Gesellschaft für Pommersche Geschichte - Digitalisierte Bestände ...
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Herausgegeben<br />
von der<br />
<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Pommersche</strong> <strong>Geschichte</strong><br />
und<br />
Merthumskunde.<br />
Dreißigster Jahrgang.<br />
Stettin, 1880.<br />
Aus Koste» und ini Vorlage der <strong>Gesellschaft</strong>.
Dem Olier-Regierungsrath<br />
Herrn C. F. Unkst<br />
zur Feier seiner sechzissjährigeu Amtsthätigkeit<br />
am !. Februar I88U<br />
widmet diesen Vand ihrer Zeitschrift<br />
ie Oe^Ma!! slir D
Inhalts-Verzeichniß des 30. Jahrgangs.<br />
Di'. Rudolf Hanncke: Co'slin und die letzten Caminer<br />
Bischöfe aus herzoglichem Stamme 1—56<br />
v. Vülow: Wanderung eines fahrenden Schülers durch<br />
Pommern und Meklenburg 57—100<br />
Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. II 101—135<br />
v. Vülow: Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> des Staatsministers<br />
Paul von Fuchs 137-158<br />
Director Lehmann: Chronologisches zu den Missionsreisen<br />
Bischofs Otto von Bamberg 159—168<br />
Dr. Schlegel: Achter Brief Philipp hainhofers aus<br />
Augsburg an Herzog Philipp von Pommern 1610 169—183<br />
Graf v. Krassow: Fund im Torfmoor bei Gingst . . 184-186<br />
Recept <strong>für</strong> ubermeßige Augenhitze 186<br />
Rob. Hasenjäger: Bruchstück eines mittelniederdeutschen<br />
Menologiums 187-202<br />
v. Vülowi Ulrich von Dewitz verlehnt 2V2 Hufe in<br />
Braunsfort, IV2 Käthen Wurth und den vierten<br />
Theil des Kruges daselbst an Lubbeke v, Köthen. 203—206<br />
Derselbe: Einauartierungskosten zu Greifenberg 1675. . 207—209<br />
Derselbe: Ein Jagdschein vom Jahre 1547 . . . . . 210<br />
Derselbe: S. Jacobs Hühner 211-213<br />
Derselbe: Severin Frederici aus Arnswalde übergiebt der<br />
Lucie Rulows in Stettin sein hausgeräth zur Aufbewahrung<br />
214—216<br />
v. Bülow: Ein drohender Kosakeneinfall 217—236<br />
Derselbe: Die Allgemeine Deutsche Biographie und Pommern<br />
' 237-245<br />
Derselbe: <strong>Geschichte</strong> der Apotheke in Barth 246-260<br />
Pastor A Vogel: Der Grabhügel bei Staffelde und<br />
das Dorf Delne 261-264<br />
v. Vülow: Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> von Pölitz im dreißigjährigen<br />
Kriege 265—276<br />
Derselbe: Lieferungen zum hofhalt Wallensteins . . .277- 284<br />
Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV... . . . 285-323<br />
v. Bülow: Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> des pommerschen<br />
Schulwesens 329-411
Mitglieder, welche im Besitz älterer Jahrgänge, besonders I., II., XII. 2, XXI. 1, XXIV.<br />
und XXVIII. der Valt. Studien sind und kein besonderes Interesse an denselben habon, werden höflichst<br />
ersucht, sie entweder gratis oder gegen einen zu verabredenden Preis der <strong>Gesellschaft</strong> zu überlassen.<br />
^ - "X Der Vorstand.<br />
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Auf<br />
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Inhalts-Verzeichniß.<br />
Di'. Rudolf Hanncke: Cösliu uud die letzten Caminer<br />
Bischöfe aus herzoglichem Stamme '. 1—56<br />
v. Bülow: Wanderung eines fahrenden Schülers durch<br />
Pommern und Meklenburg 57—100<br />
Zweiundmerzigster Jahresbericht, l. Il wl — 135i
Cöslin und die letzten Caminer Bischöfe<br />
aus herzoglichem Stamme )<br />
von<br />
Di-. Rudolf hanncke, Gymnasiallehrer in Cöslin.<br />
Das pommersche Bisthum, seit der Verlegung des Bischof-<br />
sitzes nach Camin gewöhnlich Visthum Camin genannt, nm-<br />
faßte von dem unter dem Namen der <strong>Pommersche</strong>n Herzog-<br />
thümer sich die Ostsee entlang hinziehenden Küstenrande im<br />
Reformationszeitalter fast den sechsten Theils. Vom Camft'schen<br />
bis zum Buckow'schen See gehörte ein breiter Strich der Küste<br />
zum Visthumsgebiete und daran setzte sich südwärts ein ebenso<br />
stattlicher Herrschaftsbezirk, dessen Abgrenzung eine in der Rich-<br />
tung des Gollenberges südöstlich gezogene Linie und ans der<br />
andern Seite etwa Radue upd Kautelbach u. s. w. bildeten.<br />
Abgetrennt von dieser Hauptmasse des bischöflichen Gebietes<br />
waren noch um Gülzow, Naugard und Massow herum ansehn-<br />
liche Besitzungen und der Dombezirk zu Camin gab endlich<br />
diesem bedeutenden Ländercomplex den Namen. Colberg, Cös-<br />
lin , Bublitz, Cörlin waren außer deu schon genannten Ort-<br />
schaften der westlichen Gebietshälste die Städte des Visthums.<br />
Das Zeitalter der Reformation brachte <strong>für</strong> die nord-<br />
deutschen Bisthümer durchgreifende Wandelungen. Mit der<br />
1) Die Abhandlung erschien znerst als Gymnasialprogramm l877<br />
und kommt ietzt, mit Aendernngen und Erweiterungen versehen, noch<br />
einmal zum Abdruck.<br />
2) Sell, <strong>Geschichte</strong> des Herzogtums Pommern. 1819. II, Seite 293.<br />
1
2 Cöslin und die letzten<br />
Einführung der evangelischen Lehre in die bischöflichen Städte<br />
und Capitel war die Existenz eines katholischen Bischofs<br />
unmöglich geworden und diese bedeutenden Länderstriche, die<br />
bisher unter dem Krummstab gestanden hatten, harrten neuer<br />
Landes<strong>für</strong>sten. Die weltlichen Regenten der angrenzenden Territorien<br />
ließen fich diefe willkommene Beute nicht entgehen und<br />
so wurden im XVI. Jahrhundert die Stifter größtenteils<br />
entweder den benachbarten weltlichen Fürstentümern einverleibt<br />
oder es erscheinen Prinzen der Herzoghänser als Administratoren<br />
in den Bisthümern ^). Auch Camin konnte, als mit<br />
dem Jahre 1534 die Einführung der Reformation in dem<br />
ganzen Pommerlande beschlossene Sache war, als ein begehrenswerther<br />
Besitz betrachtet werden, auf den natürlich die<br />
pommerfchen Herzöge den meisten Anspruch hatten. Zunächst<br />
behielten sich dieselben allerdings nur eine strenge Controle<br />
über die Besetzuug des Bischofstuhles vor.<br />
Als daher im Jahre 1541 der Sohn uud der Großsohn<br />
Vogislavs des Großen, Barnim XI. uud Philipp I. definitiv<br />
das unter Nogislav vereinigte Pommerland in die „Orte"<br />
Stettin nnd Wolgast theilten, trafen sie eingehende Nestimmungen<br />
über das Caminer Bisthum^). Die Wahl des<br />
Bischofs, natürlich eines evangelischen, sollte von den Landes<strong>für</strong>sten<br />
ansgehen und die Fürsten theilten sich in die Prälaturen<br />
und Kanonikate an den Domen zu Camin nnd Colberg<br />
u. s. w. Zweimal fanden nach dieser Vereinbarung Besetzungen<br />
des Bischofstuhlcs statt. Als Erasmns v. Mantenffel, der als<br />
Bischof von Camin die Reformation in feinem Lande hatte<br />
durchführen müssen, 1544 starb, wurde zunächst das Aisthum<br />
dem berühmten Di'. Pommer, dem Reformator Pommerns,<br />
3) In den Stiftern Mersebnrg nnd Nanmbnrg treten sächsische<br />
Prinzen als Administratoren auf und gründen dort Nebenlinien, desgleichen<br />
in Magdeburg nnd Halberstadt hohenzollcrsche Prinzen, in<br />
letzterem später auch der wilde Christian von Vrannschwcig. Brandenburg<br />
wiederum zog seine Stifter Brandenburg, Havelberg, Lebus ohne<br />
weiteres ein.<br />
4) Varthold <strong>Geschichte</strong> von Rügen und Pommern I V, 2, Seite 310.
Caminer Bischöfe. 3<br />
Bugenhagcn, angeboten; dieser lehnte aber ab und jetzt wurde<br />
Bartholomeus Suave als erster evangelischer Bischof eingefetzt.<br />
Die Schlacht von Mühlberg 1547 brachte der evangelischen<br />
Sache große Gefahr. Was half es, daß die pommerschcn Abgesandten<br />
gleich nach der Schlacht ihre gelben Feldzeichen, das<br />
Bundeszeichen der Schmalkaldener, versteckten nnd die rothen,<br />
die Farbe der Kaiserlichen, umhingen ^). Kaiser Carl V. war<br />
in gewaltigem Zorne und befahl dem Caminer Capitel, den<br />
Bifchof Snave wegzujagen. Es taucht jetzt ein Streitpunkt<br />
auf, der den pommerschen Herzögen später viel zu schaffen<br />
machte. Der Kaiser behauptete nämlich und fand bei dem<br />
Domcapitel des Caminer Bisthums williges Gehör, daß dieses<br />
Bisthum reichsnnmittelbar sei und deshalb zu Kaiser und<br />
Reich ein innigeres Verhältniß, unabhängig von den pommerschen<br />
Landcs<strong>für</strong>sten, aufrecht zu erhalten habe. Die Gefahr<br />
war <strong>für</strong> die pommerschcn Herzöge groß, wenn es gelang,<br />
das Bisthum ganz von ihrem Einflüsse zu emancipiren nnd<br />
wiederum fanatifche Katholiken oder fremde Fürstensöhne als<br />
Bischöfe hierher zu schicken. Es läßt sich übrigens dieses Streben<br />
nach Rcichsunmittclbarkeit in der weiter folgenden Gcfchichte<br />
des Bisthums wiederholt spüren, doch wurde die Gefahr<br />
der Entfremdung noch glücklich abgewandt. Der anf den abdicirenden<br />
Bartholomens Suave folgende Bifchof Martin von Weyher<br />
war wiederum evangelisch und ein Unterthan der pommerschen<br />
Herzöge. Es zeigt aber der Episcopat dieses Bischofes recht<br />
grell die Anomalien der damaligen Zeit, „nnr in der Begriffsverwirrung<br />
der damaligen Zeit, in der Aussicht auf das Concil<br />
zn Trident" konnten dergleichen Dinge gefchehen, daß ein<br />
evangelischer Bischof vom Papste bestätigt wurde. ^) Die Vorgänge<br />
nach der Schlacht von Mühlberg, die Wahrnehmung,<br />
daß auch Bifchof Martin von der verlockenden Aussicht auf<br />
Reichsunmittelbarkeit geblendet, znsammt seinen Stiftsständcn<br />
übermüthig und selbstbewußt wurde, so daß er „Seiner Gna-<br />
5) Varthold a. a. O. IV, 2, Seite 329.<br />
6) Ebenda Seite 343.
4 Cöslin und die letzten<br />
den" (nicht S. <strong>für</strong>stl. Gnaden) dem Herzoge Philipp seine<br />
Beförderung „durch päpstliche Heiligkeit" kundgab, mußten die<br />
<strong>Pommersche</strong>n herzöge ernstlich darauf bedacht machen, das Bisthum<br />
enger an ihr Haus zu ketten. Als daher der „gele<br />
Bischof", wie der wassersüchtige Bischof Martin geuannt wurde,<br />
1556 gestorben war, ließen sich die Herzöge das schöne Bisthmn<br />
nicht von Neuem entgehen, sondern besetzten es mit<br />
einem Fürsten ihres Hauses. Noch 15 Jahre früher, zur Zeit<br />
der obenerwähnten Erbtheilung, hätte die Ausführung des<br />
Planes, einen pommcrschcn Herzog auf den Bischofstuhl zu<br />
setzen, Schwierigkeiten gcsnnden, da Herzog Barnim uud Philipp<br />
jeder schon mit ansehnlichem Besitze bedacht waren uud<br />
sich ein dritter pommerscher Herzog zur Besetzung des Visthums<br />
damals nicht sand, jetzt aber gab der Tod des Bischofs<br />
Martin dem zahlreichen Nachwuchs Philipp I. fröhliche Ausficht<br />
auf Versorgung.<br />
Der pommersche Greifenstamm beschließt sein Dasein in<br />
der <strong>Geschichte</strong> in ganz eigenthümlicher Weise. Bogislav der<br />
Große war um die Wende des XVI. Jahrhunderts der einzige<br />
Nachkomme der vormaligen Linien Wolgast nnd Stettin<br />
gewesen; aber schon die dritte Generation nach ihm weist die<br />
stattliche Zahl von fünf Söhnen Philipps I. auf. Der eine dieser<br />
Söhne Philipps, Vogislav XIII., hat dann wiederum fünf kräftige<br />
Erben hinterlassen, die als Herzöge sich in der Regierung<br />
folgten. Aber wuuderbarerweise erlischt nach dieser zweimal<br />
repräsentirten Fruchtbarkeit und Stattlichkeit des Nachwuchses<br />
unerwartet jäh und plötzlich das Herzoghaus uud die pommerschen<br />
Lande erhalten fremde Herrscher. Damals nnn im<br />
Jahre 1556 überlegten die pommerschen Herzöge zmn ersten<br />
Male, daß es <strong>für</strong> sie das beste wäre, dem Beispiele ihrer<br />
Nachbarn in Meklenburg und Brandenburg nnd der übrigen<br />
norddeutschen Fürsten zn folgen, uud den Bischosstuhl mit<br />
einem Sprossen ihres Hauses zu besetzen. Seitdem wurde vou<br />
dieser Sitte nicht mehr abgewichen und so sehen wir denn die<br />
Eaminer Bischossliste sich schließen mit den herzoglichen Namen<br />
Johann Friedrich, Casimir, Franz, Ulrich, Bogislav XIV. und
Canüner Bischöfe. 5<br />
endlich Ernst Vogislav, Herzog von Croy. Varthold nennt<br />
mit vollem Rechte die zweite Hälfte des XVI. und die zwei<br />
ersten Decennicn des XVII. Jahrhunderts die siebzig<br />
glücklichsten Jahre des pommerschen Volkes. Abgethan<br />
waren die Händel des Rcformationszeitalters und erst<br />
in die letzten Jahre des obenbezcichneten Zeitraums warfen die<br />
düstern Ereignisse des unseligen dreißigjährigen Krieges ihren<br />
unheimlichen Schatten. Die Fröhlichkeit uud Zufriedenheit dieser<br />
Jahre tritt erst dann in eine helle Beleuchtung, wenn man sie<br />
sich abheben läßt von den über Pommern hereinbrechenden<br />
Unglückszeiten der nächsten Jahrhunderte. Die Greuel des<br />
dreißigjährigen Krieges, der Kricgslärm des nordischen und des<br />
siebenjährigen Krieges, endlich die Nöthe der Franzosenzeit<br />
brachten dem Lande bis in die neueste Zeit uach kurzen Erholungsfristeu<br />
furchtbare Drangsale. Grade in jenen Zeitraum<br />
des relativ höchsten Wohllebens fällt die Regierung der Caminer<br />
Bischöfe aus herzoglichem Stamme. Und da nun die<br />
bifchöflichen Herzöge in ihrem neu gewonnenen Fürstenthume<br />
sich nach einem Hofhalte umsahen und Cöslin vorzugsweise zu<br />
ihrer Haupt- und Residenzstadt erwählten, so könnte man mit<br />
um so größerem Rechte jenen Zeitraum der siebzig Jahre als die<br />
Periode der Cösliuer <strong>Geschichte</strong> bezeichueu, in der durch den<br />
Glanz eines Fürstenhoscs Wohlstand uud Wohlleben sich am<br />
bedeutendsten über die Stadt hin verbreitet haben. Gewiß<br />
haben etwa die Jahre 1008 — 1620, in denen die Bischöfe<br />
Franz uud Ulrich fast uuunterbrocheu in Cöslin ihr Hoflager<br />
aufgeschlagen hatten, <strong>für</strong> dieseu Ort hohen Glanz, Reichthum<br />
uud eiueu regcu Verkehr gebracht. Es schien daher dem Verfasser<br />
wohl der Mühe zu verlohnen, diese Zeit des relativ<br />
höchsten Glanzes der Cösliner <strong>Geschichte</strong> genauer zu durchforschen.<br />
In den bisher veröffentlichten Cösliner Stadtgerichten<br />
fand sich über diesen Zeitraum nur ciu sehr unzureichendes<br />
Material. Das bedeutendste Werk über Cöslin ist bekanntlich<br />
Haken's Stadtgcschichte 1706. Das Buch ist uoch immer von<br />
hohem Werthe uud verpflichtet uns dem treuherzigen uud gewissenhaften<br />
Manne gegenüber — er wurde später Probst in
6 Cöslin und die letzten<br />
Stolp — zu lebhaftem Danke. Allerdings war Haken in<br />
äußerst gediegener Weise schon vorgearbeitet dnrch Wendland,<br />
der etwa dreißig Jahre vor dem Erscheinen von Hakens Vnche<br />
nach jahrelangem ernstem Forschen ein umfangreiches Manuseript<br />
über Cöslins Stadtgeschichte niederschrieb, das gegenwärtig<br />
noch erhalten zusammt den diese Arbeit betreffenden Colleetaneen<br />
auf der Schwederschen Stiftsbibliothek in Cöslin sich befindet.<br />
Auch das wäre eine dankbare Anfgabe und zugleich<br />
eine Ehrenschuld gegen den verdienten Mann, einen kurzen<br />
Lebensabriß und eiue Kritik des Wendlandschen Mannscriptes<br />
zusammenzustellen und den Namen Wendlands, der uuter den<br />
pommerschen Geschichtsforschern einen ehrenvollen Platz verdient,<br />
der Vergessenheit zu entreißen. Die zweite, sehr bekannte<br />
Stadtgeschichte von Cöslin ist Bennos Vnch 1840. Neues<br />
oder durchweg Zuverlässiges können wir von dem Buche schon<br />
seiner ganzen Bestimmung nach nicht erwarten nnd zumal unsere<br />
oben bezeichnete Periode erfährt in den: kleinen Werkchen nnr<br />
eine flüchtige Behandlung. Endlich wäre noch das Buch von<br />
Grieben 1866 zu erwähnen, das aber die Stadtgeschichte nur<br />
bis auf Bogislav den Großen führt, unsern Zeitraum also gar<br />
nicht mehr berührt.<br />
Was nun die vorliegende Arbeit betrifft, so mögen einige Worte<br />
deren Plan und Vehandlungsweise erläutern. Cöslin hat eben<br />
seine relativ höchste Glanzzeit durch seine herzoglichen Bischöfe<br />
erhalten und wer diefen Zeitraum zu schildern unternimmt,<br />
kann eine Stadtgeschichte nicht gut von der Person der jeweiligen<br />
Bischöfe trennen: es kam dem Verfasser also darauf an,<br />
an der Hand der vorhandenen Urkunden und des neuerdings<br />
auferschlossenen Materials die Regierungshaudlungen dieser herzoglichen<br />
Bischöfe zu registrireu und daraus zuuächst Ausschlüsse<br />
zu erhalten, wann und wie lauge sich diese Bischöfe in Cöslin<br />
aufgehalten haben. Aus der Persönlichkeit der Fürsten und<br />
dem Inhalte ihrer Regierungshaudlungen ließ sich dann weiter<br />
ein Culturbild gewinnen, das die Cösliner Zustände jener Zeit<br />
treu wiederspiegelt.<br />
Bischof Martin Weyher war am 8. Iuui 1556 gestorben
Caminer Bischöfe. 7<br />
und schon nach wenigen Wochen erfolgte die Wahl des neuen<br />
Bischofs. Das Capitel, gedrängt von den pommerschen Fürsten,<br />
wählte am 29. August Johann Friedrich, den ältesten Sohn<br />
Herzogs Philipp. Der nengcwählte Bischof war damals erst<br />
14 Jahre alt, ^) benannt nach seinem unglücklichen Oheim<br />
Johann Friedrich, dem in der Schlacht bei Mühlberg besiegten<br />
Kur<strong>für</strong>sten von Sachsen. Er war seit dem Jahre 1552 von<br />
dem feingebildeten Franzosen Andreas Magerius unterrichtet<br />
worden; dennoch waren bei der sorgfältigen Erziehung, die man<br />
damals den Fürstensöhnen gab, seine Studien noch nicht beendet<br />
und man hatte nur geeilt, die jetzt sich bietende günstige<br />
Gelegenheit zur, Erwerbung eines Fürstentums nicht unbenutzt<br />
vorübergehen zu lassen. Nachdem daher im folgenden Jahre<br />
am 16. Juni die feierliche Inauguration des herzoglichen<br />
Bischofs im Caminer Dome erfolgt und die Huldigung in<br />
den Stiftsstädtcn 6) entgegengenommen war, wurde die Administration<br />
des Bisthums und der fernere Studiengang des<br />
jungen Bischofes festgesetzt. Die weltlichen Angelegenheiten wurden<br />
zwei Statthaltern übertragen, Heinrich Normann und Henning<br />
vom Wolde 9). Durchgreifender find die Anordnungen<br />
der Stellvertreter auf kirchlichem Gebiete. Die katholifchen<br />
Zeiten waren vorüber; es galt den Sprengel evangelisch zu<br />
organisiren. Es wurde deshalb eine mit einem Consistorium<br />
verbundene Superintcndentur zu Colberg eingerichtet, so daß<br />
jetzt jeder der drei regierenden Herren im Pommerlande eine<br />
kirchliche Oberbehörde in seinem Besitzthum hatte. ^) Der erste<br />
Superintendent wurde Dr. Venediger, der bei seiner Visitation<br />
') Ein auf der Schwedischen Stiftsbibliothek zu Cöslin befindlicher<br />
Code;' der ^uim1«8 ?om6i'M)ig6 des Val. von Eickstädt, über<br />
den Ausführlicheres im Anhange folgt, hat fälschlich „ein junges Herlein<br />
von 16 Jahren." Verf. citirt übrigens diesen Codex der Kürze<br />
wegen als eoä. 8o1i>voä.<br />
6) Privilegiumsnrkunden von Cöslin 25. Juni, aufbewahrt im<br />
städtischen Archiv.<br />
v) ooä. 8elivv6(1. zum Jahre 1557.<br />
n) Riemann, <strong>Geschichte</strong> der Stadt Colberg S. 317.
8 Cöslin und die letzten<br />
im Stifte große Uebelstände fand, da die Leute vielfach noch<br />
papistisch oder wiedertänferisch gesinnt waren. Im Jahre 1566<br />
succedirte als Stiftssuperintendent Edeling. Der jnnge Bischof<br />
ging nun behufs weiterer Studien nach Greifswald und bekleidete<br />
dort in den Jahren 1558, 1559 nnd 1560 das Rectoramt<br />
an der Universität, deren unvergeßlicher Wohlthäter sein<br />
Vater Philipp bekanntlich gewesen ist.")<br />
Der 1560 erfolgte Tod Herzog Philipps veranlaßte die<br />
Abberufung des jungen Bischofs von der Universität, und während<br />
in Wolgast, dem Herzogthume seines Vaters, die Regierung<br />
der Herzoginwittwe und einem ihr znr Seite gefetzten<br />
Majordomus vormundschaftlich übertragen wurde, ^) scheint<br />
Johann Friedrich seinem Bisthume persönlich größere Aufmerksamkeit<br />
geschenkt zu haben. Dahin zielen nämlich zwei Urkunden<br />
des städtischen Archivs zu Cöslin. ^) Die erste betrifft den<br />
Vergleich, den der Bischof vereinbart zwischen dem Rath und<br />
den Rathsverwandten Otto Pomlow, Hans Litzkow, Steffen<br />
Krüger, denen die Verwaltung der Mühle übertragen war und<br />
die sich unrichtige Führung des Mühlenregisters hatten zu<br />
Schulden kommen lassen. Die Urkunde ist ausgestellt 20. Juni<br />
1562 „in unserer Stiftsstadt Cöslin im Kloster."^)<br />
Als Herzog Erich von Lüneburg im Jahre 1563 die<br />
Kriegswirren des Ostens benntzte, um einen ganz abenteuerlichen<br />
Zug an die Weichsel zu unternehmen,^) erregte sein<br />
") Johann Friedrich war übrigens später einer der gelehrtesten<br />
Fürsten seiner Zeit. Er beherrschte die lateinische Sprache und legte<br />
eine Hofbibliothek an. Sell a. a. O. HI, Seite 69 und 115.<br />
'2) Barthold, a. a. O. Seite 366.<br />
'3) Zu erwähnen ist auch „Verordnung wegen der Kirchenbuße<br />
im Stift Camin", welche Bischof Johann Friedrich erläßt 27. Mai 15)60<br />
nfs unserm Stiftshause Gülzow. Schöttgen nnd Kreysig III, Seite 325.<br />
^) Durch die Reformation wurden den Fürsten die Klöster mit<br />
ihren Liegenschaften überantwortet, so in Cöslin das Inngfranen-Kloster.<br />
In dem sehr baufälligen und dem vollständigen Nuin überlassenen<br />
Kloster scheint der Bischof also damals noch gewohnt zu haben.<br />
'5) Varthold, a. a. O. Seite 369.
Ccnniner Bischöfe. 9<br />
kecker Durchzug durch Pommern allgemeine Bestürzung. Wenigstens<br />
suchte man dem zurückkehrenden Herzoge durch aufgebotenes<br />
Kriegsvolk die Schonung des Landes aufzuzwingen und<br />
so wurden die trotzigen Schaaren des Lüneburgers durch ein<br />
Aufgebot der Landfolge in den Herzogtümern begleitet. ^)<br />
Auch Bischof Johann Friedrich befahl die Entsendung von<br />
Kriegsvolk nach der Greifenberger Grenze zu. Es kam dann<br />
unter dem Cösliner Aufgebote zu einer Rauferei und die Klagen<br />
der Verwandten des Erschlagenen gegen den Cösliner<br />
Rath, dem der Thäter aus dem Gefängniß entlaufen war,<br />
zogen sich bis in das Jahr 1584 hin, wo endlich ein Urkunde<br />
über die Einigung aufgenommen wurde, die uns auch über<br />
das oben erwähnte Aufgebot von Cösliner Kriegsvolk durch<br />
Bischof Johann Friedrich Kenntniß giebt. Die nächsten Jahre<br />
finden wir den jungen Bischof fern von feinem Visthum weilend<br />
am Hofe und im Kriegslager Kaiser Maximilians. Er<br />
erwarb sich das Amt eines kaiserlichen Panierträgers ^) und<br />
kehrte 1566 mit einer Beute von vier Kameelen und einem gefangenen<br />
Türken nach Pommern heim ^). Johann Friedrich<br />
war mittlerweile 24 Jahre alt geworden und übernahm jetzt<br />
mit seinem Bruder Bogislav gemeinschaftlich die Regierung des<br />
Herzogtums Wolgast, zu der alle fünf Söhne Philipps gleichberechtigt<br />
waren. ^) Der junge Fürst scheint sich in der nächsten<br />
Zeit auch vorzugsweise in Wolgast aufgehalten zu haben ^).<br />
Die Verhältnisse im Stifte lagen derart, daß seit der<br />
Regierung pommerscher Herzöge als Bischöfe die landesherrliche<br />
Autorität immer stärker betont wurde. Namentlich die sreiheitstolze<br />
Stadt Colberg, deren Privilegien ihr gegen den Bischof<br />
's) Sell a. a. O. IU, Seite 483; das Genauere über den Zug in<br />
Friedeborn Beschreibung der Stadt Alten Stettin II, Seite 60.<br />
") cuä. 8ewv66. znm Jahre 1566.<br />
") Friedeborn a. a. O. Il, Seite 64.<br />
!'-') Barthold a, a. O. Seite Z73.<br />
2"1 Aus Wolgast ist eine Schnldurkunde des Bischofs, datirt 30.<br />
November 1567, fstädt. Archiv) nnd zu dem Jahre 1569 ein Receß<br />
wegen gelieferten Holzes, datirt aus Wolgast.
10 Cöslin und die letzten<br />
eine fast unabhängige Stellung sicherten, mußte das empfinden.<br />
Es wurde 1567 dem Rathe eröffnet, daß nicht mehr Lübeck,<br />
fondern das <strong>für</strong>stliche Hofgericht die höhere Instanz der Colberger<br />
Rathsgerichte fein follte — ein Schritt des Bischofs,<br />
der endlofe Reclamationen an Kaiser und Reich zur Folge<br />
hatte. 2i) In Wolgast mußte der junge Fürst die Regierung<br />
mit feinen Brüdern theilen, das Bisthum gehörte ihm allein;<br />
es suchte deshalb Johann Friedrich, der durch seine jüngste<br />
Reise die Pracht und den Glanz ausländischer Höfe kennen gelernt<br />
hatte, fich eine Residenz zu begründen und begann mit<br />
dem Jahre 1568 den Cösliner Schloßbau. An die Stelle<br />
des ihm als Besitz zugefallenen ehemaligen Jungfrauen-Klosters<br />
22) sollte sich jetzt ein stolzer Schloßbau erheben. ^) Die<br />
Stellung der Landes<strong>für</strong>sten in ihren Landen zur damaligen<br />
Zeit war eine weitaus verschiedene von heutigen Zuständen.<br />
Vorzugsweise traten die in den einzelnen Fürstenthümern gelegenen<br />
Städte, wenn sie nur irgend größer waren, den Fürsten<br />
gegenüber sehr selbstbewußt auf. Die Wolgaster Herzöge<br />
hatten ihren ewigen Zwist mit Stralfund, Greifswald, die<br />
2!) Riemann a. a. O. Seite 330.<br />
22) Die Lage dieses ehemaligen Iungfranen-Klosters und des<br />
späteren Schlosses kann heute nicht mehr ganz genan bestimmt werden.<br />
Daß natürlich die seitwärts von der Schloßkirche gelegenen Gebäude<br />
der Loge und des Appellgerichts die Stätte bezeichnen, wo Kloster nnd<br />
später Schloß gestanden haben, ist unzweifelhaft; aber der Grundriß<br />
des Schlosses läßt sich ohne eine eingehendere Untersuchung, zn der in<br />
dieser Abhandlung der Raum mangelt, nicht genauer firiren. Die<br />
Loge besitzt eine gewaltige Unterkellerung, die offenbar über die Zwecke<br />
eines Privathauses hinausgeht. Die gedruckten Qnellen Brüggemann<br />
nnd Benno erwähnen, daß, als 1718 in dem großen Brande auch das<br />
Schloß vernichtet wurde, ein kleiner Rest des Gebäudes stehen blieb,<br />
in dem seit 1720 das Kömgliche Hofgericht eingerichtet wurde. Entschieden<br />
hat das alte Schloß ans mehreren Flügeln bestanden, die einen<br />
Hof umschlossen.<br />
23) Johann Friedrich besaß übrigens eine wahre Bauwuth; auch<br />
das Stettiner Schloß ist theilweise von ihm erbaut. Balt. Studien<br />
III, 1, Seite 241.
Canuner Bischöfe. 11<br />
Stettiner Linie war gegen Stettin so ergrimmt, daß Barnim XI.<br />
z. B. zwei Jahre lang der Stadt ganz den Rücken wandte und<br />
in Rügcnwalde wohnte. ^) Wohl hatten die Herzöge ihre<br />
Schlösser in der Stadt, aber die Bürgerschaft wachte eifersüchtig,<br />
daß ihren Privilegien durch Neuerungen nicht Abbruch<br />
geschähe. Es ist fast lächerlich Zu lesen, daß unter den Bedingungen<br />
der Aussöhnung dem zurückkehrenden Barnim auch zugestanden<br />
wurde, „die Abzugsgosse aus der Schloßküche," welche<br />
übel roch, „durch die Mauer in den Stadtgraben zu leiten." ^)<br />
Aehnlich ging es jetzt Bischof Johann Friedrich. Es wurde<br />
eine weitläufige Urkunde darüber aufgenommen, daß der Rath<br />
Cöslins erlaubte, ein Loch in die Stadtmauer brechen zu lassen,<br />
damit der Bauschutt herausgeschafft werden könnte. Natürlich<br />
sollte der Bischof es später sofort wieder zumauern, um<br />
die Vertheidigungsfähigkeit der Stadt nicht zu schädigen. ^)<br />
Micrälius in seiner summarischen <strong>Geschichte</strong> der Caminer<br />
Bischöfe, die er zum Schlüsse des dritten Theiles seiner <strong>Pommersche</strong>n<br />
<strong>Geschichte</strong>n liefert, fagt in ganz kurzer Form, Bischof<br />
Iohaun Friedrich habe nach absolvirten Studien und Reisen<br />
„erst anno 1569 das Regiment im Stifte angetreten und es<br />
bis ins 1574. Jahr löblich geführet." Aber wir dürfen<br />
kaum annehmen, daß Johann Friedrich in dieser Zeit sich ernstlich<br />
mit den Bisthumsangelegenheiten befaßt und dauernder in<br />
Cöslin oder anderswo im Bisthum residirt habe, da seinen<br />
hochfliegenden Geist ganz andere Pflichten und Aussichten in<br />
Anspruch nahmen. Im Jahre 1569 (25. Juli) wurde nämlich<br />
der Erbvertrag zu Iasenitz geschlossen.^) Herzog Barnim<br />
der Aeltere, der Sohn Bogislav des Großen, war regierungsmüdc<br />
und zog sich 1569 von der Regierung seines Herzog-<br />
^) Aus dieser Zeit seines Aufenthaltes eristiren vier Urkunden<br />
Barnims an den Rath von Cöslin im städtischen Archiv.<br />
'^) Varthold a. a. O. S. 274.<br />
^) Urkunde abgedruckt in Benno, <strong>Geschichte</strong> Cöslins Seite 313,<br />
datirt Colberg, 7. December 1568.<br />
") Sell a. a. O. HI, Seite 62.
12 Cöslin und die letzten<br />
thums Stettin zurück. Er lebte fortan auf der Oderburg und<br />
ist 1573 gestorben. Da er kinderlos war, galt es nun, zwischen<br />
den fünf Söhnen seines verstorbenen Vrnders einen Erbvertrag<br />
aufzurichten. Die Scheidung in die „Orte" Stettin<br />
und Wolgast wurde aufrecht erhalten ^) und zwei der alteren<br />
Söhne in die Herrschaft derselben eingesetzt; <strong>für</strong> die jüngeren<br />
Brüder aber, wurden zwei eigene Fürstentümer abgezweigt,<br />
<strong>für</strong> Vogislav Barth und <strong>für</strong> Baruim den Jüngeren Rügens<br />
Walde. Dem jüngsten Bruder Casimir, der damals noch fehr<br />
jung war, wurde nach dem Tode des Oheims das Bisthum<br />
Camin versprochen, das gegenwärtig noch Johann Friedrich<br />
behielt. Mit Recht rühmt Varthold das Ungewöhnliche dieses<br />
Vorganges, daß eine so schwierige Theilungs- uud Erbschaftsfrage<br />
unter vollständiger Eintracht der Interessenten erfolgt sei.<br />
Johann Friedrich übernahm jetzt also die Regierung des „Ortes"<br />
Stettin, obwohl sein Oheim noch lebte; er behielt gleichzeitig<br />
das Visthum Camin. Gewiß hat ihn aber die einflußreiche<br />
Stellung eines Herzogs von Pommern-Stettin vorzugsweise<br />
beschäftigt. Schon im Jahre 1570 finden wir ihn mit einer<br />
sehr ehrenvollen Aufgabe betraut. Der Kaiser ernannte ihn<br />
zum Prinzipalcommissar beim Friedenskongreß zu Stettin, der<br />
den damaligen nordischen Krieg abschloß. ^) Seine imponirende<br />
Persönlichkeit, seine durch Reisen und Kriegsabenteuer<br />
gewonnene Gewandtheit des Verkehrs eigneten ihn vortrefflich<br />
zu dieser Mission. Allerdings ließ er seiner Prachtliebe damals<br />
zu sehr den Zügel schießen und legte den Grund zu den<br />
erheblichen Schulden seiner Regierung. Als dann am 2. Juni<br />
Barnim der Aeltere gestorben war, kam Johann Friedrich in<br />
den ungeschmälerten Besitz des Herzogtums Stettin, da er bei<br />
Lebzeiten seines Oheims doch eigentlich nnr Mitregent gewesen<br />
^) Nur ist jetzt die Grenzlinie eine andere, als in der Zeit vor<br />
Bogislav dem Großen. Damals war das Land südlich der Peene nnd<br />
Ihna Pommern-Stettin, nördlich Pommern-Wolgast^ jetzt bildete die<br />
Oder und Swine die Grenzlinie.<br />
-") Barthold a. a. O. Seite 332; ooä. 8olnv^a. fälschlich zum<br />
Jahre 1569.
Caminer Bischöfe. 13<br />
war. 2") Die Bestimmung des Iafcniher Erbvertrages, daß er<br />
in diesem Falle auf das Bisthum resigniren solle, trat nun in<br />
Kraft. Doch haben wir noch aus dem Jahre 1574 die Urkunde<br />
eines Kaufcontractes zwischen Joachim Schmeling und<br />
der Stadt Cöslin, woran die landes<strong>für</strong>stliche Konfirmation des<br />
Bischofs Johann Friedrich angeheftet ist. ^) Es wird also erst<br />
in diefem Jahre die Uebergabe des Bisthums an Casimir erfolgt<br />
sein. Wenn wir noch einmal zurückschauen ans die letzten<br />
fünf Jahre, fo fehlt uns vollständig das urkundliche Material<br />
zur Beurtheilung der Thätigkeit Johann Friedrichs im Bisthum.<br />
Aus Haken erfahren wir, daß er 1569 das Statnt der<br />
Brauergilde bestätigt uud eine Kirchenvisitation veranstaltet<br />
habe. 32) Es fällt aber in diese Zeit eine merkwürdige Urkunde,<br />
die auf die städtischen Zustände der damaligen Zeit ein<br />
Helles Licht wirft. ^) Es klingt heute fast unglaublich uud<br />
doch war es so, daß die Colberger, sowie andere pommersche<br />
Seestädte ans Cöslins Handel und Schifffahrt eiferfüchtig<br />
waren. Die Cösliner bauten nämlich „Schuten" und fuhren<br />
diese dann an den Iamundschen See, aus dem sie durch<br />
das Deep iu See stachen und bis nach Schweden und Dänemark<br />
auf Handelsgeschäfte fuhren. ^) Wie es in der Urkunde<br />
heißt, brachten die Cösliner nach auswärts Heringe und handelten<br />
da<strong>für</strong> zurück „Ofemuudt, ^) Stein, Krueseken, Stunden-<br />
n) Varthold a. a. O. Seite 385.<br />
") Stadt. Archiv. Johann Friedrich unterschreibt als Bischos<br />
von Camin 28. Mai 1574, gegeben in unserer Stadt Alt-Stettin.<br />
n) Haken, <strong>Geschichte</strong> Cöslins Seite 58 und 178.<br />
23) Stadt. Archiv. „Kundschaft" ßud 2äs Nowi-ii des Benedici<br />
Zarn über die Freundschaft zwischen Iungsrauen-Kloster nnd dem Rath.<br />
Die Urtnnde enthält aus den Angaben Zarn's manches kulturhistorisch<br />
Merkwürdige, vgl. auch Haken Seite 54.<br />
n) In der Urkunde wird erwähnt, daß im Anfang des XVI.<br />
Jahrhunderts, nicht 1572 wie Niemann Seite 338 fälschlich angiebt, eine<br />
Schnte „auf sechs Wagen Raden nnd vierzig Pferden" an den See<br />
gebracht fei.<br />
n) Schwedisches Roheisen.
14 Cöslin und die letzten<br />
gleser, höltzerne Pantoffeln, Wand und dergleichen," endlich<br />
auch Salz. Das brachte nun namentlich die Colberger ungemein<br />
auf, daß durch Einfuhr fremden Salzes das Privilegium<br />
ihrer Koten geschmälert werden sollte. Es kam wiederholt zn<br />
Beschwerden bei den Bischöfen über die „Sigillation" (Schifffahrt)<br />
der Cösliner. Sie hätten, so hieß es in den Beschwerden,<br />
nur eine „unbefugte Hafnung"; es sei wider den<br />
Brauch der deutschen Nation aus dem Strande zu schiffen;<br />
wenn auch die Landstädte Seehandel trieben, so müßten die<br />
Städte, die durch ihre Lage auf die See angewiesen wären,<br />
verderben. Die Eösliner dagegen sagten: der Strand gehörte<br />
ihnen eben so gnt; wenn ihr Tief nicht so bequem wäre, so<br />
ginge das die Colberger nichts an u. s. w. ^) Bischof Johann<br />
Friedrich scheint 1573 bei erneuter Klage der Colberger, Rügenwalder<br />
und Stolper die Sache zu Gunsten Cöslins entschieden<br />
zu haben, so daß noch in das folgende Jahrhundert hinein die<br />
Cösliner größeren Seehandel getrieben haben, bis denn die<br />
Nnglückszeiten des dreißigjährigen Krieges auch diesen Erwerbszweig<br />
absterben machten.'^) Wir stehen am Ende der bischöflichen<br />
Regierung Johann Friedrichs. Nur vorübergehend scheint<br />
der Fürst in Cöslins Mauern gewellt zu haben. Zuerst erforderte<br />
die große Jugend seiner Jahre, daß er auf der Universität<br />
und in der Fremde seinen Geist heranbildete und sich<br />
in den ritterlichen Tugenden eines Kriegers übte. Dann brachte<br />
den 27jährigen Mann die Abdicatimi seines Oheims in den<br />
Besitz eines viel wichtigeren und reicheren Landes, des Herzogthums<br />
Stettin, und so wird von den Regentenarbeiten des<br />
Herzogs nur ein kleiner Theil der Fürsorge und des Interesses<br />
auf das Bisthum Camin entfallen sein. Cöslin selbst<br />
als Residenz konnte den stolzen, prachtliebenden Fürsten Wohl<br />
auch nicht locken. Wie ganz anders war es in den jagd- und<br />
wasserreichen Odergegenden, in dem pommerschen „Fontainebleau"<br />
Friedrichswalde und in Hafhausen, wo Johann Fried-<br />
n) Riemann a. a. O. Seite 333.<br />
3?) Haken, a. a. O. Seite 56.
Caminer Bischöfe. 15<br />
rich mit dem großen Garne auf dem gefrorenen Haffe fifchte! ^)<br />
Es mag ihm daher keinen großen Kampf gekostet haben, im<br />
Jahr 1574 das Bisthnm an feinen Bruder Cafimir abzutreten,<br />
der als nun folgender Bifchof die Negierung bis 1602<br />
führt. Für die 28jährige Regierung dieses Bischofs wird sich<br />
begreiflicherweise am meisten das urkundliche Material gehäuft<br />
haben, da die andern herzoglichen Bischöfe nur kürzere Zeit<br />
das Bisthum inne hatten. Auch wird sich Cöslin in seinem<br />
städtischen Wohlleben unter ihm bedeutend aufgenommen haben,<br />
obwohl der Vifchof, seinen Liebhabereien ergeben, meistens auf<br />
den Landfchlössern in der Nähe Cöslins lebte und in seinem<br />
Iunggesellenstand auch nicht an eine stabile Residenz gebunden<br />
war.<br />
Schon Micrälius^) weist die Angabe Leutingers, daß<br />
Kaiser Ferdinand Casimir das Visthum Camin als Pathen-<br />
Pfennig eingebunden habe, zurück und bestätigt die freie Wahl<br />
durch das Capitel nach der Resignation seines Bruders/")<br />
Am 26. October 1574 wurde er in das Bisthum eingeführt.")<br />
Obschon drei Jahre älter, als fein Bruder Johann Friedrich bei<br />
dcssm Installirnng zum Bischof, kam er doch immer noch blutjung<br />
zur Regierung. Er war der jüngste Sohn Philipp I.,<br />
hatte in einem Alter von drei Jahren bereits seinen Vater verloren<br />
und wurde dann zu Wolgast erzogen. Gewiß hatte der<br />
Umstand, daß er in so zartem Alter die energische Leitung<br />
seines trefflichen Vaters entbehren mußte, nachtheilig auf feine<br />
Characterbildung eingewirkt. Willkür, Eigenwille und ein hang<br />
zur Grausamkeit treten in seiner Bischofsregierung hervor. Ani<br />
29. Octobcr hielt der neue Bifchof feinen Einzug in Colbcrg,<br />
woselbst ihm und seinem Gefolge mit 500 Pferden dreitägige<br />
Festlichkeiten und Schmaufereien auf Kämmereikosten bereitet<br />
wurden, ^2) und am 2. November nahm er die Huldigung in<br />
n) Sell a. a. O. Seite 111 und 366.<br />
n) Seite 423.<br />
") Vgl. Barthold a. a. O. Seite 385.<br />
4') Ebenda Seite 392.<br />
n) Riemann a. a. O. Seite 332.
16 Cöslin und die letzten<br />
Cöslin entgegen, bestätigte auch dnrch feierliche Urkunden die<br />
Privilegien der Stadt. ") Der übliche Umritt in den Städten<br />
des Bisthums muß diesmal besonders glanzvoll gewesen sein.<br />
In Colberg hielt Casimir seinen Einzug mit 500 Pferden<br />
und in Cöslin verherrlichten die Huldigungsfeierlichkeit drei Brüder<br />
des jungen Bischofs durch ihre Anwesenheit, nämlich Johann<br />
Friedrich, Ernst Ludwig und Barnim.") Die Größe des Gefolges,<br />
mit dem Casimir in seinen Stiftsstädten umherritt,<br />
mag nicht Wunder nehmen;^) wir werden später unter Bischof<br />
Ulrich ersehen, aus wie verschiedenartigen Bestandtheilen der<br />
Hofgesellschaft und Dienerschaft sich ein solches Gefolge zusammensetzte.<br />
Den Städten und früher den Klöstern, auf die ja<br />
die Fürsten das Ablagerrecht gehabt hatten, erwuchs aus solchen<br />
Besuchen eine große Last der Ausgaben.<br />
Bei der Erziehung und Ausbildung der jungen Fürsten<br />
damaliger Zeit spielten neben dem Besuche einer berühmten<br />
Universität und der Unterweisung durch treffliche Lehrer ausgedehntere<br />
Reisen in das Ausland eine Hauptrolle. Die älteren<br />
Söhne Herzog Philipps waren auf das sorgfältigste herangebildet<br />
worden, die beiden ältesten in Greifswald, die jüngeren<br />
in Wittenberg. ^) Casimir war daneben etwas zu kurz gekommen,<br />
seiner Erziehung in Wolgast fehlte, da er schon 1574<br />
zur Regierung berufen wurde, der Abschluß eines Universitätsaufenthaltes.<br />
Wenigstens sollte aber jetzt die übliche Reise ins<br />
Ausland nachgeholt werden. Am 3. April 1578 reiste Casimir<br />
von Bast, wo er sich damals aufhielt, nach Italien ab<br />
und kehrte erst am 24. December nach dreivierteljähriger Abwesenheit<br />
wieder in sein Bisthum zurück.") Endlich wurde<br />
") Stadt. Archiv zwei Urkunden.<br />
^) Ebenfalls ouiu m^uo 6Huita.tu ooä.<br />
45) Bei der Hochzeit des Herzogs Ulrich von Meklenburg mit<br />
der Wolgastischen Prinzessin Anna standen 1588 sogar 2000 fremde<br />
Pferde auf dem Fourierzettel. Barthold a. a. O. Seite 398.<br />
^) Vgl. den interessanten Aufsatz über die Erziehungsweise dieser<br />
beiden letzten Prinzen, Baltische Studien IX, Seite 9.) ff.<br />
") Diese wichtige Notiz aus eoä. 8otnv«ä. z. Jahre 1578. Sell
Caminer Bischöfe. 17<br />
nun auch der Schloßbau fertig. Im Jahre 1582 wurde der<br />
ganze Bau durch einen Thurm mit eiuer Schlaguhr vervoll-<br />
ständigt und geschmückt; wie es iu der Quelle heißt: ^) „a. 1582<br />
ist der Segcr aufm Schlosse angerichtet worden."^) Cöslin<br />
galt vou mm au als die offizielle Residenz des Bischof-Her-<br />
zogs/") weuu sich auch das rechte Hoflcben erst unter den<br />
Nachfolgern Casimirs entwickelte. Wie fchon oben erwähnt,<br />
war Casimir selbst die wenigste Zeit in Cöslin, lebte vielmehr<br />
auf Landhäusern in der Nähe des Strandes. Verf. ist in den<br />
Stand gesetzt, durch Auffindnng eines Actenbündels auf dem<br />
städtischen Archiv Ziemlich genau den Aufeuthaltswechsel Casi-<br />
mirs urkundlich belegen zu können. ^) Danach hat Casimir<br />
ein ziemlich unstetes Leben geführt und seinen Aufenthalt ge-<br />
erwähnt 3, Seite 440 diese Reise; Varthold Seite 394 führt das Citat<br />
Sell's an und sagt, er hätte nirgend eine Angabe über diese Reise fin-<br />
den können.<br />
^) cnä. ßcinveä. unter Cöslin und Haken a. a. O. Seite 28.<br />
") Um eine Vorstellung von dem Cösliner Schloßbau zu geben,<br />
diene die Beschreibung des 1626 erbauteu Wolliuer Schlosses, v. Räumer<br />
Insel Wollin Seite 221: Das Schloß war ganz von Ziegeln mit<br />
sechs Schornsteinen gemauert, hinter dem Thor steigt man auf eiuer Wendeltreppe<br />
zum Thurm, der eiue Uhr zeigte und mit Blei gedeckt war.<br />
Im Schloß war ein Saal mit Kamin, Hirschköpfen und acht Gemälden,<br />
sonst war das Ameublement sehr einfach, Schenktische, Bänke, ein Paar<br />
Himmelbetten 2c. Im Schloß befand sich die Nentnerei und eine<br />
Thorbude mit dem Halseiseu, Wagenhans, Brauhaus, Taubenhaus,<br />
Backhaus, Küchen, und Gefängnisse u. f. w.<br />
n) oocl. 8odn^ä. z. I. 1560: Casimir, Bischof von Camin,<br />
der zu Cösliu seinen Sitz hat.<br />
5') Unter den Urkuudeu des städtischen Archivs fand sich nämlich<br />
ein Actenfascikel, enthaltend Neverfe der herzoglichen Bischöfe oder<br />
ihrer Beamten über Holz, das der Rath auf Ansuchen der Fürsten aus<br />
dem Stadtwalde hatte liefern lassen. Auf dem Umschlage dieses Acteubüudels<br />
steht iu Handschrift etwa des XVII. Jahrh, „kann in der<br />
Privilegiumlade aufbewahrt werden", und diesem Umstände verdanken<br />
die Papiere ihre Rettung. Denn bei dem großen CöZliuer Brande<br />
1718 verbrannten mit dem Rathhause sämmtliche darin befindliche<br />
Acteu und nur die Privilcgiumlade — enthalteud die städtischen Urkunden<br />
bis zur Fuudatiousurkunde vom Jahre 1266 — wurde aus<br />
den Flammeu gerettet.<br />
2
18 Cöslin und die letzten<br />
nommen in Bast, Streitz, dann in dein von ihm erbauten<br />
Lnstschlosse Casimirsburg; nnd icuch in den Jahren seines Siechthums<br />
ist er ruhelos umhergezogen, wie dies die ans Paurhufe,<br />
Stoikow, Kloster Altenstadt (bei (5olberg) datirtcn Urknnden<br />
beweisen. Etwa bis in dac- Jahr 1590 scheint Casimir<br />
sich mit Vorliebe in Bast anschalten zn haben. "'^) In diesem<br />
Jahre ließ' er in der Kirche die noch heute zu sehende Walfischrippe<br />
aufhängen mit einer lateinischen Inschrift versehen. -^)<br />
Znm großen Aerger der Colbergcr, die deshalb anch Beschwerde<br />
führten, baute der bischöfliche Amtmann in Bast mit Casimirs<br />
Erlanbniß eine Schnte nnd trieb, ähnlich wie die Cöslincr,<br />
Seehandel. Ob, wie er behauptet, ans der Schute nnr das<br />
Korn ans den stiftischen Aemtern nach Stettin hatte verschifft<br />
werden sollen oder ob, nach Aussage der Colberger, das zurückkehrende<br />
Schiff anch Handelswaaren, namentlich Salz brachte,<br />
bleibt dahingestellt. -^) Die Urkunden, die uus über den Aufenthaltsort<br />
Casimirs in den einzelnen Jahren so trefflich unterrichtcn,<br />
haben welter keinen wichtigen Inhalt. Banliche Verändernngen<br />
in Bast^) veranlassen den Bischof, von dem Nathe<br />
der Stadt Cöslin Bauholz zn erbaten. Jedenfalls hat Casimir<br />
diese Gefälligkeit des Rathes sehr oft in Ansprnch genommen;<br />
seine Wünsche scheinen aber von den Cöslincrn immer<br />
erfüllt worden zn sein, denn in den späteren Urknnden seiner<br />
Nachfolger finden fich angeheftet Gegenschriften des Rathes,<br />
worin die Forderung nnr theilweise bewilligt wird. Der Bischof<br />
Verf. führt die Daten der Va st er Urkunden an. Schon<br />
d. sagte 1578 (^siinirus ox I^a^to ^rol^etnä in 3un.ni<br />
It^lic^m i'0^iit. 1582, >'.. April; 1585), 3. August, 1586,<br />
23. März und 28. October. Aus den Iahreu 1582 uud 1583 drei<br />
Urkuudeu aus Streitz datirt.<br />
53) Der Walfisch ist damals iu der Ostsee gefangen. Vrügge-<br />
Mllnn, Beschreibung Pommerns uutcr Bast. Das Stränden vou Walfischen<br />
am Ostseestraude kam öfters vor, erregte aber immer die Gemüther<br />
als Vorzeichen trüber Zeiten, vgl. z. V. Micräl. V, Seite 85.<br />
^) Riemann a. a. O. Seite 339.<br />
55) Einmal auch <strong>für</strong> die Kirche zu Schwessin.
Caminer Bischöfe. 19<br />
mag demnach mit den Städtern in gntem Einvernehmen gestanden<br />
haben. Die Tngend der Geselligkeit wnrde ihm schon<br />
bei Lebzeiten als eine hervorstechende Charactercigenschaft beigelegt,<br />
56) und so mag er gern mit den Bürgersleuten seinen<br />
Verkehr gehabt haben. Am 16. Mai 1582 schickte er von<br />
Streitz eine Einladung an den Cösliner Magistrat, ihn, der<br />
„ehliche benachbarte von Adel nnd andere gnte Lente" bei sich<br />
hätte, schon von früher Tagesstunde an mit Weib nnd Kind<br />
zu fröhlichem Zusammensein Zu besuchen. ^'') Auch in Colbcrg<br />
soll Casimir mehrfach auf Vürgcrhochzeiten, selbst in den niederen<br />
Ständen, gewesen sein. ^) Das Zechen wird bei diesen<br />
geselligen Zusammenkünften in Bast, dem Eharacter des damaligen<br />
Zeitalters entsprechend, eine große Rolle gespielt haben.<br />
Forderte doch Casimir sogar auf, ihm aus der Ferne Bescheid<br />
zu thuu. So schrieb er au seinen Bruder Ernst Ludwig (Bast,<br />
3. August 1583), ich bringe E. L. einen großen Becher mit<br />
Wein mit freundlicher Bitte, E. L. wolle E. L. Armen Inngen<br />
Bruder Bescheid thuu. ^) Vielleicht suchte man in solchen ausgelasseneren<br />
Zechgelagen auch die Nöthe der Zeit zu vergessen;<br />
denn wiederholt trat damals in den Landen die Pest in furchtbarer<br />
Gestalt auf: in Cöslin starben, nachdem schon 1584 die<br />
Pest geherrscht hatte, im Jahre 1585 1400 Menschen! desgleichen<br />
fielen der Krankheit viele Menschen in Bublitz und<br />
auf den Dörfern zum Opfer. ^") So gesellig sich auch Casimir<br />
den Cöslinern und anderen Bürgersleuten gegenüber zeigen<br />
mochte, so war ^as Regiment, das er im Stift führte, doch<br />
höchst launisch nnd willkürlich und er hatte mit seinen Ständen<br />
ärgerliche Verhandlungen. Znerst zeigte der Colberger<br />
Klosterstreit, daß Casimir auf gewaltsame Bereicherungen bedacht<br />
war und zäh an seinem Raube festhielt. Seit Einfüh-<br />
56) Micrälius, IV, Seite 404.<br />
57) Haken a. a. O. Seite 60. Achnlich der Brief Casimirs vom<br />
Jahre 1591.<br />
58) Niemann a. a. O. Z50.<br />
n) Bricfstclle in Valt. Studien 11, 2, Seite 172.
20 Cosini und die letzten<br />
rung der Reformation waren die Klöster eine willkommene<br />
Nente geworden; wenn anch die Iuugfrauen-Klöster theilweise<br />
mit geänderter Vestimmnng als Versorgungsanstalt der Fräulein<br />
fortbestehen blieben, so war das Patronat ein nicht minder<br />
begehrenswerther Besitz. In Colberg eollidirten mm bei<br />
den Patronatsansprüchen der Rath der Stadt nnd der Bischof.<br />
Der Colberger Rath hatte in dieser ganzen Zeit eine schwierige<br />
Stellung. Die Blüthe des Colberger Handels war vorüber<br />
und andererseits mußte Stadt und Rath unter Anstrengungen<br />
und Kosten sich wehren und sträuben gegen den die Landeshoheit<br />
mit immer wachsenderem Glücke betonenden herzoglichen<br />
Bischof. Die hart bedrängte Stadt, vergeblich bemüht sich zu<br />
schützen durch den papierenen Wall ihrer Privilegien, suchte<br />
bei Kaiser und Reich Hülfe. Das brachte ihr Wohl ehrende<br />
Zuschriften „an des Reichs liebe und getreue Bürgermeister" —<br />
aber auch keinen wirksameren Schntz. ^) In dem Klosterstreite<br />
verstieg sich der Rath sogar zu einer Appellation an den Papst,<br />
erntete damit aber erst recht Verunglimpfung: denn allgemein<br />
griff man ihn an als „Mamelucken und Abtrünnige'" Casimir,<br />
weit rücksichtsloser als Iohauu Friedrich, griff im Jahre<br />
1580 mit fester Hand zu, um sich in den Besitz des Klosters<br />
zu setzen, indem er äußerte, er wolle den Colbergcrn zeigen,<br />
was ein Bischof uud Haupt heiße. Es kam in der Folge fast<br />
zu einem völligen Kriegszustande zwischen Bischof und Stadt.<br />
Der Rath Colbergs, mehr nnd mehr eingeschüchtert, mußte<br />
zuletzt annehmen, Casimir habe es anf eine völlige Herrschaft<br />
über die Stadt abgeseheu, und als einmal der Bischof bei einer<br />
Reise in sein Land durch Colberg reiten wollte, sperrte der<br />
Rath dem Landesherrn die Thore. Später allerdings wurde<br />
dem wartenden Fürsten erlaubt, hindurchzuziehen, aber die<br />
Bürgerschaft bildete in Wehr uud Waffeu Spalier, so daß<br />
Casimir wuthschäumend erklärte, „<strong>für</strong>stlicher Stand und Ehre<br />
sei vor dem ganzen Lande verletzt uud geschmäht." Eudlich<br />
am 4. Mai 1587 kam unter persönlicher Vermittelung der<br />
Das folgende nach Niemami.
Caminer Bischöfe. 21<br />
Herzöge Johann Friedrich und Ernst Ludwig, die zu Colberg<br />
erschienen, ein Vergleich zu Stande, wonach sowohl das Patronat<br />
als die Verwaltung des Klosters dem Bischof eingeräumt<br />
wurde. "2) Die beiden regierenden Herzöge zu Pommern, namentlich<br />
Johann Friedrich, nahmen, abgesehen davon, daß sie sich<br />
in diesem ärgerlichen Streite zwischen Casimir uud Colberg<br />
ins Mittel schlugen, auch sonst mehrfach Gelegenheit, sich um<br />
die Regierung ihres jüngsten Bruders zu kümmern. Dies war<br />
zunächst in der Bublitzischen Kaufaugclegenheit der Fall. Bischof<br />
Erasmus von Manteuffel hatte Schloß und Städtchen Vublitz<br />
1531 erblich an Marens Puttkamer verkauft; von diesem hatten<br />
es die Massolo erworben. Im Jahre 1577 verkauften wiederum<br />
die von Massow „das ganze Städtlein und Haus Vublitz"<br />
au den Bischof Casimir <strong>für</strong> 17000 Fl. Pomm. ^) Die Bezahlung<br />
der Kaufsumme, die natürlich die Stiftsstände auf sich<br />
uchmcn mnßtcn, scheint aber langsam von Statten gegangen<br />
zu sein. Die Massow als Lehnsleute Herzog Johann Friedrichs<br />
wandten sich mit Beschwerde an diesen uud Johann<br />
Friedrich schrieb an seinen Bruder ciucn Mahnbrief.^) Nr<br />
lautet:<br />
Uusere freundliche Dienste und was wir der brüderlichen<br />
Verwandnis nach liebs und gnts vermuegen zuvor. Hochgeborner,<br />
Hochwürdigcr Fürst, frcuutlicher lieber Bruder welcher<br />
maßcu uus die erbare uufcre Lehenleute und liebe getrewen<br />
Clanß und derselben Cousortcn die Massoven zu Landtow<br />
62) Das letztere scheint daraus hervorzugehen, daß Casimir 1589<br />
zur Bezahlung seiner Schulden das Kloster auf acht Jahre an die<br />
Staude abtrat. Urkunde des Laudtagsabschiedcs 1539, über die weiter<br />
uuteu.<br />
^) Kratz, Etä'dte Pommerus uuter Vublitz uach der im Staatsarchiv<br />
zu Stettin vorhaudeueu Originalurkunde.<br />
^) Das Mauuscript der ^Vim^L ?0iu. auf der Schwederscheu<br />
Vibl. war eiugchcftet iu alte Url'uudeublätter, um die aus einem katho«<br />
lijcheu Missale ciu steifer Pergaiueutdcckel geschlagen war. Auf eiuem<br />
dieser Urkuudcublättcr faud Verf. (auschciueud abschriftlich) den Brief<br />
Iohauu Friedrichs au Casimir.
22 Co'Zlin und die letzten<br />
Cuedow und Rubow gesessen Ihre wieder E. L. Stifftsstcnden,<br />
der Vublitzische Nachrest belangend habender Schuldt<br />
ordtnung in nltderthenigen Bericht <strong>für</strong>bracht und zu erkennen<br />
geben, anch daneben umb unsere Proinotoriales ahn E. L.<br />
zu endlicher Expedition und Entscheidung dieser sachen underteniglich<br />
bittend angelangt, da werden E. L. auß den einlagen<br />
berichtet zu werden sich unbeschwert mussigen.<br />
Wan den wir das diese lanckwilige fache denmale eins<br />
zum eutlichen ausschlag gelangen muegc gantz gerne vornehmen<br />
anch E. L. denn stiftsstenden sowol als den Clegern<br />
weil wirs allen theilen furtreglich zu feiu erachten: freundtlich<br />
uud gnediglich wol gunnen inuegen und nicht zweifeln<br />
E. L. zu entlicher Abhellfung dieses Handels geneigt fein<br />
werden.<br />
So bitten wir abermalß ganz freundlich bei den Stiftsstenden<br />
uud dene znm Ausshub der Obereinnehmern (?) verordenten<br />
die ernste verfuegunge thun wollten damit sie nicht<br />
allein ihrer Erklerung nach zur liquidation gewisse tageZeit<br />
bestimmen und sich derwegen mit den Massoluen vereinbaren<br />
sondern anch daran lein mnegen, das diese unsere Lehenleute<br />
mit wirklicher Zalung des nachstandes an Hanptsum Zinsen<br />
und schedcn an barem Gelde abgefunden und zufrieden<br />
gestellet und die auf äussersten Nottfall verordente<br />
nnd ihnen den stenden angedeute Rechtsmittel<br />
vermitten werden. Das ist an sich Mich und wir<br />
sammt E. L. auch ohne das freuut und Brüderlich zu dienen<br />
gefließen.<br />
Datum Alten Stettin den 7. Juli Anno 1589.<br />
Von Gottes gnaden<br />
Johann Friedr. Hertzog u. s. w.<br />
Es gab aber noch andere Bcschwerdepnnkte, die die beiden<br />
regierenden Herzöge gegen ihren Bruder, den Bischof, zn<br />
erledigen hatten. Nach mehrfachen Mahnungen sandten daher<br />
Johann Friedrich nnd Ernst Ludwig am 3. August 1589 zwei<br />
Räthe auf den Landtag des Stifts nach Eöslin zur nachdrücklichen<br />
Erinnernng an die Bestimmungen des Erbvertrages von
Cammer Bischöfe. 23<br />
Iasenitz. ^') Namentlich erregte es den Verdruß der beiden<br />
herzöge, daß Casimir unleugbar in seinen Negicrnngshandlungen<br />
ein Streben nach Neichsuumittelbarkcit durchblicken lasse;<br />
so weun er z. V. die Neichssteuer uicht an die <strong>für</strong>stlichen Kassen,<br />
sondern an den Neichspfenningmeister schickte, wodurch<br />
Kaiser und Reich leicht von Nenem der Gedanke kommen könne,<br />
das Nisthum als eiuen unmittelbaren Neichsstaud anzusehen.<br />
Ueber die Berhaudluugeu mit deu Ständen des Stiftes selbst<br />
wurde ciue Urkuude aufgesetzt, der wichtige „Landtages-Abscheidt"<br />
vom 23. Oetobcr 1589.^) Wir geben in Kurzem<br />
den Inhalt dieser <strong>für</strong> die Regierung Casimirs so überaus bedeutsamen<br />
Urkunde. Znnächst berichtet Bischof Casimir „den<br />
Prälaten Mahn uud Stctten," in wie verschuldetem Zustaude<br />
das Visthum schon bei seinem Amtsantritt gewesen sei. Die<br />
„Vorwerke nnd Schcffereien" waren verwahrlost und doch sei<br />
„bei <strong>für</strong>stlichen Durchzügen" Anfwand nothwendig. Ans das<br />
Begehren Casimirs um Abhilfe beriefen sich die Stände auf<br />
die mit Casimir getroffenen Vereinbarungen von 1574 und<br />
1582; sie weisen auf ihre sonstigen schweren Ausgaben hin,<br />
als da sind Reichsstcucru, Bublitzer Kaufgcld^) u. s. w. Endlich<br />
verstehen sich die Stände „aus sonderlicher uuderthemger<br />
trewe und znncignng gegen Casimir nnd nicht aus Pflicht"<br />
zur Abhilfe. Au Schulden des Bischofs sind vorhanden 13115 R.<br />
„außleudische uud zinsbare" e. 15987 R. „pflückschulden" an<br />
„Kremcr, audcre Handels uud Handtwerkeslente, auch zum<br />
Theil au die Räthe uud Diener." Den ersten Posten wollten<br />
^) Instniction der Näthe bei Schöttgen nnd Kreysig III, Seite 344.<br />
66) Drei Exemplare jedes Abschiedes wurden unentgeltlich in der<br />
Kanzlei gefertigt, zwei den Landmarschällen nnd eines den Städten zugestellt.<br />
Sell HI, Seite 396. Das städtische Archiv Cöslins besitzt<br />
ein Exemplar.<br />
67) Ueber das letztere s. den Brief Johann Friedrichs an Casimir.<br />
Die Neichsstenern, ebenso die Beiträge <strong>für</strong> den obersächsischen Kreis,<br />
zu dein Hcrzogthnm Pommern nnd Camin gehörten, waren beträchtlich;<br />
in den Jahren 1592—1607, also in sünfzchn Jahren hatten diese<br />
dciden '/.^ Million N. beigesteuert, Camin allein etwa den sechsten oder<br />
siebenten Theil davon. Sell III, Seite 513.
24 Cöslin und die letzten<br />
die Stände auf sich nehmen, der zweite sei aber eine „unge-<br />
wöhnliche Newerung", deshalb verpflichtet sich der Bischof zur<br />
Tilgung dieser Schuld das ihm gehörige Kloster Altenstadt<br />
acht Jahre lang „in vulekommener Administration" an die<br />
Stände abzutreten. Casimir behalt sich nur die seit alter Zeit<br />
bestehenden Rechte, wie z. B. „jehrliges Ablager auff der<br />
Iagtt" vor. Außerdem verehren die Stiftsstände dem Fürsten<br />
ein Geschenk von 1000 Gulden. Was nun die Beschwerden<br />
der Stände betrifft über des Bischofs „Haus- und Hofhaltung,<br />
Bestallung der Empter, Visitation u. s. w.," so verpflichtet<br />
sich Casimir, von jetzt ab gleichmäßige Justiz zu üben und<br />
„Gericht und Kanzlei hinfurdt zu Cöslin wesentlich zu<br />
halten;" ebenso verspricht er Visitationen.^) Durch Be-<br />
schränkung der Diener, Hauptleute und ihres Gehaltes will er<br />
Sparsamkeit üben, auch ohne Wissen der Stände keine Lehen<br />
und Güter verschleudern. Schließlich wird dem Secretarius<br />
Casper Iüncken eine Gratifikation bestimmt und die bestätigte<br />
Polizeiordnung Colbergs auch Cöslin empfohlen."<br />
Manches können wir aus dieser wichtigen Urkunde ent-<br />
nehmen. Die bisherige fünfzehnjährige Regierung Bischof Casi-<br />
mirs scheint nicht die allerbeste gewesen zu sein. Wenn er<br />
auch behauptet, daß das Bisthum zur Zeit seines Regierungs-<br />
antritts in sehr verwahrlostem Zustande gewesen sei, so hatte<br />
er doch nicht besser gewirthschaftet. Die Schulden waren zu<br />
bedeutender Höhe angewachsen. Was die 13115 R. „auslen-<br />
dische und zinsbare" betrifft, so kennen wir deren Ursprung<br />
nicht; schlimmer sind die „pflückschulden", denn sie bekunden<br />
eine wenig würdige Finanzwirthschaft, die den kleinern Krämern<br />
und Handwerkern ihren Verdienst vorenthält und die Besol-<br />
dungen der bischöflichen Diener nicht zu zahlen vermag. Des<br />
Bischofs Einkommen betrug im XV. Jahrh, etwa 40000 Gul-<br />
den. ^) Cs läßt sich nun schwer übersehen, wie in und nach<br />
dem Reformationszeitalter sich die Einnahmen geändert haben.<br />
66) Eine Kirchenvisitationwurdei.I. 1591 abgehalten. HakenS.178.<br />
N) Sell a. a. O. II, Seite 295. Die Einnahmen sind genau specificirt<br />
in Klempin dipl. Beiträge Seite 466.
Caminer Bischöfe. 25<br />
Nur einige Fingerzeige können gegeben werden. Die <strong>für</strong>stlichen<br />
Wittwen erhalten in unserem vorliegenden Zeitraum gewöhnlich<br />
ein Iahrgehalt von 4000 Gulden; ungefähr ebensoviel<br />
beträgt die Apanage eines nicht mit einem Fürstenthume bcdachtcu<br />
Prinzen. ^) Als später Bogislav XIV. die Regierung<br />
des Bisthums übernimmt und in der Person des Herzogs Philipp<br />
Julius sich ciucn Coadjutor an die Seite setzen lassen<br />
muß, werden diesem Coadjutor 8000 Guldeu jährlich von den<br />
Stiftseinkünften gewährt.'") Alle diese Anführungen lassen<br />
die Schätzung berechtigt erscheinen, daß auch in unserem Zeitraum<br />
die Einkünfte des Bisthums, das doch immer als ein<br />
nicht unbedeutendes Fürstcnthum anzusehen war, sich auf der<br />
Höhe jener oben erwähnten Ziffer erhalten haben werden.^)<br />
Aus den Beschwerden der Stände ist ferner zu entnehmen, daß<br />
Bischof Casimir sehr willkürlich regiert habe. Das Versprechen<br />
gerechter Iustizübung setzt eine bisherige üble Gerichtspflege<br />
voraus; Zugleich unterlaufen Klagen über Verschleuderung der<br />
bischöflichen Güter an Günstlinge u. s. w. Wichtig war es,<br />
daß Gericht und Kauzlei hinfort zu Cöslin seinen Sitz haben<br />
sollte. Wenn auch der Fürst es noch vorzog, unstet herumzuschweifcu,<br />
so entwickelte fich doch Cöslin mehr und mehr zur<br />
Residenzstadt und wird durch den Zuzug der Hofbedienten und<br />
Beamten erhöhten Wohlstand gefuuden haben. Casimir selbst<br />
hat, wie gesagt, nicht dauernd seinen Aufenthalt in Cöslin genommen.<br />
Ebenfo wie bis zu dieser Zeit Bast ein Lieblingsschloß<br />
des Bischofs gewesen war, so taucht von jetzt ab Casimirsburg<br />
als bevorzugter Ort des <strong>für</strong>stlichen Hofhaltes auf. ^)<br />
w) z. B. Herzog Ulrichs im Jahre 1606; vgl. über die Witt«<br />
wenemkünfte Sell, a. a. O. III, Seite 428.<br />
") Ebenda Seite 444.<br />
^) Ganz anders urtheilt allerdings Hainhofer (Baltische Stndien<br />
II, Seite 74): Die Einkommen, welche sich in die 18W0 Gnlden jehrlich<br />
erstrecken, ziehen die Capitalares nnd ihr Bischofs, so jetzt Herzog<br />
Franz in Pommern F. G. hat nit mehr vom Bisthnm, als den Namen<br />
nnd etlich wenig fl."<br />
^) Reverse datirt von Casinnrsburg : 1) W.Mai 1591 ; 2) 17.Juni<br />
1591; 3) 16. December 1591; 4) 13. Juni 1595; 5) 26. Juni 1595.
26 CöZlin und die letzten<br />
Daß Casimirsburg, wie Brüggemann (Veschreibnng Pomnlcrns)<br />
berichtet, erst 1592 durch Anlage eiuer Stuterei gegründet sei,<br />
ist uurichtig, da schon aus dem Jahre 1591 Urkunden von<br />
Casimirsbnrg datirt vorhanden silld. Uebrigens legte Bischof<br />
Franz 1607 zu Casimirsburg einen Roßgarten an. Jedenfalls<br />
mnß seit etwa 1590 das <strong>für</strong>stliche Hans in Casimirsbnrg<br />
fertig geworden sein. Der Bischof erhielt jetzt öfter Befnch<br />
und es werden ihm daraus, wie auch der Laudtagsabschied besagt,<br />
schwere Kosteu erwachsen sein. So befuchte ihn Herzog<br />
Bogislav, der zn Barth und Franzbnrg residirte. Bezeichnend<br />
<strong>für</strong> die gemüthlicherm Beziehungen des Herzogs zn der Bürgerschaft<br />
Cö'slins ist wiederum der Brief, deu Casimir aus<br />
Anlaß dieses Besuches am 17. Juli 1591 au deu Rath richtete<br />
uud woriu er bittet, sür ihu zu jagen uud das geschosseuc<br />
Wildpret ihm in die Küche zu liefern.^) Im Jahre 1594<br />
zog der brandenbnrgische Kurprinz Johann Sigismnnd zur<br />
Hochzeit nach Prenßcn nnt vielen Fürstlichkeiten uud eiuem<br />
Gefolge von 508 Pferden dnrch Pommern. Ebenso loie die<br />
Fürstlichkeiten zn Stettin herrlich aufgenommen wurden,") werden<br />
sie auch zu Cösliu voruehm bewirthet worden sein. Bei<br />
folchen <strong>für</strong>stlichen Besuchen war natürlich Cöslin innner die<br />
Residenz und Stätte des Empfangs nnd Casimir kehrte dann<br />
vom Lande auf sein Schloß in der Stadt zurück. ^) Casimir<br />
war jetzt 38 Jahre alt, da traf ihn schwere Krankheit, die ihn<br />
die letzten zehn Jahre siech und elend machte. ^) Leider hatte<br />
er sich die Krankheit durch eigeue Schuld zugezogen uud werdeu<br />
wir, wenn wir zum Schlüsse des Berichts über die Regierung<br />
Casimirs eine Characteristik des Fürsten geben, noch ein-<br />
74) Haken a. a. O. Seite 81.<br />
'5) Friedeborn II, Seite 142.<br />
76) In dem vorhin erwähnten Brief Casimirs an den Nach heißt<br />
es: „Vogislav ist Willens, ans nnserem Hause zn Cöslin anzu«<br />
kommen :c."<br />
"1 Micrälins IV, Seite 403. Varthold a. a. O. Seite 437,<br />
„seit 1595 säst immer bettfest."
Canüner Bischöse. 27<br />
mal darauf zurückkommen. Als ob aber die Krankheit seine<br />
Nngednld bedeutend gesteigert hätte, so wechselt jetzt der Aufenthalt<br />
des Fürsten in immer rascherer Folge. Casimirsburg,<br />
Cöslin, Paurhuse, Stoikow, Altstadt bei Colberg erscheiuen<br />
unmittelbar hintereinander in den Urkunden. ^) Wie reizbar<br />
der Fürst jetzt war, geht aus den Urkunden hervor, die den<br />
jetzt anhebenden Eventiner Grenzstreit betreffen. ^) Das Bisthum<br />
grenzte nämlich östlich in der Gegend des Vulowschen<br />
Sees an das Fürstenthum Barnims des Jüngern, der Rügenwalde<br />
bei der Erbtheilung erhalten hatte. Wegen „der Heydebrecken<br />
schorbigcn Pscrde" war, nm die Weitervcrbreitung<br />
der Krankheit zn hindern, ein Graben ausgeworfen worden,<br />
der aber zu weit in das stiftische Gebiet hincingriff. Die Brüder<br />
Casimir und Barnim konnten sich nicht einigen. Herzog<br />
Philipp von Wolgast that Vorschläge zur gütlichen Einigung.<br />
Endlich gehen beide Brüder den ältesten Bruder, das Haupt<br />
der Familie, Johann Friedrich um Entscheidung an. In dem<br />
Aetenstücke über diesen Grenzstreit sind die beiden Vertheidigungsschristen<br />
Herzog Casimirs und Herzog Barnims an ihren<br />
Bruder mitgetheilt. Bei der Klageschrist Casimirs heißt es<br />
zum Schlüsse<br />
hat es wollcu I. N. May. klagen.<br />
Also Casimir wollte in dem Eifer, seine Unterthanen, die<br />
Bulgrine, zu schützen, bis an Kaiser und Reich gehen. Der<br />
Streit zog sich bis m das Jahr 1026 hin, wo nach Brüggemann<br />
6") die Grenzstreitigkeiten zwischen Eventin uud Repkow<br />
am 11. Zannar endgiltig entschieden wurden. Trotz seiner<br />
Krankheit hatte Casimir doch noch seine Freude an ziemlich<br />
^) 1597: 22. März Paurhnfe, 30. Juni Stoilow, 26. October<br />
Altstadt bei Colberg.<br />
^') Durch die Güte des Herrn Landgerichtsraths Hildcbraud ist<br />
dem Versasser ein Actenstück zugestellt worden, das diesen Grenzstreit<br />
bis in die Zeit Bogislavs XIV. verfolgt.<br />
N) Unter Eventiu.
28 Cöslin und die letzten<br />
rohen Scherzen; davon giebt Kunde fein Colberger Aufenthalt<br />
im Jahre 1600.^) Er war nämlich am 12. Juni mit Herzog<br />
Johann Carl von Braunschweig in Colberg eingetroffen, um<br />
dort mehrere Tage sich aufzuhalten. Die Fürsten wurden täglich<br />
auf dem Rathhause gespeist und als sie von den feurigen Weinen<br />
aus dem Rathskeller stark aufgeheitert waren, ließen sie<br />
ihren Barbier holen und schoren den ehrsamen Rathsherren<br />
den Bart. Desgleichen mußten die Bürger sich dieser Procedur<br />
unterwerfen, so daß vom 14. bis 16. d. M. „das Rathhaus eine<br />
Varbierstube, die Consuln und Bürger Schafe, die Fürsten<br />
Barbiere" wurden.^) Im folgenden Jahre kam der Bischof<br />
abermals nach Colberg, um den dortigen Aufruhr zu schlichten;<br />
50 Reisige und 24 mit Prälaten und Räthen beladene<br />
Wagen waren feine Begleitung. Die Bürgerschaft hatte sich<br />
gegen den Rath aufgelehnt und erstrebte demokratische Gleichberechtigung.<br />
Die aufgeregten Gemüther vermochte auch des<br />
Laudes<strong>für</strong>sten Ansehen nicht zu beruhigen. Casimir empfand<br />
seine Niederlage wiederum als einen persönlichen Schimpf.^)<br />
Seine Krankheit wurde nun immer unerträglicher uud er reiste<br />
deshalb in ein Bad 1601 unter Begleitung feines Leibarztes,<br />
des Stadtphysikus Schultze aus Colberg, der dieselbe vertrauensvolle<br />
Stellung auch unter den Herzögen Franz und Ulrich<br />
einnahm. 64) Herzog Johann Friedrich war im Jahre 1600<br />
gestorben und Casimir hatte selbst ihm in Stettin das Grab-<br />
6l) Schon 1599 am 26. Ottober war Casimir im Kloster Altenstadt.<br />
Ob er damals der Jagd obgelegen habe im Siederlande und<br />
in Bork, bleibt dahingestellt. Er hatte eine Brücke über die Persante<br />
schlagen lassen und die Colberger muthmaßten neue Eingriffe in ihre<br />
städtischen Rechte. Niemann Seite 337.<br />
b") Riemann a. a. O. Seite 350; denselben Scherz erlaubte sich<br />
Herzog Wilhelm von Cleve 1573 in Königsberg. Baczko, <strong>Geschichte</strong><br />
Preußens IV, Seite 408.<br />
N) Riemann Seite 353.<br />
84) Riemann Seite 476. Sonst ist noch zu erwähnen, daß Casimir<br />
1599 der Stadt Cöslin einen vierten Viehmarkt erlaubt. (Urkunde<br />
im städtischen Archiv).
Caminer Bischöfe. 29<br />
geleite* gegeben. ^') Die Bestimmung des Iasenitzcr Vertrages<br />
ergab mm, daß Casimir in das Fürstenthum Rügenwalde, das<br />
bis dahin Barnim der Jüngere, der jetzige Herzog in Stettin,<br />
inne gehabt hatte, sucecdirte. Doch verzögerte sich die Niederlegnng<br />
seiner bischöflichen Regierung, wie wir ans den obigen<br />
Ansührnngen ersehen haben, bis in das Jahr 1602.^) Da<br />
erst trat er nach 28jährigcr Regierung vom Visthnm Znrück<br />
und begab sich nach Rügenwalde. Die letzten drei Jahre seines<br />
Lebens brachte Herzog Casimir meistens in Neuhausen zu,<br />
eiuem am Strande gelegenen Hanse, wo er seiner Lieblingsneigung,<br />
der Fischerei, ungestört nachgehen konnte.^)<br />
Dort ist er am 10. Mai 1605 verstorben. Er hätte<br />
eigentlich, als 1603 sein Bruder Barnim starb, in Stettin die<br />
Regiernng übernehmen sollen, doch fühlte er sich schon so krank<br />
und schwach, daß er gerne Verzicht leistete. Aus den letzten<br />
Zeiten seines Lebens werden noch einige Züge von Blutdurst<br />
erwähnt. Er ließ nämlich Titus Götzkc, den Haupträdelsführer<br />
in jenem Colbergcr Aufruhr, den er persönlich herbeieilend<br />
vergeblich zn dämpfen gesncht hatte, heimlich greifen, zu sich<br />
uach Rügeuwaldc bringen und nach schweren Martern enthaupten.^)<br />
Ebenso wurde auf seinen Befehl sein früherer<br />
Günstling, Joachim Damitz, der zur Zeit des Klostcrstreites<br />
fast den Tyrannen Colbcrgs gespielt hatte, zn Vütow an einen<br />
hohen Galgen gehängt.^) Das Bild, das wir von diesem<br />
N) Fricdeborn Seite 165.<br />
N) Micrälins unrichtig schon zmn Jahre 1600, Varthold a. a. O.<br />
Seite 441 richtig.<br />
") Fricdcborn 111, Seite 38. „Er hat im" Fischerlichen Habit<br />
beides zn Winter und Sommerzeit selbst Hand mit angeschlagen, nnd<br />
mehr denn der Fischer einer oft in großer Kälte schwere Arbeit gethan."<br />
^) Nicmann Seite 35)9. Der Fürst sagte: willkommen Colber-<br />
gcr Hauptmann, loser Schelm-, wenn Dn gleich einen Hals hättest,<br />
so dick als der Thnrin, soll er doch herunter. Götzt'e antwortete: lie-<br />
ber Fürst, hast Dn nicht genng am Kopfe, so schere den Vart dazn<br />
(ans die Vartschnr 1601 anspielend).<br />
n) MicrälmZ IV, Seite 401.
30 Cöslin und die letzten<br />
Fürsten erhalten, ist kein sehr erfreuliches. Geselligkeit und<br />
Eifer in kirchlichen Dingen werden ihm nachgerühmt; daneben<br />
aber zeigt seine Regicrnng unverkennbare Züge eines willkürlichen,<br />
grausamen und leichtsinnig wirthschaftenden Regenten.<br />
Seine Unmäßigkeit und sein unordentliches Leben ^) zogen ihm<br />
ein frühes Siechthum zu, und so mochte er sich, wie schon<br />
seine Erziehung eine vernachlässigte gewesen war, am allerwenigsten<br />
unter seinen Brüdern zum Bischof geeignet haben, da<br />
diese Würde, trotz ihrer ganz veränderten Aufgabe, eiueu gewissen<br />
Ernst des Auftreteus nnd eine Pflege der geistigen Interessen<br />
gebieterisch verlangte.^)<br />
Wir kommen jetzt zu der Regierung des Bischofs Franz,<br />
des Fürsten, der ohne Unterbrechung die längste Zeit in Cöslin<br />
residirt hat. Mit dem beginnenden XVII. Jahrhundert<br />
tritt die letzte Generation des <strong>für</strong>stlichen Greifcnstammcs in<br />
Wirksamkeit. Der eine der fünf Söhne Philipps I., Bogis-<br />
- lav, Herzog in Barth, hatte wiederum fünf Söhne, die in dem<br />
ersten Drittel dieses Jahrhunderts eine fröhlich aufblühende,<br />
leider aber schnell welkende Thätigkeit entfalten. Der zweite<br />
Sohn Bogislavs, Franz, war zur Nachfolge im Bisthum bestimmt.<br />
Schon während der Regierungszeit Casimirs wurden<br />
von Bogislav die nöthigen Schritte gethan, um seinem Sohne<br />
die Nachfolge zu sichern. Casimir in feinem siechen Zustande<br />
nnd mehr und mehr mit den Ständen und Colberg zerfallen,<br />
sehnte sich aus dem Visthum hiuweg uud ließ sich 1598 seiueu<br />
Neffen Franz als Nachfolger Postuliren. ^) Franz, geboren<br />
24. März 1577, hatte von seinem Vater eine sehr sorg-<br />
hi Vgl. Batthold a, a. O. Seite 394, 433 und 444.<br />
9') So wurde von Casimir anch das Ehrenamt eines Kanzlers<br />
der Universität Greifswald schnöde vernachlässigt. Varthold a. a. O.<br />
Seite 393. Eine Characteristik des Fürsten hat übrigens Joachim von<br />
Wedell in seiner Chronik gegeben (abgedruckt in Dä'hnert, <strong>Pommersche</strong><br />
Bibliothek II, Seite 354 ff).<br />
92) Barthold Seite 437 nach ^1. (vkonmitii I'mnoi-auic^. Dagegen<br />
sagt Micrälius IV, Seite 13, daß Franz schon im Jahre 1592<br />
znm Visthum als Coadjntor Postuliret sei.
Caminer Bischöfe. 31<br />
fältige Erziehung erhalten. Bogislav hatte sich überhaupt<br />
während seiner 34jährigen Regierung im Herzogthume Barth als<br />
einer der trefflichsten Fürsten gezeigt. Die Bnchdrnckcrci in Barth<br />
selbst, die Gründung von Franzburg als eines Kleinvenedigs<br />
in Bezug auf Handel nnd Industrie geben davon rühmliches<br />
Zeugniß. Nnd so hatte er auch <strong>für</strong> seine Söhne als Fürst<br />
nnd Vater gleich trefflich gesorgt. Martinus Marstaller leitete<br />
in Barth den Unterricht, namentlich der beiden ältesten<br />
Söhne Philipp und Franz. ^) Dann mußte sich der junge<br />
Herzog Franz auf Reisen begeben, um höfische Art und Sitte<br />
kennen zu lernen. Eine große Reise bis nach Wien, Ungarn<br />
und Italien, sowie kleinere Entsendungen an die benachbarten<br />
Höfe, um Hochzeiten oder andern Festlichkeiten dort beiznwohnen,<br />
bildeten den jungen Fürsten, dessen Sinn schon ohnedies<br />
mit Vorliebe ritterlichen Nebungen zugewaudt war, ungemein.<br />
Die Zeit, die er in Pommern weilte, brachte er znmeist an<br />
dem Stcttincr Hose seiner Oheime Johann Friedrich und Barnim<br />
zn uud bekam Einsicht in das politische Getriebe. ^)<br />
Nachdem dann Casimir sich von dem Visthum Zurückgezogen<br />
hatte, wurde Franz, loie er schon vorher zum Coadjutor Postulirt<br />
war, am 15. September 1602 „erwählet und installirct."^)<br />
Mierälius berichtet dann weiter, daß Franz „die<br />
Residenz in Cöslin alsfort begriffen" nnd zwar hat der Bischof<br />
nach seinem Regierungsantritt ungefähr 1^/2 Jahr lang in<br />
Cöslin residirt bis in den Maimonat 1604. So wie seine<br />
Vorgänger der Residenzstadt emen Schmuck gegeben hatten<br />
durch das zierliche Schloß, so begauu Franz neben demselben<br />
an der Stätte der alten Klosterkirche den Bau der Schloßkirche.<br />
Doch ist der Ban sehr langsam vor sich gegangen, so<br />
daß erst im Jahre 1609 die feierliche Einweihung erfolgen<br />
konnte. 9") Unf kürzere Zeit wird jedoch der Herzog auch in<br />
l Barthold a. a. O. Seite 420.<br />
Micrälms IV, Seite 13.<br />
Ebenda.<br />
Haken Seite 187.
32 Cöslin und die letzten<br />
diesen 1^/2 Jahren von Cöslin abwesend gewesen sein; so<br />
steht in einem <strong>für</strong>stlichen Reverse über Holz, das die Stadt<br />
Cöslin geliefert hat, vom 26. Juni 1603 „daß wir alhie uf<br />
unserm Hause Cößlin Zeit unseres AbWesens etwas zu<br />
bawen und kegen anstehendich Wynter anzurichten gnediglich<br />
angeordnet haben." Als dann am 1. September dieses Jah-<br />
res Herzog Barnim in Stettin starb, versäumte Franz nicht<br />
zusammt seinen Brüdern dem feierlichen Leichenbegängniß am<br />
18. October beizuwohnen. Hinter dem Sarge gingen Bogis-<br />
lav, der nun die Regierung übernahm, und feine Söhne, letz-<br />
tere durchaus nicht, wie Joachim von Wedel! bemerkt,^) mit<br />
sehr leidtragenden Mienen. Denn <strong>für</strong> die jungen Fürsten be-<br />
deutete der Tod Barnims einen großen Umschwung in den<br />
Glücksverhältnisfen, da jetzt ihr Vater die Regierung der Haupt-<br />
linie übernahm. Im Jahre 1604 ließ sich Bischof Franz end-<br />
lich die lange aufgeschobene Huldigung in den stiftischen Städten<br />
abstatten. Grund zu dieser Verzögerung hatte wohl der Um-<br />
stand gegeben, daß Franz die von Casimir überkommenen<br />
Zwistigkeiten mit der Stadt Colberg erst zum Austrag bringen<br />
mußte. Zunächst war er mit aller Strenge gegen Colberg<br />
eingeschritten. Tausend Thaler Buße wurden auferlegt und dem<br />
Bürgermeister, Jürgen von Braunschweig, die Bestätigung verwei-<br />
gert. Colberg lehnte daher trotzig die Huldigung ab. Herzog<br />
Philipp mußte vermitteln und erst am 7. März konnte Franz<br />
zur Huldigungsfeier in Colberg erscheinen. ^) Dem mit gro-<br />
ßem Gefolge einziehenden Bischof eilte die Bürgerschaft mit<br />
drei Fahnen entgegen und empfing ihn mit Geschützdonner und<br />
feierlichen Anreden. Auf dem Rathhaus wurde der Fürst meh-<br />
rere Tage festlich bewirthet und am 11. März leistete Rath<br />
und Bürgerfchaft die Huldigung. Dann ist auch von den<br />
andern Städten die Huldigung erfolgt. Am 30. April ist die<br />
Privilegiumsurkunde <strong>für</strong> Cöslin, am 6. Mai die <strong>für</strong> Bublitz<br />
ausgefertigt. ^)<br />
") Vgl. Dähnert, Pomm. Vibl. II, Seite 134.<br />
96) Riemann a. a. O. Seite 357.<br />
n) Die Vublitzer Urkunde Rango orix. ?om. Seite 208. Erst
Cammer Bischöfe. 33<br />
Vielleicht haben den Bischof anf der Hnldigniigsreise fremde<br />
Fürsten begleitet, jedenfalls hat er im Frühjahr Besuch in Cöslin<br />
von Herzog Christian von Holstein gehabt. ^) Bei diesem<br />
Vesnche mnß es recht wüst zugegangen sein nnd macht der<br />
Brief Christians, den er unmittelbar nach seinem Besuche an<br />
Franz schreibt, einen wenig erbaulichen Eindruck. Der Aufang<br />
des zotenhaften Schreibens lantet: Unsern Grus Hertzlieber<br />
Bruder, ich thu mich wegeu der gutthc geleste Ocsellschaf und<br />
der gutheu Rcufche kegcu Dir gans freuudtlich bedankeu undt<br />
freundliche Bitte, mein Bruder wolle meine groben Scherdtz<br />
zu Gutthe haltcu u. f. lv. Bischof Franz antwortet in einer<br />
maßvollen Weise. Unter andcrm schreibt er „daß E. L. sich<br />
gegen uns der beschenn Traetation so hochlich bedanket wehre<br />
unvonnöthen gewesen, sintemal dieselbe nicht dergestaldt, wie sie<br />
billig hette sein sollen uud wir E. L. gerne gegönnt beschaffen,<br />
so erachten wir anch die vorgcwandte Entschuldigung des Schcrtzens<br />
halben ein Neberfluß zn sein, in maßen nicht furgelaufeu,<br />
fo uus widerlich uud nicht lieb gewesen werc. Bitten<br />
dcrowegen iii geringer geleisteter <strong>Gesellschaft</strong> den Willen <strong>für</strong><br />
die Werck zu uehmeu uiid loas uuseres Theils beschen, lins<br />
gleichfalls zu Gnte zu halten." Den Herzog ladt er übrigeus<br />
ein, sciucu Besuch zii wiederholeu; doch kann wohl uur voni<br />
nächsteii Jahre die Rede seiu, dcuu im Mouat Mai liutcrnimmt<br />
Bischof Frauz wiederum eiue größere Reise, die ihn die größte<br />
Zeit des Jahres von Cöslin fernhält. Das Reiseziel war diesmal<br />
Curlaud uud ist Franz bis nach Riga hinaufgezogen. ^)<br />
Zur Wiuterszcit muß er wiederum iu fein Nisihum zurückgekehrt<br />
seiu. Zii den winterlichen Belustigungen des Fürsten<br />
gehörte die Jagd und zwar wählte er sich mit Vorliebe Pribberuow,<br />
eiue bischöfliche Euttavc in der Nähe des Haffes, zum<br />
Tummelplätze. Aus Pribbcrnow datirt ein interessanter Brief<br />
am 23. Januar IW'i ist das Privileg <strong>für</strong> Cörliu ausgestellt. Vgl.<br />
Brüggemann unter Cörliu.<br />
'(") Baltische Studien II, 2, Seite 173.<br />
^i) Micrälius a a. O. Seite 13.<br />
3
34 Cöslin und die letzten<br />
Franzens vom 8. December 1604 „an Herzog Philipp ^)<br />
von wegen des Chronici: Diesem nach wird sich E. L. freuudtlicher<br />
erinnern, daß uns hiebevor das Chromkon, so dieselben<br />
von Wolgast bekommen, eine Zeitlang zu leyen bruderlichen<br />
zugesaggt. Bitten derwegen, daß E. L. unns dasselbe<br />
bei Erster Gelegenheit zuschicken, wan wir nun E. L. itzo aufs<br />
der nehe uud bei itziger jagt woll etwas Zeit, das wirs durchblettern<br />
und cursorie durchlesen könnten u. s. w. ^)<br />
Die Wintermonate des Jahres 1605 hat dann Franz in<br />
Cöslin und Casimirsburg zugebracht, wie dies die Urkunden<br />
ergeben. ^) Um 5. April war die Huldigung Herzog Bogislavs<br />
in Stettin. Bei dem feierlichen Aufritt durch die Straßen<br />
begleiteten den Vater seine Söhne und unter ihnen anch<br />
Bischof Franz, der von seinem Bisthum nach Stettin gekommen<br />
war. ^) Wer hätte damals glauben sollen, daß schon<br />
nach einem Jahre der Tod den trefflichen Fürsten Bogislav,<br />
der jetzt inmitten seiner Söhne zufrieden und glücklich die Huldigungsfeierlichkeiten<br />
entgegennahm, dahinraffen würde? Und<br />
doch war es so! Wiederum eilten die Söhne, so auch Franz,<br />
nach Stettin, um dem Vater am 9. April 1606 die letzte<br />
Ehre zu gebeu. ^) Oleich damals vereinbarten die fünf hinterlassenen<br />
Söhne des Herzogs einen gemeinsamen Tag zur<br />
'02) Philipp II.<br />
'N) Böhmers Ausgabe Kantzows, Vorrede Seite 128. Die erwähnte<br />
Chronik ist die sogenannte Klemtzensche.<br />
in) 22. Februar: Cöslin, Bitte um fünfzig Fuder Strauchwerk-,<br />
26. Februar: die Bitte von Casimirsburg wiederholt; 28. Februar:<br />
Nochmaliges Schreiben des bischöflichen Beamten Caspar Kameke.<br />
'65) Friedeborn III, Seite 39. Von Stettin ging die feierliche<br />
Hnldigungsreise durch die Städte des östlichen Pommerns bis Lauenburg.<br />
Von dort machte Bogislav einen Abstecher nach Danzig. Gewiß<br />
hat Bischof Franz, wie die übrigen <strong>für</strong>stlichen Verwandten, den<br />
Herzog auf dieser Reise begleitet. Barthold IV, 2, Seite 446—447.<br />
'"6) Barthold a. a. O. Seite 456 erwähnt Franz mit dem Zusatz:<br />
kürzlich von seiner nordischen Reise zurückgekehrt, der Bischof<br />
weilte aber bereits seit I V2 Jahren in seinem Visthum.
Caminer Bischöfe. 35<br />
endgiltigen Theilnng des Erbes. Bischof Franz wird also nach<br />
Cö'slin zunächst zurückgekehrt scin^) und am 25. August erschicu<br />
er iu Stettin zur festgesetzten Zeit mit einen: stattlichen<br />
Gefolge <strong>für</strong>stlicher Näthc. ^) Die Verhandlungen machten<br />
viel Schwierigkeit. Bischof Franz hatte im Hinblick auf die<br />
zu erwartende Erbschaft das glänzende Kriegsamt, das ihm<br />
der König von Schweden antrug, nämlich die Veftalluug zum<br />
Obersten über 3000 Manu zu Fuß uud 1000 Pferde ausgeschlagen<br />
'"9) ^d erhob Einsprnch gegen den Regierungsantritt<br />
seines älteren Bruders Philipp. "") Die Nntcrhandluugen zogen<br />
sich bis zum 2. Octobcr hiu; da wurde vorläufig ein Interimsvergleich<br />
geschlossen, wouach Bischof Franz aus der Erbschaft<br />
das Amt Vütow erhielt, Philipp als der älteste im Herzogthum<br />
Stettin suceedirte, die andern Brüder mit Rügenwalde<br />
oder einer Apanage abgefunden wurden. Zum Andenken dieses<br />
endlichen Ausgleichs wurde ein „Güldcpfcnnig" geschlagen<br />
mit der Inschrift: un^. 8a1u8 I^ti'iiio ir^truN ^onooidi^<br />
") Dicfen Pfennig trugeu die Brüder stets pro<br />
ot> 8ÌAU0 li'3.t6i'ui H1N01'18. "") Iu deu Wintcrmonaten<br />
scheint Bischof Franz wieder dem Vergnügen der Jagd<br />
obgelegen zn haben und zwar wurde Pribbernow von ihm<br />
aufgesucht. Wir besitzeu eiue von ihm ausgestellte Urkunde:<br />
15. December Pribbernow, worin der Herzog einwilligt, daß<br />
Andres Vulgriu „zu Wussekcn erbsessen" <strong>für</strong> 500 vom Rath<br />
w
36 Cöslin und die letzten<br />
zu Cöslin entliehene Gulden seinen Hof zu Wusseken vcrpfäu<br />
det „den uns gcbuercndeu Nuß und Mandiensten ohne schaden."<br />
Franz hat also auf den Jagden in Pribbcrnow nicht allein<br />
zur Lccture interessanter Chroniken, sondern auch zur Bestätigung<br />
von Hypothekenbriefen und Abwickelung von Amtsgeschäften<br />
Zeit gefunden; er muß also wohl seinen Seeretair immer<br />
um sich gehabt habcu. ^^)<br />
Das Jahr 1607 brachte uach den trüben Familicncreignissen<br />
der letzten Zeiten ein fröhliches Fest, die Hochzeit des<br />
jetzt ältesten Pommern-Herzogs Philipp II. In Stettin wurde<br />
am 10. März unter zahlreicher Betheiligung <strong>für</strong>stlicher Verwandten<br />
nnd fremder Gesandtschaften die Hochzeit gefeiert:<br />
anch Bischof Franz fehlte nicht uuter dcu Gästen. Das Geräusch<br />
und die Pracht des Festes mag dem verwöhnten Fürsten<br />
die nicht allzu glänzende Residenz seines Bisthnms znnächst<br />
etwas verleidet uud die Sehnsucht nach fremden Höfen erweckt<br />
haben ; denn in: Monat Juni "^) unternahm der Bischof wiederum<br />
eine große Reise. Er ordnete die Verhältnisse des Stiftes<br />
<strong>für</strong> die Zeit seiuer Abwesenheit, übertrug seinem Brudcr<br />
Philipp die Oberaufsicht und zog danu mit ansehnlichem Gefolge<br />
durch die deutfchen nud romanischen Länder bis nach<br />
Schottland hinauf. ^^) Ob diese Reise, die sich über viele<br />
Läuder erstreckte und jedenfalls nicht in knrzem Zeitraum abzumachen<br />
war, eine ebensolange Daner gehabt hat, wie die<br />
später unternommenen Reisen seiner jüngeren Brüder Georg<br />
uud Ulrich, die au zwei Jahre von Pommern abwesend blie-<br />
"3) Die Urkunde ist im städtischen Archiv. Franz hat sein „Daum-ftittschafft"<br />
angehängt. Ans dem Jahre 1606 ist noch zu erwähnen,<br />
daß das Schloßamt protcstirt gegcn Anlage einer nenen Mi'chle zn<br />
Cöslin. Halen Gesch. von Cöslin, Seite 95.<br />
'^) Micrälins a. a. O. Seite 14: vorher Aufenthalt in Casimirsbnrg:<br />
Urkunde vom 5. Mai 160? wegen der Anlage eines Noß'<br />
gartens daselbst.<br />
'^') Als Begleiter werden von Micrälins namhaft geinacht!<br />
Georg von Wedel, Henning Velow, Matzk'e Vork, Hennig Milocnitz,<br />
Peter Putl'amer u. s. w.
