 1 Uhr mit der Prima und Secunda,<br />

und der Küster mit der Tertia und Quarta Disftutirübungen.<br />

Ob die letzteren dazu schon reif genug waren, erscheint fraglich.<br />

Von deutscher Sprache, anderer ganz zu geschweigen,<br />

von <strong>Geschichte</strong> und Geographie, von Naturwissenschaften<br />

ist bekanntlich in den Schulen des 16. Jahrhunderts<br />

überhaupt wenig die Rede. Es verdient daher hervorgehoben<br />

zu werden, daß in Wolgast der Cantor einmal<br />

wöchentlich, am Donnerstag um 8 Uhr, Arithmetik lehrte,<br />

wobei vier Klassen in eine zusammengezogen waren. Und doch<br />

hatte die Kirchenordnung von 1563 <strong>für</strong> die vierte ^höchste)<br />

Klasse bestimmt: „Idt ys ock nö'dich, dat disse knaben geleret<br />

werden oioiliontH 3.i-it!im6t.io68 ot 8^1i(3i'a,6, denn die<br />

species in Arithmetiea vnde Rcgulam de tri können die knaben<br />

lichtlich lehren, wenn ydt en apte et brcoitcr proponiret werdt;<br />

in Sphera onerst vnde Mathematis schoten die Scholmcistere<br />

nichts curiose aut ambitiöse anfangen"; die Hauptsache sollte


358 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

das Lateinische bleiben. Darum finden wir den Rechenunterricht<br />

weniger hier als im nächsten Abschnitt.<br />

Ein in vielen deutschen Schulen gebrauchtes und durch<br />

die pommersche Kirchenordnung von 1563 <strong>für</strong> die dritte Klasse<br />

empfohlenes Buch kommt dennoch nur einmal, in Wollin, vor.<br />

Es ist der lidoiing äo oivìlit^to molimi puerilinm<br />

von Erasmus, welches der große Gelehrte nicht<br />

unter seiner Würde hielt, zur Förderung des Anstandes unter<br />

den Schülern zu schreiben. Das Buch läßt die scharfe Beobachtungsgabe<br />

des Verfassers deutlich erkennen und fand eine ungeheure<br />

Verbreitung trotz der seichten Moral, die es Predigt,<br />

und die bis zur Empfehlung der Nothlüge aus Höflichkeitsrücksichten<br />

geht.<br />

Noch zwei Bücher sind zu nennen, über die ich nichts<br />

Näheres habe erfahren können; das erstere, oonladula.von<br />

Schotten wurde in Treptow, das andere,<br />

g do^ti-in^o von Matth. Index in Wolgast gebraucht.<br />

Ich muß es mir versagen, die Schulordnungen nach der<br />

Seite der Disciplin innerhalb wie außerhalb der Schule zu<br />

besprechen, obgleich einige, z. B. die wolliner, höchst interessante<br />

und sehr ins Detail gehende Vorschriften über das<br />

Betragen, die körperliche Reinlichkeit und dgl. enthält. Ebenso<br />

wenig kann ich an dieser Stelle auf gewisse andre Einzelheiten<br />

eingehen, wie die Tagesordnung und die übrigens nicht immer<br />

sicher zu bestimmende Stundenzahl, Examina, Schulfeste, freie<br />

Nachmittage, Schulkomödien und Anderes. Der zugemessene<br />

Raum und die Zeit verbieten es, und kann ich daher hier nur<br />

auf die mitgetheilten Localschulordnungen hinweisen, welche<br />

<strong>für</strong> manchen dieser Gegenstände Stoff genug darbieten. Ich<br />

behalte mir aber vor, wenn ich an andrer Stelle ausführlicher<br />

über die <strong>Geschichte</strong> der pommerschen Schnle reden werde, auch<br />

das hier Uebergangene in den Kreis der Besprechung zu ziehen.


von Di'. v. Vülow. 359<br />

Die Deutsche uud Schreibschule.<br />

Neben der lateinischen Schule des Mittelalters, auf anderem<br />

Boden erwachsen und gegen jene gehalten ein kümmerliches<br />

Dasein fristend, tritt die deutsche Schreib- und Rechenschule<br />

auf. Der mittelalterliche Geist vermochte die ihm fremde<br />

Pflanze nicht zu Pflegen, dennoch aber entstanden diese Schulen<br />

in den größeren Handelsstädten aus dem Bedürfniß des höheren<br />

Vürgerstandes, dem <strong>für</strong> seine Berufsbildung die lateinischen<br />

Schulen nicht genügten. Die evangelischen Schulreformatoren<br />

dachten über die Nothwendigkeit der deutschen Schulen noch<br />

nicht viel anders als die Schulmänner älterer Zeit, und es<br />

ist in dieser Hinsicht charakteristisch, daß die pommersche Kirchenordnung<br />

von 1563 den Abschnitt „Van Düdschen Schrifftscholen"<br />

nicht nur in wenig Zeilen absolvirt, sondern denselben<br />

auch mit den Worten beginnen läßt: „Alle Winckelscholen<br />

schoten vorbaden syn". In der Achtung der Schulbehörden<br />

standen alfo deutsche Schulen und Winkelschulen ziemlich gleich<br />

niedrig. Und doch ist der Begriff der Volksschule, denn das<br />

und nichts anderes ist die sogenannte deutsche und Schreibschule,<br />

als Grundlage alles Schulwesens so recht aus dem Geiste des<br />

evangelischen Protestantismus geboren; denn indem einerseits<br />

der Begriff der Schule, und andrerseits der Begriff des Unterrichts<br />

aus dem evangelischen Begriff des Reiches Gottes<br />

hervorgegangen war, so konnte sich nunmehr ein Schulwesen<br />

entwickeln, von dem die katholische Welt kaum eine Ahnung<br />

gehabt hatte, und in welchem die Idee des Menschen durch<br />

das Evangelium und durch die Wissenschaft zu ihrem Rechts<br />

kam. Hier stehen zu bleiben, war nicht möglich, vielmehr<br />

mußte von dieser Erkenntniß aus, der die Schulmänner des<br />

16. Jahrhunderts mehr und mehr theilhaft wurden, das Kirchenregiment<br />

allmählig bis zur allgemeinen Schulpflichtig<br />

keit fortschreiten als dem Schlußstein, der in den reformatorischen<br />

Neubau des Unterrichtswesens eingefügt ward. ^) In<br />

N) Heppe, das Schulwesen des Mittelalters und dessen Reformation<br />

im 16. Jahrh. Marburg 1860, Seite 63.


360 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

der That lassen die Visitatioussirotocolle aus dem Ende dieses<br />

Zeitraums erkennen, daß man die Segnungen der Schule als<br />

solche ansah, die Jeder Zn genießen berechtigt sei. Die Praxis<br />

blieb freilich hier, wie so oft, hinter der Theorie noch eine<br />

Zeitlang zurück.<br />

Auch bei den Schreib- und Rechenschulen herrschte hie<br />

und da die zunftmäßige Einrichtung der Lateinschulen; so<br />

wurden zu Nürnberg die Meister dieser Schulen noch 1613<br />

zu einer Zunft zusammengeschlossen, in der jeder aufgedingte<br />

Lehrjunge sechs Jahre lang zu dienen Verssirach. ^)<br />

Da sehr viele Städte nicht in der Lage waren, neben der<br />

lateinischen Schule noch eine deutsche mit besonderen Lehrern<br />

zu unterhalten, so gestattete schon die Kirchenordnung von 1563<br />

eine Verbindung beider, doch ist selbstverständlich der deutsche<br />

Lehrer dem lateinischen Rector untergestellt, so daß er „ock<br />

nicht anneme knabeu 8iii6 ^udioio M8toi'Ì8 6t 1udiin3Ai8ti'i)<br />

darmit die rechte schole nicht vordoruen werde". Der Ausdruck,<br />

„die rechte Schule" <strong>für</strong> die lateinische ist charakteristisch da<strong>für</strong>,<br />

daß die deutsche als nicht ebenbürtig und ihre Lehrgegenstände<br />

nicht als Bildungsmittel angesehen wurden. Auch anderwärts<br />

wird die lateinische Schule officiell „die rechte" genannt. ^)<br />

Das in der Kirchenordnung der untersten Classe gesetzte Pensum<br />

läßt erkennen, daß die Gesetzgeber dabei an Schüler gedacht<br />

haben, welche bisher noch gar keinen Unterricht genossen<br />

hatten. Dieselben sollen nemlich „leren, die gewhönlike Fibel<br />

bockstauiren, vnde tho hope lesen", — — „ock schölen die<br />

Praeceptores dissen Kindern lehren schriuen vnde alle dage<br />

ehre schriffte twemal forderen vnde besichtigen. Noch schall me<br />

se lehren, den düdeschen tall vnd zifertall" :e. Also zunächst<br />

deutsches Buchstabiren, Lesen uud Schreiben, sowie Kenntniß<br />

der Ziffern; erst wenn dieser Grund gelegt ist, wird zum Donat<br />

und den andern lateinischen Grammatiken und Vocabeln geschritten.<br />

Die deutschen Lehrer, auch Stuhlschreiber genannt, da<br />

sie häufig Notare waren, wurden gleich denen an den lateinischen<br />

3?) Vormbaum, Evangelische Schulordnungen II, Seite 635.<br />

N) Kriegk a. a. O. Seite 71.


von Di'. v. Vülow. 361<br />

Schulen von Amtswegen mit Wohnung versehen, Gehalt aber<br />

erhielten sie, als jenen unebeubürtig und dem kirchlichen Organismus<br />

fremd, von der Kirche nicht. Die Kirchenordnung erlaubt<br />

nur, „so se sram sint vnd dem Pastori nicht wedderwillich,<br />

mach meu vth der caste ein gescheuck genen", und verweist sie<br />

im Uebrigcu wegeu der Besoldung ans das Schulgeld. Ebensowenig<br />

sind die dentschen Schnleu als Corporation am Gottesdieust<br />

betheiligt.<br />

Daß von der gestatteten Vereinigung beider Arten von<br />

Schulen praktischer Gebranch gemacht wurde, beweisen die<br />

Schulordunugen. Im Leetionsftlan von Golnow von 1595<br />

figurircn deutsche Schüler zwar nicht; bei den Bestimmungen<br />

über das Schulgeld stehen aber hinter den Donatisten noch<br />

Alphabetarier, welche vierteljährlich 2 Groschen geben uud<br />

uuter deuen jedenfalls deutsche Schüler zu verstehen sind. Der<br />

Schulordnung von Labes merkt man eine Vereinigung von lateinischer<br />

und deutscher Elementarschule auch nicht an, deuuoch<br />

wird bei dem schon erwähnten niederen Bildnngsstande der<br />

dortigen Lateiner ein solches Verhältniß stattgefunden haben.<br />

Die wolgaster Schulordnung dagegen erwähnt der Aei'inQnici,<br />

denen der Cantor am Donnerstag von 8—9 Nhr in Verbindung<br />

mit der Prima, Secuuda und Tertia Rechennnterricht ertheilt.<br />

Iu Stralsund war bei der lateiuischen Schule von Anfang an<br />

eine Real- oder Elementarsection nnter dem Namen der deutschen<br />

Schule. Die Lehrgegenstände waren Lesen und Lernen<br />

des Katechismus, Lcseu des Evangeliums uud der Epistel <strong>für</strong><br />

den nächsten Sonntag, Lernen biblischer Sprüche, Lesen von<br />

Druck- und Handschrift, Schreiben und kleine Stilübungen,<br />

namentlich Anleituug zum „Dichteu gemeiner Sendbriefe". Am<br />

Sonnabend um 3 Uhr nach der Rückkehr aus der Kirche hatten<br />

die Deutschschüler das Schullocal zu fegen und zu reinigen.^)<br />

N) Zober a. a. O. I. Seite 4 nnd 8 scheint darin eine besondere<br />

Erniedrigung der stralsunder Schüler zu finden; das ist wohl nicht nöthig,<br />

denn die Sache kam auch anderwärts vor, z. V. iu der lateiuischen<br />

Stadtschule iu Coburg, vou der es IM') heißt: „Beyde wctoi'ilr sollen<br />

die Wochen zweymal ausgekehret werden, das gröste von den<br />

23


362 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

Eine pommersche Schulordnung <strong>für</strong> die deutschen<br />

Schulen habe ich aus dem 16. Jahrhundert bisher nicht aufzufinden<br />

vermocht; ich gebe daher im Anhang die älteste mir<br />

bisher vorgekommene dieser Art, wie sie im Jahre 1623 der<br />

Rath von Stettin nach herzoglicher Konfirmation <strong>für</strong> die deutschen<br />