Caminer Bischöfe. 37<br />
ben, läßt sich nicht geuau feststellen, "") doch scheint der Bischof<br />
dem Landtage zu Colberg wiederum beigewohnt und den Abschied<br />
vom 10. Oetober 1608 selbst unterzeichnet zn haben. ^)<br />
Vom Jahre 1009 beginnt dann eine rnhigcre und hänslichere<br />
Periode in dein Leben des Bischofs, der jetzt ein Alter von<br />
32 Jahren erreicht hatte.<br />
Viel trug auch dazu bei, daß durch Vollendung der Cösliner<br />
Schloßkirche jetzt allen Anforderungen einer <strong>für</strong>stlichen<br />
Residenz genügt war. Am Johannistage 1609 wnrde die<br />
ans der alten Klosterkirche neu erstandene Schloßkirche, die jetzt<br />
znr heiligen Dreieinigkeit benannt war, feierlich eingeweiht.<br />
Der Bischof Franz hatte die Kosten zur würdigen Herstellung<br />
des Gotteshauses nicht gcschent; ein Künstler aus den Niederlanden<br />
hatte die Kirche mit schönen Gemälden gezieret uud<br />
auch soust sehlte es uicht an prächtigem Ornat. Mag. Adam<br />
Hamel, der zugleich die Stellen eines stiftischen Superintendenten<br />
(nach dem Abgange Edlings) und eines <strong>für</strong>stlichen Hofpredigcrs<br />
(als solcher war er 1594 von Herzog Casimir berufen<br />
worden) bekleidete, hielt im Beisein vieler Fürstlichkeiten<br />
die Weiheredc. "5) Die Behaglichkeit, die jetzt dem Bischof<br />
seine Residenz Cöslin zu bereiten aufiug, ließ in ihm den<br />
Wnnsch aufkommen, anch eine <strong>für</strong>stliche Gemahlin in diese<br />
schmncke Residenz heimzuführen. Die wilden Innggesellengewohnheiten,<br />
namentlich das übliche Vcschcidtrinken, erregten<br />
ihm allmählig Widerwillen; charactcristisch ist in dieser Hinsicht<br />
der Brief an seine Stiefmntter Herzogin Anna, der er im<br />
Herbst 1609 schrieb: Meines Theils thue ich auch durch Gottes<br />
Güthe mich in heilsamer Befristung uoch befinden, Bin auch<br />
des Fürsatzes, auf E. G. und auderer treuherziger Leute Vor-<br />
"5) Es erisiircn Briefe „des Junker Jürgen von dem Walde"<br />
zn Vnckow nnd Zanow crbsessen an seinen lieben Bruder „Franz von<br />
dein Meere" sehr kecken Inhalts. Ledeburs Archiv XIII, 6, Seite<br />
358 ff,<br />
"?) Nan^o oi'ig'in^ I^mcr. Seite 397 nnd 330.<br />
'") Micrälins a. a. O. Seite 26, Haken Seite 187.
38 CöZlitt und die letzten<br />
warnnng, meinen Wandel forthin also anzuschicken, das ich<br />
durch eigene Verursachung, sonderlich mit dem übermäßigen<br />
Trunk mir nicht etwan aufladen oder zuziehen möge, wie dan<br />
durch Gottes Gnade ich diese Tage hero einen zimblichen Anfang<br />
dazu gemacht nnd alreits den Nutz des meßigen nüchtern<br />
Lebens im Werck erspüre. "") Die Wahl des Herzogs war<br />
auf Sophia, eiue fächsische Prinzessin aus dem Geschlechte des<br />
Kur<strong>für</strong>sten Moritz gefallen und nachdem durch vorher abgeschickte<br />
Räthe die Einigung herbeigeführt war, wnrde im Angust 1610<br />
die Hochzeit prächtig zu Dresden gefeiert. Als endlich die<br />
Feste verrauscht waren, wurde die junge Fürstin, begleitet von<br />
mehreren ihrer Verwandten, in ihr nenes Heimathland feierlich<br />
geleitet. In Stettin wurde ihr große Ehre bereitet. Die<br />
Bürgerschaft war mit Fahnen ihr entgegengezogen, leider verspätete<br />
sich der Einzng bis in den späten Abend des Herbsttages<br />
(4. Oetober), so daß trotz der überall aufgehäugten<br />
„Kienpfannen nnd Leuchten" wenig von dem festlichen Einzüge<br />
zu sehen war. Dann wnrde nach kurzer Ruhepause die Reise<br />
fortgesetzt bis Vütow, das Herzog Franz seiuer Gemahlin zum<br />
Leibgeding bestimmt hatte. ^") Wahrscheinlich residirte das<br />
junge Paar zunächst auf Schloß Vütow uud siedelte danu iu<br />
die eigentliche Residenz Cöslin über. ^) D^Z Land Pommern<br />
konnte sich damals über den Mangel an Hofhaltnngen gerade<br />
nicht beklagen. Der zahlreiche Nachwuchs Vogislav XIII. und<br />
die durch den rasch hintereinander eintretenden Tod der früheren<br />
herzoglichen Generation geschaffenen vielen Wittwensitze<br />
bedingten eine Menge größerer und kleinerer Residenzen. In<br />
Stettin residirte Philipp II., dem der nur auf Apanage gesetzte<br />
Herzog Ulrich znr Seite weilte; in Wolgast war die Hofhaltnng<br />
Philipp Julius'; in Cöslin schaltete Bischof Franz;<br />
U9) Baltische Studien II, 2, Seite 173.<br />
'N) Micrälius a. a. O. Seite 30, Friedeborn a. a. O. III, Seite 86.<br />
!2l) Das Ehepaar wurde zur Martinsgans uach Nügeiiwalde<br />
von den Herzögen Bogislav XlV. uud Georg eingeladen, v. Bülow<br />
iu Valt. Stud. XXVIII, Seite550. Brief datirt 6. Nov. Il.10, Malchow.
Caminer Bischöfe. 39<br />
in Nügenwalde lebten die beiden Briider Bogislad und Georg<br />
und wird letzterer, da er sich „in Zanow und Vuckow erbsesscn"<br />
nennt, wohl auch seine Gelüste nach einer separaten Hofhaltung<br />
gehabt haben. Dazu kamen vier Wittwensitzc, die<br />
immerhin den Glanz kleiner Höfe aufrecht zu halten suchten.<br />
Die Wittwe Ernst Lndwigs residirte in dem vorpommerschen<br />
Loitz, die Wittwe Barnims XII. in Wollin, die Wittwe Johann<br />
Friedrichs Erdmuth in Stolp und die Wittwe Bogislavs XIII.<br />
in Neustettin. Die Fürstcnsitze aus der uumittelbar früheren<br />
Zeit zu Barth und Franzburg, sowie auf Kloster Pudagla<br />
warm eingegangen; in der folgenden Zeit tauchen noch anf<br />
der Wittwcnsitz zu Treptow a. Rega und als Sitz eines mit<br />
der Caminer Probststelle versorgten Curländer Verwandten<br />
Kuckelow. Wie schou gesagt, man muß nicht annehmen, daß<br />
die Wittwensitze ein glanzloses Dasein auswiesen. Die Wittwe<br />
Ernst Ludwigs z. V. sorgte stets da<strong>für</strong>, „daß das Geld nicht<br />
im Schimmelpott verdürbe" ^) ^^ ^uch die vergnügungssüchtige<br />
Erdmnth, eine der drei nach Pommern verheiratheten<br />
Schwestern/'^) wird in Stolp die Hoflust befördert haben. ^)<br />
Dem Vifchof Franz mochte diese Nähe seiner Verwandten die<br />
eigene Residenz Cöslin sympathischer machen; denn ein fleißiges<br />
Hin- nnd Herreisen und gegenseitiges Vesucheu brachte in<br />
die Einförmigkeit Abwechselung.^") Seine Residenz hatte Franz<br />
'22) Barthold a. a. O. Seite 431 ans I. v. Wedelt.<br />
'23) Töchtern des mit siebzehn Kindern gesegneten brandeuburgischeu<br />
Kur<strong>für</strong>sten Johann Georg.<br />
'24) Die Wittwe Barnims iu Wollin mußte 1617, als sie ihr<br />
Nefse Philipp II. von Stettin mit seinem Hofstaat besuchte, 112 Personen<br />
mit 71 Pferdeu bei sich verpflegen. Hainhofers Tagebuch Seite 76.<br />
'25)16H erhält Franz von Philipp H. aus Stettin Vesnch<br />
(Micrä'lius Seite 33). 1612 Franz in Dresden zur Kiudtaufe (Micrälius<br />
Seite 42). Ende September ist er uach dem Bericht über die<br />
Lubinschc Ncisc »Baltische Etudieu XIV, 1, Seite 19) mit Bogislav<br />
und dessen jnnger Gemahlin in Colberg. Besuch von Philipp Inlins<br />
aus Wolgast in Cöslin Wicrälius Seite 42). 1613 waren Bogislav<br />
und Georg in Cöslin nnd laden dann Franz ein zur Jagd in Zwölf-
4s) Cöslin und die letzteil<br />
noch mehr zu verschönern gesucht dadnrch, daß er in: Fürstengarten<br />
ein „Lusthaus und eine Nennebahn nach dem Ringe zn<br />
lanfen" anlegte.'26) U^ch erhielt die Innkerstraße, in der die<br />
Hofjunker und Hofbedienteu ihre Wohnilng nahmen, ans jener<br />
Zeit ihren Namen. ^") Große Sorge scheinen die Fürsten damals<br />
nnd zninal das herzogliche Paar in Cöslin der Landwirthschaft<br />
zugewandt zn haben. Daß Casimir nnansgesetzt <strong>für</strong><br />
seine Landsitze sorgte, ersehen wir ans den Urkunden; desgleichen<br />
scheint anch die Herzogin Sophie, Gemahlin des Bischofs<br />
Franz, ihre ökonomischen Interessen gehabt zn haben. Sie<br />
hatte sich ein „Banwerk Softhienhoff" angelegt und in einen:<br />
eigenhändig unterzeichneten Briefe an den Nath vom 8. September<br />
1613^) hi^'t sie <strong>für</strong> dasselbe um Holz und sieben<br />
Fnder „Strewnng."<br />
Endlich lag es in dein Character der damaligen Zeit, daß<br />
die Fürsten den kirchlichen Fragen die größte Aufmerksamkeit<br />
schenkten. Bischof Franz hatte sich schön seine Schloßkirche<br />
Herrichten lassen und ebenso lag ihm am Herzen, einen tüchtigen<br />
Hofftrcdiger zu besitzen. Im Jahre 1010 hatte er aus<br />
Stettin Peter Colemann nach Cöslin bernfen; aber schon 1613<br />
mußte derselbe, weil er wegen seiner eryptoealvinistischen Neignngen<br />
dem eifrig lntherifchen Herzog nnd Hof anstößig wnrde,<br />
nach Cörlin weichen. ^) Sein Nachfolger war Johann Bütow,<br />
Hufen (August, v. Vülow a. a. O.Seite 554.). 1614 die fünf Brüder vereint<br />
in Stettin. Vgl. Winter in seiner Zuschrift an die Herzöge wegen<br />
seines Balthns „E. F. G. anitzo, weil sie beieinander sind." Znm<br />
Inni werden Franz nnd Sophie nach Nngenwalde eingeladen zum<br />
Znsammensein mit Bogislav nnd Georg, Ulrich nnd Erdmuthe aus<br />
Stolp. Dann scheinen Vogislav und Georg wieder in Cöslin gewesen<br />
zn sein; anch versprechen sie ^raiiz nach Colberg zn begleiten am<br />
17. August (v. Vnlow a. a. O. Seite 558.).<br />
'^) Haken Seite 28. Der Schloßgarten wird noch in einer<br />
städtischen Urkunde vom Iabre 1701 erwähnt; vermuthlich befand er<br />
sich vor dem Schlosse den Mnhlenbach entlang.<br />
'2?) Haken Seite 25.<br />
^) Städtische Urkunde.<br />
'-') Haken Seite 188, Micrälins Seite 32 nnd 122.
Caminer Bischöfe. 41<br />
der dem Herzog besser gefallen haben nmß, denn Franz nahm<br />
ihn 1618 mit als Hofprcdiger nach Stettin. Es steckte in<br />
diesen lchtcn Sprossen des Greifenstammes etwas von den crncstinischen<br />
„Bctsürstcn," mit denen sie ja verwandt waren. ^")<br />
Wenn anch Bischof Franz nicht wie sein Bruder Philipp II.<br />
in Stettin jeden Sonntag in einem logenartigen Stübchen in<br />
der Kirche gesessen haben wird, um dort über die Predigt zn<br />
meditiren nnd den Urtext griechisch nnd lateinisch zn vergleichen/^)<br />
so war er doch „ein großer Pricstersrennd," wie<br />
Micrälins sagt, nnd hatte seine Prediger allsonntäglich bei sich<br />
an der Tafel. ^) E^ versäumte daher anch nicht, den hundertjährigen<br />
Gedenktag des Reformationsanfanges, ähnlich wie<br />
in Stettin, wo die Festlichkeit acht Tage dauerte/^') 1017 in<br />
Cöslin glanzvoll zn feiern. ^) Für den gesteigerten Aufwand<br />
seines Hofhaltes kam ihm die immer wieder zu Tage tretende<br />
Widerspenstigkeit der Colbcrger sehr erwünscht, da die Stadt<br />
ansehnliche Strafgelder zahlen mußte. ^) U^ch ließ Herzog<br />
Franz eine Münze in Cöslin anfrichten und verhalf dadurch<br />
seiuem Ländchen zn erhöhterem Ansehen.^'') Im Jahre 1614<br />
wnrde, wie vor fünfzig Jahren dnrch den Durchzug Herzog<br />
Erichs, die Ruhe des bischöflichen Ländchens gestört durch die<br />
in Polen ansgebrochenen Zwistigkeiten. Bischos Franz sah sich<br />
genöthigt, eine Anzahl Soldaten anzuwerben, um die Grenzen<br />
seines Stiftes nnd seines Amtes Bütow zu sichern.^') Col-<br />
'N) Barthold a. a. O. Seite 454.<br />
'^') Vgl. die werthvollen Schilderungen aus dem Tagebuch Philipp<br />
Hainhosers. Baltische Stndien II, 2.<br />
^) Micrälins Seite 85.<br />
''") Barthold a. a. O. Seite 472.<br />
'") Rango Sette 124; Micrälins IV, Seite 6'>.<br />
in) Bischof Franz' Anwesenheit in Colberg im Jahre 1614.<br />
Niemann Seite Z59. Vgl. den oben erwähnten Brief Bogislavs nnd<br />
Georgs an Franz. (v. Biilow.)<br />
'^') Haken Seite 813 ans Simmerns Chronik. „Ietzo haben<br />
H. Frai^z eine Münze hiesclbst aufgerichtet, worin meist nnter Dero<br />
F. G. Gepräge Sildergroschen gepraget werden."<br />
"
42 Cöslin und die letzten<br />
berg mußte zu der aufgebotenen Aeinen Heeresmacht fünfzehn<br />
Mann stellen und diefelben einen Monat lang auf seine Kosten<br />
unterhalten. ^8) Abgesehen von dieser kriegerischen Episode<br />
führte Bischof Franz ein ruhiges, unangefochtenes Leben „auf<br />
seinem <strong>für</strong>stlichen Hause Cöslin."^) Ag machte plötzlich der<br />
Tod Philipps am 3. Februar 1618 seiner Visthumsregierung<br />
ein Ende und führte ihn nach Stettin, wo er noch zwei Jahre,<br />
bis zum 27. November 1620, „den Ort Stettin" regiert hat.<br />
Ueberfchauen wir noch einmal die Bisthumsregierung<br />
Franzens, so müssen wir doch das Urtheil Bartholds, der ihn<br />
„einen Bischof nach dem Schlage Christians von Braunschweig<br />
nennt, ^") zu hart nennen. Man wird in seiner Regierungs-<br />
zeit zwei Perioden unterscheiden müssen, die etwa durch seine<br />
Heirath geschieden sind. Namentlich in der Zweiten Periode<br />
erscheint Franz als ein sich seiner früheren Abenteuersucht und<br />
wilden Lebensweise begebender Fürst, der seinen Regierungs-<br />
geschäften unverdrossen oblag, fo daß feine Emsigkeit des Arbei-<br />
tens uud herablassende Leutseligkeit gegen die Bittsteller gerühmt<br />
wird. ^) Dem kirchlichen Eifer, den er als Bischof bewiesen<br />
-hat, steht leider die Grausamkeit, mit der er später in dem be-<br />
rüchtigten Hexenprozeß der Sidonie von Bork vorging, schroff<br />
gegenüber. Um Wissenschaft soll er sich nicht sonderlich ge-<br />
kümmert haben — hat er doch beabsichtigt, das Stettiner<br />
Pädagogium in einen Pferdestall zu verwandeln;^) ____ M^<br />
Waffen, Pferde und das Kriegshandwerk waren die Gegen-<br />
stände seiner Neigung. Immerhin hat seine Residenz Cöslin<br />
dem längeren Aufenthalte diefes Vifchofs einen großen Auf-<br />
schwung ihres materiellen Wohlstandes zu verdanken und das<br />
in) Riemann a. a. O. Seite 390. Um dies hier gleich zu er<br />
wähnen, so mußte das Stift nach der Anlage von 1557 zum Reiche<br />
6 Mann zu Roß und 28 zu Fuß stellen, was monatlich Kosten von<br />
184 si. ergab. Sell a. a. O. III, Seite 512.<br />
in) Urkunde <strong>für</strong> Anton Schlieff, Schöttgen Pommerlaud Seite 512.<br />
!") a. a. O. Seite 481.<br />
l") Nach Sell III, Seite 181.<br />
!42) Sell a. a. O.
C aminer Bischöfe. 43<br />
Gleiche läßt sich von der Regierung des nun folgenden Bischofs<br />
sagen, des letzten, der dauernd in Cöslin seinen Wohnsitz genommen<br />
hat.<br />
Ulrich, das zehnte Kind ans der ersten Ehe Bogislavs<br />
XIII. und der jüngste der fünf Brüder (ein sechster starb<br />
früh), war den 12. August 1589 geboren nnd dann zn Wolgast<br />
mit seinem Vetter Philipp Inlius erzogen worden. Der<br />
Tod seines Vaters 1606 ließ seine Brüder nnd die Landstände<br />
feste Beschlüsse über seine Zukunft fassen. Er sollte zuuächst<br />
uoch in Greifswald studiren, erhielt eine jährliche Apanage von<br />
5000 Gulden nnd ansehnliche Unterstützungen zugesichert, wenn<br />
er zum Abschluß seiuer Bildung die übliche große Reise machen<br />
würde. ^) ^^ Ai'lmä tour" trat Ulrich von Tübingen, wo<br />
er seine Universitätsstndicn fortgesetzt hatte, im Frühling 1609<br />
an, er durchreiste Italicu, Frankreich uud Spanien, sah in<br />
Paris die Ermordung Heinrichs IV. mit an nnd kehrte, nachdem<br />
er noch England uud Schottland besncht hatte, 1610 nach<br />
Stettin zurück. ^") Von jetzt lebte der apanagirte Prinz bei<br />
seinem ältesten Brnder Philipp bis zu dessen Tode im Jahre<br />
1618. Wir sind ans das genaueste von dem Leben nnd Treiben<br />
des jungen Herzogs unterrichtet durch Philipp Hainhofer,<br />
der im Jahre 1617 in geschäftlichen Angelegenheiten den Stettiner<br />
Hof besuchte, über einen Monat lang das Hofleben beobachten<br />
konnte und darüber ein ausführliches Tagebuch niederschrieb.<br />
^) Herzog Ulrich wird von Hainhofer geschildert „als<br />
ein schöner, starker, heroischer nnd höflicher, sondern auch in<br />
Ritterspielen, im Maneggiren der Pferd und in anderen exercitiis<br />
ein dapfercr, geübter Herr, gueter Waidmann und gar<br />
gewiser Schütz, fein gcstudiert, frembde Sprachen gelchrnet." ^^')<br />
Bei den üblichen Zechgelagen, wie z. V. beim Empfang von<br />
'") Barthold a. a. O. Seite 457; vorher Sell III, Seite 443.<br />
'") Barthold Seile 4M. Briefe eristircn „an den lieben Bruder<br />
Franz vom Meere" in Ledebnrs Archiv Xlll.<br />
"5) In Baltische Etndien II, 2 abgedruckt,<br />
'" a. a. O. Seite MI.
44 CöZlin und die letzten<br />
Gesandtschaften, mnßte Ulrich <strong>für</strong> seinen kränklichen Bruder<br />
das Willkommentrinken übernehmen, „was S. F. G., Wenns<br />
von nöthen that, Ziemlich stark vermochten." ^ ^e Waidmannslnst<br />
ließ den Herzog bisweilen die Morgenpredigt versäumen,<br />
was er durch Strafgelder büßen mnßte: da<strong>für</strong> war<br />
aber sein Auge auch so geübt, daß er beim Vogelschießen, an<br />
dem sich der leutselige Prinz betheiligte, oft Schützenkönig wnrde.<br />
Die Ungezwungenheit seines Verkehrs, die voll Hainhofer hoch<br />
gepriesen wird, ging sogar manchmal etwas zn weit, wie er<br />
denn aus einer Neife den garstigen Hosnarren Mitschi in sein<br />
eigenes Schlafzelt anfnahm. In allem aber, was Ulrich that,<br />
prägt sich eine liebenswürdige Fröhlichkeit aus, „der fröhliche<br />
Junker" wird er genannt und es kennzeichnet ganz sein Temperament,<br />
daß er anf dem Schlosse seiner Tante in Vollin den<br />
nm einen Verwandten trauernden Hainhofer zum „Rayen"<br />
auffordert mit der Bemerkung: anch er müsse um feinen jüngst<br />
verstorbenen Brnder Georg trauern, „aber durch clagen und<br />
trauren künden wir sie doch nit wider lebendig machen."<br />
Es war eine eigenthümliche Fügung, daß ein so „fröhlicher"<br />
Fürst die Visthumsregiernng gerade in einem Jahre<br />
übernahm, das die thränenreichste nnd nnglücklichste Periode<br />
der deutschen <strong>Geschichte</strong> einleitet. Iohanni 1618 wnrde Ulrich<br />
zum Bischof „inftallirt" nnd etwa sechs Wochen zuvor hatte<br />
sich auf dem Prager Hradschin jenes Ereigniß zugetragen, das<br />
man als den Anfang des dreißigjährigen Krieges bezeichnet.<br />
Allerdings sehen wir, daß das Elend des Krieges nur allmählich<br />
um sich griff und daß während der kurzen Negieruug<br />
Bifchof Ulrichs sich erst die Wolken am Horizont sammeln sollten,<br />
aus denen das verheerende Gewitter über Pommern später<br />
losbrach. Ulrich hatte gleichzeitig das Amt Nenstetnn bei dem<br />
Tode seines Bruders erhalten; eigentlich war nach der Erb-<br />
l") Obgleich es an dem Stettiner Hofe verhältnißmäßig solider<br />
zuging, zog das häusige Bescheidtrinken dem Süddcim'chcn doch die<br />
Krankheit des „Schwindels" zn. Herzog Ulrich verchnc ihm zum Ab:<br />
schied einen Becher „ohn ain Boden". A. a. O. Seite 130.
Caminer Bischöfe. 45<br />
einignng von 1N06 ihm Nütow und schon früher Vukow, das<br />
Vefitzthum seines verstorbenen Bruders Georg, zugefallen; aber<br />
es wurde jetzt dieser Tausch beliebt, ^) sy ^ß Ulrich die beiden<br />
Residenzen Cöslin und Nenstcttin zur Hofhaltilng erhielt.<br />
Als ob der Wechsel in seiner Lebensstelluug den Herzog Ulrich<br />
anch in seiner Lanne und Gutmüthigkcit verwandelt hätte, sehen<br />
wir den Bischof gleich in den ersten Zeiten seiner Regierung<br />
harte und strenge Maßregeln treffen. In Colberg war als<br />
Ausgang anhaltenderer Vürgernnruhen cudlich ucben den aristokratischen<br />
Rath ein demokratischer „Ansschuß" als Regierungsbehörde<br />
gesetzt worden. Obschon Bischof Franz Zu dieser Neuerung<br />
seine Zustimmung gegeben hatte, citirtc doch Ulrich die<br />
Häupter des Ausschusses zu sich nach Cöslin, wars die arglosen<br />
Männer in ein hartes Gefängniß und erst nach landesherrlicher<br />
Anfhebnng des Ausschusses wurden sie wieder nach Colberg<br />
entlassen. ^) Ucberhaupt erkennt man den Junker Ulrich<br />
gar nicht wieder: er erließ strenge Polizeivorschristen gegen<br />
den Lnxns nnd die Schwelgerei — solche landesherrliche Verbote<br />
sind damals öfters von den Herzögen erlafsen worden^")<br />
— und suchte so dem übermäßigen Auswaud seiner Unterthanen<br />
in Kleidnng und Schmanscreicn zu steuern. ^) Was<br />
allerdings den Hof anbetrifft, fo scheint der Glanz und die<br />
Pracht desselben im Gegentheil unter Ulrich ihren Höhestand<br />
erreicht zn haben. Es ist nns nämlich eine genaue Bcrechnnng<br />
der Hnldiguugsunkosten <strong>für</strong> die Stadt Colberg erhalten, ^")<br />
nnd können wir aus dem Verzeichuiß uusere Schlüsse auf die<br />
^) Die Mutter Ulrichs, die als Wittwe dort Hof hielt, war<br />
verstorben.<br />
!") Niemanu Seite 361 vernrtheilt diesen Schritt Ulrichs: „wie<br />
oic meisten seiner geschlechtsverwandten Vorgänger im Stifte, ohne<br />
schöpferische Kraft, ohne politische Gedanken, dnldete er nicht einmal,<br />
daß die erste Stadt seiner Herrschaft von innen heraus Heilung ihrer<br />
Schäden snchte n. s. w." Vgl. Nango a. a. O. Seite 125.<br />
lN) Varthold Seite 379, 401 nnd 459.<br />
'5') Nango Seite 125.<br />
'N) Vgl. Niemann Seite 371.
46 Cöslin und die letzten<br />
Zusammensetzung der Cösliner Hofhaltung macheu. Colbcrg<br />
mußte zunächst dem Bischof Ulrich als Huldiguugsgcld zahlen<br />
3555 fl. 17 gr. 14 Pf. Dazu kamen:<br />
Ein vergoldeter Pokal mit hundert Dnkatcn, eine Last<br />
Hafer, zwei fette Ochsen, zehn Schock Neunaugen, eine Ohm<br />
Wein, fünf frische Lachse; Geldgeschenke dem Stiftsvogt Anton<br />
von Bonin, dem Kämmerer Franz Bohne, dem Kanzler Andres<br />
Bnlgrin, dem Obermarfchall, dem Protonotarins, dem Kellermeister,<br />
Küchenschreiber, dem <strong>für</strong>stlichen Silberknecht, dem <strong>für</strong>stlichen<br />
Koch (auf dem Markte war die <strong>für</strong>stliche Küche erbaut<br />
worden!), den Trommeteru, Instrumeutalisten, dem Heerpaukensch<br />
läger, dem Fourier, dem Untermarschall, dem Nentmcister<br />
u. s. w. Die Huldigungsausgaben betrugen 4737 st. 20 gr.<br />
15 Pf. und zur Bestreitung der gesammten Kosten hatte Colberg<br />
ein Kapital von 10,000 Gulden aufnehmen müssen. Man<br />
sieht, welch eine Unmasfe von Beamten, hoch und niedrig, zu<br />
einem <strong>für</strong>stlichen Hofhalte damaliger Zeit gehörte nnd das<br />
Dafein dieses zahlreichen Gefolges mnß auf Cöslius Wohlstand<br />
bedeutend eingewirkt haben. Die Festlichkeiten des Hofes sollten<br />
sich im Jahre 1619 noch steigern. Zuuächst feierte der<br />
Bischof am 7. Februar seine Hochzeit mit der trefflichen Hedwig,<br />
Prinzessin zu Vrauuschweig-Wolfenbüttel, die später lange<br />
in Neustettin ein wohlthätiges Leben geführt hat. Wiederum<br />
mußteu die Städte dem juugen Paare ihre Huldigung beweisen.<br />
Colberg kostete der Besuch des Bischofs mit seiner Gemahlin<br />
abermals 704 Gulden an Bewirthungskosten uud drei<br />
Pokale (206 Gulden). ^) Wann die Huldiguugsfeste iu Cösliu<br />
selbst erfolgt sind, können wir nicht genau angeben;^)<br />
wir wissen nur, daß alle bisherigen Feste überboten wurden<br />
durch die Aufnahme des braudcnburgifcheu Kur<strong>für</strong>sten Johann<br />
Sigismund im Inli 1019, der auf dem Rückwege von Preus;eu,<br />
wo durch den Tod Albrecht Friedrichs 1618 der Heimfall<br />
Riemcum Seite 37^.<br />
Das Stadtpnmleguim ist am ^1. März N;i9 ausgestellt.
Caminer Bischöfe. 47<br />
des Herzogtums an die brandenbnrgischc Linie der Hohenzollern<br />
erfolgt war, Cöslin Passiren mnßte. ^^) Da mögen die<br />
Cöslincr Bürger gestaunt haben über die vielen Wunderdinge<br />
nnd Sehenswürdigkeiten: wie der unbeholfene Kur<strong>für</strong>st ^) mit<br />
der liebreizenden Herzogin einen Diseurs führte; wie die Herreu<br />
des Hofes auf der Neuubahu eiu Riugclstechen veranstalteteu;<br />
wie überall die rothwcißen Vauner (die Hoffarben) wehten<br />
und die Dienerschaft gar nicht gerathen konnte, alle die<br />
Gäste zu bewirthcu uud beherbergen. Aber es war dies auch<br />
<strong>für</strong> Cöslin das letzte Ereiguiß eiuer fröhlicheren, gliicklichcren<br />
Zeit: wie bei einem Feuerwerke zum Schluß die prächtigste<br />
Garbe losgebrannt wird, um dann der tiefen Nacht Platz zu<br />
macheu, so war es auch mit Cöslins glänzender Zeit jetzt<br />
vorbei. Die Politik drängte sich in den Vordergrund; der<br />
Bischof mnßte sich, wie seine Brüder, nach Allianzen und Schützern<br />
nmsehen nnd scheint mit Polen diplomatische Bezichuugeu augeknüpft<br />
Zu habeu; ^) Musterungen der Vasallen wurdeu augcsetzt:<br />
kurzum man sah einer schweren Zeit entgegen. Und<br />
die gcängstigten Pommern wnrden in noch größeren Schrecken<br />
versetzt durch das rälhselhaft schnelle Sterben ihrer juugen<br />
Fürsten. Denn abermals im Jahre 1620 standen die Stettiner<br />
an der Todtenbahre ihres Fürsten: Herzog Franz war am<br />
27. November verstorben. Ebenso war Bischof Ulrich nnr<br />
knapp dem Tode entronnen, doch genas er aus schwerer Krankheit/^)<br />
um allerdings nur noch <strong>für</strong> kurze Zeit sich des Lebeus<br />
sreuen zu können. Der Tod seines Bruders Franz verschaffte<br />
'55) Haken Seite ^9.<br />
'A') Er war in Königsberg vom Schlage gerührt wordeu.<br />
'5?) Schöttgen und ^rcysig Nl, n. Z6l).<br />
'^) Bei Benno Seite 57 ein Inbelgedicht des Hofpredigers<br />
Scholastke ans die Genesnng des Fürsten; die Einkünfte des Hofpre-<br />
digcrs wnrden übrigens dnrch Bischof Ulrich vermehrt. Immerhin<br />
waren die evangelischen Geistlichen damals kärglich besoldet nnd in<br />
dem Armcnt'astenregister der Cösliner Maricngemeinde, das Verf. ans<br />
dein Boden des Nathhanjeö vorfand, fignriren stehend in damaliger<br />
Zeit die Armenspenden <strong>für</strong> fremde evangelische Geistliche.
48 CöZlm nnd die letzten<br />
dem Bischof die Herrschaft über Rügenwalde und fcheint er<br />
die letzte Zeit seines Lebens dort mit Vorliebe geweilt zn<br />
haben. 559) Doch verlor er seine Bisthnmsresidenz Cöslin<br />
darmn nicht aus dem Auge. Er versah die Schloßkirche mit<br />
einer schönen Orgel "") und gab dem Hofprediger, loie schon<br />
erwähnt, ein anständiges Einkommen. Auch beschäftigte ihn<br />
zuletzt die Sorge, die Preise <strong>für</strong> die Handelsgcgenstände einer<br />
festen Taxe zu unterwerfen; leider hinderte der Tod ihn an<br />
der Ausführung dicfer gesetzgeberischen Maßregel. "") Die Be<strong>für</strong>chtnng,<br />
daß auch dieses Reis des pommerschen Herzogshanses<br />
früh absterben werde, ^) fM^ s^- HM zur Wahrheit werden.<br />
Er hatte schon immer gekränkelt, namentlich in seinem<br />
Hoflager zu Nügenwalde; dennoch war er im Sommer 1622<br />
nach Altstettin zu seinem Bruder gereist, um sich an der Jagd<br />
zu ergötzen: da überfiel ihn von neuem die Krankheit uud in<br />
Pribbernow, auf der Rückreise nach Rügenwalde, starb er im<br />
34. Jahre seines Lebens. So ist Herzog Ulrich der einzige<br />
der evangelischen Bischöfe ans dem Greifengeschlcchte, der als<br />
Bischof verstarb. Die übrigen erhielten vor ihrem Tode<br />
andere pommersche Herzogtümer, so daß sie von der Visthumsregierung<br />
zurücktraten. Es war das aber eine traurige Ehre,<br />
die den stistischeu Ständen jetzt zum ersten und letzten Male<br />
zu Theil wurde, nämlich ihren Bischof in Stettin unter feierlichem<br />
Leichengepränge in der Fürstengruft bcizufetzen. Der<br />
Cösliner Schloßpredigcr Scholastke hielt dem Entfchlafenen die<br />
Leichenrede uud schaurig prächtig und glänzend waren die Ceremonien<br />
der Bestattung; es war, als ob Pommern mit seinem<br />
no) 3. Mai 1620 (Schöttgen Pommerland Seite 507), 8. August<br />
1620 (Schöttgeu und Kreysig III, Seite 357) und 24. April 1621<br />
(Urkunde <strong>für</strong> die Gewaudschueidcr) sind uoch Urkuudeu iu Cösliu ausgestellt.<br />
27. December 1621 Mandat wegen der Eveutiuscheu Greuzstreitigkeit<br />
(Hildebraudjche Urt'uudeu) schon iu Rügeuwaldc.<br />
lw) Haken Seite 187.<br />
i6>) Rango Seite 125.<br />
162) Man hatte ihm bereits eiueu Coadjutor setzen wolleu. Sell<br />
III, Seite 445.
Caminer Bischöfe. 49<br />
stiftischen Lande den Schmerz um den beliebten und hoffnungsvollen<br />
Fürsten theilte und an den Tag legen wollte. Die Aussichten<br />
in eine düstere Zukunft ließen den Schmerz um den<br />
früh Hingeschiedenen doppelt herb erscheinen. ^)<br />
Es ist interessant, daß gerade in diesen letzten Zeiten eines<br />
selbstständigen Caminer Bisthums die Zahl der Bewerber um<br />
den Bischofstuhl sich erheblich mehrte. Die Könige von Polen<br />
und Dänemark hatten <strong>für</strong> ihre Prinzen ein Augenmerk auf<br />
das Bisthum geworfen und namentlich der erstere bemühte sich<br />
sehr energisch <strong>für</strong> seinen damals neunjährigen Sohn Carl Ferdinand<br />
um die Bischofswürde. In Rom intriguirte ein Salzburger<br />
Domherr; 164) Mx hgZ Caminer Capitel blieb dem<br />
Greifenstamme treu und entnahm von dort die Nachfolger feines<br />
Bischofs Ulrich. Es war, als wenn alle noch lebenden<br />
Sprossen des pommerschen Herzogshauses jetzt sich ihren Antheil<br />
an dem Caminer Bisthum wahren wollten. Noch bestanden<br />
die beiden Herzogslinien Stettin und Wolgast, beide<br />
aber repräsentirt durch kinderlose Herzoge; in Stettin herrschte<br />
Vogislav XIV., in Wolgast Philipp Julius. Es fand nun<br />
eine Einigung zwifchen den beiden in der Art statt, daß Bogislav<br />
als Bifchof erwählt und eingesetzt, ihm aber als Coadjutor<br />
Philipp Julius, der auch 8000 Gulden jährlich aus den<br />
Bisthumseinkünften bezog, an die Seite gestellt wird. Daneben<br />
wird dann noch dem Neffen Bogislavs, dem Sohne seiner<br />
Schwester Anna, Ernst Bogislav von Croy, die Eventualsuccession<br />
zugesichert^) Mch Bogislav wird in Cöslin<br />
wiederholt gewesen sein^); aber ein Residenzleben, wie unter<br />
seinen Vorgängern, hat Cöslin nicht mehr gesehen. Einmal<br />
war Vogislav zugleich Herzog in Stettin und gab bei der<br />
in) Micrälius Seite 93 ff. enthält eine umständliche Beschreibung<br />
der Bestattungsceremonien.<br />
^) Rango a. a. O. Seite 125.<br />
'65) Sell IH, Seite 311.<br />
'66) In v. Naumer: Die Insel Wollin, Seite 211 steht, allerdings<br />
ohne Angabe der Quelle, die Notiz: daß Bogislav sich in der letzten<br />
Zeit seines Lebens „nach Cöslin retirirt habe".<br />
4
50 Cöslin und die letzten<br />
Wahl seines Aufenthaltsortes dieser Stadt natürlich den Vorzug<br />
; dann waren die Zeiten auch mittlerweile zn ernst geworden,<br />
als daß sich rauschende Fröhlichkeit in Cöslins Mauern<br />
hätte entwickeln können ^). Interessant sind die Verwickelungen<br />
des Jahres 1629. Tie katholische Kirche suchte damals anch<br />
Camin unter dem Vorgeben, daß es ein unmittelbares<br />
Stift sei, wieder sich zuzuwenden; der König von Polen machte<br />
abermals bedeutende Anstrengnugen, nm Camin als ein<br />
katholisches Bisthnm seinem Sohne zu erwerben: doch ging<br />
diese große Gefahr <strong>für</strong> Camin nnd ganz Pommern gnädig<br />
vorüber, da der Kaiser Bogislavs Protest, daß er auf das<br />
Stift als ein mittelbares, unumstößliche Rechte habe, als<br />
gültig anerkannte. In dem nun folgenden Lärm des anch über<br />
Pommerns Gefilde sich ausbreitenden großen Religionskrieges<br />
verlieren die besonderen Schicksale und Wandelungen des Caminer<br />
Bisthnms an Interesse. Bogislav starb als der letzte<br />
männliche Sproß des Greifenstammes im Jahre 1637^).<br />
Es folgt, wie dies ja schon vorherbestimmt war, als Vischof<br />
der letzte der Reihe Ernst Vogislav, Herzog von Croy, von<br />
mütterlicher Seite ein Ablömmliug der Mnmerschcn Herzoge.<br />
Anch er muß noch in Cöslin vorübergehend residirt haben,<br />
da er in den Bublitzer Hexenprozessen eine Urknnde von Cöslin ans<br />
datirt 169). Endlich machten die westfälischen Friedensschlüsse<br />
den unsäglichen Leiden des von Kaiserlichen nud Schweden<br />
zuletzt furchtbar heimgesuchten Pommerlandes ein Ende; aber<br />
allerdings mit der Selbstständigkeit nnd landschaftlichen Znsammengehörigkeit<br />
war es vorbei: der Greifenstamm war ins Grab<br />
gesunken und, obschon der brandenbnrgische Knrstaat in Folge<br />
früherer Erbverträge als Erbe des gesammten Pommer-<br />
'6?) 23. O^ooer 1623 bestätigt Bogislav laut Urknnde das Cösliner<br />
Privileg fin Cöslin); desgleichen 25. Februar 1629 stellt er iu<br />
Cöslin Urknnde ans über dic eingelöste Obligation des Vnlgrin.<br />
lN) Philipp Inlins war schon 1625 gestorben, so daß zuletzt Bögislav<br />
XIV., wie sein Urahn Bogislav X. ganz Pommern unter seinem<br />
Scepter vereinigt hatte.<br />
'69) Benno a. a. O. Seite 56.
Caminer Bischöfe. 51<br />
landes auftrat, mußte er der Gewalt weicheu und sich mit<br />
Schweden iu deu Besitz des lvichtigen Herzogthums theilen.<br />
Zu dem an Brandenburg fallenden Stücke Pommerns gehörte<br />
auch das Bisthum Camin.<br />
So wurde Cöslm ein Landstädtchcn des kräftig aufblühenden<br />
märkischen Staates und es überschreitet die Aufgabe dieser<br />
Blätter, fciue Geschicke noch weiter zu Verfölgen. Noch heute<br />
ist die Bifchofsmütze in dem städtischen Wappen über dem Nathhause<br />
zu sehen; aber ihr gegeuilber schaut von seinem Sockel<br />
das steinerne Standbild des Hohenzollernkönigs Friedrich Wilhelm<br />
I. Die Besonderheiten der einzelnen Landestheile sind<br />
organisch hineingewachsen in das Staatsganze eines großen,<br />
ruhmvollen Reiches uud weuu auch damals mit thränenreichem<br />
Schmerze das Pommcrnvolk seinen letzten Herzog begrub, so<br />
hat es sich in deu folgcudeu Jahrhunderten gezeigt, daß aus<br />
der befruchteudeu Verbiudung und Durchdringung mit einem<br />
großen Staatsganzen dem Lande neue uugeahnte Wohlthaten<br />
in geistiger uud materieller Hinsicht zu Theil geworden sind.<br />
-
52 Anhang.<br />
Anhang.<br />
^. Bericht über 3 in Coslin befindliche Codices.<br />
I. Handschrift auf der Gymnasialbibliothek: ^. HI, 239 Folio<br />
679 Selten. Es ist ein Codex der ^uuai68 ^omei-Quilro von Valentin<br />
von Eickstedt. Vergl. Böhmer Uebersicht der allgemeinen Chroniken<br />
und <strong>Geschichte</strong>n Pommerns seit Kantzow in Baltische Studien III, 1,<br />
Seite 80 ff.<br />
Böhmer zählt dort die Codices dieser Quirles I^omei-kniaL ans<br />
und erwähnt, daß der Titel anch
Anhang. 53<br />
II. In der Gymnasialbibliothek "0) findet sich unter ^. III, 238<br />
noch ein zweiter Codex eines <strong>Pommersche</strong>u Chromkon, über den Folgendes<br />
zn berichten ist.<br />
Es ist ein Mannscript in Folio, 580 Blätter enthaltend und in<br />
gutem Vrettereinbande. Die Handschrift ist vorzüglich (aus dem beginnenden<br />
XVI. Jahrh.) uud die neben dem Texte laufenden Inhaltsangaben<br />
sind mit rother Tinte geschrieben. Der Titel lautet: Orouio^<br />
tßi'i'ÄL ?0moi-I.ui^, das ist wahrhaftige Beschreibung des Landes zu<br />
Pommern, desselben Ursprungk Sitten uud Gebreuche des Volkes und<br />
was sich zu jeder Zeit denkwürdiges verlauffen und zugetragen hat.<br />
Beschrieben im Jahre Christi 1533. Dann folgen einige lateinische<br />
Verse.<br />
Wir haben es hier mit einer Anfangs des XVI. Jahrh, gefertigten<br />
Abschrift der ?0M6ranig. zu thun, d. i. derjenigen Chronik,<br />
die lange Zeit fälschlich als die Klemptzensche Chronik gegolten hat.<br />
Vergl. Böhmers Ausgabe des Thomas Kantzow Seite 89 ff. Dort<br />
werden an 20—30 Exemplare dieser Chronik in den verschiedenen<br />
Bibliotheken aufgeführt. Der Titel ist vielfach geäudert. Am meisten<br />
scheint der Titel unseres Codex mit dem des Oelrichs .V. (Böhmer 93)<br />
übereinzustimmen, nur daß nicht Klemptzen als Autor auf dem Titel«<br />
blatt genannt ist. Es ist also dieser Codex des Cösliuer Gymnasiums<br />
dem von Böhmer gegebenen Verzeichuiß der Codices der ?0U26i'2lliI><br />
nachzutragen.<br />
Im einzelnen mögen noch folgende Notizen angeführt werden:<br />
Das III. Buch schließt iu unserem Codex, wie die ursprünglichen<br />
Handschriften der ?om6i'I.uiH mit der Erbtheilung Philipps und Barnims.<br />
Vergl. Böhmer 102.<br />
Im I. Vnch ist eine große Textlücke von Folioblatt 81 — 116.<br />
Eine neue Handschrift oben auf Seite 116 besagt: Notaudum alhier<br />
seiudt 34 Blätter verlohreu worden, welches Schade ist und man nicht<br />
wieder ein solches zu ersetzen weiß.<br />
Der Abschreiber hat entschieden Thomas Kantzow, aus dem doch<br />
hauptsächlich diese Chronik geschöpft ist, gar nicht gekannt, denn im<br />
IV. Buch ist zweimal der Irrthum, daß der Abschreiber <strong>für</strong> „Kantzows<br />
Handschrift" „Kranzii Handschrift" setzt.<br />
Wie nnn dieser Codex nach Cöslin kommt, darüber hat Verfasser<br />
zwei Muthmaßungen.<br />
Entweder ist dies die Abschrift, die Herzog Franz, der ja in Cösliu<br />
residirte, im Jahre 1604 von der kom^nii^ machen ließ, vergl.<br />
ln) Pergl. Cösliner Programm 1876, wo die Handschriften der<br />
Gymnasialbibliothek augegeben sind.
54 Anhang.<br />
Böhmer Seite 128, wo ein Brief des Herzogs abgedruckt ist. Jedenfalls<br />
ist so die Chronik nach Cöslin gekommen und vielleicht sind dann<br />
mehrere Abschriften erfolgt.<br />
Oder es ist dies der Codex Lettow, der bei der etwa vor 50 Jahren<br />
erfolgten Vernichtung der Lettowschen Bibliothek zu Broitz bei<br />
Colberg nach Cöslin gekommen ist. Damals nämlich (1823) wanderten<br />
die kostbaren Handschriften dieser Bibliothek bei Gelegenheit einer Erbtheilung<br />
in alle Winde, z. Theil in die Gewürzläden von Greifenberg<br />
und Treptow, vergl. Böhmer, Kantzow Seite 99 und Böhmer in<br />
Bali. Studien III. Seite 119. — Die beiden Manuscript-Codices der<br />
Gymnasialbibliothek haben in ihrer äußeren Ausstattung große Aehnlichkeit<br />
und dürften derselben Bibliothek entstammen.<br />
III. Auf der Schwedischen Stiftsbibliothek ist ein zweiter Codex<br />
der 5mulÜ6g I'0iu6i'ani3.6 von Val. v. Eickstedt, Folio 438 Seiten.<br />
Wenn wir auch hier das Inhaltsverzeichniß Böhmer a. a. O.<br />
vergleichen, so finden sich:<br />
acht lateinische Verse — Vöhmer's oauä. leotori.<br />
2. epistola veäioatoi'ia, eine Zuschrift an die Fürsten, stimmt mit<br />
dem 0066X F^mua8. überein.<br />
3. Vorrede an den Leser, stimmt ebenfalls überein mit eoä. F^inu.<br />
4. Kurze Beschreibung des Landes Stettin-Pommern.<br />
5. (^6U6Äl0Fia der alten Fürsten zue Rügen,<br />
ein Stammbaum auf zwei Folioseiten.<br />
6. Von etzlichen <strong>für</strong>nehmen Städten in Pommern,<br />
also blos umgestellt, s. unten.<br />
7. OdronoFlapIiill,.<br />
Dieser eigentliche Theil des Geschichtswerkes scheint kürzer zusammengefaßt,<br />
als der entsprechende des 006. F^iuu., wie dies schon die<br />
Seitenzahl ergiebt. Es macht dieser Codex mehr den trocken annalistischen<br />
Eindruck auch <strong>für</strong> die Jahre des XVI. Jahrh., während in<br />
dem coäßx FMiu. <strong>für</strong> diesen Zeitraum die Erzählung ausführlicher<br />
anschwillt. Das letzte gleiche Ereigniß erwähnen beide Codices zum<br />
Jahre 1541, wo Herzog Philipp auf dem Reichstage zu Regensburg<br />
von Kaiser Karl „mit großem geprenge seine Lehne empfangen".<br />
Während nun der 006. g^uin. weiter auf vier Seiten dürre Notizen<br />
bis z. I. 1557 anfügt nnd auf der letzten Folioseite noch 1592 den<br />
Tod Ernst Ludwigs berichtet, schließt der Cod. Schwed. gewiß mit<br />
den eigenen Worten Eickstedt's: was sonsten bei dieses löblichen freundt«<br />
liebenden frommen Fürsten Zeitten sich ferner zugetragen, achte ich<br />
allhie zu erzelen überflüssig :c. — Amen. Damit schloß wohl ur«<br />
sprünglich Eickstedt'Z Werk, vergl. Böhmer.
Anhang. 55<br />
Es folgt Fon0:lI(»L,i:l der Fürsten zu Pommern in fünf Tafeln-, dann<br />
mit der Überschrift i nn folget wider in der pommerfchen Chronica:<br />
1533 :c. annalistifche Notizen v. 1534—85 anf 27 Foliofeiten,<br />
die wohl manche werthvolle Notiz enthalten, z. V. die über die Reife<br />
Casimirs nach Italien, die Varthold IV, 2, 394 nirgend hatte erwähnt<br />
finden können.<br />
Es bleibt noch zn vergleichen der Theil: von ehlichen <strong>für</strong>nehmen<br />
Stedten :c.<br />
Die einzelnen Städtenotizen stimmen genan überein bis anf Cos»<br />
lin, wo in (x»6. ^vinii. in vier Zeilen eine ganz magere Notiz gegeben<br />
ist; während Cod. Schwed. auf zwei Folioseiten reichhaltiger berichtet.<br />
Noch zweierlei:<br />
1. Auf dem Titelblatte stehen die Namen der Eigenthümer dieses<br />
Mannscripts. 8nm Daniel Papcke, der über eine ältere Schrift<br />
(6um .... Papke .... Leuiori) dies gesetzt hatte; dann folgt<br />
ein ansradirter Name, znletzt modo I. D. Wendland, als ein<br />
Uhrenkel s^c.) des Dan. Papckens. Vielleicht hat ein Papke<br />
diesen Coder abgeschrieben. Ein Papke (allerdings Jochim)<br />
war Ende des sechzehnten Jahrh. Kämmerer in Cöslin, s. Wend«lands<br />
Handschrist. Dann war zu Eude des siebzehnten Jahrhein<br />
Gabriel Wendland Kämmerer. Vielleicht hat dieser den<br />
Coder geerbt uud schließlich ihn seinem Sohne hinterlassen-<br />
Zn beachten ist nämlich noch die Notiz Böhmer 110 Anmerk.,<br />
wonach Zwantzig nnter seinen Quellen einen Wendland aufzählt,<br />
der uach Böhmer uur ein Eickstedt Codex sein kann.<br />
Das ist gewiß uuscr Cod. Schwed., der ja Wichtiges enthält<br />
nnd der Zwantzig ft- 171lY von unseres I. D. Wendland<br />
Vater zugeschickt sein kann"'),<br />
2. Eingeheftet war der Coder in 2'/^ Bogen starken Papieres resp.<br />
Pergaments, mit alter Schrift bedeckt. Das Pergamentblatt,<br />
der Deckel, enthält liturgische Hören mit sehr alter Mönchsschrift,<br />
die I V2 Papierbogen wichtige Urknnden (anscheinend abschriftlich),<br />
welche ans der Kanzlei des Bischofs Casimir zu<br />
stammen scheinen.<br />
"l) Böhmer Kantzow Seite 96 erwähnt allerdings auch einen<br />
Codex der Pomerania (Klemptzen), dessen Eigenthümer Valentin Windlaudt<br />
gewesen ist.
». Stammtafel der letzten Herzoge von Pommern.<br />
Bogislav X. oder der Große, Herzog von ganz Pommern f 1523.<br />
Georg I. in Wolgast<br />
1- 1531<br />
Philipp I. f 1560.<br />
Ioh. Friedrich<br />
(Stettin)<br />
Bischof v. Camin<br />
1556—1574,<br />
f 1600.<br />
Philipp II. Franz<br />
1- 1618. Bisch, von<br />
Camin<br />
1602-1618,<br />
f 1620.<br />
Bogislav XIII.<br />
(Barth)<br />
f 1606.<br />
Barnim XI. in Stettin<br />
refignirt 1569,<br />
1- 1573.<br />
Bogislav XIV. Georg Ulrich<br />
B. v. Camin -j-1617. V. v. Camin<br />
1623-1637. 1618—1622.<br />
f 1637 als letzter<br />
Herz. v. Pomm.<br />
Ernst Lndwig Barnim XII. Casimir<br />
(Wolgast) (Rügenwalde) B. v. Camin<br />
f 1592. f 1603. 1574-1602,<br />
1- 1605.<br />
Anna Philipp Inlins<br />
f 1625.<br />
Ernst Bogislav,<br />
Herzog von Croy,<br />
letzter Bischof v. Camin.
Wanderung eines fahrenden Schülers<br />
durch Pommern und Mellenburg<br />
159Q.<br />
Mitgetheilt durch Di-, von Vülow, Staatsarchivar.<br />
Durch die Güte des Raths der Stadt Zittau ist mir eine<br />
Handschrift der dortigen Rathsbibliothek ^) geliehen worden, ein<br />
stattlicher Sammelband von 1677 engbeschriebenen Folioseiten,<br />
in gepreßtes braunes Leder fest gebunden und zum bei weitem<br />
größten Theil angefüllt mit den Beschreibungen von vier<br />
Reisen, welche ein Student der Theologie zu Frankfurt a. O.<br />
Namens Mich'ael Franck in den Jahren 1585—1592 von<br />
dieser seiner Vaterstadt nach Wien, nach Dänemark, durch die<br />
sächsischen Länder und endlich nach Italien unternahm. Sie<br />
führen den Titel: UiH^6iÌ8 ?rQii6Ì, vordi div. minist, in<br />
Loi'tliLdoi'ü' vita, 6t itiiier^ ^n^tuoi' por v^ria^ UnroMN<br />
1'6ZÌ0I168 6t ^1'0VÌQ6ÌH8 in8titutH. Der Verfasser gehörte<br />
einer frankfurter Bürgerfamilie an und war am 30. Januar<br />
1569 zu Tzschetzschnow,2) wo sein Vater nach in Dürftigkeit<br />
verlebter Studienzeit Pfarrer geworden war, geboren. Seit<br />
1584 unter die Studirenden der Universität Frankfurt aufgenommen,<br />
war seines Bleibens daselbst nicht lang, denn schon<br />
im folgenden Jahre brach die Pest dort aus, die „Bursche"<br />
zerstreuten sich, Franck eilte auf das nahe Pfarrdorf seines<br />
Vaters und beschloß, auch nach Wiedereröffnung der Universität<br />
I-. didl. 86UHt. 2itt. 31.<br />
Dorf, eine halbe Meile südwestlich von Frankfurt.
58 v. Vülow, Wanderung<br />
nicht alsbald dorthin Zurückzukehren, sondern ans Reisen zn<br />
gehen. Tic vier Reisen folgen sich ziemlich dicht auf einander.<br />
3)<br />
Wir haben in Michael Franck einen jener fahrenden<br />
Schüler vor uns, die im Mittelalter nnd noch bis weit in<br />
die Nenzeit hinein von einer Hochschule zur andern wanderten,<br />
uni zu den Füßen berühmter Meister die Tiefen der Wissenschaft<br />
sich erschließen Zu lassen, <strong>für</strong> welches verdienstliche Werk<br />
die wandernden Musensöhne überall, wo die Gelegenheit sich<br />
bot, neben Speis und Trank noch einen Zehrpfennig zur<br />
Unterstützung sich erbaten. Etwas Anstößiges wurde darin<br />
nicht gefunden, ja manche Bettlerordnung, wie die nürnberger<br />
von 1478 und die Würzburger von 1490, erlaubte den fahrenden<br />
Schülern das Almosenbetteln geradezu, weun sie nur<br />
dabei die Schule fleißig besuchten. ^) Dieses privilegirte Betteln<br />
der fahrenden Schüler oder Vaganten, eine Bezeichnung, aus<br />
dem durch Corrumpirung der allgemeine übliche Ausdruck<br />
Bach anten entstanden ist, wurde freilich gerade von denjenigen<br />
unter ihnen am meisten geübt, denen au der geistigen<br />
Nahrung am wenigsten gelegen war, uud so sehen wir denn<br />
Schaaren verdorbener Studenten von einer Stadt Zur andern<br />
ziehen, hie und da selbst noch im Maunesalter eine Schule<br />
besuchend und den Lebensunterhalt in den Häusern bemittelter<br />
Bürger durch Beaufsichtigung des häuslichen Fleißes der Kinder<br />
sich erwerbend. Aller heilsamen Zucht längst entwachsen, war<br />
ihres Bleibens selten lang, meist knüpften sich au ihren Aufenthalt<br />
Secuen der ärgsten Zügellosigteit^), uud wurde ihnen<br />
der Boden zu heiß, so griffen sie zum Wanderstabe, um anderwärts<br />
das alte Spiel von neuem zu beginnen. Hat auch die<br />
2) Vgl. den gleichnamigen Vortrag von Knothe im Neuen Lansitzer<br />
Magazin, Band 44 (1868, Görlitz) Seite 187 ff., der im Fol«<br />
genden benutzt worden ist.<br />
4) Kriegk, Deutsches Vürgerthmn im Mitteltaler. Nene Folge<br />
S. 101.<br />
2) Staatsarchiv zu Stettin: Klagen des Schulmeisters Rolevinck<br />
in Stolp 1590: Stett. Arch. r. 1. Tit. 118 No. 15.
eines fahrenden Schülers. 59<br />
Reformation dem Bachantenthum den Charakter des Wüsten,<br />
Rohen und Unsittlichen znm größeren Theil abgestreift, so gab<br />
es doch immer noch arme Studenten, die von deutscher<br />
Wanderlust getrieben, fremde Länder und Menschen zu sehen<br />
verlangten. Ein solcher war Michael Franck, und da es ihm<br />
darum zu thun war, daß auch andere, die solche Reisen nicht<br />
gemacht, doch erfahren möchten, „bey welchen Völkern ich gewesen,<br />
uud wie derselbigen Sitten, Leben und Waudel sei," so<br />
verzeichuet er nach glücklich vollbrachter Reise das Erlebte getreulich.<br />
Als Einleitung schickte er, nachdem er „<strong>für</strong> seine lieben<br />
Eltern, Kinder und gntcn Freunde" den Ursprung der<br />
Familie direkt vom König Priamus hergeleitet hatte, eine Beschreibung<br />
Polens uud der Mark Brandenburg im Allgemeinen<br />
uud der Stadt Frankfurt im Besonderen voraus.<br />
Wir dürfen an dicfe Reifebcschreibungcn keinen zu hohen<br />
Maaßstab anlegen, und Unrecht wäre es, sie mit dem berühmten<br />
Reisetagebnch des augsburger Kunstkenners Philipp<br />
Hainhofer vergleichen zu wollen. Dieser hatte, als er dreißig<br />
Jahre später als Gast des Herzogs Philipp II. in Pommern<br />
weilte, eine ungleich günstigere Gelegenheit, alles nnr irgend<br />
Merkwürdige zu betrachteu, uud da er überdies uugleich besser<br />
zu seheu verstand, als der noch wenig gereifte frankfurter<br />
Student, fo verdanken wir seiner geschickten Feder jenes <strong>für</strong><br />
uns ganz unersetzliche Reisetagebuch, das wie eiu amtliches<br />
Protokoll aller Merkwürdigkeiten im stettiuer Lande anzusehen<br />
ist. 6) Michael Francks Erzählung enthält dagegen sehr viel<br />
Seichtes, Oberflächliches, Kleinliches. Es ist ganz richtig die<br />
„Handwerksburscheuperspective", vou der aus Städte uud<br />
Länder, Personen uud Zustände beschrieben werden, und in<br />
der That glich der Verfasser gar sehr den Haudwerksburschen,<br />
die ja auch wiederholt seine Wandergcsellen waren. Hatte sich<br />
doch im Gewerbstande das Wandern zu einen: festen Handwerksgebrauch<br />
ausgebildet, ohne welches ein Erlangen der<br />
Meisterschaft nicht denkbar war. Für die Eullurgeschichte<br />
6) Valt. Smd. XXVIII, Seite 39.
60 v. Bülow, Wanderung<br />
indessen läßt sich auch aus Francks Erzählungen viel schätzbares<br />
Material entnehmen, grade weil sie das Leben und<br />
Treiben der niederen Volksklassen schildern, mit denen der<br />
Reisende vorzugsweise verkehrte.<br />
Von den vier Reisen des Michael Franck nach Wien, nach<br />
Dänemark, nach den deutschen Universitäten Wittenberg, Leipzig,<br />
Jena, nnd endlich nach Italien interessirt uns nur die zweite<br />
näher, weil den Erzähler sein Weg dnrch Pommern führte;<br />
doch wird es genügen, wenn ich im Folgenden auch nur den<br />
auf dieses und das benachbarte Meklenburg bezüglichen<br />
Theil wiedergebe, und den Aufenthalt in Dänemark, sowie die<br />
Rückreise über Lübeck, Hamburg, Lüneburg, Braunschweig,<br />
Magdeburg ?c übergehe. ^)<br />
Nachdem der Verfasser in der lcbnsischcn Vorstadt Frank«<br />
fnrts eine kurze Zeit den Schuldienst versehen hatte, wandte<br />
er sich nochmals den Studien zu, „biß ins dritte Jahr anno<br />
^590, allda ich mit Rath und Willen meiner Eltern wiederumb<br />
in andre Oertcr und Landschafften mich zu begeben, etwaß<br />
Weitcrs zu sehen und zu erfahren, habe mich hernacher auf<br />
meine Reise geschicket, nieine äupoiiootii^in zusammengeschlagen<br />
und mich in dem Frühling, da die allerlnstigste Zeit ist, aufgemachet<br />
und also die andere Reise in Gottes Nahmen <strong>für</strong><br />
mich genommen, meines Glücks dadurch hoffende und suchende."<br />
Sein Reifeziel war Dänemark; ob er dort etwas <strong>für</strong> seine<br />
Zukunft zu erreichen hoffte, oder ob bloße Wanderlust ihn<br />
trieb, läßt sich mit Bestimmtheit nicht sagen; auf ersteres deutet<br />
eine kurze Aeußerung am Schluß seines Aufenthalts in<br />
Dänemark, wonach er dort feine „Gelegenheit nicht antreffen<br />
können" nnd sich deshalb ans den Rückweg machte.<br />
Ueber Küstrin und Königsberg gelangte er nach Pommern,<br />
verirrte sich aber gleich nach Ueberschreiten der Grenze<br />
im Wald und Morast, so daß er erst spät sein Nachtquartier,<br />
Garz a. O., erreichte. Warum er überhaupt dort nächtigte<br />
7) Andre Theile dieser Reisebeschreibung habe ich in den Magdbg.<br />
Gesch. Vl. 13. Jahrg. (1978), S. 357 ff. nnd im Bär 1879, S. 44 ff.<br />
veröffentlicht.
eines fahrenden Schülers. 61<br />
und nicht in dem am rechten Ufer der Oder gelegenen, von<br />
ihm gar nicht erwähnten Greifenhagcn blieb, ist nicht ersichtlich.<br />
In Garz kommt er zum ersten Mal, wie es scheint,<br />
mit Schiffern in Berührung, „ein wüstes Volk, saufen den<br />
ganzen Tag", nehmen ihn aber unentgeltlich mit nach Stettin,<br />
der ersten Seestadt, die er zu sehen bekommt, und die ihm<br />
auch mit ihrem Handel uud Wandel, mit dem regen kaufmännischen<br />
Treiben, den 300 Schiffen im Hafen, den vielen<br />
Fremden, die er sieht, gewaltig imftonirt. Er besucht die<br />
Kirchen, das herzogliche Schloß, aber auch die Oderburg mit<br />
dem Thiergarten, von dem man sonst wenig weiß, und setzt,<br />
nachdem er Alles besehen, seinen Weg über Neckermünde und<br />
Anelam nach Greifswald fort, Städte, welche ihm schon durch<br />
ihre Bauart nach „seestädtischer Manier" bemerkenswerth erscheinen.<br />
Den jungen Theologen ziehen überall die Schulen<br />
an, in Greifswald natürlich die Universität, doch fällt sein<br />
Urtheil über letztere etwas geringschätzig aus. Die Gebäude<br />
sowohl wie die Frequenz imponirten ihm wenig, ja auch das<br />
Vier erschien ihm mit der Absicht gebraut, daß es den Studenten<br />
nicht die Köpfe turbire. Auf das Vier richtete unser<br />
Reisender überhaupt seine Aufmerksamkeit mit einer gewissen<br />
Vorliebe, war er doch von Jugend auf an den Geschmack des<br />
heimathlichen Gebräus, des „Püffels", gewöhnt. In Stettin<br />
ist es das Vitterbier, in Pasewalk die Pasanelle, die Biere der<br />
andern Städte tragen keine besonderen Namen, werden aber<br />
wie in Garz, Anelam, Greifswald, Stralsund und Barth alle<br />
wohlschmeckend, gesund, ja sogar das letztere „sehr herrlich"<br />
gefunden. Tas berühmteste scheint ihm das stralsunder Bier<br />
zu sein; Greifswald kommt, wie gesagt, schlecht weg mit dem<br />
eigenen Gebräu, doch giebt es da<strong>für</strong> dort gute fremde Viere<br />
und spanischen Wein. In Meklenburg wird das rostocker<br />
Bier gerühmt, das weithin ausgeführt wird, das güstrower<br />
aber, der Kniesenact, ist „trübe wie Lchmjauche", dazu ein<br />
gewaltiger „Kopfreißer". In Rostock, wo Franck bei einem<br />
alten Unwersitätsfreunde ciulogirt war, hatte er auch Gelegenheit<br />
zu culinarischeu Studien. Er fand dort seltsame Speisen
62 o. Bülow, Wanderung<br />
und fremde Getränke, von denen der arme fahrende Schüler,<br />
der bisher nur die schmale Kost seines srankfnrter Eonventes<br />
oder die Brocken vom Tische mildthätiger Wirthe gekostet, vorher<br />
keine Ahnnng gehabt hatte, und die ihm daher vortrefflich<br />
zufagten. Von den mancherlei Seefischen waren ihm Meerschweine<br />
„ein fettes, süßes, liebliches Essen", bergische Bntten<br />
aber, anf dem Rost geröstet, oder znm Trunk ans Kohlen gebraten,<br />
fand er ein „herrenesfen" ; dazu kamen die kostbaren<br />
fremden Weine, die des Wirthes Freigebigkeit ihm zn schmecken<br />
verstattete, Alacant, Bastard, Malvasier, und andere gewürzte<br />
Getränke.<br />
Von Greifswald aus besuchte unser Reisender Stralsund<br />
und Barth, und gelangte alsdann über Damgarten nach<br />
Rlbnitz in Meklenburg, welchem Lande ein besonderer Abschnitt<br />
gewidmet ist, in dessen Einleitung er Alles erzählt, was ihm<br />
von den mythischen Bewohnern des Landes, ihren Fürsten und<br />
ihrer Religion bekannt geworden war. Es darf nns nach dem,<br />
was Franck über sein eigenes Vaterland und dessen Vorgeschichte<br />
berichtet, nicht befremden, daß er zwischen Meklcnburg<br />
und Alexander dem Großen eine nahe Verbmdnng herzustellen<br />
weiß, zu der der berühmte Bucephalus das Mittelglied bildet;<br />
auch nicht, daß Vineta, das sagenhaste, von Pommern Hieher<br />
verlegt wird. Da<strong>für</strong> erfahren wir aber nebenher aus seinen<br />
Beobachtungen manches Interessante. So fällt es ihm in<br />
Meklenburg als etwas Fremdes auf, daß man den Torf<br />
stach und als Brennmaterial anstatt des oort seltenen und<br />
kostspieligen Holzes benutzte; auch die Licenz, die er in den<br />
dortigen Badestnben fand, befremdete nnd erschreckte ihn so,<br />
daß er meinte, unversehens in unsittliche <strong>Gesellschaft</strong> gerathen<br />
zu sein und eilends die Flucht ergriff, von der ihn erst der<br />
Bademeister unter Hinweis anf die allerdings leicht mißzudeutende<br />
Landcssitte wieder zurückholte. Das öffentliche<br />
Badewesen war nicht nur hier, sondern überall anf einem<br />
Punkte angelangt, der die gröbsten Ausschreitungen möglich<br />
machte, so daß die Obrigkeit sich an vielen Orteil veranlaßt<br />
sah, die in ihrer ersten Einrichtung sehr löblichen Anstalten
eines fahrenden Schülers. 63<br />
zn schließen. Was die Nachtquartiere anlangt, so erlaubten<br />
dem fahrenden Schüler seine Mittel den Besnch der öffentlichen<br />
Herbergen nnr ganz ausnahmsweise; in den meisten<br />
Fällen, so scheint es, legte er sich, nnd meist mit Erfolg, aufs<br />
Bitten, wo<strong>für</strong> der mitleidige Wirth m der Erzähluug mit<br />
lobendem Prädicat als „treuherziger Mann" belohnt wird;<br />
oft aber findet sich ein Landsmann, der gnte Landsmannstreu<br />
übt oder ein Studiengcnoß, dem das Glück holder gelächelt<br />
und der den hungrigen Freund Wochen lang bei sich behält<br />
und ihm die guten Dinge einer norddeutschen Handelsstadt zu<br />
schmecken giebt. Brennt aber die Sonne zur Mittagszeit heiß<br />
auf den hungrigen Wandcrsmann herab, ohne daß eine gastliche<br />
Thüre sich öffnet, oder neigt sich der Tag zn Ende, ehe<br />
dem Magen sein Recht geworden, so wird mit stets gleicher<br />
Zuversicht im Pfarrhause vorgesprochen, und znr Ehre desselben<br />
sei's gesagt, daß trotz der kümmerlichen änßercn Lage der<br />
Bewohner die Tilgend der Gastfreundschaft doch reichlich von<br />
ihnen geübt wnrde. Das durfte auch Franck wiederholt<br />
erfahren.<br />
Die ferneren Schicksale des Reisenden intcressiren nns<br />
weniger nnd branchen nnr kurz berührt zu werden. Auf die<br />
frohe Wanderzeit des sorgenfreien Stndenten folgte nach wenig<br />
Jahren die Gebundenheit durch das Amt als Pfarrer uud<br />
Seelsorger, zuerst in einem Dorfe bei Zittau, dann in Berzdorf<br />
auf dem Eigen des Klosters Marienstcrn, nahe der gegenwärtigen<br />
Grenze der sächsischen 'und preußischen Oberlausitz.<br />
Der Hauptort dieses uoch heut als der eigens che Kreis<br />
bezeichneten Bezirks ist das Städtchen Vernstadt, daher enthält<br />
der dicke Foliant anßer den genannten Reiscbeschrcibungen auch<br />
Mancherlei zur <strong>Geschichte</strong> dieses Ortes, ferner Material zur<br />
<strong>Geschichte</strong> des dreißigjährigen Krieges ?e. Das Manuscript<br />
ist übrigens erst zu Anfang des 18. Jahrhunderts angelegt<br />
und von verschiedenen Händen geschrieben, auch Francks Reisen<br />
enthält er nicht im Original, sondern in Abschrift. Ans<br />
diefem Grunde erschien es gestattet, an der Schreibweise kleine<br />
Aenderungen, wie z. B. in der Anwendung der großen
64 v. Vülow, Wanderung<br />
Anfangsbuchstaben ?c. ohne Weiteres vorzunehmen, während<br />
der Satzban, offenbare Fehler des Abschreibers abgerechnet,<br />
nnberührt geblieben lst. Aehnlich war es mit der Inter-<br />
punktion. Da sich auf ältere Schriftstücke eine regelrechte<br />
Interpunction überhaupt nicht anwenden läßt, weil die Vor-<br />
bedingung des regelrechten Satzbaues fehlt, so ist eine solche<br />
Zeichensetzung gewählt worden, die dem Verständniß am meisten<br />
zuzusagen schien.<br />
Beschreibung<br />
meiner andern Reise in das Königreich Dänemark.<br />
Diese andere Reise habe ich <strong>für</strong> mich genommen und<br />
angefangen den 29. Aprilis Anno 1590, bin aber gar allein<br />
anßgezogen Nachmittag umb Glock drey, und erstlichen bey<br />
einen offenen Flecken, so im Thal gelegen, neben dem Oderfluß,<br />
Lebus oder Labus^) alldabey auf einem hohen Berge<br />
ein festes wohlgebautes Schloß und Hauß, an allen vier Ecken<br />
mit runden Pasteyen wohlerbauet, Ao. 965 unter Kayser<br />
Otten von Mitzlow, einem Hertzogen ans Pohlen, und dazumahl<br />
ein Bischoffthnmb daraus gemacht, jetzt aber von einem<br />
Hauptmann verwaltet und dem Chur<strong>für</strong>sten von Brandenburg<br />
zugehörig, hernach kommen auf ein groß Dorfs, Padelzick,^)<br />
da mein Herr Vetter, Herr Matthias Franck, Pfarrer gewesen,<br />
allda ich die erste Nacht verharret. Deß andern Tages nach<br />
vollbrachten Frühstück hatt mir mein Herr Vetter das Geleit<br />
geben biß an den güstrinfchen Thamm, allda wir von ein-<br />
ander geschieden und allein fortgezogen und auf gemeldten<br />
Thamm erstlichen auf viel Brücken kommen und hernach ans<br />
die Festung Güstrin, unsern Landes<strong>für</strong>sten, den Chur<strong>für</strong>sten<br />
von Brandenburg zugehörig. Dieses Städtlein ist zwar nicht<br />
6) Bereits im Anfang des 12. Jahrhunderts zeichnete sich das<br />
Schloß Lebus durch seine Festigkeit ans; die Zeit der Erbauung ist<br />
unbekannt. Wohlbrück, Gesch. von Lebus, III, S. 139.<br />
9) Podelzig, ^/4 Meile nördlich von Lebus.
eines fahrenden Schülers. 65<br />
groß, doch aber fest gewesen, mit starcken Pasteyen, Wällen<br />
nnd Manrcn nnd wohlbesehter Wachen; es ist anf der einen<br />
Seiten lauter Morast, breit und weit auf ezliche Meil Weges<br />
gewesen, also daß der Feind nicht darzu kommen mag; an der<br />
andern Seiten stoßet der Odcrfluß daran und fleußt hart an<br />
der Festung hinweg, welcher allda breit ist, dieweil viel andere<br />
Flüße und Waßcr darin fallen uud also zusammenkommen;<br />
nach der Neuen Marckt Werts ist ein großer Waldt und Holh,<br />
also daß diese Festung, ob sie wohl zwar klein, dennoch an'<br />
einen Wohl verwarthcn Ort erbauet. Und ich, weil ich nicht<br />
in die Festung hinein kommen mögen, auch nicht viel drinnen<br />
zn schaffen, bin ich nach gehaltenen Mittagseßen fortgereiset,<br />
bey den Richtstuhl hiuaus, allda viel Braudseulen gestanden,<br />
denn man <strong>für</strong> der Zeit viel zauberische Vetteln, wie auch auß<br />
meinen Vaterlandc von Franckfurt allda hiugeholet und andern<br />
Ocrtern mehr, die allda verbrannt worden. Vin hernacher in<br />
den Waldt kommen, welcher fast einer Meilen lang gewesen,<br />
und hernacher auf ein Torfs, Kutzdorff genaundt, welches<br />
im Holtz und Walde gelegen, darnach wiederum!) durch ein<br />
Holtz und Waldt, einer Meilen lang, ehe ich aber hindurch<br />
kommeu, bin ich auf einen offenen Flecken kommen, Fürstenwalde,<br />
^) allda ich stracks hindurch gezogen; gegen den Abend<br />
umb 6 Schlügcu gen Ber Walde, ein hübsch Landstädtlein,<br />
da ich die Nacht blieben uud bey eiucr Wittfrauen eingekehret,<br />
welche des Städtleins Pfarrhcrren gehabt, Christophorus Grebnitz<br />
genandt, die mir alleu freundlichen Willen und Gutes ihres<br />
Herrn halben gethan. Deß auderu Morgens frühe bin ich<br />
allein wicderumb meine Wege fortgezogen uud kommen umb<br />
den Mittag in eine feine Stadt Königsberg, davon ich<br />
dieses melden muß.<br />
!") Fürst ens elde ist gemeint, an der Straße nach Värwalde gelegen ;<br />
Fnrstenwalde, die Residenz der Bischöfe von Lebns, westlich von<br />
Frankfurt an der Straße nach Berlin, hat der Reisende gar nicht<br />
berühren können.
66 v. B'ü low, Wanderung<br />
Von Königsberg, der Stadt in der Nenmarckt.<br />
Dieses ist eine feine und doch nicht gar große Stadt<br />
gewesen, gelegen in der Neumarck, denn die Marg Brandenburg<br />
in die drey Theil getheilet also daß die Alte Marck,<br />
Mittelmarck und Neumarck, welches die Hauptstadt dariunen<br />
gewesen, wie Franckfurt, mein Vaterland, in der Mittelmarck.<br />
Ist eine feine wohlgebaute Stadt mit feinen Steinhäusern<br />
gewesen, darinnen eine feine Kirchen, wohl uud hübsch gezieret.<br />
Bey derselben hab ich meinen alten pi3,600pt0i-0in, M. Johann<br />
Pontanum,") gefunden, welcher zu der Zeit allda des gantzen<br />
Landes der Neumarck auch Superintendeus und Pastor allda<br />
gewesen, ein fein frommer und gelehrter Mann, der zu<br />
Franckfurt ein Jahr zwölf Rector der Schulen gewesen, auch<br />
mein Privatpräceptor fast drey Jahr; ist der Geburt von<br />
Kotbus gewesen. Auch hat es bey dieser Kirchen eine feine<br />
wohlbestallte Particularschulen gehabt, darüber dieser M. Pontanus<br />
oberster Visitator geweseu, dcun er laug den Schulen<br />
gedienet, auch schöne Disciplin darinnen gehalten, wie denn<br />
auch in meinem ^mti-i^. Hab auch in der Schulen einen<br />
Kollegen gefunden, Valentinus Voxius, mein alter Bekannter,<br />
mit dem ich zu Franckfurt burschiret. Dieser Pontanus, mein<br />
alter Präceptor, hat ein gutes Lob seines Amptes so seiner<br />
Visitation im Lande ans die Kirchen gehabt, darumb ihn auch<br />
reichlichen Gott foll gefeegnet haben. Nachdem ich mich in<br />
dieser Stadt wohl umgesehen (denn es auch feine Gebäude des<br />
Ackerbaues allda gehabt, da gut Geträ'idig gewachsen, ein gutes<br />
Vier wird da gemacht, davon die Bürger gute Nahrung<br />
gehabt, auch feine koL^itÌH den Scholaren mittheilen können,<br />
hübsche Vaumgärten und aller Nothdurfft Gelegenheit), nach<br />
gehaltener Mahlzeit umb Vesperzeit bin ich allein wiederum!)<br />
von dannen gezogen nnd unter einen Baum eine gute Weil<br />
u) Ioh. Pontanus, geb. d. 21. Nov. 1550 zu Cottbus, gestorben<br />
5. Jan. 1613, seit 1585 Pastor in Königsberg uud Superintendent<br />
der Neumark.
eines fahrenden Schülers. 67<br />
gerastet, allda zwccnc Gefährten zu mir kommen, mit welchen<br />
ich ein wenig gereifet. Sindt mit einander zu einem hohen<br />
Hügel kommen; fonsten giebt es nicht viel Berge, fondern ist<br />
gar ein eben Land; da haben sie mir berichtet, daß diefer<br />
Hügel der Neumarckt und Pommcrlandcs Gränze wäre, da die<br />
Neumarck sich endet, und das Pymmerlandt angehet. Von<br />
dannen alsbald mich meine Gefährten verlassen und eine<br />
andere Straße zogen, allda ich wiederumb allein reisen und<br />
bin kommen auf ein Dorfs, genanndt Ochdorff,^) hernacher<br />
wieder auf ein anderß, genandt Rohrbckc, darnach hab ich<br />
wiederumb durch ein Holz müssen reisen, eben lang, darinnen<br />
viel Wege und Straßen gewesen, dar ich mich verirret und aus<br />
der rechten Straßen kommen, und endlichen von einem Schäffer<br />
wieder in die rechte Straße bracht worden, darnach ans ein<br />
Dorfs, Brüßenfeldc ^) genannt, darinnen der Hertzog und<br />
Fürst aus Pommern ein schönes Vorwcrck gehabt. Da bin<br />
ich durchgezogen, wie die Sonne hat wollen untergehen, bin<br />
aber fortgeeilet in einem bösen sumpfchten Weg, so fast in<br />
lauter Morast gewesen, und endlichen auf eine höltzerne<br />
Brücken über die Oder, und gar spät mit dem Zuschluß kommen<br />
in ein seines kleines Städtlein, Gartz gcnanndt, so<br />
hart an dem Odcrfluß gelegen, ein feines kleines wohlgebautes<br />
Städtlein.<br />
Von Gartz, dem ersten pomrischen Städtlein.<br />
In dieses Städtlein bin ich gar spat zur Nacht kommen,<br />
gleich wie man hat wollen das Thor schließen; ist nicht son-<br />
!2) Uchtdorf, 2/4 Meilen nördlich von Königsberg, aber schon in<br />
Pommern gelegen, gehörte mit seinem Filial Rohrbeck, heut Noderbeck<br />
im 18. Jahrh, zur Herrschaft Wildenbruch. Noderbcck ist vom Jungfrauenkloster<br />
in Stettin angelegt worden, welches i. I. 1246 dem<br />
Ritter Burchard von Velefanz, Besitzer des Landes Fiddichow, 64 Hnsen<br />
nm 40 Mark Silber zur Gründung des Dorfes abkaufte.<br />
") Ueber das <strong>für</strong>stliche Vorwerk zu Vruscufcloe vgl. Hainhofers<br />
Tagebuch in Valt. Stud. III. 2. S. 113.<br />
5*
68 u. Vülow, Wanderung<br />
derlich groß, aber fein von Steinhäusern erbanet gewesen; auch<br />
eine feine Kirchen hat es darinnen gehabt neben einer kleinen<br />
Schulen und Cautoreyen. Liegt hart an dem Oderstrom, wie<br />
denn auch allda viel Schiffe mit Getraide ankommen, die auf<br />
Stettin herunter fahren. Habe in diesen Städtlein einen ausbündigen<br />
guten Wirth und trcuhertzigeu Mauu angetroffen, der<br />
Wohl erfahren und bewandert gewesen ist, Martinus Rößler<br />
genannt, hat wohl gewust, wie es ciucu armeu Wandergesellen<br />
ergehet, der mir viel Frcnndschafft und Ontes in seinem Hanse<br />
erzeiget. Dieser ist bald an den Odcrthor gewöhnet, hat mir<br />
fein Bericht gegeben, wie ich des andern Tages zu Schiff mit<br />
bis gen Stettin kommen könte ohne große Unkosten, wie mir<br />
denn auch wiederfahreu. In diesen Städtlein hat es ein wcttberühmtes<br />
gutes Bier gehabt, ist ein treffliches wohlschmeckendes<br />
und gesundes Bier gewesen, das garhger Vier, loie es denn<br />
auch weit und fern gcführet, deffen ich mich fatt genungsam<br />
getruncken. Deß andern Morgens ist eine Schale oder großes<br />
Schiff voller Korn gcschiffet allda vorhanden gewesen, deßen<br />
mich der Wirth berichtet, daranff habe ich angetroffen einen<br />
frommen treuherzigen Gesellen, Martinus Pad, von Stargart<br />
aus Pommern bürtia., der ein Faetor dieses Schiffes gewesen,<br />
bey dem habe ich mich angeben und gerne von ihm aufgenommen<br />
worden in das Schiff, darinnen ich gnte Gelegenheit bey ihme<br />
und den Schifflcuten gehabt. Mit demselben bin ich von<br />
Gartz abgeschiffet auf der Oder biß gen Stettin, habe Eßeu<br />
und Trincken vollauf bey ihnen gehabt ohne einige Eutgcltuug,<br />
wie es denn ein wüstes Volck umb die Voßkuechte ist. Sie<br />
haben Tag uud Nacht gefoffeu auf dem Waßer, sindt die<br />
Nacht auch auf den Naßer blieben eine halbe Meile von der<br />
Stadt, da fie das Schiff immer selbst nur von dem Strohm<br />
mählig haben gehen lassen. Von den Mücken sindt wir über<br />
die Maßen auf dem Wasser geplaget worden; wir sindt aber<br />
die Nacht hindurch mit Auffgang der Sonnen an die Stadt<br />
und Brücken kommen, dadurch das Schiff geheu und in die<br />
Aufnrth eingelassen worden, da wir außgangen. Von welcher<br />
Stadt weiter Meldung gescheheu soll.
eines fahrenden Schülers. 69<br />
Beschreibung des Landes Pommern sampt derselben<br />
H erzo gthümer.<br />
Die pomrische Landschafft wird in neun Herrschafften<br />
getheilct, als: Wenden, Caßuben, Stettin, Pommern, Usedom,<br />
Gotzgau, Wollgasth, Niegen und Barthen; seine alte Marck-<br />
steine sind gewesen die Waner, als: die Weixel, Warte, Penus<br />
undt die See. Diß Land ist auch ziemlich fruchtbar an Früchten,<br />
Vieh und Fischen. Es ist ein eben Landt und hat keine sonder-<br />
liche Berge darinnen. Die vornehmsten Städte liegen fast am<br />
Meer, welches das baltische Meer oder die Ostsee genennet,<br />
von den Wendischen Pomorzi, welches auch Augenstein wie in<br />
Preußen auswirfst; hat auch drinnen einen hohen Staden, daß<br />
es dem Lande nicht leichtlich einen Schaden thun kan. Es<br />
ist allenthalben fruchtbar, waßerreich, feereich, schiffreich, hat<br />
gute Aecker, Obst, Holzungen, Ströhme, Jagt, Viehe, Vögel,<br />
Fische, Getraide, Butter, Honig, Wachs :c., ist allenthalben<br />
mit Städten, Flecken, Schlößcrn und Dörffern besezzt, hat<br />
keinen unnüzzen Ort, speiset viel Länder, hat sich anfänglichen<br />
der windischcn Sprachen und Sitten gehalten, hat in sich eine<br />
sehr fruchtbahr Insel, Rügen genanndt, welche sieben Meilen<br />
lang und breit, welche keinen Wolff noch Ratten leidet, ist der<br />
Sundischcn Kornhauß, Schcuren und' Kühhoff, wie Cilieia der<br />
Römer; die vornehmste Stadt soll folgendt beschrieben werden.<br />
Meldung vom Augenstein, so man in dieser<br />
Landschafft findet.<br />
Den Augenstcin ^), so man in Pommerlandt auflist,<br />
nennen die Lateiner ^iiooi^uiN) daß ist Safft, die Griechen<br />
oiooti'iiiu, denn so man ihn reibet oder hizzet, zeucht er in<br />
sich Nein Gestäube, und obwohl der Augenstein allerley Farben<br />
hat, so wird doch keiner höher geschätzet denn der weiße, denn<br />
der hat einen edlen Geruch und eine große Krafft in der<br />
Arzeney; man findet denselbigen am wenigsten; der gelb ist<br />
Vgl. v. McwnZ Kautzow, Seite 351,
70 v. Vülow, Wanderung<br />
etwas anmuthiger denn der weiße, aber nicht also kräfftig.<br />
Zur Zeit der Pestilenz ist der weise Augenstein gutt damit<br />
zu räuchern; in der Arzeney braucht man ihn, das Blut zu<br />
stillen, so man ihn ertrinckt; er stillt auch den Unwillen des<br />
Magens. Ezliche schreiben auch davon, er mache auch die<br />
schwaugern Weiber bald gebährendt, so man ihn ein wenig aus<br />
das Feuer leget und <strong>für</strong> die Naßen hält, daß sie den Geruch<br />
davon schmecken; ezliche wollen anch bey seinem Geschmack<br />
erkennen, ob eine Jungfrau verfellet oder nicht sey, halten da<strong>für</strong><br />
ganzlichen, wenn sie den Geschmack richet, so kann und vermag<br />
sie das Waßer bey ihr nicht zu behalten.<br />
Bon der pommrischen Hauptstadt und Hcrrschafft<br />
in Stettin.<br />
Diese pommrische Hanptstadt ist vorzeiten ein langer<br />
Flecken gewesen, da sich die Fischer haben enthalten, weil der<br />
Oderstuß nebeu denselbigen wegfleust und nicht weit von der<br />
Stadt in die Ostsee fället; in diefe Stadt bin ich kommen den<br />
3. Maji, war der Sonntag Misericordias Domini. Ist aber<br />
eine große uud wohlerbauete Stadt, uudt sindt die Häuser<br />
mehrentheilß mit gebranndten Ziegeln gemanret, auch hat es<br />
darinnen feine weite Gafsen und Plätzen; es wohnet auch viel<br />
Volckes unter der Erden, sonderlichen von dem Haudwerckvolcks,<br />
in Kellern nnd Gewölben. Diese Stadt ist sehr volckreich,<br />
auch von vielen ausländischen Völckern, die da ihre Kauffmanschaft<br />
treiben, erfüllet, welche Zu Wasser uud zu Lande dahin<br />
kommen uud ihren Gewerb suchen. Es hat diese Stadt vier<br />
vornehme Hauptkirchen, die alle wohl mit reinen Lehrern uud<br />
Predigern bestellet, wird des Sonntags in allen geprediget,<br />
und ist also angeordnet, daß man immer ans einer Predigt<br />
in die andre gehen kan; in ezlichen ward hochdeutsch in ezlichen<br />
aber pommrische geprediget. Es hat auch sonsten andre Kirchen<br />
mehr in der Stadt, alß bey des Hertzogen Schloß, item auf<br />
den Graben ausser der Stadt, loie man bey des Hertzogen
eines fahrenden Schülers. 71<br />
Lustgarten gehet, in welchen auch der Gottesdienst verrichtet. ^)<br />
Es hat auch in dieser Stadt ein wohlbestalltes Gymnasium<br />
und Fürstenschule, darinnen viel Studenten ihre Auffenthaltung<br />
haben und gelahrte, feine Leute erzogen worden. Der Landes-<br />
<strong>für</strong>st hat auch sein Hofflager und Hoffhaltung darinnen, wie<br />
er denn auch ein wohlerbauetes Schloß und Burg daselbsten<br />
hat, führet aber nicht fo überaus große Hoffhaltung. Außer-<br />
halb der Stadt, einer Viertelmeilen davon, liegt noch ein<br />
schönes <strong>für</strong>stliches Hauß, die Oderburg genannt, darinnen<br />
die alte Hertzogen ihre Hoffhaltung gehalten, ist fein zierlicher<br />
und herrlicher gebauet, denn in der Stadt gewesen; der alte<br />
Hcrtzog mit sambt seinem Gemahl sind in schönen, weisen<br />
Marmelstein ausgehauen gewesen und ihre Statur an das<br />
Schloß eingemauret gewesen; darneben einen lustigen Thier-<br />
garten, welcher mit einem hohen Zaum umbzäumet, daß die<br />
wilden Thiere nicht herauß lauffen können. ^) Ich hab in dieser<br />
Stadt einen Landsmann angetroffen, Daniel Gottschalck genanndt,<br />
eines Pfarrherren Sohn von Lohse, bey welchem ich mich der<br />
Zeit auffgehalten, der mir gute Landsmannstreu bewiesen, weil<br />
ich bey ihm gewesen, der mich auch in der Stadt herumb-<br />
geführet und derselben Gelegenheit innwendig und auswendig<br />
gezeiget und berichtet. .<br />
Auf den Sonntag Misericordias domini haben sie einen<br />
alten Gebrauch gehabt, der Stadt Willkühr abzulesen oder die<br />
Bürger-geradung, wie sie es nach ihrer Landsart gencnnet,<br />
welche ich auch mit angehöret. Gehet damit also zu: In<br />
allen Kirchen wird es erst vermeldet, daß sich alle Einwohner<br />
'2) Die St. Peter-Paulskirche. Der herzogliche Lustgarten ist<br />
auf den älteren Stadtplänen angegeben, er lag zwischen dem Mühlenund<br />
Frauenthor und gab bei den schwachen Versuchen der städtischen<br />
Befestigung 1622 bis 1630 Ursache zu Verhandlungen zwischen der<br />
Stadt und dem Herzog. (Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I.<br />
Tit. 124. Nr. 42.)<br />
'^) Herzog Johann Friedrich führte von auswärts Wild ein znr<br />
Besetzung seiner Wildbahncn und mag er oder anch Herzog Barnim<br />
d. ä. solches auch nach der Oderburg gebracht haben.
72 u. Vülow, Wanderung<br />
umb Glock eins aus den Marckt bey den Rathhauße finden<br />
sollen, und wird solches vom Nathhauß herilnter dnrch den<br />
alten regierenden Bürgermeister abgelesen, und weil gleich zn<br />
der Zeit der Nath verändert, so wird der ncuregierender Bürgermeister<br />
der Gemein neben den andern Rathherren angemeldet<br />
und folgende Punkte jährlichen wiederholet:<br />
1. Als erstlichen soll ein jeder Bürger nnd Einwohner<br />
der Stadt seinen Geschoß vor Palmarum ablegen.<br />
2. Soll kein Bürger einen Frembden nnd Ausländischen<br />
ohne des Raths Vorwitzen auf- und annehmen.<br />
3 Es soll ein jeder, der einen ledigen Ort oder Vaustadt<br />
in der Stadt hat, bey Verlust deßelbigen wiederumb in Jahr<br />
und Tag aufbauen.<br />
4. Auch soll kein Bürger oder Nierschencke seinen Keller<br />
<strong>für</strong> Glock zehn eröffnen, noch Zechgäste unter der Kirchen<br />
sezzen.<br />
5. Es soll ein jeder Nachtbahr biß zum andern die<br />
Gaßeu saubern und rein halten, auch keine Schweine daheime<br />
behalten und in den Gaßen auf und nieder lauffen laßen, wo<br />
sie nicht auf Straffe eingesperret sollen werden.<br />
6. Es soll anch ein jeder Bürger daß Feuer wohl verwahren<br />
und gute Achtung drauff haben, die Schaurstein aufmäuren<br />
und täglichen reinigen lassen, wofern ihm das Hauß<br />
nicht zugeschlagen werden soll.<br />
7. Auch soll eiu Jeder Achtung dranff geben, wem er<br />
hauße und Herberge.<br />
8. Es soll sich ohne Ursachen nach zehen Schlagen in<br />
der Nacht auf der Gaßen Niemand finden und sich antreffen<br />
lassen.<br />
9. Niemandt soll außer der Stadt auf dem Lande vorkauffen,<br />
bey Straff 10 fl. Reinnischs.<br />
11). Anch soll kein Bürger sich unterstehen, frembde Bier<br />
zu schencken.<br />
11. Der Holzung zu hauen oder beschädigen in den<br />
Püfcheu und Wäldern aufs allergeriugste soll sich Niemandts<br />
unterstehen bey verfallener Leibesstraffe und Halßbruche.
eines fahrenden Schülers. 73<br />
12. Zum Zwölfften und Leztm sollen Bier-« und Weinschencken<br />
auch gute volle Maß geben.<br />
Es sind wohl andere Artickel mehr angezeiget, diese hab<br />
ich nur als die vornehmsten uud wichtigsten gemercket, darauß<br />
zu mercken, wie eine seine politische Ordnung der gemeinen<br />
Stadt zum Besten allda gehalten wird. ^)<br />
Diese Stadt ist noch ziemlichen feste gebauet und verwahret<br />
gewesen mit Mauren und tieften Graben, neben dem<br />
Stadtgraben hat der Fürst auch einen seinen Lustgarten, sehr<br />
schön zugerichtet, mit lieblichen wohlriechenden Kräutern uud<br />
Bluhmen, alles in lustige Spatziergänge geordnet, mit schönen<br />
abgerichteten Lauben von srembden Früchten, darunter man<br />
wie in Loben gehen können. Auch ist darinnen gewesen ein<br />
schönes geziertes Lusthauß, darinnen auch verborgene Wasserquellen<br />
zu besprengen werden gewesen seyn, wie man in den<br />
<strong>für</strong>stlichen Specercyen und Lustgarten findet, darein ich zwar<br />
nicht kommen, sondern auf dem Walle der Stadt man es alles<br />
sein hinein und überseheu können, weil er hart an den Graben<br />
und Wall der Stadt gelegen gewesen. Ein großer Handel<br />
und Wandel der Kauffmannschafft wirdt allda getrieben, denn<br />
aus der Ostsee oder Hafen oder baltischen See daran stoßen<br />
thut, darinnen neben der Stadt der Oderfluß gefallen, auf<br />
welchem aus der Ostsee zu Schiffe biß an die Stadt iu ihren<br />
Port lauffen können, wie denn dazumahl in die dreyhundert<br />
Schiffe klein und groß bey der Stadt gewesen und täglichen<br />
aus den Seestädten, Dännemarckt, Norwegen, Schottland und<br />
andern Oerten dahin kommen, daran man seine Lnst zu sehen,<br />
wie ich denn zuvor noch keine solche Schiffe gesehen, alß allda<br />
sind mir die ersten Seeschiffe <strong>für</strong>kommen; aber ein sehr wüstes<br />
und wildes Gesindlem ist es umb die Schiffleute, von welchen<br />
weiter an andern Orten mehr soll Meldung geschehen.<br />
") Dieser Gebranch des öffentlichen Verlesens der Vürgerordnung<br />
hat sich bis in die Zeit der preußischen Herrschaft erhalten nnd ist erst<br />
1724 abgeschafft worden. Thiede, Chronik von Stettin Seite 817.<br />
Anderwärts, z. V. in Anclam, wurde die Bursprake am Sonntag vor<br />
Martini verlesen. Stavenhagen, Beschreibung von Anclam, Seite 43 ff.
74 v. Bülow, Wanderung<br />
Nachdem ich mich nach Nothdnrfft in dieser Stadt besehen,<br />
bin ich wiederumb den 6. Maji nach Mittage umb Glocke 1<br />
allein fortgezogen, und ohngefähr zwo Meil Weges auf ein<br />
Dorfs kommen, Folcken Walde, ^) allda ich das erste Nachtlager<br />
gehalten; in welchem Dorffe ich auch zu Gefährten kommen,<br />
alß zu zweyen Hausierern und einem Glasergesellen, mit<br />
welchen ich des andern Tages fortgereiset uud fast den ganzen<br />
Tag in lauteren Wäldern und Hölzern reisen müßen, welches<br />
Holz in die 6 Meilen gewähret. In dem Walde ist ein Krug<br />
und Außspann gewesen, Müzelberg^) genanndt, darinnen<br />
wir gefrühstückt, von dannen wir auf kein Dorff noch zu<br />
keinen Leuten mehr kommen alß gegen den Abend in ein klein<br />
Städtlein, Uckermunde, darinnen wir viel Fische umbs<br />
Geld bekommen, sonderlichen die herrlichen Kaulpersen, darüber<br />
wir sich verwundern müßen; wären viel Geldes wehrt gewesen<br />
an manchen Ort der Welt, allda aber fast geringschätzig geachtet<br />
worden. Dieses Städtlein ist auch an der Ostsee gelegen,<br />
darinnen ein Schloß und Herrenhauß gewesen, allda wir die<br />
Nacht blieben und wohl in guten Fischen tractiren ließen. Deß<br />
andern Tages bin mit dem Glasergesellen allein davongezogen<br />
und haben wieder durch ein Holz zwo Meilen lang reisen<br />
müßen und hernacher kommen auf einen Krug, Vugwiz,^)<br />
darinnen wir Mittag gehalten, von dannen nach dem Eßen<br />
umb die Vesperzeit gen Aneo lam kommen, davon auch Meldung<br />
geschehen soll.<br />
Von Ancolam, einer Stadt in Pommern.<br />
Ancolam diese Stadt liegt auch am Seestrant, denn es<br />
auch ein Arm auß der Ostsee hiuan an die Stadt stoßet, wie<br />
^) Falkenwalde, Kirchdorf und Oberförfterei, 2 Meilen nordwestlich<br />
von Stettin.<br />
lv) (Groß)-Mützelbnrg 2'/2 M. südöstlich von Uckermunde an der<br />
Straße nach Stettin. Ursprünglich mir ein Vieh- und Ackerhof mit<br />
Kruggerechtigkeit in der großen Miitzelbnrger Forst.<br />
2") Vugewitz, Kirchdorf, 1'/2 M. südöstlich von Anclam, zn dessen<br />
Eigenthum es gehört.
eines fahrenden Schülers. 75<br />
bey Stettin, darnmb sie auch eine Seestadt oder einen Hafen<br />
hat, und nicht weit davon das baltische Meer liegt, wie denn<br />
anch große Seeschiffe allda ankommen. Ist zwar nicht eine<br />
große, doch aber noch feine Stadt, welche wohl mit Steinhäusern<br />
nach der Seestädter Art erbanet und gezieret. Es hat auch<br />
eine feine Kirchen in dieser Stadt, dabey auch eine ziemliche<br />
wohlbestallte Schulen; ein gutes wohlschmeckendes Bier hat es<br />
auch darinnen, davon die Bürger ihre Nahrung haben, sonderlichen<br />
nicht von guten Ackerban; sie haben auch ihren Kaufs -<br />
handel mit den andern benachbahrten Ländern und Seestädten.<br />
Als ich mich ein wenig umbgesehen und Vesperzeit gehalten<br />
und mein Gefährte allda hinder mir blieben, bin ich noch deß<br />
Tages allein fortgezogen biß anf ein Dorff, Ranzin^) genanndt,<br />
allda ich von der Pfarrfrauen die Abendmahlzeit erlangt<br />
nnd die Nacht allda verharret; deß andern Tages bin<br />
ich mit dem Frühesten auff gewesen und kommen auf ezliche<br />
Dörffer, darnach anf der rechten Hand im Holz ein fein Kloster<br />
liegen laßen und kommen auf Gripps Walde, davon weiter<br />
Meldung gefchehen foll.<br />
Von Gripp'eswalde nnd der pommrifchen<br />
hohen Schulen.<br />
In diese Stadt Gripp es Walde bin ich auch im May<br />
kommen, des Morgens frühe zu Glock 8, darinnen ich erst das<br />
Frühstück gehalten und mich ein wenig hernach darin umbgesehen.<br />
Diese Stadt liegt im Hcrtzogthnm Wollgast, und hat<br />
diese Stadt viel bürgerliches Zancks und Unfriede gehabt, dadurch<br />
sie etwan in Abnehmen kommen.^) Sie liegt fast im<br />
21) Ranzin, 2V? Meile südöstlich von Greifswald. Die Kirchenmatrikel<br />
von 1592 nennt als Pastor Ehrn Lanrentius, und dessen Vorgänger<br />
Martin Bock. Das „feine Kloster" im Holz ist Eldena.<br />
22) Wenn man hierbei au ein bestimmtes Factum denken will, so<br />
bietet sich nm diese Zeit der Streit zwischen Greisswald und Stralsund<br />
um die glewitzer Fähre dar, die vom .Hofgericht zwar Greisswald zugesprochen<br />
war, doch aber noch ciueu laugeu Proceß beim Reichskammer«<br />
gericht veranlaßte. Vgl. Kratz, die pomm. Städte. Seite 210.
76 o. Bülow, Wanderung<br />
Thal und Grunde, Zu welcher auch eiu Strandt auß der Ostsee<br />
gehet, daher sie auch <strong>für</strong> eine Seestadt geachtet. Es ist<br />
diese Stadt eine feine große Stadt, etwas größer als Ancolam,<br />
mit feinen gebranndten Steinhäusern erbanet, auf die alte seestädtische<br />
Manier. Es hat anch darinnen einen feinen großen<br />
Marckt gehabt, auf welchen ein hübscher Rohrkasten gewesen,<br />
weite und breite Gaßen gewesen, wird auch noch ziemlich sauber<br />
darinn gehalten. Es hat auch zweene feine Haubtkircheu neben<br />
andern Gestifften in dieser Stadt, so nicht sonderlichen gezieret,<br />
wie in den Seestädten zu finden, daneben eine ziemliche Particularschulen;<br />
auch haben die Fürsten von Pommern ihre Universität<br />
und hohe Schulen darinnen, welche Ao. 1456 ausgerichtet<br />
worden. Diese hohe Schul ist dazumahl begnadet gewesen<br />
mit dem wohlachtbaren und hochgelahrten Herrn<br />
der pommenschen Kirchen in wollgastischer Regierung,<br />
der unser augspurgischen Confession und den Schritten<br />
Lutheri Wohl zugethan, anch viel gutes Dinges zugeschrieben,<br />
loie er denn dem Lande sehr wohl bekanndt, auch uüzlichen<br />
uud dienstlichen. Dazumahl ist nicht eine sonderliche Frequenz<br />
von den Burschen allda gewesen; das Collcgium oder Auditorium<br />
liegt an der Stadtmauren in einen: Winckel benebenst<br />
einer Kirchen, last sich ansehen, als wanns ein altes Clostcr<br />
gewesen, nicht sonderlichen gebauet, auch nicht viel Raum innen,<br />
dabey abzunehmen, daß in dieser Universität niemahls viel<br />
Studenten allda und großen Zulaufs muß gehabt haben; wie<br />
man denn auch wenig Burfche gesehen oder in der Stadt einem<br />
sindt <strong>für</strong>kommeu. Die Bürgerschafft haben ihren Handel auch<br />
zu seewärts, wie auch zu Lande. Die Ostsee soll etwas von<br />
weiten von ihr liegen, doch können die Schiffe in einen Arn:<br />
oder Schlundt aus der See zu ihr anlauffcn, wie denn auch<br />
noch ziemliche Schiffe allda an ihrer Anfurth zu sehen gewesen.<br />
Die Insel Rügen kö'mpt ihr noch wohl zu Hülste, welche sehr<br />
fruchtbahr ist, also nichts sonderliches allda zu sehen, mag auch<br />
vorzeiten beßer umb sie gestanden seyn. Das griftswalder Bier,<br />
so von der Bürgerschaft allda gebrauen wirdt, ist auch nicht
eines fahrenden Schülers. 77<br />
sonderlichen, dienet <strong>für</strong> die 8wclio8i, damit es ihnen nicht die<br />
Köpfe pcrturbiret und in ihren Ztuäiis hindert, den Bürgern<br />
ist es anch bequem, läßt sich doch fein leicht wegtrinken; doch<br />
kan man gute frcmbdc Bier nnd spanischen Wein allda haben,<br />
denen <strong>für</strong> die Gelahrten nüzlich. Von Wassermühlen müßen<br />
sie nicht viel wißen, sintemahln sehr viel Windmühlen umb<br />
diese Stadt gewesen, als ich bald nicht gesehen.<br />
Wie man von Ancolam in die Stadt ziehet, da stehet<br />
ein kleines Kirchlein auf einem Berge <strong>für</strong> der Stadt, darinnen<br />
sich diese denckwürdige Historien zugetragen hat: in dieser Kirchen<br />
siehet man im Dache ein Loch hindurch, welches, weil man<br />
es schon vielmahl versucht, nicht zudecken kan, durch welches<br />
Loch der Teufel einen gottlosen Menschen soll hindurch und<br />
hinaus geführct haben und feinen Braten geholet haben. Waß<br />
dieß <strong>für</strong> ein gottloser Mensch ist gewesen, daran Gott ein solch<br />
schreckliches Exempel statniret, kan man wohl erachten, daß er<br />
ein vermessner, gottloser Mensch, der Gott und sein Wort<br />
verachtet nnd dem bösen Feinde sich gänhlich ergeben haben<br />
muß. An den Mauern neben dem Dache werden auch noch<br />
die Krallen gesehen, die er Zum Gedächtniß hinter ihnen verlassen,<br />
die er gcrizzet haben soll, als er ihn hinweggeführct.<br />
Behüte Gott <strong>für</strong> solcher Auffarth! Sonsten ist die Stadt anch<br />
nicht sonderlichen fest mit Wällen und Pasteyen verfehen gewesen,<br />
als mit einer Mauren, die hernmb gewesen.<br />
Von dannen bin ich noch deß Tages wiederumb gezogen<br />
und erstlichen kommen ans ein Dorfs, Meßkinhagen, weiter<br />
auf Brand es hoffe, und weil es am Sonnabend Abend gewesen,<br />
da hab ich hören zur Vesper aus den Dörffern beern^),<br />
wie allenthalben im Lande bräuchlichcn feyn foll. Umb den<br />
Abendt bin ich fast mit dem Znschluß nach Strallsundt<br />
kommen, wie weiter folgen wird.<br />
^) beiern. Von derselben alten Hand, welche die im Text vor-<br />
kommenden Ortsnamen ans den Nand ausgeworfen hat, ist hierzu die<br />
Bemerkung gemacht: „i. o. mit dem Klöppel an eine Seite der Glocken<br />
anschlagen." Der Gebranch herrscht bekanntlich noch jetzt auf dem<br />
und vielleicht anch in einzelnen Städten Pommerns.
78 v. Vülow, Wanderung<br />
Von Strallsundt, auch einer pommrischen<br />
Hauptstadt.<br />
Diese Stadt Sundt oder Strallsundt hat ihren Nahmen<br />
von 8u8Ìon6, einen Herzzogen aus Francken, ^) welcher<br />
sie Ao. 1046 gleichwie auch Franckfurt an der Oder, mein<br />
liebes Vaterland, gebauet hat. Ist eine feine, große und wohlgebaute<br />
Stadt jezt gewesen, mit schönen von gebrannten Ziegeln<br />
Steinhäuser gebauet, aber sehr enge Gaßen, und wird schlammig<br />
darinnen gehalten. In dieser hat es sehr viel Brunnen gehabt,<br />
fast in allen Gaßen; 25) ^ den Orten der Gaßen hat es auch<br />
viel hölzerne Pfäle um die Ende eingeschlagen, köndte nicht<br />
anders verstehen, daß solches geschehen von wegen den Häusern,<br />
damit sie nicht da<strong>für</strong> könten beschädigt werden. In diese Stadt<br />
bin ich kommen auf den Sonnabendt zu Abendt und zu einem<br />
Büchsmacher eingekehret, so gute Leuthlein gewesen und mir<br />
alles Gutes gethan. Diese Stadt hat erst den Barden Seer<br />
zum Fürsten gehabt, jetzt gehörets unter daß Herzogthumb<br />
Wolgast.<br />
Es hat diese Stadt eine vornehme Hauptkirchen gehabt,<br />
welche zwar nicht schön und zierlich ausgebutzet gewesen, wie<br />
ich denn fast in allen Orten des Landes gefunden, es wird<br />
aber alle Sonntage in allen der Gottesdienst mit Predigen und<br />
Sacramentreichen steißig bestellet und also angeordnet, daß wann<br />
die Predigt in der einen ausgewesen, man in der andern angefangen<br />
und also, wer Lust zu Gottes Wort zu gehen gehabt, in<br />
alle kommen mögen. In der obersten Pfarrkirchen, S. Nicolaus<br />
genanndt, hab ich nach vollbrachter Predigt des Raths ernsten<br />
Befehlig ablesen hören, denn ihnen der schärft genug <strong>für</strong>bracht<br />
vom Prediger worden, alß<br />
erstlichen soll Niemandt vor der Predigt in den Häusern<br />
oder Kellern Gäste sezzen, noch bey Gesöff aufhalten.<br />
24) Anmerkung derselben alten Hand: „i-0etiu8 vom Sund, der<br />
dabei ist, und Stralen, i. 6. Bogenschuß."<br />
25) Vgl. Brandenburg, die Anstalten zur Versorgung Stralsunds<br />
mit Wasser, S. 15 u. 28.
eines fahrenden Schülers. 79<br />
2. Es foll Niemands unter der Predigt auf dem Marckte<br />
oder <strong>für</strong> den Thoren und auf den Graben und anderswo fpatzieren<br />
gehen sich Niemandt finden laßen.<br />
3. Die Tezweiber mit ihrem Kramwerck follen nicht länger<br />
auf dem Marckt feil haben, biß daß man in der Kirchen zusammengeschlagen<br />
hat, alsdann sie sich bald von dannen machen<br />
sollen.<br />
4. Daß nicht Jedermann Alles auf die Pracht und sonderlich<br />
das Weibsvolck auf die Hoffart legen folten, fondern vielmehr<br />
die Häufer davor bauen.<br />
Es ist die Stadt auch am Meerstrandt gelegen, denn es<br />
auch eine <strong>für</strong>nehme Seestadt, sie liegt auch an einem guten<br />
geschlahen Boden, dabey ein gutes Getraydelandt; sehr schönes<br />
Weibsvolck und hoffärtiges giebts allda. Diese Stadt ist auch<br />
ziemlich fest, mit Graben, Mauren und Waßer herumb wohl verwahret;<br />
in den Stadtgraben habe ich die ersten gezämten Schwane<br />
gesehen, welche allda gewohnet, genießet und ihre Jungen erzogen.<br />
26) Es braut auch allda ein gutes, gesundes und wohlschmeckendes<br />
Bier, welches das berumbste in Pommern, darumb<br />
es auch zu Waßer weit geführet und allenthalben gern getrunken<br />
wird. Es hat fonsten ein wohlhabendes Volck allda, und wird<br />
die Kauffmannfchaft und Schiffarth anch fleißig getrieben, denn<br />
man dannen aus der Ostsee hin und wieder, als in Preußen,<br />
Dännemarck, Norwegen und andre Insulen lauffen kan, das der<br />
Vürgerfchafft gute Nahrung und Reichthumb giebt.<br />
Nachdem ich mich in dieser Stadt Sundt nach Nothdurfft<br />
besehen, bin ich mit einem Schöftknecht fortgezogen, und auch<br />
diefe Herrfchafft Bart besehen wollen, so auf der rechten Hand<br />
der Straßen mir fonsten wär liegen blieben. Sindt erstlichen<br />
zu vielen Seen^) kommen wie auch Teichen, fo im Lande allda<br />
gehabt, darauff viel Schwanen hauffenweiß gewesen; gen Bart<br />
sindt wir kommen zur Vesperzeit, davon ich weiter melden will.<br />
26) Brandenburg a. a. O. S. 9. Anm. 1.<br />
2'j Der Pütter- und der Vorchwalljee, weitere Seen von Bedeutung<br />
giebt es zur Zeit in der Gegeud nicht.
89 v. Välow, Wanderung<br />
Von der pommrischen Herrschafft Bart und des<br />
Städ tleins.<br />
Diefes ist die dritte Herrfchafft unter den pommrifchen<br />
Fürsten und Herzogtümer, wann fie in Theilung sindt; ist<br />
ein kleines aber wohlgebautes Städtlein gewefen, darinnen die<br />
Bürgerschaft ihre Nahrung von dem Ackerbau und Bierschanck<br />
haben nehmen müssen. Ein schönes wohlgeziertes Kirchlein<br />
hab ich allda funden, mit schönen Taffeln und Gemählden<br />
ausgepuzzet, ^) als ich in Pommern nicht funden. Es hat<br />
auch in diesem Städtlein ein <strong>für</strong>stliches Schloß und Hauß<br />
drinnen gehabt, darinnen die bartische Herrschafft Hauß gehalten<br />
und Hoffhaltung allda volführet: das Schloß ist mit<br />
breiten Naßergraben umbfangen und wie auf einem Wall in<br />
der Mitte gelegen. Ein sehr herrlich Bier hat auch das klein<br />
Städtlein geben, davon viel gehalten und weit ans dem Lande<br />
abgeholet undt getruncken wirdt, wie ich denn in Renßen in<br />
vielen Dörffern das Bier getruncken und angetroffen habe.<br />
Es giebt in Pommern an vielen Orten treffliche gute Bier -<br />
weil keiu Wein in diesen Lande wächst, so hat Gott das Land<br />
nnd ihre Städte mit sonderlichen berumbten Bier begnadet,<br />
wie denn darinnen gefunden worden das gartzker, stettinisch<br />
Bitterbier, stargarter, strallsnnder, bartischer und paswalcker<br />
Pasanelle, so den andern <strong>für</strong>nehmlich <strong>für</strong>gehen. Von dannen<br />
bin ich allein, als ich in diesem Städtlein umbgeseheu, eine<br />
Meile ans Land gezogen, bin aber in einein Holz irrgangen<br />
und von jungen Tnrteltauben oder Krohen ^115. wohl vexieret<br />
worden und gar spat in der Nacht in ein Dorfs kommen,<br />
Langeshagen,^) genanndt, allda ich im Krng bey den Feuer<br />
im Hause müßen liegen bleiben, da es sehr viel Ratten und<br />
große Mäuse gehabt, die von Boden auf mich herunter gefallen.<br />
Deß andern Tages, als ich fortgereiset, bin ich umb den halben<br />
N) Die S. Marienkirche, zu den schönsten Kirchen Pommerns<br />
zählend.<br />
^) Wahrscheinlich Langenhanshagcn, Dorf 1'/^ Meilen südwestlich<br />
von Barth nnd ebensoweit östlich von Damgarten entfernt.
eines fahrenden Schülers. 81<br />
Mittag wieder in die rechte Straßen kommen nnd von einem<br />
Weibe, so ans dem Felde Torp gegraben, znrechte gewiesen und<br />
auf ein Dorf kommen, Klein mü hl e genanndt, hernacher auf<br />
ein klein Städtlein zu kommen, Th ammgar ten, da ich von<br />
Pfarrherren die Mittagmahlzeit empfangen ^") und bald wiedcrumb<br />
anf einen offenen Flecken, Riebniz, welche beide Städtlein<br />
kaum einen Büchsenschuß von einander gewesen, daran die<br />
See gestoßen und vorzeiten allda eine schöne große Stadt gestanden<br />
und von der Ostsee ersauffet und verderbet worden;<br />
wie denn die beiden kleinen Städtlein drauf gezeiget, daß sie<br />
zusammen gehören, als die Stadt noch gestanden. Von dannen<br />
bin ich weiter in einem Holz zu einem Krug kommen, allda<br />
ich ein wenig gernhet und verbüßen, und heruacher von dannen<br />
auf Rostock in mecklenburger Lande, davon hernacher wirdt<br />
gemeldet werden.<br />
Beschreibung deß Mecklenburger Landes.<br />
Das Hcrzogthumb Meckelburg sampt der Graffschafft<br />
Schwerin, Rostock und Stargart sindt vorzeiten ungethciltc<br />
tzerrschafften gewesen, ist ein sehr fruchtbahres Land und überflüssig<br />
an Korn und Holz, auch fischreich, viel Viehes und<br />
Wildprcts, mit vielen großen und reichen Städten, Schlößern,<br />
Flecken und Dörffern wohlgezierct und gebauet, die ersten Einwohner<br />
deßclbigen Fürstenthumbs sindt genennet gewesen die<br />
Heruler oder Werrlen, sindt mit den Wenden unter eines<br />
Königes Regierung begriffen, daß ist soviel als Obotriten<br />
oder Gundtscharen oder Nottiren, ihre Abgötter sind<br />
crstlichen gewesen Teutones, welchen sie Menschen geopfert,<br />
darnach Radagast, welcher ein König bei ihnen gewesen, den<br />
haben sie stattliche Tempel aufgerichtet und seinen Bildniß einen<br />
Harnisch und Panzer angethan, und auf die Brust einen Ochscnkopf<br />
gesczzt.<br />
^) Nach den Matrikelnachrichten im Staatsarchiv war Adam<br />
Schröder damals Pastor in Damgarten. Die gewaltsame Trennung<br />
von Damgarten und Nibnitz dnrch die Flnth gehört zn den historisch<br />
nicht verbürgten Erzählungen des Reisenden.<br />
6
82 u. Vülow, Wanderung<br />
Es ist aber dieß Volck, die Werrlen, ein streitbahrcs Volck<br />
gewesen, welche nie von den Römern überwunden worden,<br />
sondern haben viel Kriege helffen führen nnd auch selbst gcführet,<br />
sind mit den Gothen nnter andern Bölckern die vornehmbsten<br />
gewesen, die Italien und Rom, Franckrcich nnd Hispanien,<br />
auch Afrieam, Asiam nnd Enropam bekrieget haben,<br />
und wiewohl Kayscr Karl in die 30 Jahr Krieg geführet, hat<br />
er doch die Werten <strong>für</strong> seine Freunde gerne gehabt und gehalten.<br />
Die Wenden und Werrlen haben einen König gehabt,<br />
Antyrius genanndt, welcher einen Ochsentopf und daß Pferd<br />
Alexanders Vueephalus im Schilde geführct, daher denn noch<br />
hente zu Tage die Fürsten zn Meckelburg wie auch die Rostock (!)<br />
eiuen Ochsenkopf mit weißen oder güldenen Hörnern führen,<br />
dieses haben sie zum Gedächtniß mit einer güldnen Krön des<br />
alten Königlichen Stammes ihnen von Kayser Carolen geschencket<br />
nnd Privilegiret.<br />
Die vornehmbste Städte sindt gewesen Mecklenburg<br />
von dem griechischen Wort ^/n/ro/?^, daß ist eine große<br />
Stadt, davon das ganze Landt seinen Nahmen, auch folgende<br />
Fürsten den Titnl behalten, nngeachtet, daß es zn vielen<br />
mahlen verheeret nnd unerbauet liegen blieben. Es hat anch<br />
nicht allein Antyrins, sondern auch Villngus, der mächtige<br />
König der Werrlen und Wenden, ihren Königlichen Siz nnd<br />
Hoffhaltung darinnen gehabt. In dieser Landschaft ist anch<br />
nicht weit von der See Vineta ausgerichtet, welche em.'<br />
herrliche Gewerbstadt ist gewesen, dahin aus India, Griechen,<br />
Reußen und Preußen Kauffmannswaarcn bracht nnd verhandelt<br />
worden, welche anch dnrch ihre eigene bürgerliche Uneinigkeit,<br />
Krieg nnd Empörnng dnrch den König aus Dännemarck<br />
gar in den Grund ist verderbet worden^).<br />
Item Rhetra, da noch alte Uhrknndt und i'Ulloi'^ einer<br />
feinen Stadt vorhanden, allda anch ein Tempel des Abgotts<br />
Nadagast gewesen; diese Stadt soll sieben feste Thor gehabt<br />
>") Die gewöhnliche Erzählung von der Wnndcrstadt Vineta, nur<br />
an einen anderen Ort verlegt.
eines fahrenden Schülers. 83<br />
haben, auch mit tiefen Graben nnd Manren wohl verwahret,<br />
soll gelegen seyn in den ftargartischen Lande nicht weit von<br />
einem großen See. Von den andern vornehmen Städten,<br />
darinnen ich kommen bin, will ich weiter melden folgende:<br />
Von Rostock der Hauptstadt<br />
deß Landes Meckelbnrges.<br />
In diefe Stadt bin ich kommen den 11. Maji und nach<br />
meinem Schul- und Wandersgesellcn Henrico Kiliano ^), deßen<br />
ich bey der ersten Reife gedacht, gcfraget, welcher sich dazumahl<br />
gleichfam in Wirthstandt und Ehestandt begeben; diefen,<br />
weil ich denselben gleich in feinem Vaterlande daheim angetroffen,<br />
bin ich zur Herberge bey ihm eingekehret, hab auch<br />
bey vier Wochen bey ihm stille gelegen und auf ihn gewartet,<br />
welcher mir gar viel Gutes in feinem Hanfe wegen alter bekannter<br />
und erkannter Frenndfchafft gethan.<br />
Diefe Stadt Rostock ist eine <strong>für</strong>nehme und große Hauptstadt<br />
in mcckelburger Lande, liegt nach der Länge mit lautern<br />
von gebrannten Ziegeln Steinhäusern erbauet, fehr schöne,<br />
große starcke Gebäude nach der alten feestädtischen Art. In<br />
dieser Stadt hat es weite Gcchen und einen großen Marckt,<br />
darauf ein feiner Waßerbrunnen, hat auch ein reiches und<br />
wohlhabendes Volck darinnen, doch nicht alfo hoffärtig, wie zu<br />
Strallsunde, und mit ziemlicher Kleidung, reinlich, doch aber<br />
fonderlicher unbekannter Tracht, sonderlichen verstellen die<br />
Hucken das Weibsvolck sehr, welches sie über die Hauftter<br />
ziehen und vor den Mantel braucheu. In dieser Stadt hat<br />
es vier vornehme Haubtkirchcn, die in der Unterstadt S. Nicolaus<br />
genannt, bey derselben ist eine hohe Spizzen gewesen,<br />
die dazumahl wieder gebauet und mit Schwer gedecket, denn<br />
sie längst nicht zuvor von einem Sturmwinde herunter ge-<br />
32) Er hatte mit demselben, nachdem eine vom Juli 1585 bis<br />
in den Winter dauernde Pest die frankfurter Studenten von dort ver-<br />
trieben hatte, am 25. Mai 1586 seine erste Ncise nach Oestreich an-<br />
getreten.
84 v. Vülow, Wanderung<br />
worffen.^) In diesen Kirchen hab ich ein fein Gemählde ge-<br />
sehen, welches mir sehr Wohlgefallen; es ist aber dieß Blldniß<br />
gewesen ein großer Mann, loie man den großen Christophorum<br />
in den Kirchen pfleget zn mahlen, darinnen die Laster der<br />
Menschen fein <strong>für</strong>gebildet.<br />
Fürbildung des großen Mannes Zn S. Nicolaus.<br />
Erstlichen gieng diesem Bildniß ans dem Mnnde ein<br />
Strahlen, wie der höllische Rachen getitnliret, ci-Hpula, dar-<br />
nach aus der rechten Hand ^v^i'itil^ aus der lincken Hand<br />
8u^6lI)Ì3.) aus der rechten Seiten odiniu. und aus der lincken<br />
Seiten piAi'iti^ aus dem Herzen ii'^, und zwischen den Beinen<br />
Die andre Kirchen wird genanndt zu S. Marien, oder<br />
unser Frauen Kirchen, ist eine feine große Kirchen gewesen,<br />
daran hat man zu der Zeit auch gebauet und fein angerichtet,<br />
darinnen hab ich einen feinen hölzernen Predigtstuhl gefunden,<br />
gar artig und künstlich, mit schönen Figuren ausgeschnizzet<br />
und gezieret.<br />
Die dritte, S. Petrus Kircheu genaiiudt, ist auch eine feine<br />
Kirchen gewefen, darinnen ein feiner Predigtsthul, von Werck-<br />
stücken ausgehauen uud auch mit artlichen Figureu gezieret.<br />
Die vierdtc ist die Pfarrkirchen S. Iaeob, darinnen die<br />
rechte hohe Predigt am Sontage darinnen gehalten, bey der-<br />
selben hat man eine durchsichtige neue Spitzeu erbauet uud<br />
mit Kupfer bedecket. In dieser Kirchen war ein schöner Predig-<br />
stuhl, von weißem Alapasterstein ausgehauen, welcher Ao. 1557<br />
erst erbauet, sowohl ein schön neu Orgelwerck Ao. 1585 er-<br />
bauet. Unter diesem Orgelwerck war zu sehen ein Todesbild,<br />
das hatte ein Stundenglaß in Händen und war mit Drath<br />
also gerichtet, daß wann die Uhr in Thurme die Stunden ge<br />
meldet oder geschlagen, hat daß Stundenglaß von sich selbst<br />
durch die Drähte und derselben Bewegung umbgewendet als<br />
n) Der Einsturz geschah am 30. September 1573. Flörcke, die<br />
vier Parochiallirchen Rostocks, Seite 23.
eines fahrenden Schülers. 85<br />
wann das Todtenbild. In dieser Kirchen hab ich den weit<br />
berühmten uud hochgelehrten Mann und D. Simonem Pauli ^)<br />
an: Sonntag Cantate und voc6in jncuuclitAtig praediciren<br />
hören, bey welchen man schöne Gaben und reichen Geist zu<br />
hören gewesen.<br />
In der ersten Predigt hab ich die zweene I0008 von<br />
ihme gehöret, wozu uns des Herrn Christi Leiden und Creutz<br />
diene, und wozu auch unser zeitliches Creuz uns diene.<br />
Znm andern von Ampt des h. Geistes, da er unter andern<br />
diese 1ii8toriü< erwehnet von studioso zu Wittenberg, welchen<br />
der H. Lntherus besucht und gefragt, waß er Gott in seinen<br />
letzten Stündlcin überantworten wollen, er ihme zur Antwort<br />
gegeben: Ein geringstes Herz und zerschlagen und zerknirschten<br />
Geist, mit dem Blut Jesu Christi besprengt. Darauf Lutherus<br />
geantwortet: Mein Sohn, so fahre hm in Gottes Nahmen,<br />
du wirst Gott geuungsam überantworten und ein angenehmer<br />
Gast erscheinen. Mehr hat er auch des Königes Astiages<br />
Historie mit dem Harftago, den er seinen Sohn schlachten und<br />
Zu eßen geben, crzehlet, der diese blutdürstige That müßen verschmertzcn<br />
mit diesen Worten: Niki ^l^^et, Huio^nid rox i^oit.<br />
Mit mehrern hat er einer Königin erwehnet, die sich in<br />
einer Münchskappen hat begraben lassen. Sprach D. Simon:<br />
Ich ziehe mich alle Morgen und will mich in meinem Sterben<br />
anziehen lassen mit der Gerechtigkeit Gottes und damit begraben<br />
und <strong>für</strong> Gott beßer bestehen als die Königin mit ihrer<br />
Münchskappen.<br />
In der andern Predigt hab ich notiret, da er den Ioou.m<br />
traetiret vom Gebet, hat er die Historie von dem Themistoele<br />
reccnsiret, welcher vom König Artaxerxe ins Exilium verjagt,<br />
aber durch Unterricht seinem Gemahl mit ihren jungen Sohn<br />
wiederumb zu Gnaden kommen, denn er ihm auf den Arm<br />
entgcgcngetragen, sprechende: Allergnädigstcr König uud Herr,<br />
ich bitt E. K. M. ihr wollet mir umb dieses eures Sohnes<br />
^) S. über denselben Iöcher, Gelehrtenlexicon. Er starb den<br />
17. Juli 1591.
86 u. Vülow, Wanderung<br />
willen gnädig seyn. Also solten wir mit Christo Jesu <strong>für</strong><br />
Gott unsern himmlischen Vater kommen umb deßelben willen<br />
Gnade bitten.<br />
Auch hat es in dieser Stadt Rostock eine Universität und<br />
hohe Schul Anno Christi 1419 fnndiret, die Auditoria sindt<br />
zwar nicht gar herrlich gebanet gewesen, gelegen auf einem<br />
weiten Plaz, der Hoppenmarckt genanndt; auf dieser Universität<br />
sind neben andern gewesen die berümhten Männer David<br />
Chyträus 83. tliooloZi^o I)0otoi') itoui S. Pauli,<br />
0t ^8t01') Nathan ChytraeUs, ^^) ^>008008 ^1'0lo880<br />
der dazumahl den Oviclium gelesen, dessen I6ctioii68 ich gehöret.<br />
Mit den andern hab ich persönlichen geredet und in<br />
mein Stammbuch uotiren laßen. Der Herr D. Chytraeus ist<br />
kranck und nicht wohl anf gewesen, doch dnrch seinen t^iniiluni<br />
zu sich in sein Musäum fodern und von den Znstandt der<br />
franckfurtischen Universität und derselben pi'ot^380i'idn8 sich<br />
mit mir unterredet, sonderlichen nach dem ^Vcm^olio mit Fleiß<br />
gefraget, der ihm bekanndt gewesen, anch allda im Lande<br />
Mcckelburg gcfreyet, und weil er von nur vernommen, daß ich<br />
in Dännemarck reisen, hat er dem Herrn D. Kuuftpen, Verwaltern<br />
des Klosters Ringstet, ezliche seine gedruckte ma.t6i'iÄin durch<br />
mich zugeschickt; lezlichen als ich valedieiren, hat er gebeten,<br />
ich wolle <strong>für</strong> ihm bitten helffen, daß ihn Gott wolle von der<br />
bösen Welt zur himmlischen Wonnen und ewigen Leben seeliglichen<br />
helffen wolle.<br />
Herr D. Simon Pauli ist gar unmüßig gewesen nnd mit<br />
vielen Geschafften beladen, doch zu mir kommen uud gar freundtlichen<br />
mit mir geredet, mein Stammbuch zu sich genommen,<br />
darinnen seinen Nahmen annotiret und dnrch seinen t^mulinn<br />
wiederumb überantworten lassen. In der Zeit als ich in<br />
Rostock gewesen und die Königin ans Dänncmarck mit ihrer<br />
Tochter, dem Franlein von Wolffenbütten dahin ankommen<br />
sollen, haben sie den 13. Maji die Bürgerschafft gemustert,<br />
35) Ueber die Gebrüder David sgeb. 26. Febr. 1531, gest. 25. Juni<br />
l600) und Nathan Chyträus (geb. 15. März 1543, gest. 25. Febr. 1595)<br />
vgl. Allg. Deutsche Viogr. IV. S. 254 ff.
eines fahrenden Schülers. 87<br />
dieselbigc in ihrer Rüstung anzunehmen, allda man warlich<br />
ein herrlich und wohlstaffiret Volck an der ganzen Bürgerschafft<br />
der Stadt gesehen, wohlausgepuzzet mit ihren Ober- und<br />
Nntergewchren, in schönen Schmuck mit Fedcrbuschen und Feldzeichen,<br />
Fahnen und Heerführern, ihre Obersten und Leutenampts,<br />
das wohl mit Lust anzusehen und sich darüber zu verwundern.<br />
Es sindt mir auch bey meinen alten Freundt Henrico die<br />
vier Wochen über mancherley selzamc Speisen und fremde Geträncke<br />
<strong>für</strong>kommen, so ich vor der Zeit nicht gesehen, sonderlich<br />
von mancherley Seefischen, also von Meerschwein, das ist ein<br />
fettes, füßes, liebliches Eßen gewesen, item frische Platteysen<br />
oder Schollen, wie sie des Landes genannt; Rochen, ein selzamer<br />
stattlicher Fisch mit einen: langen Schwantze; frische Hering,<br />
ist ein gar süßer Fisch; bergische Butten, sind fast der Art als die<br />
Blatteisen, nicht so groß; ist ein Herreneßen auf dem Rost<br />
geröstet; ist ein sehr fetter Fisch, gilt zum Trunck auf Kohlen<br />
gebraten; frischen Durst oder Morellcn oder Marrelen, diese<br />
sindt gar gemein mit Scnff wie den Stockfisch zu eßen. Auch<br />
haben sie viel frembden und spanischen Wein allda, wie denn<br />
mein Schulgesell, der H. Kilian, einen Weinschencken der Stadt<br />
geben hat, als Alacant; Zietcnwein, ein schwarzer Wein;<br />
Bastart; Hipocras, ein starckes von Gewürtz zugerichtetes Geträncke,<br />
wie ein Malphasier.<br />
Auch sindt zu sehen gewesen allda Meerwunder, alß Drachen<br />
mit Flügeln, Fische mit Flügeln, lange Fische mit breiten und<br />
langen Schnäbeln, item Löffelgänse, Schwanen :c.<br />
Diese Stadt ist auch wohl mit aller Nothdurfft begäbet<br />
gewesen, zu Lande der einen Seiten mit einen fruchtbahren<br />
Boden und gut Getraidigtland, item mit schönen Wiesen, Obstund<br />
Hopfgärten, nach der Warms^) und Waßer. Allein das<br />
Holz ist theuer und selzsam gewesen, undt wirdt sehr der Torp,<br />
so aus dem Erdreich wie Raßen gestochen, gebrauchet, welches<br />
wie Holtz brennt und gewaltige Gluth giebt, wird zum Braten<br />
und Kochen gebraucht. ^)<br />
36) Der Warnowfluß ist gemeint.<br />
3') Tors war dem Reisenden also unbekannt. Uebrigeus war auch
88 u. Bülow, Wanderung<br />
Es hat deßelbigcn Landes selzame Art mit den Baden<br />
uud Badstuben, so mir wunderbahrlich sürkominen, als ich<br />
daselbsten in die Vadstuben gangen, mich verwundern müßen,<br />
denn alles Volck, Mannes- und Weibesvolck, Gesellen und Jungfrauen,<br />
Jung und Alt, Klein nnd Groß, dnrcheinander gangen,<br />
gesessen uud gebadet, darzu hat das Mannsvolck nicht viel<br />
Schurtztücher furgebunden, sondern wird ihnen nur Qvasten,<br />
die Scham zu bedecken geben, daß halten sie <strong>für</strong>, wie Adam<br />
die Feigenblätter, und ziehen mit dahin <strong>für</strong> Franen und Jungfrauen,<br />
sizzen auch neben und untereinander, aber an allen kan<br />
Aergerniß geschehen, will ich nicht glauben, daß manche gute<br />
Madonna, so sie etwas Frembdes siehet, nicht selz am, oder den<br />
Junggesellen vor den Weibern. Das Volck im Lande und<br />
Stadt sind es also gewohnt, achtens nnd schcuens nicht, aber<br />
mir und einen Ausländischen kombt es selzam nnd wunderlich<br />
<strong>für</strong>, wie ich mich dann entsezzct und das lot'u^ium geben<br />
wollen, wenn der Bader mich nicht wieder zurückgeholet und<br />
Bericht gegeben. ^)<br />
Durch diese Stadt fleust auch am niedern Ort ein Bach<br />
hindurch, die Warno genanndt, treibet <strong>für</strong> der Stadt und<br />
S. Petersthor bey Vierzehen Wühlen, ezliche mit 4, 5 und<br />
mehr Gängen. Dieses Waßer, die Warno, wird nach der<br />
See warts groß, daß die Schiffe aus der See in die Stadt<br />
drauff lauffen können. Es hat auch uach dem Zingel hinauß<br />
viel Windmühlen umb diese Stadt herumb.<br />
Diefe Stadt hat eine sonderliche Gabe, brauet und giebet<br />
ein gutes rothes Bier, das rostocker Oehl genanndt, dadnrch<br />
die Bürger sehr gute Nahrung haben, denn es wird weit zur<br />
in Pommern, wenn anch einzelne Torfnutzungen sich schon sehr früh<br />
finden, das Stechen des Torfes nnd die Benutzung desselben als Brennmaterial<br />
selbst in der Mitte des l. Jahrh, noch nicht allgemein.<br />
Valt. Stnd. XXIV. Seite 58. Anm. 34. Scll, Gesch. v. Pommern II,<br />
Seite 246.<br />
38) Es fällt auf, daß die im ganzen Mittelalter vorkommende<br />
Mischung der Geschlechter in den Badstubeu dem Reisenden unbekannt<br />
ist. Vgl. n. a. Kriegk, deutsches Bürgerthum im Mittelalter, Neue<br />
Folge, 1871.
eines fahrenden Schülers. 89<br />
See warts biß in Preußen und andre benachbarte Landschafften<br />
geführct, ist guter Substanz und Geschmacks, nutrirsi und alimentirei<br />
sehr wohl, ist ein gutes Winter- und Sommerbier.<br />
Die Dännemarcker halten viel davon, und wird zu Copftenhagen<br />
soviel als Wein ausgetruncken; wenn man schon eben<br />
viel deßelben trincket, so befindet man davon keine sonderliche<br />
Beschwerung nicht.<br />
Und weil ich mich in die Länge zu Rostock aussgehalten,<br />
auch auf ein Schiff, so der Schiffmann anrichten lassen, warten<br />
müssen, hab ich auch des Fürsten und Hertzogen von Meckelburges<br />
Sizz nnd Hosstager, so nur 4 Meilen von Rostock gelegen,<br />
besehen müßen, davon ich auch ezliche Meldung thun will.<br />
Von Güstro und dem Hofflager<br />
des Hertzogen von Meckelbnrg.<br />
Von Rostock bin ich deß Morgens ausgangen und umb<br />
Glock 1 nach Güstro einkommen; bin, als ich mein Eßen<br />
und Trincken vollbracht und wegen hizzigeu Wetter erkühlet,<br />
bin ich in dem Städtlein herumgangen und mich darinnen besehen.<br />
Ist ein kleines und ziemlich gebauetes Städtlein gewesen,<br />
davon nicht sonderlich viel zu schreiben, denn wo man<br />
Schilff und Rohr aufdecket, wendet man auf die Gebäude auch<br />
nicht viel, wie es denn auch nicht der Ort des Landes große<br />
Sachen ertragen wollen. Es hat in diesen Städtlein zweene<br />
Kirchen gehabt, als den Dom oder die Pfarrkirchen, welcher<br />
dazumahl Vorsteher und Snperintendens gewesen der achtbahre<br />
und hochgelahrte Herr Doctor Andreas Celichius^), dessen<br />
Schrifften noch heute bey Tage verHanden. Die Domkirchen<br />
ist noch fein gezicret und erbauet gewesen, zu welcher der<br />
Hertzog von Schloß durch die Stadt einen hölzernen, zugedackten<br />
Gang gehabt, dadurch in die Kirchen zu gehen biß<br />
auf seinen Standt, der da von Werckstücken herrlichen darinnen<br />
aufferbauet. Für dem Altar den Chor ist der Fürsten Begräbniß<br />
zu sehen gewesen; der Chor ist gcftflazert gewesen mit<br />
Mekl. Jahrbücher IX, S. 170 ff.
90 v. Vülow, Wanderung<br />
rothen und weißen Quadratsteinen von Werckstückcn: im Chor<br />
sind die Geschlechter der Herzzogen von Alters her verzeichnet<br />
gewesen.<br />
Es hat jeztregierender Herhog Nlricus ein schön Epitaphium<br />
daselbst von weisen Alabasterstein aufgerichtet, darinnen<br />
sein und seiner Gemahl Statue ausgehaucu zu sehen gewesen,<br />
ein weißer Alabaster, ein Küriß schön überguldet, aus einem<br />
Polster kniendt sein Fräulein Elisabeth aus königlichen Stamm<br />
Dännemarck, auch in <strong>für</strong>stlichen herrlichen I^^itu schön übergoldt;<br />
ihre Gesichter haben sie gegen dem Altar gewendet,<br />
beyde gegeneinander, auch ihre Bücher <strong>für</strong> ihnen liegendt, als<br />
gleich sie darinn lesen, also daß diese Statue lieblich und lustig<br />
anzuseheu; an der Wandt in einer steinern Taffel ist das<br />
Stammregiester und Ursprung ihres Anfangs mit goldener<br />
Schrifft verzeichnet gewesen, welches das Vornehmbste darinnen<br />
zu sehen; sonsten ist sie auch ziemlich gezieret gewesen mit dein<br />
Altar und Predigtstuhl. Ein altes Kloster, davon die Kirchen<br />
noch gestanden, ist auch allda zu sehen gewesen, die andre<br />
Kirchen aber ein schlechtes Kirchlein <strong>für</strong> dem Thor bey dem<br />
Gottesacker und Vogelstanden, allda nicht sonderlichen zu sehen,<br />
smdt die Leichenpredigten nur drinnen zu sehen gehalten worden.<br />
Hei den Doni ist auch eine <strong>für</strong>stliche Particularschulcn<br />
verordnet, darinnen ezliche arme Knaben neben der Bürger<br />
Kinder mit Fleiß unterrichtet und erzogen in guten Künsten,<br />
zum Gebrauch dem Hcrtzog in seinen Lande. Es hat auch<br />
der Fürst iu diesem Städtlein ein <strong>für</strong>stliches Schloß, und Hoffhaltung<br />
allda geführet, uicht sonderlichen starck, ist kurtz vor<br />
Verlauffeuer Zeit durch Feuersbruust sehr beschädiget, doch<br />
wieder zu der Zeit sehr in Bau gebeßert,^) also daß eiu<br />
Fürst sich nicht hat scheuen dürften, darinne zu wohnen; hat<br />
eiueu weiten Plaz darinnen umbfangen, welches viereckigt denselben<br />
wie eili Quadrat umbschloßen; neben der Schloßbrückeu<br />
zur rechten Hand, als man aufs Schloß gehen, ist ein schöner<br />
") Den Coutract des Herzogs Ulrich mit dein Baumeister, vom<br />
9. Februar 1558, siehe Mckl. Jahrbücher V. S. ?l).
eines fahrenden Schülers. 91<br />
<strong>für</strong>stlicher Lustgarten zugerichtet gewesen, darinnen man von<br />
der Brücken hineinsehen können. Dersclbige Garten ist mit<br />
lustigen Spaziergängen von schönen Leubcn, so mit schönen<br />
grünen Laubern überzogen, Lusthäuscrn, Waßerbrünnlein, verborgenen<br />
Waßerquellcn, wohlriechenden Kräutern, so die Bette<br />
neue weiße") mit Buchstaben und Schilden gepflanzet, ausländischen<br />
Früchten nnd Blumen geschmückct, und also recht<br />
<strong>für</strong>stlichen zugerichtet, daß man in Sommerzeiten fein im<br />
Schatten spatzieren gehen und verlustigen können, daß es mit<br />
Lust anzusehen gewesen, wie es in solchen Garten <strong>für</strong>stlichen<br />
pflegt versehen zu seyn. Es ist gleichsam der Landes<strong>für</strong>st von<br />
der Jagt mit seinen Frauleiu anheim kommen aus dem Kloster<br />
Dobran, darinnen Hertzog Heinrich der Löw Anno 1329<br />
ist begraben worden, allda ich beyde aus eiuer kleinen Kutzschen<br />
sehen bey eiuander sitzen. Der Hertzog ist gar ein alter Herr<br />
gewesen, nicht sehr unähnlichen Fürst Johann Georgen, Marggrafen<br />
von Brandenburg, uusern Landessürsten.<br />
Dieses kleine Städtlcin hat ein treffliches gutes Bier gebrauen<br />
und geben, als Knisenack und bernauwisch genanndt;<br />
Knisenack ist ein starckcs, trübes Bier, wie Lehmjauche, aber<br />
ein gewaltiger Kopfrcißer, man darf es nicht viel trincken, so<br />
kriechets einem in Nacken und stöst einen gar darnieder.^)<br />
Sonsten hat es auf der einen Seiten ziemlichen Ackerbau,<br />
auf der andern Seiten nach dem Schloß ist ein lauter Morast<br />
und fumpfigter röhrigtcr Ort gewesen; es hat drey Pforten<br />
darinnen gehabt. Nachdem ich mich nun nothdürfftig besehen,<br />
weil sonstcn im Städtlein nichts sonderliches zu mercken, bin<br />
ich, als ich den thörichten Kniesenack auch gekostet, umb Glock 5<br />
wiedcrumb von dannen biß auf ein Dorf, Hohen-Sprengs,^)<br />
allda ich über Nacht blieben. Des andern Tages als ich fortgereifet,<br />
bin ich umb Glock 9 wiederumb gen Rostock in meine<br />
Herberge kommen und allda abgewartet, daß die Schiffe in<br />
") Reihenweise?<br />
42) Nach Mckl. Jahrbüchern V. S, 154 sind beide Arten, das<br />
de mansche Vier nnd der Kniesenack, gnstrowcr Prodncte.<br />
") Hohcn-Sprentz.
92 v. Bülow, Wanderung<br />
Däuuemarck abgelaufen, allda ich von meinem Wirthe H<br />
Kiliano mit ezlichen vertranlichen Sachen zu seinem Herrn<br />
Vetter D. Knupfern hinter Coppenhagen verschickt, ihme cinzuantworten,<br />
wie denn auch geschehen.<br />
Meldung der dähnischen Schieffarth.<br />
Den 5. Iulii bin ich mit einen coppcnhagischen Schiffmann,<br />
Jens Olischen genanndt, der nnr eine offene Schntten<br />
mit roftocker Bier beladen, in Dänncmarck gelanffen, und mit<br />
zween eisern Kasten, so zn Rostock gemacht, abgefertiget. Ich<br />
hab in dieses Schiff und Kasten meine Sachen bracht, nnd<br />
weil das Schiff auf der Warno von der Stadt bis an den<br />
Strand gen Wormünde mählig gehen müßen, bin ich den Weg<br />
die zwo Meilen zu Fuß gezogen und uebcn einem verstörten<br />
und wüsten Kloster weggereiset nnd kommen zn dem offenen<br />
Flecken War münde, welcher am Strande der See liegt und<br />
anch eine Porta und Einlanff der See allda hat, allda die<br />
Schiffe, so in Rostock gehen nnd abgehen, auf die Wiude eiu<br />
jeder Schiffarth abwarten müßen nnd auch ankommen müßen.<br />
Dieses Städtlein ist ein offener Flecken, liegt längst am Waßer,<br />
mehrentheils mit Fischern nnd Schiffleutcu bewohnet; neben<br />
der See anf einem Hügel steht ein hoher Thurm, genanndt<br />
die Leuchte, darnmb daß er täglich den Schifflenten bey der<br />
Nacht leuchtet, daß sie recht Zum Port einlauffcn und sich<br />
darnach richten, wie fie denn die ganze Nacht dazumahl Lichte<br />
darinnen gebranndt haben, sonderlichen weil die Königin aus<br />
Dännemarck ankommen, wie weiter folgen soll.<br />
An knufft der Königin aus Dännemarck.<br />
Zu Warmnnde hab ich den heiligen Abend <strong>für</strong> dem h.<br />
Pfingsten den ganzen Tag anf mein Schiff abgewartet, welches<br />
auf der Warno dnrch die Nacht ankommen. Diesen Tag und<br />
fast zwo oder drey zuvor war viel der Königin Volck ankommen,<br />
wie denn der Flecken Warmuude Alles damit erfüllet<br />
war und noch täglichen ab nnd zuzog, uud alle Stunden neue<br />
Schiff aus der See ankamen, weil sie sonderlichen guten Wind
eines fahrenden Schülers. 93<br />
dazu hatten, welches mir gemelten Tag schöne Lust gab, daß<br />
ich die Schiff in der See lauffeu und kommen sehen, weil ich<br />
zuvor noch nicht darbey gewesen. Die Heerwagen der Königin<br />
sind alle auf den Lande und zu Warmunde gewesen, da sindt<br />
ihrer 15 bey einander gestanden und stattlichen zugerichtet und<br />
mit rothen englischen Decken und gelben Atlaß verbrämet, mit<br />
schönen königlichen Wappen behafftet. Aus den Seiten der<br />
jungen Hertzogin Brautwagen, so allda in der Kirchen gestanden,<br />
ist sehr schön angerichtet gewesen, die Unterdccke mit<br />
einem rothen Sammet, darüber ein roth englisch Tuch, die<br />
Wappen schön vergüldet, versilbert und mit schönen Farben<br />
gezieret, die Knöpfe am Wagen von Silber übergoldt, alles<br />
Holzwerck schön roth gefärbet, die Ketten und eisern Werck an<br />
den Wagen und Rädern auch alles übergoldt sambt den Rücken<br />
und aller Znbehörnng, darüber man sich wohl verwundern,<br />
soll auf viel Golden, ezliche wollen auf 1000 Gulden die Unkosten,<br />
so drauff gangen, geschätzet seyn.<br />
Des vorgemeldten gantzen Tages ist der Königin Ankunfft<br />
gewartet worden aber nicht geschehen, denn ob sie wohl erst<br />
sehr dienstlichen Wind aus Däunemarck gehabt, so hat er sich<br />
doch umb den Abendt umbgewandt und entgegen kommen,<br />
dadurch sie nicht fortlauffen sondern nur lafsieren müßen.<br />
Sindt mit der Sonnen Untergang drey Schöße zur Lohsung<br />
gethan worden, welche man zu Warmunde hören können, darauff<br />
alsbald Anordnnng geschehen, daß die Schifflcute in Warmunde<br />
hauffeuweis mit ihren Böten oder kleinen Schifflein sich in die<br />
See begeben müßen und der Königin entgegenlauffen, damit<br />
ihr und dem Schiff, darinnen sie gewesen, möchte an dem<br />
Strandt geholffcn werden durch das Rudern, weil sie vom<br />
Winde nicht fort konndten. Es war aber grausam anzusehen,<br />
wann die Schiffknechte mit ihren Boten von den uugestümcn<br />
Wellen also auff und nieder geworffen, daß man zuweilen<br />
weder Schiff noch Menschen gesehen, und wer solches nicht<br />
zuvor gesehen, vermeinet, sie kämen all umb ihr Leben; die<br />
Schiffleute aber, so solcher Schiffarth wohl gewohuet, achten<br />
dies nichts, sondern wagen sich unverzagt hinein. Sie haben
94 u. Bülow, Wanderung<br />
die ganhe Nacht mit der Königin ihrem Schiff zn arbeiten<br />
gehabt, also daß sie mit dem Tage aus der See brachten<br />
und doch ein Theils Weges in der See stehen laßen mußten,<br />
eines Büchsenschußes weit, allda es eingeanckert, welches ein<br />
großes Schiff mit gedoppelten Topsiegeln, war S. Michael<br />
genanndt. Die Königin uniste aus den großeu Schiff sampt<br />
denen, so bey ihr waren, in die kleine Boten sich begeben, so<br />
ihr entgegen geschick! und hinan helffen; darauff brachteu sie<br />
sie geführet bis an den Flecken Warmunde, da sie mit der<br />
Sonnen Auffgaug angenommen worden, da nicht ihr Hoffgesinde,<br />
sondern auch viele andere und srembde Leute uud den<br />
Legaten von Rostock empfangen ward.<br />
Meldung, wie die Königin mit fampt<br />
der Brant empfangen ward.<br />
Hie soll der Leier wißen, warumb die Königin") diesen<br />
Zug aus ihrem Reich in Dentschland vorgenommen- daß, weil<br />
sie zwene junge Fräulein verheyrathet, als dem Herhoge von<br />
Ärauuschweig und dem Könige von Schottland, die ihr Veylager<br />
mit einander ini Königreich Dännemarck zu Coppeuhagen<br />
gehalten, und der König vou Schottland sein Gemahl zn<br />
Waßer in sein Königreich, dem Fürsten von Braunschweig<br />
aber sein Gemahl zu Lande heimgeführet worden, find sie über<br />
die See in dieser Heimführuug allda ankommen; ist eben ge-<br />
") Sophie, Tochter des Herzogs Ulrich von Meklenburg, seit<br />
4. April 1588 Wittwe des Königs Friedrich II. von Däuemarck, re-<br />
gierte als Wittwe 43 Jahre lang, bis zum 4. October 1631, über<br />
Dänemark; ihr selbstständigcs Auftreten in den öffentlichen Angelegen-<br />
heiten, die tüchtige Verwaltung ihrer Güter, endlich ihr lebendiges<br />
Interesse <strong>für</strong> die Wissenschaften verdienen Bcwnndernng. Die beiden<br />
Prinzessinnen waren ihre ältesten Kinder: Elisabeth, geb. 25. Ang.<br />
1573, welche jetzt dein Herzog Heinrich Julius vou Vrauuschweig als<br />
zweite Gemahliu zugeführt ward, uud Auua, geb. 12. Decbr. 1574,<br />
am 20. April 1589 mit König Jacob VI. von Schottland vermählt,<br />
der Mutter gleich au Verstand uud kräftigem Willen, thätig eingrei-<br />
fend in die politischen Bewegungen am englischen Hofe. Verlaufs in<br />
den Meklenb. Jahrb. IX, Seite 111—165.
eines fahrenden Schülers. 95<br />
Wesen den 0. Iunii Anno Christi 1590 am h. Pfingsttage<br />
frühe Morgens. Ihr Volck wie gemeldet, hat sie alle vorher<br />
auf vielen Schiffen geschickt, hat nicht mehr als einen jungen<br />
Prinzen, zweene kleine Fräulein sambt der Hertzogin und Braut<br />
neben zween omi8ÌiÌ3.riÌ8 bey ihrem Schiff gehabt, und ihre<br />
Dienerin.<br />
Die Annehmung an See geschahe auf diese Weise, daß<br />
wie sie aus dem großen Schiff stieg, findt die Heerdrommeln<br />
aufgeschlagen und die Trommeter aufgeblasen, welches in den<br />
See und auf dem Wasser freudig erklungen und lieblichen<br />
Schall von sich gegeben; es sindt auch auf den Schiffen von<br />
den Schiffleutcn, die dazumahl auf Wind liegend wartende,<br />
viel Freudenschüsse mit den Stücken der Königin die Ehre gehalten<br />
worden. In diesen, weil viel Volck auf sie gewartet<br />
und großer Zulaufs gewesen, ist von den Trabanten und Heerziehern<br />
ein Gang biß zum Wasser und Schiff gemacht, ihre<br />
Hoffleute in allen Logiamentern zusammenkommen und in Reverenz<br />
auff hoffmännisch auffgewartet; darnach haben sich ihre<br />
Räthe und vornehme Hoffdicner benebenst den Abgesandten<br />
der Stadt Rostock zur liucken Hand in Ordnung gestellet.<br />
Hierauff sindt die beyden Räthe, so bey der Königin gewesen,<br />
erst aus dem Schiffe getreten uud mit sonderlicher Ehr den<br />
jungen König aus dem Schiffe gehoben und fornan zur Rechten<br />
gestellet, darauff die Fräulein neben ihme gestellet, zum dritten<br />
die Braut und Fürstin und lezlichen die Königin und Mutter<br />
sampt ihren Dienern, welche alle, wie sie aus dem Schiff getreten,<br />
in Ordnung also stehen blieben, unterdessen mit zehen<br />
Trompeten, die immer 5 und fünff gewechselt, freudig geblafen<br />
und mit den Heerpauken aufgeschlagen, welche von Silber und<br />
schön übergüldet gewesen. Auf solches ist es gantz still von<br />
Heerholden gebothen worden, darauff der eine Legat der Stadt<br />
Rostock ein wenig <strong>für</strong>getreten und eine zierliche Oration gehalten,<br />
darinnen er wegen der Stadt und gantzen Lande sich<br />
gencigct, ganz unterthänig in Gehorsamkeit erbothen und dem<br />
Reich ihr Schuh rühmenden unterworffen, mit freundlichen<br />
uud dienstlichen Glückwüntschung Ihr Maj. glücklicher Ankunfft;
96 v. Bülow, Wanderung<br />
ezliche Credenzer und Gcschencke der Stadt Rostock allda übersendet,<br />
von ihnen offerirei und überantwortet, sowohl fleißigen<br />
Bitten, ihn ihre Gcgendt und Stadt einzurücken nnd der Stadt<br />
Ehr und geneigten Willen vorlieb sampt gantzen Hoffgesinde<br />
anzunehmen, auch ihren geneigten Schntz nnd Schirm mit<br />
Hülff und Beförderung befohlen zu seyn laßen. Auf diese Anbringung<br />
einer von deu beydcu Räthen, so bey ihr gestanden,<br />
respondiret mit wenig und kurhcn Worten, daß Ihr Kön. Würden<br />
solches Alles mit Dauck uud höchster Freuudschafft annehmen,<br />
erböthe sich sambt den ganzen Reich alle nachtbarüche<br />
Beföderung, Schutzes uud Schirmes zu geuießeu zu laßen;<br />
daranf sich die Königin samftt der Braut, jungen Fraulein<br />
uud jungen Prinzen sich gegen sie geneiget, wie denn auch die<br />
beydeu Räthe und Hoffgesinde, so ihm Umbkreiß gewesen.<br />
Darauff sind wiederumb die Heerdrommeln uud Trompeteu geschlagen<br />
und geblasen, und ist ein jeder in seiner augestellten<br />
Ordnung auf die Burg zum Frühstück gezogeu, biß sie weiter<br />
iu die Stadt Rostock gerücket, da sie ihre Pfingsten halten<br />
sotten. Ihre Kleidung ist gar schlecht in schwarzen Tuch gewesen,<br />
wie die adeliche Trauerkleidung, wie sie denn auch gleichfals<br />
in Trauerzeit geweseu wegen ihres H. Vater uud des<br />
alteu Königes Christiam, der des Jahres erst zuvor verstorben,^)<br />
darumb sie alle in schwartze Trauerkleiduug augcthau gewesen<br />
und dähnischen Trauermüzzeu. Der juuge Priuz ist iu schwärzen<br />
gedruckten Sammet und mit eiuer güldneu Ketten geschmilcket<br />
gewesen, sonsten ist keine sonderliche Pracht allda zu seheu gewesen<br />
und vielleicht gespahret gewesen biß zu ihrem Einzug.<br />
Ihreu Auffzug haben loir nicht erwartet, sondern sind nach<br />
diesen bald abgelausten.<br />
Von der d ä nuemärckischen Sceschisfarth.<br />
Nach Anuehmung der Königin, als sie vom Waßer kommen,<br />
45) Der Reisende ist nicht recht berichtet; der Vater der Königin,<br />
Herzog Ulrich III. von Meklenbnrg, starb erst 1603; unter dein „alten<br />
Könige" kann nur ihr Gemahl Friedrich N. von Dänemark (nicht<br />
Christian) verstanden sein, welcher ani 4. April 1586 gestorben war.
eines fahrenden Schülers. 97<br />
sindt wir baldt dranff zn Schiff gangen, und hat sich der<br />
Schiffmann nichts Weilers säumen wollen, sonderlichen weil<br />
wir vollen Wind in Dännemarck zn lauffen gehabt, sind alsbald<br />
aus dcu Port von Warmundc in die See gefallen; und<br />
als wir in die See kommen, ist der Schiffmann sambt seinen<br />
Schöpknechten auf die Knie gefallen nnd zn Gott umb glückliche<br />
Schiffung angernffen, auch uns andern allen sämbtlichen<br />
ermahnet, fleißig zu beten, wie denn auch vou uns geschehen,<br />
die Segel gerichtet und mit glücklichen Wind fortgclauffen.<br />
Nachdem wir aber Zwo oder drey sechs Weges (!)^) in die<br />
See kommen, sindt die Wehen angangen, da hat sich alles im<br />
Leibe umbgekehret von den Auf- und Unterfahren der Wellen<br />
und cmui i'6V6i'6iitÌ3> alles aus dem Leibe geworffcu und gespiehen;<br />
ist einem von dem Fahren also sclzam worden, daß<br />
man weder gehen noch stehen, sondern fast todtkranck liegen<br />
blieben. Nachmittag uud Vesperzeit ist der Wind etwas größer<br />
worden, nnd durch solchen Stnrm und Ungestümmigkeit die<br />
See sehr wüthend worden, also daß das Schifflein mit Wellen<br />
bedecket worden und wir in großer Gefahr gewesen, daß offt<br />
die Wellen in großen harten Stnrm über das Schiff weggeschlagen,<br />
offt die ander uud dritte Welle immer im Schiff gehabt,<br />
und ist solch Brausen von Waßcr und Wellen undt<br />
Sturmwiudt gewesen, daß wir einander im Schiff nicht Wohl<br />
vernehmen können; offtmahls haben die Weibspersonen geschrien,<br />
als sinken wir unter; wie denn mich ein Schöpknecht<br />
immer fort und fort das Waßer ans dem Schiff, so von den<br />
Wellen hineingeschlagen, ansplumpen müßen, sonsten würden<br />
wir nicht weit gefahren sein, sondern würde des Schiff bald<br />
erfüllet seyn worden. Weil wir aber wegen der Wehen todtkranck<br />
gelegen, haben wir uns diese Gefahr nicht sosehr wahrnehmen<br />
können oder schauen: nur wenn die Wellen uns begoßen,<br />
offt aufgesehen, ob wir schon im Waßer lägen, denn<br />
wie offtmahls von den Wellen besprengt, als wann wir mit<br />
einer Kannen Waßer begoßen worden waren. Die Wehen<br />
haben immer den Tag bey uns angehalten, so lang noch etwas<br />
46 Vielleicht „Seeweges?"<br />
7
98 v. Vülow, Wanderung<br />
bey uns gewesen, biß daß das lautere Waßer kommen, haben<br />
anch nichtes zu eßen nnd trincken begehret, nnd ist eillem zn<br />
Muth gewesen, gleich wann man sich mit dein Trunck zu sehr<br />
überladen und deß Morgens eine Viertranckheit hatte, nnd<br />
nichts cßcn noch trincken kan; ist gar drehend ini Hanpt worden,<br />
daß man nicht gehen, stehen noch sizzen können, sondern<br />
immer liegen müßen, also daß der Angstschweiß herausgedrungen.<br />
Im Liegen hab ich mir das Haupt iu deu Mantel gehüllet<br />
nnd nur offt aufgesehen, wann mich die Wellen überfallen,<br />
nnd nicht gewnst, ob man ini Schiff oder See gewesen,<br />
daß nns der Todt so nahe als das Leden gewesen, wan Gott<br />
nicht beschüzzct, uud hat die Noth recht ernstlich beten gelernet.<br />
In dieser Ungestümmigkeit des Windes sindt nur wohl<br />
und schleimig fortgclauffeu, also daß es gleich getzsischet, und<br />
ezliche Segel niedergelassen biß an den Abend, da sich dieser<br />
Stnrm gelegct nnd still worden, also daß wir nicht fortgekondt<br />
sondern einanckern müßen nnd il! der See liegen blieben gleich<br />
einer Insel, Wocn genanndt, welche Insel auch iu Däuuemarck<br />
gehörig. In dieser Insel gegen nns über ist eiu hoher Bers><br />
gelegen wie ein weiser Kreidcberg, darauff ezliche Gesträuch<br />
uud Bäume gestandeu. Wir sind aber hinzukommen, die Nacht<br />
sind wir allda still gelegen, da sindt auch andere Schiffe zu<br />
uns kommen, Bier uud Vutterung bey nnsern Schifflenten gekanfft,<br />
wie denn auch mehr Schiffe umb uus eingeanckert gewesen.<br />
Den andern Morgen sind wir mit kleinen Windt gegen<br />
den Tage fortgclauffeu, da uus deuu etwas auders worden,<br />
und die Weheu uicht kommen, anch die Kranckheit sich geändert,<br />
daß man hat wieder begehrt zu eßen: und da wir fortgelauffeu,<br />
haben wir die hohen Spizzen iu Coppenhagen zn sehen bekommen,<br />
sindt auch umb deu Mittag lnuankommen, davon<br />
weiter Melduug geschehen soll.<br />
Znm Schluß niag noch folgen, was Franck von Vcecrwnndern<br />
uud fremden Thieren auf seiner dänischen Reise erfahren<br />
hat, uud was er darüber iu einem besonderen Abschnitt<br />
mittheilt:
eines fahrenden Schülers. 99<br />
Vermeldnng<br />
etlicher selzamen wunderbahrlichcn Thiere, so hin uud wieder<br />
iu der See und Meer gefunden und gesehen, anch ans deu<br />
niitternächtigeu Iuselu gebracht werdeu.<br />
Erstlicheu lverden gefuudeu uud gcseheu Wall fische,<br />
die so groß als Häuser, sonderlichen bey Island. Diese kehrcu<br />
große Schiffe umb, lvo inan sie nicht abschreckt dnrch das<br />
Trommetenblasen oder Trommelschlägen, oder mit leeren ausgeworfenen<br />
Faßen abgewiesen, mit denen sie spielen uud gauckelu.<br />
Es baueu auch die Einwohner gemcldtcs Landes Hänser von<br />
ihrem Grad und Gebeinen, welchen Grad ich selber gesehen, darüber<br />
zu verwundern, welche greuliche große Grad siud. Sie ueuneu<br />
sie anch nach ihrer Sprache Trolvall, daß ist Teufelsfall,<br />
dieweil die Schifflcute ofsl iu Zufälle uud große Noth kommen.<br />
Es werden auch wieder auder Arth gefuudeu, die nennen<br />
sie Pistres oder PH iß e der, diese sindt greuliche Thier, sie<br />
richten sich auffwarths und blasen Waßcr ans den: Haupt als<br />
aus eiueu Rohrbruunen iu die Schiffe uud crträuckeu sie, auch<br />
werffeu sie die Schiffe offtermahls umb.<br />
Mehr findet man auch, die werden Ziphus gcuauudt,<br />
siud schreckliche Meerwuuder. Dieses frißt die schwarzen Seehuud.<br />
Auch findet mau Seeschweiue, sindt loie ein ander<br />
Schwein; item auch Thiere, die einen Kopf haben wie eine<br />
Kuh, daher sie Meertühe geneuuet; item Seehundt, welcher<br />
sehr fett, und Thran, die Wagen zu schmieren von sich geben.<br />
Sonderlichen werden, anch gefnnden große Krebse, czliche<br />
Schuhe, die größeu 1 ä Schuhe laug, die werden H nmer genanndt,<br />
dieselben sindt so starck, daß sie einen schwimmeuden Menschen erlvürgen<br />
können; derer große Bein uud Scheereu ich viel umbsoust<br />
iu Däuueniarä bekomnieu und auch ezliche iu Deiltschland bracht.<br />
Auch findet man allda stachlichte Fische, Rochen genanudt,<br />
welche auch viel zu uns in Deutschland gebracht werden - diese<br />
haben die Menschen so lieb, daß wann ein Mensch ins Meer<br />
fällt oder crfanfft darinnen, daß sie ihn bcschüzzen, daß er<br />
von den andern Fischen nicht gefreßen wird.<br />
Es werden anch Schlangen in der See oder Meer fnnden,<br />
7"
100 v. Bnlow, Wanderung eines fahrenden Schülers.<br />
2 oder 300 Schuhe lang, die verwickeln sich nmb die Schisse<br />
und fällen sie nmb, wenn sie stillstehen, nnd beschädigen also<br />
die Schifflente nnd was drinnen ist.<br />
Lezlichen findet man anch ein Geschlecht wie Endtvogel,<br />
welche ans Baume wachßen, so in den Meer stehen,<br />
welche aus großen Knospen anßbrechen nnd herunter ins Meer<br />
fallen undt wie ein lebendiger Endtvogel davonschwimmen,<br />
daher sie anch Bau mg ans e genanndt werden.<br />
Also findet man auch an vielen Orten mancherley selzame<br />
Wunderthier auf dem Lande nnd Erdreich. Also eines mit<br />
Nahmen Ierff/^) zn Latein ^uio, Zn Deutsch Vielfraß;<br />
dieses soll ein so geihig und freßig Thier seyn, wann es schon<br />
den Banch vollgefreßen, so hört es doch von ihm selbst nicht<br />
auf, sondern drücket sich zwischen zweyen bey einander stehenden<br />
Beumen anß, damit es hernach mehr freßen mag.<br />
Also findet man auch Sta inen oder Steiniger,<br />
welche schneller denn Roß lanffen, item Ünxe, welche schön<br />
von Farben, so in Wolffsgrnben gefangen, nnd wilde Katzen<br />
fressen, nnd von den Türcken, Ungern nnd Pohlen in ihrer<br />
Renterey gebraucht werden.'^)<br />
Mehr Elendthier, deren Klauen nnd Fnß sehr nüzlichen,<br />
Drachen, so ich zn Rostock gesehen, Affen, Elephanten,<br />
fo auch zu uns in Deutschland gebracht werden-<br />
Löwen; Basilisken, ein gifftig Thier, so das Land nnd<br />
Lnfft vergifftet; Crocodillen, so aus einem Ey herkommen<br />
sollen und wachsen, welche Kayser Maximilianns nach Wien<br />
in Oesterreich gebracht hat, deßen große Abeontrafait noch allda<br />
zu sehen; Psittig nnd Pappegoy, welcher drcyerley Art<br />
gefunden, wie ich selbst gesehen, anch in Deutschland gebracht<br />
werden, ascherfarben, blane, grüne und gelbe.<br />
Auß diesen Wunder und Thieren genngsam Gottes Wnnderallmacht<br />
und sein Wnndergeschöpf, beydes in dem Meer, offenbahrer<br />
See, nnd ans dem Erdreich in warmen nnd kalten<br />
Landen zn vermercken und zn sehen.<br />
") Iärv, schwedischer Name des Vielsraßes.<br />
^) d. h. der Pelz derselben.
ZWeilmdmcrzigster Jahresbericht<br />
der <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Pommersche</strong> <strong>Geschichte</strong><br />
und Merthumskunde.<br />
i. ii<br />
1, April bis I. Ottober 1879.<br />
Mitgliederftatiftik.<br />
Als ordentliche Mitglieder sind der <strong>Gesellschaft</strong> beigetreten<br />
folgende 17 Herren:<br />
1. Vohnstengel, Lehrer in Grabow a. O.<br />
2. Geiseler, Direktor in Stettin.<br />
3. Goedeking, Kgl. Garnison-Nan-Inspektor in Stettin.<br />
4. von Grnben-Comsow, Rittergutsbesitzer in Comsow<br />
bei Vieh ig.<br />
5. von Grnmbkow in Frankfurt a. O.<br />
6. Haber, Gymnasiallehrer in Lanenburg.<br />
7. Hoffmann, Oberförster in Klütz.<br />
8. Iun ins, Gutsbesitzer in Löcknitz.<br />
9. Kaselow, Kaufmann in Stettin.<br />
10. von Koller, Landrath in Camin.<br />
11. Kümmert, Bürgermeister in Colberg.<br />
12. Meyer, Kaufmann in Stolp.<br />
13. von der Osten, Rittergutsbesitzer in Blumberg.<br />
14. Purgold, Kaufmann in Stettin.<br />
15. Nöber, Superintendent in Gollnow.<br />
16. Di-. Walter, Gymnasiallehrer in Stettin.<br />
17. Dr. Weinert, Gymnasiallehrer in Demmin.
102 Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. II.<br />
Außerdem wurde der Senator des Königreichs Italien<br />
Herr Graf Giovanni GoZzadini zu Bologna zum<br />
correspondirenden Mitgliede ernannt.<br />
Noch einmal die Pfahlbauten von Lübtow.<br />
Eines unserer geehrten Mitglieder, das den Pfahlbauten<br />
von Lübtow i) ein besonderes Interesse zuwendet und zu wiederholten<br />
Malen durch weitere Nachgrabungen die Frage über<br />
Alter und Ursprung dieser Ansiedelungen zu lösen gesucht hat,<br />
Herr Hauptmann Berghaus in Stargard, ist dabei zu anderen<br />
Ansichten gelangt als wir sie in unsern Berichten vertreten<br />
hatten. Wir vergönnen ihm gern zur Entwickelung<br />
seiner Ansicht das Wort, wenn wir auch seinen Resultaten nicht<br />
beistimmen können und im Wesentlichen auf unserm früher vertretenen<br />
Standpunkt beharren müssen. Die Fundstücke, welche<br />
Herr Berghaus bei seinen Untersuchungen zu Tage gefördert,<br />
hat derselbe schon vor längerer Zeit^) unseren Sammlungen<br />
mit dankenswerter Vereitwilligkeit überwiesen. Derselbe<br />
schreibt:<br />
„Ueber die bei den Rittergütern Lübtow /V und L gemachten<br />
Funde herrscht bis jetzt ein ziemliches Dunkel. Ob<br />
wir es hier mit Pfahlbauten zu thun haben aus einer prähistorischen<br />
Zeit, oder ob dieselben den Beweis liefern, daß<br />
noch die Slaven Pfahlbauten benutzt haben, ist noch nicht erwiesen<br />
und möge in Nachstehendem gestattet sein, das Für<br />
und Wider zu beleuchten.<br />
Vor Allem ist es nöthig fest zu halten, daß die gemachten<br />
Funde sehr verschiedenen Zeitaltern und Fundstellen angehören.<br />
Es ist jede Periode in ihnen vertreten. Geräthe<br />
von Hirschgeweih, ein Steinbeil, ein Streithammer, Bronce-<br />
Gegenstände und vorwiegend Eisenwaffen. Allerdings sprechen<br />
Vgl. 39. Jahresbericht.<br />
Vgl. unten die Erwerbungen des antiquarischen Museums.
Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. ll. 103<br />
anscheinend gegen ein hohes Alter der vorgefundenen Pfahlwcrte<br />
die als „Mönche" bekannten Hohlziegel, die erst seit<br />
dein 13. Jahrhundert in Gebranch sind. Aber es liegt bei<br />
Lübtow nicht Alles an einer Stelle, und vor Allem nicht<br />
in einer Schicht. Theil weise haben wir es, meiner<br />
Ansicht nach, entschieden mit uralten Pfahlbauten zu thun.<br />
Werden im Lause der Zeit andere große Seen in Pommern<br />
im Wasserspiegel erniedrigt, so werden auch da die Pfähle zum<br />
Vorschein kommen, welche Zur weiteren Untersuchung anregen.<br />
Auch mag wohl so mancher alte Pfahl, das Zeichen einer uralten<br />
Ansiedluug schon früher uuachtfam ausgerissen und<br />
bei Seite geworfen oder verbraucht worden sein, da die Aufmerksamkeit<br />
der gebildeten Welt doch erst durch die Funde in<br />
den schweizer Seen im Jahre 1858 auf diese Dinge gelenkt,<br />
nnsere Kenntniß der Psahlbanten überhaupt alfo eine verhältnißmäßig<br />
kurze ist. Und warum follen nicht in Pommern<br />
Pfahlbauten anch in ältester Zeit bestanden haben? Haben<br />
nicht Kelten oder ein anderes UrVolk vor den Germanen hier<br />
gehanst, nnd sollte nicht hier wie anderswo die Noth gczwuugen<br />
haben eine sichere Zufluchtsstätte zu gründen; bieten nicht<br />
unsere zahlreichen Seen eine günstige Gelegenheit dazu, und<br />
werden nicht die Kelten als diejenigen angesehen, welche auch die<br />
schweizer Pfahlbauten bcwohuten? Vor Allem aber stimmen<br />
die sonstigen Nebeuumstände fast genan mit den schweizer Verhältnissen<br />
überein. Gerade wie in der Schweiz finden wir<br />
bei Lübtow die Bauten an der Nordseite des Sees, der Mittagssonne<br />
entgegen, vor den Nordwinden durch Auhöhen geschützt.<br />
Ebenso wie dort ist bei Lübtow der Seegrund sandig oder<br />
lehmig, so daß das Einrammen der Pfähle keine große Schwierigkeiten<br />
vernrfachte, auch die Stärke der Pfähle, die Entfernung,<br />
in welcher dieselben von einander eingerammt find, Alles das<br />
stimmt mit den im Züricher- und Ncueuburger See gemachten<br />
Entdeckungen überein. Und nun erst die eigentlichen Funde<br />
nnd Fundschichten. Herr von Schöning-Lnbtow ^ hat sich<br />
darüber in einer Aufzeichnung, welche in das „Landbuch <strong>für</strong><br />
Pommern" übergegangen ist, ausführlich geäußert. Wir ent-
1s)4 Zweiundvicrzigster Jahresbericht. I. II.<br />
nehmen seiner Darstellung das Folgende:^) „Zwischen den<br />
Pfählen war der Boden mindestens 3—4 Fnß höher als in<br />
der Umgebung, und es bestand die obere ea. 1 Fnß starke<br />
Erdschicht ans gutem hnmösen Boden, darunter kam gelber<br />
Lehmmergel nntermisän mit kleinen Kohlen, rothgebrannter<br />
Erde n. ä. Nachdem diese Schicht in einer Stärke von<br />
12—14 Zoll fortgenommen, kam Zwischen einzelnen Pfahlviereckcn<br />
eine Lage von kanm noch erkennbaren Dielen, unter<br />
diesen weißer Sand znm Vorschein. Die Dielen bedeckten mit<br />
Abwechselung höchstens einen Ranm von 6—10 Fuß im Geviert,<br />
doch waren sie immer von Pfählen eingefaßt. Unter<br />
dem etwa zwei Zoll hohen Sande folgten abermals Kohlen,<br />
Vrandschntt, nicht Steingeröll sondern rothgebrannter Lehm<br />
und Asche. Dieser Brandschntt, in einer Stärke von zwei Fuß,<br />
hielt ans bis ans den darunter liegenden Torf, der dem in<br />
der Nähe befindlichen an Beschaffenheit glich, nur durch die<br />
Erdlast tiefer und mehr conlftrimirt war. In der oberen Brandschicht<br />
(man kann deren an den meisten Stellen drei unterscheiden)<br />
fanden sich Geräthe von Eisen, die durchaus einer<br />
sftäteren, ackerbautreibenden Zeit angehören. In dem unter den<br />
Dielen befindlichen Brandfchntt waren die eisernen Gegenstände<br />
mehr einer kriegerischen Zeit angehörig, als Lanzen-Spitzen<br />
von sechs Zoll Länge bis zn zwei Fuß in bedeutender Masse,<br />
Pfeilspitzen, eine kleine Kette, diverse Sporen, Pferdegcbisse,<br />
Steigbügel, Hnseisen, Messer u. a. Uuter dieser Schicht kam<br />
abermals eine gesonderte; in nnd unter den Steinsachen<br />
kamen ein Stein Hamm er von Granit sechs Zoll lang<br />
nnd zwei Zoll stark, glatt bearbeitet, ein Hirschhornhammer<br />
oder Hacke, Schüsseln voll graner Masse, die aber an<br />
der Lnft zerfielen, Töpfe in hübfcher Form in Urnen-Fa^on,<br />
verkohltes Korn in sehr bedeutender Masse, von dem mit<br />
größter Bestimmtheit Weizen, Gerste, Erbsen zu erkennen waren,<br />
nicht einzeln sondern gemischt."<br />
Ganz ähnliche Verhältnisse finden wir in den fchweizer<br />
^) Vgl. H. V erg haus Landbuch von Pommern und Rügen<br />
Theil II, Vd. 4. Seite 806 ff.
Zweiundvierzigster Jahresbericht- I. II. 105<br />
Seen. Wenn Herr Prof. Virchow sagt, die fchweizer Pfahlbauten<br />
ständen in keinem Zusammenhang mit der nördlichen<br />
Gruppe, so wird dieser gewiegte Kenner aber doch nicht in<br />
Abrede stellen können, daß die Art des Hüttenbanes in beiden<br />
Gruftpen sich sehr ähnlich ist, und daß die bei Lübtow in der<br />
nnteren Schicht gemachten Funde in die Steinzeit hineinreichen,<br />
mithin ein bedeutendes Alter <strong>für</strong> sich in Anspruch nehmen.<br />
Ein ackerbautreibendes Volk muß schon vor den Germanen<br />
hier gehaust haben, loie das in bedeutender Menge gefundene<br />
verkohlte Korn deutlich beweist; auch giebt es kein historisches<br />
Zengniß da<strong>für</strong>, daß die Germanen auch in Pfahlhütten gelebt<br />
hätten. Hiermit sei indessen nicht gesagt, daß jeder bei Lübtow<br />
an das Tageslicht getretene Pfahl ein Alter von 2—3000<br />
Jahren hätte; die Funde liefern vielmehr den Beweis, daß die<br />
Bauten noch bis in das Eisenzeitalter, hier speciell theilweise<br />
bis in das Mittelalter benutzt worden sind. Man findet ja<br />
auch in der Schweiz alle Zeitalter vertreten. Meist sind die<br />
Fnnde dort an einer Stelle immer auch einer Periode angehörig,<br />
indessen findet man auch, gerade wie in Lübtow, die<br />
Sachen dnrch- oder übereinander. Es wurden ja, nachdem<br />
man das neue Metall bereits kannte, die alten Geräthe nicht<br />
gleich abgeschafft, sondern noch lange neben den neuen, wohl<br />
kostspieligen Werkzeugen und Waffen gebraucht. Ganz besonders<br />
mag dies bei den Broncesachen der Fall gewesen sein. Dieselben<br />
sind in Lübtow nur sehr gering an Zahl und dies ist<br />
sehr leicht erklärlich, da jedes Stück dieses Metalles durch Tausch<br />
oder Kauf, wahrscheinlich unter großen Mühen und Fährlichkeiten,<br />
hierher gelangen mußte. Es mag also der verhältnißmäßige<br />
hohe Preis die damaligen Bewohner von der Anschaffung<br />
abgehalten haben, und nur Reicheren war es vergönnt,<br />
sich einen solchen Luxus zu gestatten. Die Mehrzahl<br />
blieb bei ihren von Alters her überkommenen Steinwaffen.<br />
Die Mehrzahl der zierlichen Broncezelte und anderer<br />
ähnlicher Waffen mag auch lvohl mehr als Schallstück uud Paradewaffe<br />
gedient haben, wozu der goldartige Glanz der neuen<br />
Nronce ein gut Theil beigetragen haben mag, ebenso wie das
106 Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. li.<br />
damalige schöne Geschlecht sich ja auch nnt Vorliebe mit broncenen<br />
Gegenständen schmückte, wenn es sich nicht zu goldenen<br />
Schmucksachen versteigen konnte. Herr Professor Vlrchmo sagt:<br />
„daß man eigentlich nicht von eiliem Stein-, Broucc- und Eisen-<br />
Zeitalter redeli müsse, sondern von eiliem Ste ili- und einem<br />
Metall-Zeitalter, da hänsig Bronee neben Eisen, ja<br />
nach dem Eisen vorkomme. Unterstützt das nicht meine Ansicht?<br />
Als das Eisen ili unseren Gegenden allgemein in Gebrauch<br />
kam, da verdrängte es allerdings bald die Stcingeräthe, da es<br />
so bedeutend praktischer wie diese nnd viel billiger als die<br />
Bronee war.<br />
Mit großer Wahrscheinlichkeit läßt sich annehmen, daß das<br />
Schicksal der meisten Pfahlbanten durch das Feuer besiegelt<br />
wurde, da bei der großen Feuergefährlichkeit der Holzhütteu<br />
eiue kleine Unachtsamkeit das Ende der ganzen Niederlassung,<br />
mindestens jedoch der betreffenden Hütte herbeiführen mußte.<br />
Nun fielen die Hüttentheile, der Fußbodeu, die Vorräche, kurz<br />
Alles in der Hütte Befindliche iu angebranntem Zustande in<br />
das Wasser, uud blieb da liegen bis jetzt. Die geflüchteten<br />
Bewohner machten sich dann wieder daran, ihre Wohuungen<br />
nen herzustellen, bis nach kürzerer oder längerer Zeit sie das<br />
gleiche Schicksal ereilte. Es entspricht auch dem Gesagten vollständig,<br />
daß die Geräthc aus Stein und Hirschgeweih immer<br />
in der untersten Schicht gefuudeu werdeu, ali mauchen Stellen<br />
auch als eiuzige Beigabe, wo iudeffen mehrere Periodeu vertreteu<br />
find, immer ganz nnten, und zwar sino Oeräthe aus<br />
Stein, Aexte, Streithammer n. a., gar nicht so selten ili Lübtow.<br />
Die Hauptfundstücke bestehen allerdings aus Eisen. Ein<br />
Theil derselben, ein Korbschwert, Sporen, Steigbügel, gehören<br />
dem Mittelalter an und wir kommen später darauf zurück;<br />
daß wir es aber mit einer uralteu Wohustätte zu thun haben,<br />
die vor der Germanenzeit bereits bebant war, deweist anch<br />
der Umstand, daß am Nordnfer des Plöue-Sees, gegenüber<br />
den Pfahlbanten, viele Grabstätten gefnnden werden. Menschcnlnochen<br />
werden ja selten ili deli Pfahlbanten entdeckt, und es<br />
mag damals wie jetzt die Pietät <strong>für</strong> die Verstorbenen den-
Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. II. 107<br />
selben eine Ruhestätte im Schooße der ^vielleicht auch schon<br />
in jenen Zeiten geweihten) Mutter Erde angewiesen haben.<br />
Fragen wir nun aber, woher die mittelalterlichen Geräthe<br />
und Waffen, woher die Hohlziegel, die „Mönche" kommen,<br />
welche dem ganzen Fnnd durch ihre Anwesenheit ein so verhältnißmäßig<br />
junges Gepräge geben. Zuvörderst sage ich da,<br />
daß dieselben als Fund <strong>für</strong> sich zu betrachten sind<br />
und mit den eigentlichen Pfahlbauten garnichts<br />
zn thuu habeu. Daß die „Mönche" und mittelalterlichen<br />
Geräthe ebendaselbst gefunden worden, kann doch nicht beweisen,<br />
daß dort nicht einst ältere Pfahlbauten vorhanden waren, im<br />
Gegentheil entspricht es nur der allgemeinen Erfahrung, daß<br />
der Mensch sich meist immer wieder dort ansiedelt, wo schon<br />
andere vor ihm gewohnt. Und mag nicht den späteren Ansiedlern<br />
die Stelle, wo vielleicht 1000 Jahre vor ihnen das<br />
Pfahldorf Lübtow stand, eben so günstig erschienen sein als<br />
diesen ihren Vorgängern? Mag nicht die gegen den Nordwind<br />
schützende Abdachung, der fischreiche See, der prächtige Weizboden<br />
ihnen eben so verführerisch erschienen sein als den alten<br />
Bewohnern, die, wie die verkohlten Getreidereste beweisen, unzweifelhaft<br />
ebenfalls Ackerbau getrieben haben?<br />
Einer alten Sage nach soll im Plönesec ein Schloß gestanden<br />
haben. Wie bei so vielen Sagen wird ein kleines<br />
Korn Wahrheit darin sein, wiewohl, da Wahrheit uud Dichtung<br />
durch einander geworfen, der historische Kern sich nicht mehr<br />
erkennen läßt. Wahrscheinlich ist das oaßti'uin oder der Burgwall<br />
Karbe, das bei Prilipp ani ehemaligen Plönebett gestanden,<br />
und von dem man noch, wenn auch uuvollkommeu, die Nmwallung<br />
zu crkeuucn vermag, mit Lübtow verwechselt oder zusammengeworfen,<br />
indessen giebt doch die Sage zum Deuten<br />
Veranlassung. Betrachten wir die Oertlichkeit, so sind vor allen<br />
Dingen z wei Fnndstcllen zu unt erscheiden; wir wollen<br />
sie der Bequemlichkeit wegen ^ und L nennen; jene näher am<br />
Dorfe, auf der Ostscite der Chaussee vou Pyrih nach Dölitz,<br />
diese südlich davon auf der Westseite derselben - nicht weit von<br />
dem Schönings-Kanal sind die unsere Hypothese der Pfahlbauten
108 Zweinndvierziqster Jahresbericht. I. II.<br />
gefährdenden „Mönche" gefunden worden, vermischt mit Waffen<br />
und Gerathen des Mittelalters. Bei ^ sind aber unter der<br />
oberen, mittelalterlichen Schicht, die oben beschriebenen Bronecnnd<br />
Steinwaffen mit verkohltem Korn ansgegraben worden,<br />
bei V nur eiserne Geräthe, und die erwähnten „Mönche" in<br />
großer Zahl. Der Bau bei Z war somit allerdings ein<br />
lediglich mittelalterliches Bauwerk, und hat mit den eigentlichen<br />
Pfahlbauten am See qar nichts gemein, während wahrscheinlich<br />
an dem Pnnkte ^ das Centrnm der alten Pfahlnicdcrlassung<br />
war, wo auch einst das sagenhafte Schloß gestanden haben<br />
mag. Bei L wurde bart an der Chanssee ein Rost blosgelegt,<br />
bei welchem, und zwar nur au seiucr Südostccke, gauz bedeutende<br />
Funde gemacht wurdeu. Dieses eigenthümliche Bauwerk<br />
besteht aus eiuem Vlockhause aus starken, 10—12 Zoll<br />
im Geviert haltenden Eichenbalken, welche an der Westseite,<br />
theilweise anch an der Nord- nnd Südseite, einfach horizontal<br />
aufeinander, und auf den hier festeren Grnnd gelegt sind,<br />
während sie an der Ostseitc, nnd an weichen Stellen der Nordund<br />
Südseite aus eingerammtcu Pfählen, die die Holzart erkennen,<br />
sich aber bequem mit einem Spaten durchstechen lassen,<br />
anstiegen. Das Gebäude liegt ziemlich genan von Nord nach<br />
Süd und mag in seiner Längsseite 30 Fuß, in der Querseite<br />
25 Fuß messen. Auf einer Ecke läßt sich deutlich noch die<br />
Einlassung <strong>für</strong> einen senkrechten Eckpfeiler erkennen. Es ist<br />
dies an der Nordwestecke der Fall, welche erst im vorigen Jahre<br />
blosgelegt worden ist, und mag daher der scheinbare Widerspruch<br />
mit dem im 39. Jahresbericht Seite 42 Gesagten<br />
kommen, weil damals nur die sehr deformirten Ecken in Süd-Ost<br />
und Nord-Ost blosgclegt waren.<br />
Die Fuude, welche bei diesem Gebäude gemacht sind, befinden<br />
sich sämmtlich an der Südostecke, außerhalb der<br />
ehemaligen Wände, — nur ein sehr schöner Bronee-Hnmpen<br />
ist innerhalb gefuuden worden, — und zwar liegt Alles<br />
5—6 Schritt davon entfernt. Bis jetzt ist das Lager noch<br />
nicht erschöpft, trotzdem bis ans etwa zehn Schritt nachgegraben<br />
worden ist. 1—1^2 Fuß uutcr der jetzigen Rasendecke bc-
Zweinnduierzigster Jahresbericht. I. II. 109<br />
ginnen die Fnnde, nnd reichen bis in eine Tiefe von etwa 4 Fuß.<br />
Bei jedem Spatenstich stößt man auf Topfscherben ohne Glasnr<br />
mit den verschiedensten Verzierungen nnd von den verschiedensten<br />
Formen, ferner ans Pfeil- nnd Lanzenspitzen, Messer nnd Dolchklingen<br />
und auf Thierknochen. Wie im 39. Jahresbericht<br />
bereits gesagt, muß eine plötzliche dringende Noth die Bewohner<br />
veranlaßt haben, die Wohnstätte zu räumen. Ihre eigene<br />
Person und ihre kostbarsten Gegenstände aus edlem Metall<br />
vermochten sie zu retten, während alles Uebrige dem Verderben<br />
anheim fiel. Es muß eine gut ausgerüstete Speisekammer<br />
gewesen sein, die da zu Grunde ging, Kiefern vom<br />
zahmen Schweine, Hauer vom wilden, Knochen vom Reh,<br />
Nippen vom Hirsch lassen sich mit Bestimmtheit erkennen, die<br />
zahlreichen Scherben der Töpfe lassen auf einen geordneten<br />
Haushalt, der mit allem Geschirr reichlich versehen, ebenfalls<br />
schließen. Nnd gut bewehrt müssen andererseits die Bewohner<br />
anch gewefen sein. Die Pfeilspitzen verschiedensten Kalibers,<br />
vom ganz leichten Vogelpfeil bis zum massivsten finden sich<br />
dort, in mancher Schafthöhlung steckt noch das Holz. Ein Theil<br />
eines Brnstharnischcs, ein Broncering, wahrscheinlich die Schnalle<br />
eines Gürtels, fanden fich ebenfalls vor, desgleichen ein bisher<br />
nnenträthfeltes Instrument, 2^/2 Zoll lang, wie Perlmutter<br />
aussehend, wahrscheinlich von Glas.<br />
Fragen wir nun, was hier die Bewohner gezwungen hat, ihr<br />
anscheinend so wohl bewehrtes und gut versehenes Heim so<br />
schleunig zu räumen, so ist Fcuersnoth ausgeschlossen. Es<br />
fanden sich allerdings Kohlen vor, aber ganz vereinzelt, die<br />
wohl ans der Küche stammen mögen; die gesammten vorgefundenen<br />
größeren Holzstücke, Balken ?c. tragen keine Spur<br />
von Feuer, auch ist kein eigentlicher Vrandschutt vorhanden,<br />
also kann es nur der Feind des Feuers, das Wasser oder<br />
der Sturm gewesen sein, wahrscheinlich Beides. Unsere schwersten<br />
Stürme, welche das meiste Unheil anrichten, kommen aus<br />
Nordwest. Ein solcher mag sich mit sammt den Flnthen des<br />
gewiß die ganze Niederung erfüllenden Gewässers ans das<br />
Gebäude gestürzt haben. Dasselbe, in seinen Grundfesten er-
110 Zweiunduierzigster Jahresbericht. I. ll.<br />
schlittert, von Wasser und Sturm bedroht, bot keinen sicheren<br />
Aufenthalt mehr, und die Bewohner retteten sich mit ihrer<br />
kostbarsten Habe an das schlitzende Ufer, während dac- Gebäude<br />
den Elementen zum Opfer fiel und, der Richtung de^ Stnrmes<br />
entsprechend, nach Südost hin zusammenstürzte. Ta keine<br />
Menschenskelette gefunden worden, so muß es ihnen also möglich<br />
gewesen sein, sich vor der Katastrophe zn retten. Daß<br />
eine starke Gewalt das Gebäude uach Südost hinüber geworfen,<br />
geht daraus hervor, daß innerhalb der erkennbaren<br />
Wände fast nichts gefunden wurde, sondern eigentlich Alles<br />
an der Südostseite. Bis an 20 Schritt entfernt, und noch<br />
weiter fanden sich hier die Hohlziegel, vermischt mit Sparren<br />
vor. Nun ist freilich keine historische Ueberlieferung vorhanden,<br />
welche andeutete, wer darin gehaust, wozu das Gebäude gedient<br />
und wann es zerstört worden ist.<br />
Doch versuchen wir anch hier den Schleier zn lüften, den<br />
Jahrhunderte gewoben haben.<br />
Wer mit den Terrainverhältnissen des Pyritzer Kreises<br />
vertraut ist, bemerkt leicht, daß vom Nordrande des Madü- bis<br />
znm Ostrande des Plönesecs ein großes Becken sich erstreckt,<br />
welches in unvordenklichen Zeiten ebenfalls See war. Später<br />
bildeten sich zwei größere und zwei kleinere Seen, der Plönefluß<br />
durchströmte diese, sowie das dazwischeu uud daneben liegende<br />
Bruch, welches zum größten Theil unpassirbar war, auch wohl<br />
oft ganz unter Wasser stand. Nehmen wir mm an, daß die<br />
Gegend bewohnt gewesen, so müssen wir dahin gelangen, daß<br />
die durch eiue fast fünf Meilen lange Wasser- nnd Sumpfstrecke<br />
von einander getrennten Bewohner doch ans irgend eine<br />
Art mit einander in Communication gestanden haben. Nnn<br />
sind beim Torfstechen im Bruch von Lübtow Z die Fragmente<br />
eines ziemlich erkennbaren Knüppeldammes entdeckt worden,<br />
welcher, soweit er bloßgelegt ist, von Pyritz auf Lübtow zu<br />
geht, und zwar in der Richtung auf den uus beschäftigenden<br />
Bau. Bei diefer Gelegenheit sei sogleich erwähnt, das; an oder<br />
ans diesem Knüppeldamm eine vorzüglich erhaltene Pfeilspitze<br />
von Feuerstein gefunden worden ist. Hier hat also einst der
Zwciuudvierzigster Jahresbericht. I. II.<br />
Jäger der Steinzeit dein edlen Waidwerk obgelegen, oder der<br />
von ihm angeschossene Hirsch ist hier in: Sumpf verendet. Dieser<br />
Damm mm, mehrere Fnß unter der jetzigen Wiefcufläche,<br />
liefert den Beweis, daß eine Commnnieation zwischen beiden<br />
Ufern stattgefunden hat.<br />
Wie lange der Darum iu Gebrauch gewesen, vermag<br />
man natürlich nicht zn bestimmen; möglicherweise begrnb dieselbe<br />
Fluth, welche das Gebäude umstürzte, anch ihn, nnd bedeckte<br />
denselben sowie alles Uebrige mit Wasser, Schlamm und<br />
Erde, bis die Negulirung des Plönesees durch den Schöningskanal<br />
den Wasserstand erniedrigte. Allerdings kann man mir<br />
entgegnen, daß bereits damals ein Uebergang beim Paß existirt<br />
hat, ob derselbe indessen so alt ist, vermag auch Niemaud zu<br />
sagen; vielleicht wurde er gar erst hergestellt, als der erwähnte<br />
Knüppeldamm zerstört und die allmählich aufblühenden Städte<br />
Stargard nnd Pyritz einer direeten Commnmcation mit einander<br />
bedurften. Der Uebergang bei Sabes kommt nicht in<br />
Betracht als später angelegter Privatweg, ebenso ein von Herrn<br />
v. Schöning durch das Bruch geführter Privatübergaug.<br />
Halten nur mm zunächst fest, daß hier ein Uebergang,<br />
vielleicht der einzige, war, so läßt sich weiter schließen.<br />
Das Geschlecht der Schöning, urkundlich säst 6^/2 Jahrhnndert<br />
in dieser Gegend ansässig, ist wahrscheinlich mit den ersten<br />
deutschen Einwanderern gleich nach der Christianisirung Pommerns<br />
zu Ende des 12. Jahrhunderts mit Grundbesitz an<br />
der Plö'ne belehnt worden. Als es diesen, durch zahllose<br />
Kriege verwüsteten uud entvölkerten, aber doch äußerst fruchtbaren<br />
Landstrich empfing, muß es damit zugleich anch Pflichten<br />
übernommen haben, darnnter vielleicht auch die, welche die<br />
Urahnen der jetzigen Besitzer jenes Gebände an Punkt L errichten<br />
ließ. Diese Stelle mnßte also Jeder passiren, der von<br />
der Südseite des Bruches nach der Nordseile wollte. Abgesehen<br />
von einem Dammzoll, der vielleicht hier entrichtet werden<br />
mußte, ist es nun uicht allem möglich, soudern sogar<br />
wahrscheinlich, daß dieser zur Vertheidigung äußerst günstige<br />
Puukt eine fortifieatorifche Anlage getragen hat, ein Blockhaus,
112 Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. II.<br />
gut bewehrt, und nur auf einem schmalen Damme angreifbar.<br />
Wenn es nun gestattet ist, dies fest zu halten, so finden<br />
wir vielleicht auch eine Erklärung <strong>für</strong> die mittelalterlichen<br />
Funde in ^.. Hiernach haben die Eingewanderten bei ihrer<br />
Ansiedelung unter den obwaltenden schwierigen Verhältnissen<br />
in dem verwüsteten Lande ihre erste Wohnstätte an Punkt ^.<br />
mit Benutzung noch anderer zahlreicher Pfähle aufgeschlagen,<br />
später entstand daneben das in Punkt L belegene Blockhaus,<br />
eine Art detachirtes Werk zur Vertheidigung des Ueberganges,<br />
und eine Zufluchtsstätte im Falle der Noth. Erst, als die<br />
Katastrophe im 13. oder 14. Jahrhundert hereinbrach (vielleicht<br />
der Orkan vom Jahre 1309), siedelten sie sich an: festen<br />
Lande an.<br />
Danach scheint mir die Ansicht, daß in ^ sich eine uralte<br />
Pfahlansiedelung befand, doch nicht so ganz unbedingt abzuweisen<br />
zu sein, vielmehr weisen die Funde der unteren Schicht<br />
auf die älteste Zeit hin; dann stand im Mi ttelalter, wahrscheinlich<br />
unter Benutzung des ehemaligen Pfahlrostes, daselbst ein<br />
Wohnhaus, und Punkt L, ohne daß hier einst ein Pfahlbau<br />
war, trug ein zur Vertheidigung dienendes, mit Hohlziegeln<br />
eingedecktes Blockhaus, welches die Herren von Schöning<br />
mit ritterlichem Muth gegen menfchliche Feinde vertheidigten;<br />
vor einer höheren Macht indeßen mußten sie die Waffen<br />
strecken und das Gebäude räumen."<br />
Berghaus.
Zwenmdvierzissster Jahresbericht. I. II. 113<br />
Alterthümer.<br />
Unter den uns seit Anfang März zugegangenen, in<br />
der Beilage verzeichneten Alterthümern heben wir die folgenden<br />
hervor.<br />
Das älteste, auch durch seinen Fnndort in 14 F. Tiefe<br />
höchst seltene Stück ist der knöcherne Angelhaken (Nr. 6<br />
der Beilage). Er ist vorzüglich gearbeitet und von einer Größe,<br />
daß er nnr <strong>für</strong> die größtcu Fische unserer Gewässer verwendbar<br />
gewesen sein kann.<br />
Von den Urnen haben wir das Fragment der Gesichtsu<br />
ru e Nr. 16c auf Tafel II Nr. 1^ und 1^ abgebildet und dieser<br />
noch das Bild der Ball. Stnd. XXIX S. 120 besprochenen Gesichtsnrne<br />
von Schivelbcin (Taf. II Nr. 2) beigefügt.<br />
Zwei goldene Armbänder (Nr. 22 und 23 der<br />
Beilage) geben wir in entsprechenden Abbildungen ans Tafel I.<br />
Die römischen Fuude siud Nr. 24—27 verzeichnet.<br />
Der Denar Nr. 24 ans der Zeit der Rcpnblik ist der<br />
zweite, der in Pommern bekannt geworden (der andere, ans<br />
Niigen, befindet sich im Ständischen Mnscnm zu Stralsnnd,<br />
vgl. Balt. Stnd. XXVII S. 210) und darf daher als große<br />
Seltenheit gelten, wenn anders die von juugen Leuten gemachten<br />
Fnndaussageu, die nicht mehr zu controlircn find, völlig zuverlässig<br />
sind.<br />
Der Fuud von Schwedt (Nr. 26) der vollständigste,<br />
den wir von derartigen Alterthümern besitzen, erhält seine Bestimmuug<br />
sowohl durch die sogenannten Wendenfibeln,<br />
als auch durch die wohlerhalteue blaue Perle (c), die der<br />
von Host mann: das Nrnenfeld von Darzau Tafel XI,<br />
23 abgebildeten gcnan entspricht. Danach gehört der Fuud<br />
etwa dem dritten Jahrhundert n. Ch. an.<br />
In dieselbe Zeit dürfte der Fnnd von Butzke(Nr. 2?)<br />
zu fetzen sein, da er eine fast völlig gleiche blaue P er le (d)<br />
wie der eben besprochene enthält, auch die meisten Bernsteinperlen<br />
von künstlicher Bearbeitung zengen. Herr Tischler<br />
hat die Verbreitung dieser Perlen in den Schriften der
114 Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. II.<br />
physikalisch-ökonomischen <strong>Gesellschaft</strong> zu Königsberg<br />
1879 zweites Heft S. 23s) verfolgt und den Nachweis<br />
des Imports solcher Bernsteinarbciten geführt. Eine besondere<br />
Stütze <strong>für</strong> die Herkunft unseres Fundes aus dem Südeu<br />
bietet eine dazu gehörige Taf. II (3) in natürlicher Größe<br />
abgebildete Bernsteinbrcloqn e, die an dem einen Ende in<br />
einen (auf der Lithographie nicht völlig deutlichen, im Original<br />
aber unverkennbaren, anch mit Auge versehenen) Widdertopf<br />
endigt. Das seltene Stück befindet sich noch in den Händen<br />
des Herrn Rektors Di'. Petersdorff in Pr. Friedland.<br />
Im Jahre 1858 find, wie nns berichtet worden, in<br />
Rehseel bei Masfow eine Anzahl Nrncn gefunden, deren eine<br />
ein Paar römischer Bronees Poren enthalten hat. Dieselben<br />
befinden sich im Besitze des Herrn v. Petersdorff<br />
auf Buddendorf bei Gollnow, der die Güte hatte, uns dieselben<br />
vorzulegen. Die Sporen sind flachbogig nud mit einem kurzen<br />
kegelförmigen Dorn versehen.<br />
Der Tafel II Nr. 4 in 'natürlicher Größe wiedergcgebcne<br />
Ring ist von maffivem Silber. Er wurde Anfang August<br />
v. I. auf der südlichen Anhöhe der Altstadt Colberg von<br />
Herrn Gymnasialzeichenlehrer Meier mitten nnter Vnrgwallfcherben,<br />
womit die Oberfläche dort besäet ist, aufgefunden.<br />
Dieser Theil von Altstadt ist unzweifelhaft, wie außer deu<br />
Scherben die Localität crgiebt, die alte Burg Colbcrg, der<br />
Ring mithin einer echt wendischen Stätte angehörig. Die<br />
von Herrn Sophus Müller in Kopenhagen in „Schlesiens<br />
Vorzeit in Bild nnd Schrift", Aericht 35 S. 197<br />
sorgfältig begrüudete Anficht, daß diese Riuge, die mau,<br />
weil sie sich in Skelettgräbern fast immer in der Gegend der<br />
Schläfe finden, Schläfenringe genannt hat, auf slavische<br />
Nationalitäten hinweisen, erhält durch dieseu Fund eine nelle<br />
Stütze.<br />
Wir fügen hier die übrigen derartigen Stücke<br />
aus Pommern bei.<br />
1. Der im Jahresbericht II S. 14 (221) nnd Balt. Stnd.<br />
XXVII. S. 221 erwähnte Fuud christlich-wendischer Münzelt
Zroeiuudvierzigster Jahresbericht. I. II. 115<br />
von Goldbeck, war auch ein kleiner Vorrath arabischen<br />
Silbcrsch m u ä e s beigelegt. Unter diesen in unserm Museum<br />
aufbewahrten Stücken befindet sich ein eben solcher<br />
silberner massiver Schläfenring, wenig kleiner,<br />
als der abgebildete.<br />
2. Im stralsundcr St ändi schen Mns enm befinden sich,<br />
zufolge gütiger Mittheilung des Herrn Dr. Bai er, vier<br />
broncene Schläfenringe von 2^/2 bis Z Cm. Durchmesser,<br />
die nebst einem Hohlringc nnd einem mit Broneeschlag<br />
befehlen Stück eines ledernen Gürtels angeblich<br />
in einem Kegelgrabe zu Lancken auf Iasmund gefnnden<br />
sind.<br />
3. In der Nordischen Abtheilung des Königlichen<br />
Museums in Berlin befinden fich Schlafen ringe<br />
zusammen mit arabischem Schmuck aus einem Funde bei<br />
B ü t 0 w.<br />
4. Wenn auch nicht innerhalb der Grenzen des jetzigen, so doch<br />
des früheren Pommerns ist zu S e e h a u s e n bei Pre n z -<br />
lan ein in unserm Mnseum vorhandener Fund gemacht,<br />
der einen silbernen massiven Schlafcnring von fünf<br />
Centimeter Durchmesser enthält. Anßcr diesen: gehören<br />
dem Funde noch an 1) drei Broneeringe von etnia<br />
gleicher Größe, deren zwei, mit umlaufenden Spiralrcifen<br />
verziert, mittels kurzer Haken schließen, während am dritten<br />
5üe ssiitz zulaufenden Enden in einer Weite von etwa 1 Cm.<br />
umgebogen sind, 2) ein Dutzend schwerer broneencr<br />
Perlen und Brcloques.<br />
5. Zwei silberne Schläfcnringe, 1858 bei Cörlin<br />
gefunden, sind jetzt im Mufeum zn Schwerin^).<br />
6. Im Museum zu Neu-Strclitz befinden sich vier<br />
^) Da dieser Fund in unsern Blättern noch nicht registri rt ist,<br />
so holen wir das an dieser Stelle nach.<br />
Im Jahre 13').^ wurden beim Van der hinterpommerschen Eisen-<br />
bahn in der Gegend von Cörlin beim Eröffnen einer.^lcsgrnbe etwa
116 Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. II.<br />
Schläfenringe, jeder von etwa 5 Cm. Durchmesser,<br />
gefunden zu Thurow bei A nel am vor 1850.<br />
Der auf Tafel III. abgebildete Fund von Borntuchen<br />
(Nr. 28 der Beil.), zu dem noch ein identisches, aber zer-<br />
brochenes Armband gehört, bietet insofern ein schwer zu lösendes<br />
Räthsel, als zu erklären bleibt, wie ein zu offenbar heidnischem<br />
Cultus verwandtes Räuchergefäß, gefunden in einer mit Menschen<br />
asche gefüllten Urne, der späten Zeit angehören soll, da in<br />
Pommern die Glasur angewandt wurde. Gleichwohl scheint<br />
vorläufig nichts anderes übrig zu bleiben, als der Schluß, daß<br />
dreißig menschliche Gerippe drei bis vier Fuß tief gefunden,<br />
zugleich folgende Alterthümer.-<br />
1. zwei große silb erne Ringe, hohl, im Lichten 8Cm. Durchmesser,<br />
9 Mm. dick, an einem Ende abgestumpft, am andern<br />
verjüngt und zu einem Haken umgebogen;<br />
2. zehn silberne Armringe von massivem 2 Mm. starkem<br />
Draht;<br />
3. zwei silberne Fingerringe von mit Silberblech umlegtem<br />
Kupfer;<br />
4. ein dünner ringförmiger Silber draht mit 13 Perlen, von<br />
denen drei von Bernstein, die übrigen von hellblauem, dunkelgrünem,<br />
kalkweißem oder dunkelgrauem Glase, einige mit eingelegten<br />
rothen oder weißen Linien;<br />
5. ein eisernes Messer, dessen Schneide 9 Cm. Länge hat nud<br />
zu dem wahrfcheinlich eine silberne Spitze, die sich gleichzeitig<br />
fand, als Beschlag gedient;<br />
6. eine eiserne Scheere (in der Form der Schafschuren), an<br />
der ein Stückchen Leinewand festgerostet war;<br />
7. eine silberne Münze mit der Inschrift<br />
Vorderseite V6N0I^<br />
Rückseite 8NI^ N<br />
Da diese Münze, aller Wahrscheinlichkeit nach, dem pommerschen<br />
Herzog Bogislav I. von Stettin (f 1187) oder auch dem Herzog Bogislav<br />
von Schlawe (nm 1180) zugehört, (vgl. Grote: Münzstndien lli,<br />
Seite 390) so wird der gesammte Fund von Herrn Lisch wohl mit<br />
Recht in das Ende des 12. Jahrhunderts versetzt und noch als<br />
spätwendisch angesehen. Meklenb. Jahrb. Bd. 24, Seite 282.