Schulen daselbst erließ. Darin sind täglich 6 Unterrichtsstunden<br />

angesetzt, die Nachmittage am Mittwoch und Sonnabend ausgenommen.<br />

Die erste Stunde des Vor- und des Nachmittags<br />

ist dem Religionsunterricht bestimmt; Luthers kleiner<br />

Katechismus wird gelernt und aus den Psalmen täglich 2—3<br />

Verse. Die übrige Zeit wird Lesen, Schreiben und Rechnen<br />

getrieben, ersteres nach der Schreiblesemethode, indem die<br />

Aussprache von je zwei Buchstaben des Alphabets gelehrt wurde,<br />

während die Schüler dieselben zn gleicher Zeit mit Kreide<br />

malen lernten. Wie die Lateinschüler sich ihre lateinischen Vocabularien<br />

anlegten und vermehrten, so trugen die Deutschschüler<br />

in ein ähnliches Buch Wörter mit „schweren Syllaben ein,<br />

alß nemblich Sprach, Sprechen, Kampff, Schmerz,<br />

Schon, Schlag" und übten dieselben ein. Die im 16.<br />

Jahrhundert übliche Häufung der Consonanten wird diese Schwierigkeit<br />

noch erhöht haben.<br />

Im Schreibnnterricht werden zunächst diejenigen Buchstaben<br />

gelehrt, aus denen die anderen gebildet find; dabei ist<br />

auf richtige Haltung der Feder zu fehen, damit die Knaben<br />

eine zierliche, leserliche „Faust" schreiben. Die hochdeutsche<br />

Orthographie galt als Norm, auch waren die Schreiblehrer<br />

meistens aus dem Sächsischen und schrieben nach dem dort<br />

üblichen gebrochenen Ductus, welcher aus dem kleinen c alle<br />

übrigen kleinen Buchstaben der Kurrentschrift herleitet. Theilweise<br />

waren Vorlegeblätter üblich.<br />

Außer dem gewöhnlichen Rechnen wurde auch Buchhal-<br />

i'iduL, das kleine von den miuoi'idnL". Vormbaum, Evangel. Schul-<br />

ordnungen II. Seite 57. Da viele Schüler mit ausdrücklicher Erlaub-<br />

niß z. B. der bugenhagenschen Kirchenordnuug sich ihren Unterhalt vor<br />

den Thüren erbettelten, so kann das Ausfegeu des Schullocals als<br />

eine erniedrigende Arbeit <strong>für</strong> sie nicht angesehen werden.


von Dr. v. Vülow. 363<br />

tung gelehrt, da die Knaben dem Handels- und Gewerbestande<br />

angehörten.<br />

Bezüglich der Disciplin wird verordnet, nicht flugs mit<br />

Stock und Ruthe drauf zu schlagen, sondern vielmehr den<br />

einzelnen Schüler nach seiner Eigenthümlichkeit zu studieren<br />

und zu behandeln; mit sanfter Leitung und gelegentlicher Aufmunterung<br />

sei mehr zu erreichen als mit Härte.<br />

Das Schulgeld wird <strong>für</strong> die Alphabetarier auf 12 Gr.<br />

vierteljährlich festgesetzt, die Schreib- und Leseschüler zahlen das<br />

Doppelte, und wer auch uoch im Rechnen unterrichtet wird,<br />

1 st. 24 Gr.<br />

Es liegen mir die Berichte zweier stettiner Deutschlehrer<br />

an den Rath aus dem Jahre 1623 vor, welche interessante<br />

Einzelheiten enthalten. Der Erste, Georg Trobitzsch aus Mittweida<br />

in Sachsen, berichtete über seine Schule wie folgt:<br />

Erstlichenn^) wan meine schulkünder deß morgenß seygerß<br />

7 in die schule kommen, laß ich dieselbenn den morgensegen,<br />

denn h. Catechismo (!) nebenst der Beicht, Psalm, den sie<br />

<strong>für</strong>haben vnnd Benedicite bethen; alßdan eßen sie. Wan daß<br />

geschehen, müßen sie daß gratiaß sprechen; nach dem gebe ich<br />

denen die rechnen, einen Jeden in der Regel, darinnen er ist,<br />

wie ich dieselben kürzlich nach einander erzehlen will, alß erstlich<br />

Numerirn oder Zehlen, item die Specieß auf den Linien, item<br />

die Specieß auf der Feder, item die Regula de trij in gemein,<br />

Brüche kleiner zu machen, item die Specieß in gebrochen<br />

zahlen, vnnd daranf die Regula de trij in gebrochen, item<br />

Regula Fusti, item gewin Rechnung, item Regula von Verlust,<br />

item Regula conversa oder verkerung der Regula de trij, item<br />

Regula quinque, dupelde Regell, item Regula lucri, Zinßrechnung,<br />

item Stüchrechnung, item Silberrechnung, item Goldtrechnung,<br />

item vom münzschlach, item Wechßellrechnung, item<br />

Begleichung der gewicht, item Geselschafftrechnung, item Theilung<br />

in der geselschafft, item von schieffsparthen, item Regula<br />

n) Staatsarchiv zu Stettin: Depouirte Acten der Stadt Stettin:<br />

Wegen Annehm- und Bestellung der Teutschen Schul-, Schreib- und<br />

Rechen-Meistere 1578 ff. Tit. ll. Sect. 5. Nr. 6, voi 1.<br />

23*


364 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

Falsij, item Regula Coß, item Regula Ceciß, von Vehekauff.<br />

Diese obgesazten Regulen seindt alle hochnödig zum Kauffhandell.<br />

Nachdem die Andernn, die da lesenn, laß ich zweymahl<br />

aufsagen biß Seygerß 10 Vhr; ehe sie aber heim gehen, laß<br />

ich sie den vorhabenden Psalm bethen, zu dem auch etliche<br />

feine sprüche auß h. schriefft, die mit dem Sontageß Euangelium<br />

vberein stimmen, dazu sprechenn.<br />

Nach Mittage aber, wann meine schulkinder wiedermnb<br />

in die schule kommen, laß ich einenn Jeden, worinnenn oder<br />

in welchen buche er lernet, zweymahl auffsagenn; die Andern<br />

aber, die da rechnen vnnd schreiben, dieselben müßen allerley<br />

handtschrifften vnnd brieffe lesenn, damit sie dieselben gewiß<br />

lernenn. Nach dem laß ich ermelte schreib- vnnd Rechenknaben<br />

ihr schriefften auffweißen, auch einen Iedenn, waß sie schreiben,<br />

alß nemlich die Puncten oder Zerstreuung der Cureutbuchstaben<br />

vnnd Anhenckung derselben, wie sie hierunthen gesezt sein.<br />

Die nun folgende Anleitung, aus dem einfachen Haarstrich<br />

und seiner Verbindung mit dem Grundstrich alle Buchstabeu<br />

der Kurrentschrift herzuleiten, aus dieser die Canzleischrift<br />

zu bilden und endlich die Formirung der Versalbuchstaben,<br />

„zu allen Zierschriefften bequemlich", läßt sich durch den gewöhnlichen<br />

Tyftendruck nicht wiedergeben.") Dann heißt es weiter:<br />

Die andernn schulknabenn aber weisen ihre schriefften, auß<br />

den Vorschriefftenn^) geschrieben, auf. Die Dridten weisen auff<br />

ihre geschriebene brieffe. Wan diß geschehen, laß ich sie, ehe<br />

sie auß der schule gehenn, denn Psalm, den sie <strong>für</strong>haben, item<br />

die beicht, danebenn obenermelte ssirüche vnnd andere feine<br />

christliche gebetlein bethen. Deß Mitwochß aber, die da lesen<br />

^) Trotzdem wird in der von Trobitzsch und den andern stettiner<br />

Deutschschulmeistern gegen die unconcessionirten Schulen angeregten<br />

Untersuchung ihm vom Rath der Vorwurf gemacht: „das er böß vndt<br />

nicht recht schreibett, wie ihm dann seine vitia da vorgezeigett.". Er<br />

dagegen „weiß nicht woher es kombtt, I. f. G. wehre ja mitt seiner<br />

Schrifft zufrieden gewesen."<br />

") Es wurden also Vorlegeblätter gebraucht.


von Dr. v. Bülow. 365<br />

vnnd schreiben lernen, den vorhabenden Psalm oder ein stücke<br />

auß den h. Catechismo oder entwieder auß D. Luthernß fragestückcn<br />

bethen, vnnd dann müßen sie auch die künfftige Sontageß<br />

Epistel lesen; deß Sonabendeß aber laß ich abermahlenn<br />

dieselben:: ein stücke aus den h. Catechismo oder den vorhabenden<br />

Psalm bethen oder entwieder obengemelte Ssirüche recetirn,<br />

item daß Euangelium müßen sie ingleichen außwendig auch<br />

recetirn. Also vnnd nicht anderß habe ichs mit der hülffe<br />

deß einigen vnnd allmechtigen Godteß die 29 Jahr vnnd<br />

darüber in meiner Schule gehaldten, mit deßen hülffe will<br />

ichs auch also vnnd dergestalt biß an mein lezteß Ende vollenstrecken.<br />

Godt gebe seinen h. geist dazu. Amen.<br />

Georgius Trobitzsch.<br />

Mit eigener handt geschrieben vnnd vnterschrieben.<br />

Der andere, Balzer Weßel, überreichte den Vätern der<br />

Stadt bei derselben Gelegenheit folgenden sehr einfachen Lectionsplan:<br />

in aliala. H163. 66rm3ui


366 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

Für Angest mein Herz im Leib zerspringet, mein Leben<br />

mit dem Todte ringett.<br />

Item: Wer Jesum Christ hatt woll crkand<br />

Hat alle seine Zeitt woll angewandte<br />

Alle Kunst und Wiz ist eittcll Stanb,<br />

Höchste Weißheitt ist: an Christum glaub.<br />

Der Weis gar nichttes nnd ist elend<br />

Der Jesum Christum nichtt recht erkändtt.<br />

Nach diesem sagen die Knaben deß Morgens 3 Mall ein<br />

ieder absonderlich auff vnd dignosciren etliche 1it6l3.8, ezliche<br />

colligiren 8v11^i)3i8, ezliche leesen, vnd wan Sie dimittiret<br />

werden sollen, daß kOnsäioits vor dem eßen:<br />

Gesegne vns, Herr, die gaben deinn,<br />

Die Speis laß unser narunge sein;<br />

vnd daß Grattias nach dem essen:<br />

Wir haben alle woll gegessen,<br />

Gottes wolen wir nichtt vergessen.<br />

?08t moliä. sagen sie wieder ein ieder iu 8^>6oi6 3 mall auff,<br />

nach vnterscheit wie vorgesaget, vnd schreiben auch ezliche.<br />

^Qt6 6iiilÌ88Ì0N6iii sprechen sie den Abendt Sägen<br />

8 m^Q6 nach gebetetem Morgensägen werden folgende gebedtlein<br />

gesprochen:<br />

Herr Christ du bist mein Zuversicht ec.<br />

item die schöne verß dui ?1iilippi<br />

Uli 811m, QUII^ lll.1861' N0VÌ<br />

Ich armer Mensche gar nichttes binn,<br />

O Herr Gott, in meiner Noth :c.<br />

^ 6t ? iä6m Hiioä diodu8 I^unÄ6 6t NHi-tiä nebenft<br />

nachgesazeten gebette:<br />

Am jungesten Tag wirtt Gottes Sohn :c.<br />

H Ì6.6IN (^110(1 dÌ6 N6I'0U1'ii.<br />

Balzer Wessel<br />

In beiden Schulen wurde also außer dem Religionsunterricht<br />

nur Schreiben und Rechnen gelehrt, ja in der<br />

Wesselschen Schule, die vielleicht nur Anfänger enthielt, nur


von vi', v. Bülow. 367<br />

Religionsunterricht und Schreiben; im letzteren kam man sogar<br />

über die ersten Anfänge nicht hinaus. Auf solche Nebenbuhler<br />

eifersüchtig zu sein, hatten die höheren Schulen demnach<br />

wirklich keine Ursache.<br />

Wie aber die Lateinschulen auf die Deutschschulen mit<br />

scheelen Augen sahen und sie als Winkelschulen betrachteten, die<br />

nicht geduldet werden dürften, so klagten ihrerseits die letzteren<br />

wegen Ueberhandnahme der Winkelschulen und wegen der<br />

vielen „hereinschleichendenn kherlß, die da unaufgefordert Hereingelauffenn<br />

kommenn unnd also nnbesonnenn Schule zu haldtenn<br />

sich unterstehcnn." In zahlreichen Eingaben, die häufig der<br />

Brodncid dictirt haben mag, die jedoch äußerlich manchmal<br />

wahre Meisterstücke der Schönschreibekunst oder -künstelei sind,<br />

wenden sie sich bald an den Herzog, bald an den Rath um<br />

Abhülfe. ") An den berichteten Thatsachen kann nicht wohl<br />

gezweifelt werden; und da es uns heut gleichgültig sein kann,<br />

ob die vorhandenen Schulen officiell anerkannt waren oder<br />

nicht, so entnehmen wir aus den Aeten der Streitenden die<br />

erfreuliche Thatsache, daß die Stadt Stettin innerhalb der letzten<br />

fünfzig Jahre pommerscher Selbständigkeit hinreichend mit Instituten<br />

<strong>für</strong> den Volksunterricht versehen gewesen ist. Daß<br />

unter denselben ein Gradunterschied war, und manche von<br />

ihnen nur wenig geleistet haben, thut ebensowenig zur Sache,<br />

als daß die Schüler der verschiedenen Schulen die Feindschaft<br />

der Lehrer gegeneinander auf ihre Kreise weiter trugen, sich<br />

mit „Göckelnamen" belegten, auf den Straßen wacker prügelten<br />

und auch in der Kirche nicht immer Frieden hielten.<br />

") Da auch der Gegenpart durch schöne Schrift <strong>für</strong> sich einnehmen<br />

wollte, so genießt die Nachwelt den Vortheil musterhaft geschriebener<br />

Acten. Vgl. Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I. Tit. 132.<br />

Nr. 131. und: Deponirte Acten der Stadt Stettin: Wegen Annehmund<br />

Bestellung der Teutschen Schul-, Schreib- und Rechen-Meistere.<br />

1578 ff. Tit. II. Sect. 5. Nr. 6, vol. 1.


<strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

Die Deutschlehrer recrutirten sich oft aus recht verschie-<br />

denen Verufsclassen. In den bereits angezogenen beiden Acten-<br />

stücken kommen vertriebene Geistliche und Lehrer, auch Studenten,<br />

wiederholt als Inhaber einer deutschen Schule in Stettin vor;<br />

einer unterschreibt sich als „Teutscher Schul- vnd Rechen-<br />

meister, auch Buchhalter vnd Creutzbruder." Nach Cramers<br />

Kirchenchronikon IV, Cap. 34 am Schluß war 1605 der Pastor<br />

Ioh. Middelsteth Zu Scheuue und Schwarzow zugleich deutscher<br />

Schulmeister und Küster an S.. Nicolai in Stettin. Den<br />

Küstern an dieser und der Iacobikirche war das Halten einer<br />

deutschen Schnle von jeher gestattet.<br />

Die Mädchenschule.<br />

Die Mehrzahl der weiblichen Jugend ist im Mittelalter,<br />

einige Unterweisung in der Religion ausgenommen, ohne<br />

irgend Unterricht selbst in den Elementargegenständen aufge-<br />

wachsen. Daß es einzelne Frauen gab, welche Latein sprachen<br />

und schrieben, ist kein Beweis dagegen, ebensowenig wie die<br />

Existenz von Schulen in den Nonnenklöstern, denn der in<br />

diesen ertheilte Unterricht wird sich eben auf das Erlernen von<br />

Gebeten, geistlichen Liedern und dergleichen beschränkt haben.<br />

Von fest organisirten Mädchenschulen gleich den deutschen<br />

Schreibschulen <strong>für</strong> Knaben findet sich im Mittelalter deshalb<br />

nichts, weil das Bedürfniß nach denselben nicht empfunden<br />

ward. Dagegen sind Beispiele vorhanden, daß Mädchen hie<br />

und da die unteren Classen der Knabenschulen besuchten.^)<br />

Auch die pommersche Kirchenordnung von 1563 weiß<br />

„Van Iungfruwen Scholen" nur wenig zu sagen. Sie be-<br />

stimmt ganz kurz: „In groten Steden schölen Iungfruwen<br />

Scholen syn, vnd schal de Radt mit dem Pastore bestellen<br />

Godtfrüchtige ehrliche Personen, die sie lesen vnde schriuen<br />

lehren." Die an diesen Schulen fungirenden „Scholmeisters<br />

45) Kriegk, Deutsches Vürgerthnm im Mittelalter, Neue Folge,<br />

1871, Seite 78.


von Dr. v. Bülow. 369<br />

effte Scholmeisterinnen" erhalten vom Rath freie Wohnung<br />

und von den Kindern Schulgeld und Holzgeld. Besoldung<br />

wird dann gegeben, wenn die Kirchcnkasse iu der Lage ist;<br />

dagegen können die Visitatoren das Lehramt statt den erwähnten<br />

Lehrern oder Lehrerinnen auch einem Geistlichen übertragen.<br />

In der bedingungsweisen Zubilligung von Gehalt aus der<br />

Kirchenkasse liegt indessen <strong>für</strong> die Mädchenschule eine gewisse An-<br />

erkennung von Seiten der Kirche, die der Elementarschule <strong>für</strong><br />

Knaben fehlt.<br />

Der Unterricht beschränkte sich auf täglich vier Stunden<br />

und umfaßte ausdrücklich nichts als die beiden genannten<br />

Fächer des Lesens und Schreibens; die übrige Zeit sollen die<br />

Mädchen vernünftiger Weise zu Hause den Haushalt lernen;<br />

auch der Unterricht im Katechismus, in Vibelkenntniß und geist-<br />

lichen Liedern scheint von den Eltern erwartet zu werden.<br />

Trotzdem übrigens, daß die Kirchenordnung ausdrücklich<br />

von Schulmeisterinnen spricht, kann ich von einer rechtlich be-<br />

stallten Lehrerin im 16. Jahrhundert in Pommern keine Spur<br />

finden. Wo nur immer, in Stettin z. B., eine Jungfrau<br />

oder Wittwe ein paar Schülerinnen um sich versammelte, wurde<br />

sie von den concessionirten Deutschlehrern heftig verfolgt und<br />

verklagt. 46) Der Spruch 1. Cor. 14, 34 erhält dabei durch den<br />

Eifer der Kläger einen textwidrigen Zusatz: mn1Ì6i- tHQ63.t in<br />

6ooi68Ì3. 6t Lokoik. Gott wolle allerdings, daß sein Name<br />

auch von den Weibern ausgebreitet werde, non 3^t6m äo-<br />

cenaci, 86


370 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

Naumburg im Jahre 1610 eine solche besaß, ^) ist es meines<br />

Wissens in Pommern auch im 17. Jahrhundert nicht gekommen.<br />

Die Dorfschule.<br />

Noch weniger als von städtischen Schulen <strong>für</strong> die nicht<br />

gelehrten Stände ist von Dorfschulen im 16. Jahrhundert<br />

zu sagen. Sie kommen nur ganz vereinzelt vor und werden<br />

sich immer nur kurze Zeit erhalten haben. Die ächt evangelische<br />

Erkenntniß, daß man keine Classe von der Schulbildung aus-<br />

schließen dürfe, brach sich, wie oben bemerkt, allmählig Bahn,<br />

zur praktischen Durchführung aber bedurfte es noch einiger Zeit.<br />

Die Kirchenordnung von 1563 thut der Dorfschulen noch<br />

keinerlei Erwähnung; mit Ausnahme des vom Pastor oder<br />

Küster in der Kirche zu ertheilenden Katechismusunterrichts,<br />

der Kinderlehre, auf welche die Visitatoren Acht zu haben<br />

verpflichtet werden. Urkundliche Nachrichten über die Existenz<br />

einer Schule auf dem Lande finden sich daher nur selten, und be-<br />

schränken sich auf das Folgende. An anderer Stelle habe ich bereits<br />

die Existenz einer Schule im Iohanniterordensschloß zu Wilden-<br />

bruch i. I. 1570 nachgewiesen;^) nun war aber Wildenbruch,<br />

vom Ordenshause abgesehen, damals, was es noch heut ist,<br />

ein unbedeutendes Dorf; im Schlosse wohnten zur angegebenen<br />

Zeit nur wenige Beamte, die Schule kann sich also über das<br />

Niveau einer Dorfschule nicht erhoben haben. Noch deutlicher<br />

geht dies aus Kirchenvisitationsaeten von Wildenbruch vom<br />

Jahre 1615 hervor,^) indem es daselbst heißt: „vnd Wirt<br />

der Custer Schule halten vnd die liebe Iugendt im anfange<br />

des Christhumbs, wie auch im schreiben vnd lesen mit steife<br />

vnterrichten." Hier ist also ein Beweis gegeben von dem Vor-<br />

handensein einer Dorfschule; ein anderer findet sich in einer Bauer-<br />

ordnung <strong>für</strong> die Dörfer des caminer Domcapitels von 1595,<br />

4s) Vormbaum, Evangelische Schulordnungen II, Seite 103.<br />

N) Balt. Stud. XXIX, Seite 12.<br />

50) Staatsarchiv zu Stettin: Wolg. Arch. Tit. 63. Nr. 303 und 304.


von Di'. v. Bülow. 371<br />

in der es heißt: „§ 3. Bestellung der Schulmeister in<br />

den Dörfern. Weil man auch leider vernehmen mus, das<br />

die Jugend fehr übel erzogen wird, und weinig von ihrem<br />

Christenthumb wißen, fo haben die Schultzen undt Gerichten,<br />

wan Vaeantien sein, tüchtige Küster oder Schulmeister vorzuschlagen,<br />

denen die Kinder nach Inhalt der absonderlich ausgegebenen<br />

Verordnung zu untergeben, und sie dagegen wegen<br />

ihrer Mühe gebührlich zu belohnen, gestalt den zu desto meherer<br />

Auskommung auch diejenigen, so keine Kinder haben, halb<br />

so viel dazu zu geben schuldig sein sollen. Wan die Schulmeister<br />

wegen ihrer Wohnung und Bleibens oder sonsten nicht<br />

zu Recht kommen ko'uten, wirdt die Obrigkeit- da<strong>für</strong> sorgen,<br />

welcher es angezeigt werden soll."<br />

Allgemeinen Eingang jedoch fand der Iugendunterricht bei<br />

der ländlichen Bevölkerung Pommerns trotz der angeführten Beispiele<br />

aus früherer Zeit erst im 17. Jahrhundert.


372 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

Ì8 D.<br />

Urkundliche Beilagen.<br />

xueris in sedala ^niii<br />

In gl'ini9. olà.886.<br />

(UÌ(;6I'0I1Ì8 H «soll, äturmio 00ii60t.3.6.<br />

In<br />

D.<br />

ÌQ<br />

^oli. (?) ^6(1161-1. ^^)<br />

6t O0Q^'n^3,tÌ0I1U.IN ^jlixtg, Do-<br />

^') Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I, Tit. 110. Nr. 2.<br />

Nxkidiwm Wollin, 18. Iunii 1594.<br />

52) Es steht deutlich «lok. Nsäwi'i da, doch hieß der Bearbeiter<br />

des Compendiums von Melanchthons lateinischer Grammatik mit<br />

Vornamen Nicolaus; er starb 1551 als Superintendent zu Beruburg<br />

und ist zu unterscheiden von dem oben genannten Johann Metzler,<br />

gesi. 1538 in Breslau.


Vt)63l)iii3 roi'iiN in ii8iini 86N0I36<br />

i66t3.<br />

IQ01'3iÌ3 (^3<br />

von Di'. v. Vülow. 373<br />

8 86N0i38ti63.6<br />

P116I-Ì8 IN 86N013 «Iii1ÌN6N8Ì.<br />

0MNÌ11II1<br />

6.Ì080 6886 66^)6t, Iit 3(1 ^101713.111 D6Ì 6t 3(1<br />

666168Ì36 6NI'811IIl 8tiidÌ017NII1 36<br />

DÌ863.t imitili' ÌQ^rìlUÌ8 86ii0i38tÌ6U8<br />

l01it68 d06trìi136 do D60 60NtÌN6t) Iit 8613t,<br />

1Ì8 8Ìt D6118 6t (^U36 8Ìt<br />

ìli 8110 V6I-1)0; 6t ^jHXt3. ìiliid ÌQ V6173. O61<br />

dìi66tÌ0I16) timorO, iid6 6t 1)3tÌ6NtÌ3 IN<br />

D611IN 60i3t, 6t t0ti1N^ Vit36 61117811111 176A3t, N6<br />

dìi66tÌ0N6IH D6Ì 6t ^1-0X11111 k66Ì886 VÌd63ti1I-.<br />

2. U3.N6 (^1118^1118 86Q0i38tÌ6118 ^)r66Ìl)118 P1117Ì8 D60<br />

86 60INM61id6t 0P6U1(^116 dìvìNHIN ^170 8^^10111111 ^611610171<br />

8116668811 l6iÌFÌ086 Ìmpi0r6t.<br />

3. 1^61110 86ii0i38tÌ60I-11ll1 11NH113IQ ÌM.PÌ3II1 31it 60N-<br />

tiHQ6iÌ083II1 31it ^10^3113111 d6 1)60 V6i 1^)81118 V617^>0 6t<br />

IQÌliÌ8ti'Ì8 V066M 6d3t, 86d ^)617p6ti10 D611N1 1I1V066t, IN<br />

0MNÌdi18 ^173tÌ38 3Z3t, ^)1iK1Ì6Ì8 66176ll10NÌi8 ìnt6178Ìt) 638<br />

63N6nd0 017N6t 6t MV6t, 861H7I-Ì168 60nt3diii3tÌ0N68 31it<br />

F68tÌ61ii3tÌ0N68 li1^Ì3t. ^3IN ìl)i 1^)81118 D61, 638d0ri1IN<br />

311^6101711111 36 ^Ì0I-11IN nominimi 60N8^)66ti1II1 V61763ti1I',<br />

3tt6Nt6 ^)1i1)1Ì638 60N6Ì0N68 3NÌlQ3dv617t3.t, Iit 86Nt6NtÌ3N1<br />

86171^111736 83it6IN 11N3IN 3t(^U6 3it6I'3IN 6X 60N610N6<br />

VÌ668<br />

nt617170^3ti18 I-6l61'I-6 ^I163t, od8617V6t 1)173661^)1108<br />

ìì 10608.<br />

4. 866111idi1N1 O611N1


874 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

6t 0i)6dÌ6iitÌ3. 6oi3t 6t ^)666li.tum Iii0lt3,i6 8t3tii3.t 6886,<br />

60IituiH36Ìt6I- 16^68 6t Hi3Iid3.t^ 60ruin VÌ0I3.I76.<br />

5. ^6Ii10 ili ^r6^6m 86Q0ia.8tÌ601'UIH I-66ÌpÌ6Iidi18<br />

6lit, QÌ8Ì 1udÌll10d6173.t017Ì V6i 3. p3.1'6Iiti1)U8 V6i tut0I-i1)118<br />

6. ,<br />

^xt^. Don^tuiQ 6t<br />

6t 6X2.