Zwciundvierzigster Jahresbericht. I. II. il?<br />
es sich hier nm eine späte, kanm früher als ins ^l4. Iahrhnndert<br />
zu setzende Leichenbestattung nach heidnischem<br />
Ritus handelt.<br />
Nachgrabung in der Forst vou Klütz bei Damm.<br />
Herr Oberförster Hoff mann in Klütz hatte dem Vorstande<br />
mehrere flache Kegelgräber in der von ihm verwalteten<br />
Forst signalisirt. In Folge dessen unternahmen mehrere<br />
Vorstandsmitglieder im Mai v. I. unter seiner Führung eine<br />
Nachgrabung. Dieselbe war aber theils wegen der großen Menge<br />
von Kopfsteinen, die zu entfernen waren, theils wegen der<br />
vorgeschrittenen Tageszeit fast resultatlos. Die erwarteten Steinkisten<br />
wnrden nicht gefunden, fondern nur einige unter Nr. 15 der<br />
Beilage verzeichnete Scherben. Die Kegelgräber finden sich an<br />
zwei verschiedenen Stellen des füdlichen Theiles der Forst,<br />
diesseit und jenseit der Försterei unweit Wietstock.<br />
Ueber Ausgrabungen bei Konikow und Schlawe<br />
geben wir unter Bezugnahme auf Balt. Studien XXVIII<br />
S. 448 den von Herrn Oberlehrer Dr. Hanncke in Cöslin über<br />
eine Sitzung des dortigen wisfenfchaftlichen Vereins in der Cösliner<br />
Zeitung vom 18 Mai v. I. erstatteten und uns gütigst<br />
zur Verfügung gestellten Bericht:<br />
Die zuerst vorgenommene Ausgrabung bei Konikow<br />
war auf der Westfeite des kleinen Plateaus nach der Eisenbahn<br />
zu erfolgt. In der üblichen Steinkiste fand man eine<br />
etwa 9—10 Zoll hohe Urne, die durch einen aufliegenden, ganz<br />
flachen Deckel geschlossen war. Leider zerbröckelte die Urne.<br />
In derselben waren mit Erde untermischt Knochen, die durch<br />
ihre Größe auffielen. Während fönst die Knochen meist klein<br />
zerschlagen sich vorfanden, waren hier die großen Gelenkknochen<br />
unversehrt und überschlagen in die Urne hineingelegt. Broneegegenstände<br />
wurden nicht gefunden.<br />
Interessanter war die zweite Stelle der Nachgrabungen<br />
anf der Südostseite des Grundstücks. Dort hatte auf einem<br />
<strong>für</strong> die Eifenbahnverwaltnng angebrochenen Kiesstiche der Ne-
118 Zweiundvierzigster Jahresbericht, I. II.<br />
sitzer des Bauerhofs in kleinen Abständen von einander kleine<br />
Steinsammlungen, und darunter Kohlen und Feuersteine gefunden.<br />
Eine ganze Collektion von Feuersteinen, augenscheinlich<br />
bearbeitet, (z. V. eine Pfeilspitze war deutlich erkennbar),<br />
konnte der Versammlung vorgelegt werden. Auch zwei ziemlich<br />
gut erhaltene Menschenschädel, von deren einem das Gebiß<br />
wunderbar gut erhalten war, wurden damals von dem Besitzer<br />
aufgegraben. Als die Bereinsmitglieder an der betreffenden<br />
Stelle felbst ihre Nachfuchuugen anstellten, fanden sie das<br />
wahrscheinlich zum zweiten Schädel gehörige Gebiß, sowie<br />
einzelne Zähne lose im Sande liegen.<br />
Sodann legte Herr Bauiuspektor Siehr einen höchst<br />
interessanten Fund vor. Im vorigen Jahre war zwei Meilen<br />
von Schlawe seewärts in einen: Kieslager eine Urne gefunden<br />
worden. Als dieselbe zerbrach, fand man anf dem Boden eine<br />
kleine Urne von der Form und Höhe einer kleinen Tasse und<br />
in derselben drei Bronc efibeln, die wegen der kunstvollen,<br />
comsilicirten Arbeit (sie haben Aehulichkcit mit unseren heutigen<br />
Patentnadeln) wohl als römische bezeichnet werden müssen.<br />
Ueber Urnenstätten bei Colberg.<br />
Kauzenberg. Da, wo sich die Straße nach Gr. Iestin<br />
von der Chaussee, die nach Treptow a. R. führt, abzweigt,<br />
liegt der Kauzenberg. Auf seiner südöstlichen Seite fand ich<br />
Ende Juli dieses Jahres eine größere Anzahl Urnenscherben<br />
niit wellenartigen Verzierungen. Auf große Resultate<br />
dürfte bei etwaigen Nachgrabungen nicht zu rechnen sein, da<br />
der Berg bei den Colberger Belagerungen wiederholt verschanzt<br />
worden ist nnd auf seiuer höchsten Stelle noch jetzt Verschanzungen<br />
zeigt.<br />
Prettmin. ^/2 Stunde westlich vom Kauzenberge,<br />
eigentlich auf der sich nach Westen fortziehenden Verlängerung<br />
des Kauzenberges liegt Prettmin. Etwa 20—25 Min.<br />
westlich von Prettmin findet sich am AbHange einer Höhe, die<br />
der „Kiek" genannt wird, eine wüste Saudstäche, die sehr große<br />
Mengen von Urnenscherben aufzuweisen hat, auch Steinmesser
Zweiundvierzigster Jahresbericht- 1. II. 119<br />
fanden sich dabei vor, sogenannte Wenden-Urnen jedoch nur<br />
in geringer Anzahl. Angestellte Nachgrabungen blieben erfolglos,<br />
da man, je tiefer man gräbt, desto weniger findet. Es<br />
dürfte anzunehmen fein, daß hier die Urnen nur im lofen<br />
Sande gestanden haben, der im Laufe der Zeit vom Winde<br />
verweht worden ist uud die etwa hervortretenden Urnen der<br />
Witterung preisgegeben hat. Gegenstände aus Bronce habe<br />
ich nicht finden können, doch sollen seinerzeit welche gefunden<br />
worden sein.<br />
Garrin. Zwischen Garrin und Nessin, näher an letzterem<br />
Orte gelegen, befindet sich, durch eine schmale, sumpfige<br />
Wiese vom Spic-Nache getrennt, ein langgestreckter, wüster<br />
Höhenzug, uur mit Haidckraut bewachseu. Dieser Berg euthält<br />
viele St einkistengräber, von denen, um der Steine willen,<br />
die meisten geöffnet worden find. In einem folchen Grabe,<br />
d. h. in der Urne desselben, hatte sich auch ein Spindelstein<br />
vorgefuuden. Am 1. August d. I. besuchte ich dicfe Stelle<br />
uud saud nach einigen vergeblichen Bemühungen ein Steinkistcngrab.<br />
Nachdem die Deckplatte gehoben war, zeigte sich<br />
die ganze Steinkiste mit feuchtem, lehmigem Sande angefüllt.<br />
Bei weiterem Snchen entdeckte ich noch ein tassenähnliches Thongefäß,<br />
das ich leidlich erhalten mitbringen konnte; andere<br />
Gegenstände fanden sich nicht vor. Am Fuße des Berges<br />
fittden sich noch einige kreisruude Hügel vou mäßiger Größe.<br />
Jeder derselben war noch bis vor kurzer Zeit mit einem Steinkreise<br />
eingefaßt, auf der Spitze eines jeden lag ein großer<br />
Stein. Diefer letztere ist bei den meisten diefer Hügel noch<br />
vorhanden, während die Stcinkreife in neuester Zeit entfernt<br />
worden find.<br />
Colberg d. 10. Angnst 1879. H. Meier.<br />
Ueber mittelalterliche Wandmalereien in Katzow<br />
bei Wolgast<br />
sendet uus Herr Pastor Kasten daselbst folgenden Bericht:<br />
Katzow bei Wolgast, im Juli 1879. Bei dem Restauratiousbau<br />
der hiesigeu Kirche, welcher vou dem Architekten
Zweinndvierziqster Jahresbericht, l. li.<br />
Prüfer geleitet wird, siud nnifaugreiche alte Wandmalereien,<br />
die dem 14. oder 15. Iahrhnndert angehören, uuter der<br />
Kalktünche znm Vorschein gekommen. Zum Theil siud sie noch<br />
in allen Linien der Zeichnung deutlich erkennbar, andere sind<br />
nnr in einzelnen Resten vorhanden. Ziemlich wohl erhalten<br />
nnd nicht übel ausgeführt ist eiue Darstellung des h. Lanrentius<br />
uud der h. Kateriua lso nach alter Schreibuug) an<br />
der Südwand; hier sind mit gothischen Minnskcln die Namen<br />
der Heiligen darüber geschrieben und eine seitliche Inschrift<br />
bezeichnet eine Johanna Friscn als Stifterin des Bildes.<br />
Weniger klar sind die Darstellnngen an der Ostwand; doch<br />
erkennt man links deutlich Secnen aus der Leidensgeschichte<br />
^Kreuztragung und Geißelung in der uuteru Hälfte, die Kreuzigung<br />
in der oberen) und rechts Maria mit dem Kinde,<br />
darüber Christus als Weltrichter. Fast vollständig conservirt<br />
ist ein großes Bild St. Georgs, mit dem Drachen kämpfend,<br />
an der Westwand. Leider wird es voraussichtlich nicht möglich<br />
sein, von diesen knnstgeschichtlich so interessanten und in Vorpommern<br />
vielleicht einzigen Wandgemälden irgend etwas zu<br />
erhalten; die sünf oder sechs alten bischöflichen Weihekreuze,<br />
welche ebenfalls bloß gelegt sind, werden jedoch hoffentlich dem<br />
Innern der Kirche als Erinnernng an die vergangenen Zeiten<br />
nnd als Schmuck verbleiben.<br />
Miinzfunde.<br />
I. Mittelalterliche Münzen von Wollin.'')<br />
Im Febrnar v. I. wurde bei Lübeck au der Straße<br />
uach Natzeburg ein kleiner Münzfuud von 13 Vracteateu und<br />
79 Deuareu gemacht, nnter denen sich folgendes Stück befand:<br />
.Vs: D V (^0III/VN D^s), im Pcrlenkreise der Greif,<br />
zwifchen dessen Vorder- nnd Hinterpranken ein Stern;<br />
1^8: N(MI^1^. VO^IX, im Perlenkreise ein Kreuz<br />
mit einem halben Stern im zweiten nnd einer halben<br />
Lilie im dritten Winkel.<br />
") Vgl. v. Sallet Zeitschrift <strong>für</strong> Numismatik 1879 S. 186 ff.
Jahresbericht. 1. 11. 121<br />
Herr Stadtgerichtsrath Dannenberg in Berlin, dem<br />
dieser Fund vorgelegen, hat aus dieser Münze den wichtigen<br />
Schluß ziehen können, daß die bisher in Pommern häufig<br />
vorkommenden Denare mit halber Lilie und halbem Stern,<br />
die man bisher nach Gnoien verlegte, der Stadt Woll in zu-<br />
Anschreiben sind.<br />
II. Fünf Fnnde ans dem zweiten Viertel des<br />
17. Jahrhunderts.<br />
1. Münz fund von Speck bei Gollnow.<br />
In der zum Rittergute Ssieck gehörigen Forst wurdeu<br />
bei Waldarbcitcn in einem der letzten Jahre die folgenden<br />
siebzig Silber münzen ausgegraben, die etwa 1 Fnß tief ohne<br />
Umhüllung lagen. Der Besitzer, Herr Rittergntsbesitzer Flügge,<br />
Mitglied des dentschen Reichstages, hat dieselben der <strong>Gesellschaft</strong><br />
großmüthig als Gefchenk überlassen.<br />
I. Pommern:<br />
Doppelschilliuge:<br />
1. Franz 1620;<br />
2—3. Philipp Iulins 1620 nnd 1621;<br />
Ulrich:<br />
4—5. v. I. 1620,-<br />
6—9. v. I. 1621;<br />
10—21. v. I. 1622;<br />
l/24 Thaler:<br />
22—23. Ulrich 1621 und 1622;<br />
Bogislav XIV:<br />
Doppelschillinge:<br />
24. verwischt;<br />
25—28, o. I.<br />
29-37. v. I. 1621;<br />
38 — 59. v. I. 1622;<br />
60—66. v. I. 1628;<br />
67. V. I. 1629;<br />
68. Thaler v. I. 1631.
Zweiundvierzigster Jahresbericht, l. U.<br />
II Nürnberg.<br />
69. Thaler v. I. 1621.<br />
III. Polen.<br />
70. Sigismund III. Thaler v. 1628.<br />
Der Fund hat wegen seiner großen Zahl pommerscher<br />
Stücke ein besonderes Interesse. Die jüngste Münze, der Thaler<br />
Bogislav XIV. v. I. 1631, weist ihm seine Stelle genügend<br />
an. Er gehört Zwischen den Fnnd von Küstrow (V. St.<br />
XXIX S. 133) und den von Gramm en t in (B. St. XXIX<br />
S. 138).<br />
2. Thalerfund von Nackitt (Kreis Pyritz).<br />
Im Juni v. I. wurden ans dem zn Rackitt gehörigen<br />
Hauswalle, ciuer zwischen Wiesen gelegenen Anhöhe, beim<br />
Chausseeban in einen: Topfe, der beim Graben zertrümmert<br />
wurde, vierzehn Thaler gefnnden. Tnrch die Güte des<br />
Herrn Oberlehrer Di-. Blasend orff, der den Fnnd im<br />
Pyritzer Kreisblatt besprochen, haben nns dieselben, mit Ausnahme<br />
von Nr. 2 und 6, znr Einsicht vorgelegen. Es sind<br />
die folgenden:<br />
1. Pommern: Bogislav XIV. 1633 (Madai 3939);<br />
2. Oesterreich: Rndolf II. 1604;<br />
3. Tirol: Ferdinand (f 1595) o. I. (Madai 3852);<br />
4. Erzbisthnm Magdebnrg: Joachim Friedrich,<br />
als Administrator, 1592 (Madai 3244);<br />
5. B raunschw ei g-Lünebnrg: Heinrich Julius<br />
1608 (HoiioLwill ^o Mi-i^, Madai 3583);<br />
6. Christi au IX., Bischof von Minden 1621;<br />
7. Friedrich Ulrich 163 3 (O00 6t Mi'i^o);<br />
8. Kurfachsen: Johann Georg 1633 (Madai<br />
2978);<br />
9. Spanische Niederlande: Albert v. Oesterreich<br />
nnd Elisabeth, brabantischer Krcnzthaler<br />
0. I. (Madai 3860);<br />
10. Utrecht: 1603;
Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. II. 123<br />
11. Westfricsland: 1620;<br />
12. Emdcn o. I. (i^i'dinliQäi II, Madai 4853);<br />
13. Rostock 1631 :<br />
14. Thorn 1633 (Madai 5134).<br />
Da der kleine Fnnd drei sehr wohl erhaltene Stücke ans<br />
d. I. 1633 enthält, wird er nicht lange nach dieser Zeit<br />
vergraben sein nnd schließt sich demnach unmittelbar an den<br />
in den Balt. Stnd. XXVIII S. 572 veröffentlichten Fnnd<br />
von Nosenfelde an.<br />
3. Dneatcn- nnd Thalerfnnd von Pasewalk.<br />
Im September v. I. wnrde ans dem Wiesengrnndstück<br />
des Gastwirths Herrn Lisch in Pasewalk ans einem Maulwurfshügel<br />
ein Thaler ans dem 17. Jahrhundert gefunden.<br />
Dadurch veranlaßt, ließ Herr Lisch die Stelle aufgrabeu, nnd<br />
es fanden sich, ohne Umhüllung senkrecht auf eiuauder gepackt,<br />
die folgenden drei Goldstücke und dr ei unddre ißig<br />
Thaler, die im Besitz des Eigenthümers geblieben sind.<br />
I. Dueatcn:<br />
1. Brandenburg: Doppeldukateu, Georg Wilhelm<br />
1636.<br />
2. Campen: o. I. Rs. Umschrift 8nl)<br />
3. Westfriesland: 1630.<br />
II. Thaler:<br />
Oesterreich:<br />
1. Rndolf 11. 1607 (M.5 30);<br />
2. Mathias 1620 (trotzdem daß Mathias fchon 1619<br />
starb);<br />
3. Ferdinand II. 1634, <strong>für</strong> Ungarn;<br />
4. Erzherzog Ferdinand (f 1595) o. I. <strong>für</strong><br />
Elsaß (ähnl. R.") 4289);<br />
5—8. Erzherzog Leopold (f 1682), <strong>für</strong> Tirol von<br />
M — Madai: Thalercabinct.<br />
) N — Neiinanu: ?)cilnz- nnd Modaillencabinct, Hannover 1879.
124 Zweiundvierzigster Jahresbericht, l. ll,<br />
1621 und Zwei verschiedenen Gepräges von 1623,<br />
ein Thaler <strong>für</strong> Elsaß von 1628 ; (M. 1387, R.4307).<br />
Sachsen:<br />
Ernestinisch:<br />
9. Johann Philipp von Altenburg nnd seine<br />
Brüder FriedrichIohann, Wilhelm undFriedrich<br />
Wilhelm 1620 (M. 1463);<br />
Albertinisch:<br />
1l>—11. Christian II. nnd seine Brüder Johann Georg<br />
nnd Augnst 1607 nnd ^/2 Thaler von 1608 (ähnl.<br />
M. 2961);<br />
12. Johann Georg und Albert 1614, um das Bild<br />
des letzteren achtzehn Wappenschildchen (M. 524,<br />
R. 4723);<br />
13—15. Johann Georg I. zwei von 1623 und 1634 (ähnl.<br />
R. 4742);<br />
Brandenburg.<br />
Altfränkische Linie:<br />
16. Georg nnd Albert 1538 8i clou8 ^10 nokik,<br />
(1UÌ8 coutil Q03 (M. 1033, ähnl. R. 3235).<br />
Neufränkische Linie.<br />
17—18. Joachim Ernst 1619 und 1620 (M. 3533,<br />
R. 3262);<br />
Braunschweig-Luneburg.<br />
19. Christian von Celle, Administrator von Minden<br />
1622: Bild des h. Andreas, ^ustiti^ ot ^onomäi^<br />
(K.*)8366);<br />
Bisthum Hildesheim:<br />
2l). Ferdinand von Baiern 1625 (K. 4524, ähnl,<br />
M. 445);<br />
Grafschaft Oettingeu:<br />
21. Ludwig Eberhard 1623 (R. 5373);<br />
nover 1877.<br />
und Medailleiicabmet des Grafelt Knyfthausen, Han
Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. II. 125<br />
22. Frankfurt, Ferdinand II. (Jahreszahl 1 . .3, das<br />
Fehlende durchlöchert);<br />
23—24. Nürnberg 1624, zwei Stücke mit verschiedenen<br />
Stempeln;<br />
Niederlande.<br />
25. Philipp II. <strong>für</strong> Brabant ^/2 Kreuzthaler 1569<br />
(vgl. M. 6066);<br />
26—27. Holland 1621 und 1629;<br />
28. Westfriesland 1621;<br />
29. Seeland, halber Thaler 1634;<br />
30. Overyffel 1620.<br />
Dänemark.<br />
31. Christian IV. 1638 NoAii^ klingt<br />
Polen.<br />
32. Sigismund III 1629;<br />
33. Thorn 1633.<br />
Die älteste bestimmbare Münze (Nr. 16) gehört dem Jahre<br />
1538 an, die jüngste (Nr. 31) vom Jahre 1638, ist um ein<br />
volles Jahrhundert später. Die Vergrabung des kleinen Schatzes<br />
wird also in den Kriegslasten zu suchen sein, die mit dem<br />
Einbrüche der Kaiserliche« unter Gallas 1637 begannen und<br />
noch bis in den Sommer 1638 dauerten, da die Schweden<br />
uuter Banner wieder siegreich vordrangen. Gerade Vorpommern<br />
hatte in der Zeit entsetzlich zu leiden.<br />
4. Thalerfund vou Briefen bei Schivelbcin.<br />
Im November v. I. fand der Bauerhofbesitzcr Herr<br />
Zietlow in Briefen auf feiuem Hofe beim Graben etwa<br />
1 F. tief eine kupferne Büchfe mit folgenden zwciund<br />
zwanzig Th alcrstücken.<br />
Oesterreich.<br />
1. Rudolf II und die Erzherzoge, <strong>für</strong> Elsaß, 1605<br />
(Madai 2417);<br />
2. Ferdinand II <strong>für</strong> Böhmen 1625 (Madai 2779);
126 ^weiundvierzigster Jahresbericht. I. II.<br />
3. Ferdinand 11 <strong>für</strong> Böhmen 1625 (halber Thaler);<br />
4. Leopold von Tirol nnd die übrigen Erzherzoge,<br />
<strong>für</strong> Elsaß 1622;<br />
Salzburg:<br />
5—6. Paris 1621 und 1623;<br />
Sachsen:<br />
Albcrtinifch:<br />
7. Angust, Kur<strong>für</strong>st, 1569;<br />
8. Christian II nnd die Brüder Johann Georg<br />
nnd Angnst, 1600 (halber Thaler);<br />
9. Johann Georg I 1623 (halber Thaler);<br />
10. Vo rmundfcha ftsth aler der Katharina von<br />
Ora nien, 1625 ;<br />
Münster (Bisthnmi:<br />
11. Ferdinand von Baiern 1633 (Madai 838);<br />
12—13. Hamburg 1621, zwei verschiedene Gepräge;<br />
14. Lübeck 1609;<br />
15. Nürnberg 1626;<br />
Niederlande:<br />
16—18. Westfriesland 1619, 1624 nnd ein halber Thaler<br />
von 1629;<br />
19-20. Geldern, beide von 1619;<br />
21. Utrecht 1619;<br />
22. Holland 1629.<br />
Da die jüngste wohlerhaltene Münze (Nr. 11) dem<br />
Jahre 1633 zngehört, fällt der Fund in eine Kategorie mit<br />
dem vorstehenden von Rackitt, in seiner Zusammensetzung<br />
(6 österreichische, 7 niederländische Thaler, in Summa 13 auf<br />
22) schließt er sich dem folgenden von Glowe an.<br />
5. Thalerfnnd von Glowe auf Rügen.<br />
Im November 1878 wnrde in dem nordwestlich von<br />
Sagard gelegenen, an die Schabe stoßenden Dorfe Glowe<br />
ein Fnnd von 111 Thalern gemacht, die beim Ausheben<br />
eines Kellerfnndaments zu Tage kamen. Dieselben gelangten
Zweiundvierzigster Jahresbericht. I. II. 127<br />
sämmtlich in den Besitz nnseres sehr thätigen Mitgliedes, des<br />
Stadtraths Herrn Pr6st in Colbcrg, dessen gefällige Mittheilnngcn<br />
über den selten großen Fnnd wir resmniren.<br />
Es kommen ans die österreichischen Lande (mit<br />
Einschluß von Ungarn, Böhmen, Tirol, Elsaß) 32 Stücke,<br />
von denen das älteste o. I. Ferdinand I. zufällt, das<br />
jüngste ins Jahr 1639 gehört, 33—35. Salzburg o. I.<br />
(das jüngste von Paris); 36—38. Sachsen (das jüngste<br />
von Johann Georg I.); 39. Baiern o. I. (Maximilianl.)<br />
40. Würtemberg 1624; 41. Schleswig 1624;<br />
42. Pommern (Christine) 1642 ; 43—48. Braun schweig-<br />
Lüneburg 1583—1629; 49. Mansfeld 1616; 50. Montfort<br />
1621; 51. Erfurt 1617; 52—61. Frankfurt<br />
1621 — 1646; 62—66. Hamburg 1610—1638; 67. Metz<br />
1631; 68—70. Nürnberg 1624—1626; 71--73. Lübeck<br />
1549—1619; 74—75. Rostock 1637 und 1640 ; 76.Stralsund<br />
16^33); 77—79.Wismar 1573 — 1624; 80—104Nieder<br />
lande (Provinzen und Städte 1580—1649; 105. Spinola<br />
((^XV); 106. Schweden 1644; 107—109.Norwegen<br />
1640—1645; 110—111 Polen 1637 und 1649.<br />
Die Bergung dieser Münzen kann also vor 1649 nicht<br />
stattgefunden haben, so daß der Fund fast gleichzeitig mit den<br />
Thalerfnnden von Mes cherin (39. Jahresbericht IV. Seite 75)<br />
nnd G ummclin (Balt. Stud. XXVIII. Seite 574 und 584)<br />
deren jüngste Stücke beide in das Jahr 1650 fallen, vergraben<br />
fein muß. Auch seiner Zusammensetzung nach gehört er mit<br />
diesen in ein Kategorie, insofern alle drei fast das gleiche<br />
Verhältniß der österreichischen und der holländischen Stücke<br />
aufweisen:<br />
Meschcrin (auf 40 Stück) 5 österreichische,, 12 holländische.<br />
Gummelin (ans 77 Stück) 21 „ 21<br />
Glowe (anf 111 Stück) 32 „ 25
128 Zweiundvierzigster Jahresbericht, l. II.<br />
Beilage.<br />
Eruierlimtgeu des antiquarischen Musenms<br />
vom 1. März bis 1. November<br />
^ — Fundorts<br />
I. Heidnische Alterthümer.<br />
^V. Stein- und Knochen fachen.<br />
1. Wetzstein aus Thonschiefer 14 Cm. l. I? bei Cöslin in einer<br />
Urne. — Oberprimaner Quandt in Cöslin. ^I. 149^.^<br />
^. Beil aus Diorit mit Schaftloch 14 Cm. l. 1^ bei Cöslin.<br />
— Derselbe. sI. 1493.^<br />
3. Beil ans Diorit ohne Schaftloch. 1^ Rottmannsh agcu bei<br />
Demmin. — Herr Di-. Starck in Demmin. sI. 1499.^<br />
l. Beil ans Diorit mit verschmälertem Schaftende. 1^ Kalkofen<br />
anf Wollin. — Herr Franz Küster daselbst. >I. 1518^.<br />
5, Fenersteinbeil 10 Cm. t. 5' Moltkcstraße hier. >I. l'">24.j<br />
l;. Angelhaken von Knochen 11 Cm. l. ^ Reddies bei<br />
Zuckers Kr. Bütow, 14 F. l. im Mergel. — Herr Major v. Stehl<br />
zn Stolp durch Herrn v. Home ver daselbst. ^I. 1511.^<br />
7. Perle aus Knochen. 1^ Logengarten hier. — Herr Pro-<br />
fessor Hering hier. ^I. 1513.^<br />
1^. Urnen und Nrnenscherben nebst Beigaben.<br />
8. ii. Urne 2^ Cm. h., gedrungen banchig, mit kurzem Hals;<br />
>). Gesichtsurne 15 Cm. h. von derselben Form wie li. Un-<br />
mittelbar am Rande die Ohren und die Nase, neben welcher,<br />
sie berührend, zwei kleine Eindrücke, welche die Angen darzustellen<br />
scheinen. Beigabe: kleiner broncener Fingerring (defekt).<br />
1^ Feldmark Schwichow-Kr. Lanenbnrg in Gräbern. — Herr<br />
v. Nerin anf Woedtke Kreis Laueuburg. j^F. 1490.^<br />
'^). a. Kleine Urne der Vroncezeit 7 Cm h. ; d. 4 Urnen^<br />
sch erben, darunter eine mit Henkel. 1^ Flatow in Westprenßcn.<br />
II. 1^)4.^,<br />
1^. :i. Zwei dickwandige Scherben einer großen Mützennrne,
Bericht. 129<br />
eine vom Halse, die andere vom gefalzten Deckel mit kreisförmig<br />
gestellten Nageleindrücken; d. eine kleine tasfen form ig e Urne<br />
mit Henkel, 5 Cm. Durchmesser. ^ Garrin bei Colberg, in<br />
einem Steinkistengrabe. ^I. 1527.)<br />
N. 3.. 5) Urnenscherben, darunter eine durchlöcherte; d. 14 Feuer»<br />
steinsplitter; e. ein schleifsteinartig bearbeitetes Stückchen<br />
Sandstein. ^ Prettmiu bei Colberg. jI. 1529.)<br />
12. Urnenscherben. V' Kauzenberg bei Colberg. ^I. 1532).<br />
13. u. Urnen scherben; d. Knochen und Zähne vom Eber;<br />
o. silberner massiver Schläfering, 15 Mm. Durchmesser.<br />
(Taf.) ^. Altstadt bei Colberg. sI. 1528.)<br />
No. 9—13 überreicht von Herrn Gymnasialzeichenlehrer Meier in<br />
Colberg.<br />
14. Dicke Urnenscherben ohne Ornamente. I" Wintershagen<br />
bei Stolpmünde von Urnen, die in Gruppen von 3—4 Stüä<br />
neben einander gestanden uud beim Bau der Eisenbahn 1877<br />
bloßgelegt wurden. — Herr v. Homeyer in Stolp. ^I. 1421.)<br />
15. Sechs rothgebrannte Urnenscherben. ^ Oberförsterei Klütz,<br />
aus einem Steinkistengrabhügel. (S. o. S. 117). — Herr Kuorru.<br />
II. 1522.)<br />
16. ^. Urne mit Schnurverzieruugen. 1^ Gegend von Lauen:<br />
bürg ^I. 1585); d. fünf Bauchurnen, eine gehenkelt, eine<br />
mit je zwei Knöpfen statt der Henkel; o. Mützenurue, schwarz,<br />
11,5 Cm. h., 12 Cm. Bauchdurchmesser; ä. Hals eiucr Gesichtsurne,<br />
16 Cm. h., schwarz, geglättet, Nase, 2 Ohren (von<br />
denen eins abgebrochen), 2 Augen (Mund fehlt), am unteren Halse<br />
die Zeichnung zweier Nadeln uud eines Vierfüßlers,<br />
wie es scheint, eines Pferdes (Taf. II, 1); 6. Ohr einer Gesichtsurne<br />
mit zwei Bronceriugen, von denen einer eine blaue<br />
Perle von Glas, der andere eine solche von Bronce trägt;<br />
s. verschiedene Bruchstücke vou kleinen Bronceriugen, ciue<br />
Spirale und Blech von Vrouce. 1? Zwischen Laueuburg<br />
uud Wiercschutschin, beim Chausscebau. — Die Kreisstäude,<br />
durch Herrn Landrath v. Vonin. sI. 1527.)<br />
(I Broncesacheu.<br />
17. Unteres Stück eiues Schwertes, 30 Cm. l. ^ Damerow,<br />
Kreis Cöslin. 1870 beim Auswerfen eines Grabens in der Königlichen<br />
Forst bei Wieck, zusammen mit zwei anderen Schwertern<br />
und dem oberen Stück von diesem, alle drei Schwerter senkrecht<br />
stehend, welche Sachen zuletzt der 1879 verstorbene G. F. M. Gras<br />
v. Noon besessen. — Herr Lehrer Nenmann in Damerow.
130 Bericht.<br />
18. u. Nadel. 9 Cm. l., mit gewelltem Halse; d. Ring, 2,5 Cm. im<br />
Durchmesser, flach, gegossen; c. Messer, geschweift, mit Spiralgriff<br />
(Vgl. Fr. Franc. XVIII, 6; Montelins ^nt. 8u6cl. 191).<br />
1^ Langkavel bei Naugard 1877 in verschiedenen Urnen eines<br />
15 Quadratruthen großen Urnenfeldes. — Herr Agent Dämelow<br />
in Bredow. U. 1490.)<br />
19. Brillenfibel, 10 Cm. l. ^ Vutzke bei Belgard (in einem<br />
Grabhügel?). — Herr Rektor I)r. Petersdorff in Pr. Friedland.<br />
V. 1531.)<br />
20. Fingerring aus Draht, dazu zwei Spindelsteine, der eine<br />
von Bernstein. ^ Cublitz bei Stolp 2'^ F. tief in Urnen gefunden.<br />
— Herr G. R. Meyer ^uu. in Stolp. U. 1523.)<br />
21. Zwei Tu tu li. ^ Hohenwalde bei Landsberg. — Herr Di'.<br />
Voß in Berlin. sI. 1577.^<br />
v. Goldsachen.<br />
22. Armband, 140 Gr. schwer. ^ Lauenburg am 5. Mai 1879<br />
auf dem bis dahin wüst gelegeneu Theile des Schützeuplatzes bei<br />
Anlegung eines Weges 1 Met. tief ohne Umhüllung. Die Schlußstücke<br />
der Spange schloffen fest an einander, wurden aber von<br />
einem Arbeiter gelöst, wobei etwas Sand herausfiel. — Gekaust.<br />
lI- 1584.)<br />
23. Armband, 34 Gr. schwer. Gefunden zwischen 1839 nnd 1847<br />
in einem abgetragenen heidnischen Kegelgrabhügel, welcher Steingerölle,<br />
Scherben nnd Metallstücke enthielt, zu Sch Wichtenberg<br />
bei Demmin. — Herr Gerichtsrath Lad ewig in Greifswald.<br />
II. 1591.)<br />
(Vgl. die in natürlicher Größe gegebenen Abbildungen beider Stücke<br />
auf der Tafel I).<br />
v. Römische Funde.<br />
24. Denar aus der Zeit der Republik Vai'Fuut^a.. As: N.<br />
Vai-F. (Monogramm), Kopf der Roma mit geflügeltem Helm, davor<br />
X. Rs: lionaa. Jupiter mit Palme und Blitz in einer im<br />
Schritt fahrenden Quadriga. ^ Bullen wiukel bei Colberg,<br />
1857/58 beim Eisenbahnbau auf Knops Amberg gefunden. II. 1582.1<br />
25. Denar des Kaisers Antoninus v. I. 138. As: Imp 'I'<br />
^.ei On.63 Ha6i'i ^utouiuus um den Kopf des Kaisers. Rs:<br />
^U3 I>iu3 ^ N ^ ? 008 068 II Weibliche Figur mit Wage<br />
und Füllhorn. I? Je stin bei Colberg, in einer Sandgrnbe 1865.<br />
V. 1583.)<br />
26. u. Sechzehn Bruchstücke vou Brouceschmucksachen, darunter<br />
drei Bügel vou sogenannten Wendenfibeln; d. Hänge-
Bericht. 131<br />
tu ans (Riemenzunge) von Bronze;
132 Bericht.<br />
südöstlich des Pfahlbaus (vgl. 89. Jahresbericht III, S. 52).<br />
— Herr Hauptmann Berg haus inStargard. sI. 1385.1*).<br />
33. Eisen: 16 Pfeilspitzen, eine Sichel, zwei Sporen, zwei<br />
Schnallen, ein Nagel, ein Steigbügel, halbes Hufeisen,<br />
drei unerkennbare Gegenstände, l" Ebenda. — Derselbe.<br />
III. Münzen, Siegel, Medaillen.<br />
34. Kursächsisches '/24 Thalerstück v. I. 1689. — Herr Marine-<br />
Ingenieur Pelzsch. U- 1497.)<br />
35. Vracteat von Demmin. Gekauft. ^I. 1498).<br />
36. li. Ratzeburger Doppelschilling des Bischofs Angnst von<br />
Braunschweig v. I. 1619; d. dänisches Zweiskillingstück<br />
Christians IV.; c. Schanmburger Schilling des Grafen<br />
Ernst v. I. 1619. ^ Zinnowitz anf Usedom. — Herr Bernsteinarbeiter<br />
Saldsieden daselbst. lI. 1500.)<br />
37. Groschen Joachims I., 1517, Stendal. ^ Uchtenhagen. —<br />
Herr Rittergutsbesitzer Kolbe daselbst. sI. 1501.)<br />
38. Lübischer Dreiling 1747. — Herr Bnchbindermeister Weicht<br />
hier. sI. 1506.)<br />
39. Schilling des Hochmeisters Michael (1414—1422). ^<br />
Schwetz. — Herr Amtsrichter Mag un na daselbst. W. 1507.)<br />
40. ll. Brandenburgisches Zweigroschen stück; b. Französi«<br />
sches Kupferstück ^ve Naii
Bericht. 133<br />
47. '/,5 Ncichsthaler Friedrichs III. v. Holstein v. I. 1623.<br />
— Herr Gerichtsrath Lad ewig in Greifswald. ^I. 1592.)<br />
48. Oblatenabdruck eines Siegels v. Stettin 1660. — Herr<br />
Görs hier. sI. 1435.)<br />
4'.). Westfälischer Coupon über 100 Franken v. I. 1813. — Herr<br />
Kaufmann Berendes hier. II. 1536.)<br />
50. Zwei Siegelabdrücke der adlichen Familie v. Lentze aus dem<br />
16. Jahrh. — ^ des Stempels Alt-Storkow bei Nörenberg.<br />
— Herr Knappe in Alt-Storkow. ^I. 1516.)<br />
51. Grünes Wachsfiegel in einer Blechkapsel 6. Okpiwii ('umi-<br />
U6N8Ì8 3.ä CNU8li8, Christus, zu beiden Seiten knieende Heilige, in<br />
einem gothischen Bau. —Herr KämmererP rüst in Colberg, V. 1502.)<br />
52. a. Drei Vierchen von Stargard; d. Viercheu von Prenz-»<br />
lau; e. Vierchen von Pyritz; ci. Bracteat von Greifswald;<br />
6. herzoglich pommerscher Bracteat; k. unbestimmter<br />
Vracteat; F. drei Vierchen von Stettin. — Herr Oberlehrer<br />
Günzel in Anclam. II. 1580.^<br />
53. Neun colbergische Papiéruothmü uzen von 1807. — Herr<br />
Kämmerer Prüft in Colberg. sI. 1578.)<br />
54. Zwölf Thaler des Fundes vou Nackitt (vgl. oben S. 122),<br />
davon Nr. 7 Geschenk des Herrn Rittergutsbesitzers Neh ring<br />
auf Rackitt, die übrigeu elf Geschenk der Stände des Kreises<br />
Pyritz. II. 1587 und 1599.)<br />
55. .^. Giberne Medaille der Stadt Eisleben auf Luther v. I.<br />
1661-, d. kursächsischer VicariatZthaler Georgs II. v. I-<br />
1657 (Madai 538); o. kursächsischcr Reformationsjubel<br />
thaler GeorgsI. v. I. 1630 (Madai 533). — Gekauft. ^I. 1594.)<br />
56. Vier Photographien vou Medaillen, auf a. Anna Maria,<br />
Gemahlin Barnims XII.,- d. Ernst Bogislav v. Croy; c. Anna<br />
v. Croy (Sterbemedaille, wilder Manu); ä. Anna v. Croy<br />
(Sterbemedaille, Brustbild). — Herr Dr. mscl. Starck iu Demmiu.<br />
l3. 1595.)<br />
57. ll. Denar des römischen Kaisers Elagabalus v. I. 220<br />
(^duuälmti^ ^UF.) ; d. Denardes römischen Kaisers Postu -<br />
mus (I^iä^L miliwm). — Primaner Mauasse. N 1539.)<br />
58. :i. Doppelschilling Bogislavs XIV., Jahr verwischt; d. drei<br />
pommersche Pfennige, einer v. I. 1581; c. zwei Pfennig»<br />
stücke, deren eine große Zahl beim Hafenbau iu Stralfund gefunden<br />
aber noch nicht bestimmt sind (auch im Kgl. Müuzkabiuet<br />
iu Verliu unbekannt. — Herr Gymnasiallehrer Manke. ^I. 1590.j<br />
59. Zweiundzwauzig Thalerstücke nebst der Kupferbüchse, iu der<br />
sie gefunden. I? Briefen bei Schivelbem. Gekauft, sI. 1606)<br />
(S. d. Verzeichniß oben S. 125).
134 Bericht.<br />
IV. Verschiedenes.<br />
60. Vier photographische Bilder: ^. Arcona; d. Kirche von<br />
Altenkirchen- o. der Swantewitstein von Altenkirchen-<br />
I. 15)93.^<br />
Die werthvolle Sammlung des Herrn Major Kasiski<br />
in Neustettin, von der wir in den Balt. Stud. XXVIII,<br />
S. 580 gesprochen haben, ist im Sommer v. I. dem Königl.<br />
Musenm in Berlin einverleibt, ein kleiner Rest desselben von<br />
dem Hohen Cnltnsministerium unseren Sammlungen überlassen<br />
worden. Wir heben aus denselben nur hervor einige eiserne<br />
Fibeln, Messer, Gürtelhaken aus den Brandgräbern<br />
bei den Mühlen von Persanzig und einige Gabelftfähle<br />
nebst einem <strong>für</strong> Wellcnornamentik bearbeiteten Knochen<br />
aus den wendischeu Pfahlbauten im Persanzigsec.
Tafel I.<br />
1. Ring von Laucnburg S. 113, Beil. Nr. 22.<br />
2. Ring von Schwichtenberg S. 113, Beil. Nr. 23.<br />
Tafel II.<br />
1 lr u. Id. Gesichtsurne von Wiercschntschin bei Lanenburg S. 113,<br />
Beil. Nr. 16.<br />
2. Gesichtsnrne von Kreitzig bei Ncustettin, Balt. Stnd. XXIX, S. 120,<br />
3. Bernsteinbreloqne des römischen Fnndes von Vutzke bei Belgard<br />
S. 114.<br />
-1. Schlagring von Altstadt Colberg S. 114, Beil. Nr. 13 c.<br />
Tafel III.<br />
l u. 2. Mittelalterlicher Fnnd von Vorntuchen bei Bukow S. 116,<br />
Beil. Nr. 25.
Berichtigung.<br />
S. 131 unter No. 28 ist statt Buckow zu leseu Biitow, ebenso<br />
auf der Beschreibung der Tafeln unter Nr. lll.
Nun! von<br />
>
Diese Zeitschrift erscheint in Nierteljahrsheften nnd kostet<br />
im Buchhandel 4,50 Mark der Jahrgang. Aeltere Jahrgänge<br />
bis XX. incl. werden mit Ausnahme von I, II, XII 2, XX11,<br />
welche vergriffen sind, zu herabgesetzten Preisen, der Jahrgang<br />
zu 1,50 Mark, verkauft, und sind zu beziehen durch den<br />
Hauptlehrer Rusch hier, Iohannishof 1—2.<br />
Die geehrten Mitglieder ersuchen wir, ihre Geldsen-<br />
dungen nicht au die <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Ponim. Gesch. ?e., son-<br />
dern an den Oberlehrer Di'. Kühne, Hohenz ollern-<br />
st raß e 8, alle anderen Zusendungen und Correspondenzen all<br />
den Professor Lemcke, Königsplah 12, adressiren zu wollen.<br />
Im Verlage von H. Dallucllberg in Stettin ist erschie-<br />
nen und durch jede Buchhandlung zu beziehen:<br />
Die Königin Luise in Pommern, von<br />
I)i-. Blasendorff, Oberlehrer am Gymnasium zu Pyritz.<br />
Preis 1 Mark.<br />
Der Ertrag der Schrift ist bestimmt <strong>für</strong> die Waisenkasse<br />
der Lehrer an den höheren Schulen Pommerns.
Diejenigen Mitglieder, welche im Besitz älterer Jahrgänge, besonders l., II., XII. 2, XXl. 1, XXIV.<br />
u„d XXVIII. der Valt. Studien sind und kein besonderes Interesse an denselben haben, werden hoflichst<br />
ersucht, sie entweder gratis oder gegen einen zu verabredenden Preis der <strong>Gesellschaft</strong> zu überlassen.<br />
Der Vorstand.
Inhalts - Verzeichnis<br />
v. Bülow: Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> des Staatsministers<br />
Paul von Fuchs 137—156<br />
Director Lehmann: Chronologisches zu den Missionsreisen<br />
Bischofs Otto von Bamberg 159—168<br />
Dr. Schlegel: Achter Brief Philipp hainhofers aus<br />
Augsburg an Herzog Philipp von Pommern 1610 169—183<br />
Graf v. Krassow: Fund im Torfmoor bei Gingst . . 184-186<br />
Recept <strong>für</strong> ubermeßige Augenhitze 186<br />
Rob. Hasenjäger: Bruchstück eines mittelniederdeutschen<br />
Menologiums 187—202<br />
v. Bülow: Ulrich von Dewitz verlehnt 2^2 Hufe in<br />
Vraunsfort, IV2 Käthen Wurth und den vierten<br />
Theil des Kruges daselbst an Lubbeke v. Köthen. 203—206<br />
Derselbe: Einauartierungskosten zu Greifenberg 1675. . 207—209<br />
Derselbe: Ein Jagdschein vom Jahre 1547 210<br />
Derselbe: S. Jacobs Hühner 211-213<br />
Derselbe: Severin Frederici aus Arnswalde übergiebt der<br />
Lucie Rulows in Stettin sein hausgeräth zur Aufbewahrung<br />
214—216
Beiträge zur <strong>Geschichte</strong><br />
des Staatsmimsters Paul von Fuchs.<br />
Von Staatsarchivar Dr. von Bülow.<br />
Das öffentliche Wirken und namentlich die staatsmännischc<br />
Thätigkeit des stettincr Stadtkindes, späteren Ministers nnd<br />
gewandten Gehülfen beim Ausbau des brandenburg-preußischen<br />
Staates, des Frciherrn Paul von Fuchs, ist wiederholt ein-<br />
gehend geschildert worden; aber selbst wenn es an solcher Dar-<br />
stellung noch mangelte, so müßte ich doch darauf verzichten, sie<br />
zu geben, weil das dazu nöthige Material nur hier nicht zu<br />
Gebote steht. Es mag genügen, ans die letzte größere Schrift<br />
über Fuchs zu verweisen, ^) sowie auf Rankes Genesis des<br />
preußischen Staates und Droysens preußische Politik.<br />
Mit seinem engeren Vaterlande, speciell mit seiner Vater-<br />
stadt, scheint Fuchs, nachdem er ihr einmal den Rücken gewandt,<br />
lange gar keine Beziehungen gehabt zu haben; erst seine zweite<br />
Heirath knüpfte das Band mit der Heimath wieder, doch ohne<br />
ihn derselben persönlich näher Zu bringen, bis er kurz vor dem<br />
Ende seiner Wirksamkeit an Stelle des am 14. October 1702<br />
verstorbenen Geheimen Raths Georg Laurenz von Krokow zum<br />
Canzler des Herzogthums Hinterpommcrn ernannt wurde. Das<br />
Schreiben, in welchem König Friedrick I. diese Ernennuug der<br />
i) F. v. Salpins, Paul von Fnchs, ein braudeuburg-preußischer<br />
Staatsmann vor zweihundert Jahren. Leipzig, Duncker und Humblot,<br />
1877. Vgl. auch den betr. Artikel in der Allg. Teutschen Biographie<br />
von Prof. Th. Hirsch.<br />
9
138 Paul von Fuchs.<br />
pommerschen Regierung in Stargard anzeigte, datirt vom<br />
27. Januar 1703 und lautet:^<br />
Von Gottes Gnaden Friderich, König 3c.<br />
Unsern gnädigen Grus zuvor, würdige undt veste Räthe,<br />
liebe, getreue. Weiln wir befunden, daß die Nothwendigkeit erfordern,<br />
die durch Absterben weylandt unsers Würcklich-Geheimbten<br />
Raths, des von Crokau, vacirende Cantzlerstelle im<br />
Hertzogthumb Hinterpommern durch eiu tüchtiges undt qualificirtes<br />
Subjeetum wieder zu ersetzen, so haben wir darzu unsern<br />
Würcklich-Geheimbten Etats- undt Krigsrath ?c. den Freyherrn<br />
von Fuchs, dessen Trewe uudt ungemeine Capacitai uns von<br />
so vielen Jahren her bekandt, allergnädigst ernant, nnd demselben<br />
obgedachtes Cancellariat zu einiger Ergchung vor die<br />
große und ersprisliche Dienste, so uus und unserm königl. Hause<br />
derselbe geleistet, in Gnaden zulegen wollen. Wir befehlen<br />
euch demnach hiermit allergnädigft, erwehnetcn Freyherrn<br />
von Fuchs vor unsern Cantzler zu erkennen undt anzunehmen<br />
und ihme alles dasjenige, was der verstorbene von Crockau<br />
als Cantzler sowohl an ordinairen Gehalt als Sftortuln gehabt,<br />
völlig reichen und zukommen zu laßen. Aldieweilen wir aber<br />
seiner Dienste bei unsere? hohen Persohn Vonnöthen haben,<br />
undt er also dorthin nicht? persöhnlich zugegen sein kan, so hat<br />
derselbe sich erbothen wegen seiner Abwesenheit mit unserer<br />
allergnädigsten Approbation solche Anstalt zu machen, daß deshalb<br />
in unsern und des Laudes Diensten nichts verabsäumet<br />
werden solle, allermaßen solches vorhin zu den Zeiten des<br />
von Somnitz und des von Crockau, wan dieselbe in nnsern<br />
Diensten abwesendt gewesen, anch also beobachtet worden. Seind<br />
euch mit Gnaden gewogen.<br />
Geben zu Potstam d. 27. Iau. 1703.<br />
Friederich.<br />
Gr. v. Wartenberg.<br />
Dies Rescriftt gelangte am 1. Februar an die Regierung<br />
nach Stargard, zugleich mit einem sehr verbindlichen eigen-<br />
Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I. Tit. 80. Nr. 371.
Von Dr. v. Vülow. 139<br />
händigen Begrüßungsschreiben von Fuchs an seine nunmehrigen<br />
Collegen, ^) worin er sagt, daß er zwar wohl Ursache gehabt,<br />
wegen seiner anderen obhabenden vielen und schweren Verrichtungen<br />
diese neue Last zu depreciren, doch habe er sich verbunden<br />
erachtet, auch zu Dienst seines werthen Vaterlandes<br />
einen Theil seiner noch übrigen Kräfte und Lebenszeit<br />
aufzuopfern. „Die größeste Vergnüguuge, fo ich hiebey empfinde,<br />
ist, daß ich in ein Collegium zu tretten die Ehre<br />
habe, worinnen so viele vornehme und mit großen Qualitäten<br />
begabete Leuthe sitzen, von welchen ich mir alles getreuen Beystandes<br />
zue unsers großen Königes und des Landes Bestem<br />
und Aufnehmen verfehe, und welchen ich hingegen hiemit aufrichtig<br />
angelobe, daß ich eine meiner <strong>für</strong>nembsten Obliegenheiten<br />
achten werde, meinen hochgeehrten Herren sambt und sonders<br />
gefällige Dienste zu leisthen, des Collegii Lustre und Aufnehmen<br />
zu suchen und mit einer recht pommerschen Aufrichtigkeit<br />
zu erweisen, daß ich binn<br />
Meiner hochgeehrten Herren<br />
und werthesten Collegen<br />
dienstergebenster Diener<br />
Berlin P F v Fuchs,<br />
den 30. Jan. 1703.<br />
Es mag sein, daß Fuchs von den Ständen des Herzogthums<br />
Hinterpommern und Camin, denen er durch eine interessante<br />
kur<strong>für</strong>stliche Resolution vom ^ ^ 1693 und in derselben<br />
durch eingehende Behandlung der Einzelnheiten der Landesverwaltung<br />
näher getreten war^), zu dieser Stelle vom<br />
Könige erbeten worden; eine bloße Ehrensinecure, wie man<br />
nach dem königlichen Rescript glauben könnte, war dieselbe<br />
indessen nicht, denn neben der Einführung der höheren Beamten<br />
in ihr Amt hatte der Canzler außer der Leitung der Geschäfte<br />
2) Es waren dies die Räthe von Carnitz, Non Vraunschweig,<br />
von Somnitz, von Wobeser, von CorZwandt und von Schröder. Außerdem<br />
gehörten noch der Archivar, zwei Secretaire nnd zwei Canzlisten<br />
zur Regierung.<br />
4) v. Salpius a. a. O. Seite 118 ff.
140 Paul von Fuchs.<br />
in Abwesenheit des Präsidenten namentlich die Kammerverwaltung<br />
und die Inspection über die verschiedenen Gerichtshöfe<br />
zu führen. Daß Fuchs am wenigsten sein Amt als Sinecure<br />
ansah, sondern auch hier den Details seine besondere Aufmerksamkeit<br />
zuwandte, wird sogleich an einigen Beispielen gezeigt<br />
werden. Drei Jahre vor seiner Ernennung zum Canzler<br />
hatte Fuchs in Stargard die Erbhuldigung der hinterpommerschen<br />
Stände entgegengenommen, seine dabei am 9./19. Oetbr.<br />
1699 an die Ritterschaft und die städtischen Behörden gehaltenen<br />
Reden nebst Einigem über das dabei beobachtete Ceremoniell<br />
befinden sich in der Löperschen Bibliothek.<br />
Am 6. Juni 1703 gegen Abend kam nach den Aufzeichnungen<br />
des Archivars, Pfalzgrafen Imanuel Wendtlandt<br />
in dem oben citirten Aetenstück des Staatsarchivs der neue<br />
Canzler Zum ersten Mal nach Stargard, um den Sitzungen<br />
des Landtags beizuwohnen, und ließ sich dabei das Regierungseollegium<br />
vorstellen. Indem er in seiner Anrede an dasselbe<br />
wiederholte, daß er seiner andern Geschäfte wegen um die<br />
Person des Königs, „allwo die Quelle undt der Uhrsprung<br />
der Wohlfahrt des gantzen Vaterlandes", fein müsse, sprach er<br />
doch die Hoffnung aus, vielleicht grade dadurch den: Lande<br />
nützlich fein zu können. Ein Freund ständischen Wesens war<br />
der neue Canzler übrigens nicht, vielmehr war es sein Bestreben,<br />
dasselbe niederzuhalten und dagegen die <strong>für</strong>stliche Macht<br />
zu heben. In der äußeren Politik konnte er keinen besseren<br />
Lehrer als den großen Kur<strong>für</strong>sten gehabt haben, der ihn stufen^<br />
weise von kleineren zu wichtigeren Aufgaben führte. Fuchs<br />
hat denn auch sich des <strong>für</strong>stlichen Lehrers würdig gezeigt;<br />
namentlich bei der Annahme der Königswürde durch Friedrich III.<br />
verwarf er den Gedanken einer Crcation durch den Kaiser<br />
durchaus und rieth unter allen Umständen nur die kaiserliche<br />
Anerkennung zu begehren, denn König werden könne der Kur<strong>für</strong>st<br />
wohl auch ohne den Kaiser.<br />
Auf die obige Anrede erwiderte der geheime Regicrungsrath<br />
von Carnitz im Namen des Collegiums höflich, daß über<br />
die Ernennung des Herrn Canzlers allgemeine Freude ge-
Von Dr. v. Vülow, 141<br />
Wesen, und daß Alles gethan werden solle, um auch in der<br />
Abwesenheit desselben die Regierungsgcschäste sorgfältig und<br />
nach eines jeden Pflicht abzuthun. Die Vorstellung war nach<br />
einer Randbemerkung Wendtlandts so vor sich gegangen, daß,<br />
„wie des H. Geh. Raths undt Cantzlers ?e. von Fuchs freyherrl.<br />
Excell. in die Regierung gekommen, hatt dieselbe das 00II6filini<br />
i-oAÌm. vor der Thür der Audiencestube, nach Westen<br />
hin, in einer langen Reihe empfangen, undt ist darauff vorstehende<br />
Anrede in der Audieneestnbe bey dehm Tische geschehen".<br />
Bei dieser persönlichen Anwesenheit that Fuchs auch einen<br />
Einblick in die Einzelheiten der Geschäftsführung der Regierung,<br />
und es ist charakteristisch <strong>für</strong> einen Mann von so eisernem<br />
Fleiß, daß er auch von Anderen Rührigkeit forderte. So schrieb<br />
er im November 1703 an den Geheimcnrath von Earnitz^):<br />
„daß die königliche Regierung dahin sehen möchte, daß die<br />
Dinge, so abzuthun und zu verabscheiden sind, alle Woche von<br />
der Taffel kähmen, nnd das in einer Woche ein Collegialtag<br />
gehalten werden möchte". Die Regierung nahm dies an und<br />
bestimmte, wenn nicht sonst schon in der Woche frequente Sitzung<br />
gewesen wäre, so solle alle Sonnabende ,,3^8(iuo oonvoc^tione"<br />
eine solche gehalten werden, die des Morgens Glock 10 präcise<br />
angehen müsse ^).<br />
Auch der Archivar Wendtlandt erhielt unter dem 26. Januar<br />
1704 eine Erinnerung wegen zu hoch erhobener Expeditionsgebühren<br />
; es soll „vor Mundirung einer Relation, da dieselbe<br />
ausgelöset werden muß, wann nicht weitläufftige oo^i^o dabey<br />
seyn, mehr nicht alß 8 ggr. genommen, die ox oNoio ab-<br />
5) Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I. Tit. 80. Nr. 377.<br />
6) Diese Ordnung war nicht von langem Bestand, denn in der<br />
Sitzung des 21. October 1704 erklärt v. Carnitz, „das es itzo schon<br />
halb 11 wäre, nnd Niemandt als Herr Negierungsrath von Corswandt<br />
verHanden; damit aber knnfftig guthe Ordnung gehalten würde, folte<br />
alle Wochen des Freytags nnd zwar des Morgends Glock 9 der Col-<br />
legialtag gehalten werden". Diese Aenderung stieß aber auf Wider-<br />
stand, bis im folgenden Jahr die fünf Räthe der Regierung sich dahin<br />
einigten, daß Jeder einen bestimmten Tag der Woche auf der Negie-<br />
rung erscheinen, am Freitag aber allgemeine Sitzung sein solle.
142 Paul von Fuchs.<br />
gehende Sachen, in gpseio Kirchencollecten bald ausgefertiget<br />
werden, wesfals mein hochgeehrter Herr Rath den Tag, an<br />
welchem das Concept gemachet, dabey notiren kan. Dann wird<br />
auch dahin zu sehen seyn, daß alles nach der Expedition soforth<br />
zur Registratur gegeben und nichts verschoben werde". In<br />
demselben Schreiben empfiehlt er auch Vorsicht bei Benutzung<br />
des Archivs, und wenn auch heute glücklicherweise eine freiere<br />
Praxis herrscht, so darf es doch <strong>für</strong> jene Zeit nicht befremden,<br />
daß Fuchs vorschlägt, es solle gar kein Sollicitant ins Archiv<br />
gelassen, vor der Thür desselben aber eine Oeffnung oder Klappe<br />
angebracht werden, um den Verkehr mit der Außenwelt zu<br />
vermitteln?).<br />
Als Fuchs mit dem Kanzleramt <strong>für</strong> Hinterpommern und<br />
Camin betraut ward, stand er im Anfang seines 64. Lebensjahres;<br />
es war ihm nicht lange mehr beschieden, thätig zu<br />
sein, da die großen Anstrengungen, denen er sich im Dienste<br />
des Königs und des Staates unterzog, seine Kräfte frühzeitig<br />
erschöpft hatten. Am 11. August 1704 liefen zwei Schreiben<br />
bei der königlichen Regierung in Stargard ein, in denen die<br />
Wittwe und der Sohn den am 7. d. M. auf seinem Gute<br />
Malchow bei Berlin erfolgten Tod des verdienten Staatsmannes<br />
anzeigten. Das erstere lautet^):<br />
Hochwohl- und wohlgebohrne Herrn geheimbte und Regierungsräthe,<br />
insonders hochgeehrte Herren!<br />
Es hat dem Höchsten gefallen nach seinem unerforschlichen<br />
Rath, Ihrer Königl. May" Würcklichen Geheimten Estats- und<br />
Kriegesrath, Lehnsaii-ectoi-Oin, Cantzler im Herzogthumb Hinterpommern<br />
und Fürstenthumb Cammin, auch Consistorialpraesi-<br />
') Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I. Tit. 80. Nr. 380.<br />
Auch den Rechtsanwälten sollten entstandener Unordnung wegen die<br />
Acten nicht mehr ertradirt werden- sie dürfen dieselben auf der Regierung<br />
einsehen und haben das Weitere zn Hause zu besorgen.<br />
8) Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. 1^. I. Tit. 80. Nr. 371.<br />
In Stargard wurde das <strong>für</strong> solchen Fall übliche Ehrengeläute und<br />
die Danksagung von den Canzeln <strong>für</strong> den folgenden Souutag angeordnet.
Von Di-, v. Vülow. 143<br />
denten Paul Freyherrn von Fuchs ;e., meinen im Leben gewesenen<br />
lieben Eheherrn am 5. dieses Monathes allhier mit<br />
einem plötzlichen Zufall und Schlagstuß zu belegen und darauf<br />
deu 7. aus dieser Zeitlichkeit in die seelige Ewigkeit zu versetzen.<br />
Wie schmertzlich mir dieser unvermuthete Hintritt sey,<br />
kan ich mit der Feder nicht ausdrücken, zweifle dabey nicht, es<br />
werden meine hochgeehrte Herren nach der zu meinem seel.<br />
Eheherren getragenen Affection über diesen großen Verlust ein<br />
hcrtzliches Mitleiden mit mir haben und das Gedächtnüs des<br />
seelig Verstorbenen bey ihnen laßen im Scegen seyn, wie ich<br />
dagegen den großen Gott bitte, daß derfelbige meine hochgeehrte<br />
Herren samt und sonders <strong>für</strong> alle Trauer- und Unglücksfälle<br />
lange Zeith bewahren und diefelbe nebst dero werthen Familien<br />
bey beständigen Vergnügen erhalthen wolle. Ich verbleibe<br />
Meiner hochgeehrten Herren, Geheimten<br />
und Regierungsräthen<br />
Malchau, dienstwligste (!) Dienerin<br />
d. 8. Aug. Louise verwittibte<br />
1704. Freyfrau von Fuchs.<br />
Ueber die Familienverhältnisse des Canzlers, seine und<br />
seiner Frau Verwandte, meint man grade in Stettin reichliches<br />
Material finden zu können, uud doch habe ich mich iu dieser<br />
Erwartung bisher getäuscht gesehen. Die zahlreichen Leichenpredigten<br />
des 17. Jahrhunderts, die handfchriftlichen genealogifchen<br />
Sammlungen, die sich hier finden uud über fo viele<br />
pommersche und namentlich stettiner Familien schon oft die gewünschte<br />
Auskunst gegeben haben, enthalten wenig über die in<br />
mehreren Generationen in Stettin blühende Familie Fuchs;<br />
und wenn man auch die Namen mehrerer Mitglieder derselben<br />
kennt, so fehlt doch der genealogische Zusammenhang. Das<br />
Gleiche gilt von der unter dem Namen vita6 ^oinoi-Hnornni<br />
bekannten ähnlichen Sammlung in Greifswald.<br />
Der Canzler ist aus einer stettiner Apotheker- und Kaufmannsfamilie<br />
hervorgegangen, deren ältestes bisher bekanntes<br />
Mitglied der Apotheker Benedict Fuchs ist, welchem der Rath
144 Panl von Fuchs.<br />
von Stettin am 28. Juli 1545 gegen Zahlung von sieben<br />
Gulden jährlich <strong>für</strong> seine am Heumarkt gelegene Apotheke ^)<br />
das Privilegium cnheilte, daß abgesehen von den f<br />
Apotheken neben seiner nnd des Claus Stellmacher Ofsiein<br />
keine andre städtische Apotheke in der Stadt errichtet werden<br />
sollte. Venedict Fuchs starb am 26. Februar 1584. Ein<br />
Verwandter gleichen Vornamens, muthmaßlich sein Sohn, wurde<br />
1586 iu den Rath gekoren nnd war 1612 Abgeordneter der<br />
Stadt bei dem Vertrag mit Herzog Philipp II. über das<br />
städtische Patronat, das Stadtgericht, die Oderschifffahrt :e.<br />
Vermnthlich ist er derselbe Benedict Fuchs, welcher 1588 und<br />
1601 in städtischen Steuerregistern als Besitzer eines Hauses<br />
iu der Mühleustraße genannt wird. Im erstgenannten Jahre<br />
hatte er von demselben ^/2 Gulden Landsteuer, im letzteren<br />
2 Gnlden 16 Gr. nicht näher bezeichnete Stener zn zahlen.'")<br />
Das väterliche Geschäft als Apotheker scheint aber Venedict<br />
nicht betrieben zu haben, denn es figurirt in den eben angeführteu<br />
Steuerlisten ein Matthias Fuchs als Besitzer des<br />
Hauses am Henmarkt, von welchem er 1588 ^/2 Gulden, 1620<br />
einen ganzen Gnlden Landstener und 1623 ebensoviel an Kreissteuer<br />
entrichtete. Dieser Matthias Fuchs (gest. 1617) nahm<br />
übrigens als Deputirtcr der Schoppen ebenfalls Theil an den<br />
erwähnten Verhandlungeu mit Herzog Philipp II. Iu seiner<br />
Jugend hatte er Gelegenheit gehabt, die Welt zn sehen, er<br />
war mit dem kaiserlichen Orator Friedrich Vrann als Apotheker<br />
nach Konstantinoftel gegangen, hatte die griechischen Inseln<br />
besucht uud iu einem Itinoi'I.riuin ^oiiätaiitinopolitaniim<br />
diese Reise beschrieben.") Ein Hermann Fuchs steuerte 1601<br />
9) Diese Apotheke, die jetzige Löwenapotheke, besteht bekanntlich<br />
noch gegenwärtig in dem ursprünglichen Hanse nnd das Original des<br />
erwähnten Privilegiums ist im Besitz des gegenwärtigen Besitzers,<br />
Dr. Papst. Ich benutze diese Gelegenheit, um ans die architektonisch<br />
schönen Gewölbe nnd eine schön gewundene Säule im Hintergebäude<br />
dieses Hauses aufmerksam zu macheu.<br />
l«) Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. 1^. I. Tit. 128. Nr. 65.<br />
") Micrälius, 4. Buch, zum Jahr 1618.
Von Dr. von Vülow. 145<br />
1 Onlden 8 Gr. von einer Bnde in der Fuhrstraße, nnd ein<br />
Benedici Fuchs, der mit dem obigen Rathsherrn identisch sein<br />
kann, 1620 1 Gnldcn von einem Hause in der Mühlenstraße.<br />
Ein Andreas Fnchs starb am 20. Inni 1601 als Schöppenschreiber,<br />
und bald nach ihm am 27. Januar 1603 ein Materialienhändler<br />
Christoph Fuchs. Ein Peter Fuchs, Kaufmann<br />
und Wcinhä'ndlcr in Stettin, starb am 26. Januar 1631 und<br />
wurde' am 30. desselben Monats in der St. Iaeobikirche daselbst<br />
begraben, wobei der Pastor Daniel Wasserführcr die Leichenrede<br />
hielt. Eine Anna Fnchs, Wittwe des Syndikus der hinterpommerschen<br />
Ritterschaft Di'. Johann Meier, vermählte sich<br />
zum zweiteu Mal mit dem Apotheker Wilhelm Hiltcbrandt in<br />
Stettin, einer bekannten Arztfamilie angehörend. Ein Hofgerichtsadvocat<br />
Paul Erust Fuchs, vormals auch beim Seegericht<br />
thätig, kommt 1682 in den Aeten des Staatsarchivs<br />
vor.-^) Die Zugehörigkeit der Geuannten znr Verwandtschaft<br />
des Canzlers ist im höchsten Grade wahrscheinlich, aber noch<br />
nicht erwiesen.<br />
Erst der Vater des Kanzlers, der Magister und Prediger<br />
Samuel Fuchs, brachte das gelehrte Element in die Familie.<br />
Nach der auf ihn gehaltenen Leichenpredigt ^) war er am<br />
7. November 1597 zn Stettin als Sohn des herzoglichen<br />
Kellermeisters Iaeob Fuchs und der Martha Grimm geboren,^)<br />
erhielt im Jahre 1626 (nach andrer Nachricht 1624) die Stelle<br />
eines Pastors an der St. Nicolaikirche daselbst, die er auch bis<br />
zu seinem am 4. September 1644 erfolgten Tode verwaltet<br />
hat. Er war zwar schließlich der erste Geistliche an dieser<br />
Kirche, aber nicht, wie bei v. Salpius S. 3 und anderwärts<br />
auf Grund der vom Secretair der Academie der Wissenschaften<br />
in Berlin, Iablonski, verfaßten Abhandlung gesagt wird, erster<br />
l2) Staatskanzlei 1^. II. Tit. 21. Nr. 329.<br />
'2) Die im Weiteren gegebenen genealogischen Nachrichten entstammen<br />
meist den erwähnten Lcichenpredigtsammlnngcu. Dem königl.<br />
Konsistorium verfehle ich nicht <strong>für</strong> gütigst gegebene Belehrung meinen<br />
Dank auszusprechen.<br />
^) Micrä'lins nennt in einer Rede dies Geschlecht non iii<br />
in Stettin.
146 Paul vou Fuchs.<br />
Prediger und Superintendent, weder voll Pommern noch auch<br />
bloß von Stettin; denn wie von einer eigentlichen Rangordnung<br />
der stettiner Kirchen überhaupt nicht wohl gesprochen<br />
werden kann, so wenig hat die St. Nieolaikirche eine besonders<br />
hervorragende Stellung unter ihren Schwestern je eingenommen,<br />
und die an derselben fungirenden Geistlichen haben als solche<br />
niemals die Würde von Superintendenten bekleidet. Der Irrthum<br />
kann nur daraus entstanden sein, daß während der Abwesenheit<br />
des letzten herzoglich pommerschen Superintendenten und Schloßpredigers<br />
Di'. Jacob Fabricius von Stettin^) der Diaconus<br />
Mag. Daniel Lange dessen Geschäfte übernahm, uud Magister<br />
Samuel Fuchs <strong>für</strong> den letzteren in der Zeit von Ostern bis<br />
Michaelis 1632 die Vesperpredigten in der Schloßkirche hielt,<br />
also nur den Vertreter des Superintendenten theilweise vertrat.<br />
Laut <strong>für</strong>stlichem Vergleich vom 18. Februar 1632 wurden ihm<br />
da<strong>für</strong> aus der herzoglichen Leibkammer 50 Thaler bestätigt.<br />
Das Stadtministerium von Stettin gehörte und gehört<br />
noch jetzt eigentlich zu keiner Synode und fehlt deshalb in dem<br />
nach Synoden geordneten Manufcript von Steinbrück: „Die<br />
pommersche Priesterschaft", einer werthvollen auf amtlichen Ermittelungen<br />
basirenden Arbeit; doch besitzt das königliche Confistorium<br />
in Stettin ein anderes handschriftliches Werk dieses<br />
überaus fleißigen Sammlers, dem obige Notizen entnommen<br />
sind. Wenn auch die St. Iacobi- und St. Marienkirche durch<br />
ihren Reichthum die ansehnlichsten Kirchen der Stadt waren,<br />
so stand das Amt des Superintendenten doch mit ihnen nicht<br />
in Verbindung, sondern war mit den Functionen des herzoglichen<br />
Schloßftredigers verknüpft. Dasselbe stimmt mit dem<br />
Amte des heutigen Generalsuperintendenten überein, während<br />
^) Derselbe war mit Genehmigung des Herzogs Bogislav XIV.<br />
dem Könige Gustav Adolph am 29. Januar 1631 ins Feld gefolgt,<br />
wartete der täglichen Morgen- nnd Abendandachten desselben als Feldprediger<br />
und kehrte erst nach des Königs Tode in seine frühere Stellung<br />
nach Stettin zurück. Er starb am 11. Angust 1654, hat also den Mag.<br />
Fnchs nm zehn Jahre überlebt.
Von Dr. von Bülow. 147<br />
die Superintendenten der Gegenwart in der herzoglich pommerschen<br />
Kirchenordnung Präpositi oder Archipresbyteri heißen.<br />
Seine Studien hatte Mag. Samuel Fuchs in Stralsund,<br />
Eisleben, Wittenberg und Jena gemacht und hatte sich in Halle<br />
schon ein Jahr vor Erlangung der stettiner Pfarrstelle mit<br />
Jungfrau Margaretha Zeugling vermählt, Tochter des Carl<br />
Zeugling, Rath des Herzogs Philipp Julius von Pommern<br />
und Advocat zu Halle, und dessen Ehefrau Agnes Krause.<br />
Aus dieser Ehe stammten vier Stiefgeschwister des Kanzlers,<br />
nämlich I.Andreas; 2. Anna Margaretha, geb. 8. Dezember<br />
1627, gest. 16. Juni 1657, nachdem sie am 12. Januar 1647<br />
einen Nachfolger ihres Vaters, Mag. Joachim Utecht geehelicht<br />
hatte; 3. Martha Elisabeth, vermählt mit Johannes Schaper,<br />
Lic. der Rechte und Advocat in Cüstrin; 4. Agnes, vermählt<br />
mit Friedrich Sell, Probst und Pastor in Wollin. Zwei andre<br />
Söhne werden noch erwähnt: Anton, der gleich den andern<br />
Schülern des stettiner Gymnasiums 1637 in einem ooniiuxuä<br />
iHcr^lliAriini 3tu
148 Paul von ssnchs.<br />
von Schweden gehaltenen Gedächtnißpredigt den Vorwnrf arger<br />
Schmeichelei. Ans literarischem Gebiet scheint er der Sitte der<br />
schreibseligen Zeit zuwider wenig thätig gewesen zn sein: unter<br />
den vielen uns anfbewahrten Schriften stettiner Geistlicher des<br />
17. Jahrhunderts finde ich keine von ihm verfaßte, nur Micrälius<br />
führt eine Druckschrift an, betitelt: 8HiQ8oni(^ I^va.ii-<br />
AOlioorniQ oc^HSCldtio, 1636. Dagegen hat er im Verein<br />
mit seinem Amtsbrndcr, Tiae. Fanstinns Menno, im Jahre<br />
1626 die Kirchenbibliothek zu St. Nicolai gestiftet, welche durch<br />
Schenkungen an Bücheru und Geld nach nnd nach recht bedeutend<br />
wurde, aber bei der Zerstörung der Kirche leider ebenfalls<br />
zu Grnnde gegangen ist. ^) Im Bibliothekszimmer waren<br />
die Oelbilder der beiden Stifter aufgehängt. An Grundstücken<br />
befaß Mag. Samuel Fuchs 1627 nur eine Bude in der<br />
Frauenstraße.<br />
Auch die Familie Friedeborn ist eine während des 16.<br />
und 17. Jahrhunderts in den kaufmännischen und Beamtenkreisen<br />
Stettins wohlbekannte nnd in mehreren Zweigen blühende<br />
gewesen, die Zur Zeit der schwedischen Herrschaft auch<br />
eiue Nobilitirung erfahren hat nnd als redendes Wappen einen<br />
silbernen Springborn im blauen Felde führte. Sie besaß im<br />
17. und 18. Jahrhundert Bugwitz bei Anklam, sowie Eichow<br />
bei Cottbus und Selchow bei Sternberg i. N. Ein Lieutenant<br />
oder Fähnrich Jacob Siegmnnd von Fricdcborn wurde<br />
in der Schlacht bei Prag am 6. Mai 1757 verwundet^).<br />
In den stettiner Steuerregistern kommt in der Zeit von 1601<br />
bis 1623 ein Kaufmann Hermann Friedeborn als Besitzer von<br />
Hänscrn in der (nnteren) Schnlzenstraße und im Rosengarten<br />
vor; er war mit Gertrud Wilkens vcrheirathet und hatte eine<br />
am 23. Jan. 1594 geborene Tochter Emerentia, welche nach<br />
zweimaliger Vermählnng (znerst am 16. Nov. 1615 mit dem<br />
Kaufmann Christoph Hauße, gest. 1621, und danach 1622<br />
mit dem sie überlebenden Valentin Turow) am 22. September<br />
^) Pfennig, Histor. Nachr von der Nicolaikirchenbibl. in Alten<br />
Stettin, 1791.<br />
") Pauli, Leben großer Helden, I. S. 104; IV. S. 334; VI. S. 86.
Von Dr. von Vülow. 149<br />
1630 in Stettin starb nnd in der St. Iacobikirche beerdigt<br />
wurde. Ein Paul Friedcborn steuerte 1623 einen Gulden<br />
von einem Hause in der Breitcnstraße, und 1601 ein Martin<br />
Friedeborn 1 Gulden 8 Gr. von einer Bude vor dem Mühlen-<br />
thor. Ein Franz Friedeborn besaß 1623 eine Bude in der<br />
Baustraße, von der er ^/2 Gulden Kreissteuer entrichtete. Ein<br />
Peter Friedeborn, geb. 1606 als Sohn eines Kaufmanns Her-<br />
mann Friedeborn und der Gertrud Ladewig, starb 1661 als<br />
Senator und Aeltcstcr der Kanfmannfchaft; er war mit Maria<br />
Malchin, Tochter des stettiner Kämmerers Malchin, vermählt<br />
gewesen. Endlich klagte 1697 ein kursächsischer Regiments-<br />
feldscheer Christian Friedcborn gegen den Wirth des stettiner<br />
Schützenhauses wegen unberechtigten Arrestes^). Die Familie<br />
kommt in bürgerlichen Aemtern außerhalb Stettins wiederholt<br />
vor; so waren im Jahre 1617 Dionysius Friedcborn Pastor<br />
zu Greifenberg und Gregor Friedeborn Rector zu Garz a. 3).<br />
Als Geschwister der obenerwähnten Anna Friedeborn,<br />
verwittwcten Simon und wiedervermählten Fuchs, kennt man<br />
einen Bruder, Namens Jacob, den späteren Schwiegervater<br />
des Kanzlers, welcher in Holland Seeretair der Kur<strong>für</strong>stin<br />
Louise von Brandenburg war und später als Geheimsecretair<br />
im brandenburgischen Staatsdienst stand. Er ist es wohl ge-<br />
wesen, der dem Neffen zuerst die Wege bahnte zu der späteren<br />
glanzvollen Laufbahn. Möglicherweise war er auch der Be-<br />
sitzer der obenerwähnten Güter in der Lausitz und Ncumark,<br />
die jedoch bald wieder in andere Hände gelangten. Wer aus<br />
der Familie das Gut Bugwitz besessen hat, ist mir nicht ge-<br />
lungen, festzustellen. Ein anderer Bruder, Michael, schwedischer<br />
Gerichtsassessor, verlor am 11. April 1649 das ihm am<br />
31. März desselben Jahres von seiner Ehefrau Anna Becker<br />
geborene Töchterchen Maria. Die Eltern der Anna Becker<br />
waren Helmich Becker und Elisabeth Sibrand. Eine Schwester<br />
Lueia starb am 10. September 1626. Die Urgroßeltern<br />
dieser vier Geschwister waren Johann Friedcborn und Anna<br />
n) Staatsarchiv zu Stettin: Schwed. Arch. lit. 1^. Nr. 49.
150 Paul von Fuchs.<br />
Stade^), deren Stand nicht näher angegeben ist, von denen<br />
aber eine handschriftliche Notiz sagt, daß eins von ihnen das<br />
hohe Alter von 110 Jahren erreicht hat ^). Ein Sohn aus<br />
dieser Ehe, Jacob Friedeborn, wird 1590 genannt; er war<br />
Altermann der Kaufmannschaft in Stettin und mit Lucia<br />
Stegemann verheirathet, mit der er einen Sohn, Paul Friedeborn,<br />
erzeugte, geb. am 24. Januar 1572, den bekanntesten<br />
seines Geschlechts, denn ehe derselbe im Jahre 1630 Bürgermeister<br />
von Stettin wurde, hatte er bereits 34 Jahre lang<br />
das Amt eines Stadtschreibers daselbst mit großer Treue und<br />
Umsicht verwaltet und das Interesse der Stadt auch nach<br />
außen hin wahrgenommen. Er vertrat dieselbe auf dem Reichstage<br />
zu Regensburg 1597, auf dem Hansatage zu Lübeck, bei<br />
einer Gesandtschaft an den König von Dänemark und bei vielen<br />
anderen Gelegenheiten. Im Jahre 1616 war er Senator<br />
geworden und wird als solcher das erwähnte Haus in der<br />
Vreitenstraße besessen haben; 1624 ernannte ihn König Gustav<br />
Adolph von Schweden zu seinem Rath, und als 1634 Herzog<br />
Bogislav XIV. von Pommern nach dem Vorgang der wolgaster<br />
Regierung das Collegium der Landräthe, welches bisher<br />
aus der Ritterschaft allein berufen war, wieder aus den drei<br />
Ständen der Prälaten, Ritter und Städte zusammensetzte,<br />
wurde der Bürgermeister Paul Friedeborn <strong>für</strong> Stettin präsentirt<br />
und nach seiner Bestätigung zu der auf den 14. Juli<br />
d. I. zu Stettin angesetzten Convocation der Landräthe der<br />
„Orte" Wolgast und Stettin berufen. Vorher schon, im Jahre<br />
1626, war er in den argen Nöthen des Vaterlandes zum<br />
Kriegscommissar gewählt worden. Außer dieser seiner vielseitigen<br />
amtlichen Thätigkeit hat er um Stettin durch Abfassung<br />
eines Geschichtswerkes sich verdient gemacht; seine:<br />
„Historische Beschreibung der Stadt Alten Stettin in Pommern",<br />
gedruckt und verlegt 1613 bei Jochim Rhetes Erben, die in<br />
zwei Ausgaben, einer kürzeren lateinischen und einer größeren<br />
2») Vgl. hinten die Ahnentafel.<br />
22) Steinbruch Rathsspiegel, in der Bibliothek der <strong>Gesellschaft</strong><br />
<strong>für</strong> pomm. <strong>Geschichte</strong> und Alterthumskunde.
Von Dr. von Vülow. 151<br />
deutschen erschien, ist ein Werk, das noch heute unentbehrlich<br />
ist wegen der vielen den städtischen Urkunden entnommenen,<br />
freilich nur lose aneinander gereihten, archivalischcn Notizen und<br />
Listen städtischer Beamten. Paul Friedeborn ist der Großvater<br />
des Kanzlers Paul von Fuchs mütterlicher Seits. Im Jahre<br />
1597 vermählte er sich mit Anna Schlecker, geb. 1568 als<br />
Tochter seines Vorgängers im Stadtschreiberamte Elias Schlecker,<br />
welche vorher an den Mag. Gerhard Berg vermählt gewesen<br />
war. Sie starb 1649 und hatte aus ihren beiden Ehen eine<br />
Nachkommenschaft von 12 Kindern, 19 Enkeln und 20 Urenkeln.<br />
Aus der Zweiten Ehe entstammten fünf Söhne und vier Töchter,<br />
doch kennt man, wie oben berichtet, nur die Namen zweier<br />
Söhne und zweier Töchter, und von den letzteren hat nur<br />
Anna, die Frau des Mag. Samuel Fuchs, <strong>für</strong> uns ein Interesse<br />
als die Mutter des späteren Kanzlers.<br />
Die Personalien über den letzteren scheinen überall der<br />
vom Secretair der Academie der Wissenschaften in Berlin,<br />
Johann Theodor Iablonsky, verfaßten Abhandlung entnommen<br />
zu sein^); in handlicherer Form stehen sie bei v. Salpius,<br />
auf den ich hiermit verweise. Dem mir vorliegenden Exemplar<br />
sind noch allerhand andere auf diesen Todesfall bezügliche<br />
Schriften beigegeben; zuerst die am Sonntag nach der Beifetzung,<br />
d. h. am 13. Sonntag nach Trin. (17. Ang.) vom<br />
Hofprediger Daniel Ernst Iablonsky im Dom zu Cöln an<br />
der Spree gehaltene Trauerpredigt über Ies. 60, Vers 19,<br />
20 ; dann die Leichenrede des Predigers zu Malchow, Johann<br />
Porst, gehalten bei der Beisetzung daselbst über 2. Cor. 5,<br />
Vers 1 ; hierauf die erwähnte Iablonskysche Abhandlung, und<br />
endlich allerhand Beileidsbezeugungen nach der Sitte der Zeit,<br />
als: ein lateinisches Trauergedicht der Universität Frankfurt,<br />
unterzeichnet Mich. R. D. ; eine auf den Verstorbenen vom<br />
Professor der Eloquenz Christoph Cellarius gehaltene Gedächtnißrede;<br />
eine von I. E. Witte, Halle 1. September 1704, an<br />
N) Berlin, Druckts Johann Wessel, 1705. Ebenfalls in Schöttgen,<br />
Altes und neues Pommerland, I. S. 54 ff.
152 Paul von Fuchs.<br />
den Sohn, Legationsrath Freiherr Johann Paul von Fuchs,<br />
gerichtete epistola c0N80ilrt0i-ia, und endlich ein deutsches<br />
Traucrgcdicht: „die Thränen der Mnsen bei dein Grabe des<br />
Freiherrn von Fuchs" von Benjamin Ncukirch, ein schwülstiger<br />
Erguß, wie sie damals Mode waren und fast bei keinem Leichenbegängniß<br />
fehlten. Heute ist es schwer, ans solchen Schriftstücken<br />
immer das heransznfinden, was den Hinterbliebenen<br />
Trost gewähren sollte: wir finden sie geschmacklos, oder sie<br />
üben im besten Fall eine komische Wirkung ans nns aus, doch<br />
müssen gleich den Predigten jener Periode diese Dinge im<br />
Geiste ihrer Zeit betrachtet werden. Auch die lateinische Inschrift<br />
über der Gruft ist unter diesen Drucksachen.<br />
Nachdem Fuchs seine Studien iu Greifswald, Helmstädt<br />
und Jena vollendet hatte, fuugirtc er einige Zeit als Advocat<br />
in Berlin und zeichnete sich dabei durch eine bedeutende Redegabe<br />
aus, was vielleicht die Ursache zu seiner Berufung (1667)<br />
als Professor an die nen errichtete Universität Duisburg war.<br />
Er hielt Vorlesungen über Iustinians Institutionen und gab<br />
eine „Paraphrasis" derselben heraus. Hier wird er seine erste<br />
Ehe eingegangen sein' der Name seiner Fran ist nicht bekannt,<br />
doch gehörte dieselbe einer französischen Nefügiefamilie an.<br />
Schon 1670 wurde Fuchs aus dieser Stellung in den Dienst<br />
des großen Kur<strong>für</strong>sten berufen, wo feiue Tüchtigkeit namentlich<br />
als gewandter Unterhändler sich bald zeigte, so daß er<br />
nun schnell zum geheimen Staatsseeretair, wirklichen Hofrath,<br />
geheimen Nath und Staatsministcr emporstieg, als welcher er<br />
1682 vom Kaifcr in den Adelstand erhoben wurde; eine Standeserhöhuug,<br />
welcher braudenburgischerseits am 11. Deeembcr<br />
1684 die Anerkennung folgte. Lehnsdireetor der Kurmark<br />
wurde er 1686, und 1695) Präsident des kurmärkischen Consistoriums;<br />
das Kanzleramt <strong>für</strong> Hinterftommern und Camin<br />
war die letzte ihm übertragene Würde.<br />
Die hohe Stellung, welche Fuchs einnahm, machte ihm<br />
den Erwerb eines nicht unbeträchtlichen Vermögens und an-sehnlichen<br />
ländlichen Grundbesitzes möglich; als er 1691 das<br />
prenßische Indigenat erhielt, taufte er die wolfshöfeufchen
Von Dr. von Bülow. 153<br />
Güter im Amte Ncuhauscu, welche seitdem Fuchshöfcn heißen;<br />
später das Gnt Wedderau bei Heiligenbeil; anch besaß er die<br />
Kirchlehcn zn Vorwcrck, Aruau, Namsan, Stengan (?), Vorgehnens?),<br />
Steinbriicken (?), Sparre (?) nnd Friedrichswalde ^).<br />
Vorher schon (1683) hatte er bei Berlin die Güter Blankenburg<br />
nnd Heinersdorf, sowie Malchow gekauft; ans letzterem<br />
Edelsitz hielt er sich viel ans, bante ein Predigerwittwen- sowie<br />
ein Waisenhans nnd richtete in der Kirche eine Familiengrnft<br />
her. In dem hübsch eingerichteten herrschaftlichen Wohnhanse<br />
pflegte er der Geselligkeit; dort ist er, nnd zwar nach den<br />
oben mitgetheilten brieflichen Nachrichten, eines schnellen Todes<br />
ohne vorhergehende lange Krankheit gestorben. König Friedrich I.,<br />
welcher oft daselbst des Canzlers Gast gewesen, erwarb später das<br />
Gut zu gelegentlichem Sommeraufenthalt. Ob die genannten<br />
milden Stiftungen daselbst noch cxistiren, war nicht zn ermitteln<br />
; die Grnft, im Mittclgange der Kirche gelegen, ist vor<br />
einigen Iahreu bei einer „Nenoviruug" zugeschüttet worden,<br />
auch das frciherrliche Wappcu, das eine Empore zierte, ist nicht<br />
mehr erhalten, nnd die Erinnerung au deu großen Staatsmann<br />
dort völlig verschwunden. ^')<br />
In die Zeit der Nobilitiruug fällt auch die zweite Heirath<br />
des Canzlers mit feiucr Eousiuc Louise Friedcboru, Tochter<br />
des obengenannten geheimen Staatsseeretairs Iaeob Friedeborn;<br />
keine glückliche Verbindung, wie es scheint, denn die Eheleute<br />
lebteu längere Zeit getrennt von einander uud konnten bei der<br />
dadurch uöthig gewordenen Thciluug des Mein und Dein sich<br />
nicht ohne Dazwischentreten der Behörden verständigen. Erst<br />
in den letzten Lebensjahren des Canzlers wnrde das Verhältniß<br />
cm besseres. Die Freiiu von Fuchs überlebte ihren Gemahl<br />
um zwei Jahre, nach einer ebenfalls nicht mehr erhaltenen<br />
Inschrift in der Gruft zu Malchow starb sie am 31. März<br />
1707 im Alter vou 52 Iahreu, 7 Mouateu uud 10 Tagen.<br />
24) Königschc CoÜcctanecn aus der König!. Bibliothek in Berlin.<br />
N) Fontane im „Bär" 187^, Seite 5 ff. und 17 fs. Eine im<br />
Kirchenbuch von Malchow verzeichnete Nadu.me äo l'uoii«, ii^o (^lo<br />
1ai-) weiß ich nicht unterzubringen.<br />
10
154 Paul von Fuchs.<br />
In der ersten Ehe waren dein Canzler zwei Töchter geboren<br />
worden, deren jüngere Charlotte hieß und am 6. September<br />
1687 sich mit dem Staatsminister Freiherrn Wolfgang<br />
von Schmettau vermählte. Sie war 1711 Wittwe. Eine<br />
Notiz in den Königschen Collectaneen in Berlin giebt dem<br />
Canzler noch eine Tochter erster Ehe, Charlotte Catharine,<br />
gest. 1. September 1726, nachdem sie mit dem geh. Tribunalsrath<br />
und Präsidenten des kurmärkischen Puftillencollegiums<br />
Carl von Rodenberg vermählt gewesen war. Entweder sehen<br />
wir in dieser Charlotte Catharine die älteste Tochter, oder man<br />
muß annehmen, daß die jüngere, deren Name Charlotte feststeht,<br />
nach dem Tode des Freiherrn Wolfgang von Schmettau<br />
in zweiter Ehe mit Carl von Rodenberg sich vermählte. Aus<br />
der zweiten Ehe des Canzlers stammt nnr der Sohn Johann<br />
Paul, Hof- und Legationsrath, sowie ravensbergischer Appellationsgerichtsrath,<br />
der am 26. November 1700 die nachgesuchte<br />
Erlaubniß erhielt, sich mit Fräulein Henriette von Brandt ein<br />
<strong>für</strong> alle Mal aufbieten zu lassen. Die Braut war geboren<br />
am 4. (12.?) April 1686 als Tochter des geheimen Raths<br />
und Canzlers der Neumark, Iohanniterritters Ludwig von Brandt<br />
und der Amalie von Schlabrendorf. Die Ehe war von kurzer<br />
Dauer, denn schon nach 14 Monaten, am 3. Februar 1702,<br />
starb die junge Frau (sie war erst sechzehn Jahr alt) vier Tage<br />
nach ihrer Entbindung von einer Tochter Louise Henriette,<br />
welche später mit Heinrich Franz von Münchow auf Garwin<br />
uud Darsen (?) vermählt war. ^) Noch in demselben Jahr,<br />
nach der unter dem 1. November 1702 ertheilten abermaligen<br />
Erlanbniß zu nur einmaligem Aufgebot zu schließen, vermählte<br />
sich der Legationsrath Johann Paul von Fuchs mit<br />
Franzelline Louise Freiin von Wylich, die nach dem Tode ihres<br />
26) Von den vier Särgen, welche in der früheren Grnft zn Malchow<br />
sich befanden, enthält einer die Gebeine der Freiin Henriette von Fnchs,<br />
geb. von Brandt, der andre gehört der zweiten Gemahlin des Canzlers<br />
an, Louise geb. von Friedeborn. Die Inschriften der beiden anderen<br />
waren in den vierziger Jahren diefes Jahrhunderts nicht mehr lesbar.<br />
„Bär", 1579, Seite 140.
Von Dr. von Vülow. 155<br />
ersten Mannes den berühmten General von Lottum heirathete,<br />
der Zu Fuchshöfen starb. Die Ehe war sehr unglücklich, und<br />
deshalb soll die Freifrau von Fuchs, an welche die Güter<br />
schließlich fielen, dieselben zu einem weiblichen Fideicommiß<br />
gemacht haben, um den Besitz nie mehr in männliche Hände<br />
gelangen zu lassen. Aus dieser zweiten Ehe des Legationsraths<br />
Johann Paul von Fuchs mit Frauzelline Louise von Wylich<br />
stammt eine Tochter Anna Louise Sophie, welche unvermählt,<br />
uud ein Sohn Friedrich, welcher jung starb. Welches der<br />
Geschwister das ältere war, ist nicht ganz sicher, da die Angaben<br />
verschieden lauten, doch scheint mit Friedrich von Fuchs<br />
das Geschlecht ausgestorben zu sein, wenigstens haben die erwähnten<br />
Königschen Collectanecn die Notiz, daß im Jahre 1786<br />
ein Lieutenant von Fuchs in Preußen gestorben sei, worauf<br />
die Weddcrauschcn Lehne erledigt wurden. Ich will nicht<br />
unterlassen zu erwähnen, daß die Nachforschungen über das<br />
Freiherrngeschlecht von Fuchs durch das Vorhandensein mehrerer<br />
ebenfalls neugeadclter Familien gleichen Namens erschwert<br />
werden. Das dem Canzler bei der Ertheilung des Adels verliehene<br />
Wappen zeigte einen gespaltenen Schild, vorn in Gold<br />
ein halber schwarzer Adler, hinten im blauen Felde ein Fuchs.<br />
Die letzte Staudescrhöhung ward dem Canzler in Folge<br />
des guten Verhältnisses zu Theil, in welchem der Kaiser mit<br />
dem brandenburg-preußischeu Hofe stand, und welches ihn veranlaßte,<br />
sich dem König Friedrich I. durch eine dem ersten<br />
Staatsmann desselben erwiesene Auszeichnung freundlich zu<br />
erwcifen. Unter dem 1. August 1701 wurde der Canzler<br />
mit seinen Angehörigen in den erblichen Reichsfreihcrrnstand<br />
erhoben und ihm dabei auch sein Wappen vermehrt, der Hauptschild<br />
wurde quadrirt und mit einem Mittelschilde belegt. Der<br />
letztere zeigt in silbernem Felde einen Eichen- und Palmenzweig,<br />
krcuzweis gestellt und durch ein Band verbunden, der<br />
Hauptschild im ersten und vierten goldenen Felde den an die<br />
Theilungslinie gelehnten halben gekrönten schwarzen Adler, im<br />
zweiten und dritten blauen Felde den goldenen springenden<br />
Fuchs. Auf dem Schild sind Zwei gekrönte Helme, der erste<br />
10*
156 Paul vou Fuchs.<br />
mit dem Eichen- uud Palmenzweig, der zweite mit den: sprin-<br />
genden Fuchs zwischen einem offenen schwarzen Adlerflng.<br />
Der König bestätigte die Erhebnng sogleich nnd beglückwünschte<br />
seinen Diener nicht nnr selbst zn dieser Ehre, sondern es wnr-<br />
den auch alsbald die nöthigen Bekanntmachungen in die Pro-<br />
vinzen erlassen. So erhielten in einem Schreiben, datirt Schön-<br />
hansen den 10. Angust 1701 die hinterpommerschcn Regieruugs-<br />
collegien die Anzeige „wegen des Würcklich Geheimeu Estats-<br />
uud Krieges Nahts von Fnchßen Naronats", in welcher es<br />
heißt: 2l) „Gleichwie die belante sondcrbahrc Meriten nnd<br />
Qualitäten Unsers würcklich Geheimen Estats- nnd Krieges<br />
Rahts :c. Panl von Fnchß, wie anch die getreue und crspries-<br />
liche Dienste, so derselbe Uns nnd Unserm Königlichen Hanse<br />
beynahe an die vierzig Jahre in den wichtigsten Angelegen-<br />
heiten mit unaussetzlicher Treue uud Fleiß geleistet, Uns ver-<br />
anläßet, denselben mit seiner Ehegattin nnd Sohn, Unsern<br />
Hoff- und Ravensbergischen Appellationgerichts Naht, Johann<br />
Paul vou Fuchs, wie auch seine Tochter Charlotte von Fnchß,<br />
nnd des Sohns Fran, Henriette von Brandt, ans eigener<br />
allergnädigsten Bewegniß in den Stand, Ehr und Würde Unsers<br />
Erb-Königreichs, Ehnr<strong>für</strong>st-, Fürstentümer nndt Lande Frey-<br />
herren nnd Freyinnen zu erheben, also haben Wir Ench solches<br />
hiermit in Gnaden bekandt machen nnd zugleich allergnädigst<br />
anbefehlen wollen, Ench darnach allergehorsahmst zn achten" :e.<br />
Znr Kenntniß des Titelwescns der Zeit mag noch erwähnt<br />
werden, daß nach damaliger Titelordnnng mit dem Frei-<br />
herrnstand das Prädieat Wo hl geboren verbunden war,<br />
und den Genannten in demselben Schreiben der Gebranch<br />
desselben beigelegt wurde. Das Negierungscollegium ermangelte<br />
nicht, dem nenen Freiherrn seine Glückwünsche darzubringen,<br />
<strong>für</strong> welche Fnchs sich dnrch ein bei den Aeten befindliches<br />
Schreiben, datirt Golhe den W. September 1701, bedankte.<br />
Die nöthige Geschmeidigkeit, nm gegenüber den in den<br />
letzten Jahren des großen Kur<strong>für</strong>sten und während der ersten<br />
Staatsarchiv zu Stettm: Staatscanzlei, 1'. II. Tit. /. Nr. l>.
L>0N Di'. von Bülow. 157<br />
Regierungszeit seines Nachfolgers bei Hose herrschenden Um-<br />
trieben und Reibungen seinen Platz zu behaupten, besaß Fuchs<br />
in hohem Grade; es war das noch mehr wie zn andern Zeiten<br />
ein Hanptcrfordcrnisi des Diplomaten des 17. Iahrhnnderts.<br />
Die Frage, ob dabei seinerseits die sittliche Grenze immer streng<br />
inne gehalten worden ist, kann hier nm so eher unerörtert<br />
bleiben, als die Antwort mehr oder weniger nachthcilig <strong>für</strong><br />
alle Staatsmänner jener Zeit ansfallen würde. Inwieweit dem<br />
Canzlcr die Hofluft zum Leben nothwendig war, dürfte schwer<br />
zu sagen sein; Thatsacke ist, daß, als nach Dankelmanns Stnrz<br />
anch sein Stern im Sinken war, und er zu diplomatischen Ge-<br />
schäften weniger oft hinzugezogen ward, er doch persönlich in<br />
der Guust Königs Friedrich I. nichts verlor; der König ver-<br />
kehrte vielfach freundschaftlich mit ihm und besuchte ihn wieder-<br />
holt auf seinem Oute Malchow. Auch am 7. August 1704,<br />
dem Todestage des Canzlers, war ein solcher Besuch beabsich-<br />
tigt, als auf dem Wege dahin der König die Nachricht von<br />
dem Hinscheiden seines trenen Dieners erfnhr.<br />
Es liegt mir ein Portrait des Canzlers vor, nach dem<br />
1690 von Ramondon gefertigten Gemälde gestochen von Ioh.<br />
Georg Wolffgang in Berlin, in welchem man die glänzenden<br />
Eigenschaften des gewandten Staatsmannes, der nach zeit-<br />
genössischem Urtheil eine unverkennbare Richtung auf das Edle<br />
hatte, nicht ausgedrückt findet. Die geschlitzten Angcn, die<br />
breite Nase und die fleischige untere Hälfte des Gesichts zeigen<br />
nicht den feinen Kopf und gewandten Diplomaten, sondern<br />
machen einen sehr gewöhnlichen Eindruck. Den Kopf bedeckt<br />
eine große Pcrrückc, das faltenreiche Gewand wird von der<br />
rechten Hand vorn ^nsammengehalten. Unter dem Bilde ist<br />
in lateinischer Inschrift Name, Titel, Gebnrts- nnd Todesjahr<br />
genannt, anch das Wappen in einer Cartonche angebracht.<br />
Eine im „Histor. Schauplatz berühmter Männer", 1710,<br />
Seite 10 ff. abgedruckte Lebensbeschreibung des Canzlers habe<br />
ich nicht erlangen tonnen. Withoff drückt sich folgendermaßen<br />
über ihn aus: ..Vii' ili t^ntum I^nicl^ucln^ in
158 Paul von Fuchs. Von Dr. von Vülow.<br />
äulceäo 3,0 ä^ni^us tot<br />
Vgl. auch die berliner Beiträge z. jurist. Literatur I, Seite 159<br />
und Iöcher, Gel. Lex. II, Seite 792.<br />
,
Jacob Fuchs,<br />
<strong>für</strong>stlicher Kellermeister.<br />
Ahnentafel «nd Nachkommen des Staatsnnnisters Freiherrn Panl von Fnchs.<br />
Mag. Samuel Fuchs,<br />
geb. 7. Nov. 1597 zu Stettin, gest. daselbst 4. Sept. 1644, begr. 10. Sept. Seit<br />
1626 Pastor an der St. Nicolaikirche in Stettin.<br />
Gem.: 1. Margaretha Zeugling, verm. 1625, gest. 23. Sept. 1638, Tochter des<br />
Advocaten Carl Zeugling in Halle und der Agnes Krause.<br />
2. Anna geb. Friedeborn, verm. 6. Mai 1639.<br />
Johann Anna<br />
Friede- Stade.<br />
bow.<br />
Jacob Friedeborn<br />
1590.<br />
Wermann der<br />
Kaufmannschaft<br />
in Stettin.<br />
Martha Grimm. Paul Friedeborn<br />
geb. 24. Jan. 1572 in Stettin, gest. ebenda<br />
14. Nov. 1637. Stadtsecretair, danach<br />
Bürgermeister in Stettin.<br />
Lucie Stegemanu. Elias Schlecker,<br />
Stadtsecretair<br />
in Stettin.<br />
Elisabeth<br />
Stoltenborg.<br />
Anna Schlecker,<br />
geb. 7. Juli 1568 in Stettin, gest. ebenda<br />
5. Jan. 1649.<br />
Gem.: I. Mag. Gerhard Berg.<br />
2. Paul Friedeborn, verm. 1597.<br />
Anna Friedeborn.<br />
Gem.: 1. Dr. Wilhelm Simon, Archiater in Stettin, gest. 1637.<br />
2. Mag. Samuel Fuchs, verm. 6. Mai 1639.<br />
Paul Freiherr von Fuchs,<br />
geb. 15. Dezbr. 1640 in Stettin, gest. 7. Aug. 1704, begr. 13. Aug. in Malchotv bei Berlin. Brandenburgischer Minister, Staatslauzler, Erbherr auf Malchow,<br />
Fuchshöfen, Wedderau :c., geadelt 1682, in den Freiherrnstand erhoben 1701.<br />
Gem.: 1. N. N. aus einer französischen Refügiefamilie.<br />
2. Louise Friedeborn, geb. 9. Aug. 1654, gest. 30. März 1707, Tochter des Geh. Staatssecretairs Jacob Friedeborn.<br />
1. Ehe. 1. Ehe.<br />
N. Tochter. Charlotte Freiin von Fuchs.<br />
Entweder hieß dieselbe Charlotte Catha- Gem.. Wolfgang Freih. von Schmettau,<br />
rina, war vermählt mit Carl von Roden- verm. 6. Sept. 1687, Wittwe 1711. Gem.!<br />
berg und starb 1. Sept. 1726, oder die<br />
jüngere Tochter ging als verwittwete von<br />
Schmettau diese Ehe ein.<br />
2. Ehe.<br />
Johann Paul Freiherr von Fuchs,<br />
Legationsrath.<br />
1. Henriette von Brandt, geb. 4. (12.) April 1686, gest. 3. Febr. 1702.<br />
2. Franzelline Louise Freiin von Wylich, wieder vermählt mit Graf von Lottum.<br />
Louise Henriette<br />
Freiin von Fuchs.<br />
8em.: Heinrich Franz<br />
von Münchow.<br />
,<br />
Anna Louise Sophie<br />
Freiiu von Fuchs<br />
starb unvermählt,<br />
2. Ehe.<br />
Friedrich Freiherr von Fuchs<br />
starb jung und wie es<br />
scheint unvermählt.
Chronologisches zu den Misjionsreisen<br />
Bischofs Otto von Bamberg.<br />
Nachgelassenes Manuscript des verstorbenen Gymnasial-Director<br />
Lehmann in Neustettin.<br />
Von den beiden Pommernfahrten des Bamberger Apostels<br />
ist die zweite gut bezeugt:<br />
1) dem Jahre 1127 nach durch den im Herbst desselben<br />
geschriebenen Brief des Abts Wigand von Theres bei<br />
Ebo II o. 16, vgl. Iaffö Gesch. des deutschen Reichs unter<br />
Lothar, S. 60, Anm. 24;<br />
2) nach ihrem Anfang den 31. März, Gründonnerstag,<br />
äoraim, durch Ebo III o. 3 ;<br />
3) nach ihrem Ende den 20. December, vigilia 8ti.<br />
durch Ebo III c. 24 und Herbord III e. 31.<br />
Von ihrer Gesammtdauer, 265 Tage, ist die Zeit vom<br />
31. März bis Pfingsten, den 22. Mai, d. h. 53 Tage fast<br />
ganz zur Hinreise von Bamberg nach Usedom erfordert<br />
worden. Ebo o. 5 6xtr. und o. 6 : (>Vi-a.tÌ8ia^3)<br />
Die ersten Reisestationen zählt Ebo 6. 3 in folgender<br />
Weise auf:<br />
1) 31. März von Bamberg nach dem der Bambcrger<br />
Kirche gehörenden Herrnhofe Growze: Fußwaschung;<br />
2) 1. April (Charsreitag) von Growze nach der alten<br />
Stadt Kirchberg;<br />
3) 2. und 3. April Ruhetage;
160 Lehmann, Missionsreisen<br />
4) 4. April von Kirchberg nach Kloster Reginheresthorf<br />
(Reinsdorf bei Querfnrt)<br />
5) 5. April Einweihung des Klosters.<br />
6) 6—9. April: Der Rest der Osterwoche wird in Scheidungen<br />
und Mncheln zngebracht pio<br />
7) Nachträglich erfahren wir c. 3 6xtr. von einer Zusammenkunft<br />
des Bischofs mit Wirikind, dem Herrn von Havelberg,<br />
in Merseburg vor Kaiser Lothar, lvobei Wirikind den<br />
Pilgern freies Geleit durch sein Gebiet versprach.<br />
8) berichtet Herbord c. 1, daß in Halle die nöthigen<br />
Einkäufe zur Reise gemacht und in Schiffe verladen wurden.<br />
Von hier ging die Flußfahrt<br />
a. Saale abwärts bis zur Einmündung in die Elbe,<br />
80 Km. nach der „Post- und Eisenbahnkarte im deutschen<br />
Reich in 12 Blättern, bearbeitet im Cours-Büreau des Kaiserlichen<br />
deutschen General-Postamtes. Berlin 1874."<br />
d. Elbe abwärts «) bis Magdeburg 35 Km., wo die<br />
Reisenden von Erzbischof Norbert ehrenvoll aufgenommen werden;<br />
A bis zur Havelmündung 90 Km.<br />
o. Havel aufwärts bis Havelberg 4 Km.<br />
Summa der Flußfahrt 209 Km.<br />
Die Ankunft in Havelberg fällt gerade in das Gerovit-<br />
Fest. Wirikind verweigert die Erfüllung des versprochenen<br />
Geleites, und Otto verschafft sich 30, nach Herbord 50 Wagen,<br />
beladet dieselben mit seinen Vorräthcn und tritt die Reise<br />
durch das Lutitier-Land bis Demmin an.<br />
Nach der angeführten Karte betragen auf der heutigen Poststraße<br />
die Entfernungen von Havelberg bis Kyritz 29 Km.<br />
von dort bis Wittstock . . . . 30 „<br />
„ „ „ Röbel 28 „<br />
„ „ „ Waren 23 „<br />
„ „ „ Stavenhagen . . . 29 „<br />
„ „ „ Demmin . . . . 27 „<br />
Ebo 0. 4 nennt auf dieser Strecke<br />
IW'FmT"
Ottos von Bamberg. 161<br />
1) eine va,8ti88ima 8Ì1v^, durch welche sie fünf Tage<br />
ziehen,<br />
2) dann einen wunderbar langen See, an dem die Völkerschaft<br />
der Moriz wohnt (Müriz-See),<br />
3) und zuletzt die Stadt Demmin.<br />
Hier wartet der Bischof zwei Tage auf den Pommern-<br />
Herzog (HU6N1 oti^m IMnnul non 3ÌQ6 ^orionio^ 6
162 Lehmann, Missionsreisen<br />
9. Mai von Waren bis Stavenhagen (29 Km.);<br />
10. Mai von Stavenhagen bis Demmin (27 Km.);<br />
11.—12. Mai zweitägiger Aufenthalt daselbst;<br />
13. Mai Zusammentreffen mit Herzog Wartislav;<br />
14.—15. Mai Befrachtung der Schiffe;<br />
16.—18. Mai Reise von Demmin nach Usedom.<br />
Die Rückreise erfolgte durch Polen 1'Usl6N8 st. i.<br />
Otto) HU68tuU1 do 60MINÌ880 8it)i tallito luoi'^tuin Acl<br />
1ìtt61'Ì8<br />
Das Mlläi'iouniuin der Erstgenannten umfaßt also die<br />
Jahre 1124, 1125, 1126 und 1127, vgl. Priefl. II. o. 1:<br />
5MQ0 INÌ1168Ì1U0 60nt68ÌlI10 VÌ668ÌH10 (^U^ito.<br />
Das Jahr 1124 wird auch durch Ekkehards Chronik<br />
S. 262 mit folgenden Worten bezeugt: „Kaiser Heinrich hatte<br />
um die Mitte der Fasten in Worms eine Unterredung mit<br />
gewissen Fürsten; den nicht anwesenden d. h. den Sachsen,<br />
Baiern und Böhmen kündigte er an, am 7. Mai ^OQN.8 N^'i)<br />
nach dem Hofe Bamberg zu kommen. Es war eine ansehnliche
Ottos von Bamberg.<br />
Versammlung, und Otto leistete den einzelnen Fürsten ein Erhebliches<br />
mehr an Natnralliefernngen als er verbunden war.<br />
Nach Erledigung der Geschäfte zeigt er dem Kaiser und<br />
den Fürsten die Reise nach Pommern an; einstimmt die versammelte<br />
Kirche, einstimmt der Hof, nur die Söhne der Vamberger<br />
Kirche verlassen ungern ihren lieben Vater, indem sie<br />
ihn wie einen Todten mit vielen Thränen geleiten." Ebenso<br />
Annalista Saxo zu d. I. 1124 S. 761.<br />
Es gilt ferner, die Dauer der Hinreise zu untersuchen.<br />
Den t0i-uiinu8 Ha M6m derselben setzt Ebo II. o. 5<br />
mit der Ankunft Ottos in Eamin in n^tivit^to<br />
i03^tÌ8ta.6 d. i. den 24. Juni; den<br />
dagegen Ekkehard auf die ^01^8 N^i d. h. den 7. Mai,<br />
der Priest. II. o. 1 in den Juni nach Pfingsten (25. Mai), und<br />
Herbord auf den Tag nach dem S. Georgsfest, den 24. April.<br />
Mit Ekkehard stimmt anscheinend Ebo, wenn er den Bischof<br />
dem Priester Adalrich von der Aegidiuskirche bei der Einweihung<br />
der Walburgiskirche auf der Altenburg die erste Mittheilung<br />
von der Reise nach Pommern machen und ihm eine<br />
siebentägige Bedenkzeit stellen läßt. Denn nach Jack Beschreibung<br />
der Altenburg S. 6 ist die Walburgiskirche am 1. Mai<br />
eingeweiht; doch braucht diese Angabe nicht urkundlich beglaubigt<br />
zu sein, sondern kann ans einem Rückschluß aus Ebos Bericht<br />
und Ekkehards Zeitangabe beruhen.<br />
Etwas mehr Licht über die zur Reise von Bamberg nach<br />
Camin erforderliche Zeit gewinnen wir aus einer genaueren<br />
Betrachtung der von Otto nach Ebo und Herbord zurückgelegten<br />
Wegstrecken; wenn wir dabei in Erwägung ziehen, daß<br />
der Bischof in seinem Sprengel, wie in dem befreundeten Böhmen<br />
und Polen mit starkem Vorspann reiste, so daß es ihm<br />
immerhin möglich sein konnte, statt der 20—30 Km. der<br />
zweiten Reise erheblich längere Tagereisen von 40—50 Km.<br />
zurückzulegen.<br />
Hiernach lassen sich berechnen:<br />
1. Nelsc von Bamberg nach Michclfeld (47 Km. Luftlinie) 1 Tag<br />
2. dreitägiger Aufenthalt in Michelfeld . . . . 3 ,,
164 Lehmann, Missionsreisen<br />
Transport ... 4 Tage<br />
3. Kirchweihe in Lichtenberg . . . . . . . 1 „<br />
4. desgl. in Vohenstrauß (62 Km. von Michelfeld) . 1 ^<br />
5. Reife nach Kloster Kladran (46 Km.) . . . 1 „<br />
6. Reise nach Prag (112 Km.) 2 „<br />
7. Reise nach Abtei Sadska (34 Km.) . . . . 1 „<br />
8. 03.8ti'NN Nilßoi^ (48 Km.) 1 „<br />
9. ^sti-um Zui-ä^ s76 Km.) 2 „<br />
10. das Polnische ^iuiociü (Nimptsch; 26 Km.) . 1 „<br />
11. Vreslan (45 Km.) 1 „<br />
12. zweitägiger Aufenthalt 2 „<br />
13.<br />
14. unclo äi^i-688118 vix iiitlH XIVcIÌ68 ücl (/no-<br />
. . . . 14 „<br />
15. I^o1Ì3i^U8 — Ottoiioiu ^or tr68 6^(loumcl^8<br />
in 01)Ì80t)1)3.tn OiI6^6N8Ì 860NN äotinuit. .21 „<br />
(Nach Herbord 0. 9 7 Tage.)<br />
16. von Gnesen bis Uzda (Gnscht an der Warthe bei<br />
Zantoch. Qnandt Balt. Stnd. XV. 1. S. 168.)<br />
171 Km 4 „<br />
17. 7- (Herb. 6-) tägiger Zug durch den Grenzwald 7 „<br />
18. ^cl 8t5lMuin s^wää^m 1 „<br />
19. 3.cl villani i)i'0xiiiiÄM I „<br />
20. aä ?ii'Ì80iim cll8ti'ulli (47 Km. von Zantoch). 1 „<br />
21. Aufenthalt in Pyritz 14 „<br />
(Nach Herbord cinH8Ì XX. cIÌ6l)u8.)<br />
22. von Pyritz nach Camin (Luftlinie 93, Straße<br />
^s/ii6 Km.) 3 „<br />
Summa 84 Tage<br />
und nach Hcrbord 74 Tage, d. h. die Anknnft Ottos in<br />
Camin am 24. Juni steht weder mit der Abreise<br />
von Bamberg am 7. Mai noch am 24. April in<br />
Einklang.<br />
Zur Herstellung einer Harmonie zwischen beiden Berichterstattern<br />
bietet sich aber glücklicherweise<br />
1) in dem Pyritzer Aufenthalt ein nahe liegender Ausweg.
Ottos von Bamberg. 165<br />
Während nämlich der Prieflinger 0. 4 dort nur 500 Personen<br />
taufen läßt, nennt Herbord 0. 17 7000, ohne zu bedenken,<br />
daß er selbst c. 14 nur überhaupt gegen 4000 Menschen<br />
ans der ganzen Provinz dort zusammenströmen ließ.<br />
Natürlich erfordert die Taufe einer größeren Anzahl mehr<br />
Zeit, als die einer kleineren. Nach Herbords ausführlicher<br />
Darlegung 0. 15 braucht der Bischos sieben Tage zur Predigt,<br />
dann folgt ein dreitägiges Fasten, dann die Taufe gleichzeitig<br />
in drei Baptistcrien. Für letztere bleiben ihm zehn Tage, d. h.<br />
täglich werden 700 und zwar in jedem Baptisterium 233 Personen<br />
getanft; denken wir uns die Geistlichen hierbei täglich<br />
zwölf Stunden lang mit Ablösung thätig, so bleiben <strong>für</strong> jede<br />
Tause drei Minuten, was mit der Detailbeschreibnng 0. 16<br />
in so schreiendem Widerspruch steht, daß Niemand denselben<br />
wird aufrecht erhalten wollen.<br />
Es wird daher den Pyritzern nichts übrig bleiben, als<br />
auf die Masse der Getauften zu verzichten; mnß die Residenz<br />
Camin 'mit 3585 und gauz Pommern mit 2216^6 sich begnügen,<br />
(Priest, c. 4 20; Ebo 0. 11) warum sollte Pyritz<br />
uicht mit den 500 des Pricstinger zufrieden sein? In den drei<br />
oder vier Tanftagcn würden dann noch immer je 125 refp. 166<br />
oder in jedem Baptisterium 41—42 resp. 55—56 dem Christenthum<br />
gewonnen sein.<br />
2) Die Worte des Prieslingcr 0. 1 : ni6Q8o ^iinio Min-<br />
HU3^08ÌMUO dioI)H3 6X3>otÌ8 itoi' HcoÌMÌt legen die Vermuthung<br />
nahe, daß diese Zeitangabe sich ursprünglich auf die<br />
Abreise aus Polen nach Pommern bezogen hat, dann aber<br />
irriger Weise nach Bamberg übertragen ist. Andrerseits mag man<br />
bei der Differenz des 7- und dos 21tägigen Aufenthaltes in<br />
Gucsen (oben Nr. 15) leicht auf den Gedanken kommen, daß<br />
die XIV (IÌ68 (Nr. 14) in der letzteren Zahl mit enthalten<br />
sind. Pfingsten fiel 1124 auf den 25. Mai, und wo konnte<br />
Bischof Otto dieses Fest angemessener verleben als in Gnesen?<br />
Dazu mögen<br />
3) bei den obigen Zeitangaben ähnlich wie bei c^3.drÌ6ii-<br />
Tag der Ankunft und der Äbreife doppelt mitgezählt
166 Lehmann, Missionsreisen<br />
sein, nnd dies alles in Betracht gezogen, dürfte die Reise sich<br />
mit innerer Wahrscheinlichkeit etwa in folgender Weise gestaltet<br />
haben:<br />
20. April von Bamberg nach Michelfeld;<br />
21.—23. April Ruhetage;<br />
24. April Kirchweihc in Lichtenberg;<br />
25. April desgl. in Vohenstrauß;<br />
26. April nach Kladrau;<br />
27.—-26. April nach Prag;<br />
29. April nach Abtei Sadska;<br />
30. Aprll nach Miletin;<br />
1. Mai nach Bnrda;<br />
2. Mai nach Nimptsch;<br />
3. Mai nach Breslau;<br />
4. und 5. Mai in Breslau;<br />
6. Mai ins Poscner Bisthum;<br />
7.—20. Mai nxl (^U62oii86iu o^clc^iluu;<br />
20.-26. Mai in Gnesen;<br />
27.-30. Mai nach Guscht;<br />
31. Mai bis 5. Juni durch den Grenzwald;<br />
6.-8. Juni nach Pyritz;<br />
8.-22. Juni in Pyritz;<br />
22. Juni Abreise nach Camin;<br />
24. Inni Ankuuft daselbst.<br />
Auch hinsichtlich anderer zeitlicher Differenzen bei den<br />
Biographen läßt sich ohne große Schwierigkeiten ein Ansglcich<br />
finden:<br />
In Camin bleibt Otto nach Ebo o. 5<br />
voi ^m^)1iu8) nach dein Priefl.
Ottos von Bamberg. 167<br />
zweimonatliche (Herb. c. 26) oder neunwöchentliche (Cbo o. 8,<br />
Priest. 6. 8) erfolglose Arbeit in Stettin.<br />
Im October und November wird Stettin und Umgegend<br />
(Graditz, Liybin, Priest, o. 14 Herb. 37) bekehrt, dann geht Otto<br />
nach Wollin, wo er zwei Wintermonate, alfo December und<br />
Januar, zubringt; von dort aus besucht er Camin, Colberg,<br />
Dodena und Belgard. Ebo c. 18 Herb. o. 37 39.<br />
Um Maria Reinigung, den 2. Februar 1125, faßt erden<br />
Entschluß zur Rückreise nach Bamberg; Ebo n. 18. Dieselbe<br />
begann mit einer Revision der (oder eines Theils der)<br />
neu gegründeten Gemeinden und schlug dann die Richtung ein,<br />
welcher man im vorigen Jahre gefolgt war. Der neueste Biograph<br />
des Pommern-Apostels läßt ihn zwar am 2. Februar von Wollin<br />
abreisen nnd über Camin und Pyritz am 11. Februar in<br />
Gncsen ankommen, aber auf der Hinreise hatte diese Strecke<br />
18 Tage erfordert, und aus dem Priest. III. o. 1 erfahren wir,<br />
daß die Wanderer in ca.piw ^miü d. i. am Aschermittwoch,<br />
11. Februar, in dem großen Grenzwalde anlangten, von wo<br />
sie sicher noch 10 Tage bis Gnesen brauchten.<br />
Nach einiger Rast in der polnischen sowie in der böhmischen<br />
Hauptstadt, wo Otto sich bemüht, den todtkranken<br />
Herzog Wladislav mit seinem Bruder zu versöhnen (Iaffc;<br />
a. a. O. S. 45), treffen sie Tags vor Gründonnerstag am<br />
25. März in Michelfeld ein und kehren am Oster-Sonntag,<br />
den 29. März, nach Bamberg zurück.<br />
Nach Herbord c. 39 verweilte Otto längere Zeit in dem<br />
eine Tagereise (36 Km. Eisenbahn) von Colberg gelegenen Bclgard,<br />
als er sich entschloß, Usedom, Wolgast, Gutzkow undDemmin<br />
aufzugeben. Dann ging er an die Revision der Gemeinden,<br />
und zwar nach der geographischen Lage wohl zuerst in Colberg,<br />
dann in Clodona bei Treptow (26 Km. Chaussee von Colberg),<br />
ferner in Camin (30 Km. Landstraße von Treptow), in Wollin<br />
(26 Km. Chaussee von Camin), in Stettin (75 Km. Haff<br />
von Wollin) und in Pyritz (41 Km. Chaussee von Stettin).<br />
Etwa am 21. Februar mag er in Gnescn eingetroffen<br />
sein und dort bis zum 27. gerastet haben.
168 Lehmann, Missionsreisen Ottos von Bamberg.<br />
28. Februar Fahrt von Gnesen nach Posen;<br />
1.—3. März Fahrt von Posen bis Rawicz (108 Km.) im<br />
Süden des Posener Bisthums;<br />
4.-6. März Fahrt nach Breslau;<br />
7.—12. März Fahrt nach Prag;<br />
13.—19. März Aufenthalt in Prag;<br />
20.-22. März Fahrt nach Kladrau;<br />
23. März Fahrt nach Nohenstrauß;<br />
24. März Fahrt nach Leuchtenberg;<br />
25. März Fahrt nach Michelfeld;<br />
wobei selbstverständlich <strong>für</strong> andre Möglichkeiten ausreichender<br />
Spielraum gelassen werden muß.
Achter Orief Philipp Hanchofers aus Augsburg<br />
an Herzog Philipp von Pommern 1610.<br />
Mitgetheilt von Di'. Schlegel.')<br />
N. In alten Stettin d. 17. Iulij 1610.<br />
Veandwortet daselbst den 19. Iulij 1610.<br />
Durchleuchtiger Hochgeborner Fürst, Gnädiger Herr, Ewren<br />
Fürstlichen Gnaden seyen meine underthanige, gehorsame und<br />
willigste Dienst bester Fleiß und Vermügenß beforn, Gnädiger<br />
Herr<br />
Auf 27. Juni schriebe E. Fr. Gnd. ich underthanig mein<br />
letstes, und sante darbcy in ainem küstlin Dr. Vraitschwerts<br />
bedenkhen ob die Schwäbische freye Reichß Ritterschaft sich mit<br />
anderen <strong>für</strong>sten und Ständen sich (!) in ain bündtnnß einzulassen<br />
oder nit: mehr 4 bogen mit Looi^tsu, 4 Zeitungen auß<br />
Strahburg, 4 auß Prag, 4 auß Italia, 6 auß Schweizerlandt,<br />
4 auß Niderlandt, 3 auß Frankreich, : mehr in ainem<br />
schächtelin 4l") silberne musterten von knöpf und bertlen, 2 büchslen<br />
mit ambra, muschio uud llvotto, 1 Egifttischen balsam,<br />
deß Vossis öhl, ain geferbtes röhrlen Wasser: In ainem andern<br />
lädlin das Podagra Wasser, gferbt nägelen öhl, ain grose<br />
Christalline kugel, 2 Alabasterne quart Ayr: wider in aim<br />
schächtelin 2 ganze und 3 halbe alabasterne florentiner ayr<br />
zur vexation:<br />
In ainem büchßlin ain Enten und ain tauben: wider in<br />
aim büchßlin fruchten und fluegen, aussen ain silberin geschmelzt<br />
') Die ersten sieben Briefe erschienen 1877 mit einer kurzen Einleitung<br />
von demselben.<br />
11
170 Achter Brief Philipp Hainhofers.<br />
landschäfftlin, in einem küstlin den Roßmarin balsam. Welches<br />
alles beyfamen in ainem küstlin, darob E. F. Gnd. namen auf<br />
bürgament geschrieben stehet, welches ich vermaint, bey den<br />
Naumburger khaufleuten biß nach Naumburg auf der gutschen<br />
fortzubringen, fo haben fies aber nit mit nemmen khünden,<br />
alfo volgenden tags bey aim aignen mann an Wolf Stehelins<br />
fel. Erben gefant, und starkh recommandiret, daß fies wolten<br />
<strong>für</strong>derlichst nach Leipzig an Ihren mitverwanten den Wolf<br />
Lebzelter fenden, der Hoffnung, es werde E. F. Gnden vor<br />
ankhunft difes beherlich und wol conditioniert fein zugelangt,<br />
und zu Gnädigen gefallen geraicht, daß mir zu vernemmen<br />
fehr lieb fein würdt.<br />
Die büsem büchßlen hat Bosfis hochgeruembt, deß morgenß,<br />
nachdem man sich gewafchen, ain wenig in knebelbart<br />
oder an die naßlöcher zu streichen, dan er das Huren stärkhet<br />
und erwärmet, die gedechtnuß be<strong>für</strong>dert, und durch den geruch<br />
sich angenem machet, mit wem man redet, zu Venedig habenß<br />
die Z6nti1' Iiuomiiii sehr im brauch.<br />
Der Egiptische balsam auf ain schnitten broth gestrichen<br />
und geesfen, stärckht den magen, erhelt gesundt, und haylet<br />
trefflich die wunden. Von den andern öhlen und waffer ist<br />
bericht befchehen in beschreibung der seereten. Item von den<br />
musterten silber im jüngsten brief.<br />
Die Christalline kugel dienet die äugen darin zu erfrischen,<br />
die Hände damit zu kuelen, zur zier auf ain tisch zu setzen.<br />
Durch den reflexum der formen der durchgehet etwas darmit<br />
anzuzünden, durch den reflexum deß liechts, fo man darhunder<br />
stellet, bei der nacht fcharpf ain Ding zu fehen, fo brauchenß<br />
die Wahrsager, was sie wollen, darin zu sehen, und nennenß<br />
barillen. Die ayr auß Alabaster macht man Zu Florenz,<br />
dienen zur vexation auf ain falat under rechte ayr gelegt,<br />
item zur handt kuelung, item den Hennen under zu legen, man<br />
drehet auch zu florenz gar fchöne durchsichtige schäalen auß<br />
alabaster, speisen darin zn essen, daß sie sauber und frisch<br />
bleiben, item macht man zu Pisa schöne gruene gefchürr auß<br />
äi piombo, fo fchön wie fchmirall, fein fchwer wie
Von Dr. Schlegel. 171<br />
bley, und foll der Chur<strong>für</strong>st von Heydelberg am ganze credenz<br />
dergleichen gefchürr haben machen lassen. Ich hab etliche zum<br />
muster beschrieben, wanß mir khommen, schückh ichs E. F. Gnd.<br />
auch, und ist im Deutschlandt waz selzams, sehen wie glaß und<br />
sein doch gössen. Die Enten und tauben sein zum muster,<br />
Ihr Drch. in Bayrn haben <strong>für</strong> die Künigin in Spagna und<br />
Infantin zu Brüssel, auch <strong>für</strong> die Künigin in Frankreich uud<br />
Erzherzogin zu Grez schöne Mayrhöf von dergleichen thierlen<br />
machen lassen, so auch der Chur<strong>für</strong>st von Colin, und großherzog<br />
von Florenz schöne solche stück machen lassen; item<br />
amen Mayrhof <strong>für</strong> den Kayser, daß am solch stuckh auf 5, 6,<br />
biß in 800 fl. khommen, fo hat man auch <strong>für</strong> den Herzogen von<br />
Wittenberg am fchön vogelhauß, item <strong>für</strong> Herzogen Willhalm<br />
in Bayrn ainen orsiheum gemacht, und ain falchenhauß; der<br />
der dise thierlen mähet, haist Johann Schwegler, ist 7 ganzer<br />
Jahr beym Herzog Willhalm in seim closter gewest, endlich<br />
haimlich außgerissen, und alhie zu ainer Euangelischen Dochter<br />
geheurat, auch Euangelisch worden, und ob er wol bey Bayrn<br />
in Vngnade Ware, weil er sich doch unsträflich verhelt, tag und<br />
naht <strong>für</strong> <strong>für</strong>sten und Hern genug zu arbeiten hat, auch, wan<br />
man ihme gleich nichts mehr ansrümmete, auf etlich Jahr mit<br />
angefrümbter arbait genug zu thun hette, und, obs wol vil<br />
versuecht, doch khainer ist, der ihms khan nachmachen, und nach<br />
seim tod solch Ding 10. mahl sovil wehrt würdt sein, also<br />
denkhen Ihre Durchl. gleich nicht mehr an das Vorgelaufene,<br />
und sein noch froo, wan sie nur arbait von ihme haben mügen,<br />
die sie hin und wider verschükhen und verschenckhen, es haben<br />
etlich <strong>für</strong>sten nach ihme gesielt, die ihme wolten arbait gnug<br />
und bezahlung gnug geben, wan er niemandt, alß <strong>für</strong> sie,<br />
arbeiten wolte, er will aber niemandt mehr verobligiert sein,<br />
vil weniger sich an ain <strong>für</strong>stenhof begeben, allenweil er sehr<br />
blöd im köpf, oft kranckh, und durch dise zahrte arbait der<br />
federten schneiden, sonderlich der fewrfarben, daß geficht sehr<br />
schwächet; ich heb ihme seine khünder auß der tauf, und diene<br />
ihme in vil weg, sonderlich wan ihme waz abläufst, so daß<br />
wan ich begere, er mir <strong>für</strong> andern waz schönst und saubers
172 Achter Brief Philipp Hainhofers.<br />
machet, gefelt nur E. F. Gnd. <strong>für</strong> Dero gemahlin ain mairhof<br />
oder sonst waz groß, so will ich ihme mit allem fleiß bestellen,<br />
waz sie gnd. begeren werden; er hat ain klain stückhlin<br />
<strong>für</strong> Mantoua anßgemacht, welches fertig biß an das gehänß,<br />
will sehen, ob er ain anderß nach Mantona anfangetc, und<br />
mir dises stückhlin <strong>für</strong> E. F. Gnd. volgen ließe, darmit sie<br />
recht sehen möchten, waz seine arbait ist, welche verhoffentlich<br />
E. F. Gnd. und Dero hochgeehrten geliebten gemahlin nit übel<br />
gefallen würdt.<br />
Daz silberin geschmelz landtschäfftlin und fluegen machet<br />
ain anderer, der wohnet außerhalb der Statt, macht auch fehr<br />
fchön Ding von dergleichen arbait, sonderlich vil an Kayseriscben<br />
Hof und in Spannia, in silbernen lädlen, deren er jezt<br />
nichts ausgemachts, sonst auch Ml solch lädlin wolte khaufft<br />
und mit gefchückht haben; die stiegen sein schön in daz haar<br />
oder auf ain huet zu fteckhen, auch auf fruchten und schawessen,<br />
daß man meine, sie kreusen recht darob umb; sonstcn, wie vor disen<br />
anzaigt, außer goldt und silber arbaiter, küßler uud urmacher,<br />
und dise 2 thierlenniacher, auch etlichen mahlern, hat es alhie<br />
nit geschückhtere nnd fleißigere leut, alß in andern Stätten,<br />
in disen arbaiten aber mügen sie hie wol passieren, so auch<br />
die barchetmacher, und leinwathweber, dern es am grose anzahl<br />
hie hat.<br />
Deß Di'. Braitschwerts bedenkhen würdt noch in höchster<br />
gehaim gehalten und niemandt eommuniciert anch noch <strong>für</strong><br />
die Ritterschafft nit abgeschrieben werden, man will zuvor vernemmen,<br />
wie sich der Haylbronnische uniontag werde anlassen,<br />
und waz weiter möchte gehandlet oder begert werden, beforab,<br />
weil es wider vermueten tägliche uovitHtoä jezt im reich gibt<br />
und man bey so gestalteten fachen schier nit waist, wer der<br />
mächtigest und wer daz Haupt ist, oder wa es noch hinauß will.<br />
Haben also E. F. Gn. gehorsamen bericht über dazjenig,<br />
waz in obangedeuten küstlin ist. Dise tag sein etliche burger von<br />
Stralsondt, (under welchen der aine Niklauß Matheuß, der<br />
andere Raphael Erich, deß dritten und 4. namen waiß ich nit,)<br />
bey mir gewest, deneit ich meine natnralia nnd
Von Di-. Schlegel. 173<br />
(dan von antichischen ich nichts habe) gewisen,<br />
und auf E. F. Gnd. alß unsers gnd. Fürsten und Hern, gesundthait<br />
ainen becher ohn ainen bodcn (in welchen gleich wol<br />
ain quärtlin wein gehet) außgebracht, welche mir versprochen,<br />
am hineinraysen ihren weeg auf Stetin zu zunemmen, E. F.<br />
Ond. meine underthänige gehorsame und ganz willigste dienst<br />
underthanig anzuzaigen, und mit hineinzufueren, waz ich ihnen<br />
aufgeben würdt, denen gcdenckh ich inner 8 tagen ain küstlin<br />
zuzurichten und es nach Nuernberg Zu schückhen, per (?) dohiu sie<br />
von Speyr auß zu khommen gedenckhen, den weil sie ihren Schwägern<br />
den Dr. Töellman nit alhic gesunden, sondern vernommen,<br />
daß er in deß Hern Pfalzgrafen von Neuburgs diensten zu<br />
Speyr ist, so sein sie ihme nachgerayset, wollen sich doch nit<br />
lang mehr heraussen aufhalten, sondern ehest wider nach hauß<br />
rayssen, so daß ich mich mit aim küstlin zuzurichten auch nit<br />
säumen will, es sein mir erst vor 2 tagen der proces (so die<br />
Margräfin Sibilla von Burgaw, als sie noch ledig standts<br />
Ware, wider die Herzogin Jakobe von Gilch löblichsten gedechtnuß<br />
angestclt,) neben den bcgerten Gilchischen fachen abzuschreiben<br />
zukhommcn, welches eben sehr vil, und weil es ehrruerige<br />
sachen und <strong>für</strong>stliche Häuser antrifft, und deßwegen<br />
billich in höchster gehaym solle gehalten werden, so gib ichs<br />
underschidlichen abzuschreiben und sage khainem vom andern,<br />
darmit khainer weder trum noch endt, noch wisse, waz er<br />
schreibt, underthäniger Hoffnung, E. F. Gud. werden mir solches<br />
nit in Ungnaden vermerckhen, noch ainem Iinfleiß zuschreiben,<br />
dan es umb deß besten willen geschühet, und ist besser, waz<br />
wenigs mehr gespendiert, darmit man nit dardurch in gefahr<br />
khomme, weder daz, wens ainer oder 2 allein schrieben, ain<br />
darauß erwachsen solte. So hab ich auß I^Iii-<br />
)id1iotIi00Ä die iiiLoriptionoL 88. v6tn8tHtÌ8 gekhaust<br />
umb 3 tlr. welches buch nit mehr zu bekhommen, in<br />
welchem E. F. Gnd. auch leichtlich werden fünden, daz deroselben<br />
gndigst gefällig. Es ist auch in gedachter dik1iotli6(^<br />
daz ^Lti'onomionin (^089.rouui fail umb 15 st., Hoffete es<br />
umb 12 fl. zu erhalten, und ist dises buch auch nit mehr
174 Achter Brief Philipp HainhoferZ.<br />
fail zu fünden, wa es E. F. Gnd. nit zuvor haben, und in<br />
ihre did1Ì0tQ60Hin gnädigst begeren, will ichs <strong>für</strong> dieselbe<br />
auch auf daz wolfailst khauffen, so müglich, und hineinschückhen.<br />
Die statuti iaini1Ì3.6 ää. I^niiFHrtnyi-oi-uiii sein auch<br />
bey der handt, albereit abgeschrieben, und werden, weil es vil,<br />
mit ersten gemelten fachen gesant im küstlin, hab <strong>für</strong> commi!ni0Hti0H6m<br />
und abschreiberlohn st. 10 zahlen musen, und ob<br />
man wol diefe 8www auf allen Universiteten berathschlagen,<br />
und in ottima toi'MH mit Kayserlicher Authoritet versichern<br />
lassen, so ist doch alles strittig worden, und ist daz recht diser<br />
Zeit nie so recht, daz manß mit khünde krum und disputierlich<br />
machen; hat vileicht den alten Paungartner auch Gott straffen<br />
wollen, weil er gleichsam Gott versuecht, und sich auf menschliche<br />
weyßhait und stärckhe verlassen gehabt, der alte Paungartner<br />
hat über die --^ st. verlassen, die vermainte Erben<br />
jezundt gehn wie betler umb, so khan Gott auß etwaz nichts<br />
machen.<br />
Waz ich <strong>für</strong> Niderländifche und thailß verdeutfchete schriften<br />
beysamen habe, ersehen E. F. Gnd. anß der list^ ist waz<br />
darunder, daz E. F. Gnd. gnädigst beliebet, laß ichs abschreiben,<br />
und da es nit verdeutscht were, so verdeutsche ichs selbs vollents,<br />
sein meins erachtenß mehrertheils ^ro^tsi- aivsi-ga. contsuta<br />
wol zu lesen.<br />
Es ist mir von einem sehr <strong>für</strong>nemmen Bapstischen Hern<br />
Ihrer Drchl. in Bayrn dem Kayserlichen gesanten gegebne resolution<br />
communiciert worden, welche ich nit waiß, ob ichs<br />
pro vsra. oder ^6nLäa. halten solle, beforauß, weil darin<br />
stehet, daß der Kayser ihme, Herzogen in Bayrn, die 6X6cutioQ6iQ<br />
wider die ungehorsame surften anbefolhen habe, welches<br />
vil were, obs nur Bayrn ihme zu ehren (daz er bey ihrer<br />
Mayl in so grosem ansehen wegen anbefolhener execution<br />
und begerten correspondenz) oder zu guetem glümpfen<br />
(daz er von den protestierenden desto mehr geliebt werde,<br />
wan er die 6X6eutioQ6iii wider sie abschleht) oder aber den
Von Di-. Schlegel. 175<br />
protestierenden znm schröckhen (wan sie vom ernst vernemmen,<br />
daz sie die Waffen desto eher niderlegen) spargieren last, khan<br />
ich nit wissen; von ainem andern orth vernimme ich wol, daz<br />
der graf von Zollern bey ihrer Drchl. in Bayrn darnmb ge-<br />
West seye, umb <strong>für</strong> daz newe werbende Puchaimische regiment<br />
den musterplaz in seinem landt zu begcrn, allenweil daz<br />
Bistum Passau sehr ausgezehrt, und man dises Volckh im<br />
Bayrn ant mainsten bedürften würdt, angesehen man noch nit<br />
waiß, wa die <strong>für</strong>sten in Bayrn, wan sie im Elsaß fertig,<br />
möchten amen einfall thon, demnach die sag starckh gehet, zu<br />
Camm ligen schon in die
176 Achter Brief Philipp HamhoferZ.<br />
herzog wolle sich nit darein legen, so gar nit, daz da er zu Brüssel<br />
in aim lustgarten mit ihme Collation hielte, und die mulinierte<br />
soldaten in seinen Dienst begerete, ihme der Spinola<br />
geantwortet: er wolte eher seinem Kunig 3 Vöstungen vergeben,<br />
alß die mutinierte soldaten dienen lassen, so hab er<br />
Erzh. auch dem Pfalzgrafen Wolff Willhalm nach Disseldorf<br />
geschrieben, wen ers ihe verlassen solle daz landt und die<br />
Vöstung Gilch, so wolt ers am allerliebsten ihme Pfalzgrafen<br />
vergönnen, die Kay. May^. aber, wens wahr ist, waz man<br />
schreibt, sein aines andern süns; dan undern dato 28. Iuuio<br />
avisiert man von Prag volgendc worth: So würdt daz<br />
Gilchische Wesen auf dise weiß biß zu außtrag deß rechtenß<br />
angestelt, daz der Churf. von Sachsen dieselbe <strong>für</strong>stenthumb<br />
solle so lang administriern, biß es durch daz Rom. reich auhgesprochen<br />
und erkhant würdt, wem nemlich solche von rechts<br />
wegen gebüren, zu solchem endt lasse alberait der^ von Sachsen<br />
Zu Dreßden 3 regiment knecht werben, über solche sollen die<br />
obriste sein, der Reingraf, der Ginterott, der von Gayßberg<br />
nach Gilch zu gebrauchen, es ist auch gestern alberait von<br />
Ihr Kay. May^. nach Franckhreich spediert worden, umb dieselbe<br />
Künigin abzumahnen, daz versprochen Volckh mit heraußkhommen<br />
zu lassen, weil diser billiche weeg <strong>für</strong> die handt genommen<br />
werde. Gleich jezo vernimme ich, daz der Churf.<br />
von Sachsen heint von Kay. May^ die lehn der Gilchischen<br />
landen gegen ainem revers empfahen solle, so aber anderer<br />
<strong>für</strong>fallender Ursachen halber nit beschehen, sondern ist auf khünftigen<br />
Mittwoch verschoben worden; duc i1i6. Wen nun der gestalt,<br />
daz doch nit glaublich, ihre Mayl wolten die protestierende in<br />
ainander knüpfen, wurdts dem hauß Oestereich vermuetlich,<br />
auch nit zu geringem nachthail raichen, und sachßen grose muhe<br />
und macht brauchen die P083688 zu Gilch einzunemmen, und die<br />
andere auß zuschlagen, er wolte den dem Brandenburger ins<br />
land fallen und Braunschweig zum gehilfen haben, wie ich<br />
vil <strong>für</strong>chten, beschehen möchte,<br />
Waz der lottringsche gesante zu Stutgart bey Ihren Fr.<br />
Gnd. verrichtet, würdt zweifelsfrey Di'. Vechler in beygelegtem
Von Dr. Schlegel. 177<br />
schreiben E. F. Gnd. vermelden, mich darauf referiert; über<br />
deß Künig in Franckhreichs abfall sein die poutikt^ nit hoch<br />
erschrockhen, dan sie immer noch hoffen, den protestierenden<br />
solle die versprochene französische hilf dardurch entzogen, und<br />
die Künigin, so guet jesuiterisch ist, ihnen nit so wol, alß ihr<br />
Künig gewogen sein. Zn Prag trawet man auch nit gar hoch,<br />
von bannen dise 63,i'iniii3. khommen:<br />
86IitÌ8 prOViäa. 8ÌAQ3.<br />
0IQI168) Hill t6<br />
l^iiiiit) 6t 811^)61'6886<br />
68 3) DomiiiO) VÌQ668 1106<br />
VÌ11668 IiÌ6 6t 1il)iqi16 ti108.<br />
Die Künigin hat den Hugenotten den friden 6.6 H0V0<br />
6 6t 80ii6Q1lit6I' confirmiert, und 6X661^111111 I.^1NHÌ8<br />
zugelassen, es scheint aber auß Nr. 3. und 4., die lioner wollen<br />
nit recht trawen, und würdt sich sonderlich der teufel und<br />
sein anhang under dises jungen Künigs und seiner fraw Mueter<br />
regiernng waidlich brauchen, wie dan auß den Straßburger<br />
3.VÌ3Ì und der <strong>für</strong>sten pretext in daz Elses, sonderlich aber auß<br />
den vertrewlichen ra.AAii3.Aii auß Schweizerlandt genugsam zu<br />
sehen, welches fewr sich auch schon zümlich weit einreisset, zwar<br />
vor disem mehr beschehen durch Frankreich aber jederzeit<br />
wider gestilt worden, weil aber der Franzoß tod, vermaint der<br />
Spanier desto mehr lnfft zu haben, die Schweizer noch mehr<br />
zu zerütten, und sie zu selaven zu machen, wie sie dan durch<br />
ihre zertrennnng und lH6tioii68 zümlicher Massen darzue<br />
worden, alß anß einer langen trewherzigen vermahnnng an sie<br />
zu sehen, welche E. F. Gnd. ich auch im küstlin underthänig<br />
schückhen will, und wol zu lesen ist.
178 Achter Brief Philipp hainhoferZ.<br />
Erzherzog Leopoldus ist von hinnen nach Passaw geraiset,<br />
den soldaten guets herz geniacht, er wolle ihnen baldt<br />
gelt schückhen, sie haben aber schlechten glanben daran, sondern<br />
sagen, wen er sovil gehabt hette, wurdt er zu Gilch blieben<br />
sein, man hat über seinen namen beyligende ^ln^r^mui^tH<br />
gemacht, dergleichen gedücht zwar nicht zum friden, sondern nur<br />
zu mehererer Verbitterung dienet, und besser were, mans<br />
underliesse.<br />
Im Maylandischen st^to ist auch grose praeparation<br />
zum krieg wider Savoia, maincn ihr vil, es seye ain verdeckhtes<br />
essen, und wollen die Vencdiger dem Bapst und Fuentes<br />
nit trawen, stärkhen sich auf den frontiern auch sehr, und werden<br />
zu schaffen geben, wer an sie khommet.<br />
Mains entHalts so habe E. F. Gnd. ich vor disem von<br />
ainer kettin geschrieben und abriß geschückht, dern Herr graf<br />
von Althaim 6 gleiche allhie angefrümbt, anjezo schückhe E.<br />
F. Gnd. ich underthänig den Patronen in bley abgegossen,<br />
beneben etlich andern bleyinen abgüssen, <strong>für</strong> welche alle ich<br />
st. 4 bezahlt, khan ich mehr abgüß zur handt bringen, so<br />
underlasse ichs auch nit.<br />
Für die 2 silberne Pfening, ist nichts, dan ichs von den<br />
meinen abguesen lassen, under welchen ich den ainen, nemllch<br />
ihr Drchl. in Bayrn, in goldt habe, in ainem gedreheten<br />
schwarzen Ebeno kränzlin, so ihr Drchl. selbs gedrehet, und<br />
alß sie bey mir waren, und sahen, daz ich mich der modernischen<br />
pfening delectiere, mir ihne gnädigst verehret, beneben vermeldt,<br />
sie geben jezt etlich jähr hero khaine gnaden Pfening<br />
mehr auß, weil sie nit mehr regierender Herr sein, darmit ich<br />
jedoch ihrer Drchl. gnädige affection <strong>für</strong> andern verspüre, so<br />
verehren sie mir gnädig ihr büldtnuß, daz ichs zu andern<br />
guldinen Kayserlichen und <strong>für</strong>stlichen büldtnussen und pfeningen<br />
aufbehalten wolle, neben anerbuetung viler gnad, wan ich gen<br />
München khomme, die mir ihre Drchl. gnädigst erzaigen wollen,<br />
und hab ich darnach gar vil schrieben von ihrer Drchl. neben<br />
andern gnädigsten Verehrungen mehr empfangen, alleildiewcil<br />
ich hin und wider vil khunstsachen von alten mahlern, item
Von Dr. Schlegel. 179<br />
von indianischen sachen muesen einkhauffen, von mehr orthen<br />
beschreiben, und auß meiner selbs ra^oiiH und cabinet volgen<br />
lassen, wie sie dan ihre Drchl. trefflich wol auf alle sachen<br />
verstehn, jederzeit baare bezahlung zum einkhauff verschaffen,<br />
und sich khain gelt rhauwen lassen; sonderlich wurdt ich grose<br />
gnad erlangt haben, wan ich auf dero gethanes gnädiges begeren<br />
hette 4 englische schaaff und am wider, item am Aurochsen<br />
und khue mit grosen Hörner bekhommen khünnen aus<br />
ihren Mayrhof nach Schleißhaim, alda sie mancherley selzame<br />
thier haben, under anderm 4 littawische böekh, mit 5 und<br />
6 Hörner, die man mir geschenckht und ich sie Ihrer Drchl.<br />
underthanig verehrt; sie haben allen costen und uncosten gern<br />
bezahlt, und aigne fuehren, die englischen fchaaff zu Staden<br />
abzuholn, fchückhen wollen, wie ich mich dan auch vil bemuhet,<br />
aber ich Habs mt khünden zu wögen bringen, und hat fichs<br />
wegen groser gefahr und verboths niemandt uuderstehn wollen<br />
auß dem Künigreich zu fuehren, dan man furchtet, fie mehren<br />
sich außerhalb, und befchehe dardurch mitler weil der englischen<br />
woll am abbruch, alß alberait mit der spanischen woll beschehen<br />
ist; nur begerete es Bayrn nit zur Zucht <strong>für</strong>nemlich,<br />
sondern nur zum lust, ich getrawe mir aber diß orths weiter<br />
nichts zu verrichten, dan ich niemandt in gefahr <strong>für</strong>fezlich<br />
bringen will.<br />
Es haben mir Ihre F. Drchl. Herr Margraf zu Cullenbach<br />
und Herr Margraf zu Durlach auch schöne gnadenpfening<br />
verehrt, auf ihenem ihrer F. Gnd. und dan ihrer F. Gnd. Gemahlin<br />
büldnuß: auf disem Ihro F. Gnd. büldnuß, und hinden<br />
am todenkopf darbey Miviä 6t mudi-a 3ninu8. Dieweil<br />
aber khaine andere revers oder motti darbey, so hab ichs<br />
nit abguesen lassen, begeren aber E. F. Gud. noch gnädigst<br />
abguß darvon, so es alßbaldt gehorsam beschehen, und<br />
bin ich im werckh auß mein stambuch außzaichnen zu lassen,<br />
waz <strong>für</strong> E. F. Gnd. möchte ü> proposito seyn, und es alles<br />
in aine schöne schreibtafel zu verfassen, die ich ^ poäta. zurichten<br />
lasse, E. F. Gnd. underthanig zu verehren.<br />
Weil meine nunüäm^tH) wie gemclt, alle inodoruH, alß
180 Achter Brief Philipp hainhofers.<br />
cnnfache, dopplete, dreh, vier, 5, 6, und lOfache dncaten, am«<br />
fache nnd doppelte krönen und goldtft. ainfache, doppelte, 3, 4,<br />
und 5fache taler fein, auf welchen khaine fondere motti, sondern<br />
allain derjenigen Potentaten und Ständt bnldtnusseu,<br />
Wappen und namen fein, die sie prögen lassen, fo ist von denselben<br />
nichts abznzaichncn; wol aber waiß ich in ainer pupillenpfleg<br />
aine guete anzahl haydnischer, griechischer und constantinopolitanischcr<br />
gnldincr, silberner und metalliner pfening mit<br />
schönen darzne gehörigen buchern umb nachzuschlagen, waz es<br />
<strong>für</strong> Pfening sein, welche der alte Dr. Adolph Occo scl. vilmahlß<br />
sehr geruembt, von ainem flirnemmen orth her khommen und mit<br />
nluhe und Unkosten von der Pupillen vorältern sein colligiert<br />
worden, khan ichs durch mittelß persohnen in aim rechten gelt<br />
alles mit ainandcr überkhommen, under dem schein, alß wan<br />
ichs fiir mich in mein khnnftkhammerlin khauffen wolte, fo will<br />
ichs nit underlaffen - der Herzog in Bayrn hats durch Hern<br />
Marx Fngger vermainet zu khanffen und wol zu bezahlen, die<br />
tutoli habenß aber bißher noch nit wölln hingeben, noch auß<br />
der Statt lassen, sondern gesagt, wan sies ihe soltcn hingeben<br />
und daz gelt dar<strong>für</strong> anlegen, so wolten sies lieber ainem burger<br />
gönnen, der lust darzue hat, darmits in der Statt bliebe, ich<br />
will mein bestes darmit thon, und wan ichs bekhommen khan,<br />
E. F. Gnd. seiner Zeit gehorsamlich anzaigen, möchte vileicht<br />
E. F. Gnd. zu ihrem intent bas dienen, alß khainem andern<br />
surften, Vayrn hat über -^ st. pfening beyainandcr, mit welchen<br />
Dr. Oeco felig ^/4 jähr nmbgangen, biß ers in ain ordnung<br />
gericht und beschrieben, der hat offt bekhant, daß uuder<br />
disen Pf. gar vil feyen, die der Bayr<strong>für</strong>st under den seinen nit<br />
hat. Im Reich höre ich, soll nicmandt den Kayser mit groser<br />
anzahl schöner pfening übertreffen.<br />
Her hanß Fugger felig hat auch umb ^ st. pfening<br />
zusamen khaufft gehabt, aber ist mit verfälschten und abgossnen<br />
Pfennigen, die nit authcntie gewest fein, weilß er nit verstanden,<br />
fehr betrogen worden. Diser Pupillen pfening vermain
Von Dr. Schlegel. 181<br />
ich, möchte bey 300 oder darüber sein, khans nit eigentlich<br />
wissen, sein in der Erbschaft mit den dazne gehörigen bnchern<br />
nmb taler 300 angeschlagen worden, wen es aber znm khauff<br />
solte khommen, weil der eine Pfleger mir nach verfraint, Hoffete<br />
ich sie in rechten: Prayß zn haben, darvon aber seiner<br />
Zeit ain mehrers.<br />
E. F. Gnden schückhc ich hiemit anch nnderthanig von<br />
meinen Pfennigen ain venedifchen newen Dncaten, der . . 6 und<br />
ß. 4 gilt, erst daz verschiene jähr sein aufkhommen und brögt<br />
worden, und ist nichts dar<strong>für</strong>, wie auch <strong>für</strong> darzue gelegten<br />
Augsburger goldt fl. nichts ist, sondern nur zur anzaig meiner<br />
gehorsamen underthanigcn affection gegen Ew. F. Gnd. dienet,<br />
denen nichts versagt solle werden, waz in meim vermügen ist;<br />
der aine goldtfl. mit der büldtnuß ist von denjenigen, wie<br />
man H" 82 im Reichstag alhie dem Kayser amen becher voll<br />
verehrt gehabt, alß wie brüchig, daz alle statt waz verehren,<br />
der ^2 unv 3^4 Zechin sein auch von meinen münzen, und<br />
weil sie nit gar gemain, hab ichs auch darzue gelegt, der underthänigen<br />
hofnnng E. F. Gnden Werdens nit Ungnaden vermerckhen,<br />
daz ich mit so schlechten sachen aufzeuch, fein halt<br />
anstatt aincs mustcrs und sonderlich die goldtfl. sonst alhie nit<br />
zu haben, dan man nit vil gebregt hat.<br />
Die zu Prag anwesende Chur- und surften, wie ich vertraulich<br />
berichtet würdt, haben under andern: proponiert, daz<br />
man aine ansehenliche legation solte zu bayden surften nacher<br />
Disseldorf abordnen, und fie bereden, daz sie die vermaintlich<br />
Possedierente landt solte ansehenlichen administratorn, die<br />
Ihre Kay. Mar/ dahin verordnen werden, biß zu rechtlichem<br />
ausspruch abtrctten, oder da sie dahin nit zu bereden werden,<br />
daz sie nit alß aigene Hern, sondern alß Kayserliche ^äuiini-<br />
8tra
182 Achter Brief Philipp tzainhofers.<br />
gnuegen, daz Ihre Mar/ etliche ansehenliche Chur- und surften<br />
darzue ziehen wollen, die neben Ihrer Mar/ den außspruch<br />
formiern helfen, darmit nicmandt ab der partialitet zu klagen habe;<br />
waz nun noch ervolgen würdt, wollen wir baldt gewahr werden.<br />
Es hat am <strong>für</strong>nemmer Herr über Burgawische gueter<br />
etliche bericht begcrt, der ihme beyligender gestalt erfolgt, so<br />
mir auch vertreulich eommunicicrt worden und obwol es daz<br />
ansehen gehabt, alß werde Her Margraf von Burgaw strakhs<br />
herausziehen und zu Ginßburg residiern, so ist es doch Wider<br />
still, daz Schloß zu Ginßbnrg auch noch nit außgebawet,<br />
würdt vileicht am gelt zu der außlösung manglen, ohn welches<br />
er nit weichen will, auch ungern von Anebris herauß khommet,<br />
vil weniger ist Her Villinger gern von seim gut abtretten,<br />
Erzh. Maximilianus und diser Margraf khünden sich nit wol<br />
in Tyrol bey ainander begehen, gibt sonderlich im geyaidt<br />
81IQU.i3.tÌ0I168 ab.<br />
E. F. Gnd. haben auch hierbey gnädig 6 bogen 86or6ti<br />
abermahlen zu empfahen, mit nechstem volgt ain mehrers<br />
underthaniger Hoffnung, E. F. Gnd. werden feider neben andern<br />
fachen auch mein gesanter conto i)r0 fl. 383^/8 sein zukhommen,<br />
und sie dem lebzelter zu entrichtung dessen, und der noch<br />
verehrten 100 rt. dem Vossis so auch sein st. 140, zusamen<br />
fl. 523^/8 gnädige Verordnung gethon haben, daz er mirs bezahle<br />
; da es aber noch nit beschehen were, und es E. F. Gnd.<br />
nit zuwider, khünden sie, umb gerade äummain im wixel nach<br />
Nuernberg zu machen, st. 600 zu zahlen, gnd. verschaffen, fo<br />
folle der Ueberrest im nechsten conto auch fchon ordenlich verraitet<br />
worden, doch alles E. F. Gnd. gnädigen willen haimstellent<br />
und nit verlangen gnädige schreiben erwartent, dan<br />
mir feider dem von 9. Mayo khain schreiben von E. F.<br />
Gnd. zugelangt, und wol gern wissen wolt, ob E. F.<br />
Gnd. khainer meiner schreiben außgeblieben, dan derofelben<br />
ich auf 12. 19. 20. und 29 Mayo, auf 2. 9.<br />
16. und 27. Iunio underthänig geschrieben, und allezeit<br />
waz leswürdiges mitgesant habe, auch nit guet, wens in<br />
frembde händt khommen weren, also alle . . . erwarte, daz
Von vi-. Schlegel. 183<br />
gndgst HVÌ80 von E. F. Gnd. mir zn lange. Wünsche hiemit<br />
E. F. Gnd. glückhlich, fridliche regiernng und gesundes<br />
leben, und befelchc dcroselben zu hoch<strong>für</strong>stlichcn Gnaden mich<br />
gehorsamlich.<br />
Dat. Augspurg ^. ä. 7. Iulio st. n. 1610.<br />
E. F. Gnd.<br />
underthäniger gehorsamer<br />
Philippus Hainhoser.<br />
Daz 86or6tum mit der schrift auf den leib hab ich geprobiert,<br />
es gibts mit limon safft uud mit nrin^ gar perfect,<br />
und sagt er Vossis, im merzen seinen aignen urin^in deß<br />
morgenß nüchtern getrunckhen, sichere ainen dasselbe ganze Jahr<br />
vor dem sieber.<br />
,
Fund im Torfmoor bei Gingst.<br />
Mitgetheilt vom Grafen von Krassow.<br />
Nahe bei dem Flecken Gingst auf Rügen liegt ein der<br />
dortigen Pfarre gehörendes fehr tiefes Torfmoor, aus welchem<br />
der Torf durch Kefcher (Hamen) in bedeutender Tiefe gewonnen<br />
wird. Hierbei werden oft Scherben von Thongefäßen, feltener auch<br />
fast heile Gefäße zu Tage gefördert; dieselben sind theils glatt<br />
und roh gearbeitet und bestehen aus Thon, der mit kleinen<br />
Granitkörnern gemischt ist; theils aber sind sie von feinerer<br />
Arbeit und mit Linien in sehr verschiedenen Mustern verziert.<br />
Seltener sind andere Dinge gefunden, welche eine Benutzung<br />
der Stätte durch Menschen bekunden, z. V. angebrannte Holzstücke,<br />
Knochen und Steingeräthe; letzteres dürfte seinen Grund<br />
darin haben, daß dieselben vermöge ihrer Schwere in der flüssigen<br />
Torfmafse bis auf deren feste Unterlage in solche Tiefe<br />
Hinabgefunken sind, daß der Kescher des Torfmachers sie nur<br />
ausnahmsweise erreicht. Die seit zehn Jahren dort gefundenen<br />
Alterthümer sind zum bei weitem größten Theil meiner Sammlung<br />
rügischer Alterthümer einverleibt. Es ist mir nicht zweifelhaft,<br />
daß hier einst ein Pfahlbau gestanden hat, obwohl ich<br />
das Vorkommen von Pfählen noch nicht mit Sicherheit habe<br />
constatiren können. Ehe ich auf die Funde aufmerksam wurde,<br />
ist nicht darauf geachtet und wohl Manches zu Grunde gegangen.<br />
Die vorhandenen Pfähle mögen durch das seit vielen<br />
Jahren betriebene Keschern des Torfes größtentheils zerbrochen
Vom Grafen von Krassow. 185<br />
sein. Im vorigen Jahr hatte<br />
der Torfmacher einiges Holz<br />
zu Tage gefördert, welches der<br />
Beschreibung nach wohl von<br />
Pfählen abgebrochen sein mag;<br />
leider habe ich die Bruchstücke<br />
nicht gesehen; der Arbeiter<br />
hatte sie erst trocknen wollen,<br />
ehe er sie nur ablieferte, und<br />
dabei waren sie abhanden ge-<br />
kommen. In diefem Frühling<br />
nun ist ein Geräth von Eichen-<br />
holz gefunden, welches eine so<br />
eigenthümliche Gestalt hat, daß<br />
ich es <strong>für</strong> angemessen halte,<br />
hierbei eine Zeichnung dessel-<br />
ben einzusenden. Die Maße<br />
sind von H—d 8 Centimeter,<br />
von d—
186 Fund im Torfmoor bei Gingst.<br />
daß sie an der Luft sehr bald abbröckelte. Nach dem Trocknen<br />
ist die kreisrunde Form fast unkenntlich geworden und erscheint<br />
das Stück jetzt abgeplattet.<br />
Pansé Witz auf Rügen,<br />
den 24. Juli 1879.<br />
Recept <strong>für</strong> ubermeßige<br />
Graf von Krassow.<br />
N. Sawrteich wie zwei Fenste groß, schwartze Sepfe wie<br />
zwei Finger groß, Zwei Leffel vol weißen gemahlenen Senpff,<br />
von zweyen Eyern das Weiße und eine Handtool Saltz, diß<br />
alleß fein durcheinander gemenget, also daß es einig ist, darnach<br />
Henpfhede genommen, fein dicke von einander gezogen, drauf<br />
daß Vorige aufgestrichen und des Abends, wen man schlaffen<br />
gehen will, unter die holen Fnße gebunden, damit schlaffen<br />
geleget biß morgents, diß 2 oder 3 Abendt nach einander ge-<br />
braucht, ^rodatimi 63t.<br />
') Staatsarchiv zu Stettin: Wolg. Arch. Tit. 89. Nr. 15. Das<br />
Schriftstück ist nicht datirt, stammt aber aus dem Anfang des<br />
17. Jahrhunderts und hat nach Papier nnd Schrift ein amtliches<br />
Ausfehen.
Bruchstück cincs mittelniederdeutschen<br />
Mcnologiums.<br />
Mitgetheilt von Robert Hasenjäger in Stettin.<br />
Hierzu zwei Tafeln.<br />
Das im Nachstehenden mitgetheilte Bruchstück eines mittelniederdeutschen<br />
Menologiums findet sich auf einem Pergamentblatt<br />
in Quart, das von Herrn Archivar Dr. R. Prümers in<br />
der Bibliothek der <strong>Gesellschaft</strong> aufgefunden wurde, zusammeu<br />
mit einer Papicrhandschrift, enthaltend ein Fragment einer<br />
mitteldeutschen Margarethenlegende. Letzteres wird voraussichtlich<br />
in nächster Zeit in der von Höftfner und Zacher herausgegebenen<br />
Zeitschrist <strong>für</strong> deutsche Philologie bekannt gemacht<br />
werden.<br />
Was nnn unser Menologium hier angeht, so hat sich mir<br />
leider weder aus der Sprache uoch aus dem Aeußcren des<br />
Pergamentes ein Anhalt ergeben, der darauf führen könnte,<br />
über die Zeit und den Ort der Entstehung Genaueres Zu ermitteln.<br />
Doch glaube ich, daß die Abfafsungszeit wohl noch<br />
in das XIV. Jahrhundert zu setzen ist, worauf auch in der<br />
Schreibung das ziemlich häufige lauge l am Ende der Wörter<br />
zu deuten scheint.<br />
Das Bruchstück enthält nun die Tage vom 9. bis 13.<br />
November, doch fehlt vom 9. der Ansang, vom 13. der<br />
Schluß. Uutcr jedem Datum werdeu die Heiligen aufgeführt,<br />
und von einigen unter ihnen wird eine knappe Lebensbeschreibung<br />
gegeben. Daraus folgt unter dem Texte zu jedem Datum<br />
eine Reihe farbiger Abbildungen, die Momente aus dem Leben<br />
der Heiligen darstellen. Der Raum, auf dem die Abbildungen<br />
stehen, hat eine Höhe von etwa drei Centimetern und erstreckt
168 Bruchstück eines mittelniederdeutschen Menologiums.<br />
sich von dem schmalen inneren bis zn den: breiteren änßeren<br />
Rande des Pergamentes.<br />
Von den unter dem Texte znm 9. November stehenden<br />
Abbildungen lassen sich nur die auf der rechten Seite des den<br />
Abbildungen zugemessenen Raumes sicher deuten. Iu zwei<br />
Bildern werdeu Scenen aus der Marter des heiligen Theodorns<br />
dargestellt. Die Hände über dem Kopfe Zusammengebunden<br />
hängt der nackte Körper des Heiligen da, (wie überall, so anch<br />
hier, ist der Farbenton des Fleisches nicht wiedergegeben, das<br />
Haupthaar ist immer dunkelblond) in den der im Profil gezeichnete<br />
Folterknecht mit rothem Obergewandc und lila gefärbten<br />
Beinkleidern das Folterinstrumcnt, einen eisernen zackigen<br />
Haken, zum Zerreißen des Fleisches eingesetzt hat. Rechts von<br />
dieser Gruppe, so daß ein wenig der Zeichnung auf den breiten<br />
Rand des Pergaments übertritt, ist der Heilige auf dem brennenden<br />
Scheiterhaufen liegend dargestellt, die Hände anf den Rücken gebunden.<br />
Das Obergewand ist blan, die blonden Haare nmgiebt<br />
eine gelbe Aureola. Das Feuer des Scheiterhaufens ist dargestellt<br />
durch rothe züngelnde Flammen, die den Körper des Heiligen<br />
rings umgeben.<br />
Die Abbildungen des linken Theils, von den eben beschriebenen<br />
durch ein herzförmiges Blatt anf knrzem Stiele getrennt,<br />
stellen, wie ich vermuthe, zwei Episoden aus der Marter des<br />
heiligen Arestas oder Orestis dar. (Die vita bei Lanrentins<br />
Surius IV. 9. Novbr. Seite 237.) Die Hände auf den Rücken<br />
gebunden, den Kopf zur rechten Seite gedreht und die Augen<br />
zum Himmel emporgeschlagen, erscheint der nackte Körper des<br />
Heiligen hängend; die blonden Haare sind von einer hellgrünen<br />
Aureola umgeben. Zu seiner linken Seite der Folterknecht im<br />
Profil gezeichnet; mit halb abgewandtem Gesicht holt er, in<br />
den hocherhobenen fänden einen Knittel haltend, znm Schlage<br />
aus. Die Farbengebung ist dieselbe wie vorher. Neben dieser Grnppe<br />
zur Mitte des Blattes hin ein Stück einer ereuelirten Kerkermauer;<br />
in dem Fenster des Kerkers ist das Gesicht des Heiligen<br />
von einer gelben Aureola umgeben, sichtbar. Die Maner ist blau,<br />
das Fenster matt lila gefärbt, die Färbung der Haare vergessen.
Von Robert Hasenjäger. 189<br />
Schließlich sind noch zn erwähnen zwei in keinem erkennbaren<br />
Znsammenhange mit den übrigen Abbildungen stehende<br />
Brustbilder von Heiligen. Sie sind kaum halb so hoch als<br />
die anderen Abbildungen des Pergaments. Das eine derselben<br />
befindet sich oben rechts neben der vorher erwähnten<br />
Mauer, das andere oben links neben dem hängenden Arestas,<br />
so daß es schon ans den schmalen Rand des Pergamentes zu<br />
stehen kommt. Die Aureolen sind gelb und, was sonst hier<br />
nicht mehr vorkommt, von se drei rothen Streifen durchbrochen.<br />
Die rechten Schultern sind mit rothen Mänteln bekleidet, so<br />
daß man in diesen beiden Brustbildern wohl Bildnisse der beiden<br />
Heiligen und Bischöfe Ursinus von Bourges und Vieto oder<br />
Vito von Vcrdun zu sehen hat, die zusammen mit Theodorus<br />
und Arcstas die von Laur. Surius a. a. O. unter dem 9. November<br />
angeführten Heiligen sind. ^)<br />
Die Mitte des Raumes, der die Abbildungen zu dem<br />
unter dem 9. November stehenden Texte enthält, nimmt das<br />
Brustbild eines Bischofes ein und ist wohl aus den heiligen<br />
Nkrtinuä p^pH zu beziehen. Den Kopf ziert die Bischofsmütze<br />
und eine hellgrüne Aureola. Die Schultern umgiebt ein<br />
rother Mantel mit gelber Verbrämung, um den Hals schlingt<br />
sich ein gelbes Band. Zur Rechten dieses Bildes wird die<br />
Enthauptung der drei im Texte genannten Heiligen Tiberius,<br />
Modestus, Florentia in einem Gruppenbilde dargestellt. Die<br />
Gruppe der in Brustbildern gezeichneten Heiligen ist so geordnet,<br />
daß zwei derselben, von denen der links befindliche um die<br />
allein sichtbare linke Schulter einen grünen Mantel mit breitem<br />
gelbem Rande trägt, den Vordergrund einnehmen. Im Hintergrunde<br />
steht der dritte Heilige, von dem nur der obere Theil<br />
der (übrigens verzeichneten) Aurcola, die Stirn und der Hals<br />
sichtbar werden. Liuks ueben dieser Gruppe steht der Heuker<br />
l) Nach dem durchgehenden rothen Kreuz zu schließen, welches den<br />
Heiligenschein dieser beiden Figuren ziert, ist darunter Christus zu verstehen,<br />
welcher dem Märtyrer im Gefängniß und während der Marter erscheint.<br />
Da<strong>für</strong> spricht auch die über dem Bilde schwebende Stellung.<br />
Anm. der Red.
190 Bruchstück eines mittelniederdeutschen MenologiumZ.<br />
in hellgrünem Obergewand im Begriff mit dem hoch über dem<br />
Kopfe geschwungenen Schwerte die Hinrichtung zu vollziehen.<br />
Liuks von dem heiligen N3.i'dinu3 MM befindet sich eine aus<br />
zwei Brustbildern bestehende Gruppe. Was <strong>für</strong> Heilige sie<br />
vorstellt, läßt sich nur mit einiger Wahrscheinlichkeit vermuthen.<br />
In dem Texte werden zwar keine anderen als die bereits erwähnten<br />
vier Heiligen aufgeführt, es scheint aber, als sei dieser<br />
unvollständig überliefert. Da die Worte ,to ^oää^ in dem<br />
Raume stehen, der den Abbildungen Zugemessen ist, und vielleicht<br />
sogar erst nachträglich hinzugefügt sind, so bin ich geneigt<br />
zu glauben, daß die Abbildungen vor Niederschreiben des<br />
Textes gefertigt sind, uud daß der nach Gutdünken abgemessene<br />
Raum sich später als unzureichend ausgewiesen hat. Mehr als<br />
die beiden Worte ,to ^ocldo^ mit denen die <strong>Geschichte</strong> des<br />
N^i-timiä MM allenfalls schließen konnte, ließen sich schicklich<br />
nicht unterbringen, wenn nicht die Bilder zu sehr durch die<br />
dazwischen zu schreibenden Worte leiden sollten. Das Uebrige<br />
mußte der Schreiber wohl oder übel fortfallen lassen.<br />
Die so ausgefallenen Heiligen sind nach meiner Vermuthung<br />
Theoctiste Lesbia uud Tryphaua, und die Märtyrer<br />
Trypha, Respicius, Nympha, die bei Laur. Sur. a. a. O.<br />
unter dein 10. November erscheinen und mit Ausnahme der<br />
Theoctiste auch bei Pilgram unter dem angeführten Datum vorkommen.<br />
Da nun in unserem Gruppenbilde nicht Märtyrer<br />
dargestellt werden, so bleibt wahrscheinlich, daß man es auf<br />
Theoctiste und Tryphana zu beziehen hat.<br />
Die Bilder selbst sind so gestellt, daß die rechte Schulter<br />
des links stehenden durch die linke des rechts stehenden theilweise<br />
verdeckt wird; einer Verdeckung der Köpfe ist durch Neigung<br />
derselben zur Seite vorgebeugt. Beide Heilige sind mit<br />
blauen auf der Brust zurückgeschlagenen Mänteln bekleidet.<br />
Um den Hals des rechts gestellten schlingt sich ein schmales<br />
gelbes Band, doch bleibt die Brust offen, während sie bei dem<br />
links gestellten durch ein rothes Brusttuch bedeckt erscheint. Die<br />
Aureolen sind rechts roth, links gelb. Uebrigens befindet sich<br />
zwischen dem Bilde des heiligen Ua.rtini.i8 MM und der eben
Von Robert Hasenjäger. 191<br />
beschriebenen Gruppe ein dreiblättriges Kleeblatt ans hellbraun<br />
gefärbtem Stiel, links von der Gruppe ein Blatt, das dem<br />
unter dem 9. November beschriebenen sehr ähnlich ist.<br />
Auf der Rückseite des Blatttes stehen Abbildungen zum<br />
11. und 12. November. Diejenigen zum 11. sind Scenen aus<br />
dem Leben des heiligen N^i'tiniiä ^igoo^uä und aus der<br />
Marter des heiligen Mennas; daneben findet sich das Brustbild<br />
eines Bischofs ganz in der Weise gezeichnet und gefärbt,<br />
wie dasjenige des Ua,i'tinii8 p^pa. zum 10. November.<br />
Die äußerste Gruppe stellt die Beschenkung des Armen<br />
mit dem halben Mantel dar. Der Bettler, eine nackte Figur,<br />
mehr als zur Hälfte auf den Rand gezeichnet, streckt die Rechte<br />
aus, um das Stück des roth gefärbten Mantels in Empfang<br />
zu nehmen, den der Heilige vom Pferde aus, das übrigens<br />
keinen Zügel, fondern an dessen Stelle ein gelbes Halsband<br />
trägt und unbestimmte blaugrüne Färbung hat, mit dem<br />
Schwerte schon säst völlig durchschnitten hat. Wunderlich mißlungen<br />
erscheint in der Zeichnung der Sitz des Heiligen aus<br />
dem Pferde. Offenbar hatte der Zeichner die Absicht den<br />
Heiligen so darzustellen, daß er sich im Sattel zur Rechten<br />
hin umdrehend erscheint, um den Mantel zu zertheilen. Sein<br />
Können reichte indeß nicht aus, und so stellt sich denn der<br />
Heilige als rücklings auf dem Pferde fitzend dar. Bekleidet ist<br />
der Heilige übrigens mit einem hellgrünen bis etwa auf die<br />
Knie reichenden Rock und lila gefärbten Beinkleidern. Das<br />
Haupt umgiebt eine gelbe Aureola.<br />
Hieran schließt sich in zwei Gruppen die Marter des<br />
heiligen Mennas, so daß die erste die Zerreißung mit eisernen<br />
Haken nnd die Verbrennung mit Lampen, die andere die Geißelung<br />
mit Bleikeulen und die Enthauptung des Heiligen darstellt.<br />
Die Zerreißung und Verbrennung wird von zwei<br />
Henkersknechten an dem hängenden nackten Körper (die Hände<br />
sind über dem Kopfe zusammengebunden, vgl. oben zum 9. November)<br />
vorgenommen. An die rechte Seite des Märtyrers hält<br />
der Henker die brennende Lampe, die linke zerreiht ein anderer<br />
mit einem eisernen Doppelhaken. Die Gewandung des rechts
192 Bruchstück eines mittelniederdeutschen Menologiums.<br />
stehenden Henkers ist hellblau, des links stehenden roth, dazu<br />
lila gefärbtes Beinkleid. Die andere Gruppe zeigt den Heiligen<br />
in hellgrünem Gewand und mit rother Aureola auf der Seite<br />
am Boden liegend mit gefalteten Händen. Rechts steht ein<br />
Henkersknecht, der in der rechten die Bleikeule schwingt, mit<br />
der linken den hellbraun gefärbten Rock zusammenhält; links<br />
ein anderer im hellblauem Rocke und lila gefärbten Beinkleidern,<br />
in vorgebeugter Haltung mit der linken das Haupt des<br />
Heiligen festhaltend, mit der rechten den Todesstreich führend.<br />
Die Abbildungen zum 12. November stellen die Enthauptung<br />
der vier im Anfang des Textes genannten Heiligen dar.<br />
Dieselben sind zu einer liegenden Gruppe vereinigt, mit gelben<br />
und rothen Aureolen geschmückt. Auffallend ist, daß der eine<br />
der Heiligen mit dem rothen Bischofsmantel bekleidet ist, währene<br />
doch keiner von den Märtyrern im Texte Bischof genannt<br />
wird. Euticianus, der im Texte offenbar fälschlich <strong>für</strong> das<br />
richtige Eutychianus steht, denn Euticianus gehört unter den<br />
8. December, ist freilich Bischof, und der einmal im Texte gemachte<br />
Fehler trug sich auch auf die Zeichnung über. Rechts<br />
von der Gruppe steht der Scharfrichter in hellgrünem Rock,<br />
mit der linken faßt er das Haupt des mit dem Bischofsmantel<br />
bekleideten Märtyrers, die rechte holt mit dem Schwert zum<br />
Streiche aus. Der rechte Arm mit dem Schwerte tritt übrigens<br />
völlig auf den breiten Rand des Pergamentes über. Den<br />
übrigen Raum füllt die Darstellung der zwei im Text erzählten<br />
Wunder aus dem Leben des Bischofs Kunibert von<br />
Köln. Das erste Bild zeigt denselben als Knaben schlafend im<br />
Bette. Von der Decke herab züngeln an der einen Wand<br />
rothe Flammen und erfüllen das Gemach mit ihrem Schein.<br />
In dem anderen Bilde steht der Heilige in Bischofstracht (hellgrüne<br />
Aureola) vor einem Altar die Messe singend. Eine<br />
weiße Taube ist im Begriff sich auf seinem Haupte niederzulassen.<br />
Seitwärts von dem Altar stehen zwei Laien in rothem<br />
und blauen Gewände, die mit gefalteten Händen das Wunder<br />
anstaunen.
Von Robert Hasenjäger. 193<br />
Nach dieser Einleitung gebe ich nnnmehr den Abdruck des<br />
Bruchstückes selbst:<br />
kill .... 1) undo 3n1 iumoi' ^V686N. ^180 lot ^<br />
1i6 0N0 ^6^611 MI 011 ^1'0t VN01' mit FoI)UndoN0<br />
to I'uc1v6. I)o diinl
194 Bruchstück eine? mittelniederdeutschen Menologimns.<br />
i't Iio an on oli6iido ^686nt lind6 (lUllm to<br />
Ll-. III. idll8 X0V6InI)1'l8 piloti Nllrtini. 1)6<br />
011 Arot I)Ì800P lindo Vliol VllN domo lioili^oil<br />
llndo ^odd08 Aonlldon l1,l30 Vllol^ da.t 1i6 mlM6A6Il<br />
8liQt in^iceäc nudo dio slocl^n 6i'^v6ct6 1i6.<br />
iio v/61-6 und6 >V<br />
l6 >V0 inilclo HN don 3.<br />
^1 8111 i0V6Ht ^V01'6, d^<br />
6. Do 1i6 ^68(?^6110t >V3.8 6r d61' do^)6) do motto<br />
6IH6 611^) ai^N10 doi'ltig0) 111id6 ii6 F^k 6IH6 8ÌI1<br />
6Q16 AOt d68 I15l<br />
mit dÌ886mo 1il6d6) do<br />
H11 d61116 8ÜV611 Iiaivon Iciodo 86I16II Ilo. ^.n 81116m6<br />
dod6") ^Vi^i't dor enZoIo 8t6mn6 A6li0i't. lindo<br />
N6I1I16. Do V/l18 6N riddoi- mid6 0V61'800>V6d6 d6<br />
undo cullili liQ don V/M. D^r na. (3)N dor 1)08611 ^6<br />
Diooio^tini undo N^ximi^ni^ ^180 80 ^o^oron<br />
Hiia.m Ilo 3.N dat voii^ ^- und6 I)6li^nd6 8ÌI^ mit<br />
8t6miio dti.t I10 I^oi'stoQ ^V01'6. Do ^V3>rt Ilo dom6<br />
tomoli ^o^ovon to ^)ino^6iido. ^.180 ^VNi't Ilo<br />
lilld6 Illit gol)llild6non Iia.ndoii lli80 Illil^o mit<br />
i, dit dilt dlot HN don 8ti-aton vlot, d^r N3. oollt<br />
n lind6 ^) mit I^ro^voloii to roton, lindo mit<br />
do ^lindon ^odi'ii^6t, lindo ^odi'^nt to d6ii<br />
Cyrus Alerandriuus, Sergius, Pyrrhus und Paulus, Patriarch zu<br />
Constantinopel. Im eoä. fehlt ,I^i'i'kug' und <strong>für</strong> ,^rum' ist verschrieben<br />
,oii'<br />
^) eoa.<br />
'2) Die in Klaiumeru stehenden Worte von liu . . . bis . .<br />
sind wohl durch Nachlässigkeit des Schreibers an diese offenbar unrichtige<br />
Stelle gerathen.
Von Robert Hasenjäger. 195<br />
mit I^innon uncio 1)oi'nondo 1ni, ^)<br />
do ^voi'clon Aom^i'torot dui' got.<br />
t0 ^.lri
196 Bruchstück eines mittelniederdeutschen MenologiumZ.<br />
Do ^3.8 KÌ800P Iiuäo ^V38 V3.H lincio 3.11<br />
11111^6 V311 8Ì116IQ6<br />
to sl6Q6Iiä6 3.Q 81I16II16 p3.I3.86. /V180 01108 22)<br />
3.11<br />
3.11 8ÌN61H6 I)6l1cl6 I^cii, clo 83. 1i6 3.11<br />
83, ^V0 cl6 8t3.t mit<br />
0^6nä6. 1^1168 ^) t3.A68 clo 1i6 111138611<br />
611 äuV6 V3I1 (16II16 I16IQ6I6 UPP6 81Q<br />
1i0V6t 3.11 3.1^61' 1iiä6 0U^6Q UI16.6 3.180 V3.Q 8ÌH6IQ6 110V6Ä6<br />
u^> 611 Ar3.f. D0 V0rc;lit6ii 86^ 66 Iuä.6 cl3.t 1i<br />
8o1ä6) lindo ä6 3.1iä6I'6I1 8Pl3.Ic611) 63.t ^V6l6 6Q<br />
ä3,t ^16 ^V61'6 611 I)6cl6li118<br />
V. Ì61I8 Q0V6IIiI)I'i8 t0<br />
80iut017Ì8 VÌ0t0I'Ì8) c>6 ^V0rä6Q ^61113.^6^6^ lindo 83.Q6ti<br />
1,601113.1118 66 ^V3.8 611 bìo<br />
Die Frage, welchen Quellen die im Vorstehenden mit-<br />
getheilten Lebensbeschreibungen folgen, entscheidet sich verhält-<br />
nißmäßig einfach, wenigstens was die heiligen Martinus p.<br />
und 6p., Mennas und Kunibert angeht. Aus der folgenden<br />
Nebeneinanderstellung unseres Pergamentes mit den betreffenden<br />
Stellen aus den lateinischen vit3.6 bei Surius und Iaco-<br />
bus a Voragine (doch giebt letzterer nur die vita, des<br />
a. a. O. unter dem 6. Januar und bei Weidenbach a. a. O. Seite 145<br />
unter dem 22. October. Da an einen von diesen hier unter dem<br />
12. November nicht zu denken ist, so ist mir ein arger Schreibfehler<br />
<strong>für</strong> den auch bei Laur. Sur. unter dem 12. November angeführten<br />
Erzbischof und Märtyrer Livinns wahrscheinlich. Der Tert würde also<br />
vielleicht zu ordnen sein: IIu66 sauoti I^iviui 6s >v^8 diLoop uuäs<br />
uiiidki'ti uuä6 I^kwiuui 6y ^3.i'6n diolit6i'6, nuäe Xu-<br />
66 -5VÄ8 tO<br />
22) 006. F0668.<br />
23) ooä. 6ÌII68.<br />
") 006. 6ÌQ63.<br />
22) eoa 6ÌU.
Von Robert Hasenjäger. 197<br />
Märt. 6p. und die weiter unten behandelte des Theodorus<br />
Tiro) läßt sich leicht erkennen, daß ihm die allgemeine Tradition<br />
der katholischen Kirche zu Grunde liegt, wie sie sich<br />
übereinstimmend in den vorher erwähnten lateinischen Bearbeitungen<br />
darstellt. Doch möchte ich trotz mancher wörtlichen<br />
Uebereinstimmung nicht behaupten, daß ein unmittelbarer Zusammenhang<br />
stattfinde, ohne indeß sagen zu können, durch<br />
welche Mittelglieder die Verbiudung hergestellt werde. Das<br />
wird auch nicht eher möglich sein, als bis mehr derartiges<br />
bekannt wird.<br />
611<br />
Do 1i6 A686F6116t >VH8 61'<br />
oi' äop6) (lo mott6 6M6<br />
111iä6 Ii6 61116 LÌ11<br />
6U16<br />
8a.116to N^rtino 6PÌ860P0.<br />
p. 741—42.<br />
8ÌI)Ì<br />
l'llt) dividit 6t p^i'<br />
1111 (Iiim od vi Ulli<br />
9> rniiio 616M0'<br />
6N86<br />
1106^6<br />
511Z6103 316<br />
1
198 Bruchstück eines mittelniederdeutschen Menologiums.<br />
86A6N6t. IInd6 MI dorn 8ÜV6N L63.tu8 3,nt6m 86V6rini18<br />
1i3.1v6N chiodo 86N6N N6. (U0I0NÌ6N8Ì8 6^Ì860PN8<br />
^n 8in6m6 dodo ^va.rt d6r ÌII3. ^0)73.) (^U3. vii 83.n6tii8<br />
6QA616 8t6N1N6 ^6N0I-t. odiit, 3,n^6io8 03.nt3.Qt68 in<br />
606io audivit — —<br />
Inhaltlich dasselbe bietet die Erzählung des Simeon<br />
Metaphrastes bei Laurentius Surius IV unter dem 11. November<br />
Seite 247. Von ihr ist der Bericht bei Iacobus<br />
a Voragine nur ein kurzer oft wörtlich übereinstimmender<br />
Auszug.<br />
N3,rtvrinm 8t. 6t<br />
8t6N<br />
in<br />
8. N6QH3.6<br />
8nriii8 IV. p. 24.<br />
6N riddoi' nnd6 0V6I-- 1it3i'i 86 ip3nm 1'6i6ß3.vit in<br />
d6 V/61'1t Iind6 1063. d6861't3. . . . 6XÌ8tÌ-<br />
N6 3N d3t ^118) c^nod ^3m 0Üm m6di-<br />
.' 8t6mn6, d3.t 1i6 ^6)7- V3.886t) in (^110 ^niv61'83.<br />
Do ^v3^1-t<br />
1i6 d6N16 1^61--<br />
r6N F6<br />
1Ì6t3 8N3. in mONti()U8 1i3.-<br />
1)Ìt3.tÌ0N6 d6866Qdit in 6ÌVÌ-<br />
t3.t6m, 6t 6um V6NÌ886t in<br />
m6dium tn63trnm 6t ^^3.6-<br />
t61'Ü886t 0mN68, ^ui 6r3.nt<br />
in 8t3.dio, — 3.1t3. V066 6X-<br />
6i3.m3.vit: —<br />
61). 14. — dl16tN8 luit<br />
N6N38 3d rvri-Iium pr3.6<<br />
8Ìd6m —
II 6<br />
Iind.6 mit F( ;1)Nnd6N6N Q3.11-<br />
ä6Q 3.180 13.' a^6 mit ß6ld6n<br />
ß68i3.^6N, 1) it d3.t diot 3.11<br />
d6Q 8ti'3.t6N viot.<br />
Dar N3.<br />
iiiid6 mit I^i- 0^V6i6N tO l6t6N,<br />
und6 mit 1illri3.1^6N<br />
d6 WNN-<br />
Von Robert hasenjäger. 199<br />
66iit F6Q3.N^6N<br />
to d6Q 8Ìd6Q mit<br />
). IV.<br />
1 ini) 6t 6xt61idi 3.<br />
>1' vii'Ì8) 1)onm 3.nt6m<br />
N61'VÌ8 63.6di V6Q6m61it6r.<br />
(^nm 8Ì6 61'go sortit61' toi'-<br />
HN61'6tni') 6t 83.NFNÌ8 6 Vni-<br />
. V. 6t 61im ,<br />
Ilt ÌQ 1ÌAQ0 to1i6-<br />
imi, iii88Ìt l6rr6Ì8<br />
6O17M8 6Ì118 I3.-<br />
— — 6P. VI. D6Ìiid6<br />
3.1'd61it68 ÌZI1Ì8 I3.mp3.d68<br />
in, und mit<br />
iii88i't iiid6x<br />
Q6Q ^3.ud611 11Iid6 vot611 6P. VII. iiil)6<br />
0V6i' d6 doi'116 U608 8P3.1'AÌ ìli t6ri-3. 6t VINO<br />
Ì861'116<br />
mit tnm P6dibn3 6t<br />
t0<br />
tO<br />
611 tO<br />
123.18<br />
Ko1i16 83.116ti<br />
3.11 ^0<br />
8NPI'3. 603 tifili P6r 8N1Nm<br />
3.1116rnd6iit3.t6m, — Indox<br />
1-NI-8N8 ÌN88Ìt 83.116tnm V61'-<br />
1)61-3.1^ in 60II0 6t<br />
6P. X. 63.piti8<br />
in 6nm tnlit 86Nt61itÌ3.m.<br />
Vit3. 8. (Ünni1)61'ti 6P.<br />
i^oi. 6t 6O1i5.^ nt 1i3.i)6tnr in<br />
3.1itÌ(^NÌ8 6X6mpi3.1'i1)N8. ^.N-<br />
toi'Ì8 N0m6N ii166I-tnm 68t,<br />
86(1 IiÌ8toi'Ì3i iid6m m6r6tni'.<br />
!.. 8nr. IV. p. 274 t.<br />
6P. I V. (Hn3.d3.NI d6ni-<br />
(^N6 Q06t6 dnm P61'vil^i11'6X in<br />
I66t() (^nÌ63661'6t, Vidit8n1)ito<br />
I06NIN iiiniN, ni)i 83.N6tn8<br />
8OPO1'Ì8 A1'3.tÌ3.
200 Bruchstück eines mittelniederdeutschen Menologiums.<br />
to (i6N6Nd6 ^6883.<br />
3.11 8ÌN6N16 P3.i3.86. ^I30 61168 luiNÌNi<br />
U3.6iit63 do d6 Iconig' 3.11 8ÌI16- 6P. VI.<br />
IQ61)6(1(1613.6I1, (lo 8!11i6 3.11 d6 Il.61N6dÌ0 (<br />
8t3.t d3.r d3.t Icint I^cii lindo 8U6668801'<br />
83. V>0 d6 8t3.t Nlit g1'0t6N16 (luiN 6pÌ860P3.lÌ8 1)6N6dÌ6-<br />
^'3.3, U1id6 tÌ0liÌ8 3.866N(1Ìt.<br />
d6iV3.t 6P. VII. ^U3.d3.1N dÌ6<br />
d6N16 1cind6. /VI30 duni 3UP61' 1N6N83.N1 do-<br />
d3.t 1(int 1)Ì860P 3.N d61' . INÌnÌ63.N1 IN I)33Ì1Ì63. 83.N6-<br />
VUoi dog'6N(i6. t3.1'UN1 vii'giiiUNI ì<br />
3.^68 do 1l6 mÌ386N 3.d8t3.N8 6161'U8 6t<br />
, do ciu3.m 611 duv6 vidit oolnmiiani 8pi6ndidÌ8-<br />
domo I16NI6I6 NPP6 8ÌN 811113.111 PI'ÌINUNI I13.6 6t<br />
U1id6 3.180 V3.N 8ÌN61N6 I10- Ìn8Ìd6I-6 63.piti, inox<br />
V6d6 Up 611 j)'1'3.f. Do V01'6Q- 1'6V6I'8l11N 6t 1UXt3.<br />
) 1111(16 (16 3.11- 6il1p83.m.<br />
6N, d3.t 1^6 — — — — — —<br />
76 6N 1)6d6ii118 d63 1l6Ì- I^3.6t3.d3.1itui' quidßlQ 86<br />
PÌÌ83ÌN13.I11 8UÌ domini VÌ81-<br />
t61' 1iU1N3.NÌ 63.3U8 il<br />
(1ÌN6N1.<br />
Ueber das Martyrium des Theodorus Tiro besitzen wir<br />
drei lateinische Berichte: 1) ^i'tvi'iuin 83.n6ti 6t Fioi-io3Ì<br />
N3.I-tviÌ8 (^Iil-Ì8ti ^1i60doi'i 6X 8ÌN160N6 ^I6t^p1i1'3.8t3, bei<br />
Laur. Surius IV. 9. November Seite 230. 2) do 83.ncto<br />
Ilioodoi-o bei Iaeobus a Voragine Cap. l^i.XV Seite 741.<br />
3) einen solchen, der in einer ()i'3.tio D. ^i'6goi'ii ^V886iii<br />
k6tro k>3.Q6Ì860 ^ino V61'0N6N8Ì Ìnt6ipi6t6 enthalten ist<br />
und im Auszuge bei Laur. Surius 9. November IV Seite 289
Von Robert Hasenjäger. 201<br />
mitgetheilt wird. Der znletzt angeführte Bericht enthält keine<br />
eigenthümlichen Züge, anch ist ihm die geistliche Betrachtung<br />
Hauptzweck, so daß er hier <strong>für</strong> uns außer Betracht bleibeu<br />
kaun. Von den beiden anderen Berichten ist derjenige des<br />
Simeon Metaphrastes der ausführlichere, uud man könnte die<br />
vit^ bei Iaeob. a Voragine als einen treuen Anszng daraus<br />
ansehen, wenn nicht von der Verbrennung des Heiligen an<br />
beide Berichte stark von einander abwichen.<br />
Das Verhör vor dem Nichter, das mit dem festen Be-<br />
kenntnisse des Märtyrers schließt, geben beide noch in wört-<br />
licher Uebereinstimmung:<br />
Iaeob. a. Vor. Simcon Metaphr.<br />
VÌ8) Il1ll6X H<br />
, 6886 d6iÌl)61'^tÌ0N6 (lìxìt 8.<br />
(Hi'Ì8tO tl10? Olli äoi-0 : (Hnicl VÌ8 6886 1101)18-<br />
Ì116: Olim 0IiI-Ì8t0 U160 6t Olim lNI 6um 01iri8t0 tl10 ?<br />
llii 6t 811111 6t 6^0.<br />
M60 6t fui 6t Llilll 6t 61'0.<br />
(16 6^6t61'0 l^6 M0ä V0i63.<br />
Von hier an läßt sich mm anch unser Fragment als<br />
dritter Bericht zur Vergleichung heranziehen. Es beginnt mit<br />
den Schlußworten aus dem Bekenntnisse des Märtyrers —<br />
I)ÌQ .... Uiiä6 89,1 ilim6i' N686H — hat also sicher das<br />
Verhör berichtet in Nebereinstimmung, wie man sieht, mit den<br />
den beiden anderen Berichten, doch Wohl in der kürzeren Fassung<br />
wie bei Iaeobus.<br />
Bei Simcon ist nun der Fortgang der Erzählung kurz<br />
folgender: Wörtlich angeführter Sprnch des Nichters, der den<br />
Heiligen znm Fcuertode verurtheilt. Sofort wird der Spruch<br />
durch die Lictoren ausgeführt, die eiligst einen Scheiterhaufen<br />
Herrichten. Der Heilige fchlägt über die Stirn uud den ganzen<br />
Körper das Kreuzeszeichen uud besteigt den Scheiterhaufen. Der<br />
heilige Geist lindert die Leiden des Märtyrers der uuter Lob-<br />
gesängen feinen Geist aushaucht. Seine Seele fährt in Ge-<br />
stalt eines Blitzes gen Hunmel. Ein frommes Weib Eufebeia<br />
13
202' Bruchstück eines mittelniederdeutschen MenologiumZ.<br />
erbittet sich den unverbrannten Leichnam und bestattet ihn in<br />
ihrem Hause.<br />
So die Erzählung bei Simeon Metaphr. Abweichend davon<br />
berichtet die Version bei Iacobus: ^un(^'n88N8 68t ÌM6 ci-6i,<br />
in<br />
Oäoi-6 V6I-0 8U3.VÌ88ÌN0 0INN63<br />
V0X<br />
in ß^uäiuiQ äoinini tui.<br />
multi vi(i6i-unt.<br />
Noch anders unser Pergament: Schon der Bericht von<br />
der Verbrennung des Heiligen hat den charakteristischen Zusatz:<br />
mit A6l)unä6N6n QNnä6n to luolcs. Ihm ganz eigenthümlich<br />
aber ist die Herbeirufung des Clconicus. Die Voraussetzung,<br />
daß der Tod schmerzlos erfolgt, und der Körper des<br />
heiligen unversehrt geblieben sei, (welches letztere bei Iacobus<br />
ausdrücklich gesagt wird) begegnet auch hier wie in beiden anderen<br />
Berichten. Die Worte der Stimme vom Himmel (die<br />
Simeon Metaphr. gar nicht kennt) sind vollständiger als bei<br />
Iacobus. Die Bestattung des Leichnams durch eine edele Frau<br />
kennt unser Text wie Simeon Metaphrastes.<br />
Die Nebeneinanderstellung der drei Berichte wird gezeigt<br />
haben, daß hier nicht die Rede davon sein kann, etwa die vita,<br />
bei Iacobus aus der prodatH bei Laur. Sur. herzuleiten und<br />
die Stettiuer aus der epitomo bei Iacobus. Sie bieten alle drei<br />
soviel selbstständige Züge, daß wir nicht umhin können, sowohl<br />
<strong>für</strong> Iacobus als auch <strong>für</strong> die vit^ unseres Pergamentes eine<br />
besondere Quelle anzunehmen. Wir werden uns die Sache so<br />
vorstellen müssen, daß neben der pi-od^ta des Simeon Metaphrastes<br />
noch mindestens zwei andere, non pi-ok^tHO, im<br />
Umlauf gewesen sind, sich aber neben der von der Kirche anerkannten<br />
nicht haben erhalten können. Ihre Reste würden wir<br />
einestheils in dem Auszuge des Iacobus, andcrntheils in dem<br />
kurzen Berichte unseres Textes zu sehen haben.
Ulrich von Dewitz<br />
verlehnt 2'/2 Hnfe in Vrannsfort, 1'/2 Käthen Wurth<br />
nnd den vierten Theil des Kruges daselbst an<br />
Lnbbeke v. Köthen.<br />
Daber, d. 11. März 1385.<br />
113.111611, 3.N16I1. 1^ Ii61' IllirioK V3.N<br />
820116, 66IN6 A0t.1i ^113.66,<br />
3.11611 0iiI-Ì8Wu1ua6N) 66 6^88611 di'6ss 2<br />
ìli ä6l IQ0I6H<br />
Q0V6 in<br />
-0FF6Q U1iä6 IX<br />
6IN ä)"t V0rI)0110N6li6 Auät. lincio QUV6I1<br />
9.1161' toKoiiOriHAO) Iiutli I11ic11i6 li'U6iit6 3.180) 3.186 l^6 Q0V6H<br />
11116.6 ^V11I-ci6 1ÌFA611 in 6l611 m3.t
204 Ulrich von Dewitz.<br />
^ , i6 63t<br />
to 1)^116) 66 86I13I ^oic m^t N^U611 6lV6Q UI166 I0V6<br />
6^t V0I786li)76V611 ^utii t0 V0li3t61i66 vor ^<br />
16QI16I-6I1 M^t 3.1661' I-66litÌ6li6Ìt, 66 66 V0r1)0U0II16t<br />
V0I'86liI'6V6I1 Ii0V6I1<br />
^Q6Q Hliä6I'I1 6Iit^)1i6I1^6 tliO 1^U6, 80<br />
6(1661- 82)^116 6I-V6I1 UH m^m6 1-3.66 III166 111)^1161' 6I-V6Q<br />
^66661- 1111661' m^ 16^^611 V6ltÌ6ii<br />
111166 ^V3.t I16 m^t 6611<br />
^666.617 UIit^)1iHI1 t0 16Q6, NI166 80ii^1 6IN<br />
m^t M6IQ6 I-6o1it6, 5180 3.186 6)^886<br />
V0I- 1it^86t1i; 6^t I0V6 Ì6ll 1i61' Dil-16^ m^t<br />
in tri1^6I1 3.116 6)^886 V0l861'6V6i1611<br />
I10I66Q66, III166 863.1 666617 ^1 M^t IQ^I16<br />
6 H6IN611 6666 6rA61^8t, 66 6^886111<br />
863.6611 IU0A6. ^0 ti1F6 III166 M6I'6I'<br />
820 1i6d1)6 16^ 1i6r HilicK V3.Q I)6^VÌt26)<br />
6.6886Q I)^^ m^ ^t80li3)p 1)686^61611 13
Verlehnung. 205<br />
Stammvaters der pommerschen Linie der DeWitze, ^) Ulrichs I.,<br />
gest. vor dem 12. Juli 1363, dessen Erben nach dem unznverlässigen<br />
Bericht des meklenburgischen Geschichtschreibers<br />
Latomus wegen Fclonie gegen ihren Lehnsherrn, Herzog Johann<br />
von Meklenburg, der Grafschaft Fürstenberg im Lande Stargard<br />
verlustig gegangen sein sollen, indem sie im meklenburgpommerschen<br />
Kriege von 1368 auf pommerscher Seite gestanden<br />
hätten. Unser pommerscher Chronist Kantzow weiß davon nichts,<br />
während Micrälius^) diese Erzählung in seine vier Bücher<br />
pommerscher <strong>Geschichte</strong> aufgenommen hat. Abgesehen aber davon,<br />
daß der Landesherr der Grafen, der genannte Herzog Johann<br />
von Meklenburg, an jenem Kriege nicht Theil genommen hat,<br />
waren die von Dewitz wegen des Städtchens Daber auch pommersche<br />
Lehnsleute, hätten also, auf welcher Seite sie nun<br />
kämpften, in jedem Fall Felonie begehen müssen. Dergleichen<br />
Fälle kamen jedoch so häufig vor, daß sie in den Friedensvergleichen<br />
nach den Fehden ausdrücklich vorgesehen werden,<br />
und so würden auch in dem jenen Krieg beendenden Frieden<br />
von Ribnitz die Herzoge von Pommern sich ihrer Lehnsleute<br />
angenommen und sie vor Schaden bewahrt haben. Es müssen<br />
also andre Ursachen, die sich zur Zeit nicht urkundlich feststellen<br />
lassen, den Verlust der Grafschaft Fürsteuberg <strong>für</strong> die von Dewitz<br />
herbeigeführt haben, und bleibt der Gedanke an einen Verkauf<br />
derfelben der Nächstliegende, denn am 20. Februar 1365 kamen<br />
die Erben des Grafen Ulrich I. zu Daber überein, daß die<br />
Grafschaft Fürstenberg jenseit der Oder in Gelde geschätzt werden<br />
sollte. Der Grafentitel ward von den Nachkommen noch<br />
einige Zeit fortgeführt, zur Behauptung der Grafenwürde aber<br />
reichten die Mittel nicht aus, wie denn zahlreiche Gutsverkäufe<br />
aus jener Zeit den Beweis liefern, daß das Geschlecht pecuniäre<br />
Verluste erlitten hatte. Grade mit dem in der vorliegenden<br />
Urkunde genannten Lubbeke von Köthen werden mehrere derartige<br />
Geschäfte abgeschlossen; ob der Verfasser der von Dewitz-<br />
Wegner, Familiengeschichte der von Dewitz, Seite 63 ff.<br />
) Micrä'lins, Ausgabe von 1723, VI. Seite 341
206 Ulrich von Dewitz.<br />
schen Familiengeschichte aber auch diese Urkunde gekannt hat,<br />
ist nicht ganz deutlich zu ersehen. Die von Köthen haben<br />
diese Besitzungen nicht lange inne gehabt, sie verschwinden bald<br />
aus der Gegend von Daber, und die Güter wurden von den<br />
Dewitzen wieder erworben.<br />
Die Zeugen kommen in den gleichzeitigen Urkunden wiederholt<br />
vor, die Süring saßen auf Daberkow und waren Afterlehnsleute<br />
der Dewitze und der Borcken; die von Mildenitz,<br />
um Stargard ansäßig, stehen in der Musterrolle von 1523<br />
als Lehnsleute der Borcken, später gehörte ihnen Ribbekardt.<br />
Der Stammsitz der Briefen ist wahrscheinlich der gleichnamige<br />
Ort im Kreise Schivelbein.<br />
5) Wegnei a. a. O, Seite 102, 103.<br />
v. V.<br />
1
Einquartierungskosten zu Greifenberg.<br />
1675.<br />
In den ersten Tagen des Juni 1653 war nach langem<br />
Elend mit den brandenburgischen Reitern der Friede wieder in<br />
Greifenberg eingezogen, so daß, wie eine Hossiitalrechnung der<br />
Stadt sagt, man „billig in diesem angehenden Jahre ein neu<br />
83.6ou1um anfangen" solle. Freilich schien es anfangs, als sei<br />
auch unter der neuen Herrschaft das alte Elend geblieben,<br />
denn zwei in kurzer Zeit ausbrechende Brände, die in den<br />
Jahren 1658 und 1668 die Stadt verheerten, lähmten die<br />
Thatkraft der Bürger derartig, daß viele die Stadt verließen<br />
und anderwärts eine neue Heimath suchten. Die Wunden,<br />
welche namentlich der zweite Brand der Stadt schlug, waren<br />
noch lange nicht geheilt, als im Jahre 1675 Greifenberg wie-<br />
der in die Hände der Schweden gerieth, und die Schrecken des<br />
dreißigjährigen Krieges sich wiederholten. Wie groß die Ein-<br />
quartierungskosten waren, sagt eine Bittschrift eines greisen-<br />
berger Bürgers David Eurtius aus dem Jahre 1688/) in<br />
welcher er um Erlaubniß nachsucht, fünf Jahre lang frei von<br />
Abgaben und Einquartierung mit allerhand Waaren handeln<br />
zu dürfen. Bei der schwedischen Invasion 1675 seien ihm nicht<br />
nur 272 Rthlr. 12 lß. baar drauf gegangen, sondern er habe<br />
auch fast allemal den commandirenden Offizier mit der Wache<br />
ms Haus nehmen müssen, wodurch er an seinem Geschäft so<br />
großen Schaden erlitten habe, daß er nicht anders seine Frau<br />
Staatsarchiv zu Stettin: Staatskanzlei ?. II. Tit. 4v, Nr. 13.