von Dr. v. Vülow. 375<br />

i) 863.1)656 63.put 3.1it di^it08, 3.111-68 6t Q3.l68<br />

d.6Iit68 8611 863.d61'6 8611<br />

12. InAI-6aÌ6H8 86ii0I3.HI 3.p6lÌHt 63.p1it 6t 1o611N1<br />

8Ìl)ì d68til13.ti1111 06611p6t, N1i11Ì8 di 8 6111-81^)118 tui111i1ti1111<br />

6pitUll1 6X6Ìt6t, III1IIÌII8 8tii6Ì3. ìnt6I'tui'I)6t<br />

Ì3.t. Ili ^)11N6t0 ii0r3.6 PI-3.6861-ipt3.6 81UAu1i IN<br />

83i1iit6 6t 8110668811 8tiidi0ri1II1<br />

13.<br />

86I10I3. 3.1)6886 d6l)6t, N66 81Q6 V6Q13.<br />

8113. VOt^ D60<br />

6ÌVÌt3.tÌ8 6Ar6dÌHti11', N6IN0 6tÌ3.1Q 81N6 V6QÌ3. 86iti1<br />

63.8118<br />

14.<br />

I16N10<br />

V6I-0 ^13.6Ì6IH Q61N0<br />

83>tÌ8 N6IN0 3.1ÌHIQ<br />

15.<br />

6Ä680 3.(1<br />

3.I-63.I13.<br />

63.68118<br />

81iI)ÌQtl'6t;<br />

trÌ8tÌ88ÌM118<br />

Ì0 8118tii1ìt.<br />

1 1 H , 1166 ä6 3.1Ì0<br />

ìli 1iid0 1Ìt61'3.rÌ0 8ÌV6 dÌ6Ìti1I- 8ÌV6 A )<br />

6l1ìlNÌN6t.<br />

16. ^A1'6(1Ì61it68 86I10I3. V6i dONIIID V6i 3.d<br />

6t Q10d68tÌ3. 0rN3.t ^1161^13.111.<br />

8ii6utinm 6t<br />

P ; 6111111 1N3.A<br />

116HK)<br />

17. NÌNÌIH6 d666t 86ii0i3.8tÌ611N1) 3.5 d 6 lì Oli UHI 3.1it<br />

8611I'I-3.I'11II1 3.1it 1'118tÌ60I-11M. 111056 ìli pi3.t6Ì8 611-6111116111--<br />

83.1-6, 1)03.1-6 3.ut Fr3.883.ri, 86d 1H0d68tÌ3.I11 6t<br />

dÌ3.m ndi(1116 ili Ì11668811 6t V68titn ^r3.6 86<br />

18. (Ü0I-3.1N Ii0I168tÌ8 VÌI-Ì8 6t IH3.ti'0QÌ8, Ìt6U1 3.d ìli-


376 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

6t 6^r6881im pr3606pt01'1im 6 80I10I3<br />

803mn3. c1i8oidoi'it 3.11t O3nc1o1Ì8<br />

00Ni1)113861'it, 31it 6tÌ3.m 3.1i(^1iic1 clamili dociorit l6N68trÌ8,<br />

l01'11Ä0idl18, mON8Ì8 31it 3.1Ü8 36ditioii P3rti1)118) 1Hn1ot3.H1<br />

3.(1 r683i'oiondnm d3mniim nnm6i-3iiit.<br />

lidoi'iim 61-it.<br />

20. ^UI-t3.) IH6Qa3.0Ì3) 6drÌ6t38, in1i0Q68ti luäi 3.16-<br />

) it6m ä6P0P1ii3ti0 1i0I-t0ri1111 6t<br />

modi ìndÌA113, l3oin01'3, (^1136 1i3i)61it 3(1^11Q0t3m<br />

6ÌI16IN 6t 111^311113.111) fillio 830riim 006tiilli 8o1i0i38tioiira<br />

minimo äolorm^o d6i)6Qt. ^0iiimii8 6tÌ3.m, ut m6lO3-<br />

tui'3m 6X6lO63Nt 8OQ0i38tioi; 81 filici 3,1tor 3I) 3it6l0<br />

6m6l-6 vo1u61-it) ^limiim ^)I'3,606I)t0I'6m 00Q8ui3t.<br />

21. Ln1ti'08) ^11^101168 3.11t 8Ì038) voi ^1iim1)608 ^1o-<br />

1)08 H6m0 in lüäiim 1it6l3riiim f(;i'3t. ^l?3iÌ3. 3rm3. mi-<br />

1it68 6t 806i6l3ti 81O3.rii loi'1'6 80i61it) I10I1 8ooi38tioi.<br />

^1'U13, 8Oiioi3,8tio0riim 6886 ä6dont lidri, P3PVI-1I8, 03.I3.-<br />

mi18, 3tl-3m6ntnm, (^113.6 86m^)6I' in m3.nil)118 1i3i)63.1it.<br />

22. ^6m0 in)'i18t6 3iium c1ol6I'3t N60 00Ntnm6iÌ08Ì8<br />

N0mini1)118 811^i1i6t; t3.i68 ^3i8Ì (I6i3t0l68 HON 6V3ti61it<br />

P06N38.<br />

23. Dnm Mklioo O3.nitur, vnitn 3.ä i-oIi^Ì0N6m<br />

POI'Ì3Nti1I', 3(1 N0m6N 86rV3.torÌ8<br />

Ü60t3ntui-. In tompio<br />

ÌN000ptÌ0N6m 0MN68 8OQ0i3.8tioi 3O(1113.1itoi' 3,0<br />

03.N6I-6 ä6i)6nt.<br />

24. (U0Ntr0V6I'8Ì36 0mN68 3.(1<br />

ci6l6i-3ntiii-, vinäiota Pi-iv3.t3, 0mnidii8 68t0<br />

00NVÌtÌ3) MI-AÌ3. m3ioäiot3., O0Ntnmo1Ì3,6 6t 8Ìmu1t3t68<br />

Indo 1Ìt6I'3I'Ì0 P61-^)6tu0 6xui6nt. (Hui 3.1ium pni83V6I-it)<br />

8ÌV6 ^NI'6 8ÌV6 1NMI-Ì3. iä ^oorit) ^1'3V1 ^)06N3 oknoxii18 6lit.<br />

25. 86rm0NÌ8 immunc1itÌ3, o1)8O06nit3.t6 6t turpi-<br />

10(^11Ì0 8Ìmp1Ì068 ot PI-0i)08 N6m0 0if6Iici3t. In 1iniv61'81im<br />

ä6 1'6bu8 tui-1)idi18 N6(^116 V6I-N3O1i1o nocino I3,til10 86r-


08<br />

6X<br />

27.<br />

86<br />

1)6tiiiI,NtÌ9X1 a6 ^d8tÌN63,nt.<br />

29.<br />

von Dr. v. Viilow. 377<br />

mono H11Ì8(1110 I0(1113.ti11'. ^v 80riQ0NÌ8 lovitllto 6t lutili-<br />


378 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

„ 12.<br />

., 1.<br />

6. 6l3.mll13.ti63. ?Iii1ip<br />

7.<br />

06t3.V3..<br />

9. 1^061<br />

Q68<br />

3.<br />

6t<br />

2. Vviäiu8 66^1-18<br />

til)118 86(1 I.1Ì<br />

OÌ6<br />

Iioi-a 9. in<br />

" 6.<br />

„ 7.<br />

„ 9.<br />

„ 12.<br />

., 1.<br />

» 2.<br />

0i>äo<br />

Dio (5) filici iQ6lli0i'Ì3.6 ui3.iiä3.i'iiit ex<br />

I>I-080äi3, Domini N6i.<br />

DÌ3l0ssì 83.6I-Ì (Ü3.8t6i1i0N.<br />

87Nt3.X18 ?NÌIÌMÌ.<br />

NU8Ì63., NH18Ì63(1116 6X6l6itÌ3.<br />

«66I-0Q. 6PÌ-<br />

3t0l3.6 60ll66t.<br />

H 8tl1I'INÌ0.<br />

6l3,663<<br />

6l3,NIN. D.<br />

N66l6ri.<br />

I^3.dul. 03,11161-.<br />

^0nl3.1)Iii3.tÌ0N68<br />

H6I-1N. 86Q0t-<br />

t6NNÌÌ.<br />

UHM. QÌO V6tu8<br />

Iwr<br />

6X<br />

H. 6t ? 3. 86Xt3.<br />

^0IN6N<br />

60MP6N6 . N6(11.<br />

?0l-IN1ii3 6 PU6I-Ì<br />

6t N3IUNI<br />

6t)5<br />

DoN3.tU8<br />

i3tÌN0-<br />

Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. I>. I, Tit. 113, Nr. 9.


60N6101iiI)118,<br />

3. oaI16Ì0I1ÌI)I18<br />

3.11<br />

^3 6t F.<br />

H113.1't3..<br />

IN3.11. ä6 t6<br />

68t IU08.<br />

V0H3.W8 I<br />

imt.nr.<br />

l)0Q3.t.<br />

l. 1594<br />

. H6Ì66I1<br />

von Oi-. v. Vülow. 379<br />

3.6668861-int,<br />

1)0tii18 IN<br />

1ìtt61'36 t3IQ i<br />

6t<br />

inti11' 6t<br />

i V063.1it)<br />

(H U Ì11 t H.<br />

81<br />

8, 81V6<br />

Ìii^Il1Ì8 6t<br />

6^1113.11163.6<br />

^ 6t Istillimi<br />

tIÌ36Ìti11' 6t 63t6-


380 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

613.88Ì8.<br />

liora 6. v. O3.vidÌ8<br />

t66N68Ì8.<br />

Ooct.<br />

7. (Ü6rt3inin3 do loco.<br />

9. Nv3.NZ6iii1IN ! 1g.tÌN11IN.<br />

Fr36cu,rn.<br />

1. ()iiidd3ni in<br />

2.<br />

in vro83..<br />

In 36d6IN 83cr3IN.<br />

I^ntn6ri.<br />

VÌ6<br />

6t N3.60 Ilic 81int: ^ 6t (^6-<br />

N68Ì8. It6IN cOAUNtur I3tinc 1ocin3ntui'; 8c,U1'1'3.6 6X3.INÌ-<br />

; in 3)I)86nt68 3niiN3cIv6rtitiii'; 81 non 3niin3clv6i'-<br />

, vix ciuino^uo 8cnoi3.IN ll'6ciU6Nt3.I'6Nt. ^I3nt3. 68t<br />

V6i N3.tnin 8oc.oräi3 in i3l)0I'3näO) V6l t3.nt3. P3.tl-Uin V6-<br />

corcIÌ3. in 6cll163.nclo. (Hl13N(1o t3IN6N t3.i68 t3Ncl6IN 1ÌIN3-<br />

VÌINU8, N3.ucl 6UIN3VÌINU3 ;<br />

8Ì6 N08 N08 86lNj)61' clivo 8Iid6INN8 in iino N00688UIN<br />

68t. Nt 1-6 V6l3. 8nä3.INU3; I)i3.t61'6nt<br />

ÌN63.88U1N 3.1)63.t, N6V6<br />

in N08 tl'3U8i'6I'3t, 6X3INÌU3. äno ^nl)6t6, viri<br />

p6rnniN3ni (c^nod nonäuin ii<br />

1N6N86 N^rtio 6t 86pt6indri N3.I)63.-<br />

V6rnin inn88Ìt3nduni, cenici inMri^rnlli in N06 no8tro<br />

I6^itiino 1NU.N6r6 scUM8 i0gitilN3N1 V063.tioi16IN 3.dniI6 ov-<br />

86lV0, cinid(^U6 tunc t6inpori8 I'68pond61'iin)) l^uo


von ^r. v. Vülow. 381<br />

äti^onäimn 40 li.<br />

20 ü.<br />

30 ü.<br />

i 16 ü.<br />

intra H 8<br />

4 5. V6i 4<br />

6 ^r.,<br />

Aus dem Visitationsprotocoll:^)<br />

Nachdem anch bei der Scholen mercklicher nnvorantwort-<br />

licher Abgang nnnd Mangel in gehaltener Visitation und 6x3.-<br />

mine gespuret, dieselbe an sich geringe von Scholaren, nnd<br />

welche noch vorhanden sein, in 1iwri8 6t moril)^ weinig<br />

oder säst nichtes gelernet haben, dessen Ursack zugemessen Wirt<br />

zum Theile der gemeinen Bürgerschafft, das sie ire Iugendt<br />

daheim nicht woll erziehen, auch nicht fleissig zur Scholcn<br />

halten, zum Theil us die ^i-^c^toro^ das sie weinig Fleis<br />

Staatsarchiv zu Stettin: a. a. O.