208<br />
Einquartierungskosten zn Greifenberg,<br />
und Kinder zn ernähren wisse. In einer vom Notar Daniel<br />
Bontihn beglaubigten Abschrift, giebt Cnrtins eine<br />
Designation<br />
dessen, was mihr bey Schwedischer Einquartierung daranff-<br />
gegangen nndt Schaden geschehen:<br />
1. habe ich einen Capitani vom Helmfeldschen Regiement<br />
nahmens Schwengefeld nebst seinem Mnsterschreiber und dreyen<br />
Dienern, wie anch 5 Pferde den ersten Monath als Februar<br />
inne bekommen, wo<strong>für</strong> nur rechne an Kostgeld:<br />
vor den Capitain . .! 6 Rthlr.<br />
vor den Mnsterschrciber z 4 „<br />
vor die drey Diener ! 8 „<br />
darzu extra außgeben müssen vor Wein,<br />
3.^u3. vi
Von Dr. von Bülow. 209<br />
noch ein Pferd mitgenommen, davor ihme!<br />
beym Abmarch gebothen worden . . . ' 42 Rthlr.<br />
auf die Reise ihm mitgeben müssen von i<br />
3 Scheffel kleinen Mehle gebacken Brod!<br />
und Zwieback, so mihr gekostet . . . 3 „<br />
2 Seitten Speck, so seine Knechte aus der!<br />
Kaste genommen<br />
noch an truckenem Fleische mitgenommen ^<br />
2 kalekutische Hahnen ä.<br />
^/2 Tonne Vier<br />
an einem V e t i e l a k e n . . . . . . . .<br />
vor seine Pferde hatt er genommen 4 Drömmt<br />
Korn<br />
Noch an rauchen Erbsen, Hexel, Heu und<br />
Stroh<br />
2 newe Stangen zeume<br />
zur Carosse und Rüstungen von meiner<br />
Dielen genommen<br />
An Kontribution würd mihr angesetzet im<br />
Monath Febr. 16 Rthlr. 18 lß, und<br />
selbe obgedachten Kapitain Schwengefelden<br />
assigniret, davon remittirte er mihr vor<br />
seine Speisung 10 Rthlr., und muste ich<br />
ihm also an Gelde noch geben bahr . .<br />
Im Martio wurden ihm assigniret von<br />
meiner Kontribution 21 Rthlr., davon<br />
ließ er nach 14 Rthlr., und muste ihm<br />
noch geben<br />
Im April muste ich dem Obristl. Viting!<br />
und dem Regiemcntsquartiermeister zahlen! 21<br />
3<br />
1<br />
2<br />
1<br />
1<br />
32<br />
12<br />
„<br />
12<br />
—<br />
12<br />
24<br />
lß<br />
.!272 Rthlr.! 12 lß<br />
v. V.
Ein Jagdschein vom Jahre 1547.<br />
Wir Barnim :c. bekennen und thun kunth meniglichen,<br />
das wir auf underthenigs bitten und ansuchen des Erbarn<br />
unsers lieben getrewen Matzke Borkenn zu Pansin gesessen, zu<br />
seiner notdurfft jegenwertigen Zeiger und Schützen umb unser<br />
Stadt Piritze auch durch den gantzen Waitzacker desselben orts<br />
auf diesen ersten vnd schirsten Freuling vnd frühe Zeit, wan<br />
das federwilprat wiederumb in diese Lande ankomen Wirt, beide<br />
auf Eckern, wiesen vnnd anderswho dasselbe an kranichen,<br />
Geusen, Enthen vnd andern federwilprath, wie solchs namen<br />
hat, dis Ihar vnd diese frühe Zeit vber frey vnd vnbehindert<br />
zu schiessen vnd zu fellen vorgunstet vnd nachgegeben haben.<br />
Gestaten, Vorgunsten vnd nachgeben Ihme solchs hiemit krafft<br />
dieses unsers Briefs, doch also, das er damit niemands gefherlichen<br />
leibs oder lebens, auch anderen vngefherlichen Nachteil<br />
vnd schaden am getreide, an den Eckern oder sonsten zufügen<br />
solle; Unseren Amptleuthen, Voigten, Renthmeistern, Zollern,<br />
Bürgermeistern, Richtern, Rathe vnd gemeinden, auch allen<br />
anderen vnseren vnderthanen, ernstlich hiemit gebietende, Ir<br />
diesen Zeiger hierinnen keinen eintragk, vorhinderunge vnd<br />
beschwerunge beiegnen lasset oder selbst ertzeiget, sondern Ihnen<br />
in solchem furhabendem wercke fortfharen lasset Bey vormeidunge<br />
unser schweren straff vngenade. Vrkuntlich haben wir diesen<br />
Brief mit vnserm Secret wissentlich besiegeln lassen, Der gegeben<br />
ist Zu Alten Stettin Am Dinstage des 1. Februarii<br />
Anno 3c. xlvij.^) v. B.<br />
Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I. Tit. 83. Nr. 40.
S. Jacobs Hühner.<br />
In einer Beschwerde des Grafen Georg Caspar von Eberstein<br />
zu Naugard^) gegen den Informator seines Bruders Volrad,<br />
Namens Conrad Schleiff (Schliessen), der seinen Zögling<br />
auf Reisen begleiten sollte, sich dabei aber sehr unzuverlässig<br />
erwies, heißt es, Schleiff habe <strong>für</strong> sich selbst zwar sehr wohl<br />
zu sorgen gewußt, in Basel zu seinem eigenen Vortheil französischen<br />
Unterricht genommen, aber „seinen Herrn unndt discipul<br />
den gemeinen Haussen undt S. Jacobs huenern befohlen".<br />
Ueber den Ursprung dieser Redensart, die hier soviel bedeutet,<br />
als „eigene Wege gehen lassen", giebt das Leben der<br />
Heiligen, Nürnberger, Anton Koberger, I486, durch folgende<br />
Erzählung Auskunft:<br />
Einsmals was ein reicher man der het lang keinen erben«<br />
da bat er sant Iaeob mit grosser andacht das er im einen<br />
erben vmb got erwurb vnd gelobet im. wenn derselb erb zu<br />
seinen tagen keine, so wolt er in zu seinem grab bringen, da<br />
gab im got durch saut Jacobs willen einen schönen sun. da<br />
der sun gewuchs. da gieng er mit dem vater vnd wolt zu<br />
sant Jacob vnd kamen in ein stat die hyeß gelffenacht. da<br />
zerten sy reylichen l!). das mercket der Wirt vud gedacht im<br />
wy er sy vmb ir gutt brecht vnd stieß den Vater des nachtes<br />
einen silberin kopff in seinen sack. Vnd da sy des morgens<br />
') Staatsarchiv zu Stettin. Stett. Arch. ?. I. Tit. 45. Nr. 47 ^-^<br />
vs)1. 4. Georg Casper theilte i I, 1609 die Grafschaft Naugard mit<br />
seinen Brüdern Albrecht und Volrad in drei Theile, damit deu früher<br />
bei der Gefammtwirthjchaft vorkommenden MißHelligkeiten vorgebeugt<br />
werde.
212 S. Jacobs Hühner,<br />
hin waren gegangen, da hieß in der Wirt nachcylen. nnd<br />
sprach sy hctten in: sein silberin kopff gestolen. vnd nam dem<br />
Vater seinen silberin kopff auß seinem sack vnd sprach zu im.<br />
Er müst darumb sterben, da sprach der sun. Ich bekenn<br />
meinen Vater wol so frnmb das besser ist ich sterb dann das<br />
er sterbe, davon bit ich ench das ir mich fnr in töttet. das<br />
teten sye da er im das selber außerwelet vnd hiengen den sun.<br />
das sahe der Vater mit seynen äugen, da ward er betrübt vnnd<br />
claget sein hertzenleyd dem lieben Herren sant Jacob vnd gieng<br />
<strong>für</strong> sich zu seinem mnnster. vnd da er darein kam da rufst er<br />
sant Iaeob mit grosser andacht an vnd sprach. Lieber Herr<br />
sant iacob ich hab dich geweret als ich dir gelobt hab. ich<br />
bin aber vbel geweret. wann ich hab meinen lieben sun verloren,<br />
vnd gieng da von dannen vnd keret wyder heym in fein<br />
land vnd was ser betrübt vnd da sein wol drey Wochen was<br />
das man im seynen snn erhangen hat. da kam er wider gen<br />
gelffenacht vnd sah seinen snn an dem galgen mit grossem<br />
leyd vnd greyff im an seine beyn. da sprach der sun. Lieber<br />
Vater thu mir nit wee. da erschrack der Vater vnd meynet er<br />
wer tod vnd gewan da ein Hoffnung, vnd sprach, lieber sun<br />
lebest du noch, da fprach der sun. ia das wisß in der warheit.<br />
da wart der Vater gar fro vnnd sprach, lieber sun wer hat<br />
dich entHalden, das du nit tod bist, da sprach er vnser Herr<br />
Iefus cristus vud der heylig zwelfpot fant Iacob der ist<br />
ymmermer bey mir gewesen vnnd vnder meinen fusfen gestanden,<br />
vnnd hat mich auff gehalten das ich noch leb. da lieff der<br />
Vater bald zu dem richter. der gieng von seiner kuchen. da<br />
bereytet man im in der kuchen einen Hannen vnd ein Hennen,<br />
da sprach der vater zu dem richter ich bit euch das ir mir er«<br />
laubt das ich meinen sun von dem galgen neme wann er lebt<br />
noch, da sprach der richter das verweyß ich wol. ir mögt<br />
wol wissen leben die huner an dem fftiß so lebt er auch, da<br />
sprungen dy huner zuHand ab dem spisß vnd wurden lebentig<br />
vnd gewunnen federn, das nam den richter groß wunder vnd<br />
hieß besehen ob sein sun an dem galgcn noch lebt, da sagt<br />
man im es wer war. da gieng er mit allen seinen frewnden
Von Di'. v. Vülow. 213<br />
zn dem galgen und namen in herab, vnd frogten in wie im<br />
geschehen were. Da sprach er. mein lieber Herr sant Iaeob<br />
ist ymmcrmer vnder meinen fnssen gestanden lind hat mir gcholffen<br />
das ich noch lebe vnd hat vns geniessen lassen das wir<br />
unschuldig sein, da sprachen dy menschen. vnd weren sy<br />
schuldig gewesen, der lieb Herr sant Jacob het in nit gcholffen.<br />
da vicng man den Wirt, der veriach das er in unrecht getan<br />
hett. da schleyffet man in vnd radbrecht in. darnach flngen die<br />
huner vber funff meyl in ein stat dy heyst domcn vnd woltcn<br />
nit da sein da das vnrecht gericht was ergangen, vnnd in der<br />
stat scynd sy noch an einer offen straffen in einem eyßnen<br />
gytter da seind sye wol sechß hundert iar gewesen, vnd leben<br />
noch biß an den mngsten tag. Also ward der man vnd der<br />
sun ledig mit der hilff des lieben Herren sant Jacobs des<br />
danckten sy got vnd im mit grossem ernst. v. B.<br />
'
214 Hausgeräth des Severin Frederici.<br />
Severi« Frederici aus Ärnsumlde<br />
übergiebt der Lucie Rulows in Stettin sein Hans-<br />
geräth zur Aufbewahrung.<br />
Stettin den 8. April 1538.<br />
Item ick Severinus Frederici, bordich van Arnßwalde,<br />
bokenne mith disser meiner eignhenn Handtschrifft, dat ick in<br />
Martten Mitten husße, Burgers tho Oldenn Stettin, wanafftich<br />
jegen Simon Belitzenn by der bovensten Apotekenn. dit mein<br />
nhageschrevene Thakell nnnd Hawßgeradt tho truwer Handt<br />
in Bewahrunghe gebracht hebbe by de vorsichttghe Lutia Rulowß<br />
darsnlvcst by gemeltenn Märten Mitten Haußhemich, de<br />
my ßodanth nhageschrcvenn Gndt mit aller Trwheit und<br />
hogen Upsehende vaste gelavet und thogesecht hefft fflitich tho<br />
und in höde tho holdende.<br />
thom erstenn<br />
II Deckebedden und V Underbedden<br />
V Hovetpole, VIII Kusßenn<br />
V Par Lakenn<br />
VIII Veckenn luttick und grodt dorcheinander<br />
XVI thinnen Vathe luttick und grodt<br />
XVI thinnen Sempschottelenn<br />
XVI thinnen kannen luttick unnd grodt<br />
I thinnen Wynfflassche<br />
XVI thinnen Theller<br />
Uli thinnen Wynnotzell<br />
I thinnen Botterschrynn<br />
VII Grapeu luttick und grodt<br />
II missingejche Taffelringhe
Von Or. v. Bülow. 215<br />
II missingessche Wosekcllenn<br />
V missingessche Lnchtcr lnttick unnd grodt<br />
XI Ketell luttick nnd grodt<br />
II missingessche Dcgell<br />
I missingesschen Möußcr<br />
II Bradtpannen, II Rosten<br />
I Ketelhake unnd I Brantyscr und V isernn Kellen<br />
I Thnnne ffull holten Vate<br />
II Kumme darinne mine Kleder innhe sint, ohnn Iopenn<br />
unnd Rocken, de ick hir late<br />
I Kiste dar Linenfslack inne is<br />
II Ladenn<br />
I Spanbedde<br />
Item II Mrck Szulvers<br />
Item XV Bote, de ick hir ock lathe.<br />
Oder disse Inventatimi sint an und oder geweset de werdige<br />
Herrn Er Rcinnholt, Predicant, und de wolgelerde Andreas<br />
Piper, Clericus, und de erßamen Märten Witte unnd<br />
Märten Schröder, Burgenß hirto gebedenn, de bosichtiget hcbbeu<br />
allens wat inventirct ist. Dit ist geschein tho Olden Stettin<br />
des Mandages vor Palmarum (8. April) Anno imm mynner<br />
Thall XXXVIII. Tho mcr Orkundt hebbe ick euen Zcedell<br />
uth deme anderen geschneden, dat eine Neil tho vorantwerdende<br />
deme erbarenn Rade, dat ander Deill by my tho beholdende.<br />
„Vy der bovenstcn Abbatheke" Diese Bezeichnung wurde<br />
seit etwa 1530 <strong>für</strong> die jetzige Obere Schuhstraße gebraucht,<br />
nachdem um diese Zeit Clans Stellmacher das Hans der jetzigen<br />
Hofapotheke gekauft und darin seine Ofsicin eingerichtet hatte.<br />
Balt. Stud. X. 1. Seite 79.<br />
Von den in der obigen Verhandlung namhaft gemachten<br />
Personen ist Näheres nicht bekannt, obgleich die Familiennamen<br />
der meisten derselben öfters vorkommen. Nur von Andreas<br />
Piper sagt Fricdeborn in dein seiner Beschreibung von Stettin<br />
beigegebenen Verzeichnis^ der seit der Reformation daselbst verstorbenen<br />
Theologen, er sei Pastor an der Peter-Paulskirche<br />
gewesen, in der Nacht des Stillenfreitags 1568 abgebrannt,
216 Severin Frederick Von Di'. v. Vülow.<br />
„darüber er am Leibe so schwer Versehret ward, daß er 8. April<br />
hernacher starb."<br />
Die mitgetheilte Urkunde ist einem Actenstück des Staats-<br />
archivs zu Stetttin beigeheftet. (Stett. Arch. 1'. I. Tit 103<br />
Nr. 37^) betitelt: Register der Elftausend Iungkfrawen Vru-<br />
derhoff, itein des Armenhauses vorm Mühlcnthor oder Pilgrim-<br />
hauses 1532. Der innere Zusammenhang beider Stücke ist<br />
nicht ersichtlich. Der Bogen auf dem die Urkuude vom 8. April<br />
1538 geschrieben steht, ist in die Hälfte gebrochen und auf dem<br />
Bruch in einer gewundenen Linie durchschnitten, wie man das<br />
in ähnlichen Fällen auch wohl noch heut zu thun pflegt. Dann<br />
ist der halbe Bogen in schmal Folio gebrochen und beschriebe«<br />
worden.
Diese Zeitschrift erscheint in Vierteljahrsheften nnd kostet<br />
im Buchhandel 4,50 Mark der Jahrgang. Aeltere Jahrgänge<br />
bis XX. incl. werden mit Ausnahme von I, II, XII 2, XX11,<br />
welche vergriffen find, zn herabgesetzten Preisen, der Jahrgang<br />
zu 1,50 Mark, verkauft, und sind zu bezieheu durch den<br />
Hanptlehrer Rusch hier, Iohannishof 1 — 2.<br />
Die geehrten Mitglieder ersuchen wir, ihre Geldsendungen<br />
nicht an die <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Pomm. Gefch. :c., sondern<br />
an den Oberlehrer Dr. Kühne, Hohenz ol lernst<br />
raß e 8, alle anderen Zusendungen und Korrespondenzen an<br />
den Professor Lemcke, Königsplatz 12, adressiren zn wollen.
Diejenigen Mitglieder, welche im Besitz älterer Jahrgänge, besonders I., II, XII. 2, XXI. 1, XXIV.<br />
und XXVIII. der Balt. Studien sind und kein besonderes Interesse an denselben haben, werden höflichst<br />
ersucht, sie entweder gratis oder gegen einen zu verabredenden Preis der <strong>Gesellschaft</strong> zu überlassen.<br />
Der Vorstand.
Inhalts - Verzeichnis<br />
v. Vülow: Ein drohender Kosakeneinfall 217—236<br />
Derselbe: Die Allgemeine Deutsche Biographie und Pommern<br />
. . 237 245<br />
Derselbe' <strong>Geschichte</strong> der Apotheke in Barth 246-260<br />
Pastor A Vogel: Der Grabhügel bei Ttaffelde und<br />
das Dorf Delne 261-264<br />
v. Aülow: Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> von Po'litz in: dreißigjährigen<br />
Kriege 265—276<br />
Derselbe: Lieferungen zum hofhält Wallensteins . . . 277-284<br />
ZweiundvierzigsterIahresbericht.III.lv 235-323
Ein drohender Kosakeneinfall<br />
1625.<br />
Mitgetheilt vom Staatsarchivar Dr. von Vülow.<br />
Es ist bekannt, wie bedenklich die Lage Pommerns schon<br />
vor der Landnng Gnstav Adolphs war: die Anzeichen am<br />
politischen Himmel wurden immer gefahrdrohender nnd ließen<br />
über das nnmittelbar bevorstehende Hereinbrechen des Unwetters<br />
keinen Zweifel bestehen, dennoch aber war man im Lande in<br />
keiner Weise znr Abwehr gerüstet. Seit Bartholds bekannter<br />
Charakterschilderung des Herzogs Bogislav 14. hat man sich<br />
gewöhnt, alles Unheil, von dem Pommern in den letzten Jahren<br />
seiner Selbstständigkeit betroffen worden, ans den „rechtlich<br />
gesinnten, wohlmeinenden aber furchtsamen Fürsten" fast allein<br />
zu schieben und ist geneigt zu vergessen, daß Pommerns Lage<br />
zwischen zwei gewaltigen uuter entschlossenen Anführern stehenden<br />
Heeren wohl auch eiucn kräftigeren Charakter als Vogislav 14.<br />
in harte Vedrängniß gebracht haben würde. Die geographische<br />
Lage am baltischen Meere, dem „Fcstungsgrabcn" der Vnrg<br />
Schweden, als deren „Contreesearpe" Pommern bezeichnet ward,<br />
machten es nothwendig, daß ein großer Theil des Kampfes<br />
auf pommerschem Voden gekämpft werden mnßte, so daß, verschieden<br />
von andern Theilen Deutschlands, Pommern Währelid<br />
des langen Krieges fast ununterbrochen die Fahnen des einen,<br />
sehr häufig aber diejenigen beider Theile ans seinen Zinnen<br />
hat wehen sehen. Daß Kaiserliche sowohl wie Schweden den<br />
Anspruch machtcu, als Freunde zu kommen, machte die Lage<br />
14
218 Ein drohender Kosakeneinfall,<br />
nicht besser. Dem Ansinnen der Schweden im Winter<br />
1626 auf 1627, einigen Tausend Söldnern nnter den Obersten<br />
Streifs und Tenfel von Mekleuburg her den Durchzug durch<br />
Pommern zu gestatten, hatte Bogislav 14. als reichstrener<br />
Fürst nicht nur nicht nachgegeben, sondern es war ihm trotz<br />
der Geringfügigkeit der disponiblen Streitkräfte anch gelungen,<br />
den Feind von Penkuu ab uud über die Gräuze zu drängen,<br />
so daß der erstrebte Oderübergang nicht anf pommerschem<br />
Gebiet, sondern in Schwedt bewerkstelligt werden mnßte.<br />
Das Uebel lag aber nicht allein in der geographischen<br />
Situation des Landes oder dem Charakter des Herzogs, ein großer<br />
Theil der Schuld ist iu dem Mangel am Verständniß der Lage<br />
zu suchen, den die Landständc, namentlich die Städte, an den Tag<br />
legten. Man war untereinander nneinig und im kurzsichtigsten<br />
Eigennutz befangen, so daß Jeder nur deu augenblicklichen<br />
Vortheil oder Nachtheil zn sehen vermochte nnd gegen die zum<br />
nothdürftigsten Schuh des Landes gemachten Vorschläge sich hartnäckig<br />
sträubte. Eiue von zahlreichen rügischen nnd pommerschen<br />
Edelleuten gemachte Eingabe vom 7. Inni 1627 wies auf dic<br />
Unzulänglichkeit der üblichen Landesvertheidiguug durch die<br />
Lehusmannen hin nnd verlangte in kräftigen Worten Anwerbung<br />
mehrerer Regimenter Fnßvolks, aber vergeblich; die Städte<br />
stützten sich auf ihre Privilegien, die fie von dergleichen Lasten<br />
frei fprachen; „der Tenfel hole fie, ich weiß von ihren<br />
Privilegien nichts", rief Vogislav im Unwillen, aber dic<br />
Lauigkeit und der Eigennutz behielteu deu Sieg. Mau war<br />
in dem unfeligen Wahn befangen, den von allen Seiten heranziehenden<br />
Heeresmasfen gegenüber nentral bleiben zn können,<br />
und hatte dabei im Blick anf die drückende, unter der Negierung<br />
des kurz vorher verstorbenen Herzogs Philipp Inlius noch<br />
vermehrte Schuldenlast die geheime Hoffnnng, dnrch diesc<br />
Neutralität am billigsten wegkommen zu köuueu. Wenige<br />
Jahre fpäter mußte dieser Irrthum mit dein vollständigen<br />
Ruin des Landes bezahlt werden, Schweden „logirte sich auf<br />
seiner Contreescarpe"; aber gleich von Anfang an war diese<br />
Politik die Urfache beständigen Hin- nnd Herschwankeus uud
von Dl. von Vülow. 219<br />
Hinhorchens ans jedes vage Gerücht drohender Gefahr,<br />
der man dnrch eiligst gefaßte, indessen doch nur halb ausgeführte<br />
Maßregeln begegnen wollte.<br />
Das Ereigniß, von dem auf dcu folgenden Blättern die<br />
Rede ist, liegt um zwei Jahre hinter den oben erwähnten<br />
zurück nnd wird geschildert in einem ans dem königl. Staatsarchiv<br />
aufbewahrten Actenstück, ^) welches über eine den pommerschen<br />
Grenzen angeblich von Polen her durch ungeordnete<br />
Banden drohende Gefahr berichtet; dasselbe enthält mehrere<br />
vom Herzog in dieser Angelegenheit erlassene Schreiben und<br />
giebt Nachricht von dem, was man znr Abwendung der Gefahr<br />
zu thun beschloß. Nach Kosegartcn hing jene Nnsammlnng<br />
polinscher Kosaken mit dem bekannten beabsichtigten Durchzug<br />
schwedischer Regimenter durch Pommeru nach Polen zusammen,<br />
der dadurch abgewehrt werden sollte. Die vorliegenden Acten<br />
sagen davon nichts und ans Grund derselben ist daher der<br />
Kosakenangriff als eine eigenmächtige Handlung zügelloser<br />
Banden dargestellt. Auch steht der Vorfall nicht isolirt da;<br />
schon im Sommer 1623 war eine Schaar von 10,000 Kosaken<br />
von Polen her nach der Mark aufgebrochen und hatte bei<br />
Züllichan ihr Qnartier aufgeschlagen. Der Kur<strong>für</strong>st von<br />
Brandenburg, dem die nächste Gefahr von den ungebetenen<br />
Gästen drohte, fand noch Zeit, seine Nachbarn uud unter<br />
diesen den Herzog Vogislav 14. von Pommern von dem auch<br />
ihnen möglicherweise bevorstehenden Besuch zu benachrichtigen,<br />
und der Herzog beeilte sich, obgleich bei der Entfernung die<br />
Gefahr <strong>für</strong> ihn noch keine drohende war, Mittel zur Abwehr<br />
zu treffen. Eins der in dieser Angelegenheit erlassenen Schreiben,<br />
an den Hauptmann im Amte Belgard, Johann von Hechthausen,<br />
gerichtet, ist aufbehalten worden und lautet wie folgt:^)<br />
Von Gottes Gnaden Bogislaff, Herzog zu Stetin Pom-<br />
') Stett. Arch. I'. I. Tit. 52, Nr. 10 :i. Vgl. Valt. Stud. XV, 1.<br />
(1853) Seite 78 ff.: Kosegarten, das Friedländische Kriegsdolk zn<br />
Greisswald, 1627-1631.<br />
^) Löpersche Vibl. im Besitz der <strong>Gesellschaft</strong> f. pomm. Gesch. u.<br />
Merthnmsknnde, Mscr., Nr. 8.
220 Ein drohender Kosakeneinfall,<br />
mern, Fürst zu Ruegen ?e. erwehlter Bischoff zn Cammin ^e.<br />
Unsern Grus zuvor. Vöster, lieber, getrewer, Wir mögen dir<br />
nicht verhalten, was maßen Uns gleich izo der Chur<strong>für</strong>st zu<br />
Brandenburg? 3c. dnrch einen eigenen Currirer avisiret, das<br />
bey zehentausendt Coßaggen im Aufbruch, und allbereit S. Ld.<br />
Chur<strong>für</strong>stenthumb und Landen sich soweit gcuahct, das sie<br />
jenseit Zillich Quartir genomeu. Weill nun nicht bewnst,<br />
wohin ihr Intention gerichtet: so will hoch Vonnöten sein,<br />
das man alles Orts ein wachendes Auge habe, die Pä'ße,<br />
Thore, Mauren nnd Welle woll vorsichere nnd sich mit gntcn<br />
Rüstungen und Gewehren in wolgcfaster Vercitschafft halte.<br />
Wollen demnach dir mit Erinnernng des newlich publicirten<br />
Aufbots gnedig und ernstlich befohlen haben, die unter deinem<br />
Ampte gesessene von der Ritterschafft zu Fahnen zn fordern,<br />
ihnen newlichst Ediet wegen Stellung in Bereitschaft, auch<br />
diese Gefahr <strong>für</strong>znhalteu nnd sie dahin bei Verlust ihrer Lehne<br />
anzuhalten, das sie bei Tag und Nacht außgaugenem Ediet<br />
zufolge parat sein uud, so lieb einem Jeden des Vaterlandes<br />
Wolfardt angelegen ist, hieran nichts verabseumen. Das ist<br />
nnsere ernste Meinnng. Datum iu Eile Alten Stetiu am<br />
30. Iuuij Auno 1623.<br />
Bogischlaff m. i).<br />
Dem dösten nnserm Hanbtman anff Belgardt und lieben<br />
getreweu Iohan von Hechthausen, zn Naffin gefcßenn.<br />
Johann von Hechthausen ans Naffin, dessen Geschlecht nm<br />
1450 zuerst in Pommeru urkundlich auftritt, und in dessen<br />
Canzlei obiges Schreiben an: 3. Juli eröffnet ward, kommt<br />
schon 1612 als Hauptmann von Belgard vor; welche Maßregeln<br />
er in der vorliegenden Angelegenheit ergriff, darüber ist<br />
uns nichts aufbehalten, so daß die Aunahme einer vorübergehenden<br />
Gefahr berechtigt ist.<br />
Im Mai 1625, nur weuig Monate nach Vogislavs 11.<br />
Regierungsantritt, hatte sich jedoch abermals das Gerücht<br />
verbreitet, daß sich „ein muttwillig nnd ränberisch Gesiudlein<br />
von Cosaken in großer Anzall bei etlichen Tausentcn vorsamblet,<br />
auß dem römischen Reiche in die Lande Prenßen und
von ^1'. von Vülow. 221<br />
insonderheitt in die cnlnimische Woiwodschafft allschon gewaldtthctig<br />
eingefallen, mit Nanbcn, Morden, Schendung der Weiber<br />
und dergleichen tyrannischen Vorübnugen nnd Violenzen großen<br />
Schaden gethan nnd in dein beharligen Propos sein sollen,<br />
von dannen auch über die Weißell in nnsere Länder zu vorrücken,<br />
dieselben dnrchzustreiffen nnd Alles zu vorHeeren und<br />
zn vorterben." Diesmal war die Sache ernster Natur, und<br />
um dem Eindringen dieser Bande entgegenzutreten, wurde zunächst<br />
die gcsammte Landschaft in einen: unter dem großen<br />
herzoglichen Siegel vom Schlosse zn Wolgast nm 5 Uhr Abends<br />
am 22. Mai 1625 erlassenen Schreiben aufgefordert, aber<br />
auch die einzelnen Stände und Städte erhielten gleichen Befehl.<br />
Das Staatsarchiv bewahrt diejenigen Verfügungen,<br />
welche das Domcapitel zu Camin und die Stadt Stettin<br />
in dieser Angelegenheit erhielten. Die letztere lautet:<br />
Von Gottes Gnaden Bogischlaff, Herzog zu Stettin,<br />
Pommern, Fürst zn Ruegen, crwcltcr Bischof zn Cammin?c.<br />
Unsern gnedigcn Grus zuvor! Erbare uud ersame, liebe,<br />
getrewe! Uns ist von vornehmen ^rten vertrawlich gewiße<br />
Nachrich zugekommen, wasgestalt die auß der Cron Polen<br />
bandisirte Lißezker Kos sagten^) in zimblicher Anzahl auf<br />
2) Eigentlich Lissowczyki, polnische Freischaaren nach dem Parteigänger<br />
Alexander Joseph Lissowski benannt, der sie im Anfang<br />
des 17. Jahrhunderts bei den inneren Unruhen des russischen Reiches<br />
und den polnisch-russischen Wirren ins Leben rief. Kosaken sind<br />
bekanntlich kein Volksstamm, sondern leichte Reiterei; schon in einem<br />
Docnment von 1588 heißt es: levioi'is arm^tur^o milita, vul^o<br />
(^o/lüvi mmcuplUi. Dem König Sigismuud 3. von Polen, der die<br />
Lisfowcziker in seine Dienste zog, leisteten sie wesentliche Hülfe, Nach<br />
Beendigung des Krieges 1619 fand die bedeutend angewachsene und<br />
schon sehr zügellose Truppe dadurch Beschäftigung, daß man sie dem<br />
Kaiser Ferdinand 1. überließ, in dessen Solde sie in der Türkei, in<br />
Ungarn, Böhmen und Deutschland vielfach fochten. Einzelne Züge<br />
derselben kehrten, theils um Nachschub anzuwerben, theils entlassen<br />
oder des Kampfes milde, in die Heimath zurück und betrugen sich hier<br />
nicht besser als in Feindesland, indem sie unter Ranb und Plünderung<br />
cinherzogcn und alles Gesindel an sich lockten. Dadnrch wurden sie<br />
zu einer förmlichen Landplage, so daß der Reichstag von 1624 den
222 Ein drohender ^osakeneinfall,<br />
etliche Tansendt dißeidt der Wcixell versamblet sein nnd in<br />
gcmelter Cron Polen, bevorab in der negstanreinenden eolmischen<br />
Woywodtschafft, mit Rauben lind Plündern großen<br />
Schaden gethan, anch an Leuten und Viehe mechtig Frefell<br />
undt Mntwillen getrieben haben; voun deßwegen anch von<br />
dem großmechtigenn Hern WoyUwden unserm freundlichen,<br />
lieben Nachbarn Hansen Weyhcrn ^) zimblicher Wiederstant geleistet,<br />
nnd dieselben nunmehr von dessen Woywotschafft und<br />
Lande Grenzen abgetrieben sein solleu. Wan Wir dan leichtsamb<br />
zu erachten haben, das anch auderc großmechtige Stände<br />
der Cron Polen ermelten Cossagken ebenmeßig Wiederstant<br />
Wojewoden anbefahl, sie mit den schärfsten Mitteln zn unterdrücken.<br />
Da die Erecntivgewalt in Polen aber schwach war, so ließ sich das<br />
nur langsam und mit Mühe bewerkstelligen, ja das Uebel wurde<br />
schlimmer, als i. I. 1624 Kaiser Ferdinand mit Bethlen Gabor von<br />
Siebenbürgen Frieden schloß und ein Heer von angeblich 12,000 Lissow-<br />
czykern aus seinem Dienst entließ, welche nun znm größten Theil die<br />
im Heimathlande vagabondirenden Schaarcn verstärkten. So ist denn<br />
auch unter dem Kosakenschwarm, der 1635 Pommern in Unruhe ver-<br />
setzte, eiue solche Lissowczykerbande zn verstehen, deren Stärke, 18,000<br />
Mann, jedoch weit übertrieben erscheint. Ich bin <strong>für</strong> diese sowie<br />
manche andere lehrreiche Auskunft über den Vorfall der Güte des<br />
Herrn Dr. Clauswitz, vormals Staatsarchive iu Poseu, jetzt Stadt-<br />
archivar iu Berlin, zu Dank verpflichtet. Auf Kosegarteus differirende<br />
Ansicht ist oben schon hingewiesen.<br />
3) Johann von Weyher aus der bekannten hinterpommerschen<br />
Familie, der zweite von sechs Brüdern, welche sämmtlich hohe Stellun-<br />
gen in Polen einnahmen, ein Enkel des Claus von Weyher auf<br />
Leva uud ein Neffe des Martin von Weyher, Bischofs von<br />
Camin (1549—1556), war seit 1613 Nojewode von Cnlm nnd starb<br />
1626 als General uud Senator der Republik Polen. 1604 war er<br />
Untercämmerer von Cnlm, 1612 Castellali von Elbing nnd 1615<br />
Wojewode von Marienbnrg gewesen. Er hinterließ vier Söhne, die<br />
ähnliche Aemter bekleideten uud deren einer, Jacob, die Stadt<br />
Weyersfrei sjetzt Neustadt) bei Danzig gründete und bewidmete.<br />
Das von Weyhersche Wappen sind drei Rosen über zwei dreimal ge-<br />
zahnten Balken (Kinnbacken?). Vgl. Vagmi hl, <strong>Pommersche</strong>s Wappen»<br />
bnch, Band 3, Seite 63 uud Cramer, <strong>Geschichte</strong> von Lanenburg uud<br />
Bütow, wouach die am Schluß folgeude Stammtafel zusammeuge<br />
stellt ist.
von Dl', v. Vülow. 223<br />
leisten, dieselbe verfolgen, von ihren Grenzen abtreiben, nnd sie<br />
darüber cntlich (wicwoll Wir mit ihnen, anch sonsten jemants<br />
nicht zn schaffen haben) nnsern Grenzen nnd hocherwehnter<br />
Cron Polen benachbarte Landtschasft nnd Empter anch berueren<br />
mochten, inmaßen Wir auch davon alrcits <strong>für</strong> gewiß von ver-<br />
trawelichen Ort avisirt nnd gewarnct fein: so befehlen Wir<br />
ench hiemit gnedig nnd ernstlich, die ganze Bürgerschafft ge-<br />
stracks in Vereitschafft zn bringen, die Manrcn und Welle in<br />
guetcr Versicherung zu halten, sonsten anch dabei alle bei der<br />
Stadt verhandenc Oeschüz, Mnnition und andere zu Ernst<br />
gehörige Sachen zn praeparircn und auff Unfer oder in Un-<br />
ferm Absein Unserer der Cron Polen negstangesessenen Veamftten<br />
oder anch bestalten Kricgsoffieirern erstes Erinnern mit gebue-<br />
rcndem Vermnegen an Noß nnd Man erheischender Noturfft<br />
nach ins Feldt nebenst Unser gewertigen Ritterschafft außzu-<br />
ziehen, auch da es nicht soeben euwere, sondern die angrenzenden<br />
sÖrter^ mit betreffe, dabei gleichwie fie im Gegenfall zn ewerm<br />
Vesten zn thuen verpflichtet, ebenermaszen wilfahrig zur Hülff-<br />
reitung unaußftleiblich zu erscheinen, und also nach Mugligkeit<br />
alles Ungemach nnd Beschwerung von Unserm geliebten Vater-<br />
lande cinmuetig abweuden zn helffen. Wie dieses die er-<br />
heischende Noturfft des Laudes uicht anders erfordert, alß<br />
befchichtt auch daran Unser landts<strong>für</strong>ftlicher ernster Wille und<br />
Meinuug. Datum Wolgast deu 23. May Anno 1625.<br />
In dem an das Domcaftitel gerichteten Schreiben heißt<br />
es: „So befehlen Wir Tir hicmit gnedig uud ernstlich an-<br />
gesichts dieses, cwre uutergebeue Ritterschafft und Unterthanen<br />
<strong>für</strong> ench zue bescheiden, die Ritterschaft in Deine Dir anbe-<br />
fohlenen Ambte, loie den auch die anliegende Stedte an einen<br />
gelegenen Orth vorzuebefcheiden, ihnen diese Besorgnus anzu-<br />
deuten und an Unser Stadt, nachdem Wir dieses Orts mit der<br />
schrifftlichcn Aufforderung, wie es jezige Eyl erheischett, ande-<br />
rergcstalt so baldt nicht fertig werden können, sie in Ernst zu<br />
vermahnen, das ein Jeder bei den Eyden und Pflichten, damit<br />
uns Iedtweder verwandt, nuu so viel mehr noch besage vori-<br />
ger Verwarnugspatenten in steter Bereitschaft sizen, an Rosß,
224 Ein drohender Kosakeneinfall,<br />
Man, Harnisch, Gewehren uud andern zum Ernste gehörigen<br />
Sachen, so stargk er immer nfkommen kan, welches ihme doch<br />
an seinen schuldigen Roßdiensten uuuachthcilig sein sol, sich also<br />
gefast halten, auch respeetive die Stadt, ihre Wälle uud Päße<br />
woll vorwahreu, uud mit ihren schuldigem: Ufwartungen im<br />
Felde an Rosß uud Mau mit denen Zuebehöruugcn, ungleichen<br />
sich auch dergestalt fertig macheu sollen, das uf jedern Nothfall,<br />
den Gott gnediglich abwende, in eiliger Stunde an Orth und<br />
Ende, da es no'tigk, sie sämmtlich uud ein Jeder insonderheit<br />
parat erscheinen möge: zugleich auch uf die Grenzen fleißig<br />
Nfmergken zue haben, was vou einem uud audern Orth fiir<br />
Aviso erfolgen möchte, bey Tag und Nacht, nachdem es die<br />
Angelegenheit erfordert, nns an Enden, da Wir anzutreffeu,<br />
unsenmblich zue berichten; da auch die eyleude Gefahr das<br />
Zurückberichtcu uicht erleiden konte, die ewre Unterthanen anbefohlene<br />
Amptsverwanteu vou Adell undtt angelegene Stedte<br />
auf vermergkten Nothfall angesichts ufzuefordcrn uud also die<br />
Grenzen zu dcfeudireu; gestallt Wir dau zu dcro Behuef alleu<br />
unsern Dir anbefohlenen Lehnleuten uud Iluterthauen, ailch<br />
Bürgermeistern nnd Rahtt in dabey annliegenden Stedten kraft<br />
dieses ernstlich gebieten, auf Dem ernstes Erfordern nnseumlich<br />
wollgerüstet ufzuseiu und den uubilligeu Eiudrengern nach<br />
Mögligkeit zu wiederstehen; wobey dan ein Amftt dem andern<br />
dergestallt Aßistenz zu leisteu verpflichtet sein soll, das wo ihr<br />
mit deu Ewrigen der zudriugendcn Machtt zn schlvach, die<br />
nechstcn Dir zucspriugen uudt herkegen auch dergleichen ihnen,<br />
dafern auf ihrer Seithcn sich derogleichen erregen würde uud<br />
ihr mit dcu Euren sonder einige Gefahr anßrücken töntest, (!)<br />
von dir wiederfahren solle, daniit also zueforderst durch gottliche<br />
Mitwaltung mit gemeiner Znthat bester Mügligkeit nach all<br />
befahrcnde Ilngelegenheit vonu unsern: geliebten Vaterlande abgewendet<br />
werden möge. Dieses wie es die jezo erheischende<br />
Notturfft erforderet. Also geschicht auch daran nnser gaitz<br />
ernster zuverleßiger Will uudt Meiuung. Datum Wolgast den<br />
23. May Anno 1625."<br />
Das Schreiben zeigt nnverkennbare Spuren eiliger Abfaßnng.
von Di'. v. Vülow. 225<br />
Der herzogliche Befehl erging handschriftlich und theilweis<br />
fogar circulirend von einem Orte zum andern, „alldieweil man<br />
fo geschwinde zum gcwonlichen Uffbade in Drnck nicht gelangen<br />
mügen." Das gedruckte Patent, datirt Wolgast, den 30. Mai<br />
1625, wurde nachgeliefert.<br />
Gleich am folgenden Tag, den 24. Mai, versammelten<br />
sich die Väter der Stadt und haben es auch in der Folge an<br />
Rathssitzungen, in denen der herzogliche Befehl behandelt wurde,<br />
nicht fehlen lassen; doch stieß derselbe auf vielen Widerstand<br />
bei den Alterleuten der Kaufmannschaft und der neun Hauptgewerke.<br />
Diesen hatte zuerst der Rath vorgeschlagen, zur Abwcndnng<br />
der drohenden Gefahr schleunig 20 Reiter auszurüsten,<br />
auch zur Fortbringung der Kriegsmunition, Kraut und Loth,<br />
etliche Rüstwagen mit Pferden zn beschaffen, änderte dann aber<br />
die Proposition dahin, statt der 20 Pferde lieber 100 Musketiere<br />
zu werben; welchen: Vorschlag auch der am Vorabend<br />
von Wolgast her eingetroffene <strong>für</strong>stliche Canzler zustimmte.<br />
Obgleich während der Sitzung mehrere Schreiben eingingen,<br />
ans denen ersichtlich wird, daß die Gefahr größer war, als<br />
man anfangs anzunehmen geneigt sein wollte, so erschienen<br />
Kaufmannschaft und Gcwerke doch ziemlich lau und der Bewilligung<br />
von Geldmitteln wenig günstig. Nur langsam gaben sie zu,<br />
daß „die Trommel geschlagen", d< h. die 100 Musketiere angeworben<br />
werden durften, zur Ausrüstung derselben aber wollten<br />
sie nichts beitragen, „ox ^i-m^nioiitHi-io könnten die Oberwehre<br />
genommen, die Nnterwchren müßeu sie (die Musketiere)<br />
selbst halten. Kontribution ginge langsam vort, man solle von<br />
der Zulage eine Woche oder drei das Geldt nehmen, biß etwas<br />
wieder einkombt." Diese Ablehnung der directen Besteuerung<br />
ging indeß nicht durch, vielmehr wurde auf jedes Haus in<br />
Stettin 1 fl., auf jede Bude ^/2 fl., und auf jeden Keller<br />
^/4 fl. Kontribution gelegt, die in jedem Quartier von Haus<br />
zu Haus durch vom Rath verordnete Collectoren „allereilfertigst<br />
und lengst in der negstanstchenden Wochen eingesamblct<br />
werden solle." Anch ließ der Rath einen Jeden verwarnen,<br />
„wen die verordnete collootoi'Oä zu ihm kommen, daß er mit
22l) Ein drohender Kosakeneinfall,<br />
Erlegung dißer geschlossenen nnd bewilligten Krigsstenr seines<br />
Theils; unweigerlich, uuscumig, lvilliglig nnd wirklich sich be-<br />
zeige nnd einstelle, anch sonst mit seinein Haußgewehr nnd waß<br />
an üi'ina.tui'H znm Ernste gehörig, sich bestermaßen gefast<br />
halte, alles bei Straaff des Lasters der Verlassuug des Vater-<br />
landes nnd anderer ernster Anmerckung."<br />
Znm Werbecommissar <strong>für</strong> die zn stellenden 100 Musketiere<br />
wurde Daniel Schreiber^), und znm Hauptmann Michael<br />
Hennicke, zwei stettiner Bürger, bestimmt; der Letztere erhielt<br />
in seiner Bestallung freie Station und znnächst freie Reise bis<br />
an die gefährdete Grenze auf dem Wagen des Commissars.<br />
Zeige es sich dort, daß die Gefahr geringer, als man geglanbt,<br />
oder daß sie schon vorüber uud die Anwerbung von Mann-<br />
schaft unnöthig sei, so solle er dennoch <strong>für</strong> seine Reise nnd<br />
geleisteten Dienste 30 Thlr. mit freier Ausquittiruug auf der<br />
Hin- uud Rückreise erhalten; komme es aber zur Werbung uud<br />
zu eiuem öffeutlicheu Kriegszuge, so habe er dem städtischen<br />
Commissar den Eid zu leisteu uud danach sich dem von Sr.<br />
<strong>für</strong>stlicheu Guadeu eiuzusetzeudeu Oberstlieuteuaut uuterstellen zu<br />
lassen. So lange die Expedition dauert, werdeu ihm 40 Thlr.<br />
monatlicher Sold nnd Befreiung von der nnterdeß erhobenen<br />
Kriegssteuer versprocheu, uud dabei solle es auch seiu Bewen-<br />
den haben, wenn ihm im weitereu Verlauf mehr als die zuerst<br />
geworbeuen 100 Musketiere uutergestellt würdeu.<br />
Während die Einwohner Stettius iu eiuem von allen<br />
Kanzeln der Stadt verlesenen Schreiben des Raths, das von<br />
„18000 (!) Kosaken, die sich mehr und mehr hänfen", sprach,<br />
znr pünktlichen Zahlnng der anfcrleqten Eontribution ermahnt<br />
wurden, erging an das Eigenthumsstädtlein Pölih ebenfalls<br />
ernstlicher Befehl, in gnter Bereitschaft zn sein und den Rüst-<br />
Wagens, den Pölitz in Kriegsnöthen vermöge des im Jahre<br />
^) Sein Name kommt in den Acten dieser Jahre sehr oft vor;<br />
er war 1619 Altermann und starb l638. Seine Iran hieß muth»<br />
maßlich Elisabeth Gützmitz.<br />
5) ^uAii'ia, 86i'vitiuiii euli-num, Wagendienst, war die sehr drückende<br />
Verpflichtung der Unterthanen, namentlich in den Dörfern, znm Vor-
von Dr. v. Bülow. , 227<br />
1570 getroffenen Vertrages zu stellen verpflichtet war, sofort<br />
fertig zu machen, mit den nöthigen Pferden und allem Zubehör<br />
zu versehen und bei ertheiltem Befehl damit aufzuziehen.<br />
Zwifchenein erhielt Nogislav 14. uuter dem 28. Mai<br />
aus Schlochau einen neuen Bericht durch den schon erwähnten<br />
Woiwoden von Culm, Iohaun von Weyher, der überhaupt in<br />
der ganzen Angelegenheit sehr thätig war und dem Herzog<br />
wesentliche Dienste leistete. Der Bericht lautete:<br />
Durchleuchtieger, hochgeborner Fürst, gnediger Herr! Euwer<br />
<strong>für</strong>stl. Gnaden sein meine ganz willige Dienste nebenst Wuuschuug<br />
alles <strong>für</strong>stlichenn Wollstandes allezeit bevor, und füege E. f. G.<br />
unumbgänglicherr Notturfft zu wißenn, das die muthwilliege<br />
Burfe die Leßofzigkeu geheißen, aus dem romischenn Reich<br />
in diese Lande Prenssen und souderlich in meine Woywodtschafft<br />
ins colmische Landt eingefallcnn, in Kirchenn und andern der<br />
löniglichenn Nnderthanen Heußernn mit Raub und Brandt uucrhoretenn<br />
Schaden gethann, die armen Leute morden, ihnen<br />
tzende nnd Füße abhawenn, die Frawenßpersohnenn mit Gewalt<br />
violiren und übergroße Tyranney ubenn. Deren obwoll bereits<br />
in die vierhundert niedergeleget, so kombt mihr ebenn diese Stunde<br />
die Zeitung, das ihrer etliche Tausent ihren Paß über die<br />
Weigsel durch Pommerellen in Euwer <strong>für</strong>stl. Gnaden Landt<br />
gerichtett haben sollenn; wolte derowegenn aus besonderer underthenigen<br />
Affection icgenn Euwer f. G. und derenn Landt und<br />
Leute nicht seumen, E. f. G. solches in Eyl wissenn zu lassenn,<br />
damit dieselbe die Ihrigenn in gueter Reitschafft habenn und.<br />
auff deu Nothfall allen Unheill vorkommenn und den: muthwilliegen<br />
Volck zum Wiederstandt bereit fein möge. E. f. G.<br />
wollen mich hierin wieder avisiren, ob E. f. G. weitergefonnen fein,<br />
mit mihr eine gnedige und vertrawliche Eorrespondeutz in diefem<br />
Fall zu halten, derselben ich neben Empfehlunge gotlichen<br />
spann und zn Fuhren, besonders <strong>für</strong> den Heerdienst ; danach hatten die Vanern<br />
zu den Kriegsziigen des Landeshcrrn einen mit vier Pferden bespannten,<br />
eisenbeschlagenen Heer- oder Rüstwagen mit der dazu nöthigen<br />
Mannschaft zu stellen.
228 Ein drohender Kolakeneinfall,<br />
Schuzes zu gutter Gesundtheit unndt glücklicherr derenn Landt unnd<br />
Leute Negierunge zn allen annchmblichenn Dienstenn allezeit<br />
erbottig bin. Inn Eyle anff Schlochow an 28. Monats May<br />
8tv1o uovo Aliili 1625.<br />
Dienstwillieger gehorsamer<br />
Johann Weyer<br />
eolmischer Woywodt.<br />
Ann<br />
Herzog Vilgischlaffenn Herzogen zu Stettin Pommerrn.<br />
tot. tit.<br />
Vergleicht man die Daten der in dieser ganzen Mobilmachuugsaugelegcnheit<br />
ergangenen Schreiben, so scheint die Stadt<br />
Stettiil ihren Pflichten im Ganzen noch verhältnißmäßig schnell<br />
nachgekommen zu sein; sie sieht denn auch ihre Leistungen als<br />
einen den andern Ständen gethanen Vorschuß an, der ihr<br />
von diesen wieder zu erstatten sei, und äußert sich in einem<br />
dem mittlerweile schon nach Cöslin vorausgeeilten Herzog<br />
nachgesandten Schreiben also: „Wann aber, ehe nnd <strong>für</strong>deme<br />
es rechtt zum Feldtzuge komme oder andere wirckliche Krigsordinarch<br />
gegeben werde, vermuge der Landftrivilegien die<br />
Nothurfft erheischen will, daß ^udiic^ äolidLi'^tio 6t comuiu^ic^tio<br />
cimi 8tll>til)ii8 Hc 0i(Iinidii8 i)roviiioi^1i1)u8 vorhergehe,<br />
damit man nicht allein den Succurs, wie starck er<br />
nötigk, sondern auch die zugehörige 8uui^tu8 I)0i1ico8, woher<br />
sie zu nehmen, zu ermeßigeu und zn statniren, auch, waß das<br />
Principaliste ist, den Krigsraath coiumuni voto rechtt zu faßen,<br />
und zu ordnen, wie die Expedition am vorsichtigsten zu dirigireu,<br />
damit keine Inaequalität oder Konfusion entstehe oder<br />
etwaß Verseumlichs sich zutrage, uoch in iQoä6i-iilliiii6 ä^lön-<br />
8Ì0NÌ3 zu viel oder zu wenig gethan werde, viel weiniger aber<br />
3.ut Q6^i60tÌ3 8t^ti!)H8 andre Widrigkeit in<br />
oder gahr eine Desertion zu befahren sein müege;<br />
alß ist unser undertheniges, hochvleissigs Pitten, E. f. G. allerschlennigst<br />
eine Convoeation deß vornembsten Ausschußes vou<br />
Laudtständen und Städten in Gnaden anstellen laßen wollen,
von Dr. v. Vülow. 229<br />
damit von solchen Sachen nach Anweißnng der Landtprivilcgicn<br />
mit gemeinem Raath müegc deliberiret und geschlossen werden.<br />
Wie wir dann hiencbst anch allcrfeierligst Protestiren und bedingen,<br />
waß wir unsers Orths <strong>für</strong> dießmahl zum Vorschuß<br />
gleichsamb geleistet und vcrstrecket, dafern unß die übrigen<br />
Stände des Landes ^ro ^u.ot3. nicht gleichkommen würden,<br />
ihre i'^tI.8 künfftig von ihnen oder auß gemeinem Landtkastcn<br />
zu repetiren, wie dann auch insonderheitt die Stadt Alten<br />
Stettin solenniter bedinget, waß sie anitzo über ihre alte schuldige<br />
Pflichtt in Abführe der <strong>für</strong>stlichen ^rm^tui-H und Moßqueten<br />
Ln^oi^OZQtOi-io und pi'0^t6r ^oi'ionium 12101^6<br />
inä^^its aufs sich genommen und über sich gehen lassen, das<br />
solches hinkünfftig nicht müege in ooiiLOt^OiitÌNlli gezogen,<br />
sondern allein da<strong>für</strong> gehalten werden, daß es eine übrige extraordinär<br />
Rettungshülff in dieser schnellen Anrennung gewesen,<br />
die E. f. G. zu Ehren und Gefallen ^i'so^rio geschehen;<br />
deßwegen E. f. G. auch in Gnaden geruhen werden, daß solches<br />
umb der Posteritet und unser sonst allenthalben geschwierigcn<br />
Bürgerschafft willen durch ciuen Specialrevers gebürlich<br />
praecustodiret und verwahret pleibe."<br />
Hinter diesem verclausulirten Patriotismus, der sich über<br />
das Maß der geleisteten Begeisterung und Opfer Quittung<br />
ausstellen läßt, nimmt sich die Versicherung sonderbar genug<br />
aus, daß man mit Gut und Blut Zur Rettung des Vaterlandes<br />
jederzeit bereit sei.<br />
Während Herzog Bogislav 14. schon auf den Mittwoch<br />
nach Exaudi (1. Juni) eine Musterung über das Fußvolk nach<br />
Vublitz anberaumte, war der Stettiner Commissar Daniel<br />
Schreiber noch lange nicht soweit. War ihm auch iu seiner<br />
sehr ausführlichen Instruction erstlich die Ehre, Freiheit, Wohlfahrt<br />
und Rettung des Vaterlandes „eingebunden" und ihm<br />
zu dem Ende <strong>für</strong>s Zweite zu 100 Soldaten Werbuugsgclder<br />
wie auch zu Bewehrung derselben eine Anzahl Muskcteu,<br />
Kraut, Loth und Munition anvertraut worden, so war ihm<br />
doch drittens eingeschärft, mit der Werbung oder Ausstellung<br />
der Werbungsgelder nicht „fortzuplatzen", sondern erst sich zu
230 Ein drohender Kosakeneinfall,<br />
überzeugen, ob wirkliche Gefahr sei. Aber anch in diesem<br />
Fall solle er nicht sofort die 100 Mann, sondern zuerst nur<br />
einen Theil derselben anwerben und überhaupt ein Auge daraus<br />
haben, wie weit die andern Städte ihrer Pflicht nachkommen ?e.<br />
In der That zeigte sich, als Daniel Schreiber auf dem<br />
Schauplatz ankam, die Gefahr schon beseitigt, ohne daß es des<br />
pommerschen Aufgebots bedurft hatte. Der Lefcr wird aber<br />
wissen wollen, was der Commissar über dieselbe in Erfahrung<br />
gebracht und loie überhaupt die ganze Angelegenheit zu Ende<br />
ging, und geben wir daher in Folgendem Schreibers am 10.<br />
Juni 1625 dem Rath zu Stettin eingereichten Commissionsbericht<br />
:<br />
welchergestaltt ich bey sürgenommener Resistentz<br />
wider die Irruption der Coßagken auff der pommerschen<br />
Greutze meine Commission abgelegt!,<br />
und was ich deswegen vor glaubwürdige Kuudtschafft<br />
und Partie ularit eten eingenommen habe.<br />
Demnach im Jahre 1625, den 25. May E. Ernvester,<br />
wolweiser Rath und verordnete Alterleute E. E. Kauffmans<br />
sampt der 9 hauptgcwercke in M^jlioo 0011^0881.1 die Intimationschreiben,<br />
welche der Herr Oberster Leutenambtt Aßmns<br />
Glasenap an wolgedachten E. E. wolweisen Rath wegen Praesentirung<br />
der schuldigen Manschafft zn Roß nnd Fuß ^ä<br />
1n8tl^ti0N6iii, worzu ein gewißer Orth in ermcltem Schreiben<br />
benennet worden, in reife Berathschlagung genommen, und<br />
befunden, das solche Intimation den Landtagesabscheiden znwidern,<br />
welche requiriren, daß ^i-I.6Mi'Hti0ii08 deilioao inito<br />
00Q3Ì1Ì0 mit den gesampten Landtstenden geschlossen werden<br />
sollen, haben sie dennoch anff die von andern Örtern ausgegebene<br />
Gefahr uud der Cossagken verübte Hostiliteten die Ehre, Freyheitt,<br />
Wolfarth und Rettung des Vaterlandes, uud wie deßelben<br />
Grentzen vor frcmbdcr Gewaltt und Einbruch unbeschädigt zu<br />
erhalten und müglichst zu beschirmen sich allerhöchst angelegen<br />
sein zu lassen und sich deswegen eines gewissen modi, darüber
von Di'. v. Vülow. 231<br />
mir eine Instrnction ist gegeben worden, unter einander ver-<br />
glichen, mir anch denselben anff einen oder andern Wcgk zu<br />
verrichten in Gnnstcn eommittiret.<br />
Solcher Commission znfolge habe ich mich den 27. ver-<br />
schicncn Monats Waij mit der Zugegebenen Hi'MI.tui'^ an<br />
Mnßqucten, Kraut, Loth und Ammnnition von hinnen auf-<br />
gemachctt, meinen Weg auff Stargardt genommen, nnd als<br />
ich vom Herren Syndico daselbst verstendigett worden, das<br />
E. E. wolwciser Nath der Stadt Stargardt bey diesem be-<br />
vorstehenden Ncsistcntzwcrck mit der Stadt Alten Stettin Con-<br />
formitet halten und einen ihres Mittels Hn. Vartholomeum<br />
Schnbben mit gleicher Instruetion nnd Armatur an die pom-<br />
mcrschc Frontier naher Polen abfertigen wolten, bin ich mit<br />
demselben in oomit^tu bis gen Velgardt verreiset, und den<br />
29. May des Abcndts daselbst ankommen.<br />
Ob wir nnn woll bey dem Herrn Burgermeister, wie<br />
auch bei Andern uns nmb Erkundigung umbgethan, haben wir<br />
doch zu nnser Vcrgewißcrnng und was die Zeitt und wahre<br />
Beschaffenheit eines so hochwichtigen Wercks erfurdern wolte,<br />
des Orts nicht erfahren können. Darnmb habe ich mich mit<br />
der Stadt Stargardt abgefertigtem Commissario dahin ver-<br />
einbahret, das er in beider Städte Alten Stettin und Stargardt<br />
Nahmen, worzu ich ihme meine Vollmachtt gegeben, dem Herrn<br />
Obersten Leutenantt die mitgebrachte ai-m^tiii'^m. praesentiren<br />
soltc, ich aber wolte an nähern Orten in Polen Erkundigung<br />
einnehmen, damit wir mit desto beßerm Grunde dasjehnige,<br />
was ro8 ij)8H Postuliren würde, zur Handt ergreiffen könten.<br />
Zu dem Ende habe ich den 30. May mich in Polen gen<br />
Rcppow zn Arndt von der Golzen begeben, welchen ich aber<br />
nicht einheimisch, sondern bey seinem Bruder Balthasar von<br />
Goltzcn zu Heinrichsdorff^) refidirend angetroffen. Als ich nnn<br />
") Neppow nnd Heinrichsdorf sind alte goltzische Güter ani<br />
Dratzigsce. Die Eltern der beiden Gebrüder waren Joachim von<br />
der Goltz anf Heinrichsdorf, Reppow nnd Clansdorf, nnd Ursula<br />
geb. von dem Borne a. d. H. Graffee. Pauli Leben großer Helden,<br />
Band 7, Seite 78.
232 Ein drohender Kosakeneinfall,<br />
als alter Kundtschafft, die ich vor vielen Jahren mit ihme<br />
in Q0H(i6llii3i und sonsten contrahiret, denselben angetreten<br />
und gebethen, seine Wissenschafft von den Cossagken und dero<br />
Intention 860i-6to zu communiciren, hat er in allem Guten<br />
meine Ankunfft aufgenommen und sich auff mein ^otitiim<br />
dergestaltt erklerett:<br />
Das zwar ein Hauffen Cossagken im Reich Polen sich<br />
gesamblett hetten, aber es wüste Ihre königliche Maytt. in<br />
Polen von ihrer Werbung wie auch von deroselben Intention<br />
gantz nichts, derowegen sie auch bandisiret, geschlagen und<br />
gentzlich dissipiret wehren, mit Fürzeigung einer schriftlichen<br />
Aviso, welche er und sein Brnder an den Herrn Rittmeister<br />
Niclaus von Hechthausen, darinnen die Particulariteteu umbstendtlich<br />
enthalten, deßelben Tages abgeschrieben hctten. Er<br />
hatt auch hienebcn vcrtrawlich mir zu verstehen gegeben, das<br />
es ihnen fast seltzam <strong>für</strong>kehme, das man auf der Grentze iezo<br />
zum dritten Mahle solche Kriegspraeparation anstcllete; sie<br />
wehren ja mit uns in gleicher Gefahr undt besorgeten sich<br />
dennoch keiner Hostilitet; so lang Gott der Allmechtige die<br />
<strong>für</strong>stliche beide Augen würde offen erhalten, hette sich Pommerlandt<br />
keiner Gefahr zu besorgen.<br />
Es wehr auch in jeztgemelter Resident) ein <strong>Pommersche</strong>r<br />
vom Adel mit Nahmen Gerhardt Zastrow, welcher ebenmeßig<br />
die Niderlage undt Dissipation der Cossagken mit wciterm Fürgeben,<br />
das Gottlob keine Gefahr verHanden wehre, asseriret;<br />
zeigte auch dabey an, wan einige Pericul C6lvicil)u.8 i^Zornm.<br />
immiuiren folte, würden sie mit deme, was ihnen lieb wehre,<br />
an dem Orthe nicht bleiben, sondern daßelbe salvireu uud in<br />
Sicherheitt bringen laßen. Das zwar eine Defension aufn<br />
Nothfall angerichtett würde, solches wehre an sich recht und<br />
billig, davon könte auch bei künftiger Versamblung ät^wuui<br />
^iovin^i^iinin gemeinnützige Consultatimi gepflogen werden;<br />
er hette in Ncwligkcitt mit seinem Vettern Confcrentz und Unterredung<br />
halten wollen, wie ich mich dan bey ih nie uuterschiedtlich<br />
angegeben, aber wegen anderer Gescheffte, damit er<br />
occupai zu fein sich entschuldigt hatt, keine Audieutz erlaugett.
von I>. von Vülow 233<br />
Derowegen endtlich niit dem stargardischen Commissario<br />
die Resolution genommen, das er bis gen Gryfthcnberg voraus<br />
reißen möchte und alda snbsistiren, bis ich des andern Tages<br />
nachfolgete, ob intci'im etwas Anders <strong>für</strong>kehme, damit wir<br />
unsere conäili^ darnach zu richten hetten.<br />
Es begibtt sich aber deßelben Tages zu Abendt, das der<br />
Herr Oberster Jürgen Christoff Rose, welcher vor einem halben<br />
Jahr von Herrn 1^IiiiM)0 ^ulio christmilder Oedechtnns an<br />
die königliche Maytt in Polen in hochangelegenen Sachen<br />
verschickett gewesen, und etwa nur 14 Tage zuvor seinen Abscheidt<br />
aus Warschow, zu Belgardt angelanget, auch daselbst<br />
pernoctiret. Wie ich nun den 1. Iuny von Belgardt aus in<br />
seinem Comitat bis gen Gryfthenberg gerathen, hat er unterwcgens<br />
nicht allein alle Humanitet mir erzcigett, sondern daneben<br />
den Verlaufs der Cossagkischen Niderlage und ihrer<br />
Dissipation iu p^i'tioni^i'i folgenden Inhalts umbstendtlich<br />
erzehlett:<br />
Das nemblich der Starosta Saliitsky ^) den Vortrab dieser<br />
Cossagken, so 8()l) starck, darunter die vornembste c1uc68<br />
gewesen, zu Gast geladen, aber weil seine Resident) solche<br />
Vielheitt des Volctes einzunehmen zu gering wehre, in eine<br />
Stadt Novimirska^) oder Neustadt genandt, zu divertiren<br />
gebethen. Es hctte aber derselbe Starosta mit der Vürgerschafft<br />
dieser Stadt einen heimblichen Anschlag gemachett, das<br />
sie solten den Gästen an Eßen und Trincken vollauft' geben,<br />
hat ihnen auch eine gewisse Losung bezeichnet^ wan er sie des<br />
Nachts angreiften wolle; alsdan folte sich die Bürgerschafft<br />
7) Nichtiger Ossoli nski. Michael Ossolinski war zur Zeit Sta-<br />
rost von Marienburg. Der Name Salinsky kommt in Polen gar<br />
nicht vor.<br />
") Dieser Ort läßt sich nicht mit Sicherheit feststellen, da es in<br />
der betreffenden Gegend Westprenßeus, wo Ossolinski Besitzungen<br />
haben tonnte, verschiedene Ortsnamen mit dem Stamme mir giebt.<br />
Novimirska heißt aber nicht Nenstadt. Ein Ort dieses Namens<br />
(poln. I^ovvs! miuölo) existirt dort nirgends, wenn nicht etwa die<br />
Neustadt, d. h. der neue Stadttheil eines Ortes, z. V. von Ma-<br />
rienbnrg. gemeint ist.<br />
15
234 Ein drohender Kosakeneinfall<br />
Her<strong>für</strong> thuen und dieses räuberisches Oesindlein<br />
I.I-NÌ8 dempfen helfen.<br />
Ob nun wol die Cossagken nach allcrhandt vollenbrachter<br />
Crudelitet, darunter sie auch 8^ci-i8 nicht verschonett, außer<br />
und in der Stadt eine starcke Schildtwachtt bestellet!, auch der<br />
Stadt Thore aus den Angeln gehoben, ob sich etwa eine Ge-<br />
fahr ereugete, damit sie desto ehe und ungehindert Zu dem<br />
großen Haussen, so im Felde gelegen, stoßen köndtcn, so hette<br />
doch diese ihre Fürsichtigkeitt keinen Suceeß gefunden, sondern<br />
als jeztermelter Starosta Salinsky mit seinem Kriegsvolcke<br />
6x 60inp08Ìt0 umb Mitternachtt an die Stadt geruckett und<br />
die Schildtwachtt nach des Vii-^iin Vcrßlcin, da er NOlGZ<br />
"lro^^oi'un^ inilitum deftingirct: Iiivliännt uil)0in vino<br />
80IQI10HU0 86^)u1t^irl, voll Weins oder Biers auf der Erden<br />
schnarchend gefunden, hette er dieselbe alsbaldt cum (^660 ot<br />
83>n^iiin6 abgefertigett, darauf die Bürgerschafft in der Stadt<br />
6
von Nr. v. Vülow, IZf)<br />
Es hat mich der Herr Obristcr Berichtt gethan, das<br />
Jürgen Loche von Stargardt biirtig, welcher von nnserm allerseits<br />
gnedigen Landes<strong>für</strong>sten nnd Herren etwa vor sechs Wochen<br />
ansgesandt worden, der Cossagken Intent zn e^'ploriren, mit<br />
ihme von Warschow ans Polen herunter bis gen Newen Stettin<br />
in oomitiitii geloesen wehre; der hette in der Herbergen ihre<br />
6iN
236 Ein drohender Kosakeneinfall.<br />
habe meinen Wegk nach Hause genommen, der zuvcrsichtigeu<br />
Hoffnung, ich werde meiner Commission mit gntem contento<br />
^oinniittoiitium ein Gnügen gethan haben, inmaßen dau auch<br />
der Stargardischer Commissarius auff eingenommenen solchen<br />
Berichtt seinen Weg heimbwerths vollendts gewendet hatt.<br />
Daniel Schreiber<br />
ll13.nu 8113.
Stammtafel des Johann v. Weyher (s. Seite 222, Anm, 3.)<br />
Claus von Weyher<br />
Erbherr auf Leba.<br />
Franz, Martin,<br />
1. August 1549 — 8. Juli 1556<br />
Bischof v. Camin.<br />
Claus, Martin, Georg, Döring,<br />
Lieut. unter focht in focht unter ging nach<br />
Stephan Va- Deutschland, v. Staremberg Frankreich;<br />
thori, Kön. v. Frankreich und in Venedig und fiel in einer<br />
Polen. War Polen; siel als Malta; fiel in Schlacht.<br />
1577 bei der poln. Hauptm. Baiern.<br />
Belagerung 1580 vor<br />
v. Danzig. Moskau.<br />
Franz,<br />
am Hofe König<br />
Sigmund 3,<br />
von Polen.<br />
Ernst,<br />
widmete sich<br />
den Wissenschaften.<br />
Johann,<br />
1604 Unterkämmerer<br />
von Culm, 1612<br />
Castellati v. Elbing,<br />
1615 Woiwode von<br />
Marienburg, 1618<br />
Woiwode von Culm,<br />
1622 Starost von<br />
Putzig, Sobowitzund<br />
Schlochau; ^ 1626<br />
als comm. General<br />
und Senator der<br />
Republik Polen.<br />
Claus,<br />
1643 Woiwode von<br />
Marienburg, dann<br />
von Culm.<br />
Demetrius,<br />
Castellai: von<br />
Dauzig, 1618<br />
Schatzmeister<br />
zu Marienburg,Senator;<br />
1- 1628<br />
zu Bereut.<br />
Ernst,<br />
Wiltjchütz in Böhmen,<br />
gründet und bewidmet<br />
Weyc'rsfrei (jetzt Neustadt<br />
bei Danzig.)<br />
Melchior,<br />
1616 Schatzmstr<br />
zu Marienburg,<br />
1619 Casiellan zn<br />
Elbing, 1626<br />
Woiwode?.u Culm,<br />
Senator, Starost<br />
v. Schlochau, Kowalewo<br />
u. Krohn;<br />
f 1643 zu<br />
Schlochau.<br />
Ludwig,<br />
1612 Schatzmstr<br />
zu Marienbnrg,<br />
vorher Unterkämmerer<br />
v. Kulm,<br />
Starost v. Krohn<br />
und Schlochan;<br />
-f 1614, begraben<br />
zu Kozymin.<br />
Jacob, Ludwig,<br />
Reichsgraf, Woiwode 1648 Starost zu Elbing,<br />
von Marienburg, spater Woiwode zu Pome-<br />
Schlochau und Vütow rellen, kämpft in Deutsch-<br />
(1641-58), Herr auf laud, Frankreich, Spa-<br />
nicn, Preußen und Polen,<br />
vertheidigt die Festung<br />
Zamoß gegen die<br />
Kosaken, kämpft gegen<br />
die Tartaren und mit<br />
seinem Bruder Jacob<br />
gegen die Schweden,<br />
vertheidigt Marienburg<br />
Uiid fällt dabei 9. März<br />
1656 auf dem Wall.<br />
G'M.: Cäcilie v. Dönhof,<br />
des Woiwoden von<br />
Pomerellen Gerhard<br />
v. D. Tochter.<br />
Martin Wladislav,<br />
poln.<br />
Kammerherr,<br />
Anführer einer<br />
Husaren«<br />
cohorte, fiel<br />
24. Juni 1610<br />
b. der Belager.<br />
von Karowe-<br />
Zamiescie<br />
wider die<br />
Moscowiter.
Die Allgemeine Deutsche Giographie<br />
und Pommern.<br />
Vom Staatsarchivar Di-, von Bülow.<br />
Die historische Commission bei der königlichen Akademie<br />
der Wissenschaften in München hatte bereits seit Beginn ihrer<br />
aus Veranlassnng und mit Unterstützung des verstorbenen Königs<br />
Maximilian 2. von Baicrn unternommenen Arbeiten sich mit<br />
dem Gedanken getragen, durch ein biographisches Nachschlage-<br />
werk <strong>für</strong> Deutschland eine längst gefühlte Lücke in unserer<br />
historischen Literatur auszufüllen. In diesem <strong>für</strong> den wissen-<br />
schaftlichen Gebrauch des Gelehrteu wie <strong>für</strong> die Gesammtheit<br />
der Gebildeten berechneten Werke sollten mit Ausnahme noch<br />
Lebender alle bedeutenderen Persönlichkeiten Aufnahme finden,<br />
„in deren Thaten und Werken sich die Entwickelung Deutsch-<br />
lands in <strong>Geschichte</strong>, Wissenschaft, Kunst, Handel nnd Gewerbe,<br />
kurz in jedem Zweige des politischen und des Culturlebens dar-<br />
stellt." Bei Feststellung des Begriffs des „Deutschen" ist weder<br />
ausschließlich die politische Grenze Deutschlands zu irgend einer<br />
Zeit, noch die nationale Bedeutung des Deutschen allein ins<br />
Auge gefaßt; vielmehr sind auch die außerhalb der politischen<br />
Grenze liegenden Lande berücksichtigt, soweit sie mit dem Oesammt-<br />
leben Deutschlands in engerem geistigen Zusammenhang geblieben<br />
sind. Dies gilt namentlich <strong>für</strong> die Niederlande und die Schweiz.<br />
Im Uebrigcn ist mau dem praktifchen Gesichtspunkte folgend<br />
bestrebt gewesen, nicht durch ängstliches Bewahren respeetive<br />
Zurückweisen eines Namens den stofflichen Zusammenhang zu<br />
zerreißen.
238 Allg. Deutsche Biogr. und Pommern<br />
Da von vorn herein gewünscht ward, das Werk „auch in die<br />
kleineren Bibliotheken der Städte, der Schulen, der Gelehrten,<br />
der Bücherfreunde eindringen zu sehen, damit es möglichst<br />
Vielen eine leicht zugängliche Belehrung nnd Unterhaltung<br />
bringe", so galt es mit Bezug auf dell Umfang des Ganzen<br />
sich ans das möglichst geringste Maaß zu beschränken, das mit<br />
der Beschaffenheit de^ gewaltigen Stoffes verträglich schien.<br />
Obgleich den Mitarbeitern möglichste Knappheit der Schilderung<br />
anempfohlen ward, und zn dem Zweck eine Einthciluug der<br />
einzelnen Biographien in vier Klassen angeordnet ist, so dürfte<br />
der ursprünglich in Aussicht genommene Umfang des ganzen<br />
Werkes, 20 Bände zu je 50 Bogen, doch wohl überschritten<br />
werden; denn weuu es auch bei Persönlichkeiten eiuer weit hinter<br />
uns liegenden Zeit leicht ist, den Stoff eng zusammenzudrängen<br />
und mosaikartig zu behandeln, so schweift dagegen bei<br />
der Lebensbeschreibung eines Zeitgenossen die Feder unwillkürlich<br />
aus, uud die Schilderung wird breiter.<br />
Währeud die Vertretung des Inhalts der einzelnen Biographien<br />
den unterzeichneten Verfassern znfällt, liegt die Redaetion<br />
des Ganzen in den Händen des früheren Professors an<br />
der Universität zn München, Freiherrn Rochus von Lilicncron,<br />
jetzt Klosterprobst in Schleswig, uud des Professors Franz<br />
Laver Wegele in Würzburg; es sind bis jetzt zehn Bände<br />
erschienen, welche bis „Hassenkamp" gehen.<br />
Die Liste der in die Allgemeine Deutsche Biographie aufgenommeneu<br />
Pommern ist ursprünglich von den Staatsarchivaren<br />
Dr. Klempin und Dr. von Bülow iu Stettin, sowie vom<br />
Professor Dr. Pyl in Greifswald aufgestellt, aber seitdem vielfach<br />
verändert und erweitert worden. Den Genannten ist auch<br />
ein Theil der eigentlichen Bearbeitung zugefallen; ja gewisse<br />
Artikel, wie z. V. die pommerschen Herzoge, konnten kaum von<br />
andrer Stelle als vom königlichen Staatsarchiv zu Stettin aus<br />
bearbeitet werden, wobei sich günstige Gelegenheit bot, manche<br />
von Barthold nnd Anderen begangene Irrthümer aus deu<br />
Quellen zu widerlegen. Im Uebrigen sind die Verfasser auch<br />
der auf Pommern bezüglichen Artikel vielfach Fachmänner und
von Ni'. V. Bülow. 239<br />
über ganz Deutschland zerstreut. Ich gebe in Folgendem das<br />
Verzeichniß der Artikel mit den Namen der betreffenden Ver-<br />
fasser, damit vielleicht durch diese Mittheilung eine Anrcgnng<br />
zu einer pommerschen Biographie erwachsen möge.<br />
Borarbeiten zu einer solchen sind die verschiedenen Publicationen<br />
von Vanselow, sein „Gelehrtes Pommern", „Adliches Pom-<br />
mern", „<strong>Pommersche</strong>s Heldenrcgister", „Nachrichten von Ge-<br />
neralsupcriutendenten ?c. in Hinterpommern" ; auch in Wntt-<br />
stracks Veschreibnng von Pommern findet sich Manches. Seit<br />
Schluß des vorigen Jahrhunderts dürfte aber in Pommern<br />
ans diesem Gebiete nur wenig geschehen sein, denn Niederstedts<br />
Arbeiten beschränken sich nur auf eiu sehr kleines Gebiet.<br />
Das <strong>für</strong> die' Allgemeine Deutsche Biographie ini Allge-<br />
meinen aufgestellte Priucip uicht zu äugstlicher Abgrenzung gilt<br />
auch von dem hier speciell sür Pommern abgefaßten Verzeich-<br />
niß ; auch das peinlichste Abwägen würde hier niemals ein<br />
allseitig befriedigendes Resultat zu liefern im Stande sein, und<br />
so bleibt es Jedem unbenommen, die Liste nach seinem Gefallen<br />
sich zu erweitert! oder Zu beschränken.<br />
Ndelbert, Bischof, 1140<br />
v. Adelung, Lingnist, 1768<br />
Adelung, Lexicograph, 1732<br />
v. Aeminga, Inrist, 1710<br />
v. Aeminga, Jurist, 1749<br />
Aepiuus, Theolog, 1499<br />
Ahlwardt, Philolog, 1760<br />
Ahlwardt, Philosoph, 1710<br />
v. Ahnen, Staatsmann, 1631<br />
Amandus, Theolog, 1530<br />
Ammon, Schulmauu, 1635<br />
Amsterdam, Philosoph, 1450<br />
Andrea, Dramatiker, 1000<br />
Arndt, Dichter uud Patriot 1769<br />
Arndt, Mathematiker, 1817<br />
Asher, Buchhändler, 1800<br />
von v. Bülow<br />
„ Leskien<br />
„ Scherer<br />
„ v. Stintzing<br />
„ v. Stinhing<br />
„ Henke<br />
„ Merzdors<br />
„ Häckermann<br />
„ Häckermann<br />
„ Brecher<br />
„ Heppe<br />
„ Häckcrmann<br />
„ Scherer<br />
„ Frcytag<br />
„ Cantor<br />
„ Mühlbrecht<br />
Band 1.<br />
Seite 66<br />
80<br />
80<br />
„ 128<br />
„ 128<br />
„ 129<br />
„ 161<br />
„ 162<br />
„ ^62<br />
„ 389<br />
„ 404<br />
„ 417<br />
„ 447<br />
„ 541<br />
„ 553<br />
„ 619
240 Allg. Deutsche Aiogr. und Pommern<br />
Aue, Dichterin, 1677<br />
Bahr, Schulmann, 1670<br />
von<br />
v. Balthasar, Gelehrter, 1737<br />
Balthasar, Theolog, 1632<br />
v. Balthasar, Jurist, 1701<br />
v. Balthasar, Theolog, 1690<br />
Barkow, Jurist, 1791<br />
Barkow, Anatom, 1798<br />
Barnim I.Herzog V.Pommern, 1278 „<br />
Barnim 3. „ „ „ 1368,,<br />
Barnim 6. „ „ „ 1405,,<br />
Barnim 7. „ „ „ 1449 „<br />
Barnim 8. „ „ „ 1451 „<br />
Barnim 11. „ „ „ 1501 „<br />
Bartholdi, Schulmann, 1688<br />
Bartholdy, Schulmann, 1765 „<br />
Battus, Philosoph, 1571<br />
Battus, Theolog, 1674<br />
v. Beckedorff, Staatsmann, 1778 „<br />
Veitzke, Militair, 1798<br />
u. Belling, Militair, 1719<br />
Berckmann, Theolog, 1560 „<br />
Berends, Arzt, 1759<br />
Viederstedt, Theolog, 1762<br />
v. Bllow, hist. Schriftsteller, 1846 „<br />
v. Bismarck-Bohlen, Militair, 1790 „<br />
Blankenburg, Aesthetiker, 1744<br />
v. Blücher, Feldmarschall, 1742 „<br />
v. Blumenthal, Staatsmann, 1720 „<br />
Bodeker, Polyhistor, 1437<br />
Bolen, Canonist, 1419<br />
Bötticher, Schulmann, 1748<br />
Bogislav 1. Herzogv. Pommern 1187 „<br />
Bogislav2. „ „ 1220 „<br />
Hering<br />
Häckermann<br />
Hacker mann<br />
Merzdorf<br />
häckermann<br />
Häckermann<br />
Muther<br />
Häckermann<br />
v. Bülow<br />
v. Vülow<br />
Häckermann<br />
Häckermann<br />
Häckermann<br />
v. Bülow<br />
Häckermann<br />
o. Bülow<br />
Häckermann<br />
Häckermann<br />
Steffenhagen<br />
Wegele<br />
Z. Lippe<br />
Häckermann<br />
Hirsch<br />
Hacker mann<br />
v. Bülow<br />
Häckermann<br />
Richter<br />
Seite 636<br />
767<br />
Band II.<br />
Seite<br />
„<br />
„<br />
„<br />
„<br />
„<br />
„<br />
„<br />
v. Meerheimb „<br />
o. Bülow<br />
Häckermann<br />
Häckermann<br />
Müller<br />
v. Bülow<br />
Väckermann<br />
Band<br />
Seite<br />
28<br />
29<br />
29<br />
30<br />
67<br />
67<br />
71<br />
74<br />
77<br />
79<br />
79<br />
79<br />
105<br />
107<br />
134<br />
134<br />
220<br />
295<br />
312<br />
353<br />
356<br />
620<br />
642<br />
681<br />
689<br />
727<br />
751<br />
III.<br />
3<br />
3<br />
35<br />
40<br />
41
Bogislav 3. s4.) Herzog v. Pommern<br />
1309 von<br />
Bogislav 5.Herzogv. Pommern 1374 „<br />
Bogislav 6. „ „ „ 1393 „<br />
Nogislav 8. „ „ „ 1418 „<br />
Bogislav 10. „ „ „ 1454 „<br />
Bogislav 13. „ „ „ 1544 „<br />
Vogislav 14. „ „ „ 1580 „<br />
Bolhagen, Theolog, 1083<br />
Boltenstcrn, Jurist, 1763<br />
v. Bonin, Adelsgeschlecht<br />
v. Bonin, Militair, 1793<br />
v. Bonin, geistl. Dichter, 1682<br />
Nonnns, Theolog, 1548<br />
v. Borck, Militair, 1668<br />
v. Borck, Militair, 1715<br />
Borries, Dlchterin, 1799<br />
Brandenburg, Syndicus, 1783 „<br />
Brandes, Schauspieler, 1735 „<br />
Breithaupt, Schulmann, 1770 „<br />
Breitsprecher (^v. Breitenstern),<br />
Jurist, 1739<br />
v.Vrenkenhof, Nationalöconom,1723„<br />
Brockmann, Theolog, 1723 „<br />
Brüggemann, Kanzelredner, 1743 „<br />
Brnlow, Dichter, 1585 „<br />
Brunsberg, Banmeister, 1400 „<br />
Buchow, Bürgermeister, 1628 „<br />
Bugenhagen, Reformator, 1484 „<br />
v. Bnggenhagen,Landmarschall, 1420 „<br />
Bukow, Theolog, 1537<br />
Bnrgmann, Jurist, 1662 „<br />
Burgmann, Jurist, 1669 „<br />
Bütow, Theolog, 1600<br />
Büttner, Pädagog, 1708<br />
(5almus, Mediciner, 1617 „<br />
von 1>1'. v. Bülow. 241<br />
Häckermann Seite 42<br />
Häckermaun „ 43<br />
Häckermann „ 46<br />
v. Bülow „ 47<br />
v. Vülow „ 48<br />
Häckermann „ 55<br />
v. Vülow „ 56<br />
Hering „ 105<br />
Häckermann „ 114<br />
v. Vülow „ 127<br />
v. Meerheimb „ 128<br />
Presset „ 130<br />
Heppe „ 133<br />
v. Bülow „ 156<br />
z. Lippe „ 157<br />
Häckermann „ 179<br />
Häckermann „ 237<br />
Förster „ 243<br />
Brückner „ 290<br />
Häckermann „ 303<br />
Meitzen „ 307<br />
Häckermann „ 341<br />
Hering „ 406<br />
Scherer „ 420<br />
Dohm „ 452<br />
Häckermann „ 492<br />
Köstlin „ 504<br />
Häckermann „ 509<br />
Häckermann „ 512<br />
Muther „ 609<br />
Muther „ 609<br />
? „ 653<br />
Häckermann „ 659<br />
Häckermanu „ 695
242<br />
Allg, Deutsche Biogr. und Pommern<br />
Canzler, Canieralist, 1811 von<br />
Canzler, Mathematiker, 1866<br />
Caroe, Jurist, 1679<br />
Casimir 1. Herzog o. Pommern 118l) „<br />
Charisius, Bürgermeister, 1684 „<br />
Charisius (v, Charifieu), Bürgermeister,<br />
1764 „<br />
Charisius, Arzt, 1764<br />
Charisius, Jurist, 1709<br />
Charisius Arzt, 1741<br />
Chemnitz, Publieist, 1605<br />
Chemnitz, Jurist, 1611<br />
Chemnitz, Kanzler, 1561 „<br />
Christiani, Theolog, 1610 „<br />
Colberg, Theolog, 1623<br />
Colberg, Theolog, 1659<br />
Conradi, Jurist, 1469 „<br />
Cothenius, Arzt, 1708<br />
Cracow, Staatsmann, 1525 „<br />
Cramer, Theolog, 1568 „<br />
Cranz, Theolog, 1723 „<br />
Creplin, Naturforscher, 1788 „<br />
v. Croy, Herzogin, 1590—1660 „<br />
Crüger, Theolog, 1694 „<br />
Crusius, Theolog, 1597<br />
Dähnert, Bibliothekar, 1719 „<br />
Damerow, Arzt, 1798<br />
Decius, Prediger u. Dichter, 1541 „<br />
Dedelow, Theolog, 1485<br />
Degantz, Medieiner, 1459 „<br />
Denso, Schulmann, 1708 „<br />
Detharding, Arzt, 1671<br />
v. Tewitz, General, 163
Dinnies, Bürgermeister, 1727<br />
Dogen, Architekt, 1672<br />
v. Dönniges, Staatsmann, 1814<br />
v. Dreger, Historiker, 1699<br />
Dreist, Schulmann, 1784<br />
Droysen, Mathematiker, 1770<br />
v. Eberstein, Gf., Militair, 1644<br />
v. Eberstein, Gf.,Staatsmann, 1538 ,<br />
v.Eberstein,Gf., Staatsmann, 1533 ^<br />
Edeling, Generalsuftcrint., 1522<br />
v. Eickstedt, Staatsmann, 1661<br />
v. Eickstedt, Kanzler, 1527<br />
Ellendt, Schulmann, 1796<br />
Ellendt, Schulmann, 1803<br />
Elzow, Genealog, 1698<br />
Engelbrecht, Jurist, 1626<br />
v. Engelbrecht, Innst, 1709<br />
Engelbrecht, Jurist, 1717<br />
Erich 1., Herzog v. Pommern, 1382<br />
Erich 2., Herzog V.Pommern, 1474<br />
Erichson, Theolog, 1700<br />
Erichson, Aesthetiker, 1777<br />
Ernst Ludwig, Herz. v. Po nun., 1539<br />
Fabri, Ordenssyndicus, 1504<br />
Fabrieius, Jurist, 1798<br />
Fabricius, Generalsupcrint., 1593<br />
Fabricius, Bürgermeister, 1788<br />
Falkenberg, Dominikaner, 1417<br />
Finelius, Theolog, 1787<br />
Fock, Historiker, 1819<br />
Forchem, Dramatiker, 16. Jahrh.<br />
Franck, Naturforscher, 1759<br />
Franz, Herzog v. Poinmcvn, 1577<br />
Freder, Theolog, 1510<br />
von 1^'. u. Bülow. 243<br />
von Häckermann Seite 242<br />
Hirsch<br />
Nnmplcr<br />
Niemann<br />
Lang<br />
Häckcrmann<br />
Potcn<br />
v. Bülow<br />
v. Bülow<br />
Riemann<br />
Erdmannsdörffer<br />
v. Bülow<br />
Schrader<br />
Schrader<br />
v. Bülow<br />
Müller<br />
Müller<br />
Müller<br />
v. Bülow<br />
v. Bülow<br />
Häckcrmann<br />
Häckermann<br />
Müller<br />
v. Liliencron<br />
Pyl<br />
v. Bülow<br />
Pyl<br />
Ritter<br />
294<br />
339<br />
391<br />
392<br />
435<br />
581<br />
582<br />
584<br />
639<br />
746<br />
„ 746<br />
Band VI.<br />
Seite 47<br />
„ 48<br />
129<br />
131<br />
133<br />
206<br />
207<br />
214<br />
214<br />
298<br />
499<br />
„ 506<br />
„ 514<br />
„ 522<br />
„ 554<br />
Band VII.<br />
Häckermann Seite 16<br />
Häckcrmann „ 142<br />
Schercr „ 154<br />
Häckermann „ 247<br />
Müller „ 292<br />
Müller „ 327
244 Biographie von Pommern<br />
Fridlib, Theolog, 1663 von<br />
Friedeborn, Bürgermeister, 1572 „<br />
Friedlieb, Jurist, 1633<br />
Friedrich, Bischof v. Camin, 1343 „<br />
v. Fuchs, Staatsmann, 1640 „<br />
Furchau, Schulmann, 1752 „<br />
Furchau, Schulmann, 1787 „<br />
v. Gadebusch, adl. Geschlecht,<br />
13. Jahrh.<br />
Gadebusch, Historiker, 1719<br />
Gadebusch, Historiker, 1736<br />
Gebhardi, Mathematiker, 1667<br />
Gebhardi, Theolog, 1657<br />
Gehlen, Chemiker, 1775 „<br />
Gentzkow, Bürgermeister, 1576 „<br />
Georgi, Naturforscher, 1738<br />
Gerdes, Syndicus, 1709<br />
Gerdes, Jurist, 1734<br />
Gerschow, Jurist, 1568<br />
Gerschow, Historiker, 1587 „<br />
Gesterding, Jurist, 1740<br />
Gesterding, Jurist-, 1781 „<br />
Gesterding, Bürgermeister, 1774 „<br />
Giesebrecht, Schulmann, 1790<br />
Giesebrecht, Historiker und Schul- „<br />
mann, 1792<br />
Gildehusen, Bürgermeister, 1398 „<br />
Gosen, Nathsherr, 1636<br />
Graß, Jurist, 1657<br />
Graßmann, landwirthschaftlicher „<br />
Schriftsteller, 1798<br />
Graßmann, Mathematiker, 1809<br />
Graßmann, Schulmaun, 1779<br />
Grischow, Meteorolog, 1683<br />
Müller<br />
v. Bülow<br />
Müller<br />
v. Bülow<br />
Hirsch<br />
Häckermann<br />
Käckermann<br />
Pyl<br />
Hausmann<br />
Müller<br />
Pyl<br />
Häckermann<br />
Ladenburg<br />
Pyl<br />
Ratzel<br />
Schirrmacher<br />
Häckermann<br />
Pyl<br />
Pyl<br />
Häckermann<br />
Pyl<br />
Häckermanu<br />
Seite<br />
Land ^<br />
Seite<br />
„<br />
„<br />
Band<br />
Seite<br />
v. Giesebrecht „<br />
Kern -<br />
Pyl<br />
Pyl<br />
Stintzing<br />
Leisewitz<br />
„<br />
385<br />
388<br />
399<br />
514<br />
/III.<br />
170<br />
205<br />
206<br />
298<br />
298<br />
299<br />
480<br />
481<br />
497<br />
593<br />
713<br />
731<br />
731<br />
IX.<br />
48<br />
49<br />
126<br />
127<br />
127<br />
158<br />
159<br />
168<br />
403<br />
591<br />
593<br />
Cantoru.Leskien „ 595<br />
Cautor „ 598<br />
Pyl „ 703
von Dr. o. Bülow.<br />
Gröning, Bürgermeister, 1561 von<br />
Groskurd, Schulmann, 1747 „<br />
Groskurd, Philolog, 1770<br />
Gruel, Bürgermeister, 1559 „<br />
Grucl, Syndicus, 1596<br />
Gruel, Rathsherr, 1600<br />
Grümbke, Historiker, 1849<br />
Grunert, Mathematiker, 1872<br />
Gützlaff, Missionar, 1851<br />
Hadus, lat. Dichter, 1514<br />
Hagcmcistcr, Jurist, 1819<br />
Hagemeister, Geistlicher, 1569 „<br />
Hagcmeister, herz. Rath, 17. Jahrh. „<br />
Hagemeister, Dichter, 1806 „<br />
v. Hagcnow, Geolog, 1865 „<br />
v. Hagcnow, Beamter, 1876 „<br />
Haken, Historiker, 1791<br />
Haken, Historiker, 1835 „<br />
Hakenbcrgcr, Componisi, 17. Jahrh. „<br />
Hamel, gcistl. Dichter, 1592<br />
Hammermcister, Schauspieler, 1860 „<br />
v. Hanow, Oberst, 1661<br />
Hanoo, Polyhistor, 1773<br />
Häsc, Landwirth, 1843<br />
v. Haselberg, Jurist, 1838<br />
v. Haselberg, Mediciner, 1844 „<br />
Hasert, Theolog, 1864<br />
Hasert, Syndicus, 1632<br />
Hasselbach, Pädagog, 1864 „<br />
Nlasendorff<br />
Pyl<br />
Pyl<br />
Pyl<br />
Pyl<br />
Pyl<br />
Häckermann<br />
Cantor<br />
Petrich<br />
Krause<br />
Pyl<br />
Pyl<br />
Pyl<br />
Hartmann<br />
Häckermann<br />
Häckermann<br />
v. Bülow<br />
Kelchner<br />
Eitner<br />
?<br />
Kürschner<br />
v. Vülow<br />
Prantl<br />
Vlasendorff<br />
Häckermann<br />
Häckermann<br />
Häckermann<br />
Pyl<br />
Haag<br />
245<br />
„ 720<br />
„ 743<br />
„ /44<br />
Band X.<br />
Seite 6<br />
6<br />
6<br />
„ 22<br />
„ 50<br />
„ 236<br />
„ 307<br />
„ 329<br />
„ 330<br />
„ 331<br />
„ 331<br />
„ 349<br />
„ 351<br />
„ 396<br />
„ 396<br />
„ 397<br />
„ 473<br />
„ 487<br />
. 523<br />
„ 524<br />
„ 728<br />
„ 731<br />
„ 731<br />
„ 741<br />
„ 742<br />
„ 761
246 <strong>Geschichte</strong> der Apotheke in Barth,<br />
<strong>Geschichte</strong> der Apotheke in Sarth.<br />
Von Dr. von Bülow, Staatsarchivar.<br />
Die Frage nach der Gründungszeit der ersten Apotheken<br />
in Pommern läßt sich mit bestimmten Jahreszahlen schon<br />
deshalb nicht beantworten, weil der Begriff des Wortes<br />
vormals ein anderer war, als jetzt; man verstand im<br />
Mittelalter nnter dem Ausdruck ^potiiec;^, 3.^0^60^1-1118,<br />
Krüdcner, nicht ausschließlich eine der Bereitung von Medicamenten<br />
gewidmete Anstalt oder Persönlichkeit, sondern auch<br />
und sogar viel häufiger einen Gewürzladen und Gewürzkrämer.<br />
Im benachbarten Meklenburg kommt ein ^0tli60^i'iii8<br />
zuerst in der Zeit von 1262—1295 in Rostock vor, auch<br />
findet sich der Ausdruck ^potii^ dort i. I. 1291. ^) In<br />
Pommern lassen sich Apotheken erst 80 Jahre später urkundlich<br />
nachweisen, und zwar entstammt die älteste bis jetzt bekannt<br />
gewordene Nachricht dem ältesten stettiner Schöffenbuch, in<br />
welchem Blatt 40" folgende Eintragung vom Jahre 1345 sich<br />
befindet:^) „soi^H 860imc1^ ^)03t XI iiiiliiim vii^iiin<br />
iìlill, OOQI-Hlìi L^I'VOti, (MIN 00118611811 ^0lia.I1IiÌ3<br />
8UÌ, ot X^tLI-ina. 801-01- 6M3 c6885lV6I-11Iit 6.6 06N811 X<br />
') Meklbg. Urkbch., Nr. 951, 15^0, 2130, 2155 und 2331.<br />
") Für die Mittheilungen aus den stettiiier Schöffenbüchern bin<br />
ich Herrn Prof. Lemcke vom Marienstiftsgymnasium hier zu besonderem<br />
Dank verpflichtet. Es sind drei Schöffenbücher von Stettin erhalten<br />
geblieben: 1. das älteste, lateinische, von 1305—1352 mit Lücken; 2. ein<br />
deutsches von 1495 -1526; 3. das von Prof. Hering bei seiner Topo-<br />
graphie von Stettin benutzte von 1531 an. Nebenher gehen, die Lücke<br />
zwischen 1 und 2 thcilweise ausfüllend, zwei geistliche Bücher von<br />
1375 bis etwa zur Reformationszeit.
von l)i'. von Vil'low. 247<br />
1) 1' 01) 6 ll) 1) 0 t 0 c. lr UI /l il X t ^1 l o n t c 111." Hering gedenkt<br />
einer Apotheke in Stettin i. I. 1420 :^) die Schöffenbücher<br />
erlvähncn 1502 nnd öfter ohne Iahresangabe die ,^)0t1i6^><br />
llra ^^Im^i-^ä", die auch später wiederholt vorkommt, ohne<br />
daß man die Lage derselben mit Sicherheit anzngcben vermag.<br />
Ebenso wenig läßt sich entscheiden, ob wir es in diesen Fällen<br />
mit einem Kramladen oder mit einer mcdicinischen Apotheke<br />
zu thun haben.<br />
Die Gründungszeit der ersten medizinischen Apotheke in<br />
Stettin kann nach deli Schöffenbücheru etwas genauer fixirt<br />
werden als bisher. Unter dem Jahre 1533 findet sich nemlich<br />
eine Eintragung: ^OAon cloni 1i0viii^ivlc6(I d)' cloi' 3^)to1( 0<br />
oixlo", nnd 1550: ^in<br />
1'8dl-^t6Q orcio UI16.6 (101'<br />
0icl6Q a.I)d^t6ic6i'8 oll cn 1I U801'N.^ Es ist dies die<br />
jetzige Löwenapotheke am Henmartt, deren gegenwärtiger Eigenthümer<br />
Dr. Papst ein dieser Onicin ertheiltes Nathsprivileginm<br />
von 1545 besitzt. Um dieselbe Zeit, etwa 1530, legte der<br />
bekannte Unruhestifter Elans Stellmacher in der oberen Schnl^<br />
straße eine zweite Apotheke, die jetzige Hofapothekc an. Die<br />
Oertlichkeit wird ili den Schöffenbüchern wiederholt bezeichnet<br />
als: ,^'o^on tloi- I)^v?ii8t6n li^dI.t6i(Q", oder:<br />
^n — — ^ii8oi'n" (beides ohne Jahr),<br />
oder 1538: „In ä6in Ivülni^il
248 <strong>Geschichte</strong> der Apotheke in Barth,<br />
der südlichen Thür der Schloßkirche im Schloßhofe hatte.<br />
Der Apotheker wohnte im Eckhanse der jetzigen kleinen Rittcrnnd<br />
Pelzerstraße, außerhalb der Herrenfreiheit ^).<br />
Im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts ließ der <strong>für</strong><br />
das Neste seiner kleinen apanagirten Herrschaft sorgsam beflissene<br />
Herzog Bogislav 13. es sich angelegen sein, in seiner Residenzstadt<br />
Barth eine Apotheke zu gründen, indem er seinem Canzler<br />
Di-. Bernhard Macht 1572 ein Privilegium zur Errichtung<br />
einer solchen ertheilte. Obgleich Macht ein Rcchtsgclehrter und<br />
der die Regierung leitende Rath des Herzogs war, so kann es<br />
nicht befremden, denselben hier als Inhaber einer Apotheke zu<br />
sehen. Dergleichen Bclehnungen, denn als eine solche ist das<br />
Privilegium anzusehen, erhielten verdiente herzogliche Diener<br />
öfters, nnd zwar meistens mit der Erlanbniß, das Privilegium<br />
nach Belieben an Andere verkaufen zu dürfen. So verlieh<br />
Herzog Bogislav 13. als Herzog von Stettin am 16. August<br />
1604 seinem Seeretair Israel Kaykow dem älteren"), also auch<br />
einem Juristen, die erwähnte Apotheke „an der Iacobikirche",<br />
die unter ihrem früheren Besitzer Philipp Schünemann in Verfall<br />
gerathen war. Kaykow verkanfte die Apotheke am 31.<br />
October 1610 um 100 alte Thaler an den Schneideraltermann<br />
Jochim Bestert den älteren, was große Unruhe und viel<br />
Verhandlungen unter den übrigen Apothekern Stettins znr<br />
Folge hatte, die erst durch die Verheirathnng von Vesterts<br />
Tochter an den Apotheker Johann Holzwerder beigelegt wurden.<br />
Anch der Kanzler Bernhard Macht in Barth war weit<br />
entfernt, mit dem eignen Betrieb der ihm verliehenen Apotheke<br />
sich abzugeben, vielmehr verkaufte er dieselbe mit dem ihm darauf<br />
verliehenen ausschließlichen Privilegium uach uur dreijährigen:<br />
4) Vgl. die interessante Abbildung des Schlosses ans der Vogel-<br />
perspektive von 1607 im Staatsarchiv: Stett. Arch. ?. I. Tit. 71,<br />
Nr. 20. 1552 ließ Herzog Barnim 11. „seinen" Apotheker wegen<br />
eines Verbrechens aufhängen. Staatsarchiv: Stett. Arch. 1'. I. Tit.<br />
93. Nr. 114.<br />
5) Derselbe war ein Tochtermann des verstorbenen Hofapotheters<br />
Thomas Lamprecht.
von Dr. v. Vülow. 249<br />
Besitz im Jahre 1575 an den Rath zu Barth um 650 Gulden.<br />
Die nunmehr städtische Apotheke scheint im Rathhause aus-<br />
gerichtet worden zu sein und ist wohl auch bis Ende vorigen<br />
Jahrhunderts immer dort gewesen; sie wurde von aller<br />
Schätzung uud Steuer eximirt, erhielt neben dem Rathskeller<br />
den ausschließlichen Ausschank von Aquavit, gebranntem und<br />
fremdem Wein und sollte sich mit Bezug auf die eigentlichen<br />
Apothekerwaaren nach der wolgaster Taxe richten, welche Herzog<br />
Vogislav 13. und sein Bruder Ernst Ludwig im Jahre 1568<br />
erlassen hatten. Diese Taxe ist uns nicht erhalten geblieben,<br />
schon i. I. 1618 wird sie vom Rath zu Barth sammt dem<br />
dem I)r. Macht verliehenen ersten Privileg als nicht vorhanden<br />
bezeichnet. Dagegen ist das dem Rath unter dem 7. Januar<br />
1576 vom Herzog ertheilte Privileg der Mittheilung werth,<br />
und geben wir es hier nach der auf dem Staatsarchiv auf-<br />
bewahrten Abschrift wieder:^<br />
Privilegium aver de Bardische Apotecke.<br />
Von Gottes Gnaden wir Bugßlaff, Hertzoch zue Stettin,<br />
Pommern, der Caßuben und Wenden, Fürste zu Rucgen uud<br />
Graffe zu Gutzkow, thuen kunt vor unsere Erben unde Nach-<br />
kommen: nachdem der hochgelartc unser Cantzler, Nadt und<br />
liebe getrewer Bernhart Macht, der Rechte Doctor mit nitt<br />
gcrengcn Uncosten eine Apoteckcn ihn unser Stadt Barte unsern<br />
Dienern und gemeiner Statt zum Besten ahngerichtet, wir<br />
ubcr solche Apotecken, auch zur Erholung seiner Unkosten, ein<br />
Privilegium und Vegnadunge ihme und denen, welche die<br />
Apotecke von ihme keuffen wurden, gnediglich gegeben, und aber<br />
gcmclter unser Cantzeler aufs seinen Abezoge dieselbe Apotecke<br />
dem Rade unser Statt Vartt midt ihrer Gerechtigkeit verkaufst,<br />
uns aber umb Vernewrunge desselben underdeniglich ersucht,<br />
haben wir sein undcrthenigcs Suchen nicht unpilligk gcachtctt,<br />
geben, vorlihen und bestetigen hiemitt crafft disses unsers Bricffs<br />
gcmcltem Rade und ihren Nachkommen alle und jede Freiheit,<br />
darmitt wir unsern Cantzclern ahn der Apotecken begnadet<br />
Wolg. Arch. Tit. 47, Nr. 30.<br />
16
250 <strong>Geschichte</strong> der Apotheke zu Barth,<br />
hatten, miti guetem Vorwissen aller bestendigstenmaßen, alß<br />
solches am krefftigsten unnd bestendigsten sein soll, also wie<br />
folget: :<br />
Anfencklich soll der Radt je unndt allewege guete frische<br />
unforvelschede Materialien uff erwenter jhuwe Apotecken zu<br />
Kauffe schaffen, von Iharen zu Iaren frische zu und einkauften,<br />
alle HHUÄ8 äi8ti1iHt3.8 und äiinplici^ jerlich vorneweren, die<br />
alten abe und wegkthuen, mitt denn coinp08Ìt.Ì8 also halten,<br />
daß so viele ungefehr ein Jahr anßkommen müge, dispensiren<br />
unde übers Jahr frische zugerichtet werden Vorordenunge<br />
thuen; gleichergestaldt soll eß mitt den ^roiQ3.tÌ8 gehalten<br />
werden; Darumb wir dieselbe Apotecken des Ihares einmall<br />
oder nach Gelegenheit nmbß ander Ihar durch unsern N6äiouiQ<br />
^) wollen Visitiren und mitt Rade der uiedicoi-nin<br />
Unrigtigkeit darine wollen abeschaffen laßen. So soll der<br />
Apotecker, der jder Zeidt uff der Aftotecken sein wirtt, auch<br />
<strong>für</strong> unß, uuser Gemahll und Hoff, waß ahn Conditen, Latwergen,<br />
0011^6^18, Mareipanen und dergleichen, darzu ihm unser<br />
Küchemeister Zugker und waß darzu gehöret!, von dem Unseren<br />
langen soll, vorfertlgen, fauber, rein nnd mitt Fleiß zurichten.<br />
Darjegen haben wir dem Rade Hinwider zu Erholung ihreß<br />
Unkostens gnediglich gegunnet, gegeben, gunnen, geben, confirmiren<br />
nnd bestetigen hiemitt, daß anßerhalbe disser Apotecken keine<br />
andere von Iemandtß ihn unser Statt Bartte zu Verderbe<br />
disser solle angerichtet werden, dieselbe von allen Schätzungen,<br />
Unplicht und Steuren frei und exempt sein solle, daß auch uff<br />
der Apotecken allein nndt von memandts anderß, eß sein<br />
Kramer oder andere, kein Gewürtze, Specereien, gestoßen oder<br />
ungestoßen, und was zur Apotecken geHort, alß Honnigk, Oell,<br />
Zugker, 36iniii^ und anderß nichts außgenommen; doch gleichwol!<br />
die Armuet nicht übersetzen, sondern nach dem Wolgastischen<br />
Taxi, denn wir und unserer Herr Bruder Anno 68 faßen und<br />
') Der Herzog hat also danach einen Leibarzt in Barth gehabteinen<br />
Stadtarzt finde ich zuerst 156^ in einem in andrer Beziehung<br />
sehr interessanten Actenstnck des Staatsarchivs: Wolg. Arch. Tit. 47.<br />
Nr. 5 erwähnt.
von Nr. von Vülow. 251<br />
vcrordcnen laßen, vorkauffe nnd außwege, solle oder muge verkeufft<br />
werden. Geschehe eß darüber, sollen sie eß denselben zu<br />
nemmcn, doch daß Genommene, alß ihn nnser Kuchen an uns<br />
vorfallen, unserem Kuchemcister überantworten. Weiln auch<br />
weinigk Abegangk der Wahren, die uff der Apotecken sein gesparett,<br />
darumb nicht großer Gewin sein kann, haben wir<br />
gemelter Apotecke auch mitt dem Weinschancke, Hyppoeraiß,<br />
süße, frembde Weine, ^n^ vit^o, gebranten Wein, doselbst<br />
und in deß Rathß Keller, und anderswo von keinem ohne Unplicht<br />
außzuschencken, befreiet, doch dergestalt, daß sie alwege<br />
gueter unforfelscheder schmackhafter Oedrencke sich befleißen, den<br />
Kaufs deßelben auch nicht zu hoch steigeren oder zur Übermaßen<br />
die Leute übersetzen. Urkundlich haben wir dieses unser<br />
gegebene Privilegium mitt unserem hie angehängeten Siegell<br />
bekrefftigctt unde mitt eigner Handt underschriben. Gegeben<br />
zu Barthe den siebenden Ianuarii Anno Taufent fünfhundert<br />
sechs und Sibentzigk.^<br />
Es würde in hohem Grade interessiren, die in diesem<br />
Privileg erwähnte Wolgaster Apothckertaxe von 1568 zu kennen,<br />
denn bei der Wichtigkeit der Sache war die Sorge der Behörden<br />
natürlich, daß nur gute Arzneistoffe dem Pnblikum geboten<br />
würden, während andererseits dieses sich über die theuren<br />
Preise beklagte und gegen Uebervortheilung geschützt werden<br />
wollte. Es darf gehofft werden, daß in diesem oder jenem<br />
Stadtarchiv noch einmal eine ältere Apothekerordnnug und Taxe<br />
aus dem 16. Jahrhundert aufgefunden wird; was das Ko'nigl.<br />
Staatsarchiv von dergleichen besitzt, ist viel späteren Datums<br />
und naturgemäß in den Tax- und Vietualienordnungen enthalten.<br />
Manches über Apotheker, Aerzte und Wundärzte findet sich<br />
auch in den verschiedenen herzoglichen Hofordnungen. In der<br />
Taxordnuug des wolgaster Naths vom 21. Febr. 1628 heißt<br />
es6) „Tit. IX.: Von Apoteckern und Gewürtzeramuern" nur<br />
kurz 1 „Die Apoteckcr, Materialisten unnd Gewürtzkramer sollen<br />
guete, untadelichc nnd unvorfelschete Wahren in billigen Wehrt<br />
^) Staatsarchiv zu Stettin: Wolg. Arch. Tit. 4l. Nr. 26.