382 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

an die Knaben wenden, sich vielmehr uf Mussigganck und Geselschaft<br />

legen, und aber kein Zweifel ist, das durch die<br />

pi-3.606pt0i-68, wan dieselben sich ihres Ambtes mit Ernste<br />

annehmen, der Muhe und stettigen Arbeit sich nicht verdrießen<br />

liessen, auch die iucoinmoci^ und Ungelegenheiten der bösen<br />

nachlessigen Hauszucht in etwas tonnen corrigiret und abgewendet<br />

werden, wirt verordnet, das der Pastor nebenst seinen<br />

colloca nicht allein in ihren Predigten öfters nach zufelliger<br />

Gelegenheit der Scholen und welcher gestalt ^lH606^t0l63<br />

und Scholer sich zu verhalten, ungleichen wie die Eltern<br />

mit guter Hauszucht den pi-^sc^wi-ibug die Hand stercken<br />

müssen, gedencken sollen, sondern auch alle halbe Jahre, nemblich<br />

auf Ostern undt Michaelis im Beisein des Rhades und<br />

aus der Bürgerschaft, so studiret haben, Visitation der Scholen<br />

und Examen anstellen, aller Mengel sich mit Fleis erkundigen<br />

und dieselbe durch geburliche Verordnung abschaffen, wie dan<br />

auch ausserhalb diesem die Prediger und insonderheit der Pfarrer<br />

taglich uf die Schole hinfuro ein Auge haben werden. Und<br />

weil der Pastor Er Martinus Teste Alters halben nuhmer<br />

diesen Sachen nicht allewege nach Erheischen der Notturfft<br />

möchte obliegen können, sol der Capellan Magister Ioachimus<br />

Pahle umb soviel mehr sich dieses Werckes annehmen, die<br />

^)i'H6C6^)t0i'68 aber allesambt ihre Sachen also richten, das<br />

man bei Visitation der Scholen, so mittels godtlicher Hülfe<br />

auf Ostern künftig Wirt gehalten werden, ihre Besserung zu<br />

spuren habe, oder Entsetzung ihres Dienstes gewertig sein.<br />

.


86rV3.tU8 in<br />

von Di'. v. Vülow. 383<br />

. 1595.<br />

6t<br />

ra. 6. äiodiiL 13 F 6t ?1 iìnitÌ8 pi'6oidu8<br />

^>rill13.ni8<br />

D.<br />

,) 7.<br />

), 8.<br />

,) 9.<br />

6t<br />

3.Ii<br />

6X<br />

V6I-0<br />

6t (5 6X^08ÌtÌ0QÌ 6t I^potitioni<br />

n 1. 6t 2. 61^386. DÌ6<br />

6t ?<br />

1^08811, äi6i)U8<br />

QÌ8<br />

0IQI168 IN<br />

O0186Ì0<br />

6t<br />

,, 12. DÌ6i)I18 3 6t<br />

IN6Q836)<br />

6t<br />

I)9.VÌ(1Ì3 79. 9.<br />

, 6t<br />

ti'ÌI)UÌt.<br />

i66tÌ0N6 6X3.NÌQ3.t. DÌ6<br />

^) Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I. Tit. 107 Nr. 1.<br />

Kirchen-Visitation zu Golnow. 1595.<br />

6X


384 <strong>Geschichte</strong> des ponimerschen Schulwesens<br />

,, 2.<br />

„ 3.<br />

1. 6t 2^ui<br />

6UIN<br />

O. ?1ii1ippi PI-ÌIN3.NÌ8 6t<br />

li(^I108 QU8(2n<br />

äimittuntui'.<br />

^i-^tiHi-ura<br />

10008 60IHNUN63 86Iit6IitÌ080I'UIQ V6r8UU.N1<br />

,, 6. ?I-im^ui 6t 2^"<br />

„ 9.<br />

6t<br />

) ^uiiÌ0I'68<br />

,) 12. I^<br />

^1-6668<br />

6t<br />

. 6t<br />

6X<br />

1. 6t 2^"^<br />

r.<br />

V006<br />

Iivl)61'110 7. Köln 86I10I3.8 i<br />

10. 6X6UIit. ?08t IN6I'ÌcIÌ6IQ 3.ä 3^^" U8


8o1vunt:<br />

rum<br />

von Di'. v. Vülow. 385<br />

30 il.,<br />

III<br />

4 AI'. M^OI-68 6t HUI<br />

3<br />

2<br />

06ii3


386 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

6t<br />

NÌ86I-I-ÌII16 tl-itui-^vit 5lNN08 15<br />

86QHtum, ut 6xi^uum Miää^in All monelli 8Ìl)i<br />

QÌ8 8U^P6äita.I'6Iit, 1-68 3.ä 3.äv6utui11 r. ot ei. äll. VÌ8Ì-<br />

t^toi-um proroF^ta. 68t. ?6tit itaciu6 11UN6 odiiix6, 8ui<br />

ut Ii3.I)6^tui' l3.ti0) äamnuiii 88.1'6ÌI<br />

lit, 8Ì !'6V6i'6iic1Ì88Ìiiii) o1aiÌ88Ìmi 6t el<br />

V0iu6I'int.<br />

Excerpte aus demselben Visitationsabschied.<br />

Iungfrawen Schole.<br />

Gleichenvals stehet zu des Raths Vorsehung, eine Iung-<br />

frawenschole mit Gutachten des Pastorn und Kapellans an- '<br />

Missten.<br />

Chor <strong>für</strong> die Schöler.<br />

Der Vorsteher Anschlag, das Zwischen dem Chore und<br />

Kirche über der Erde ein Chor <strong>für</strong> die Scholer solle gebawet<br />

werden, lesset man sich gefallen, mit Erinnerung, das solches<br />

uf künftige Sommerzeit gescheen und alle dazu nötige Sachen<br />

bei Zeit verschaffet werden mugen.<br />

Schole.<br />

Demnach auch dieser Stadt an guter Bestellung der Scholen<br />

mercklich gelegen ist, dazu insonderheit gelerte und steißige<br />

pi-I.666Z)t0i-68 erfordert werden, sol ein E. Rath mit Be-<br />

stellung des Scholmeisters nicht nach Gunst sondern bescheident-<br />

lich verfahren und hiebet anderer gelerter Leute, insonderheit<br />

des Pfarners und Diaken Rhadt gebrauchen, <strong>für</strong> allen Dingen<br />

aber denselben dem Superintendenten zum Examen und Con-<br />

firmation praesentiren, damit nicht ungeschickte untugentliche<br />

Personen mit Verderb der lieben Iugent be<strong>für</strong>dert werden.


von Di'. v. Vülow. 367<br />

Brautsuppe abgeschaffet.<br />

Und obwol vorzeiten, wen Hochzeite gehalten, dem Schol-<br />

meister und Scholeren eine Suftfe ist gegeben worden, Wirt<br />

doch izige Gewohnheit, das anstadt derselben einhält der Matri-<br />

kel 12 Gr. der Scholemeister empfange, zu Verhütung allerley<br />

Ergernus und Misbrauches auch Verseumnus der Scholen<br />

billig beibehalten und bestätiget.<br />

Scholmeister.<br />

Dem izigen Scholmeister Petro Zander, weil er eine lange<br />

Zeit dieser Scholen mit gutem Ruhme und Gezeugnus vor-<br />

gestanden und jarlich nur 30 st. empfangen hat, davon und<br />

andern geringeschetzigen Gesellen ihme zu diesen beschwerlichen<br />

Zeiten nötigen Unterhalt zu haben unmuglich gewesen, derwegen<br />

er auch in Schulde geraten, unter anderm aber aus der Kirche<br />

25 st entlehnet hat, werden ihme dieselben hiemit erlassen, auch<br />

die daruf gegebene Vorschreibung wiederumb zugestellet.<br />

Baccalaureus.<br />

Der Baccalaureus aber sol mit Willen und Einstimmung<br />

des Pfarners und Scholmeisters uf vorgangenes Examen des<br />

Superattendenten bestellet, und ihme alles was die Matrikel<br />

vermag entrichtet, auch die Schole alle halbe Jahr visitiret<br />

werden, und zu Inspectoren Petrus Virchow nebenst Bartho-<br />

lomeus Wendland verordnet sein.<br />

Scholmeisters Besoldung ^)<br />

40 st. Iahrgelt uf vier Ziele, nemblich alle Virteljahr 10 st.<br />

Einn Fuder gut Vrenneholtz ein jeglicher, der Knaben in<br />

der Scholen hat, nicht allein von Einheimischen, sondern auch<br />

von Frembdten.<br />

Begrebnus.<br />

2 Gr. von einfacher Vigilia.<br />

4 Gr. von geduppelter Vigilia.<br />

Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. I>. I. Tit. 107 Nr. 30,


388 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

Brautmisse.<br />

12 Gr., davon der Backlaurius bekommet 4 Gr.<br />

Scholgeldt.<br />

2 Gr. <strong>für</strong> Burgerkinder aus der Stadt Golnow.<br />

4 Gr. <strong>für</strong> Ausheimifche.<br />

V2.oc^1iiui'6i Besoldung.<br />

25 st. Iahrbesoldung, nemblich zu jedem Quartale 6 st.<br />

8 Gr.<br />

1 Gr. zu halben /<br />

2 Gr. zur gantzem<br />

Wohnung hat er uf der Scholen. Holtzung hat er aus<br />

Gemeinem, das die Scholer geben.<br />

Der dritte Pfenning vom Scholgelde.<br />

3 Betten<br />

1 Par Lacken<br />

2 Hauptpfühle<br />

1 Küssen mit einer Bure<br />

IllV6utm-ium der Scholen.<br />

vi-68161-i 4 6t 5<br />

1^08811.<br />

Wirt ihme von den Diaconis<br />

der reichen Caste gehalten.<br />

Andere Version von demselben Jahr. ^)<br />

Schulmeisters Vesoldunge.<br />

30 st. stehendt Geltt von der Kirchen.<br />

Holtzunge.<br />

Ein Fuder Brenholz ein Iglicher, wellicher Knaben zur<br />

Schulen hatt. Also auch die frembte Knaben geben jeder<br />

1 Fuder Holtz.<br />

Begrebnussen.<br />

2 Gr. von der einfachtten Schnll.<br />

4 Gr. von einer gedubbelten Vigilia.<br />

57) Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I. Tit. 107 Nr. 30.


von l>r. u. Vülow. 389<br />

Branchmessen, eine Snppe.<br />

Sonsth hat nichts, ohne was ehr von den Knaben alle<br />

Quarthall zu gewartten.<br />

Eine guthe Stub nnd Camcr ans der Schnll nnd Alles<br />

was darein, hatt der Nahtt gehalttcn nnd fertigen lassen.<br />

Wegen der Brautsnppcn dioit 86n^tu8, die gehöre nit<br />

allein äolioilN'idiiZ) sondern seinen Adjnvanten, die ihme helfen<br />

fingen, item der Cüster. Item nehme Inclilliodoi-Atoi' nnd<br />

fein H(^utoi' <strong>für</strong> die Snppe Gelt, nnd Knaben krigen nichtcs,<br />

daher fo weinig Knaben als andere Bürger helfen fingen wollen.<br />

I^r^oc^tor di(^) es fei Unordnung dabei gewefen, den<br />

etliche haben fie nit geben wollen. Item es fel Nnordnnng<br />

dabei gcwcfen mit Fressen nnd Sauffen.<br />

20 fl. stehende Geltt anß der Kirche, fonsth nichtes, ohne<br />

was ehr von den Knaben zn gewartten,^) ^^ ^^ chlichen<br />

eine Malzeith, fo Knabenn zur Schnlen haben.<br />

1 Gr. zur Halden Vigilicn.<br />

2 Gr. znr gaichenn.<br />

Holhnn^c nnd Losalnentt^) ut sn^i'ii.<br />

Nf der Scholen unterschieden von des ^r^Q(^0s)t0i'Ì8.<br />

Das Holtz nimmet er von dem anderen. Die Schole banwet<br />

der Nhadt, damit haden die Diaconi nichtes Zn thuen.<br />

Den dritten Pfenuiugk vom 8^1^i'io.<br />

Betteu 3<br />

Laken 1 Par , , _. ,.<br />

,..,, ^ gehöret der Kirchen,<br />

yenptpfuhle 2 '^ ^<br />

Küfsen 1 ohne Biire<br />

^0t!in^uni. Es wirt müssen der newe ^i^QOo^tor niit<br />

Tische versehen werdenn, dieser ihige hat nichtes da<strong>für</strong> gehabt.<br />

Item er Wirt muffen Betten haben, weil er unbefreihet ift.<br />

Der Pastor gedenkt anch, vermnge vÌ8Ìt^tÌ0QÌ8 voriger<br />

Abfchiede sol ln'sl^0j)wi' können die Pastoren ^i'^^cli^^udo<br />

etwas fubleviren und relevireu, ^otit. das des auch muge bei<br />

Bestellung des izigeu geruchet und gedacht werden.<br />

^) Den er kngl


390 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

8113.8<br />

DÌ6<br />

8U2.II1 6X<br />

80i60<br />

6X<br />

in sckoig. I60 3.1-^HÜ!161iti1N<br />

Z6rN3.UÌ6<br />

6t r6p6tit3.IIl<br />

IN6M0I-Ìt6I- l66Ì<<br />

60i6Qt. NÌN0I-6 8 V6lO 86611IiäH Vio, 9 8U3.8 i6^I1Iit 166<br />

68t<br />

Hl6<br />

! 6t I-6NÌ88Ì0 86lic>I3.6<br />

N) Staatsarchiv zu Stettin.- Stett. Arch. I'. I. Tit. 120 Nr. 3.<br />

M) Im Text steht oetavam; man könnte auch das vorhergehende<br />

äiiniäig. D0U3. in äimiäig. oetav». umändern, aber immerhin ist über<br />

eine halbe Stunde keine Rechenschaft gegeben.


von Dr. v. Bülow. 391<br />

UH181068, äoilläs 80160 Olirà 1N3^0I'iI)118, Olim 3,d81Iit) 6X6l-<br />

citig. m 1181068 il18titl161'6.<br />

HÌ8<br />

. D6ÌN6.6<br />

3. PI-ÌN3. 1180^116 3.d 860UIid3.U1 ^1iid3.I11 6X<br />

mi N0 rii) 113 0^113.6d3.II1 V003.1)ui3. 6X<br />

VÌ0Ì88Ìm IN6I1101'it61'<br />

3.6. t6rtÌ3.M lprilH0<br />

) 80i60 ÌI1Ì8 äialo^iHQ 86-<br />

6XP0I16I-6, 0^113.111 6XP08ÌtÌ0Q6IQ r6ä-<br />

Ì8 Ut 80ii0i3.6 1-6INÌ88Ì0.<br />

DÌ6 1180^116 ad 00t3.v3.ni<br />

1180^116 3


392 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

8113,8 i60tÌ0Q63. ^1i6it3. t6ltÌ3. ilt ,<br />

Ilio oräo 86I-V3,tiir 6tÌ3.m 6Ì6l)118 V6U6rÌ8.<br />

Dio Z^tm-QÌ 3, 86ptilH3, 118(^116 3.6 0ot3.v3.ni IQ3^0I'68<br />

6ii68Ìi1 (ülivtroi, lliÌQ01'68 V6l0 03.t6oiiÌ8I11UI11<br />

ri. D6Ìncl.6 3,1) 00t3.V3, 118(^116 3.ä 110N3.IH 80ltÌN3. 6V3,N^6iÌÌ V6r8Ì0I16, I-6^6t0, mÌQ0r68 VOlO 8113.8<br />

3,6. V68P6ltÌH3.8<br />

3.1Ì3. 6t 8P60Ì3.1Ì3, ^ r 3. V 3, IU.ÌI13,<br />

80ii0i3.6<br />

1. Es ist die Schole mit dem Dache undt Bodem ubell<br />

versehen undt hat nicht tonnen, wie offt auch darumb angehalten<br />

gebessert werden, dar ein Insehen zu haben ist.<br />

2. Es gehen die Knaben unfleisich zuhr Scholen, fornemlichen<br />

des Sommers, den alsdan müssen W^ eins Theils<br />

die Gußelen, eins Theils die Schweine, eins Theils die Kelber,<br />

eins Theils die Kühe, eins Theils die Ochsen hüeten, eins<br />

Theils müßen die Pfluch treiben, sodald sie nur etwas erwacksen<br />

sein; wehre woll notigk die Bürger zu vormahnen, das<br />

sie ihre Kmder etwas flelsiger zur Scholen heilten.<br />

Besoldung.<br />

3. Es hatt der Scholmeister alhir nicht mehr Besoldung<br />

als nur 10 fl. stehende Gelde, welche e. e. Ratt ihme geben<br />

mus, undt saget ein erbar Ratt, das snlche 10 fl. sie dem<br />

Scholmeister hirumb geben, das ehr ihnen im Gerichte aufswarten<br />

undt schreiben mus. Hatt also, das ehr in der Kirchen<br />

6l) Staatsarchiv zu Stettin: a. a. O.


von Di'. v. Vülow. 393<br />

des Sonnabendes unnde Sontages singen mus, aus der Stad<br />

von den Bürgern noch aus der Kirchen nichts zu heben, welchs<br />

unbillich ist, nachdemmahle derselbe, wie Mattheus meldett<br />

Cap. 10, so dem Altare dienet, von dem Altare leben soll,<br />

derwegen die Herrn Visitatoren Anordnung machen wollen,<br />

das der Schulmeister <strong>für</strong> seine Auffwartung in der Kirchen entweder<br />

aus der Kirchen oder von den Bürgern eine pillige Belohnung<br />

bekomme, das ehr sich desto beßer erhalten könne.<br />

Tisch.<br />

4. Es hatt vor Zeiten der Scholmeister bey den Bürgern<br />

einen freigen Diß gehabet, welchs meine Hnt606880i-68<br />

abgeschaffet; ist solchs hinweider, nachdemmahle sich einer von<br />

10 st unde achtehalben Schffl tzabern nicht rechte woll erhalten<br />

kan, anzuordenen.<br />

Korb.<br />

5. Es ist auch der Gebrauch gewesen, das der Scholmeister<br />

mit dem Korbe die Knaben umbgeschickett, welchs auch<br />

noch also gehalten Wirt, aber die meisten Leute die Knaben<br />

mit groben spottlichen Worten ablegen und ihnen nicht geben<br />

wollen.<br />

Holtz.<br />

6. Es bekummet der Scholmeister nicht mehr des Jahrs<br />

als nur 4 Fueter Holzes, wen ehr dan damit seine Steube<br />

nicht wahrm halten undt dazue von den Knaben kein Holtzgeldt<br />

bekommen kan, ist die Verordenung zu machen, das der<br />

Scholmeister mehr an Holze aus der Stadt Holzung bekommen<br />

muege.<br />

Will nicht zweifeln, die Hern Visitatorn einen armen<br />

Scholdiener in Acht haben werden.


394 <strong>Geschichte</strong> des poinmerschen Schulwesens<br />

iiiiiZterii et 86Q3.tii8 duo g.küxg.6, 11t<br />

ioi Q08ti'i olüoii 8111 3.äm0ii63.iitiii') nee ^UÌ8, ^uo 86 ex-<br />

V6I-8118 1^.06. (3ooi61iii: ^^)<br />

i 1601.<br />

(Ü6I-6118 6886 03.V6, 0111 tl36it3 Z6XÌ1Ì8 3.6t3.8,<br />

O . 1.<br />

(^0IitÌQ6I18 16^68 36 pÌ6t3t6M p 6 l ti II 6 II t6 8.<br />

1. (Aliili ÌQÌtiiiIII 83pÌ6IitÌ36 8it tìMOl 6omìuì, P16-<br />

N08tl-08 80ii0i38tÌ008 8tu661'6 3Iit6 0IQI1Ì3 V0ii1IH118.<br />

2. ^. ^>r60Ìl)118 6I-F0 8tii6Ì3 6t 30tÌ0N68 81138 IU3I16<br />

0r6Ì3,nti1I-) 6t Olim PI-66ÌI)118 V68^6li ÜQ131it, 86i6nt68,<br />

81Q6 ^Iixilìo 6ÌVÌI10 0IQI168 81108 60Q3ti18 6t 13,I)OI'68 loi6<br />

irrito 8.<br />

3. Ltudioriim 3iit6in pr36oipmiin lioo 8Ìt, ut OM1168<br />

6t 8ÌQ^1i1Ì 6X 1ì!)6i1Ì8 63t6oli6tioi8 D. 1^utti61'i 6t<br />

6t ^6lI113IiÌ66 8Ìl)Ì l3mÌ1Ì3I-Ì88ÌlI16 I10t3 l6663Qt 6t,<br />

Iit ^)Ì6t38 ÌQ 6Xt6lQÌ8 OP6I-ìdi18 1uO63t, 6NÌt3.Iiti1I-.<br />

62) Staatsarchiv zn Stettin: Wolg. Arch., Tit. 63, Nr. 197, vol. 2.<br />

n) Nud. Goclenius (Gockel) der Aeltere, geb. 1. März 1547 zu<br />

Corbach, namhafter Philosoph und Schulmann, dessen Werke, darunter<br />

auch Gedichte, einst von bedeutendem Einfluß auf die Bildung der<br />

Zeit waren, jetzt aber nur noch historischen Werth haben. Allg. Dtsche<br />

Biogr.