252 <strong>Geschichte</strong> der Apotheke in Barth,<br />
verkauften, die alte verlegene untugliche Materialien abschaffen<br />
und sich an der Stadt hinwieder mit fricschen tuglichen Wahren<br />
versehenn."<br />
Etwas ausführlicher werden die Apotheken in Herzogs<br />
Vogislav 14. renovirter Tax- und Victualienordnung vom<br />
15-17. Mai und 25. Oct. 1632 ^) behandelt, wo es heißt:<br />
„Tit. XI. Von Apotekern und Materialisten. Wan auch die<br />
Erfahrung bezeuget, das eine Zeit hero die Leute mit ubermeßigen<br />
Taxen zimblich hoch beschweret und dabey zuweilen<br />
das Gewißen Hindan gesetzet worden, so sollen Apotheker, Gewurtzhendeler<br />
und Materialisten die uutüglichen alten Materialien<br />
ab und an deren Stadt andere frische und tuegliche Wahren<br />
wiederschaffen, selbige Wahren auch nach dem Einkaufs,<br />
worbey ihnen ein billiger und christlicher Vorthell zue gönnen,<br />
auf ihren Eydt und Gewißen in eine richtige gewiße Tax<br />
bringen, und solche Tax an jedem Ohrte alsofort nach Publication<br />
dieser unserer Ordnung Burgermeistern und Nhatt, wie<br />
auch den verordenten Inspectorn in Städten zur Revision unweigerlich<br />
übergeben, oder im wiedrigen Fall nnd da sie das<br />
Maaß der Billigkeit überschreiten würden, ernster Bestraffung<br />
gewertigk sein. Die Visitation der Apotheken Wirt der Magistrat<br />
nach eines jeden Ohrts Gelegenheit durch die M6clioo8<br />
und andere erfahrne Leute zun öfftern anzuordnen und mit<br />
Vleiß zue befördern wißen."<br />
Es befremdet, daß in dieser Victualieuordnung der stettiner<br />
Apothekerordnung vom 20. April 1625 keinerlei Erwähnung<br />
geschieht i"), denn wenn dieselbe auch nnr vom Rath<br />
erlassen ist, und der Herzog mit Bezug auf die von ihm pri-<br />
Staatsarchiv zu Stettin: Wolg. Arch. Tit. 41. Nr. 26.<br />
) Der vollständige Titel der selten gewordenen Schrift lautet:<br />
Va,1oi'Ì8 8ÌV6 ^I.XAtÌ0UÌ8 No^iolimLutoi'um t^ni sim^iicium<br />
C0in^i08Ìt0i'um, c^ull.6 ill Ü360M ^)i'0Ztliut. Das ist, Ordnung der<br />
Apothecken der Stadt Alten Stettin, Sampt beygefügter Tar und Werth<br />
aller derer Artzneyen, welche allda anzutreffen nnnd zn finden. Gedruckt<br />
zu Alten Stettin, durch Nicolaum Varthelt, Im Jahr 1625.
von Di'. von Vülow. 253<br />
vilcgirten Apotheken sich nicht danach zn richten brauchte, so ist<br />
doch nicht anzunehmen, daß ein so wichtiger Erlaß ohne Zu-<br />
stimmung uni nicht zu sageu Bestätigung der höchsten Obrig-<br />
keit ergehen konnte. Auch an Ausführlichkeit überragt sie alle<br />
früheren pommerschcn Verfügungen der Art bedeutend. Nach<br />
einer in sieben Abschnitten von den Visitationen, den Aerzten,<br />
Apothekern, der Anschaffung und Bereitung der Arzneien, den<br />
distillirten Wassern, der Taxe, Maaß nnd Gewicht nnd endlich<br />
der Taxirung der Arbeit handelnden Einleitung, werden in 46<br />
Classen alle damals üblichen Medicamente mit ihren Preisen<br />
aufgezählt. Daß dabei die wunderbarsten und ekelhaftesten<br />
Stoffe, wie getrocknete Regcnwürmer, egyptische Mumien, Moos<br />
von einem Todtenkopf, Mcnschenfett, und dcrgl. nicht fehlen,<br />
wird den nicht befremden, welcher weiß, daß noch heut zu<br />
Tage oft abcutheuerliche Dinge in den Apotheken verlangt wer-<br />
den. Schickte doch Kur<strong>für</strong>st Friedrich der Fromme von der<br />
Pfalz i. I. 1570 seiner Tochter Elisabeth ans ihr Verlangen<br />
ans seiner Hausapotheke Butter von Frauenmilch, so viel er<br />
davon noch hatte; „ist aber sehr alt", bald 33 Jahre (!) und<br />
rührte von der Amme der Prinzessin her. ^)<br />
Aehnlich der stettiner, nur kürzer gefaßt, ist die colbcrgi-<br />
sche Apothekenordnuug vom 24. April 1643^), die zu einer<br />
interessanten Vergleichung mit der stettiner Ordnung namentlich<br />
mit Bezng ans die Preise Veranlassung giebt.<br />
Nach dieser Abschweifung wenden wir uns wieder der<br />
Barther Apotheke zu.<br />
Durch wen der Rath zn Barth seine 1575 erworbene<br />
Apotheke verwalten ließ, ist nicht bekannt, doch war das Ge-<br />
schäft kein <strong>für</strong> den Stadtsäckel vortheilhaftes, so daß die Vater<br />
der Stadt froh waren, in dem Apotheker und Rathsverwandtcn<br />
Petrus Zizow, vielleicht dem bisherigen Administrator, einen<br />
Känscr zu finden, der <strong>für</strong> 306 Guldcu die Apotheke zu eigen<br />
") Kluckhohn, Friedrich der Fromme, S. 478.<br />
'^) (!c»u8lllnlio ?Iiainmcc>^o1i (^idorFouLÌL
254 <strong>Geschichte</strong> der Apotheke in Barth,<br />
erwarb, <strong>für</strong> welche der Rath seiner Zeit mehr als das Dop-<br />
pelte gezahlt hatte. ^) Der Kaus wurde, wie aus dem oben-<br />
citirten Aktenstück des Staatsarchivs hervorgeht, am 14. Oct.<br />
1591 abgeschlossen, erhielt aber erst unter dem 5. Juli 1608<br />
die herzogliche Bestätigung.<br />
Bei der unbestimmten Fassung gesetzlicher Verordnungen<br />
jener Zeit, neben welchen persönliche Privilegien oft ungestört<br />
einhergingen, kann man sich über die beständigen Klagen wegen<br />
Störung im Gewerbebetrieb nicht wundern. So hatte denn<br />
auch Petrus Zizow Streit mit einem stralsunder Krautkramer,<br />
d. h. Gewürzhändler Iohan Kahlwage, der auf Grund eines<br />
vom Herzog Philipp Julius ertheilten Privilegiums außerhalb<br />
der gewöhnlichen Jahrmärkte acht Tage lang in Barth öffent-<br />
lich ausstehen und seine Waaren feil halten durfte. Obgleich<br />
dies dem Wortlaut des Apothekerprivilegs, „daß auch uff der<br />
Apotecken allein undt von niemandts anderß, eß sei Kramer<br />
oder andere, kein Gewürtze, Specereien :c. muge verkeufft wer-<br />
den", schnurstracks zuwider lief, so wurde der Rath doch unter<br />
dem 15. Februar 1610 vom Herzog angewiesen, den Kahlwage<br />
in der Ausübung seines Gewerbes nach dem Privilegium nicht<br />
zu hindern; im Uebrigen aber „pleibts beydem Einhalt unser<br />
dem Apoteker Petro Ziezouwen mitgeteilten Konfirmation".<br />
Alfo bekamen Beide Recht.<br />
Nachdem die Apotheke 26 Jahr lang im Privatbesitz ge-<br />
wesen war, ging sie nach dem Tode des in der ersten Hälfte<br />
des Jahres 1617 verstorbenen Apothekers Peter Zizow wieder<br />
vorübergeheno in das Eigenthum der Stadt über, indem der<br />
Rath dieselbe von den Erben um 500 Mark erwarb, jedoch<br />
nur um sie <strong>für</strong> denselben Preis an Nicolans Wandesleben ab-<br />
zutreten. Obgleich in seinem vom 30. Juni 1617 datirten Gesuch<br />
um Erneuerung des Privilegs der Rath erklärte, daß die<br />
Apotheke „sowoll wegen E. f. G. selbst und der umbgeseßenen<br />
Landschafft, alß auch allgemeiner Stadt nicht kan gemißet wer-<br />
den", so mußte er zugleich eingestehen, „daß die Wahren, so zur<br />
Ooni, Chronik von Barth, Seite 389.
von Dr. v. Bülow. 255<br />
Aftoteken gehören, weinigen Abgangk haben" und der Gewürzhandel<br />
die beste Nahrung des Apothekers in Barth sei, weshalb<br />
Wandeslcben die Nebernahme nur nnter der Bedingung<br />
eingehen wollte, daß die Concurrenz der stralsunder Kramer<br />
beseitigt würde. Aus Bitten des Raths wurden denn auch die<br />
denselben vergönnten Vortheile in dem neuen Privilegium,<br />
Wolgast, den 2. April 1618, aufgehoben, und die Betheiligten<br />
namentlich die Gewürzhändler Pasche Ianccke, Johann Kahlwage<br />
uud Christoph Finck, unter Einsorderung der ertheilten<br />
Concessionen an das herzogliche Archiv, durch den Notar damit<br />
bekannt gemacht. Der betreffende Passus im neuen Privilegium<br />
lautet: ,,Undt als der Apotekcr angenommen seine<br />
Wahre in den Preiß, wie die Stralsundische Materialisten<br />
selbige verkauften, zn geben, haben wir die 00110688101168, so<br />
etlich vom Stralsundt darauff, das sie außerhalb der gewönlichen<br />
Jahrmärkten zu Barthe das Wochenmarck haltten muegen,<br />
erlangett, caßirct uudt uffgehoben, wie dan ihnen hiemitt soll<br />
ernstlich ufferlegett seiu, sich hinfuro der Wochenmarckte genzlich<br />
zu enthalten und solche 00Q0688Ì0ii68 in ori^in^ii m unser<br />
^ro^ivum wieder einzubringen, so lieb ihnen ist unsere Straffe<br />
zu vermeiden."<br />
Eine andre im ursprünglichen Privileg enthaltene Bestimmung,<br />
wonach der Apotheker zur Anfertigung von Conditen,<br />
Latwergen, Confect und Marzipan <strong>für</strong> den Herzog und dessen<br />
Gemahlin verpflichtet war, hätte man bei dieser Gelegenheit<br />
auch gern beseitigt, umsomehr da Barth ja aufgehört hatte,<br />
<strong>für</strong>stliches Hoflager zu sein, wie ehedem unter Herzog Bogislav<br />
13.; doch wnrde, um der Zukunft nicht vorzugreifen und<br />
namentlich des Leibgedinges wegen, eine Aenderung hierin nicht<br />
beliebt. Das Amt Barth war nemlich der Herzogin Agnes,<br />
Gemahlin des Herzogs Philipp Julius, als Leibgedinge verschrieben.<br />
Mit des Herzogs Tode, 1626, kam sie in den Besitz<br />
desselben.<br />
Wandcslcben hatte <strong>für</strong> Hans und Garten der Stadt jährlich<br />
20 Gulden zu zahleu, blieb aber nicht lange im Genuß,<br />
denn er starb am 21. Aug. 1620 au der Pest; der Rath
256 <strong>Geschichte</strong> der Apotheke in Barth,<br />
übernahm die Apotheke von Neuem und contrahirte mit Adam<br />
Frölich, Apothekergehülfen in Wolgast wegen Uebernahme derselben<br />
auf drei Jahr gegen eine Pacht von 100 Mark. Der<br />
Contract ist wichtig genug, um hier mitgetheilt zu werden.<br />
Er lautet:<br />
Im Nahmen deß Herren sey hiemit Iedermenniglich kundt<br />
unnd offenbar, demnach ein ehrbar wollweiser Rahtt der Statt Vartt<br />
nach Abbleiben seligen Nicolai Wandesleben, weyland Apotekern<br />
daselbst, das Corpus der Apoteken vormüge desseu mit demselben<br />
ufgerichteten Vortrages wiederumb an sich gebrachtt unndt<br />
weil zu allgemeiner Statt Noturfftt unudt Besten dieselbe<br />
wiederumb bestellet werdeu müssen, hat wolerwenttcr Rahtt<br />
mit dem erbarn unndt kunstreichen Gesellen Adamo Frölichen<br />
uff vorhergende rühmliche Commendativi! vornehmer Leute,<br />
bevorab seines Herrn Ioachimi Heuuen, f. Apotekers zu Wolgastt,<br />
wiederumb transigiret uundt denselben uf drey Jahr volgenderntassen<br />
bestellet unndt angenommen.<br />
Anfenglich uundt zum ersten ist vorabredett, das ihme<br />
das Corpus mit sampt der dazu verordenter Wohnunge unndt<br />
dem zwischen der Zingel vorm langen Tohre belegenen Gartten<br />
beneben aller vorigen Immunitet unndt Freyheitt uf bevorstehenden<br />
Ostern mit einem richtigen Inventario kegen einhundert<br />
Marck järiger Pension uff zwey Zeiten, als Michaelis<br />
unndt Ostern zu erlegen, beneben zweyen Stübichen Clarett uf<br />
der bey Besichtigung der Fewerfahren gewönlichen Gastereyen ^)<br />
einzuliefern, eingereumett unndt angewiesen. Die Wohnung<br />
mit sampt dem Gartten sol ihm fertigt eingeandtworttet werden,<br />
unndt fol er fchuldigk sein nach abgelauffenen Iharscharen<br />
solches also wiederumb zu liefern; würden aber fchwere newe<br />
unndt nötige Bawde darin vorzunehmen sein, sollen solche<br />
von den Cammerherren vorrichtet werden. Unndt weil im<br />
selbigen Losamente zu Treugunge der Kreuter keiue Gelegenheit,<br />
alß sol ihme dazu das newe Losamentt ufm Rahtthause<br />
eröfnet werden.<br />
") Oom a. a. O. Seite 389 erwähnt diese Naturallieferung schon<br />
bei dem Apotheker Wandesleben.
von Dl', v. Bülow. 257<br />
Fürs Ander, weil allerhand Composita unndt gebrante<br />
Wasser in der Apoteken vorhanden, hat er beliebet gesatzeten<br />
Taxte nach solche anzunehmen nnnd zn bezahlen, doch mit<br />
dem Bedinge, da ein oder anders darunter, so unduchtig, das<br />
ihme solches auch nicht ufgetrungen werden sol. Die dicßfalß<br />
von ihme endrichtete Gelde sollen den daran vorwiesen eingehendigt<br />
werden.<br />
Zum Drnttcn, so viel die andere zu der Apotheken gehörigete<br />
Materialia unnd Species betreffen tuhn, vorschafft er<br />
ihme dieselben uf seine Kosten.<br />
Zum Vierten sol er ihme auch angelegen sein lassen, je<br />
unndt allewege in der Apoteken frische und unverfälschte Wahren<br />
feil zu haben unndt von Jahren zu Jahren frische zu<br />
unndt einkauften, alle HM3.8 cl68ti1^t^8 unndt LiinMoi^ järlig<br />
vornewen, die alten abe unndt weg tuhn, mit den conip08ÌtÌ8<br />
es also zn halten, das so viel man ohngcfehr ein Jahr<br />
außkommen muge, dispensiret unndt übers Jahr sonderlich an<br />
denen, so nicht lengcr dauren können, frisch zugerichtet werden;<br />
anch mit den uul.t6i'ÌHiiI)u8 cl68ti1^tÌ8 et C0iii^08iti8 es<br />
also zu Halten, domit wen ein ehrbar Rahtt zu ihrer guten<br />
Gelegenheit uff ihren Kosten die Apoteke dermahlen Visitiren<br />
Wirt, das alßdan keine Unrichtigkeitt müge werden gefunden.<br />
Nnndt was alfo bcrürter Adamus Fröliche bey Antrctung der<br />
Apoteken an dem coi-^ors, Instrumenten unndt andern besage<br />
des Inventarii Wirt empfangen, solches sol er anch schuldig<br />
sein, bey Abtretung guett unndt fertig ohne Abgangk wiederumb<br />
zu liefern.<br />
Nnndt weil anch zum Fünften der Abgangk der uf eiuer<br />
Apotcken gehörenden Wahren alhier nicht groß sein kau,<br />
uundt derowegen in dem Hauptprivilegw von unserm guedigen<br />
Fürsten und Hern gncdiglich vorordenet, das nicht allein neben<br />
dieser Apoteken keine andere Apotcke von Iemande alhie augerichtet<br />
werden sol, sondern auch das von Nicmande, es sein<br />
Krämer oder andere, keine Gewürtze, Spccercyeu gestoßen oder<br />
ungcstoßen bei Verlust der Wahren vorkaufftt nnd feil gehabt<br />
werden sol, zu welchem Ende dan auch I. f. G. die
258 <strong>Geschichte</strong> der Apotheke in Barth,<br />
8Ì0Q68, so etliche der stralsundischen Materialisten, außerhalb<br />
Iahrmarcktes alhir Wochenmarckt zu halten, expracticiret, gnediglich<br />
cafsiret unndt ussgehoben, alß wil ein ehrbar Rahtt<br />
auch drüber mit Ernste halten unndt wieder die Contrav'enienten<br />
der Gebüer nach exequiren.<br />
Damit aber auch gleichwol die Armuth in den Materialien<br />
von ihme nicht übersetzet werden müge, sol er nicht allein<br />
vorbunden sein, gute frische und untahdelhafte Wahren sich zu<br />
vorschaffen, sondern auch dieselbe an voller Gewichte unndt,<br />
soviel immer thunlich, bevorab bey Vorkauffung gantzer unndt,<br />
halber Pfunden, nach dem stralfundischen Materialisten, doch<br />
nach Bonitet der Wahren sich zu richtten, domit also die Bürgerschafftt<br />
nicht vorursachett, ihmc mit seinen Wahren vorbey<br />
zu gehen unndt ihre Noturfftt vom Stralsund überbringen zu<br />
laßen.<br />
Schließlich wil auch u. g. F. unndt Herr die C0Q0S8-<br />
8Ì0H68) so Ihrer f. G. einern oder andern unser Bürger in<br />
Bardt über Wem, frömbde Bier unndt ^. vitH6 schencken erteilet,<br />
gleichergestaltt cassiret unnd vor nötig erachtet, daß zu<br />
Erhaltung des Apotekers Nahrung solches allein bey der Apoteken<br />
an UnPflicht gelaßen werden sol. Alß sol er sich schuldig<br />
sein, sich allewege gueter unndt unverfälschter schmackhafter<br />
Getrencke, insonderheit neben andern der reinisschen Weine umb<br />
der Frömbden unnd Krancken willen sich zu beflißen, den Kauf<br />
auch nicht zu hoch steigern, weiniger die Leute mit geringer<br />
Maße oder sonsten zu übersetzen.<br />
Damit auch eiue gewiße Maße der frömbden Biere fein<br />
muge, fol ihm nur erlaubet fein, greifeswaldifche Mumme,<br />
stralsundische uundt rostocher Vier ueben den bartischen Bier<br />
zu scheucken, würde er aber anderswoher Bier ihme zubringen<br />
laßen, sol ihm solches, sobalt mans erfehret, genommen unndt<br />
den Armen gegeben werden.<br />
Solte auch künftig endweder einem erbarn Rahtt nicht<br />
gelegen fein, obbemelter Adamum Frölichem in diefer ihrer<br />
Bestallunge lenger behalten, oder ini Kegentcil ihn, lenger<br />
drin zu vorharren, fol ein Theil dem andern ein Ihar zuvor
von Dr. v. Vülow. 259<br />
die Loßkündiguug zu tnhn verbunden sein, nnd was alßdan<br />
an Materialien, Compositen unndt andern vorhanden sein wirt,<br />
so zn einer Apotcken gehörig nnd nötig, sol der Sueeessor<br />
ebenermaßen nmb billigen Preiß anzunehmen nnd nach vcrstendiger<br />
Lente Taxation zu behalten schuldig sein. Urkundlich<br />
sein dieses Contraets zwey Reecße gleichs Lauts aufgericht unndt<br />
init beiderseits Contrahcnten Zusiegeln bestctiget. Actum den<br />
15. Februar A" ^1^622.<br />
Aus dem Contraet geht hervor, daß die Apotheke <strong>für</strong> ihr<br />
Bestehen doch sehr auf deu Ausschank von Getränken angewiesen<br />
war, denn zu den aufgehobenen Concessionen der<br />
stralsunder Bürger von 1618 kommt hier noch die Cassatimi<br />
aller in Barth selbst vorhandener Schankgerechtigkeitcn von<br />
Wein, fremden Vieren, Aquavit ?c., welche Getränke von nun<br />
an nur in der Rathsapotheke (der Rathskeller wird nicht erwähnt)<br />
geschenkt werden sollten. Es war indeß zu erwarten,<br />
daß die durch solche Maßnahmen geschädigten Kramer diese<br />
Einschränkungen ihres Gewerbebetriebs nicht ruhig hinnehmen<br />
würden, und da Klagen bei dem Herzog Philipp Julius nichts<br />
halfen, dieser vielmehr dnrch zwei kurze aber scharfe Maudate<br />
an den Rath vom 10. April 1623 und 31. März 1624 nach<br />
dem „erweiterten uud eonfirmirten Privilegio in allen seinen<br />
Klauseln nnd Puneten alles Appellirens oder Protestirens<br />
ungeacht gelebt wisseu" wollte, so giug die gesammte Kramerzunft<br />
mit einer Klage an das kaiserliche Kammergericht. Sie<br />
wollten „lieber zweytausend Gulden vorkehren oder nicht gewinnen,<br />
alß vor sich unndt ihre Nachkommen solches Handelß<br />
sich begeben." Die Alterleute der Kramerzunft waren damals<br />
Herminius Klyc und Cafpar Detmer. Das Resultat des Prozesses<br />
ist uicht bekaunt, wie denn überhaupt die Varther<br />
Apothekeraeten des Staatsarchivs aus der herzoglichen Zeit<br />
hier schließen, denn ein von einem Carl von Iasmuud aus<br />
Rügeu vom 11. September 1619 am Apotheker Nie. Wandesleben<br />
begangener Hausfriedensbruch ist ohne Bedeutung <strong>für</strong><br />
die <strong>Geschichte</strong> der Apotheke.<br />
Nach Oom a. a. O. hat die Apotheke noch bis 1672
260 <strong>Geschichte</strong> der Apotheke in Barth,<br />
also über 50 Jahre in der geschilderten Weise weiter bestanden,<br />
dann ist sie aber eingegangen, nm erst Zn Anfang des 18.<br />
Jahrhunderts wieder neu eingerichtet zu werden. Im Jahre<br />
1706^) bewarb sich ncmlich ein Apotheker Petrns Schultz bei<br />
der schwedischpommerschen Regierung um eine Concession, indem<br />
er sein Gesuch damit motivirte, den Vrunnengästen beim<br />
Kentzer Brunnen den Sommer hindurch näher zu sein. Freilich<br />
war die ihm angebotene frühere Apothekerwohnnng während<br />
der dreißigjährigen Vacanz ganz verfallen, so daß die statt<br />
Miethe zu zahlenden 10 Thlr. etwas ungebührlich erscheinen,<br />
und der Petent hievon und von den bürgerlichen Lasten<br />
wenigstens das erste Jahr befreit sein wollte. Auch den Gewürz-<br />
und Aquavithandel, den der Rath ihm nicht gestatten<br />
wollte, bedang er sich als bei einer kleinstädtischen Apotheke<br />
unentbehrlich ausdrücklich aus, erreichte es auch, daß der Rath<br />
unter dem 12. April 1706 von der Regierung angewiesen<br />
wurde, „dem Supplieanten in seiner zu der Stadt und Landeß<br />
Einwohner Besten abzielenden Intention mehr behulff- als<br />
hinderlich zu fallen, und wo uicht ein Mehrers, dennoch die<br />
in allen solchen Städten denen Apothequern gegönnete Freyheit<br />
bey Präparir- und Verkauffung der Medikamenten den Gewürtzhandel<br />
und das Aquavitschenken zu treiben, ebenfals<br />
demselben zu verstatten und zu aceordiren."<br />
Das Vesitzverhältuiß der barther Apotheke vom letzten<br />
Viertel des 16. bis zum ersten Viertel des 18. Jahrh, ist also<br />
folgendes:<br />
1572 der Kanzler Di-. Bernhard Macht.<br />
1575 der Rath.<br />
1591 der Apotheker Peter Zizow.<br />
1617 der Rath, der sie alsbald an Nicolans Wandcsleben<br />
verkauft.<br />
1622 der Rath, Adam Frölich als Pächter.<br />
(1672—1706 existirt keine Apotheke in Barth.)<br />
1706 der Apotheker Peter Schultz.<br />
") Staatsarchiv zu Stettin: Schwed. Arch. Tit. 119. Nr. 84.
Der Grabhügel bei Staffelde<br />
und das Dorf Delne.<br />
Von Pastor A. Vogel in tzohen-Reinkendorf.<br />
(Hierzu eine Tafel.)<br />
In der Nähe des Dorfes Staffelde, nur 362 Schritt von<br />
der nordwestlichen Ecke desselben entfernt nnd südlich am Wege<br />
nach Tantow, lag auf einer Anhöhe ein vereinzelter Hügel, der<br />
in der Umgegend weithin sichtbar war. Derselbe ist zu Anfang<br />
des Jahres 1877 abgetragen worden und hat sich dabei<br />
als ein künstlich errichtetes Grabmal aus heidnischer Vorzeit<br />
erwiesen. Als ich Gelegenheit hatte, die Stelle in Augenschein<br />
zu nehmen, war die Abtragung bereits vollendet. Große<br />
Steine lagen in Menge umher, und auf meine Frage nach<br />
etwa gefundenen Alterthümern zogen die mit der Abfuhr der<br />
Steine beschäftigten Arbeiter zwischen den Steinen zwei Scherben<br />
einer schwarzbraunen Urne hervor, die einzigen, die meines<br />
Wissens vor der Zerstörung bewahrt geblieben sind und sich<br />
jetzt im Besitze unserer <strong>Gesellschaft</strong> befinden. Diese Urnenreste<br />
sind dadurch besonders eigenthümlich, daß die eingeritzten Verzierungsstriche<br />
mit ganz kleinen weißen Muscheln ausgelegt<br />
waren, daß ferner die eine Scherbe das in rohen Strichen eingeritzte<br />
aber doch deutlich erkennbare Bild eines Pferdes zeigt.<br />
Ich erinnere mich nicht, in dem Alterthumsmuseum des stettiner<br />
Schlosses irgend eine Urne mit ähnlicher Verzierung durch
262 Der Grabhügel bei Staffeide,<br />
Muscheln oder Bild gesehen zn haben. Die weiteren Nachforschungen<br />
nach dem Vcfnnd des Hügels, deren Resultate ich<br />
besonders den Vcmühnngen des Herrn Lehrers Heydemann in<br />
Pargow zn verdanken habe, ergeben das Folgende.<br />
Der Hügel war 18 Fnß hoch nnd hatte die Gestalt eines<br />
ländlichen Backofens in vergrößertem Maßstäbe. Er war äußerlich<br />
mit einer 1^/2 bis 2 Fuß dicken Lehmschicht umgeben und<br />
mit Gras bewachsen. Am Grunde desselben lag ein Kranz<br />
von großen Steinen, von denen einzelne wohl ein Gewicht bis<br />
zn 8 Ctr. hatten. Der damit eingeschlossene Ranm war dann<br />
mit kleineren, sogenannten Dammsteinen und Lehm ausgefüllt.<br />
Der nächste Kranz war kleiner, zeigte anch äußerlich nicht so<br />
große Steine, und so fort bis zur Spitze, wo ein eigenthümlicher<br />
Stein als Schlußstein eingelegt war. Ans dem Grunde<br />
des Hügels befand sich eine Steinkiste, deren Innenseiten ungefähr<br />
2 uud 3 Fuß maßeu. Im Ganzen wurdeu fünf Urnen<br />
gefnnden. Zwei schwarzbraune standen in der Kiste; die drei<br />
anderen von mehr lichter gelblicher Farbe standen dicht neben<br />
der Kiste an der West-, Süd- uud Ostseite derselben. Knochenreste<br />
und Asche fanden sich nur in den Urnen, anderweitige<br />
Gegenstände nirgends. An den nuumehr verschwundenen<br />
Hügel schloß sich folgende Sage an. Es liege in demselben<br />
ein heidnischer Fürst mit so vielem Golde uud anderen Kostbarkeiten<br />
begraben, daß wenn sein Fürstenthnm ganz abbrenne,<br />
es von diesem Golde wieder aufgebaut werden könne, oder nach<br />
anderer Lesart wieder aufgebaut werdeu solle. Von diesen<br />
Schätzen hat man nichts gefunden, anch war keine Spur vorhanden,<br />
daß der Hügel jemals geöffnet worden wäre.<br />
Nach der Volksmeinung soll Staffelde zu der Zeit, als<br />
der Grabhügel errichtet wordeu, an einer andern Stelle gestanden<br />
haben, woranf die noch hente gebräuchliche Benennung<br />
einer im SW. des jetzigen Dorfes gelegenen 203 Fuß hohen<br />
Anhöhe als „Schloßberg" hindeuten soll. Feruer weiß jedermann<br />
von einer verschollenen Stadt zu erzählen, die südöstlich<br />
vom alten Schloßberg ans der Stelle, welche der Eselsdrink<br />
heißt, gelegen und den Namen „Schehlen" gehabt habe. Anch
von Pastor A. Vogel. 263<br />
Staffclde sei früher „Stadt Staffelde", nnd die Banern daselbst<br />
„Bürger" genannt worden.<br />
Znr Erklärung der letzterwähnten Sagen ist zn bemerken,<br />
daß der verschollene Ort Schehlen wahrscheinlich mit der villa<br />
vkliio oder I)oi6n identisch ist, welche in der Gründungsurkunde<br />
der Stadt Gartz von 1249 als Grenzpnnkt genannt wird, bis<br />
wohin das Odcrbrnch stromabwärts der Stadt gehören sollte. ^)<br />
Delne ist aber wohl nichts anderes als das polnische und niederwcndische<br />
doln^, äolno — das untere, Nieder-. So<br />
dürfte die verschollene „Stadt" nichts weiter sein als das frühere<br />
„Unterstaffclde", das damals ebenso wie das obere sich<br />
mehr südlich ausgedehnt haben mag. „Unterstaffelfelde" werden<br />
noch jetzt einige mehr nördlich in der Nähe der Oder gelegene<br />
Häuser genannt. Der Name Delne würde dann überhaupt einen<br />
Gegensatz Zndem Namen Staffelde enthalten, der in seiner ältesten<br />
Form 8t0p6ii6^) jedenfalls auf das flavifche stopion ^ die<br />
Stufe, Staffel zurückzuführen ist (wovon auch der erste Theil<br />
des Wortes Stubbenkamer abgeleitet werden muß). In der<br />
Altmark findet sich außer eiuem Dorfe Stapel bei Osterburg<br />
noch ein Stapen bei Betzcndorf; ein Dorf Staffelde liegt bei<br />
Soldin in der Neumark, ein anderes bei Nauen im Osthavellande.<br />
Es verhielten sich also Stoftelle und Dclnc wie in<br />
jetziger Zeit Hohen- und Niederzaden, Ober- nnd Unter-<br />
Schöningen, Ober- und Unter-Staffelde. Daß bis Unterstaffelde<br />
das Gartzer Oderbrnch gereicht hat, kann nicht<br />
auffallen, da noch in neuerer Zeit der sogenannte Greifenhagensche<br />
Zoll, ein Etablissement in den Wiesen am rechten Oderufer<br />
bei der Mcscheriner Brücke, zu dem Eigenthum der Stadt<br />
gehörte. Noch bliebe aufzuklären, warum die Staffeldcr<br />
Tradition den verschollenen Ort nicht Delen, sondern Schehlen<br />
oder Tschelcn nennt. Man wird versucht, an eine spottende<br />
') Pomm. Urkbch. 1. S. 378. Schladebach, Gesch. der Stadt Garz,<br />
Seite 35 ff. Zu Delne vgl. s,'(xl. äpi. ?om. v. Hasselbach ii. Koscgarten<br />
S. 609, Anm. 6.<br />
^) ('od. (Ij)1. I'om. von Hasselbach und Kosegarteu, Nr. 465,<br />
S. 933. Urk. v. 6. Oct. 1251.
264 Der Grabhügel bei Staffelde.<br />
Entstellung des rechten Namens zn denken und könnte dann<br />
auf das polnische L^o^oin^ — dicht oder das wcnd. «c^öin^<br />
aäj. von scialo die Leiche rathen.<br />
Die beifolgende Zeichnung mag die Lage der vorerwähnten<br />
Oertlichkeiten veranschaulichen.
oi<br />
llls Deine.<br />
>
Seiträge zur <strong>Geschichte</strong> von Miß<br />
im dreißigjährigen Kriege.<br />
Von Dr. von Vülow, Staatsarchivar.<br />
Der am 30. April 1623 zu Iüterbock abgehaltene Kreis-<br />
tag des obersächsischen Kreises hatte, nm die Sicherung der<br />
Grenzen gegen ordnungslos umherziehende Söldnerschaaren<br />
besorgt, die Aufstellung einer größeren Truppenmacht be-<br />
schlossen; 6000 Mann zu Fuß und 2000 Reiter sollten an-<br />
geworben und die Mittel dazu durch eine außerordentliche<br />
Steuer zusammengebracht werden. Der bekannte Widerwille<br />
der Stände gegen solche Maaßregeln wußte allerdings die<br />
Last etwas herabzumindern, indem er es durchsetzte, daß ein<br />
Theil dieser Mannschaft, obgleich die Gefahr noch dieselbe war,<br />
schon nach drei Monaten wieder abgedankt wurde; in die Er-<br />
haltung der übrigen mußte man wohl oder übel sich finden.<br />
Der auf Pommern fallende Theil dieser Truppen stand unter<br />
der Führuug des Asmus von Glasenapp und war bis zur<br />
Musterung auf der stettiner Lastadie und beiden Wieken, sowie<br />
aus den Eigenthumsortschaften der Stadt untergebracht. Der<br />
dcsfallsige Befehl Herzogs Vogislav 14. lautetet)<br />
Non Gottes Gnaden Bogischlaf, Herzog zuc Stettin<br />
Pommern ?c. Fürst zu Rügen. Unsern Grus zuvor! Erbare<br />
und Ersame, Liebe, Getreue! Es ist euch nuhnmher kundt,<br />
anß was unnmbgenglicher Noth uns oblieget, zu Folge des<br />
') Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Nrch. ?. I. Tit. i:N. Nr. 114.<br />
17
Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> von Politz,<br />
jüngsten obersächsifchen Craißschlusses zue Giieterboek in müglichster<br />
Eile ezliche Fehnlein Knechtte werben undt ans die<br />
Beine bringen zu laßen, Gestalt wir dan unserm bestalten<br />
Oberleutenandt Aßmus Glasenappen^) Commiß gebenn, solche<br />
Werbung stunds ahn vorzustellen. Weil er dan dorauf albereit<br />
uicht allein ezliche der Unterofsicirer undt gemeinen Vefehlighabern,<br />
sondern auch eine gute Anzahl Soldaten besprochen<br />
undt anhero zur Handt gePracht, auch teglich derer mher unndt<br />
entlichen die vollige Anzahl erwartet, dabei aber die Notturfft<br />
erfurdert undt Herkommens ist, das dieselbe alhier, da die<br />
Musterung bestimmet, algemach verleget undt einquartieret<br />
werden: Alß befehlen wir euch hiemit gnedig unndt ernstlich<br />
wollend angesichtes den Niederwikischen alhier anzndeuten, sich<br />
gefast zu machen, das sie auf des Forierers Anmelden etwa<br />
ein oder zwei hundert, oder soviell es die Gelegenheit leiden<br />
will, zur Losierung aufnehmen, bis so lang das die Musterung<br />
vorgengig undt die Soldaten Zue Felde können geführet werden.<br />
Was nun daselbsten von izvorhandenem undt hernegst teglich<br />
mehr zulauffendem Volcke uicht losierenn kan, muß in die<br />
Oberwiecken, Lastadien oder wo es sonst der Oberleutenant am<br />
füeglichstenn erachten undt angeben möchte, vertheilet undt aufs<br />
eiue geringe Zeit eingeleget werden, dazu ihr den minder nicht<br />
zu gedencken undt dasselbe zu befurdern habet. Dakegen wir<br />
dan die ernste Versehung bei unserm Obristen undt Kreigsofficirern<br />
thuen wollen, das dieselbe Knechtte ehest gemnstert zu<br />
Felde verschaffet werden, undt innenmittelß ein iglicher umb<br />
sein Geldt zehren, sich schiedt- undt friedlich kegen feinen Wird,<br />
deßen Haußgenoßen uudt idermenniglich verhaltten und bei<br />
Vermeidung gepührlicher Straff Keimandt unzimbliche Ve-<br />
^) Derselbe kommt in den Acten wiederholt vor nnd wird seine<br />
Bestallung als Befehlshaber der herzoglichen Soldtrnppcn anch etwa<br />
um diese Zeit erhalten haben. Im Jahre 162? bat er, da ihm wegen<br />
seiner Dienste eine besondere Velohnnng zngesagt war, nin Velehnung<br />
mit einem See und Vnsch, die Made genannt, bei Vnblitz, der<br />
früher im Besitz seines Geschlechts gewesen war; doch erhob die Stadt<br />
Vnblitz Einsprache hiergegen.
von Or. v. Vülow. 267<br />
schwcer zuefügcn sollenn. Wie nnhn die nnnmbgengliche Noth<br />
Solches erheischet, alß geschieht daran nnsere zuvcrleßige<br />
Meinung. Datnm aufs unserm Residenzhauße Alten Stettin<br />
29. May Anno 1623.<br />
Wie stark die Einquartierung gewesen, ist aus den Acten<br />
nicht ersichtlich; bald aber liefen von allen Seiten Klagen über<br />
die zu große Last sowie über das ungebührliche Betragen der<br />
Soldaten ein. In Scheune nnd Krekow, den beiden<br />
stettiner Eigenthumsdörfern, waren bei jedem Baumann sechs<br />
Soldaten und bei jedem Kossäten zwei ohne die dazu<br />
gehörigen Weiber und Inngen eingeleget worden, uud anderwärts<br />
war es nicht weniger. Dazu gefährdeten die zügellosen<br />
Landsknechte Eigenthum und Leben der Bewohner ans das<br />
Höchste. Der stettiner Nathsverwandte David IlUes^)<br />
berichtete, „daß am verschienen Sontage, ist gewehsen der<br />
6. Inly, 3 Soldaten in der Breitcnstraßen am kleinen Papcnstraßenordt<br />
geseßen undt auf Hüner gelawcrt, wie sie dan<br />
auch eins, welches dem Becker Hanß Schnlzcn gehörigk, wegbekommen",<br />
„hernach wehren sie nach der großen Papenstraßen<br />
gangen undt dem Schneider Caspar Dusterbeckeu 3 Hüner ge-nommen."<br />
In beiden Fällen gelang es den Eigenthümern<br />
indeß, den Dieben ihren Nanb wieder abzujagen; schlimmer<br />
aber hätte es enden können, als „newlichcr Tage ein Soldatc<br />
auf der Mönchebrügge gestanden unndt eine mitt einer Kngell<br />
geladene Mnßquete über die Oder nach der Lastadien abgeschoßen,<br />
da dan des Fnrstl. Zölners Andreß Elerß<br />
Haußfraw vor der Thür gestanden uundt mit einer andern<br />
Frawen geredet, welcher die Kngell über der Achsel! in die<br />
Mawer geflogen, daß ihr der Kalck nmb den Kopf gestoben."<br />
Am meisten aber hatte sich die Stadt Pölitz zu beklagen,<br />
die wie die andern stettiner Eigenthumsörter ihren Theil von<br />
der Einquartierung erhalten hatte; und zwar waren ihr 700<br />
Mann angesagt worden, was den armen nnr von Fischerei<br />
Er war 1619 Senator in Stettin und starb 1634.
268 Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> von Pölitz,<br />
und Hopfenbau lebenden Ort, der keinen Ackerbau betrieb und<br />
alle Lebensmittel an Korn, Bier ?c. aus Stettin bezog, dem<br />
Untergang nahe bringen mnßte. Bürgermeister und Rath<br />
wandten sich daher in einem wehmüthigen Schreiben nach<br />
Stettin als ihre Herrschaft mit der Bitte um Rath und Hülfe:<br />
Edle, Ehrnnvehste, Achtbahre, Hoch- unnd Wolgelahrte<br />
auch Wolweise, insonders großgünstige, gebietende Erbherrn!<br />
Vormittelst unser pflichtschuldigen unndt gehorsahmen Dienstenn<br />
Anerbietung mugen denselben wir zu berichten nicht umbgehenn,<br />
wie das heute umb 10 Uhr I. F. G. Krigsoberste, der edler,<br />
gestrenger unndt ehrnnoehster N. v. Glasenap samftt etlichen<br />
seinen Leibdienern unndt andern Obersten alhie zu unß angelanget,<br />
andeutende das er gesonnen 700 undt mehr Fußvolck<br />
<strong>für</strong>s Stedtlein in einem Gezelt zu legenn. Nun erinnern sich<br />
E. E. A. Wolw. unndt G. gutter Maßen, daß wir albereits<br />
43 fl. unndt etliche Groschen Krigssteur einantworten laßenn,<br />
mit Erbietenn, da in Alten Stettin abermahl dießfals eine<br />
Steure angesaget würde, auch unsere MotHm. nach unserm<br />
geringen Vermugcn mit zu contribuirei:. Wan wir aber in<br />
Diesem uuß nicht zu rahtenn wißen, als gelanget hiemit ann<br />
E. E. A. Wolw. unndt G. unser unterdienstfleißiges Pitten,<br />
dieselbe hoher Obrikeit Ampts halben in diesem unß Schutz<br />
halten nndt mit guttem Rahtt unterweisenn unndt beywohnen,<br />
auch dabeneben in Gonsten erwehgenn, daß eß unß ein wahre<br />
Unmuglikeit sey, einen solchenn Hauffeun Bolcks aufm Halse<br />
liegend haben, den wir offt weder Bier noch Vrodt habenn,<br />
davon unsere Mitbürger undt die Armuth kann erhalten<br />
werden. Erwarten E. E. A. Wolw. und G. gutten Naht<br />
unndt Bescheids dieselben sampt uud sonder gottlicher Allmacht<br />
getrewlich empfelend. Pölitz den 6. August A"- 1623.<br />
E. E. A. Wolw. unndt G.<br />
uuterthänige und gehorsahme<br />
Burgermeistere und Rath.<br />
Eine Eingabe, welche der Rath von Stettin deshalb an<br />
den Herzog machte, half ebenso wenig als eine von derselben<br />
Behörde an die zügellose Soldatesca gerichtete Verfügung vom
von Di'. v. Vü'low. 269<br />
11. October 1623, worin den „erfahren undt manhafften alhie<br />
eingelegten Capitain nndt Soldaten" vorgehalten wurde: „waßgestalt<br />
bcedcß den Bürgern in unndt außer der Stadt mit<br />
Schimpfiren, Schmehen, Wegnehmen der Hüner, Enten ?e.<br />
alß auch dem armen Pawersman in unser undt gemeiner<br />
Stadt Eigenthumb allerhandt Drancksaal unndt Beschwerungen<br />
ohngeacht deß hochbetewertcn Artienllbriefes, ja wieder die<br />
erbahre Billigkeit undt christliche Liebe zugefügt" werde, weshalb<br />
der Rath ihnen hiermit ernstlich befehle, „alles Außlauffens,<br />
Gardenß undt Plagkcns in unser undt gemeiner<br />
Stadt Dörffern sich zu enthaltten."<br />
Die Stadt Pölitz erhielt richtig die angesagte Einquartierung<br />
und mußte derselben alles Verlangte an Mahlzeiten,<br />
Stroh 7c. liefern. Einige Einwohner haben fechs Mann über<br />
zwei Monate lang im Quartier gehabt, wobei von einer Vezahlnng<br />
feitens der Soldaten nicht die Rede war; vielmehr<br />
erhielten dieselben beim Abzüge meist noch recht ansehnliche<br />
Geschenke, abgesehen von den Bettlaken, jungen Hühnern und<br />
Gänsen, die während der Zeit auf unerklärliche Weise verloren<br />
gingen. Am deutlichsten spricht hierüber die Kostenliquidation,<br />
welche Pölitz nach Abzug deu Mannschaften einreichte und die<br />
sich auf 375 fl. 17 Gr. bclief, von denen aber nicht ersichtlich<br />
ist, ob die Stadt sie ganz oder auch nur theilweise je wiedererhalten<br />
hat. Bei der Kostenberechnung wurde folgende <strong>für</strong><br />
die Kenntniß der Lebensmittelpreise jener Zeit wichtige Taxe<br />
zu Grunde gelegt:<br />
<strong>für</strong> jede Mahlzeit 2 Gr. pomm.<br />
eine Gans 6 „<br />
eine Ente 4 „ ,,<br />
cm Huhn 3 „<br />
ein Banerbrot 2 ,, ,,<br />
eine Mandel Eier 6 „ ,,<br />
eine halbe Mandel Käfe 4 „ ,,<br />
ein Scheffel Hafer 24 ,,<br />
eine Mandel Stroh 12 ,, „<br />
ein Schinken 1 fl — ,, „
270<br />
Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> von Pölitz,<br />
was auf die Soldaten im Stedtlein Pölitz undt<br />
Dörff Meßentin an Unkosten, Inhalt aufgenom-<br />
mener Kundschaft aufgangen.<br />
1. Jochim Otto Bürgermeister.<br />
Von diesem hat Christoff der Furierer 9 Scheffel<br />
Habern geborget ^ 1 st. la.0it<br />
noch 1 Spaden ins Lager leihen müssen . .<br />
6 Scheffel Roggen hette er in der Nacht auß der<br />
Scheune verlohren, welche die Soldaten mitgenommen,<br />
^ 6 Ortsfl<br />
die Zufuhr des Holtzcs ungerechnet<br />
2. Michel Paull Rahtsverwanter zue Pölitz.<br />
7 Geuse hetten die Soldaten auf einmal todtgeschlagen<br />
ii 6 Gr. l^cit<br />
noch ein Tischtuch verlohren pro<br />
noch ihme 2 Vüeren vom Bette gezogen . .<br />
1 Schwein von 3 Jahren erschoßen pro<br />
dem Capitein Podewilsen ganzer 5 Wochen Leichte,<br />
Salz, Stro, anch Fntter undt Hew vor zwei<br />
Pferde geben müßen, so er zum geringsten<br />
rechnet ans<br />
3. Urfula Klokowes, Bürgermeister Matthies<br />
Pauls sehl. Witwe.<br />
2 Genfe nndt 5 Hüencr die Soldaten todt ge- i<br />
schlagen,<br />
noch haben sie einen Hanffeit Hew verfuttert<br />
fl.<br />
9<br />
1<br />
9<br />
st. j> 15<br />
Gr. Pf.<br />
—<br />
li 10<br />
2 —<br />
2 —
von Di'. v. Vülow. 271<br />
4. Peter Engelke, ein Bawman zuc Pölitz.<br />
Bor den Haber wehren sie ihmc schuldig gebliebeu<br />
noch hettc er ihnen thun müssen ^'4 Erbsen, 4<br />
Hüeuer undt 20 Eyer, so er schezet auf . .<br />
des Capitcins Crokoen 8 Pferde hctten 2 Fueder<br />
Hcw aufgefilttcrt, so wert gewesen . . . .<br />
noch hctten die Soldaten ihmc anch einen Haussen<br />
Hew weggetragen, welchen er nicht geben<br />
wollen <strong>für</strong><br />
5. Michel Sido, Bawman daselbst.<br />
Bruukoen Knecht hab er 5 Wochen fücdern<br />
müßen, begeret nun da<strong>für</strong><br />
Brunko, alß er 2 mahl Geste gehabt, verzehret<br />
!ft. Gr.! pf.<br />
12<br />
fl.! 14 ! 16j12<br />
eine Pferdedecken, undt 1 Keßel von 3 Pfunden 16,-<br />
6. Da vi dt Albrecht, Bürger in Pölitz.<br />
An Hakenwahrcn als Kcese, Spurten, Hering,<br />
Butter, Vrandtwcin, Speck die Soldaten ab-<br />
holen laßen inhalt Verzeichnis, so er mit seinem<br />
Eyde bekräftigen null<br />
noch verlohren 1 braunschlvigische Decken i)i'0 .<br />
noch 1 Degen <strong>für</strong><br />
noch 1 Pahr Violen Strümpfe pro . . . .<br />
7. Ein Raht zu Pölitz<br />
berichtet, das sie den Soldaten, so im Thor !<br />
daselbst Wacht gehalten, teglich 3 Ortssi, zue<br />
Bier undt Hering geben müßen, welches so<br />
lange gewehret, das es geworden . . . .<br />
welche 12 st. sie dem Schencken noch schuldig sein !<br />
.i 9j —
272<br />
Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> von Pölitz,<br />
noch 2 Tonnen Bier aufgangen, alß der Stadt ^! st. Gr.! Pf.<br />
Alten Stettin Abgeordnete den Obersten Leutenambt<br />
undt andere Vefhelighaber tractiret, l^oit<br />
die Soldaten hetten ihrem Hüetsman einen<br />
Haussen Hew weggetragen, so wert gewesen .<br />
8. Hans Möldeke, Schencke zue Pölitz.<br />
Diesem seindt die Soldaten über vorige 12 st.<br />
noch an Bierschuldt hinterstellig geblieben<br />
welches Bier Paul Varnstein, Christof undt andere<br />
bei ihm geborget<br />
1 zinnerne Kanne anßm Keller wegkommen pro<br />
9. Jochim Timme, Rahtman zue Pölitz.<br />
Hat des Leutenambts Diener anstaet des Habern<br />
gegeben<br />
dem Leutenambt an Brot folgen laßen . . .<br />
oiäslli 2 Pahr Hücner <strong>für</strong><br />
des Oberleutenambts Kutscher eine Axt gethan pro<br />
dem Furierer Christof eine Radehacke....<br />
den: Obersten Leutenambt eine Vencke pro . .<br />
1 Schüßel ^i-o<br />
ein Handtuch ^ro<br />
ein stehen Laken<br />
ein Pfuel<br />
noch hetten sie eine Decken mitgenommen pro .<br />
zum Lager 4 Fueder Holz auß seinem Hause<br />
folgen laßen<br />
fl. j!27 ^ —j —<br />
125<br />
st. ^27! —j —<br />
1<br />
—<br />
—<br />
1<br />
1<br />
1<br />
—<br />
3<br />
3<br />
3<br />
5<br />
2<br />
26<br />
24<br />
24<br />
10<br />
—<br />
16<br />
16<br />
—<br />
—<br />
—<br />
21<br />
24 10
von Di'. von Bülow. 273<br />
10. Ern Ludovici Hollonii^), wcilaudt<br />
Pastoris zu Pölitz fehl. Witwe berichtet, das<br />
ihr die Soldaten 5 Geuse genommen, so sie ^fl. !Gr.> Pf.<br />
schezet auff<br />
11. Ehr Paulus Schmidts Pastor Zu<br />
Pölitz, saget das die Soldaten Marienkirchen<br />
Hölzlein verlängst der Beke, wie auch S. Peterskirchen<br />
Holz, so Virchholz ist, fast ausgehawen,<br />
S. Iürgenshospitals Zaun weggebrochen.<br />
Die Soldaten ihme eiue Zuchtsaw erschoßen uudt<br />
2 Kelber mitgenommeu, so zue schetzeu<br />
^) Ludwig Hollonius, aus Westphalen gebürtig und vorher<br />
in Vraunsfort Pastor, war auch ^oow laui-oatuL und starb 1621.<br />
Seine Wittwe Anna Rintelmann, mit der er sich 1596 vermählt hatte,<br />
war ans Hameln. Er veröffentlichte: 8ouimum vit^ 1ium3.uli6, ein<br />
Lnstspiel mit Herzog Philipp dem Guten von Burgund und einem<br />
betrunkenen Baner als handelnden Personen 1606: lidi-i<br />
miuunl 1609; «Iudii26U8 mliFiiuL, c^ui o8t annua Ni11o8i<br />
t68Ìmu8 Ä ^I.tlili ^68U Odlisti Domini ll.c Luivatoi'iZ UUIN3.UÌ<br />
1-18) OlirmillL (!6i6di'!itu8 por I^uäovieum H0II011ÌNM, in<br />
1^öUt2 ?li8t0i'6m. 866ÌUÌ t^pi8 KQ6ti^ui8. 4" s) Vll. Ferner:<br />
Zwo erbauliche Pedigten aus dem XII. Capittel Lucä Vom Reicheu<br />
Menschen, dem die Schenne zn klein wird, unnd nuu fresseu und saufen<br />
wil, aber des Nachts plötzlich stirbt, auff die Kornreiche zeit<br />
appliciret nnd gehalten durch I^udovioum Hoiiomum, ^lr8t0i'6ui im<br />
Städlein Pölitz. Zu eud ist augehengt eine 3Vi^0i)8ÌL 1ii8t0rio!i von<br />
Thewren nnnd wolfeilen Jahren. Gedruckt zu Alten Stettin dnrch<br />
Joachim Nhcten ^uno
274 Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> von Pölitz,<br />
12. Der Schulze zu Meßcntin, Märten<br />
Harteke, Michell Maßo uudt Michel<br />
Schwarzo vor sich uudt im Nahmeu der<br />
ganzen Nachbarschaft berichten, das sie 2 Soldaten,<br />
so zur Wacht bestellet, ganzer 5 Wochen,<br />
dem einen teglich auß 14 Fischerheuser 28 Gr.<br />
noch teglich 2 Gericht Fische, zu 6 Gr. gerechnet,<br />
den andern Soldaten die übrigen 12 Pauren<br />
alle Tage zwei Mahlzeiten speisen und ^/2<br />
Stübchen Vier ihne geben müssen, zu rechnen<br />
auf 1 Tag nur 4 ßl, i^it<br />
die 4 Vawleute haben dem Obersten Leutenambt<br />
6 Scheffel Habern geben müßeu ^ 3 Ortsfl.<br />
13. Christoff Steiuführer, Müller in der<br />
Obermühle vor Pölitz.<br />
Hat durch die erbarn Gerichte daselbst den Schaden<br />
besichtigen uudt taxireu laßen, producirt<br />
d68ÌAiHticm0in 6X6088UUIN) so sich belauft<br />
iu die<br />
inmaßen im inäti-umonto zue befinden.<br />
14. Der Richter zu Pölitz, Jochim Natstörf, ^<br />
berichtet Ambtshalben das die Soldaten Iere- ^<br />
mias Härteten Zaun, so negst ihrem Lager, <<br />
ganz weggerrißen undt verbrendt, welcher ^<br />
Zaun zue schezeu<br />
Verndt Kannemachers Zauu<br />
30<br />
6<br />
5 5<br />
! 4<br />
Gr.<br />
20<br />
18<br />
26<br />
16<br />
Pf.<br />
12<br />
72 ! — ! —
von Ni', von Vülow. 275<br />
15. Das Nirchenholz, so die Soldaten vor Pölitz<br />
außgehawcn, ist von dem Gerichte geschezet auf<br />
Alles inhalt hierüber verfertigten Instruments.<br />
Summarum Alles, was oben specificiret, machet<br />
375 fl. 17 Gr.<br />
ori'01'0 c^Ionii.<br />
fl.<br />
50<br />
Gr. Pf.<br />
Die Gefammtsumme dessen, was in allen stettiner Eigcnthumsortschaftcn,<br />
Pölitz und Messentin mitinbegriffen, verzehrt<br />
worden war, belief sich ans 6322 fl. 5 Gr.<br />
Zur Zeit der kaiserlichen Einquartierung, die den<br />
pommerscherseits gemachten schwachen Versuchen, sich selbst zu<br />
schützen, sehr bald folgte, ging es Pölitz nicht besser. Aus<br />
dem reichen Material möge hier nur ein kurzer Bericht überdie<br />
Leistungen stehen, die das Städtchen zu Anfang des Jahres<br />
1627 an zwei Compagnien Kaiserliche zu geben hatte. Dieselben<br />
erhielten an Roggen statt des Hafers vom 1.—10. Januar<br />
geliefert: 28 Wifpel, 8 Scheffel, an Bier täglich jede<br />
Compagnie 4 Tonnen, zusammen 60 Tonnen.<br />
Dann heißt es weiter:<br />
Daselbst (in Pölitz und Messentin) habenn gelegcnn<br />
2 Compagnien, der H. Leutenandt De la Fortune, der Cornett<br />
Hans Jacob Galler, ein Freyherr nebst andern Offieirern, unnd<br />
habenn in Pöliz gelcgenn vermöge der bey der Inquisition<br />
eidtlich auffgenommenen Verzeichnuß 567 Pferde, 394 Personen.<br />
Wirdt nur geringe unnd genaw uff jedes Pferdt unnd jede<br />
Person Tag unndt Nacht ^/2 st. gesezt. Ist den Tag <strong>für</strong> ein<br />
Pferd unnd einen Mann 1 fl., tregt auß auff 16 Tage auf<br />
Pferde die Summe 4536 fl.<br />
auff Personelt, welche Tag und Nacht gesoffen . 3136 -<br />
Dieses Sa. Summarum 7672 fl.<br />
Wein unnd Brantewein, so ihnen den Soldaten die Leute Zwangsweise,<br />
wo sie nicht wolten geprügelt, außgeschelmct unnd außgehuret<br />
werdenn, auß Stettin umb ihr eigen Gcldt, welcheß
276 Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> vou Pölitz.<br />
sic auß ihrer Nahrung dargebcn unndt theilß leihcnn unudt<br />
aufborgen müßen, geholct, belaufst sich auf . 142 ^2 fl.<br />
ann Gelde in Pöliz abgezwungen . . . . 170 -<br />
denn Messentinschen über gesetztenn überflüssigem:<br />
Unterhaldt abgedrungen . . . . 1W<br />
Ist also vonn unndt aus Poliz unnd Meßentin zusammen<br />
die ganze Summa Summarum 8160 fl.
Lieferungen zum Hofhält Waüensteins^<br />
1627 ff.<br />
Verzeichnuß^)<br />
derenSachen, so vorI.F.G. Herzogen znFricdtlandt<br />
und Sagan von allerley Victualien zur<br />
Küchen Noturft teglich von Fischen und sonsten<br />
bedurffen, als nemblich<br />
Carpen 4 Schock<br />
Hechte, groß, klein und mittel 60<br />
Speisefischlcin 60<br />
Ahl, von Colbaz 6<br />
Gründet 4 Maeß<br />
Nhlrupen ,<br />
Braßen i von Uckcrmünde<br />
Barmen ^ was man werde bedurften, des uun in Vor-<br />
Stöer l raht verbleiben soll und verHanden.<br />
Eyer !<br />
Pntter, frische nnd geschmelzte, so viel man werde bednrffen.<br />
Schön weiß Wechl zn Postetcn und Puttcr teglich ^/4<br />
Weineßig 10 Pint<br />
Viereßig ^/2 Eimer<br />
Salz 2/4<br />
Schöne Erbsen '/3<br />
Schmctcn oder Milchramb 4 Macs<br />
Milch tcglich 4 Waßerkanncn<br />
') Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I. Tit. 4^. Nr. 57.:<br />
Kayserlichc Kriegssachrn aus dcu Jahren 1
278 Lieferungen zum hofhalt Wallenstems,<br />
Stockfisch oder Rohtscheer 12 Stück<br />
Platetschen oder Schulten 60 „<br />
geweßerten Hering 40 „<br />
Bückling )<br />
Bricken , was man werde bedurften<br />
Sardelen '<br />
Englische Oesterln<br />
Pfefferkuchen<br />
Holz, was man bedarf<br />
Kohlen<br />
frische oder dürre Schwammen oder Pülze<br />
Krebse<br />
Honig 2 Pint<br />
An Semmel undt Rundtstück 400<br />
Rogkenbrodt Ruudtstück zu 2 Pfd 300<br />
An Wein <strong>für</strong> I. F. G. Taffel und audre Speiseweine<br />
teglich 6 Eimer<br />
An Vier 3 Faß<br />
Eyß<br />
An Fleisch tcglich:<br />
gemeste Ochsen 2 Stück<br />
Kelber 6 „<br />
Schubsen 12<br />
Lemmer 8 „<br />
gemestete Schweine 1 „<br />
indianische Huener 6 „<br />
Caphuenen 20 „<br />
alte Huener 40 „<br />
junge Huener 60 „<br />
junge Tauben 20 Par<br />
junge Spähnfärckel 4<br />
Speck 1 Seite<br />
Putter undt Schmalz ^ <
von Di'. von Vülow. 279<br />
Knoblauch, Rctig, Petcrzillig, Kümmel, Rüben, Sallat,<br />
Spinaht, Salbciblctter, Noßmarin, Meioran, Kohl,<br />
Stechbern, Spargel nnd sonstcn, was man bekommen kan.<br />
Von allerhandt Specerey und Confect<br />
gestoßen Saffran 1/2 Pfd.<br />
, ganz und gestoßen Pfeffer 1^/2 „<br />
ein Pfd. gestoßen Ingber 1 „<br />
gestoßen Neglein 1/2 „<br />
ganz und gestoßen Zimmet 3^/z „<br />
Mnßeatenblumen ^/2 „<br />
eingemachten Citronat und Cieori, Pome-<br />
ranzenblnuien, Dorten und Brunelle« 8<br />
Ricß<br />
N)<br />
/ Mandclambrosin<br />
60<br />
Diebeln<br />
4<br />
frische Citronen<br />
24<br />
Pomcranz 30<br />
Capern 2 „<br />
Oliven<br />
4 „<br />
gesalzen Limonicn . . . . . . . 40 Stück<br />
Vruuellen<br />
3 Pfd.<br />
^ Wachsliechter von gelben uudt weißen Wachs 6 „<br />
weiße Windtliechter<br />
6<br />
Pcchwindtliechter<br />
20<br />
Baumöhl<br />
4 Pfd.<br />
Seiffe zum Tischgcwandt zu waschen . . . . 15<br />
Stercke und blawe Farbe 2^/2 „<br />
Inschlittliechter 30 „<br />
fein Carnaricnzucker 10 Huete<br />
Muschateuuuße ^/8 vom Pfunde<br />
Allerley eandidirte Wasicr und überzogen Confeet 24 Pfundt<br />
„<br />
„ „<br />
„
280 Lieferungen zum hofhält Wallensteins,<br />
Verzeichnus<br />
des Proviandts, welches auff <strong>für</strong>stliche Verordnung<br />
dem Herren Generaln Herzogen zue Friedlandt nach<br />
Pasewalck geschicket worden, den 19. Iuny 1628.<br />
An Gewurtze laut der Speciallrechnung ^)<br />
vor 360 Rthlr.<br />
an Wein ist genommen von Peter Voßen:<br />
1 Ahme Malvasier sur . . . . 46 „<br />
2 Ahme Reinwein 5 46 Rthlr. . 92 „<br />
8 Ahme Landtwein in 2 Stucken,<br />
die Ahme 20 Rthlr., undt dan<br />
noch <strong>für</strong> 2 Rthlr., so in die<br />
beide Stucken mehr als 8 Ahme<br />
gewesen thuet 162 „<br />
noch 3 Ahme Reinwein von Jochim<br />
Schlegeln, die Ahme zu 40 Rthlr.,<br />
thuet 120 „<br />
viertzigk Thonnen Vier die Thonne 2. 2 R. 80 „<br />
zwantzigk W. 20 Schffl. Hafer, der W.<br />
ü. 15 Rthlr., thuet 312^2 „<br />
an drögen Fischen, Weitzen- undt Roggenbrodt<br />
laut der Speeiallrechnung vor . 26 „ 29^2 ßl.<br />
an Fuhrlohn <strong>für</strong> Wein, welchen die<br />
Pauren wegen Gefherlichkeit nicht haben<br />
führen können, gegeben 21 „<br />
den Weinschrödern an Arbeitslohn . . 1^/2 „<br />
Spundegeldt vom Biere 2/4 „<br />
an Zehrung dem Notario undt Stadthoffmeister,<br />
^) so zur Ueberlieferung des<br />
Proviandts mitgeschicket worden, deßgleichen<br />
auf die Fuhrwagen in Alles<br />
aufgangen 6 „<br />
Summa Summarum 1230 Rthlr. 2(^/2 ßl.<br />
2) Vgl. die folgende Rechnung über Gewürze :c. vom sürstl.<br />
Küchenmeister Andr. Timme.<br />
3) der Stadt Stettin.
von vi-, v. Vülow. 281<br />
Nachfolgendes Gewürtz und Confect<br />
hatt der f. Küchenmeister H. Andreas Timme auf Anordnung<br />
der f. Herrn Rhette von mihr umb bahre Vczahluug außgcnommcn,<br />
Anno 1628, am 18. Iuuy, wie folgt:<br />
25 Pfd. Pfeffer 10 Rl. 28 ßl.<br />
24 „ Ingber 8 ., - „<br />
12 „ Zimmet 20 „ — „<br />
3 „ Neglein 9 „ — „<br />
3 „ Maeeß 12 „ - „<br />
1'/2 „ Saffran 18 „ - „<br />
'/2 „ Nüße 1 „ _ „<br />
27 „ kleine Roßin 3 „ — „<br />
30 „ große Roßin 3 „ — „<br />
20 „ Mandeln 4 „ 18 „<br />
106V2 „ an 23 Hutt Zugker . . . 53 „ 24 „<br />
100 „ Pflaumeu 7 „ - „<br />
40 „ Reiß 4 „ — „<br />
8 „ Caperu 2 „ 24 „<br />
4 Stop Olivcu 3 „ 12 „<br />
90 Limonien 3 „ — „<br />
16 Pfd. Baumö'ctt 5 „ 12 „<br />
50 „ FahriuZugker 22 „ 8 „<br />
3 „ Datteln 1 „ 18 „<br />
8 „ Prunellen 3 „ 20 „<br />
6 „ Gartenkümmcl 1 „ 12 „<br />
8 „ Pfefferkümmel<br />
An Confect<br />
Mandeln<br />
l Neglciu<br />
2 „ — „<br />
12 Pfd. Zunmt<br />
°. 84 Pfd. ^l'chcl<br />
18 ßl 42<br />
^' ^ Auiues<br />
Coriandcr<br />
Gartenküinmel<br />
Cardamom<br />
8 .. —<br />
"w.^.,^„
282 Lieferungen zum Hofhält Wallenfteins,<br />
Candisata 17 Rl. 9 ßl<br />
10<br />
Pomerantzenschalen i<br />
Hindtleufften l<br />
5 20 ^<br />
16 Lavendelblütt . .<br />
15<br />
91/2 Colorat klein<br />
15 „<br />
13 Bißem Zimmt klein<br />
12<br />
4 Quittenschachteln . . .<br />
—<br />
10 Dutzt Nürmberger Kuchen<br />
5<br />
2 Mittel Marcipane ü. 32 ßl<br />
2 große Marcipane . . .<br />
50 Pfd.<br />
. . Ingber<br />
An Eonditen<br />
Hindtleufften<br />
Cytronath<br />
Quitten<br />
Pomerantzenschalen<br />
Nüße<br />
Calmus<br />
Gefeße zum Gewurtz, Confeet und Conditcn.<br />
Zum Pfeffer 1 Schachtel<br />
zum Ingber 1 Schachtel<br />
zum Zimbt 1 Feßichen<br />
zum groß und klein Roßin 1 Sack . .<br />
zum Mandeln 1 Sack<br />
zum Pflaumen 1 Sackh<br />
znm Reiß 1 newen Sackh<br />
zum Capern und Oliven 2 Feßichen . .<br />
zum Limonien 1 Viertel<br />
znm Vanmöell 1 Krng<br />
zum Fahrin 1 Viertel . . . . . .<br />
noch 7 Feßichen zum eingemachten Sachen<br />
H 4 ßl<br />
zum Consect 1 Faß<br />
znm andern Sachen 1 Faß<br />
dem Boddichcr<br />
2<br />
25 Rl 25 „ —<br />
—<br />
— „<br />
— „<br />
32 „<br />
— „<br />
28 „<br />
12 ..<br />
28<br />
6 «<br />
6 „<br />
4 „<br />
12 „<br />
12 „<br />
? .<br />
9 „<br />
28 „<br />
24 „<br />
24 „<br />
12 „<br />
Summa Summarum 360 Rl. 10 ß.
von Di'. v. Vülow. 283<br />
Des durchlcuchtigen, hochgebornen undt hochwürdigen<br />
Fürsten nndt Herrn, Herrn Bogislai, Herzogen zne Stettin<br />
Pommern, der Cassuben und Wenden, Fürsten zn Rügen,<br />
erwählten Vischoffs zilc Cammin, Graaffen zn Güzkow nndt<br />
Herrn der Lande Lawenburgk undt Bütow, unsers gnedigen<br />
Landes<strong>für</strong>sten undt Herrn ?c. nacher Pascwalch verordnete<br />
Commissarii, wir Georg von Eichstedt und Ernst von Rammin<br />
aufs Noten Clempenow, Böke und Naßenhcide erbgeseßen, be-<br />
uhrkunden trafst dieses, des E. E. Nahtts der Stadt Alttcn<br />
Stettin das znc Sr. des H. Generalls Herzogen von Fricd-<br />
lands F. Gn. hiesige loie auch an andere Örttcr und Platze<br />
in Pommern, woselbst I. F. O. ferners anlangen und mcht<br />
gebüerligc Ailßrichtungc haben könten noch inöchten, gebührende<br />
Außrichtungen anhcro abgeordnetes Praesent an Gewürz, Con-<br />
fecturen, Vier undt Weinen, auch Habern, wie nachfolgendts<br />
verzeichnet,^) als erstlich<br />
1 groß Faß mit allerlei Confect, Marcipäner, Candisat und<br />
Nürnberger Kuchen<br />
1 klein Feßchen mit stadtüch teuren klein Confect und Vic-<br />
scmzucker<br />
1 Faßchen mit Limonici:<br />
1 Faschen mit weißen Farihn Zugker<br />
1 Faschcu mit Zimmet gestoßen<br />
1 Faschen mit Oliven<br />
1 Faschen mit Caftern<br />
1 lange Schachtell mit gestoßen Pfeffer<br />
1 Schachtell mit Ingber<br />
1 Schachtell Pfefferkümmel<br />
4 Qnittcnschachtclln<br />
1 Sagk mit klein und großen Nosin<br />
1 Sagk mit Reiß<br />
1 Sagk mit Mandeln<br />
1 Sagk mit Pslanmen<br />
1 Feßichen mit Barbere Vieren<br />
4) Im Wesentlichen, doch nicht durchaus, identisch mit dem vom<br />
Küchenmeister Andr. Timme gekauften Vorrath.
384 Lieferungen zum hofhalt WallensteinZ, von Dr. v. Vülow.<br />
1 Feßichen mit Quitten<br />
1 Feßichen mit Hintleufften<br />
1 Feßichen mit Citronat<br />
1 Feßichen mit Kirschen<br />
1 Feschen eingemachten Ingber<br />
1 Feßichen mit Nüßen<br />
1 Kruge mit frischen Baumöel<br />
1 Scharmutz mit Muscatenblumen<br />
1 Scharmutz^) mit Saffran<br />
1 Scharmutz mit Neglein<br />
1 Scharmutz gantzen Ingber<br />
1 Scharmutz mit Gartenkümmell<br />
1 Scharmutz Brunellen<br />
1 Scharmutz Muscatennüße<br />
1 Scharmutz gantzen Pfeffer<br />
23 Hüehde Zugker<br />
1 Scharmutz mit Dadelen<br />
13 Ahme Rein und Landwein<br />
item 1 Faß Malvasier<br />
39 Tonnen Vier<br />
1)r0 12 fl gebackeue Semmeln<br />
20 Winspcll undt 20 Scheffel tzabern<br />
wie auch an anderen gedörreten Fischen und holländischen<br />
Kähsen besage des Commisschreibers hierüber sonderbahr ertheilten<br />
Quittung durch dero dabeneben Abgeordnete, bevorab<br />
den erbarn undt wollgeachtten Iacobum Neuman guett und<br />
vollkommentlich auch unversieret nicht allein in Pasewalch<br />
geliefert, besondern auch nebst ihnen von uns S. F. G. des<br />
Herzogen von Friedlands verordneten Hoff- undt Küchenmeisters<br />
der Gebühr eingehendiget und überantworttet, laut seiner uns<br />
deßfals ertheilten Specialquittung. Solches bezeugen wyr<br />
obgesaztte Deputirte Fstl. Commissarii mit unsern eigen Händen<br />
und Pittschafften. Datum Pasewalch 21. Iunij A" 1628.<br />
Georg von Lickstedt<br />
^ ^ Ernst von Ramin.<br />
20, Scharmützel — Krämerdüte.
Zweimldmeyigster Jahresbericht<br />
der <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Pommersche</strong> <strong>Geschichte</strong><br />
und Merthumskunde.<br />
in. iv.<br />
1. October 1879 bis 1. April 1880.<br />
Die Theilnahme an den Bestrebungen der <strong>Gesellschaft</strong> ist<br />
auch in dem lehtverflossenen Zeiträume eine recht rege gewesen.<br />
Hat sich dieselbe auch nicht in einem gleich starken Zuwachs<br />
der Mitgliedcrzahl wie in früheren Jahren gezeigt, so hat sich<br />
doch in einem Speeialfall erkennen lassen, daß das von der<br />
<strong>Gesellschaft</strong> gepflegte Verständniß <strong>für</strong> die Kunde der Vergangenheit<br />
unserer Heimath ein recht lebendiges war. Während<br />
nämlich durch eine Anregung des Vereins <strong>für</strong> Hansische <strong>Geschichte</strong><br />
veranlaßt, eine förmliche, auf urkundlichen Grundlagen<br />
beruhende Forschung nach dem Ursprung und der Bedeutung<br />
der dem Mittelalter entstammenden Straßennamen in den<br />
ehemaligen Hansestädten in die Wege geleitet und in Hamburg<br />
<strong>für</strong> diese Forschung eine Art von Ccntralstclle geschaffen ist,<br />
war gerade Pommerns Hauptstadt, in der schon vor etwa<br />
20 Jahren eine sehr erhebliche Zahl solcher Namen ohne recht<br />
erkennbaren Grund gestrichen waren, in Gefahr wieder einige<br />
derselben, welche auf historischen Werth Anspruch machen<br />
konnten, Zu verlieren. Die Seitens des Vorstandes der Ge-
286 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />
sellschaft dagegen gemachten Einwände fanden eine allseitige<br />
Theilnahme nnd wir können zn nnserer Freude mittheilen, daß<br />
die betreffende schon in Kraft getretene Verfügung, soweit das<br />
Interesse der Alterthnmskunde dabei in Frage kam, rückgängig<br />
gemacht worden ist. Erwähnen wollen wir noch, daß als ans<br />
dieser Veranlasfnng der 1. Sekretär der <strong>Gesellschaft</strong> im Auftrage<br />
des Vorstandes eine in einem der hiesigen Blätter veröffentlichte<br />
Darstellung über die Entstehung und den Werth<br />
dieser Namen ausarbeitete, bei dieser Gelegenheit im hiesigen<br />
Magistrats-Archiv eine Anzahl bisher unbekannter <strong>für</strong> die<br />
Stadtgeschichte höchst werthvoller Quellen aufgefunden wurde,<br />
die zum Theil als verschollen, wenn nicht als gänzlich verloren<br />
gegolten hatten.<br />
Die Zahl der Mitglieder betrug nach dem 41. Jahresbericht<br />
466<br />
es starben oder schieden aus 45<br />
blieb Bestand . "121<br />
es traten hinzu 54<br />
somit jetziger Bestand 475<br />
Anßer den im 42. Jahresbericht I. II. aufgeführten<br />
sind im letzten Jahre die nachgenannten Herren der <strong>Gesellschaft</strong><br />
beigetreten:<br />
1. Berg, Lehrer in Stettin.<br />
2. Brehmer, Kaufmann in Anclam.<br />
3. Engler, Hansitmann in Stettin.<br />
4. Di-. Fnth, Gymnasiallehrer in Anelam.<br />
5. Dr. Gabel, Gymnasiallehrer in Stettin.<br />
6. Gerber, Kaufmann in Stettin.<br />
7. Gerstäcker, Landgerichtsrath in Stettin.<br />
8. Dr. Gruber, Director der Landw.-Schule in Schivelbein.<br />
9. Hasenjäger, Conrcetor an der Domschule in Cammin.<br />
10. Herotizky, Kaufmann in Stettin.<br />
11. Hertel, Gewerberath in Stettin.<br />
12. Hirt, Lehrer in Stettin.<br />
13. Itzinger, Amtsgerichtsrath in Stettin.<br />
14. Kant, Lehrer in Stettin,
Zweiundvierzigster Jahresbericht. M. IV. 287<br />
15. Kern, Gymnasialdirector in Stettin.<br />
16. Klemp, Buchdruckereibcsitzer in Belgard.<br />
17. Knittel, Pastor in Cösternitz.<br />
18. Lehmann I., Premier-Lieutenant in Colberg.<br />
19. A. Man asse, Kaufmann in Stettin.<br />
20. Manke, Gymnasiallehrer in Stettin.<br />
21. Niekammer, Buchhändler in Stettin.<br />
22. Peter sen, Dircctor in Stettin.<br />
23. Pfeiffer, Kaufmann in Stettin.<br />
24. Rudow, Sekretär iu Belgard.<br />
25. Schmidt, Zeichenlehrer in Stettin.<br />
26. Schmidt, Landgcrichtsrath in Stettin.<br />
27. Max Schrader in Stolp.<br />
28. Schubert, Kaufmann in Stettin.<br />
29. Alexander Schultz, Kaufmann in Stettin.<br />
30. Schultz, Regieruugs- u. Provinzial-Schulrath in Stettin.<br />
31. Or. Tre ut ler, Oberlehrer in Velgard.<br />
32. Tsch entscher, Gymnasiallehrer in Neustettin.<br />
33. Viedenz, Kgl. Bergmeister in Ebcrswalde.<br />
34. Di'. Weitze, Fabrikbesitzer in Stettin.<br />
35. I)i'. Will) elmi, Kreisphysikus in Swinemünde.<br />
36. Di-. Ziegel, Stabsarzt in Stettin.<br />
Unter den der <strong>Gesellschaft</strong> durch den Tod entrissenen Mitgliedern<br />
ist besonders der Gymnasial-Direetor Dr. H. Lehmann<br />
in Neustettin zu uenncn, durch dessen Hinscheiden die<br />
<strong>Gesellschaft</strong> einen empfindlichen Verlust erlitten hat. Derselbe<br />
war nicht nnr, und zwar besonders in der letzten Zeit, ein<br />
fleißiger Mitarbeiter auf dem von uns gepflegten Gebiete,<br />
sondern verstand es auch iu hervorragendem Maße Andere<br />
heranzuziehen und <strong>für</strong> nns zu gewinnen, so daß Neustcttiu in<br />
den letzten Jahren unter den Städten Pommerns relativ stets<br />
die höchste Mitgliederzahl aufzuweisen hatte und in der absoluten<br />
Zahl nur von Stettin selbst übertroffen wurde.<br />
Hermann Friedrich Christoph Lehmann wurde<br />
am 5. Iuui 1821 zu Greifswald geboren als Sohn eines<br />
Bäckermeisters uud studirte seit 1836 zuerst aus der Universität
288 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />
seiner Vaterstadt, dann in Leipzig nnd Halle <strong>Geschichte</strong> und<br />
Philologie. Seit 1846 unterrichtete er am Gymnasium zu<br />
Stralsund, später in Putbus und darauf 1851—1861 an<br />
dem Gymnasium seiner Vaterstadt, dem er seine erste Iugendbildung<br />
verdankte. Von hier wurde er als Director an das<br />
Gymnasium zu Neustettin berufen, dem er bis zu seinem am<br />
21. Mai 1879 erfolgten Tode vorgestanden hat. Von seinen<br />
Schriften berühren uns hier nur die historischen. Es sind<br />
folgende:<br />
Studien zur <strong>Geschichte</strong> des apostolischen Zeitalters. Greifswald<br />
1856. 4.<br />
Chronologische Bestimmungen der in der Apostelgeschichte<br />
Kap. 15—28 erzählten Begebenheiten. In: Theol. Studien<br />
und Kritiken 1858. Heft 2.<br />
Claudius und seine Zeit. Gotha 1858. 8. a. u. d. T. Claudius<br />
und Nero und ihre Zeit. I. Bd.<br />
tidu8. Greifswald 1860. 8.<br />
Zur Chronologie des ersten sicilischen Sclavenkrieges. In:<br />
Philologus 1855. S. 711 ff.<br />
<strong>Geschichte</strong> des Gymnasiums zu Greifswald. Greifswald 1861.<br />
Pommern zur Zeit Otto's von Bamberg. Berlin 1878. 8.<br />
Beiträge zur <strong>Pommersche</strong>n <strong>Geschichte</strong>. Neustettin 1878. 4.<br />
Bausteine zur Neustettmer Lokalgeschichte. Neustettiu 1879. 8.<br />
Ein 0M8 ^)08tulliiiiii veröffentlichen wir in dem gleichzeitig<br />
mit diesem Bericht erscheinenden Hefte der Baltischen<br />
Studien, das eine Rechtfertigung seiner in der Schrift Pommern<br />
zur Zeit Otto's von Bamberg angenommenen chronologischen<br />
Festsetzungen enthält.<br />
Seit seiner Uebersiedelung nach Neustettin hat Lehmann,<br />
in mancherlei Kämpfe verwickelt, eine sehr verschiedene Beurtheilung<br />
erfahren. Unserer <strong>Gesellschaft</strong> ist er stets ein treuer,<br />
zuverlässiger und <strong>für</strong>sorglicher Freund und eifriger Förderer<br />
gewesen, dem sie zu stetem Danke verpflichtet bleibt.<br />
Der Vorstand hat durch die Cooptation des Herrn Bau-<br />
Inspektor Go ed eking und des Herrn Archivar Di'. Prümers
Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV. 339<br />
die Zahl seiner Mitglieder auf 16 vermehrt und besteht demnach<br />
aus den Herren:<br />
1. Stadtschulrath Balsam.<br />
2. Oberlehrer Di-. Blümcke.<br />
3. Staatsarchivar Di'. von Vülow.<br />
4. Bau-Inspektor Goedcking.<br />
5. Oberlehrer Dr. Haag.<br />
6. Professor Di'. Hering.<br />
7. Rentier Knorrn, 2. Sekretär.<br />
8. Oberlehrer Di-. Kühne, Konservator und Kassenführer.<br />
9. Landgerichtsrath Küster.<br />
10. Professor Lemcke, 1. Sekretär.<br />
11. Gerichtsassessor a. D. Müller.<br />
12. Geh. Iustizrath Pitzschky, Rechnuugs-Revisor.<br />
13. Archivar Dr. Prümers.<br />
14. Realschullehrer Di'. Schlegel.<br />
15. Oberlehrer Schmidt.<br />
16. Ober-Regierungsrath Trieft.<br />
Als am 1. Fcbrnar d. I. der Herr Ober-Regierungsrath<br />
Trieft das seltcue Fest des 60jährigen Amtsjubiläums<br />
beging, widmete die <strong>Gesellschaft</strong> demselben den vorliegenden<br />
30. Band ihrer Baltischen Studien und eine Deputation des<br />
Vorstandes durfte zugleich mit dem Dedikationsexemplar dem<br />
hoch verehrten Jubilar, der noch lauge iu gleicher Frische und<br />
Rüstigkeit seinem Amte und uns erhalten bleiben möge, auch<br />
ihre Glückwünsche überbringen.<br />
Den Redaetions-Ansschuß <strong>für</strong> die Baltischen Studien<br />
bildeu der erste Sekretär und die DDr. von Bülow nnd<br />
Haag. Die Arbeiten zur Invcntarisation der Kunstdenkmäler<br />
Pommerns (vgl. nnten) leitet der Ban-Inspektor Goedeking.<br />
Nachdem im vergangenen Jahre der Vorstand einen Cyelns<br />
von Vorlesnngen veranstaltet hatte, welche eine Uebersicht<br />
über die ganze Pommerschc <strong>Geschichte</strong> geben sollten, haben in<br />
dem lehtcn Winter in gleicher Art vor einem größeren Publikum<br />
uud unter lebhafter Betheiligung, ebenfalls dnrch den Vorstand<br />
veranlaßt, Vorträge von Professoren der Universität Greisswald
290 Zweiundvierzigster Jahresbericht. Ili. IV.<br />
stattgesunden, die sich über hervorragende Epochen der ganzen<br />
<strong>Geschichte</strong> ausbreiteten und nicht bloß unsere <strong>Gesellschaft</strong>, sondern<br />
auch die weiteren Kreise der Stadt Stettin den betreffenden<br />
Herren gegenüber zu lebhaftem Danke verpflichteten, der<br />
auch an dieser Stelle hierdurch noch einmal seinen Ausdruck<br />
finden möge. Es sprachen Herr Professor Dr. Well Hausen<br />
über das assyrisch-babylonische Alterthum, Herr Professor Dr.<br />
von Wilamowitz-Möllendorf über Berenike von Aegypten,<br />
Herr Professor Dr. Kießling über einen Gentleman der<br />
römischen Kaiserzeit, Herr Dr. Perlbach über Hermann<br />
von Salza, Herr Professor Dr. Ulm an über Napoleon II.,<br />
Herzog von Reichstadt.<br />
Eine im Laufe des Winters durch Zeitungsnachrichten<br />
angeregte Hoffnung, daß sich in Holland das als Album<br />
Philip pi bekannte Album des Herzogs Philipp II. von Pommern<br />
erhalten habe und eventuell erworben werden könne, hat<br />
sich leider nicht bestätigt. Herr Dr. Prümers, welcher, seine Anwesenheit<br />
in seiner westfälischen Heimath benutzend, die Güte<br />
hatte, einen Abstecher nach Holland zu machen und das qu.<br />
Album an Ort und Stelle einzusehen, fand zwar ein sehr<br />
interessantes Buch vor, das einst im Besitze Philipps II. gewesen<br />
und bei der Zerstreuung der herzoglichen Hinterlassenschaft<br />
nach dem Tode Bogislav XIV. mit abhanden gekommen<br />
sein mag, aber das sog. Album Philippi war es nicht und<br />
außerdem wurde <strong>für</strong> dasselbe ein so ungemessener Preis gefordert,<br />
daß von einem Eingehen auf Unterhandlungen behufs<br />
des Erwerbes desselben unter den obwaltenden Verhältnissen<br />
keine Rede sein konnte.<br />
Dagegen sind in Stettin, wie schon oben angedeutet, recht<br />
beachteuswerthe Reste der alten Stadtbücher aufgefunden<br />
worden, die als gänzlich verloren galten. Eine genauere Beschreibung<br />
derselben wird in diesen Blättern später erfolgen,<br />
heute möge es genügen mitzutheilen, daß die aufgefundenen<br />
Stücke fämmtlich älter sind als die von Hering Balt. Stud.<br />
X. 1. S. 3 ff. beschriebenen. Freilich giebt das jetzt wieder<br />
Gewonnene noch immer keine zusammenhängende Reihe,
Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV. 291<br />
bietet aber doch eine bis in den Anfang des 14. Jahrhunderts<br />
zurückreichende, <strong>für</strong> die Stadtgeschichte dnrch nichts zn erfetzende<br />
und wenigstens nicht durch allzu große Lücken unterbrochene<br />
Ueberlieferung. Es sind ini Ganzen fünf Bände,<br />
deren ältester das Schöffenbuch (in 2") die Jahre 1305—15,<br />
1324—26, 1344—46, 1350—52 umfaßt, das fog. geistliche<br />
Buch (in 4") beginnt dann mit dem Jahre 1373 und reicht,<br />
nur durch eine unbedeutende Lücke unterbrochen, in zwei Bänden<br />
bis 1522, von der Fortsetzung des Schöffenbnches aber (in 2")<br />
sind noch die Jahre 1495—1523 erhalten, endlich das Schöffenbuch<br />
des lastadifchen Gerichts (in 4") über die Jahre 1551—1570.<br />
Zur Zahl der eor respond irenden Vereine sind<br />
neben dem Verein <strong>für</strong> oberhessische Lokalgeschichte zu Gießen<br />
hinzugetreten und haben nns durch Ilcbersendung einer großen<br />
Anzahl werthvollster Publikationen erfreut: die Königliche<br />
Akademie der Wiffenfch aften, Gefchichte und<br />
Alterthümer zu Stockholm und das Mufeum nordischer<br />
Alterthümer zu Christiania.<br />
Die Kasse, welche in dem vorjährigen Bericht mit einem<br />
<strong>Bestände</strong> abschloß von 2056.37 M.<br />
hatte eine Einnahme von 5724.65 „<br />
zusammen 7781.02 M.<br />
dagegen Ausgaben 7374.44 „<br />
somit blieb ein Bestand von '406.58 M<br />
Die hauptsächlichsten Positionen sind von der Einnahme:<br />
der obige Bestand aus 1878 2056.37 M.<br />
Resteinnahmen aus 1878 327.50 „<br />
Jahresbeiträge 1398.— „<br />
Baltische Studien 1379.— „<br />
Subventionen 1831.— „<br />
Erlös aus Antiquitäten 288.10 „<br />
Erlös ans den Vorträgen 280.— „<br />
Zinsen 198.— „<br />
Die hauptsächlichsteu Positionen sind von der Ausgabe:<br />
Ankanf von Antiquitäten . . . . . . . 605.90 M.<br />
Bibliothek 347.20 „
292 Zweiunduicrzigster Jahresbericht. III. IV.<br />
Inventarienbeschaffung und Umzugskosten . . 579.05 M.<br />
Verwaltung 862.— „<br />
Porto 230.— „<br />
Baltische Studien 1934.— „<br />
Kosten der Vorträge 237.80 „<br />
Capitalanlage 2264.30 „<br />
Einstweilen zinsbar belegt waren 1878 4200 M.<br />
hinzu kommen 2300 „<br />
Zu bemerken ist dabei, daß in dieser Summe mit enthalten<br />
sind die Gelder, welche die <strong>Gesellschaft</strong> vorschußweise<br />
zur Verwendung <strong>für</strong> das Inventar der Kunstdenkmäler erhalten<br />
und bisher noch nicht verwendet hat. Ein ähnlicher<br />
im Verhältniß zu den Vorjahren ungünstiger Abschluß wird<br />
sich auch <strong>für</strong> die nächste Zeit nicht vermeiden lassen, da inzwischen<br />
<strong>für</strong> die Katalogisirung der Bibliothek sehr erhebliche<br />
Mittel haben bereit gestellt werden müssen.<br />
Die Rechnung ist, nach geschehener Prüfung durch den<br />
Herrn Rechnungsrevisor, ordnungsmäßig dcchargirt worden.<br />
Ueber die Vermehrung der Sammlungen geben die<br />
Beilagen am Schlüsse dieses Berichtes genaue Auskunft. Das<br />
Museum befindet sich jetzt in dem großen Remter des südlichen<br />
Flügels des Kgl. Schlosses. Obwohl der Umzug dorthin und<br />
die Neubeschaffung von Schränken und anderem Inventar bedeutende<br />
Kosten verursachten, muß dennoch diese Umsiedelung<br />
als ein wesentlicher Fortschritt bezeichnet werden. Der große<br />
herrliche Raum wird zwar noch nicht zur Hälfte mit den Ausstellungsgegenständen<br />
gefüllt, aber gestattet da<strong>für</strong> auch eine<br />
desto bequemere Ausdehnung und obwohl der Umzug und die<br />
Neuaufstellung sich bis zum Ende des Juni hinzogen, haben<br />
dennoch in den wenigen Sommermonaten des vergangenen<br />
Jahres über 1200 Personen das Mnseum besucht, von dessen<br />
Fenstern man zugleich auch eine weitreichende und imponirende<br />
Aussicht über Stettin und einen großen Theil seiner Umgebung<br />
genießt. Das Gebälk des Saales, früher im Erdgeschoß<br />
desselben Schloßflügels befindlich und bei dem Umbau vor
Zweiundvierzigster Jahresbericht. HI. IV. 293<br />
cinigeu Jahren in dein obersten Stockwerk verwendet, ist von<br />
Kuglcr iu der <strong>Pommersche</strong>n Kunstgeschichte Valt. Studien VIII.<br />
1. S. 153 eingehend beschrieben; dasselbe verleiht dem Raum einen<br />
imposanten und zugleich alterthümlichen Eindruck, der ihn <strong>für</strong><br />
den Zweck, Zu dem er jetzt verwandt ist, besonders geeignet<br />
erscheinen läßt. In demselben Flügel im Erdgeschoß ist in<br />
den Räumen des Kgl. Staatsarchivs auch die Bibliothek der<br />
<strong>Gesellschaft</strong> untergebracht. Wir freuen uns mittheilen zu<br />
können, daß gegründete Aussicht vorhanden ist, daß ein bisher<br />
zu anderen Zwecken verwendeter, daneben befindlicher Raum<br />
in Kürze dem Staatsarchiv zugewiesen wird, wodurch wir in<br />
die Lage kommen, unserer Bibliothek eine von den übrigen<br />
Räumen gesonderte nnd zweckentsprechendere Aufstellung zu<br />
gewähren.<br />
Die literarische Thätigkeit auf dem Gebiete der<br />
<strong>Pommersche</strong>u <strong>Geschichte</strong> hat auch in diesem Jahre nicht geruht,<br />
erschienen sind außer der von der <strong>Gesellschaft</strong> selbst herausgegebenen<br />
Zeitschrift, den Baltischen Studien, Jahrgang 30,<br />
so weit zn unserer Kenntniß gekommen, noch die folgenden<br />
Schriften, von denen auch die, welche nicht direkt Pommern betreffen,<br />
doch <strong>für</strong> nnfcre Forschungen von großer Wichtigkeit sind.<br />
Die slavischen Ansiedelungen in der Altmark von Brückner.<br />
Gekrönte Preisschrift. Leipzig 1879. gr. 8.<br />
Die Abtretung Vorpommerns an Schweden von Brencker.<br />
Halle 1879. 8.<br />
Vincontü Olitici clo vitü. ZuZOiiIiHAÜ, herausgegeben von<br />
O. Dick mann. Berlin 1879.<br />
<strong>Geschichte</strong> der Stadt Fiddichow von H. Glöde.<br />
GcschichtederStadtCamminvonL. Kücken. Cammin. 1880.8.<br />
Ueber den gekrönten Straßburgcr Dichter Caspar Brülow<br />
aus Pyritz von Di'. Zanke. Programm des Gymnasiums<br />
zu Pyritz. 1880.<br />
Pommern und der große Kur<strong>für</strong>st von Di-. R. Hanncke.<br />
In: Zeitschrift <strong>für</strong> Preußische <strong>Geschichte</strong> und Landcsknnde.<br />
1880.<br />
Von einer ganz besonderen Bcdcutnng aber <strong>für</strong> die Ge-
294 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />
schichte aller Ostseeländer ist die von Herrn Professor Dr. Dietrich<br />
Schäfer in Jena herausgegebene neue Bearbeitung<br />
seiner gekrönten Preisschrift: Die Hansastädte und König<br />
Waldemar. Jena 1879. 8., ein Buch, das wir hiermit jedem<br />
Freunde der heimischen <strong>Geschichte</strong> auf das angelegentlichste<br />
empfehlen.<br />
Von nicht geringerer Bedeutung verspricht <strong>für</strong> die prähistorische<br />
Zeit zu werden das von Herrn Professor Dr.<br />
Lindenschmit in Mainz begonnene Werk, dessen erste Abtheilung<br />
so eben erschienen ist: Handbuch der deutschen Alterthumskunde.<br />
Uebersicht der Denkmale und Gräberfunde frühgeschichtlicher<br />
und vorgeschichtlicher Zeit, in welchem der Verfasser den<br />
sehr zu billigenden Weg einschlägt, nicht von den urzuständlichen<br />
Verhältnissen der frühesten Bewohner unseres Landes zu<br />
beginnen, sondern seineu Ausgang nimmt von dem festen<br />
historischen Boden der sicher bestimmbaren Denkmale der letzten<br />
heidnischen und ersten christlichen Zeit. Mit den von dem<br />
Verfasser gewonnenen Resultaten werden wir noch öfter Veranlassung<br />
haben uns zu beschäftigen. Heute möge es genügen<br />
darauf hinzuweifen, daß sich derselbe mit vieleu der bisher<br />
conventionell als feststehend betrachteten Voraussetzungen der<br />
ältesten <strong>Geschichte</strong> auf Grund sehr bestimmter und zuverlässiger<br />
Erwägungen in offenen Gegensatz stellt. Besonders beherzigenswerth<br />
erscheint uns außerdem was in der Einleitung S. 33 ff.<br />
gegen die in letzter Zeit auch in Preußen so beliebte Centralisirung<br />
der Alterthümer und <strong>für</strong> den Werth und die Bedeutung<br />
provinzieller und ähnlicher Localsammlungcu gesagt ist.<br />
Ferner freut es uns mittheilen zu können, daß ein<br />
literarisches Unternehmen, das wir vor 2 Jahren ankündigten,<br />
nunmehr eiuem nahen Abschluß entgegengeht. Die <strong>Pommersche</strong>n<br />
Lebens- und Landesbilder von Hermann<br />
Petrich befinden sich unter der Presse und eine buchhändlerische<br />
Ankündigung auf dem Umschlag dieses Heftes giebt<br />
über die Bezugsweise des etwa im Oktober d. I. erscheinenden<br />
Buches das Nähere an. Der Verfasser selbst hat uns gebeten,<br />
ihm in diesen Blättern das Wort zu einem Begleitbriefe <strong>für</strong>
Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV. 295<br />
das Werk zn gestatten, welchem Wnnsche wir hiermit gern<br />
nachkommen. Derselbe schreibt:<br />
„Ueber ein Jahr später als der Verfasser gehofft hatte,<br />
werden die <strong>Pommersche</strong>n Lebens- und Landesbilder unter<br />
dem Specialtitel Aus dem Jahrhundert Friedrichs des<br />
Großen erscheinen. Sachliche wie persönliche Hindernisse haben<br />
den Abschluß des Werkes verzögert. Nur einzelne kleinere Partien<br />
sind hie und da in Zeitschriften dem Ganzen zuvorgekommen.<br />
Nachdem nunmehr der Druck des Buches begonnen hat, ist<br />
seine Ausgabe <strong>für</strong> den kommenden Herbst vorauszusehen. Da<br />
mir aber während der Arbeit ans den Kreisen der geehrten<br />
Vereinsmitglieder so vielfache freundliche Aufmunterung und<br />
thätige Hülfe zu Theil geworden ist, so kann ich mir nicht<br />
versagen, schon hier <strong>für</strong> diese bereitwillige Erfüllung meiner<br />
vor zwei Jahren an diefer Stelle ausgesprochenen Bitte herzlich<br />
zu danken — allerdings sogleich mit der neuen Bitte, nun<br />
auch dem ausgewachsenen Bnch bei seinem öffentlichen Auftreten<br />
dieselbe unentbehrliche Theilnahme beweisen zu wollen.<br />
Etwaige Referate in der Lokalpresse, direkte Förderung des<br />
Absatzes, Mittheilung der unzweifelhaft vorhandenen Versehen<br />
und Irrthümer und ähnliche Unterstützungen Seitens der geehrten<br />
Vereinsmitglieder werden — dessen ist sich der Verfasser<br />
völlig bewußt — den Erfolg des Unternehmens wesentlich bedingen.<br />
Da der ca. 450 Seiten umfassende Band im Laufe<br />
biographifch-historischer Erzählung sämmtliche Städte der Provinz<br />
und, soweit ich sehe, ca. 500 andre Orte mit mehren hundert<br />
berühmten und unberühmten Persönlichkeiten zur Besprechung<br />
bringt, so daß jeder pommcrsche Leser in jedem Theil unsrer<br />
Heimath gewiß sein kann, auf zahlreiche persönliche und örtliche<br />
Bekanntschaften zu stoßen, so hoffe ich, daß schon die<br />
Sache selbst manche Mängel der Ausführung zuzudecken im<br />
Stande sein wird.<br />
Um einen vorläufigen Einblick in den mannigfaltigen<br />
Inhalt zu geben, möge hier Einzelnes aus demselben seine<br />
Stelle finden.<br />
I. N. L. Graf Zinzendorf. (Darin u. a. General
296 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />
v. Natzmer auf Iannewitz, N. B. v. Vonin aus Cartzin,<br />
C. D. v. Krassow auf Diwitz, Zinzendorf in Stolp, D. Cranz<br />
aus Naugard u. a.)<br />
II. Ewald Christian von Kleist. (Darin u. a.<br />
I. Chr. Adelung aus Spantekow, V. F. v. Tauentzien aus<br />
Tauentzien, Chr. A. v. Manteuffel auf Gr. Poplow u. a.)<br />
III. David Ruhnken.<br />
IV. Chr. G. Aß mann. Darin: Garzer Schreckenstage.<br />
(Die Kosaken in Hohen-Reinkeudorf und Hohen-Selchow.)<br />
V. W. S. v. Belling und der siebenjährige<br />
Krieg in Pommern. Darin: zu Wasser und zu Lande<br />
gegen Schweden und Russen, 1757 —1760. (Oberhauptmann<br />
v. Weyher-Lauenburg, Kapitän v. Koller und die Seeschlacht<br />
von Neu-Warp, Major v. Knobelsdorff und die Ueberrumpelung<br />
Demmins, das Treffen bei Züssow, der Sturm auf<br />
Anelam, Kosakenstreifzug des Major v. Podewils, das Treffen<br />
am Kavelpaß, Blüchers Gefangennahme, Beschießung von<br />
Plathe ?e.) Husarenstrategie an der Tollense. Russisches<br />
Schreckensregiment in Hinterpommern. (Herzog Eugeu von<br />
Württemberg, Gefechte, Scharmützel und Ueberfälle an der<br />
Klenzer Mühle, bei Barkow, Röpenack, Kenzlin, Clempenow,<br />
Ferdinandshof, Dammgarten, Klötikow, am Spieer, Kreiher,<br />
Völzer Bach u. v. a.) Stolper Friedensjahre.<br />
VI. K. W. Ramler. Darin: Der Sänger des<br />
Königs. Kolberger Ruhmeshalle (v. d. Hcyde und P. v.<br />
Werner). Vühnenfahrten und Kunstfrcuudc im alten Pommerlande<br />
(K. Plümicke aus Wollin, Brandes aus Stettin,<br />
Graf H. B. Schlverin-Schwerinsburg u. v. a.).<br />
VII. I. I. Spalding. Darin: Zu deu Füßen<br />
Shaftesbury's (v. Wolfradt-Plüggentin a. R., Graf Bohlen-<br />
Carlsburg, Frhr. v. Borck-Falkenburg ^c.).<br />
VIII. F. B. Schöuberg v. Brenkenhoff und<br />
die wirthschaftlichen Verhältnisse Pommerns vor<br />
100 Jahren. Spekulative Köpfe (K. H. Schimmelmann<br />
aus Demmin). Neues Land und neue Leute (Au der<br />
Madüe, S. v. Cocceji von Coccejendorf, Präsident v. Schöning
Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV. 297<br />
auf Lübtow ?e.). Meliorationen. Ein betriebsamer Landwirth<br />
(Coscmühl, Wunneschin, Schwenz). In der Gastfreundschaft<br />
pommcrschcr Edelhöfc 1777 und 1778 (bei Graf<br />
Borck-ötargord, Graf Podewils-Wnsterwitz, Graf Podewils-<br />
Varzin u. v. a.).<br />
IX. I. K. Lava ter. Darin: In der Varther Präpositnr<br />
(Baron Olthoff und Philipp Hackert zu Boldewitz u. a.).<br />
X. E. F. Graf Hertz berg. Darin: Die Schule des<br />
Diplomaten (Pastor Rhcnsius-Hascnsicr, die Lottiner Güter ?c.).<br />
Seines Volkes Anwalt nnd seines Königs Freund (Graf<br />
Hoym-Poblotz, Di-. Selle-Stcttin, Landräthin v. Borck-Kankelfitz<br />
n. a.). I11 601110 cHcIont6 (Präpositus Drews-Neustettin,<br />
F. v. Dreger ans Grcifenbcrg n. a.).<br />
XI. I. h. L. Mei erotto. Darin: Stargarder Pädagogik<br />
von ehemals. Schulmeisters Zwischenstunden (I. Casten<br />
zu Fritzow u. a.).<br />
XII. I. F. Zöllner.<br />
Treptow a. R., im Juni 1880.<br />
Hermann Petrich,<br />
Archidiakonus, Gymnasiallehrer a. D.<br />
Als eine sehr dankenswerte Anordnung des Herrn Direktors<br />
der Staatsarchive müssen wir bezeichnen, daß derselbe im<br />
Jahre 1879 dnrch die Herren Staatsarchivare DD. v. Bülow<br />
und Prümers sämmtliche Städte der Provinz bereisen ließ,<br />
um den noch vorhandenen Stand urkundlichen Materials in<br />
städtischen und ähnlichen Archiven zu constatiren uud dcsseu<br />
eventuelle Deponirung in dein hiesigen Staatsarchive zu veranlassen.<br />
Die durch diese Reise eine Zeit lang unterbrochene<br />
Arbeit <strong>für</strong> das P ommers ch c Urkund enbu cki ist seitdem<br />
soweit gefördert, daß nach Genehmigung des betreffenden Vertrages<br />
mit dem Drucker nunmehr der Druck des zweiten Bandes<br />
beginnen kann.<br />
Endlich müssen wir unsere Mitglieder an dieser Stelle<br />
noch daranf aufmerksam machen, daß alle Aussicht vorhanden<br />
ist, daß nur in nicht allzn langer Frist eine mit Venntzung<br />
aller neueren Forschungen und auf eingehendem Quellenstudium<br />
19
298 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />
beruhende neue <strong>Geschichte</strong> Pommerns erhalten werden,<br />
die in bescheidenerem Umfange gehalten, als das Werk von<br />
Barthold, eine im edlen Sinne populäre Darstellung verspricht.<br />
Näheres darüber mitzutheilen sind wir noch nicht ermächtigt,<br />
und müssen uns <strong>für</strong> jetzt mit dieser Andentung genügen lassen,<br />
daß somit einem lange empfundenen Bedürfniß in einer, wie<br />
wir hoffen, nach jeder Richtung befriedigenden Weise entsprochen<br />
werden wird.<br />
Auch das Inventarium der Kunstdenkmäler<br />
Pommerns naht sich zu einem Theile wenigstens dem Abschluß.<br />
Nachdem durch die Liberalität der Stände unserer<br />
Provinz die Mittel zum Druck der Neuvorpommerschen vom<br />
Baumeister v. Haselberg bearbeiteten Abtheilung bereit gestellt<br />
sind, hat jetzt der Vertrag mit einem Berliner Institut zur<br />
Herstellung der Illustrationen vollzogen werden können und<br />
die Sache in so weit Fortgang gewonnen, daß noch im Iuui<br />
d. I. der Druck selbst beginnen kann. Für die Abtheilung<br />
Stettin-Cöslm hat jetzt die Sache ebenfalls eine zweckentsprechende<br />
Leitung dadurch erhalten, daß, wie oben erwähnt, der<br />
Kgl. Bau-Inspektor Goedeking in den Vorstand getreten ist<br />
uud die Arbeit <strong>für</strong> das Inventar zn leiten übernommen hat.<br />
Zugleich sind Verhandlungen eingeleitet mit einem geeigneten<br />
Techniker, der im Laufe des Sommers die beiden Regiernngsbezirke<br />
bereisen wird, um die nöthigen Aufnahmen zu machen.<br />
Läßt sich somit zwar noch nicht ein baldiger Abschluß <strong>für</strong><br />
diese Abtheilung erwarten, so steht doch eine recht erhebliche<br />
Förderung der Arbeit in gewisser Anssicht.<br />
Die Gen eral-Vers a mmluug fand statt am 24. Mai<br />
1879. In derselben erstattete der 1. Sekretär den inzwischen<br />
veröffentlichten 41. Jahresbericht nnd verlas einen Aufsatz des<br />
Dr. v. Bülow über den Reisebericht eines fahrenden Schülers<br />
auf einer Reise durch Meklenbnrg uud Pommern aus dein<br />
Jahre 1590. ' Auch dieser Aufsatz ist nebst dein Reiseberichte<br />
inzwischen in den Baltischen Studien veröffentlicht. Die in<br />
derselben Versammlung genehmigte Aenderung des §. 19 der<br />
Etatuten, durch welcheu der Vorsitzende des Vorstandes zur
Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV. 299<br />
Vertretung der <strong>Gesellschaft</strong> nach Außen ermächtigt werden<br />
sollte, hat die nachgesuchte Bestätigung Seitens des hohen<br />
Ministerium bisher noch nicht erhalten.<br />
In der Beilage L. geben wir das Verzeichnis^ der vom<br />
1. November 1879 bis Ende Mai 1880 eingegangenen<br />
Alterthümer mit Ausschluß derjenigen, die noch besonders<br />
zu besprechen, resp. abzubilden sind, was wir aus<br />
Zweckmäßigkeitsgründen bis zum nächsten Heft verschieben<br />
müssen. Besonders reich sind wir mit Münzen bedacht,<br />
wo<strong>für</strong> wir den freundlichen Gebern, die nns zum Theil fehr<br />
wcrthvolle Stücke gesandt haben, und deren Namen sich in<br />
Beilage L. Nr. III. finden, unsern ganz besondern Dank sagen.<br />
Der Vorstand der <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Pommersche</strong><br />
<strong>Geschichte</strong> und Allerthllmsknnde.