von Dr. v. Vülow. 395<br />

4. ^rollii) 6111118 61'A0 1)1^8p1i6Niia8^ dii'3.8 i<br />

ti0N68, Mr3.ll16nt3.) IN3.^Ì3.U1 3.1Ì080^116 11011111118 divini 3.1)-<br />

118118) IN6nd3.6Ì3. it61N) 601iviti3., 1ii)idin68) 860rt3.tÌ0N68)<br />

lurtH) 1i1)6i1o8 53.INO8O8, 60N8pìi'3.tÌ0N68 6t6..<br />

60N1N111NÌ ^11^6 116^3.8 6886<br />

81<br />

V6i<br />

d i t P6r 110IN6I1<br />

V6i 86 V6i<br />

5. 68t<br />

6. In<br />

7. In<br />

8.<br />

Q66<br />

V6NÌ3,<br />

ili<br />

6t<br />

601-P118<br />

81116<br />

9. 6t<br />

IN<br />

, 86V61'6<br />

M) 0IHN68<br />

ut 6t<br />

d 6 e limi) 61'6 I-61ÌAÌ0 ^1<br />

'6) 1166 V6i Ìli VÌ6ÌriHIH<br />

6886 1Ì6Ìt^6. m<br />

in 8110 ordino 8ÌNA1iiÌ 8t6nt) MV6N1U8 ; Hiii 866118 laxit,<br />

10. 0lNN68 8Ìnt in.8tl-116ti iidi'18 non pl-olan^ 86d<br />

'Ì8) 1itp0t6 p83it61'ÌÌ8) 6t Ü8 (^111 60NtÌN6nt 63.1itÌ0N68<br />

Ì V6i 1)ÌH8 p1-663.tÌ0N68) 6X<br />

11. Int.61'<br />

ti 6t<br />

8Ìnt 8Ì<br />

^08t 60N6Ì0N6N1 10608 ^<br />

tr3.6t3.tO8 6t ^1'3.66ÌP113. di6t3. 6X60pt3. NOiint<br />

1N6N10I'Ìt61' 1'66Ìt3.r6. lHu0d t^iii NON<br />

1)06113.8<br />

, 8686-<br />

) Ilt<br />

60N6Ì0116


396 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

12. Olim 830l3. 1-68 P61'3^iti11') V61"6011Iid6 d606t<br />

d3t0 03^)it6, 1H3Iii1)118 ^6di1)118(^116 MN0tÌ8, 00U-<br />

1Ì8 1)6116 00IU^)08ÌtÌ8 6t Ü6X0, 011IH 1'68 P03tiii3t, P66.6.<br />

IQPI-ÌMÌ8 V6l0 ß6Q11 kl60t6Iidi1II1 68t, 0UII1 Üt N6IitÌ0 Q0-<br />

IQÌI1Ì8


von Or. v. Vülow. 397<br />

4. In 86I10I3III 1'666pti l^liot^liot 81int,<br />

tiI)U8 6t PI-Ht^Optori 1)118 8661inäiini d611N1 0i)06dÌ6litÌ3IN<br />

6t 1'6V61'6ntÌHIN li6l)6I'i. ()iiil)118 (11iÌ8l11iÌ3 V6l odnmrniii-<br />

1'3V61'it V6i 601itl'3dÌX6I'Ìt, V0i 8686 0PP08116I-it, 81116 dÌ8-<br />

6liniin6 VÌ1-AÌ8 6t 63r66r6 6X M6rit0 p11NÌ6tur.<br />

5. (Hiiidi18 PH6d3.^0^I3 60N1N1Ì883 68t, it<br />

tÜ8 VÌV656 V0inmi18, 116 I16Fl<br />

, 86(1 ìli 0N1NÌdi18<br />

6t 0lti6Ìa I'6V6I'6nt6r 6XQÌ^6HNt, 00^itl^nt68, Hii^ntilIN 8it<br />

, ^110(1 ìiioriiNI 1ÌI)61'3


398 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

12. ^1i1In8 ÌN<br />

I-Ì3.IN, 3.11t 60IH03 3.IÌ3.8 (^110^6 P0t3.n6i 63.1183. 63.t; da-<br />

NÌ1)118 3.1it6IN 6t I06I8 8118p66tÌ8 0I11QÌQ0 0INN68 3.1)8til163.nt.<br />

13. 8i)60t3.0u1Ì8 ^)1i1)1Ì6Ì8, (^U3.1Ì3.611I1(^116 63. 8Ìnt,<br />

6N0l6Ì8 Ìt6m N11ptÌ3iÌdi18 N08tl08 3.1)6886 V0ii1N1118. (Hiiì<br />

t3.IN611 Q0N0I-18<br />

1)113 3.6. ^)I-3.666^t01'68 3.1i3.tÌ8,<br />

6t H10ä68t6 ìcl f3613.t.<br />

14. N p1id1Ì06 6t äOllii ÌQ 0ll1QÌdi18 8UÌ8 H(;tÌ0IiÌl)118,<br />

t U6I-Ì P0t68t, 1i0Q68t6 86 86ii0i3.8tÌ6118 ^6l3.t, 1160<br />

l3.613.tv6.<br />

01)8606111 V6i IH<br />

15. N6(^iiii'ìiiiii8 in V68titn 1n06.68ti3.1n<br />

6Ì.6IQ, Ilixnm ìmpr0l)3II1U8. I^ii608 3.1tO8<br />

111^6X08, 63.16608 l6Q68tl-3.t08, 20Q3.M IIiÌiÌt3.I'6IQ 8611 3.1i1Ì6Ì8<br />

60QV6IiÌ61it6IQ 3. ^<br />

3.1it6II1 ^r3.66Ì^)ÌlI1118) Iit 86ii0i3.8tÌ6Ì V68t68 8U0<br />

60HV61iÌ6Qt68) 1i01168t38, 3,6 ^611113. 66INÌ883.8 8Ìi)Ì 60IQP3.-<br />

t) V6i 3. ^3.l6Qtì1)113 P6t3.Iit, 01HI16II1l^116 luXiim, 16V1-<br />

) ^I'1)Ì3.II1 66t63t6Qti1I'.<br />

16. Nxtl3. ^U8t3.8 6t i3.X3.m6QtÌ8 6.3.t3.8 Ii0I-3.8 Q6IQ0<br />

0IQI1Ì110 iii^Ht. Nt c^1iÌ66m 1u8118 t6IQP63tÌV08 I10Q IN<br />

60Q8^66ti1 1i0mil111ll1 H110I-11II1VÌ8, 866 IH 1060 86IQ0t0 U6rì<br />

V0iimi118, 116 (^1113 Ì11Ì8 0K6Ii63.ti1I'.<br />

17. 1^11811111 6ii3.I-t3.6611ll1) 3.163.M, 60IN1N1it3.tÌ0I168,<br />

Ìt6IH V6Ii6ÌtÌ0Q68, 60Q3.tÌ0Q68 6t 8ÌlliÌi68 60Qtl3.6ti18 0M-<br />

QÌI10 l6I'l6 U0iniH113.<br />

18. ()iiì V6^0 866118 l666rìt 6t Vyi 6i)I'Ì6t3.tÌ8 V6i<br />

ti11-PÌ8 86riH0NÌ8 3Ut l3.6tì 60QV16tU8 ln6lit, 3.1it V68t6<br />

IQ3.16 60IH^)08Ìt3.) 3.1t6r0 P3.11Ü 8ÌN11 Ili8^101111111 3.1it 83,-<br />

t6i1itimi 1110^6 ìli 1111II16I-I11I1 I-6Ì66tO) ^3.616 3,1it IQ3,IiÌi)118<br />

I10Q 1otÌ8, 116(^116 P6X0 63.PÌ110 3,1it 63.166Ì3 Q0Q ^11^3.^8<br />

ÌN ^)1i1)1Ì6111I1 ^I-o6Ì6lìt, 6i3.II10I'6) 6Ì361ir811 6t 8ÌmÌ1ì 86UI'I'Ì-<br />

1ìt3.t6 Q0INÌN11I11 3.1Ì0I-11II1 3


von l^i'. v. Vülow. 399<br />

19. ?r0t6otnrii8 P6r6^r6 i1nm.6di3.t6<br />

^ 03.U883.8 08t6nd3.t ot 3.1)6nndi 1Ì06ntÌ3t.<br />

3. 8n1) pr60Ìt)N8 6t 1ootÌ0N6 03.t3.i0A1 t3.rdin8 V6NÌ-<br />

6nt68 VÌI-F3. 6X0ÌpÌ6Ntnr; roli^ni, 8n1) PI-3.6i60tÌ01n1)N8 31it<br />

r6P6tÌtÌ0NÌi)N8 (^ni V6N6lÌnt, N3.tÌi)N8 P06N3.8 1n6Nt.<br />

4. (Hill N6^1i^6Nt6r 3.nt 80N1N0i6nt6r 8tndÌ3> tl30-<br />

t3.v6i'it 3.0 i-3.ro 8OQ0I3.1N in^r688N8 fn6rit, pr0 rn6in1)ro<br />

80I10I3.6


400<br />

6xoit6t an<br />

t61'3.t, 866.<br />

<strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

V610 6t<br />

ili ad nu^Ì8 6t<br />

) 6t<br />

1idl'08 Q3.1)63.t.<br />

7. Iti ludo 86(i6N8 3.(1 3u6i6n63.8 8 6Q3.rt3.II1<br />

, ut<br />

, 81 notati!<br />

' in<br />

8.<br />

6t<br />

Nt9<br />

9.<br />

10.<br />

8Ìt<br />

11.<br />

6.066U8<br />

6t IQ6II10I'Ìt6I'<br />

6t<br />

13. (Hui<br />

8Ì<br />

ut 86IQP6I' 3.1Ì38, 8Ì6<br />

6t<br />

, 86(1<br />

6886<br />

6t<br />

6t 68t,<br />

I-6p6tìtÌ0I16<br />

6t<br />

6x^)1Ì63.tÌ0U6m<br />

816<br />

, ^QÌ8 Notati 1)Ì3 V6i t6l, VÌ^Ì8 6H6(i6Iitui'.<br />

14. (ÜUM 63.QtÌ0Q68 iiUQt ìli i6CtÌ0UUIIl iQ<br />

unanimi V066 63Q6Ql1uiI1 68t. I^HIQ (Minium i<br />

6t 60Qi'688Ì0IiÌ8 3.6. 0U1I168 8ÌQ6<br />

V6I-0 8UK ^)I-66Ìi)U8 3.11u6 6^6lit, Q6HU6 8U3 6UIQ<br />

8Ì1)Ì I<br />

V0t3. 60I1MI1X6I'Ìt 6t V6i tumultuili 6X6it3V6I'Ìt, V6i CUlll<br />

3.1Ì0 t)0ii06UtU8 lu6lit, P06N3.8 63.1)it.<br />

15. In 6X6UQ60


von Dr. v. Vülow. 401<br />

81N6 P1':i666pt0iuui V6N13. 1i66i)it), ^U61' non 6i^1N6t, N0N<br />

1itlß'6t, 8ti'6^)ituni non N10V63.t, in NiO16IN 86UI'I'3.6 V3.^U8<br />

NON 6X0I'I)it6t, 866 8Ìi6NtìuiN 6t^ Nio668tÌ3Ni IN 6UI160<br />

36 i"61'3.t, 6t 6UIN 6U8to6l0U3<br />

N0N<br />

16. Domi 86 60NtiN63.t, l66ti0N68<br />

tt 1166 P61' p1a.t6H8 06Ì08U8<br />

NÌ8Ì 601N68tÌ611IN 3.1i<br />

6NÌ1N 1'6p6tìtÌ0N6 86 6X<br />

17. (Hui 9<br />

, 6X<br />

18. 8i<br />

68t 60MN111<br />

8ÌV6 IN 86NOiH 8ÌV6 Ìli<br />

Q0N68tHt6 N0N PUAN6t,<br />

PU.I08 01)0661^6 V0iuiNU8.<br />

6t<br />

19. (^U8t06iI)U8 68t0 N06<br />

MÌ88I1M, Ut 866U8<br />

20. 8it 6t N3.66<br />

Ì8) Ut 8Ì<br />

IN<br />

p088U1it,<br />

6t 1060.<br />

21.<br />

0N1N1N0<br />

, 6UN1 66l6r3Nt 3.6<br />

66 ^)06N3. 61'ìt ^)1'0<br />

6t<br />

6t IN 3<br />

6t<br />

ili<br />

d6t 86Q013.8tÌ6U1N, (^UÌ ili<br />

6 86 V0il1lNU8.<br />

6UIN<br />

Q08pitiu.N1<br />

6t<br />

6Ì86Ì-<br />

86611I0 601N-<br />

duiQ8, 3.6 8U0<br />

6t N0N68tÌ8<br />

QN-<br />

6t6.<br />

NU6 6t Ìli<br />

22. ?06NA8 ttÌN6t, 8U1it 63.6 Ìli Q3.6 1108^3.<br />

86N0I3: ^1)3.6U1U8^), vir^3.6, 631'661' 6t Ì^N0NiÌnÌ083> 6X6iu-<br />

8Ì0. Ü38 0l)066Ì6Nt68 6Ì8611)u1Ì, NON 68t 6U1' IN6tu3.nt. 1^0-<br />

") Ist wieder ausgestrichen.


402 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

Q0I-11II1 6niin, äili^6ntiiini, 36 3.1Ì3.8 IN0I-ÌZ6I-0I-I1IN 3.60^68-<br />

66ntuni, NÌ8Ì 6X ^I-03.6r68Ì ^)6663.V6I-int, 6ti3.ni in P06N18<br />

Q3.I)6ditm- l3.tÌ0. I11Ì3 3.nt6in, c^ni P6tni3.nt68 6t 60ntn-<br />

IN3.668 61-Ulit, incito t6ll'01'i 8unt, i11i8t1116 ^06N3. 6X3.-<br />

t, 18 VI<br />

, 61<br />

23. ^61110 H1it6ll1 60^it3.dìt, 86 6011^3. Q3.8<br />

86<br />

l3,6ti1I-11II1 ; culli t3.i68 8Ìnt, (^113.8<br />

VÌI-W1Ì8 8tudÌ08118 ^)I-3.66UUt6 tÌlQ0I-6 äoinini 81I16<br />

^ omìni N08tl-Ì<br />

068 PI-663.IN11I-, Iit 8PÌI-Ìti1 8U0<br />

601-6.3. Ü66t3,t 6t r6F3t, Iit<br />

116 16A11IN 6X661itÌ0N6 8it<br />

. 4.<br />

lÜ0Iitil16I18 16^68 ^I°0 6 3.11 6 ntì 1)118 IN 6li0l0<br />

IN 11. 81 6 0.<br />

1. ?1iI)1Ì66 ÌN Q3.6 6ÌVÌt3.t6 86Q0i3.8tÌ60I-11IN 63.116t<br />

N6IN0, N66 xilolo 1N118Ì60 86 ÌNA6I-6t, N181 6111 3.<br />

86N013.6<br />

2. I^66ÌpÌ6nti1I- 3.1it6IN 3, ^I-3.666pt0rÌdi18 IN 63.N6Q-<br />

tillIN 6Q017UIN 86N0i38tÌ6Ì, (^111 NN^'i18 81int 86N0iH6 N16IN-<br />

1)1-3,, l^iiorilIN 6t t6U1iÌ8 l0lti1N3. ^)61-8^)66t3. 6t N10r63 PlO-<br />

I)3.tì 51161°!^) 8ÌV6 ^6l6^I-ÌNÌ 8int 81V6 61V68, (^111 ìli<br />

3. I^666^)tì 86 0l)1ì^3.t08 6886 86Ì3.nt, Iit 63,ntÌ0N68<br />

6t 6666Nt6r 63.N3.nt.<br />

4. L0NK8 63.ntÌ0N63 Iit Q3.V63.nt, PI-H666pt0I-68 81108<br />

60N8ni6Nt, (^ni (^113.8 6N1V18 t6INP0I'Ì 6t 1060 60NV6N16Nt68<br />

6t 3. 13.86ÌVÌ3. 6t i6VÌt3.t6 U13.XÌIN6 3.1Ì6N3.8 Q0V6I-ìnt, 3.NQ0-<br />

N0N


von Di'. v. Bülow. 403<br />

5. 15oot6 ut 03N3Nt) 8ÌN^uiÌ8 äioI)U8 8 ot<br />

2 N0N161'jsii3N3 in 80N0I3 oxoi'oitiuni 03N6ndi insti tuoni,,<br />

ut o3ntÌ0N08 8Ìi)i 53^^131^68 I'6(1ä3nt. ^ (^uo oxoi'citio<br />

Q61N0 impune 3doi'it.<br />

6. Dooontor 03N6Nt, 81 oio^3ntÌ30 8tuäu6I-int; l)03tu<br />

6t oi3.N10l6 ru8tic)0 3.d8tinu61-int: in p1^t0Ì8 N10ä68t6 in-<br />

068861'int; odvi()8 (^U08^U6, 81 ^0N01'^tÌ0I'68 8int,<br />

P088int, 8tuaÌ086 vit3>V6rint; ino-<br />

6886, N0N 80<br />

7. läoiN 8ÌI)Ì 0^861-V^näuN^ 6886 ,<br />

(^U0tÌ68 Voi ÌN NUptìÌ8 Voi in N0N68toi'UIN Q0IN1NUIN CON-<br />

VÌVÌÌ8 03>N0r6 ÌP8Ì8 P6I'INÌ88UIN 5u61'it.<br />

8. l)u0tÌ68 0NN6nduiN 6I-Ìt, H(I äiotuNI ot 00N8U0tuiN<br />

t6N2NU3 in 80ii0i3i 0INN68 3>äorunt, ut^U8t0 0laÌN6 ä606Nt61'<br />

una. inc^6 6X6 ANt.<br />

9. I^läo V0NÌ6Nt68 inuiot^uuntur. H^86Nt08 toto<br />

10. ^6 oiviuin HNÌIN08 H 80 3.d^1ion6nt, oppiduin<br />

in äu3.8 P^rto8 divid6nt, por HUQ8 3,1t6rnÌ8 VÌ6ÌI)U8<br />

11. I^koi-6 oa.non6.i ^)6r^ot0, oitlH lli0l3.ni<br />

Ü01NUIN 8UHIN I-opotot.<br />

12. ?60UNÌQrN in p1^toÌ8, NUptÜ8, 00NVÌVÌÌ8<br />

P08t61'0 6Ì6 voi rootori voi o^ntoi'i i)0N3> 26.6 totani<br />

on^oront, (^ui oa,ni, nnitÌ3 8ÌN<br />

intoi' ij)808 6i8tril)uont.<br />

13. l'oi'tionoin ^UÌ8(^U6 8U3.N1 in äi8triuuti0N<br />

rooto oolioo^it, 6t 03.IN voi in iidl-08 voi V68t08<br />

O0nvoniont08, voi<br />

3utoin in ^3


404 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

16. 1^3.656(^0 CQO^i 8611 r6^6nti cl6M3,nä3.I)itui' 6t<br />

il-6eti0 6t iiä6li8 ÌQ8P60tÌ0.<br />

17. 18 i^itul, c^u 0861111(^116 V6i 3. 63.N6I1(1i 6X6roiti0<br />

V6l 3. O3.nti1 pudlico 3.1)6886, V<br />

in 63.nt3.u6.0 83,6^1118 3.06I'I'3r6,<br />

81<br />

6t<br />

6<br />

L<br />

18.<br />

2. 6t t6rtÌ3.QÌ8.<br />

1)3.I'V1ii08.<br />

In t6mi)0 3.näi-<br />

6, V6i<br />

t, 608 Ì<br />

l.P. 5 6t ultimi.<br />

8.<br />

tìiHN, 6X H11063.N1<br />

I^088Ü.<br />

8ÌQ I^.11Q^ii 6t<br />

(106^1113.6<br />

O3.t66QÌ8IQ. IN 3.<br />

81IN 3,1iäit.<br />

! 9.<br />

(Ü3Nt0I' 601I0H11Ì3.<br />

(?0I'(i6I'Ü.<br />

I)i18 60ii6^i8, 6t<br />

8ÌFN3., 3.V86Nt68<br />

6i388ÌI)i18 6X3.MÌ"<br />

3.I)86Nt68 6to.


8110<br />

von Di'. v. Vülow. 405<br />

19. 6886^ V6i V68tìtu IM-<br />

iä^ro 66pi'6Q6ii(l6i'iiit)<br />

M118Ì00 6xo1i1(i61it, (^t P1'0<br />

9.1Ü8<br />

Ì11Ì6itÌ8 P66U-<br />

6X0688U8<br />

P0611Ì8<br />

20. ^lulot^m (ut ot p01'tÌ0110M oorum, 0^111<br />

'68) 116<br />

01'6ÌI161I1 16 6 ti 011 um in il H o<br />

12.<br />

(ÜMitor 111118163,6<br />

Ilit6rilii Ìli t6Mpi0<br />

MUIH(1Ì86Unt, PI'3,6-<br />

0Ìl16Nt6 PU6I-0, in-<br />

0u8toä6 86U I^)'P0-<br />

(U^iitor 3,8861'ÌVÌ<br />

turn, ut tr3ii886i'i-<br />

1.<br />

I^66t0r V6i Nur-<br />

II16iii V6I-8U8, V6i<br />

V6i Nviäii<br />

3.1il^U6U1.<br />

librum<br />

1' 1iÌ3<br />

01111 UN<br />

l.HÌ8 6t<br />

2.<br />

piii'3,868


406 <strong>Geschichte</strong> des pommerschett Schulwesens<br />

1^661<br />

63.IN<br />

(1^.13,<br />

PN6rì1Ì3..<br />

0l18i<br />

108.<br />

(Ü3nt<br />

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408 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

Schulordnung nnd Instructiou<br />

des Raths von Stettin<br />

<strong>für</strong> die deutschen Schulen. ^)<br />

1623.<br />

Demnach auß angestalter Visitation der Teutschen Schulen<br />

befunden, waßgestaldt eine gerauhme Zeit unterschiedlich Winkell-<br />

Schulen eingeschlichen, die Knaben gahr confuse unndt zwar<br />

von etlichen in lateinischer Ssirache instituiret unndt also der<br />

ordinar: Stadtschulen die Iugendt endtzogen worden, will E.<br />

E. W. Naht zu Auffhebung solcher Konfusion unndt Unordnung<br />

einzig folgende Persohnen, alß nemblich den alten Martinum<br />

Schencken, Georgium Tröbitsch, Iohannem Hövisch unndt Lau-<br />

rentium Bernefeur zu Schreib unndt Rechenmeisternn, Ioachi-<br />

mum Iabell, Balthasar Weßell, Iohan Reuttern zu Schuell<br />

unndt Scbreibmeistern, Georgium Hinzen aber, Küstern bey<br />

S. Nicolaus, item Samuel Pontanum, Matthiam Kühnen,<br />

Küstern bey S. Gerderutt, unndt Andream Zopfnernn aufs<br />

der Oberwicke, dergestaldt bestettigett habenn, daß diese vier<br />

lezten die Iugendt einzig im beten unndt lesen instituiren unndt<br />

diejenigen, so schreiben unndt rechnen wollen, zu den anderen<br />

Meistern verweisen sollenn.<br />

Wegen Valentin Boninges, welcher furm Ihar zum Ver-<br />

such angenommen, foll nach Ablauff deß bewilligten Ihares<br />

mittelst gebührender nachfrag ferner verordenung erfolgen.<br />

Unndt wirdt hiemit obgemelten Schulmeisteren anbefohlen,<br />

nicht allein beigefuegter Ordenung sich gemeß zu bezeigen, fon-<br />

dern auch auff alle einschleichende Winkell Schuelen fleißig acht<br />

zu habenn.<br />

Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I. Tit. 132. Nr. 131


von Dl', v. Vülow. 409<br />

Daß Salarium aber betreffendt, sollen die Alfabetarii<br />

jedes Quartal 12 gr, die anderen, so schreiben unndt lesen<br />

lerncnn, 24 gr, die ubrigenn, so im rechncnn nnndt schreibenn<br />

unterwiesen lverden, 1 fl 16 gr, unndt ein Iedtweder zum<br />

Holzgclde 4 ßl entrichten mit dieser angehengten Clausula,<br />

wan gleich daß Quartal von den Knaben nicht abgewartet<br />

wirdt, soll nicht desto weniger das ganze Quartal wie Rechtens<br />

abgestattet werden.<br />

Damit auch die iu8titutio so viell desto fleißiger geschehe,<br />

hat ihuenn E. E. W. Rhatt die ordinar bnrgerlichen Unflichte<br />

als Schoß unndt Wachgeldt remittiret. Decretum in Senatu,<br />

25. Iuly Anno 1623.<br />

Ordnung nttdt Instruction,<br />

welchergestalt in den Teutschen Schulen die Jugend<br />

hinsühro zue insti tu iren.<br />

1. Zum Ersten verordnet E. E. W. Naht, das die Teutschen<br />

Schuelmeister teglich sechs Stunde, als vonn 7 biß 10<br />

Vor- unndt Nachmittage von 12 biß 3 Uhr, außgenommen<br />

deß Mitwochs unndt Sonnabents Schuel halten, die Schule<br />

aber mit dem Gcbette anfangen unndt schließen soll.<br />

2. Von Sieben biß achten Vor- unndt von 2 biß 3<br />

Nachmittag soll der Morgen- unndt Abendtsegenn sambt einem<br />

Theill deß heiligem: Catechismi mit der Außlegung deß Herrn<br />

Lutheri von ihnen scmbtlich gebettet, hernach einer jedesmal!<br />

furgenommcn, auß dein Catechißmo examiniret unndt, do Zeit<br />

übrig, ihnen die i)33.1ini D^vidÌL nach der Ordnung wie sie<br />

folgenn teglich 1, 2 oder 3 Versicnll furgebettet, unndt waß<br />

sie des vorigen Tages gelernctt, immerzu, weill die inOinoria.<br />

der Kinder äsdiÜZ ist, repetiret werde.<br />

3. Die übrigen vier Stunden sollen vollenkomblich zum<br />

26


410 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />

Lesen, Schreiben unndt Rechnen nach eines jeder (!) Kindes<br />

Gelegenheit angewendet, beim Lesen aber in Acht genommen<br />

werden, daß man den ^1pk3^6t.3.i-iÌ8 jedesmall nur zwey<br />

Buchstaben auffgebe, wan sie dieselben gefaßet, mit Wiederhohlung<br />

der vorigen verfahre unndt ihnen zugleich die Buchstabenn<br />

mit Kreyde (damit die einbildung so viel desto geschwinder<br />

geschehe) mahlen lehre.<br />

Nachdem aber denn Knaben, welche syllabiren schwer furkombt,<br />

3, 4, 5, 6 Buchstaben zusahmen zu bringen, wirdt von<br />

den Gelertenn da<strong>für</strong> gehalten, das man solcher schwerer Syllaben,<br />

alß nemblich Sprach, Sprechen, Kampfs, Schmerz, schon, Schlag<br />

unndt dergleichen einen ganzen Anzahl colligire, in ein Buch<br />

schreiben« unndt durch einen Knaben den Kindern offt und<br />

deutlich, damit ihnen dieselben bey ieder Gelegenheit bekandt<br />

sein, teglich vorsagen lassen. In Gemein aber muß den Knaben<br />

eine kurze Lection ausgegebenn, zum wenigsten zwomahl furgelesenn,<br />

die schweren Syllaben insonderheit inculciret, unndt<br />

zur newen Lection ehr nicht, sie habenn den die vorige zimblich<br />

gelernet unndt recht pronunciret geschritten werden.<br />

4. Die Schreibmeister sollen die Knaben anfanges die<br />

Heuptbuchstaben, worauß die anderen gezogen werden, item<br />

wie sie die Fedder recht halten unndt ansezen sollen, mit Fleiß<br />

zeigen, folgendes den Knaben nicht alleine eine zierliche leeßliche<br />

Faust, sondern auch daß sie die Wörter nach dem hochteutschen<br />

recht schreiben, angewehnen.<br />

5. Die Rechenmeister sollen nebenst dem Rechnen die<br />

Buchhalter-Kunst, zumahl die Knaben mehrenteill zum Kauffhandell<br />

angewehnet werden, excerciren unndt ihnenn zeigen,<br />

wie sie in Kauffmanschafft unndt sonsten Rechnung haltenn,<br />

dieselbe ordentlich schließen und ein Ding geschwinde zusammen<br />

summiren muhen.<br />

6. In der Disciplin, welches das Vornembste ist, sollen<br />

sie nach gelegenheit eines ieden Knaben mit Vernunfft unndt<br />

Bescheidenheit verfahren, nicht flugs mit dem Stocke oder Ruthe,<br />

wenn die Knaben im Lernen nachleßig sein, darauff schlahenn,<br />

sondern mit sanfftmutigem Geist sich gedulden uundt die Lection


von Dr. v. Bülow. 411<br />

so viell offter bey dehnen, welche nachleßig sein, wiederhohlen<br />

nnndt nach mnglichem Vleiß dahin trachten, daß die Knaben<br />

nicht abgeschreckt unndt ihnen Feindt werden.<br />

Belanget aber die uioi'68 mnßen ihnen mit gntem Exem-<br />

pel <strong>für</strong>gehen sich nicht zu gemein machen, die Knaben aber<br />

von Iugendt aufs znm Gehorsamb, ihnen nnndt den Eltern<br />

zu leisten vermahnen, auf alle Excesse fleißig acht haben, unndt<br />

wan bey einem nnndt anderem merckliche Nntngenden, Dieberey,<br />

großer Muttwillcn, Troz unndt dergleichen sich erreugen, die-<br />

selbe anfanges den Eltern oder Freunden, hernach der Ober-<br />

keit bey Zeite hinterbringen unndt Vleiß anwenden, das die<br />

Iugendt zur Erbarkeit unndt guten Sitten erzogen werden.<br />

Schließlich beheldt sich E. E. W. Naht bevor, diese Orde-<br />

nung knnfftig zu mehren, zu mindern, zu endern, verbessern<br />

oder woll gahr auffzuhebenn.<br />

Paull Friedeborn<br />

Secretar. Stettin.<br />

Druck von Hervckc ^ Vedeling, Stettin.


Aeltere Jahrgänge dieser Zeitschrift sind anch in einzelnen<br />

heften zn herabgesetzten Preisen verkäuflich und zu beziehen<br />

durch den Hanptlehrer Rusch, Iohannishof 1 — 2, der<br />

Jahrgang zu 1,50 Mark, das einzelne Heft zu 1 Mark.<br />

Die geehrten Mitglieder der <strong>Gesellschaft</strong> ersuchen wir,<br />

ihre Geldsendungen an den Oberlehrer Dr. Kühne,<br />

Hoheuz ollernstraße 8, andere Zusenduugeu und Correspondenzen<br />

an den Professor Lemcke, Königsplatz 12, richten<br />

zn wollen.<br />

Im Verlage von W. L. O e mler-Hamburg erschien<br />

uud ist durch jede Buchhandlung zu beziehen:<br />

<strong>Pommersche</strong> Lebens- und Landesbilder von Herm.<br />

Petrich. Erster Band. Aus dem Zeitalter Friedrichs<br />

des Großen. Preis 5,60 Mark.

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