300<br />
Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />
Beilage ^.<br />
Zuwachs der Mliothck<br />
vom 1. April 1879 bis 1. April 1880.<br />
Agram.<br />
I. Durch Austausch.<br />
I. Vi-. 4. ftoäill«. II. Ni-. 1. 2. 1^6806 1879.<br />
Ba mb erg. Historischer Verein <strong>für</strong> Oberfranken.<br />
41. Bericht.<br />
Berlin. a. <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Anthropologie, Ethnologie nnd<br />
Nrgeschichte.<br />
Verhandlungen. Januar 1879 bis Januar 1880.<br />
d. Verein <strong>für</strong> die <strong>Geschichte</strong> der Mark Brandenburg.<br />
Märkische Forschungen XV.<br />
o. Verein <strong>für</strong> die <strong>Geschichte</strong> der Stadt Berlin.<br />
Schriften Heft XVI. Holtz e, das Berliner Handels»<br />
recht im 13. und 14. Jahrhundert,<br />
ci. Verein Herold.<br />
Der deutsche Herold. Jahrgang X.<br />
Bern. Allg. geschichtsforfchende <strong>Gesellschaft</strong> der Schweiz.<br />
Jahrbuch. Band IV.<br />
Bistritz. Gewerbeschule.<br />
5. Jahresbericht.<br />
Breslau. ^. <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> vaterländische Cultur.<br />
56. Jahresbericht nebst General-Sachregister,<br />
d. Verein <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> n. Alterthümer Schlesiens.<br />
Zeitschrift XV. 1.
Beilage 301<br />
Vudysin. Naoioa 861-1)8^.<br />
1879. XXXI 2. XXXII 1.<br />
Cambridge.<br />
12. auä 13. ÄNUN3.1 I'6p0i't8. vol. II. Hl'. 3. 4.<br />
Chemnitz. Verein <strong>für</strong> Chemnitzer <strong>Geschichte</strong>.<br />
Mittheilungen II.<br />
Christiania. Mnseum nordischer Alterthümer.<br />
501- 1869—1878. Il.6Mt6i' til 861-<br />
fi'ii tortiäsn 8. 9. 10. 11(5^6.<br />
Darmstadt. Historischer Verein <strong>für</strong>dasGroßherzogthum Hessen.<br />
Archiv XIV. 3.<br />
Dorpat. Gelehrte Estnische <strong>Gesellschaft</strong>.<br />
Sitzungsberichte 1879 u. 1880. Verhandlungen X. 2.<br />
Dresden. Kömglich Sächsische <strong>Gesellschaft</strong> zur Erforschung<br />
und Erhaltung vaterländischer Geschichts- und<br />
Kunstdenkmäler.<br />
Mittheilungen 30.<br />
Freiburg i. B. <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Geschichtskunde.<br />
Zeitschrift V. 1.<br />
Genf. 0Ì^t6 do ^oo^rHpIiio.<br />
1.6 Fiode XVIII. 2. 3. 4.<br />
Gießen. Oberhessischer Verein <strong>für</strong> Lokalgeschichte.<br />
1. Jahresbericht.<br />
Görlitz. Oberlausitzische <strong>Gesellschaft</strong> der Wissenschaften.<br />
Neues Lansitzisches Magazin I.V. 2. I.VI. 1.<br />
Graz.<br />
Historischer Verein <strong>für</strong> Steiermark.<br />
Beiträge 16. Mittheilungen 27.<br />
Hamburg. Verein <strong>für</strong> Hamburgische <strong>Geschichte</strong>.<br />
Zeitschrift N. F. IV. 1. Verzeichniß der in den Zeitschriften<br />
Band I—Vl enthaltenen Aufsätze. Mittheilungen<br />
II. 4—12. III. 1—3.<br />
Hannover. Historischer Verein <strong>für</strong> Niedersachsen.<br />
Zeitschrift 1879.<br />
Dar lem. 800Ì6t6 Ho1iAnaHÌ86 d68 80Ì0N068.<br />
^1'ekiv68 U661'Iau6^is 663 80Ì6U668 0XÄ0t68 6t UQtui'6ii68.<br />
1'0M68 XIII, Uvl. 4. 5. XIV. UV. 1-5.<br />
Hohenlcnben. Historischer Verein.<br />
47. 48. 49. Jahresbericht.
302 Zweiunduierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />
Jena. Verein <strong>für</strong> Thüringische <strong>Geschichte</strong> und Alterthumsknnde.<br />
Zeitschrift IX. 3. 4.<br />
Kiel. 3,. <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Schleswig-Holstein-Lauenburgische<br />
<strong>Geschichte</strong>.<br />
Zeitschrift VIII.<br />
d. Naturwissenschaftlicher Verein <strong>für</strong> Schleswig-<br />
Holstein.<br />
Schriften III. 2.<br />
Königsberg i. Pr. a.. Alterthumsverein Prnssia.<br />
Altpreußische Monatsschrift 1879. 3-8.<br />
d. Physikalisch-öconomische <strong>Gesellschaft</strong>.<br />
Schriften XVIII. 2. XIX. 1. 2. XX. 1.<br />
Leiden. U^5^t8cli3.p^ der Q6cl.6i'1^nä8^^<br />
Han^eiill^eu eil mZäkäeliuo'Lu 1879.<br />
d6i-iedt6u. 1879.<br />
Leipzig. Museum <strong>für</strong> Völkerkunde.<br />
7. Bericht.<br />
Lindau. Verein <strong>für</strong> die <strong>Geschichte</strong> des Bodensees und seiner<br />
Umgebung.<br />
Schriften 7. 8. 9.<br />
L ü b ek. Verein <strong>für</strong> Lübische <strong>Geschichte</strong> und Alterthumskunde.<br />
Urkundenbuch VI. 1. 4. Verzeichniß von Abhandlungen<br />
und Notizen zur <strong>Geschichte</strong> Lübet's. Jahresbericht<br />
1877 und 1878.<br />
Lüneburg. Musenmsverein.<br />
2. Jahresbericht.<br />
Magdeburg. Vereiu <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> und Alterthumskuude<br />
des Herzogtums und Erzstifts Magdeburg.<br />
Geschichtsblätter XIV. 1—4.<br />
Marienwerder. Historischer Verein.<br />
Zeitschrift 3.<br />
Meiningen. Alterthumsforschender Verein.<br />
Einladnngsschrift zmn 14. November 1878.<br />
München, l^) Kgl. Bayerische Akademie der Wissenschaften.<br />
Sitzungsberichte 1879. I. II. 1. 2. Abhandlungen<br />
XIV. 3.<br />
d) Historischer Verein <strong>für</strong> Oberbayern.<br />
Archiv 37. Jahresbericht 39/40.
Namür.<br />
XIV. 4.<br />
Nürnberg. Germanisches Mnsenm.<br />
Beilage ^. 303<br />
Anzeiger <strong>für</strong> Kunde der deutschen Vorzeit. 1879.<br />
Osnabrück. Historischer Verein.<br />
Verzeichniß der Bibliothek der handschriftlichen Sammlungen<br />
von H. Veltmann.<br />
Prag. Verein <strong>für</strong> die <strong>Geschichte</strong> der Teutschen in Böhmen.<br />
Mittheilungen XVI. 3. 4. XVII. XVIII. 1. 2.<br />
Chronik der Stadt Elbogen von Schlesinger.<br />
17. Jahresbericht.<br />
Schmalkalden. Verein <strong>für</strong> Hennebergische <strong>Geschichte</strong> und<br />
Landeskunde.<br />
Zeitschrift 3.<br />
Sigmaringcn. Verein <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> und Alterthumsknnde<br />
in Hohenzollern.<br />
Mittheilungen XII.<br />
Ssieier. Historischer Verein der Pfalz.<br />
Mittheilungen VII. Vili.<br />
Stockholm.<br />
Kl- 8vei'ÌF0 del 1—4.2. 5. 1"^.<br />
la6 lii'^. 1872—79 «luui.<br />
V. 1^. ^llg'i03:ie1i8Ì8kA incuti kou^i.<br />
1. 2. —<br />
F i ^ r äei 1. 2. —<br />
I^iidodi'^uä L. lì!. 0oli II. i^ckuiuFHi'ur 8V6U8K3.<br />
8tat6U8 1iÌ6t01'Ì8K^ MUL6NN1 dkft 1. 2. — Uollte-<br />
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304 Zweiunduierzigster Jahresbericht. HI. IV.<br />
Zürich. Antiquarische <strong>Gesellschaft</strong>.<br />
Mittheilungen XI.IV.<br />
II. Geschenke.<br />
1. Von den Vorstehern der Kaufmannschaft hier:<br />
Stettins Handel Industrie uud Schifffahrt im Jahre 1878.<br />
2. Von dem Rektor Herrn Fromm in Bahn:<br />
od.
Beilage ^. 305<br />
13. Von dem Herrn Gymnasiallehrer Haber in Lauenburg:<br />
ii. Johann Meyer. Gröndunnersdag by Eckernför. Leipzig.<br />
1875). 5.<br />
b. Will). Schmidt. Suczawas historische Denkwürdigkeiten.<br />
Czernowitz. 1876. 8.<br />
14. Von dem Gymnasiallehrer Herrn Di'. Manke hier:<br />
Gebnrtsbrief <strong>für</strong> Ioach. Friedr. Riemer. Stargard. 1714.<br />
15. Von dem Herrn Verfasser:<br />
V0I1N6U8 in uu66 1879.
30k) Zweiundoierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />
94. Von dem Stadtrath und Kämmerer Herrn Pr^st in Colberg:<br />
Busch ing, die heidnischen Alterthümer Schlesiens. 2. Heft.<br />
25. Von dem Gymnasiasten Carl Müller hier:<br />
Ein Schreiben der Herzogin Sophie von Stettin
Beilage 15. 307<br />
Beilage «<br />
Erwerbungen des antiquarischen Museums<br />
vom 1. November 1879 bis 31. Mai 1880.<br />
^ ^ Fundort.)<br />
I. Heidnische Alterthümer.<br />
^V. Steinsachen.<br />
1. li. Mühlstein ans grobem Granit, 32 Cm. Dnrchmesser; d. Meißel<br />
ans gelbem Fenerstein; o. Meißel ans graubraunem Hornstein.<br />
1? Käsecke bei Demmin in einer unmarkirten Grabkammer,<br />
IV4 Meter t. — Herr Dr. Starck in Demmin. jH. 1601.)<br />
2. Meißel ans hellgrauem Fenerstcin, nnpolirt, 14 Cm. l., 4,5 Cm.<br />
br. ^I. 1628.1<br />
3. Art von granem Feuerstein, unpolirt. 1^ Insel G risto w. Gekauft.<br />
V- 1657.^<br />
4. a. Art von gelbem Feuerstein, 11, Cm. l. ; d. Säge von granem<br />
Feuerstein. ^ Zarneckow bei Ziissow auf der Feldmark. —<br />
Secnndaner Wenzel, eingesandt durch Herru Oberlehrer Dr.<br />
Hanow in Anclam. V. 1661/2.)<br />
5. Beil ans Hornblende, 8 Cm. l., 4,5 Cm. br., 4,5 Cm. dick,<br />
ohne Schaftloch. ^ Zwischen Alt-Damm nnd Rosengarten.<br />
6. Beil aus Grnnstein, 11 Cm. I., größte Breite 4,5 Cm., Dicke<br />
3 Cm. mit Schaftloch. ^ bei Alt-Damm. — Herr Fabrikbesitzer<br />
E. Lippold daselbst. jI. 1672 nnd 1673.)<br />
L. Urnen nnd Nrnenscherben mit Beigaben.<br />
7. a. Tasscnförmige Urne mit einem Henkel, 9 Cm. Durchmesser am<br />
oberen Rande, 5 Cm. Höhe; d. Spielnrne 6 Cm. h., 4,5 Cm.<br />
Dnrchmesser, mit zwei Henkeln; c. Spiralfingerring; 6. Gußfing<br />
erring- (>. drei Stücke einer Haarnadel mit schraubenförmiger<br />
Verzierung uuterhalb des Knopfes nnd gewelltem Halse;<br />
f. die Hälfte eines Hals ring es, oben mit querstehenden Strichverziernngen<br />
^- bis l'. Bronze). 1^ bei Stolp in einer größeren<br />
Urne, die zerbrochen ist, mit Asche nnd Knochen, aus einem
308 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />
mit zwei Reihen Steinen umgebenen Grabe in einem Sand-<br />
Hügel. — Primaner M, Schrader in Stolft. sI. 1618.)<br />
8. Urne. ^ Wiercschn tschin, Kr. Lauenburg. — Herr von der<br />
Olsnitz durch Herrn Gymnasiallehrer Haber. ^I. 1626.)<br />
9. a. Urne, 34 Cm. h. von gleichem Bauchdurchmesser, in der Mitte<br />
ein etwas erhabener Ning herumlaufend- d. Urne, 22 Cm. h.,<br />
von gleichem Vauchdurchmesser, der vorigen ähnlich, dazu Deckel;<br />
e. kleine schwarze Urne, in Form eines Henkeltopfes, 6,8 Cm. h.;<br />
6) Urnendeckel, flach, mützenartig, mit umgebogenem Rande,<br />
15 Cm.; 6. banchige Urne ohne Hals, 28 Cm. h., 30 Cm. Durchmesser,<br />
unten ungeglättet. ^ Lnstebnr bei Colberg. — Herr<br />
Rittergutsbesitzer v. Kameke daselbst. ^I. 1631, 1632, 1642 und<br />
1643.)<br />
10. n,. Kleine grauschwarze Urne, 6 Cm. h. und im Durchmesser,<br />
ohne Henkel; d. Urnenscherben von zwei stachen, schaleuartigen<br />
Urnen- o. punktirte und gestrichelte Urnenscherben; d. Fingerring<br />
von Vronzeblech, gerieft. Die kleine Urne hat in einer der<br />
flachschaligen gestanden. ? Selchower Mühle bei Uchtdorf, in<br />
Steinkistengräbern. — Herr Lehrer Agahd in Iägersfelde bei<br />
Uchtdorf. V. 1644.)<br />
11. Boden einer heidnischen Urne, 7 Cm. Durchmesser, k' Wittchow<br />
bei Stargard. — Herr Hauptmann Berghans daselbst.<br />
lI- 1675.)<br />
0. Bronzesachen.<br />
12. Paalstab, 17 Cm. l., 3,5 Cm. br. mit Schaftlappen, l' Wamlitz<br />
bei Stettin. Gekauft. ^I. 1614.^)<br />
13. Bruchstücke von zwei Pincetten, Ringen nnd einer Nadel,<br />
l' Lustebur bei Colberg, vor Jahren ausgepflügt. — Herr Rittergutsbesitzer<br />
v. Kameke daselbst. II. 1630.)<br />
14. Geschmolzene blaue Glasperle auf einem Ringe von Bronze,<br />
und Bruchstücke von Ringen. I? Lustebur bei Colberg in<br />
einer Urne. — Herr Zeichenlehrer Meier in Colberg. sI. 1640.)<br />
15. Zwölf Stück zerflossener Vronzeguß und Scherbe einer Urne,<br />
k' Selchower Mühle bei Uchtdorf in einem Kegelgrabe. —<br />
Herr Lehrer Agahd in Iägersfelde. sI. 1666.)<br />
16. Fibel mit rautenförmiger Platte und zwei Vrillenspiralen.<br />
^ Kehrberg er Forst neben der Breslauer Bahu in einer mit<br />
Knochen und Asche gefüllten Urne. Gekauft. sI. 1677.)<br />
O. Römische Funde.<br />
17. Milchfarbige Glasperle. 1,2 Cm. l., fünfflächig prismatisch<br />
geschliffen. ^ Feldmark Bornim unweit des Winter-Kirchhofes
Beilage V. 309<br />
bei Potsdam in einem Hünengrabe. — Herr Fichmann hier.<br />
lI. 1611.)<br />
18. a. Stück der Spirale einer römischen Fibel. I? Vor länger als<br />
10 Jahren in einem heidnischen Grabe in Cop rieben bei Bärwalde<br />
i. Pomm. sI. 1641); d. Fingerring von hellgrünem<br />
Glase. I? Ebendaselbst, und vielleicht beide zusammengehörend. —<br />
Herr General v. Neckow in Stolp. ^I. 1641.)<br />
U. Eisensachen.<br />
19. Scheere in Form einer Schafscheere, 16 Cm. l. ^Altstadt<br />
bei Colberg tief im Moor. — Herr Wirthschafts-Inspector Crnsius.<br />
V. 1609.)<br />
20. Einige Stückchen eiserner Ringe und Fibeln mit Knochenresten.<br />
^ Lustebur bei Colberg in einer Urne. — Herr Zeichenlehrer<br />
Meier in Colberg. ^I. 1639.^j<br />
21. Lanzen spitze, 23 Cm. l., und eine defecte Fibel. ^ Ebendaselbst<br />
in einer schwarzen Urne. — Herr Rittergutsbesitzer von<br />
Kameke in Lnstebur. II. 1631.)<br />
II. Mittelalterliches.<br />
22. Bronzener dreifüßiger Gußgrapeu, 35 Cm. Durchmesser, mit<br />
Hansmarke V V. 1? Unbekannt. — Herr Zeichenlehrer Meier in<br />
Colberg hat denselben in Händen eines jüdischen Kaufmanns gefunden.<br />
Gekauft. ^I. 1596.)<br />
23. k. Eiue Anzahl Pfeilspitzen, Krampen, Nägel und ein in<br />
der Klinge 33 Cm. l. Schwertmesser von Eisen; d. Stück<br />
eines Messing geräth es; o. Netzbeschwer er. 1^ Vütow,<br />
S.O. vom Schloß. — Herr Di-. Schneider in Vütow. ^F. 1602.)<br />
24. Topf. 1^ Bütow, hinter der Superintendeutur beim Abreißen<br />
des Fundamentes eines Stallgebändes mit mehreren anderen gefunden.<br />
— Herr Di-. Schneider in Bütow. sI. 1603.)<br />
25. Eiserne Pfeilspitze, 6 Cm. l. ^ Burgruine bei Blumeuwerd<br />
er. Primaner M. Schrader in Stolp, V. 1619.)<br />
26. Nothgebrannter irdener Topf mit einem Henkel, 10 Cm. h.,<br />
14 Cm. Vauchdurchmesser. Der Rumpf hat 12, etwa 0,5 Cm.<br />
breite wagerechte Cannelirungen, der Nand ist scharf abgesetzt.<br />
^ Gartz a. O. ca. 4 Met. t. unter der Erde beim Neubau des<br />
Hauses 172 (Kfm. Richter). — Herr Pastor Paul. ^I. 1665.)<br />
III. Münzen, Medaillen und Siegel.<br />
27. Adelheidsdcuar. I" Altstadt bei Colberg. — Herr Zeichenlehrer<br />
Meier das. von Herrn General Crnsins. sI. 1613.)
310 Zweiunduierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />
28. li. Schwedisches Ör^ Stück Gufi. Adolfs v. I. 1028 (Nicop) ;<br />
d. Messing marte: llnn^ ^clnilto ^lvrLndor^. Rs. verwischt.<br />
— Herr Oberlehrer Or. Vlasendorff in Pyrih. ^I. 1617)<br />
29. n,. Zwei Denare Barnims I.- d. Bracteat v. Stettin;<br />
e. Zwei Bracteaten von Stralsnnd. Eingetauscht. j^I. 1020.)<br />
30. Großes Siegel der Stadt Freicnwalde i. P. (Abdruck in<br />
Lack.) ZißMnin civitutis ^ri^littu>vll166. — Herr Bürgermeister<br />
Krüger daselbst. ^I. 1621.)<br />
31. Großes Siegel der Stadt Zanow (Lack-Abdrnck). 8 ' Zivi-<br />
SÄSI8 1)6 8Ntt0^6. -- Herr Kämmerer Pro st in<br />
Colberg. ^I. 1624.)<br />
32. Eine Sammlnng von 28 meist dentjchen Münzen, darunter<br />
4 Stück preußische Thaler von 1750, 1786, 1861. — Herr<br />
General v. Neckow in Stolp. II. 1645.)<br />
33. l/^ Thaler y^n Johann Friedrich nud Moritz v. Sachsen. 1546.<br />
- Herr Stadtverordneter Dittmer hier. ^I. 1646.)<br />
34. '/«4 Thaler Brau nschweig-Zelle (?) v. I. 1569. ^ Stettin<br />
beim Canalbau. — Herr Ingenieur Hackbarth. ^I. 1653.)<br />
35. Ovale japanesische Bronze-Münze. — Herr Kfm. Horn<br />
hier. V. 1654.)<br />
36. Sieben gehenkelte Silbermünzen: «.. <strong>Pommersche</strong>r Thaler<br />
Philipps II. von 1557. tristo (^t Ii6ipud1ic3.6 ; d. Zwölfkrenzerstück<br />
Ferdinands I. von 1557 <strong>für</strong> Tirol (vergoldet); c) Herzoglich<br />
sächsischer halber Thaler vou Christian, Johann Georg n. August<br />
von 1597; (1) Kur- und herzogt, sächsischer Thaler Christians II.,<br />
Johann Georgs und Angnsts v. I. 1607; s) Herzoglich sächsischer<br />
l/4 Thaler Christians, Johann Georgs nnd Angnsts v. I. 1601;<br />
l) Braunschwcig-Lüneburgischer '/^ Thaler Friedrichs v. 1647;<br />
F) Schwedisches Zweimarkstück Carls XI. v. 1673. — Herr Kfm.<br />
Aron Manasse hier. ^I. 1655.)<br />
37. Sieben Silbermünzen: ü. '/^ Mark Vambergisch des Bischofs<br />
Franz Ludwig von 1795. Rs. 2um I^sswu 668 V3,wr1liuä8.<br />
d) Oesterreich. Zweiguldeustück von 1859; c) Preußischer ^ Thaler<br />
von 1792; 6) Landgräft. hessischer '/2 Thaler Wilhelms IX. von<br />
1789; s) Württembergischer Gnlden von 1842; f) Anhaltischer<br />
Thaler von 1863; x) Vaierisches 3V2 Guldenstück ans die Vermählung<br />
des Kronprinzen Maximilian nnd der Prinzessin Marie<br />
v. Preußen von 1842. — Herr Kaufmann Grundmann hier.<br />
V- 1656.)<br />
33. Eine Sammlung vou 27 meist Deutschen Münzen und<br />
Medaillen, darunter ein pommersches Sechspfennigstück Philipp<br />
Julius 0. I., ein preußischer Thaler v. 1795, eiu tiroler Thaler<br />
des Erzherzogs Ferdinand, ein sächsischer Ducateli vou 1617 auf
Beilage L. 311<br />
das Neformations-Iubiläum, ein Thaler von Seeland von 1621.<br />
— Herr Apotheker Keibel in Treptow a. Toll. sI. 1663-1<br />
39. Eine Sammlung von 35 kleinen Münzen, darunter ein<br />
Denar von Wisby, ein Danziger Solidns von 1582, eine Niederländische<br />
Kupfermünze Carls V. sI. 1664,), Thaler von Danzig<br />
von 1649 Wadai 4829). — Herr Kaufmann Wolfram hier.<br />
13- 1667.)<br />
40. a. Brau nschweig - Lüneburg: fcher Thaler Heinrich Julius<br />
von 1613. IIc»u68tum pro ^tria; d. Kurbrandenburgi scher<br />
Thaler Friedrichs III. von 1691;
312 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />
51. ii. Bruchstück eines rosettcnförmigen Ziegels mit Stempel-Verzierungen;<br />
d. Bruchstück einer grün glasirten Kachel, die das<br />
Bild eines spanisch costümirteu Mauues mit Ordenskette des gol'<br />
denen Vließes zeigt, darunter Karol (wahrscheinlich Karl V.).<br />
I" Stargard beim Fundameutgraben. — Herr Rector Schwarze<br />
das. ^I. 1652.)<br />
52. Eine Sammlung von Glasbildern aus Kirchenfenstern des<br />
16. und 17. Jahrhunderts, darunter das schöne Bild eines betenden<br />
Heiligen (S. Franciscus?). — Herr Kaufmann Alexander<br />
Schultz hier. II. 1670.^<br />
53. Ein Stück Bernstein, 11 Cm. l., 8 Cm. br., größte Dicke 5 Cm.<br />
? Mühlenbecker Forst, etiva 1 Met. t. beim Graben gefunden.<br />
— Königliche Regierung hier. ^I. 1600.)<br />
54. Siebenuudzwau zig photographische Bilder von Alterthümern,<br />
Städten nnd Landschaften von Vorpommern und Rügen.<br />
Gekauft. l^I. 1615 uud 1673.1<br />
55. 2,. Stich von Stettin nach dem Originalgemälde vom Jahr<br />
1659, ans dem Jahr 1798, 45 Cm. l., 29 Cm. br.; d. Stich<br />
von Stettin i. I. 1799 in derselben Größe. — Fräul. Malbranc<br />
hier. ^I. 1627.)
Beilage N. 313<br />
Beilage (X<br />
Veycichniß der Mitglieder<br />
der <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Pommersche</strong> <strong>Geschichte</strong> und<br />
Alterthumskunde<br />
bis zum 1. April 1880.<br />
I. Protector.<br />
Sc. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz des<br />
deutschen Reiches und von Preußen.<br />
II. Präsident.<br />
Der Königliche Oberpräsid cn t von Pommern,<br />
Wirkt. Geheime Rath Herr Freiherr li. Mllltchhansen<br />
Excellenz.<br />
III. Ehrenmitglieder.<br />
1. Se. König!. Hoheit der Prinz Carl von Prenßen.<br />
2. Se. Durchlaucht der Reichskanzler nnd Minister-Präsident<br />
Dr. Fürst v. Bismarck in Varzin.<br />
3. Se. Excellenz der General der Cavallerie und Kommandirende<br />
General des 2. Armee-Korps Herr Hann von<br />
Weyhern in Stettin.<br />
4. Se. Excellenz der Königliche Wirkliche Geheime Rath<br />
und General-Landschafts-Director Herr v. Koller in<br />
Carow bei Labes.<br />
5. Der Geheime Med.-Rath Herr Professor Dr. Virchow<br />
in Berlin.<br />
6. Der Großherzoglich Mecklenburgische Geh. Archiv-Rath a. D.<br />
Herr Dr. Lisch in Schwerin i. M.<br />
7. Der Professor nnd Ober-Bibliothekar Herr I)r. Hirsch<br />
in Greifswald.<br />
20
314 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />
8. Der Geheime Rath und Professor Herr Dr. W. von<br />
Giesebrecht in München.<br />
9. Der Direetor des Germanischen Museums Herr Professor<br />
Di-. Essen wein in Nürnberg.<br />
10. Der Direetor des römisch-germanischen Central-Mufeums<br />
Herr Professor Di-. Lindenschmit in Mainz.<br />
11. Der Director im Königl. Ital. Ministerium der auswärtigen<br />
Angelegenheiten Herr Christoforo Negri<br />
in Rom.<br />
12. Se. Excellenz der Kaiserl. Ober-Ceremonienmeister Graf<br />
v. Stillfried-Alcanta ra in Berlin.<br />
IV. Correspondirende Mitglieder.<br />
1. Freiherr von Kö'hne, Wirkt. Geh. Staatsrath in St.<br />
Petersburg.<br />
2. Dr. Eeynowa in Bukowiez bei Terespol, Westpreußen.<br />
3. Dr. Verghaus, Professor in Grünhof-Stettin.<br />
4. Hering, Landgerichts-Director in Arnsberg.<br />
5. Dr. Große, Syndicus in Altenburg.<br />
6. Dr. Kurd v. Schlozer, Gesandter in Washington.<br />
7. Plathner, Baumeister in Berlin.<br />
8. Dr. Wigger, Archivrath in Schwerin i. M.<br />
9. Freiherr v. Tettau, Öber-Regierungsrath in Erfurt.<br />
10. Dr. Beyersdorff, Arzt in Beuthen i. O.-S.<br />
11. Kasiski, Major z. D. in Neustettin.<br />
12. Richter, Lehrer in Sinzlow bei Neumark i. Pomm.<br />
13. Dannenberg, Landgerichtsrath in Berlin.<br />
14. Dr. Friedländer, Director des Königl. Münz-Kabinets<br />
in Berlin.<br />
15. Di-. Pertsch, Professor in Gotha.<br />
16. Graf G. v. Gozzadini, Senator des Königreichs<br />
Italien in Bologna.<br />
V. Ordentliche Mitglieder.<br />
^. In Pommern,<br />
in Alt-Damm 1. Kumbier, Apotheker.
Beilage 0.<br />
NI Anclam 2. Billerbeck, Iustizrath.<br />
3. Brehmer, Kaufmann.<br />
4. Di'. Fnth, Gymnasiallehrer.<br />
5. Grube, Privatlehrer.<br />
6. Dr. Hanow, Oberlehrer.<br />
7. Keibel, Lehrer d. höheren Töchterschule.<br />
8. Pöttcke, Vnchdruckereibesitzer.<br />
in Bahn 9. Hage mei st er, Bürgermeister.<br />
10. Dr. Kanitz, Rector.<br />
11. Müller, Superintendent.<br />
12. Müller-Hochheim, Lieutn. u. Gutsbes.<br />
13. Koch, Amtsrichter.<br />
14. Sachse, Lehrer.<br />
boi Bahn 15. Nahn, Amtsvorsteher in Rohrsdorf.<br />
in Velgard 16. Apolant, Kaufmann.<br />
17. Dr. Kierski, Kreis-Physicns.<br />
18. Klemp, Bnchdrnckereibesitzer.<br />
19. Klewe, Gymnasiallehrer.<br />
20. Kno rr, Gymnasiallehrer.<br />
21. Di'. Krüger, Gymnasiallehrer.<br />
22. Rnbow, Secretar des Kreisansschusses.<br />
23. Dr. Scheibner, Gymnasiallehrer.<br />
24. Dr. Treutler, Oberlehrer.<br />
25. Wegner, Superintendent.<br />
dei Belgard 26. v. Kleist-Netzow, Ober-Präsident a. D.<br />
in Kiekow.<br />
dei Callies 27. v. Klitzing, Rittergutsbesitzer in Zuchow.<br />
in Cammin 28. Hasenjäger, Conreetor.<br />
29. v. Koller, Landrath.<br />
30. Kücken, Ziegelcibcsitzer.<br />
31. Klicken, Ingenienr.<br />
32. Lüpke, Archidiaconns.<br />
33. M einhold, Superintendent.<br />
boi Clcmpenow 34. Gicsebrecht, Pastor in Golchen.<br />
boi Charlottenhof 3 5. Petersen, Ober-Anitmann in Drenowin<br />
Codram 36. Brandt, Königl. Amtsrath.
316<br />
in Cösternitz<br />
in Cöslin<br />
bei Cöslin<br />
in<br />
Colberg<br />
Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />
37<<br />
38.<br />
39.<br />
40.<br />
41.<br />
42.<br />
43.<br />
44.<br />
45.<br />
46.<br />
47.<br />
48.<br />
49.<br />
. Knittel, Pastor.<br />
Stettin, Rechtsanwalt.<br />
v. Kameke, Rittergutsbes. in Lustebuhr.<br />
Klawonn, Pastor in Bast.<br />
Lenz, Pastor in Tessin.<br />
Crusius, Generalmajor z. D.<br />
Lehmann, Premierlieutenant.<br />
Kümmert, Bürgermeister.<br />
Meier, Zeichenlehrer.<br />
Prost, Stadtrath und Kämmerer.<br />
Dl. Schuffert, Gymnasiallehrer.<br />
Di-. Streit, Gymnasial-Director.<br />
Dr. Ziemer, Gymnasiallehrer.<br />
Wegner, Amtsgerichtsrath.<br />
bei Colberg<br />
50.<br />
51. . v. Ramin, Major und Rittergutsbes. in<br />
Schwedt.<br />
in Daber 52. Wegner, Superintendent.<br />
bei Daber 53. v. Dewitz, Rittcrgntsbes. in Wussow.<br />
53. v. Dewitz-Krebs, Rittergutsbesitzer in<br />
Weitenhagen.<br />
bei Dargislaf 54. . v. Ramin, Rittergntsbes. in Iarchow.<br />
in Demmin 55. . Franck, Oberlehrer.<br />
56. Di-, incxl. Starck, practischer Arzt.<br />
57. Dr. Weinert, Gymnasiallehrer.<br />
bei Demmin 58.<br />
Graßmann, Pastor in Sophienhof.<br />
59, . Baron v. Seckcndorf, Rittergutsbes. in<br />
Brook.<br />
60. . Schmidt, Pastor in Cartlow.<br />
bei Denzin 61.<br />
v. Zitze Witz, Rittergutsbes. in Bornzin.<br />
bei Dölitz 62, . Eben, Rittergutsbes. in Linde.<br />
63. Schmidt, Pastor in Suckow.<br />
in Falkenburg 64. , Plato, Ober-Prediger.<br />
in Ferdinandstein 65. Höppner, Lehrer.<br />
in Fiddichow 66. Glöde, Bürger.<br />
bei Fiddichow 67.<br />
Coste, Landschaftsrath u. Rittergutsbes.<br />
in Brusenfelde.
Beilage 0. 317<br />
bei Fiddichow 68. Baron v. Steinäcker, Rittergutsbes. in<br />
Rosenfelde.<br />
bei Friedrichsgnade 69. Steffen, Gutsbesitzer in Iustemin.<br />
in Oartz a. O. 70. Krielke, Maurermeister.<br />
71. Ramthun, Gymnasiallehrer.<br />
72. Runge, Hauptmann.<br />
73. vi-, insci. Sinsteden, pract. Arzt.<br />
74. I)r. Vitz, Rector.<br />
bei Gartz a. O. 75. Vogel, Pastor in Hohen-Reinkendorf.<br />
in Gollnow 76. Fleischmann, Obersteuer-Controlleur.<br />
77. Hellberg, Buchdruckereibesitzer.<br />
78. Röber, Superintendent,<br />
in Grabow a. O. 79. Arft, Rechtsbeistand.<br />
80. Vohnstengel, Lehrer.<br />
81. Fricke, Baumeister.<br />
82. Holland, Schulvorsteher.<br />
83. Dr. in6ä. Hoppe, Arzt.<br />
84. Neumann, Schiffscapitain.<br />
bei Gramenz 85. v. Blankenburg, Rittergutsbes. in Kussow<br />
86. v. Gaudecker, Rittergutsbes. in Zuch.<br />
in Greifenberg i. P. 87. Di'. Kanitz, Rector u. Hülfspred.<br />
88. Ebert, Pastor.<br />
bei Greifenberg i. P. 89. Gloxin, Lieutn. u. Rittergutsbes.<br />
in Coldewanz.<br />
in Greifenhagen 90. Bartelt, Pastor.<br />
91. RückHeim, Apotheker.<br />
92. Dr. Iacobson, Kreisphysikus.<br />
93. Otto, Kreissecretair.<br />
94. Weizmann, Kreisbaumeister.<br />
95. Unra u, Amtsgerichtssecretair.<br />
bei Greifenhagen 96. Jonas, Rittergutsbes. in Garden.<br />
97. Junker, Fabrikbesitzer in Vogelsang.<br />
98. Modler, Pastor in Stecklin.<br />
99. Runge, Rittergutsbes. in Wietstock.<br />
bei Gr. Icstin 100. v. Gickste d t-Tantow, Major a. D.<br />
in Eickstedtswalde.
318 Zweiundvierzigster Jahresbericht. HI. IV.<br />
bei Gr. Mellen 101. Freih. v. W angen hei m, Rittergutsbes.<br />
in Kl. Spiegel,<br />
bei Hohenfelde 102. v. Blanke nburg, Rittergntsbes. in<br />
Strippow.<br />
in Iasenitz 103. Wegner, Pastor,<br />
in Lanenburg i. P. 104. Haber, Gymnasiallehrer,<br />
bei Lebbin 105. Franz Küster, Amtsvorsteher in Kalkofen.<br />
106. Hugo Küster in Kalkofen,<br />
in Löcknitz 107. Innius, Vrauereibesitzer.<br />
in Massow 108. Di-. Fischer, Kreisphysicus.<br />
bei Massow 109. v. Petersdorf, Rittergutsbesitzer in<br />
Bnddendorf.<br />
110. Rohrbeck, Rittergntsbes. in Müggenhall.<br />
bei Mittelfelde 111. Freih. v. Wangen heim, Rittergutsbes.<br />
in Neu-Lobitz.<br />
bei Naugard 112. Baron v. Flcmming, Erblandmarschall<br />
in Basenthin,<br />
bei Nenmark i. P. 113. Oben aus, Pastor in Sinzlow.<br />
114. Rieck, Rittergutsbes. in Glien.<br />
bei Nörenberg 115. Dahms, Rittergutsbes. in Seegut,<br />
in Neustettin 116. Baack, Gymnasiallehrer.<br />
117. Betge, Gymnasiallehrer.<br />
118. Bindseil, Gymnasiallehrer.<br />
119. Vöhlau, Gymnasiallehrer.<br />
120. v. Bon in, Landrath.<br />
121. Dietlein, Proreetor.<br />
122. Haake, Gymnasiallehrer.<br />
123. Di-. Hoff, Rathsherr.<br />
124. Huth, Kaufmann.<br />
125. Kohl mann, Gymnasiallehrer.<br />
126. Reclam, Gymnasiallehrer.<br />
127. Scheu ne mann, Rechtsanwalt.<br />
128. Schirmeister, Gymnasiallehrer.<br />
129. Schmidt, Hauptmann u. Catastercontroll.<br />
130. Spreer, Oberlehrer.<br />
131. Tschentscher, Gymnasiallehrer.
Beilage 0. 319<br />
132. Wille, Gymnasiallehrer.<br />
133. Di'. Ziemßen, Oberlehrer.<br />
bei Neuwarp 134. v. Enckevort, Rittergutsbesitzer in<br />
Albrechtshof.<br />
in Pasewalk 135. v. Enckevort, Rittmeister,<br />
in Penkun 136. Succow, Lehrer,<br />
bei Penkun 137. v. d. Osten, Rittergutsbes. in Blumberg,<br />
bei Plathe 138. Ha den stein, Pastor in Witzmitz.<br />
bei Podejuch 139. Hoffmann, Oberförster in Klütz.<br />
in Polzin 140. Nietardt, Kaufmann,<br />
bei Polzin 141. v. Manteuffel, Rittergutsbesitzer und<br />
Mitglied des Herrenhauses in Redel.<br />
bei Priemhausen 142. Mühlenbeck, Rittergutsbesitzer<br />
in Gr. Wachlin.<br />
in Pyritz 143. Backe, Buchhändler.<br />
144. Balcke, Gymnasiallehrer.<br />
145. Berg, Ober-Prediger.<br />
146. Dr. Blasend or ff, Oberlehrer.<br />
147. Breit fpre ch er, Seminarlehrer.<br />
148. Ei sentra ut, Bank-Director.<br />
149. Dr. llioä. Hartwig, Arzt.<br />
150. Dr. ni6ä. M ö.ll.er, Arzt.<br />
151. Schreiber, Bankbuchhalter.<br />
152. Tummeley, Fabrikbesitzer.<br />
153. Wetzet, Rector und Hülfsprediger.<br />
154. O. Wetzet, Rector.<br />
155. Zietlow, Superintendent.<br />
156. Or. Zinzow, Gymnasialdirector.<br />
bei Pyritz 157. Nehring, Rittergntsbes. in Rakitt.<br />
158. v. Schöning, Rittergutsbes. in Lüdtow ^.<br />
159. Sternberg, Pastor in Pisterwitz.<br />
bei Gr. Rambin 160. Klettner, Rittergutsbes. in Glötzin.<br />
in Regenwalde 161, Gust. Schultz, Kaufmann.<br />
162. Hallensleben, Heilgehülfe,<br />
in Rügenwalde 163. He mptenmacher, Commerzicnrath.<br />
in Schivelbein 164. 1)r. Gruber, Direetor,
320 Zweiundmerzigster Jahresbericht. III. IV.<br />
in Schwelbein 165. v. Mellenthin, Amtsrichter.<br />
166. Waldow, Buchdruckereibesitzer.<br />
in Schlawe 167. Dr. Crusius, Kreisphysikus.<br />
bei Schlawe 168. Brandenburg, Rechnungsführer in<br />
Adl. Suckow.<br />
in Stargard 169. Berghaus, Hauptmann.<br />
170. Di'. Loth holz, Gymnasial-Director.<br />
171. v. Nickisch-Nosenegg, Landrath.<br />
172. Rohleder, Gymnasiallehrer.<br />
173. Dr. Schmidt, Oberlehrer.<br />
174. Schwarze, Rector.<br />
175. vi-. Wiggert, Proreetor.<br />
176. Di-. Ziegel, Gymnasiallehrer.<br />
bei Stargard 177. Witzlow, Lieutn. und Rittergutsbesitzer<br />
in Ferchland.<br />
in Stepemtz 178. Rahm, Oberförstercandidat.<br />
in Stettin 179. Abel, Bankier.<br />
180. Allendorf, Kaufmann.<br />
181. Appel, Gutsbesitzer.<br />
182. Aron, Kaufmann.<br />
183. Balsam, Stadtschulrath.<br />
184. Barsekow, Bankdirector.<br />
185. Bartels, Kaufmann.<br />
186. Becker, Kaufmann.<br />
187. Vennthsow, Kaufmann.<br />
188. Berg, Lehrer.<br />
189. Dr. Blümcke, Oberlehrer.<br />
190. Bock, Stadtrath.<br />
191. Böttcher, Kaufmann.<br />
192. Bötzow, Kanfmann.<br />
193. Bon, Ober-Regierungsrath.<br />
194. v. Borcke, Bankdirector.<br />
195. Bourwieg, Iustizrath.<br />
196. Dr. Brand, Arzt.<br />
197. Vrennhausen, Baumeister.<br />
198. I)i-. Brunn, Gymnasiallehrer.
Beilage 0. 321<br />
199. Brunnemann, Rechtsanwalt.<br />
200. Bueck, Landgerichtsrath.<br />
201. Dr. v. Bülow, Staatsarchivar.<br />
202. v. Bünau, Regierungsassessor.<br />
203. Dr. Claus, Oberlehrer.<br />
204. N. Cohn, Kaufmann.<br />
205. H. Dannenberg, Buchhändler.<br />
206. E. Degner, Kaufmann.<br />
207. Denhard, Landgerichtsrath.<br />
208. Dekkert, Kaufmann.<br />
209. v. Dewitz, Ober-Landesgerichtsrath.<br />
210. Dr. Dohrn Mn.<br />
211. von Dücker, Königl. Forstmeister.<br />
212. Dr. Eckert, Oberlehrer.<br />
213. Engler, Hauptmann.<br />
214. v. Ferentheil und Gruppenberg,<br />
Gen.-Lieutenant und Kommandant.<br />
215. Fischer v. Röslerftamm, Redacteur.<br />
216. Furbach, Iustizrath.<br />
217. Gadebusch, Stadtrath.<br />
218. Dr. Gaebel, Gymnasiallehrer.<br />
219. Gehrte, Divisionspfarrer.<br />
220. Geiseler, Director.<br />
221. Gentzensohn, Buchdruckereibesitzer.<br />
222. Gerber, Kaufmann.<br />
223. Versta eck er, Landesgerichtsrath.<br />
224. Giesebrecht, Syndicus.<br />
225. Goedeking, K. Bau-Inspector.<br />
226. Rud. Grantze, Kaufmann.<br />
227. Dr. Oraßmann, Gymnasiallehrer.<br />
228. C. Greffrath, Kaufmann.<br />
229. Gribel, General-Consul.<br />
230. v. Gronefeld, Ober-Regierungsrath.<br />
231. R. Grundmann, Kaufmann.<br />
232. Dr. Haag, Oberlehrer.<br />
233. Haken, Oberbürgermeister.
322 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />
234. Hämmerst ein, Amtsrichter.<br />
235. Heinrich, Director.<br />
236. Hemptenma cher, Kaufmann.<br />
237. Dr. Hering, Professor.<br />
238. Herotizky, Kaufmann.<br />
239. Hertel, Gewerberath.<br />
240. v. Heyden-Cadow, Landes-Director.<br />
241. Hirt, Lehrer.<br />
242. Hoffmann, Oberlehrer.<br />
243. Itzinger, Amtsgerichtsrath.<br />
244. Job st, Oberlehrer.<br />
245. Kabisch, Director.<br />
246. Kant, Gymnasiallehrer.<br />
247. C. Kanzow, Kaufmann.<br />
248. Kar kutsch, Kaufmann.<br />
249. Karow, Commerzienrath.<br />
250. G. A. Kaselow, Kaufmann.<br />
251. Kern, Gymnasialdirector.<br />
252. Kietzling, Referendar.<br />
253. Kist er, Consul.<br />
254. Knorrn, Rentier.<br />
255. Köhn, Staatsanwalt.<br />
256. Dr. König, Redacteur.<br />
257. Kossack, Baumeister.<br />
258. Krähn st öwer, Kaufmann.<br />
259. Kreich, Kaufmann.<br />
260. Krum macher, Consistorialrath.<br />
261. Dr. Kühne, Oberlehrer.<br />
262. Küster, K. Forstmeister.<br />
263. Küster, Landgerichtsrath.<br />
264. Laetsch, Rector.<br />
265. Lang hoff, Kaufmann.<br />
266. Lebeling, Buchdruckereibesitzer.<br />
267. Lemcke, Professor.<br />
268. Lenz, Baumeister.<br />
269. Dr. Lieber, Oberlehrer.
Beilage 0. 323<br />
270. Lincke, Realschullehrer.<br />
271. Di-. Loewe, Gymnasiallehrer.<br />
272. Lossius, Direktor.<br />
273. Magunna, Director.<br />
274. A. Ma nasse, Kaufmann.<br />
275. Dr. Manke, Gymnasiallehrer.<br />
276. Dr. Marburg, Oberlehrer.<br />
277. Marquardt, Medizinal-Assessor.<br />
278. Masche, Iustizrath.<br />
279. Metzel >n., Rentier.<br />
280. W. H. Meyer, Kaufmann.<br />
261. Isidor Meyer, Kaufmann.<br />
282. Milentz, Amtsgerichtsrath.<br />
283. Mitzlaff, Kaufmann.<br />
284. Dr. ^ni-. Moll, Amtsrichter.<br />
285. Mügge, Inspeetor.<br />
286. Müller, Direttor der Provinzial-Zuckersiederei.<br />
287. Müller, Prediger.<br />
288. u. d. Nahmer, Buchhändler.<br />
289. Niekammer, Buchhändler.<br />
290. F. A. Otto, Kaufmann.<br />
291. Petersen, Director der Nordd. Seeund<br />
Fluß-Vers.-<strong>Gesellschaft</strong>.<br />
292. Pfeiffer, Kaufmann.<br />
293. E. Pietschmann, Kaufmann.<br />
294. Carl Julius Piper, Kaufmann.<br />
295. Pitsch, Professor.<br />
296. Pitzschky, Geh. Iustizrath.<br />
297. Fr. Pitzschky, Kaufmann.<br />
298. Di-. Prümers, Archivar.<br />
299. Purgold, Kaufmann.<br />
300. Rabbow, Kaufmann.<br />
301. Rahm, Geh. Commerzienrath.<br />
302. v. Redei, Kaufmann.<br />
303. Em. Richter, Kaufmann.
324 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />
304. Roh leder, Kaufmann.<br />
305. Di-. Rühl, Gymnasiallehrer.<br />
306. Rusch, Hauptlehrer.<br />
307. Dr. ui6cl. Sauerhering, Arzt.<br />
308. Saunier, Buchhändler.<br />
309. Dr. in6ä. Scharlau, Arzt.<br />
310. Schenk, Rector.<br />
311. Schiff mann, Archidiakonus.<br />
312. F. F. Schiffmann, Kaufmann.<br />
313. Schinke, Maurermeister.<br />
314. Schintke, Goldarbeiter.<br />
315. Dr. Schlegel, Realschullehrer.<br />
316. Schlesack, Stadtrath.<br />
317. Schlichting, Amtsgerichtsrath.<br />
318. W. Schlutow, Geh. Commerzienrath.<br />
319. A. Schlutow, Stadtrath.<br />
320. Th. Schmidt, Oberlehrer.<br />
321. Schmidt, Oberlandesgerichtsrath.<br />
322. Schmidt, Landgerichtsrath.<br />
323. Schmidt, Zeichenlehrer.<br />
324. Schreyer, Consul.<br />
325. Sch ridde, Lehrer.<br />
326. Hellm. Schröder, Kaufmann.<br />
327. v. Schrot ter, K. Forstmeister.<br />
328. Schubert, Kaufmann.<br />
329. C. H. S. Schultz, Director.<br />
330. Fr. Leop. Schultz, Kaufmann.<br />
331. Schultz, Prediger.<br />
332. Schultz, Regierungs- und Provinzial-<br />
Schulrath.<br />
333. Sehlmacher, Iustizrath.<br />
334. Sievert, Director.<br />
335. Silling, Kaufmann.<br />
336. Sotzmann, K. Oberförster a. D.<br />
337. Sperling, Rentier.<br />
338. I)r. inoä. Steffen, Sanitätsrath.
Beilage 0. 325<br />
339. Steffen!) a gen, Gymnasiallehrer.<br />
340. Steinmetz, Prediger.<br />
341. Sdenbeck, Kaufmann.<br />
342. Thierry, Reichsbankkassirer.<br />
343. Thym, Vankdirector.<br />
344. Ferd. Tiede, Kaufmann.<br />
345. Trieft, Ober-Regierungsrath.<br />
346. Uhfadel, Bankdirector.<br />
347. Wächter, Conful.<br />
348. Di-. Walter, Gymnasiallehrer.<br />
349. Di-. A. Wegner, Schulvorsteher.<br />
350. Dr. E. Wegner, Arzt.<br />
351. R. Wegner, Kaufmann.<br />
352. Wehmer, Kaufmann.<br />
353. Di'. Wehrmann, Geh. Regierungsrath.<br />
354. Weigert, Amtsrichter.<br />
355. I)i-. Weicker, Gymnasial-Director.<br />
356. Di-. Weitze, Fabrikbesitzer.<br />
357. Wendlandt, Iustizrath.<br />
358. Werner, Rechtsanwalt.<br />
359. Weyland, Kaufmann.<br />
360. Di-. Wißmann, Medizinalrath.<br />
361. Dr. Wolff, Chef-Redacteur.<br />
362. A. H. Zander, Kaufmann.<br />
363. v. Zepelin, Hauptmann.<br />
364. I)r. Ziegel, Stabsarzt.<br />
bei Stettin 365. Kolbe, Rittergutsbef. in Pritzlow.<br />
366. v. Ramin, Geh. Rath in Brunn.<br />
367. Wetzel, Pastor in Mandelkow.<br />
in Stojenthin 366. Ianczikowski, Lehrer/<br />
in Stolp i. P. 369. v. Homeyer, Rittergutsbesitzer.<br />
370. Pippow, Baumeister.<br />
371. Oscar Meyer, Kaufmann.<br />
372. v. Reckow, General-Major z. D.<br />
373. Max Schrader.<br />
bei Stolp i.P. 374. Arnold, Rittergutsbef. u. Lieut. in Rectz.
326 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />
375. Treubrod, Brennerei - Inspector in<br />
Gumbin.<br />
inStolzenburg 376. I. Laß, Ortsvorsteher,<br />
bei Trampte 377. Abraham, Rittergutsbes. in Sassenhagen.<br />
378. Kolbe, Rittergutsbes. in Uchtenhagen.<br />
379. Rohrbeck, Rittergutsbes. in Sassenhagcn.<br />
380. Kypke, Pastor in Buche.<br />
inSwinemünde 381. Weber, Amtsrichter.<br />
382. Dr. Wilhelm:, Kreisphysicus.<br />
in Treptow a.R. 383. Boden st ein, Bürgermeister.<br />
384. Di-. Bouterwek, Gymnasial-Director.<br />
385. Calow, Kreisrichter a. D. und Landschaftssyndicus.<br />
386. Petrich, Archidiaconus.<br />
b.Treptowa.R.387. Stumpf, Oberförster in Grünhaus,<br />
in Treptow a.T. 388. Oelgardt, Conrector.<br />
b. Treptow a.T. 389. Thilo, Pastor in Werder.<br />
bei Uchtdorf 390. Agahd, Lehrer in Iägersfelde.<br />
in Ueckermünde 391. Graf v. Rittberg, Landrath.<br />
beiUeckermünde 392. v. Enckev ort, Rittergutsbes. i. Vogelsang.<br />
bei Vietzig 393. v. Zitzewitz, Rittergutsbes. in Zezenow.<br />
394. v. Gruben, Rittergutsbes. in Comsow.<br />
in Wangerin 395. Petermann, Zimmermeister,<br />
bei Wangerin 396. v. Puttkammer, Rittmeister a. D. in<br />
Henkenhagen.<br />
in Wartenberg i. P. 397. Wentz, Superintendent,<br />
bei Wartenberg i. P. 398. Hildebrandt, Superintendent in<br />
Babbin.<br />
in Wolgast 399. Vödcher, Gymnasiallehrer.<br />
400. Herm. Witte, Kaufmann,<br />
bei Wolgast 401. Kasten, Pastor in Katzow.<br />
bei Zinnowitz 402. Dieckmann, Pastor in Netzelkow.<br />
in Züllchow 403. Dr. iu6ä. Steinbrück, Arzt.
Beilage 0. 327<br />
L. Außerhalb Pommerns.<br />
in Angermünde 404. Dr. tlieoi. 6t pliil. Mathieu, Pastor,<br />
in Barmen 405. Hasse, Aftothekenbesitzer.<br />
406. Schultz, Polizei-Inspector.<br />
in Berlin 407. A. Arndt, Lehrer.<br />
408. Bartz, Anstaltsprediger in Plötzensee.<br />
409. v. Corswandt, Rentier.<br />
410. v. Hellermann, Rittmeister.<br />
411. v. Hellermann, Lieutenant.<br />
412. O. Iähnke, Universitäts-Vibliothekar.<br />
413. v. Kessel, Major z. D.<br />
414. Oppenheim, Ober-Tribunalsrath.<br />
415. v. Rönne, Landgerichtsrath.<br />
416. v. Somnitz, Lieutenant.<br />
417. Supprian, Seminar-Director.<br />
418. Tourbiö, Amtsrichter a. D.<br />
in Brandenburg a. H. 419. v. Kameke, Major,<br />
in Culm 420. Faßmann, Gymnasiallehrer.<br />
in Danzig 421. Bertling, Archidiaconus und Stadtbibliothekar.<br />
422. Dr. Giese, Lehrer an der Realschule<br />
zu St. Johann.<br />
in Eberswalde 423. Viedenz, Kgl. Bergmeister,<br />
in Frankfurt a. O. 424. G. v. Grumbkow.<br />
in Glogau 425. Gallus, Rechtsanwalt,<br />
in Hadersleben 426. Harms, Staatsanwalt,<br />
in Halle a. S. 427. Dr. Heydemann, Professor.<br />
428. Dr. Wehrmann, Gymnasiallehrer,<br />
in Kiel 429. Dr. Haupt, Professor,<br />
in Königsberg i. N. 430. Dr. v. Lühmann, Oberlehrer,<br />
in Königsberg i. Pr. 431. Dr. Carus, Gen.-Superintendent.<br />
bei Krziczanowitz 432. Weltzel, Geistl. Rath in Tworkau.<br />
in Lennep 433. Enke, Lehrer,<br />
in Luckenwalde 434. Dr. rued. Klamann, Arzt,<br />
in Lissa Ng.-V. Posen 435. Knoop, Gymnasiallehrer.
328 Zweiundvierzigster Jahresbericht. III. IV.<br />
bei Nechlin 436. v. Winterfeld, Rittergutsbesitzer in<br />
Neuenfeld.<br />
bei Pfaffendorf 437. E. Vahrfeld, Rittergutsbesitzer und<br />
Amtsvorsteher in Rietz-Neuendorf.<br />
in Pofen 438. v. Kunowski, Oberlandesger.-Präsident.<br />
in Potsdam 439. v. Lettow, Oberst im 1. Garde-Regiment<br />
zu Fuß.<br />
bei Schönfließ i. N. 440. Eick, Amtsrath in Steinwehr.<br />
in Siegen 441. Dr. Taegert, Direetor.<br />
in Schwetz 442. Magunna, Amtsrichter.<br />
in Tarnowitz 443. Dr. Pfundheller, Oberlehrer.<br />
bei Neu-Trebbin 444. Tesmer, Pastor in Alt-Trebbin.<br />
in Wiesbaden 445. Müller, Assessor a. D.<br />
in Wittenberg 446. Paul, Hauptsteueramts-Controlleur.<br />
in Würzburg 447. Dr. Schröder, Professor.
Vugcnhagcns Hamburger Kirchen-Ordnung<br />
von 1529.<br />
Sollte sich irgendwo in öffentlichein oder privatem Besitze<br />
eine ältere Handschrift von Johannes Vngen Hagen Der<br />
Erbaren Stadt Hamborg Cristlike Ordeninge vom<br />
Jahre 1529 in niederdeutscher Sprache finden, so möchte<br />
der Unterzeichnete bitten, ihm davon Mittheilung zn machen;<br />
namentlich Handschriften ans dem 16. Jahrhundert wären sehr<br />
erwünscht. Hamburg, Pastorenstraße 13.<br />
Carl Vertheau, Pastor Zn St. Michaelis.<br />
Bngenhagens Wolliner Kirchen-Ordnung<br />
von 1535.<br />
Die von Fr. Koch in seinen Erinnerungen an Ioh. Bugenhagen<br />
1817 benntzte Kirchen-Ordnung, welche Vugenhagen <strong>für</strong><br />
seine Vaterstadt Wollin abfaßte, ist seitdem verschollen. Jede<br />
Nachricht über den Verbleib derselben würde von größtem Werthe<br />
sein und wir bitten, solche vorkommenden Falls an den Herrn<br />
Staats archivar Di'. von Vülow in Stettin richten zn<br />
wollen.<br />
Der Vorstand des Vereins <strong>für</strong> <strong>Pommersche</strong> <strong>Geschichte</strong><br />
nnd Alterthmnstttnde.<br />
Verlag von Wolf Lothar Oemler in Hamburg.<br />
Anfang September d. I. wird erscheinen:<br />
Pommrsche Lebens- und Landcsbildcr.<br />
Aus dem Jahrhundert Friedrichs des Großen.<br />
Von Hermanu Petrich,<br />
Archidiakouus in Treptow a. d. R., Gymnasiallehrer a. D.<br />
ungef. 28 Bogen 8"; broch. etwa 5 ^., eleg. geb. etwa 6 ^.<br />
I n h a l t :<br />
1. Nicolaus Ludwig Graf von Zinzendorf. 2. Ewald Christian<br />
von Meist. 3. David Ruhnken. 4. Christian Gottfried Aßmann.<br />
5. Wilhelm Sebastian von Belling und der siebenjährige Krieg in<br />
Pommern. 6. Karl Wilhelm Ramler. 7. Johann Joachim Spalding.<br />
8. Franz Balthasar Scho'nbergk von Arenkenhoff und die<br />
wirthschaftlichen Verhältnisse Pommerns vor hundert Jahren. 9<br />
Johann Kaspar Lavater. ^0. Ewald Friedrich Graf v. Hertzberg.<br />
11. Johann Heinrich Ludwig Meierotto. 12. Johann Friedrich<br />
Zöllner und seine Reise durch Pommern i. I. 1795.<br />
Bestellungen auf obige Werke werden von allen Buchhandlungen<br />
wie von der Verlagsbuchhandlung entgegengenommen.
Diejenigen Mitglieder, welche im Besitz älterer Jahrgänge, besonders I., IR., XII. 2, XXI. 1, XXIV.<br />
und XXVIII. der Balt. Studien sind und kein besonderes Interesse an denselben haben, werden hoflichst<br />
ersucht, sie entweder gratis oder gegen einen zu verabredenden Preis der <strong>Gesellschaft</strong> zu überlassen.<br />
Der Vorstand.<br />
'<br />
^'<br />
co<br />
^
Inhalts « Verzeichnis<br />
S.<br />
v. Bülow: Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> des pommerscheu<br />
Schulwesens 329-411
Beitrage<br />
zur <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
im 16. Jahrhundert<br />
von Dl'. G. von Bülow, königl. Staatsarchivar.<br />
Einleitung.<br />
Die pommerschen Schuleinrichtungen zur katholischen Zeit<br />
waren im Wesentlichen dieselben wie in anderen Theilen des<br />
nördlichen Deutschlands. Die reformatorischen Bestrebungen<br />
Karls des Großen auf dem Gebiet des Unterrichtswesens können<br />
begreiflicherweise sür Pommern ebenso wenig wie der Verfall<br />
desselben unter seinen Nachsolgern in Betracht kommen; vielmehr<br />
tritt mit Nebcrgehung der Vorstufen die Schule hier zu Lande<br />
in demjenigen Grade der Entwickelung in die Erscheinung, den<br />
sie im 13. Jahrhundert überall erreicht hatte. Die deutschen<br />
Einwanderer brachten nur, was sie selbst besaßen. Im Mittelalter<br />
war die Kirche die alleinige Trägerin aller Bildung; sie<br />
allein war in der Lage, das vorhandene Wissen durch Unterricht<br />
weiter zu verbreiten. Die Schule, von der Kirche ausgehend<br />
und ein Theil derselben, wurde von deren Dienern geleitet<br />
und hatte den hauptsächliche:: Zweck, die Idee der Kirche so<br />
zu verwirklichen, wie das Mittelalter dieselbe kannte, neue<br />
Diener derselben heranzubilden und zu kirchlicher Frömmigkeit<br />
zu erziehen. Diese innige, lebendige Beziehung zwischen Schule<br />
und Kirche zeigt sich deutlich auch durch die äußere Verbindung,<br />
in der beide zu einander stehen. Fast überall sind die ältesten<br />
Schulen einer Pfarrkirche, einem Domstift, einem Kloster affiliirt.<br />
21
330 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
So waren es in Greifswald die Dominikaner und Franziskaner,<br />
welche in den zu ihren Klöstern gehörenden Schulen das Quadrivinm<br />
(Arithmetik, Geometrie, Musik nnd Astronomie) lehrten;<br />
die Nicolai- und Marienkirche daselbst hatten jede ihre Trivialschule<br />
(<strong>für</strong> Grammatik, Rhetorik und Dialcctik), während die<br />
niedere Schreib- nnd deutsche Schule mit der Iacobikirche verknüpft<br />
war. l) Bei Fundirung des Marienstifts in Stettin i. I.<br />
1262 wurde mit demselben eine Schule verbunden;^) und als<br />
diese nicht mehr zureichte, erhielten i. I. 1391 die Provisoren<br />
der Iacobikirche durch päpstliche Vollmacht Erlaubniß, auch<br />
ihrerseits eine Schule zu eröffnen und einen tüchtigen Lehrmeister<br />
<strong>für</strong> dieselbe anzunehmen. ^) Von der Existenz der Domschule<br />
zn Camin in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts<br />
geben die Statuten des Capitels einige Nachricht. ^) Nicht viel<br />
fpäter geschieht auch der colberger Domschule zuerst Erwähnung;<br />
ein Vertrag von 1378 regelte das Verhältnis; des dortigen<br />
Capitels und des Rathes der Stadt zu derselben. ^) Um örtlich<br />
nicht zu weit auszuschweifen, erwähne ich nur, daß im<br />
benachbarten Meklenbnrg schon nm 1300 weltliches Patronat<br />
Yon Schulen vorkommt; so übertrug am li. Aug. 1297 die<br />
Fürstin Anastasia daselbst dem Rath zu Wismar das Patronat<br />
der dortigen Schulen. ^)<br />
Die Einrichtung dieser Schulen war so, daß bei einem<br />
Kloster der Abt, bei einem Domstift der das Amt eines Scholasticus<br />
bekleidende Capitular nicht etwa als Rectoren der Schule<br />
fnngirten, sondern vielmehr nur die Oberaufsicht über dieselbe<br />
führten. Sie ernannten den Rector, der seinerseits nach Be-<br />
1) Lehmann, Gesch. d. Gymn. zu Greifswald, Seite 1. Albert Nest-<br />
val, Schulmeister in Greifswald, kommt 1445 vor, f. Staatsarchiv zn<br />
Stettin: Orig. Greifswald Nr. 8; nnd ebenda Orig. Kl. Nenencainp<br />
Nr. 102 ein Schnlmeister Johannes in Richtenderg fchon 134l).<br />
2) Friedeborn, Beschreibung von Alten-Stettin, l. Seite 42 ohne<br />
urkundlichen Beleg.<br />
Z) Zachariae, Histor. Nachr. von der Nathsschnle in Stettin, Seite 12.<br />
4) Klempin, Diplom. Beiträge, Seite ->03 ff.<br />
5) Niemann, Gesch. d. Stadt Colberg, Seite 470.<br />
«) Meklbg. Urtdch. Nr. 1506.
von Dr. v. Vülow. 331<br />
dürfniß Lehrer miethete (locati), nnd in Gemeinschaft mit ihnen<br />
den Unterricht ertheilte. Das Schnlgeld war nach den Vermögensverhältnissen<br />
der Schüler oder nach ihrer Zugehörigkeit<br />
zur Stadt verschieden nnd wurde zwischen dem Scholasticus,<br />
dem Rector nnd den Locaten zu ungleichen Theilen getheilt.<br />
Da die letzteren und der Nector in der Regel geistlichen Standes<br />
waren und keinen eigenen Haushalt hatten, so erhielten sie ihren<br />
Tisch bei den Bürgern oder in dem Kloster, zu dem die Schule<br />
gehörte.<br />
Die Resultate der Schulen des Mittelalters dürfen nicht<br />
mit dem Maaßstab der Gegenwart gemessen werden. Nächst<br />
dem Donat wnrde der Cisio Ianus und eine Anzahl biblischer<br />
<strong>Geschichte</strong>n, letztere häufig in versificirter Form, gelernt; das<br />
höchste Ziel des Schulunterrichts aber und der Uebergang zu<br />
höheren Stndien waren die Disticha Catonis. Die Verwendung<br />
der Schüler znm Kirchendienst, am Altar oder bei Leichenbegleitung,<br />
namentlich bei der Kirchenmusik, findet sich schon früh. ^)<br />
Für wissenschaftliche Zwecke war, von zeitweisem Verfall<br />
abgesehen, diese Einrichtung verhältmäßig gut, obgleich zugegeben<br />
werden mnß, daß die auf den Schulen des Mittelalters<br />
dargebotene Bildung immer eine fremde war, der die Veziehnngen<br />
zum Leben des Volkes fehlten. Wer daher die Bedürfnisse<br />
des täglichen bürgerlichen Lebens im Angc hatte, das<br />
bei dem wachsenden Verkehr allmählig andere Forderungen<br />
stellte, denen die bloße Schreib- und deutsche Schule nicht<br />
immer gerecht werden konnte, der sah sich nach andern Anstalten<br />
nm; denn der freie Verkehr in den großen Handelsstädten zumal<br />
setzte Kenntnisse voraus, die in den geistlichen Schulen<br />
wenig oder gar nicht geachtet wurden. Diesem Bedürfniß entsprechen<br />
mit der Zeit die weltlichen Schulen, welche weil von<br />
der höchsten städtischen Behörde eingerichtet oder doch unter<br />
ihrer Obhut stehend, vielfach den Namen Raths- oder auch<br />
bloß Stadtschulen tragen.<br />
332 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
Im evangelischen Teutschland sind die meisten höheren<br />
Vildungsanstalten Kinder der Reformation; die ersten Rectorcn<br />
derselben waren in der Regel unmittelbare Schüler von Luther<br />
und Melanchthon; zu deren Füßen hatten sie gesessen, auf<br />
deren Empfehlung hatten sie die Leitung ihrer Schule über-<br />
tragen erhalten. Sie waren es daher anch, die den Geist von<br />
Wittenberg überall weiter verbreiteten und allen um die Mitte<br />
des 16. Jahrhunderts entstandenen oder neu eingerichteten<br />
höheren Schulen ein kirchliches Gepräge gaben. Was aber<br />
ganz neu war und, wie der evangelischen Kirche, so auch der<br />
Schule eine wesentlich andere Stellung gab als vorher, war<br />
die Erhöhung der <strong>für</strong>stlichen Gewalt, die anf dem Gebiet der<br />
Schule sich kund gab durch das Erlassen von Schulord-<br />
nungen <strong>für</strong> ganze Länder mit zahlreichen oft recht detail-<br />
lirten Forderungen. An den Rechtsverhältnissen dagegen ward<br />
Weniger geändert. Wie die Schule daher früher der katho-<br />
lischen Kirche eingefügt war, so erscheint sie jetzt als ein ergän-<br />
zender Theil der evangelischen Kirche, und nicht minder erhalten<br />
die Lehrer als Beamte dieser Kirche die Existenzmittel wenigstens<br />
theilweise von derselben. Man folgte der richtigen Ueberzeugung,<br />
daß die geistlichen Güter am besten dadnrch verwendet würden,<br />
daß man durch Gründung von Schnlen tüchtige Kräfte <strong>für</strong> den<br />
Dienst der Kirche heranbildete. Ein ziemlich frühes Beispiel<br />
dieser Gesinnung gab in Pommern die Stadt Stolp, indem sie<br />
alle bei der dortigen Pfarrkirche gestifteten Memoriengelder auf<br />
einmal zur Einrichtung einer Schule darstreckte. ^) Andererseits<br />
war auch den Geistlichen, selbst wo sie nicht die Vorgesetzten<br />
der Schule waren, ein Aufsichtsrecht über dieselbe geblieben<br />
oder durch die evangelische Schulorduung ueu gegeben; sie hatten<br />
die anzustellenden Lehrer zu prüfen und einznführeu, sie besaßen<br />
in den Aligelegenheiten der Schnle mindestens eine berathende<br />
Stimme; namentlich aber war bei Einführung neuer Schul-<br />
gesetze ihre Meinung von großer Bedentung. Endlich wurde<br />
bei den Kirchenvisitationen Alles, was die Schule anging, von<br />
Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I.-Tit. 118. Nr. 15.
von Di'. v. Bülow. 333<br />
der damit betrauten Commission, an deren Spihe in Pommern<br />
der Superintendent als der erste Geistliche des Landes stand,<br />
nicht minder eingehend geprüft wie die kirchlichen Angelegenheiten,<br />
und den noch vorhandenen Kirchenvisitationsprotokollen<br />
verdanken wir beinahe Alles, was uns über das pommersche<br />
Schulwesen nicht nur des 16. Jahrhunderts erhalten geblieben ist.<br />
Die evangelischen Schulordnungen der Reformationszeit<br />
sind in zwei Familien eingetheilt worden und umfassen, die eine<br />
die allgemeinen, die andere die Localsch ulordnungen.<br />
Jene sind meist den allgemeinen Kirchenordnungcn einverleibt<br />
und schließen sich <strong>für</strong> Norddcutschland an die kursächsische und<br />
braunschweigsche Kirchenordnung, beide von 1528, an; erstere<br />
von Melanchthon, letztere von Bugcnhagen verfaßt. ^) Auch<br />
die pommersche vermehrte Kirchenordnung von 1563, von den<br />
drei Superintendenten Paul von Rhoda, Iaeob Runge und<br />
Georg Venediger verfaßt (die erste pommersche Kirchenordnnng<br />
von 1535 stammt von Vugenhagcn), enthält im fünften Theil<br />
„Van den Scholen" die Grundlagen, auf denen das evangelische<br />
Schnlwefen in Pommern sich aufbaute. ^) Die auf Grund<br />
dieser allgemeinen Ordnung neu organisirten oder neu gegründeten<br />
pommcrschen Schuleu erhielten in Localschulordnungcn<br />
ihre specielleren Gesetze, oft in solcher Ausführlichkeit, daß erst<br />
sie ein vollständiges Bild des paedagogischcn Lebens und Strebens<br />
jener Zeit vermitteln. Namentlich die nach der Synode von<br />
1593 in ganz Pommern abgehaltene Kirchenvisitation beschäftigte<br />
sich in eingehender Weise mit den in den verschiedenen Städten<br />
eingerichteten Schulen.<br />
Es ist soeben der Name des Mannes genannt worden,<br />
2) Vormbaum, Evangel. Schulordnungen, I. S. 1 u. 8.<br />
n) Kerckenordening Im Lande tho Pomern 2c. Wittemberg 1563.<br />
Den 5. Theil „Von den Schulen" s. Vormbaum a. a. O. Seite 165.<br />
Bngenhagens Kirchenordnnng von 1535 schließt sich an die von Braunschweig<br />
(15)38), Hamburg (1529) und Lübek (1531) an und tragt den<br />
Titel 1 Kercken-Ordeninge des gantzen Pamerlandes 2c. Wittenberg 1535.<br />
Sie ist abgedruckt in A. von Balthasar
334 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
den Pommern mit besonderem Stolz den Seinen nennt, Johann<br />
Vugenhagen, dessen Werth als Gelehrter überhaupt, als gründlicher<br />
Interpret der heiligen Schrift, als praktischer und theoretischer<br />
Theologe und als Mitarbeiter am Werke der Reformation<br />
nicht geschmälert wird durch Hervorhebung seiner Verdienste<br />
als Schulmann und Schulverbesserer. Von 15()3—1517<br />
unausgesetzt uud mit Unterbrechung noch bis 1521 als Lehrer<br />
uud Rector der großen Schule zu Treptow a. R. thätig, brachte<br />
er dieselbe in hohen Aufschwung; von weither, aus Westfthalen<br />
und Livland strömten ihm Schüler herzu nach der unbedeutenden<br />
Stadt in Hinterpommern, und vielleicht noch bis Ende des 16.<br />
Jahrhunderts bewahrte seine Schule etwas von seinem Geiste.<br />
Der Erste war allerdings Bngenhagen nicht, der in Pommern<br />
öffentlich Hand an die Verbesserung der Schulen gelegt hat.<br />
Schon 1525 ließen der Rath und die Achtundvierzig von<br />
Stralsund durch Johann Aepinus, Rector daselbst, eine tüchtige<br />
Kirchen- und Schulordnung in plattdeutscher Mundart entwerfen<br />
und veröffentlichen, und wenige Jahre danach erschien, von<br />
sämmtlichen Geistlichen der Stadt uuterschrieben, ein Anhang<br />
dazu. Erst 1535, also zehn Jahre später, arbeitete Vugenhagen<br />
nach dem <strong>für</strong> die Sache der Reformation in Pommern maßgebenden<br />
Landtage zu Treptow a. R. <strong>für</strong> Stralsund ebenfalls<br />
eine Kirchenordnung aus, in welcher ein eigner kurzer Abschnitt<br />
„Van den scholen" handelt. ") Ist mm auch des Aepinus<br />
Schulordnuug mit ihrem Anhang gleich derjenigen Bugenhagens<br />
nur ein Entwurf, der allgemeine Regeln aufstellt, die Ausführung<br />
ins Einzelne aber Andern überläßt, so kann die Stadt Stralsuud<br />
es sich doch zur Ehre anrechnen, daß ihre Altvordern auf so<br />
tüchtige Weise und als die Ersten in Pommern <strong>für</strong> das Wohl<br />
der Kirche und Schnle ihrer Vaterstadt zu sorgen bemüht gewesen<br />
sind. In demselben Jahre erstreckte sich Bugenhagens Visitationsarbeit<br />
auch auf Wollin. Mit besonderer Liebe mag er<br />
das Schulwesen dieses seines Heimathsortes erfaßt und sich der<br />
") Alle drei stralsunder Ordnungen sind abgedruckt bei Mohnike<br />
und Zober, Verckmamis stralsund. Chronik, Anhang, Seite 278 ff.
von I)r. v. Vülow. 335<br />
Verbesserung desselben hingegeben haben, denn der Visitationsabschied<br />
von Wollin scheint eingehender und detaillirtcr verfaßt zu<br />
sein als der stralsnnder. Wir müßten, um die Samenkörner evangelischen<br />
Schulwesens, welche Bugenhagens Hand in den vaterländischen<br />
Boden senkte, genau kennen zu lernen, vor Allem diese<br />
von des Reformators eigener Hand niedergeschriebenen Gesetze<br />
und Ordnungen studieren. Leider aber scheint es, daß wir der<br />
Möglichkeit, dies zn thun, gänzlich beranbt sind: das wichtige<br />
Document gehörte einst dem Stadtarchiv zu Wollin nnd wurde<br />
daselbst bis 1817 ausbewahrt, als der Director des Gymnasiums<br />
zu Stettin, Friedrich Koch, es zu seinen als Programm erschienenen<br />
„Erinnerungen an Bugenhagen und seine Verdienste<br />
als Schulreformator" sich erbat. Seitdem ist das werthvolle<br />
Original abhanden gekommen; ein Verlust, der um so beklagenswerther<br />
ist, als eine Abschrift nicht bekannt ist, und wir daher<br />
mit unserer Kenntniß dieser Arbeit des Reformators nur auf<br />
die dürftigen Excerpte Kochs angewiesen sind.<br />
Aus der nicht unbedeutenden Literatur zur <strong>Geschichte</strong> der<br />
pomlncrschen Schulen, welche theils in Gestalt von Programmen,<br />
theils in Form selbständiger Schriften existirt, führe ich<br />
folgende an:<br />
Sam. Elard, Drittes Buch der gollnowschen Schnlgeschichten,<br />
1628. (Das erste und zweite Buch sind nicht erschienen.)<br />
Ioh. Sam. Hering, Immerwährendes Denckmahl der<br />
Güte Gottes, am Gymnasium Carolinum in Stettin verherrlicht,<br />
1744.<br />
Mag. Gotthilf Traug. Zachariä, Nachrichten von der<br />
Raths- und Stadtfchnle zu Alten Stettin, 1760.<br />
Friedr. Koch, Nachricht vom Rathslyceum zu Stettin, 1793.<br />
Friedr. Koch, Der Fürst und die Schnle, 1821.<br />
Eh. D. Breithanftt, Versuch eiuer greifswaldischen Schulgeschichte,<br />
1827.<br />
G. S. Falbe, <strong>Geschichte</strong> des Gymnasmms zu Stargard,<br />
1831.<br />
A. Giesebrecht, <strong>Geschichte</strong> des Gymnasiums zu Neustettin,<br />
1840.
336 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
A. F. W. Hassclbach, <strong>Geschichte</strong> des ehemaligen Pädagogiums<br />
zu Stettin, 1844.<br />
A. F. W. Hasselbach, Beiträge zur <strong>Geschichte</strong> des Gymnasiums<br />
in Stettin, 1851.<br />
Ludwig Giesebrecht, das Iageteufelsche Colleg in Stettin,<br />
1852.<br />
H. Lehmann, <strong>Geschichte</strong> des Gymnasiums zu Greifswald,<br />
1861.<br />
Ernst Heinrich Zober, Urkundliche <strong>Geschichte</strong> des stralsunder<br />
Gymnasiums, 1839—1860.<br />
Da es uicht in meiner Absicht liegt, auf diesen wenigen<br />
Blättern eine <strong>Geschichte</strong> der pommerschen Schulen zu schreiben,<br />
ich vielmehr nur urkundliches Material als Beitrag zu einer<br />
solchen zu bringen und mit einigen einleitenden und erklärenden<br />
Worten zu versehen beabsichtige, so werden die angeführten<br />
Schriften nur in gelegentlichen Hinweisen benutzt werden. Doch<br />
sei es erlaubt auf die letztgenannte derselben, die <strong>Geschichte</strong><br />
des stralsunder Gymnasiums von Zober, als auf eine vortreffliche,<br />
mit reichhaltigem Urkundenmaterial ausgestattete Monographie<br />
hinzuweisen, als auf die ausführlichste Arbeit, welche<br />
wir über ein pommersches Gymnasium besitzen. Die Erfahrung<br />
hat mich gelehrt, daß noch sehr viel werthvolles Quellenmaterial<br />
zur <strong>Geschichte</strong> auch der pommerschen Schulen unbenutzt<br />
und oft verachtet liegt; möchten diese Zeilen dazu beitragen,<br />
daß diese Schätze gehoben und in gleicher Weise, wie<br />
Zober es <strong>für</strong> Stralsnnd that, zur Förderung unserer Kenntniß<br />
anderer Schulen verwerthet werden. Indem ich im Folgenden<br />
einiges den Schätzen des Königlichen Staatsarchivs zu Stettin<br />
entnommene urkundliche Material zur <strong>Geschichte</strong> der pommerschen<br />
Schulen im Reformationszeitalter vorlege und bespreche, genieße<br />
ich den Vortheil, daß die mitzutheilenden, den Kirchenvisitationsprotocollen<br />
entnommenen Documente bisher unbekannt und unbenutzt<br />
gewesen sind. Ein genaueres Vergleichen ihres Inhalts<br />
mit der Kirchenordnung von 1563 wird zeigen, wie weit die<br />
Bestimmungen der letzteren in den kleineren Städten Pommerns<br />
den dort bestehenden Verhältnissen gemäß zur Ausführung kamen.
von Dr. v. Bülow. 337<br />
Die lateinischen Schnlen.<br />
Das Patronat über die Particular- oder lateinischen Schulen<br />
legten die Schnlreformatoren in die Hände des Raths, der mit<br />
dem Pastor und den Kirchenvorstehern zunächst über die Person<br />
des zu wählenden Rectors und die weiteren Schulangelegenheiten<br />
sich zu einigen hatte. In streitigen Fällen bildete das<br />
Consistorium die höhere Instanz. ^) Man war sich aber der<br />
ursprünglichen Stellung der Schule zur Kirche Wohl bewußt,<br />
uud wo die Verhältnisse danach waren, ließ man die Leitung<br />
thunlichst in den Händen der Geistlichkeit. So heißt es im<br />
Kirchenvisitationsprotocoll von Colberg vom Jahre 1568: „Nachdcme<br />
die Capitularen von Alters haben die Kirchen und Scholempter<br />
darselbest vorwaltet, vorshein und bostellet, aber in<br />
Voranderunge der Religion sich desselben auch der Rhadt hatt<br />
angenummen, — — so sollen — — die residirende Capitularen<br />
sich mit dem Nhade Zu Colberge — —- fruntlich underreden<br />
:e." ^) Die Iurisdiction dagegen verblieb dem Herzog<br />
allein, wenigstens bestritt der Superintendent Jacob Runge<br />
1591 dem Rath zu Barth entschieden das Recht, den dortigen<br />
Schulmeister Cleopellus (Klöppel), der sich unordentlichen Wandels<br />
schuldig gemacht hatte, zu entlassen, da dies Recht den Städten<br />
im Lande Wolgast nie gestattet worden sei. Der Rath habe<br />
vielmehr die Bestrafung beim herzoglichen Consistorium als<br />
der höchsten Instanz in geistlichen Angelegenheiten zu beantragen.<br />
^) Auch den Capitularen vom Marienstift in Stettin<br />
verblieb ein gewisses Recht über die Schule daselbst.<br />
Ein großer Uebelstand, der, aus der vorreformatorischen<br />
Zeit überkommen, den lateinischen Schulen auch in Pommern<br />
l2) „Die Onericheit in groten sieden, dar gude particular Scholeu<br />
synt, Hebben — — den Scholmeister tho vociren :c." In den Städten<br />
sollten zwei Rathsherren und die Pastoren alle Vierteljahr die<br />
Schule visinren, all? zwei Jahr aber der Superintendent. Pomm.<br />
Kirchenordnung von 1563<br />
") Staatsarchiv zn Stettin: Stett. Arch. 1^. III. Tit. 1. Nr. 1.<br />
") Staatsarchiv zu Stettin: Wolg. Arch. Tit. 63. Nr. 119.
338 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
noch lange anklebte, war das Handwerkmäßige der Schulmeistert,<br />
das auch an einzelnen Stellen der Kirchenordnung von 1563 noch<br />
durchklingt. Der Schulmeister (ludi m^istoi-, wäi moäLi-Htoi-,<br />
seltener i-sotoi-) wurde, wie oben erwähnt, auch jetzt<br />
noch von der Schulbehörde gewählt und mit seinem Amte<br />
wohl auch unter förmlicher Überreichung der Ruthe belehnt. ^)<br />
Daß die letztere nicht bloß äußeres Zeichen der Machtvollkommenheit<br />
war, sondern stark gehandhabt wnrde, da<strong>für</strong> lassen<br />
sich zahlreiche Beweise bringen; aber während andere Schulordnungen<br />
über denjenigen Körpertheil, an dem die Ruthenstrafe<br />
applicirt werden soll, sich eingehend vernehmen lassen ^),<br />
ist in den pommerschen Localschulordnungen von der Ruthe<br />
nur im Allgemeinen die Rede. Nur einmal, in Wolgast,<br />
heißt es, der Zuwiderhandelnde ,,p06u^8 Inot uatidu3".<br />
Der Schulmeister miethete die Lehrer, die Schulgesellen, oft<br />
nur aus der Masse der von Ort zn Ort ziehenden fahrenden<br />
Schüler, die als ^3.6ä^0^i Unterricht gebend wie nehmend,<br />
eine Mittelstufe von recht zweifelhaftem Werth darstellten, während<br />
als Lehrlinge im Schulgewerk die Schüler zu denken<br />
sind. Einen anderen Mangel rügt die Kirchenordnung von<br />
1563, wenn sie der Obrigkeit aufgiebt, darauf zu sehen, daß<br />
die Lehrer wo möglich auf gewisse Jahre angestellt und nicht<br />
ohne erhebliche Ursache kurzweg entlassen werden; „diewile vele<br />
voranderinge der praeceptoren der joget schedlich". Es kam wohl<br />
vor, daß ein tüchtiger Schulmeister (Rcctor), nachdem er sich<br />
Stellung zu verschaffen gewußt hatte, eine Reihe von Jahren<br />
feiner Schule rühmlich vorstand, die Lehrer aber blieben felten<br />
lange, und die ungünstige Rückwirkung so raschen Wechsels auf<br />
den Unterricht konnte nicht ausbleiben. Der Grund, warum<br />
'5) „und leßet der Rhatt ihme durch den Stadtschreiber Rueten<br />
und Stogk <strong>für</strong> den Knaben uberandtworten mit bovhelig und Ermhauunng,<br />
das alle ihn <strong>für</strong> ihreu Schuelmeister sollen erkennen." Staatsarchiv<br />
zu Stettin: Nachr. über die Schnle in Barth 1584. Wolg. Arch.<br />
Tit. 63. Nr. 119. Vgl. auch Lehmann a. a. O. Seite 17.<br />
!6) Kriegk, Deutsches Bürgerthum im Mittelalter, Neue Folge,<br />
1871, Seite 104, aus einer nürnberger Schulordnung von 1500.
von Dr. v. Bülow. 339<br />
die Lehrer so vielfach und schnell wechselten, ist außer der ihnen<br />
etwa innewohnenden Wanderlust in den kläglichen Gehaltsverhältnissen<br />
Zu suchen. In Cöslin erhielt nach dem „Extract<br />
der alten nnd newen Besoldungen der Kirchenn- Schulen- und<br />
Castendiener" im Jahre 1555") der Rector 30 Gnlden, der<br />
Cantor 20 Gulden, und der Bacealaureus 10 Gulden. Am<br />
21. Dez. 1569 wurde eine Aufbesserung nnter Vorbehalt herzoglicher<br />
Genehmigung beschlossen, wonach der Rector eine Zulage<br />
von 25 Gulden, der Cantor eine von 20 und der Baccalaureus<br />
eine von 15 Gnlden bekommen sollte. Es scheint aber damit<br />
nicht nach Wunsch gegangen zu sein, denn die Kirchenvisitation<br />
von 1591 giebt den Kirchenprovisoren auf, da<strong>für</strong> zu sorgen,<br />
daß Rector, Cantor und Baccalaureus zu ihrer bisherigen<br />
Besoldung je zehn Gulden Zulage erhalten. ^) Holz und Licht<br />
hatten die Schüler, resp. deren Eltern zu beschaffen; Lichter<br />
wurden noch bis in die neueste Zeit an manchen Orten von<br />
jedem Schüler zur Beleuchtung seines Platzes mitgebracht.<br />
Daß dieser Gebrauch aber schon sehr alt ist, beweist die bereits<br />
citirte meklenburgische Urkunde von 1297, wonach jeder Schüler<br />
von Allerheiligen bis Maria Reinigung täglich zwei Lichter<br />
zu bringen hatte, eins <strong>für</strong> den Lehrer, das andre <strong>für</strong> sich. ^)<br />
In kleineren Städten suchte man sich dadurch zu helfen, daß<br />
man den Schulmeistern Nebenämter übertrug. Vielfach besorgten<br />
sie die Stadtuhr, sehr gewöhnlich aber waren sie zugleich<br />
Stadtschreiber; ja es kam vor, daß, z. B. in Bahn,<br />
sogar der Pastor dieses Amt verwaltete. Schon Bugenhagen<br />
eifert in der Kirchenordnung von 1534^) gegen dieses unziemliche<br />
Vermischen der Aemter, aber die Noth war oft größer,<br />
") Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. III. Tit. 1. Nr. 1.<br />
'8) Ebenda: ?. III. Tit. 4. Nr. 6, vol. 3.<br />
") Meklbg. Nrkbch. Nr. 2444. In Golnow war Martini der<br />
Anfangstermin.<br />
26) Item, dewyl befunden werth, inn etliken klenen Steden, dat<br />
de Knaben trefslick vörsümet werden dar dorch dat de Scholmeister<br />
ock Stadtfchriuer is, fo ysset van nöden, dat inen desse beide ampt<br />
nicht vplegge einer persone, snuder vau einander scheide so vele es<br />
mögelik is. Vnlidelick öuerst is idt, vnde schal nicht gesiadet werden,
340 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
als daß dasselbe vermieden werden konnte, nnd die Kirchenordnung<br />
von 1563 enthält dieselbe Klage. Naturallieferungen<br />
sollten dem auch anderwärts sehr gering bemessenen Baargehalt<br />
zu Hülfe kommen; wie es aber damit beschaffen war, bezeugt<br />
am deutlichsten eine Eingabe des Rectors und des Lehrers der<br />
Partimlar-(Latein-)schule in Wollin vom 13. Mai 1594 an<br />
die Mitglieder der Kirchenvisitation als an die von der Kirchenordnung<br />
zur Beachtung gerade auch solcher Mängel bestellte<br />
Behörde. Die klägliche Lage der Lehrer wird darin in deutlichen<br />
Farben geschildert, und das Schreiben mag darum unverkürzt<br />
hier seine Stelle finden:^)<br />
Achtbare, Ehrwürdige, Edle, Ehrnveste, Erbare, Hochgelarte,<br />
Großgoustige Herren! Mittelß unser Dieustanbiethung<br />
werden E. A. W. unnd G. sich aus dem, so E. A. W. unnd<br />
G. übersandt, günstigklich ehrinnernn, was geringe Besolduuge<br />
wir wegen uuserer Schuldienste vonn der Kirchen zu gewarten<br />
haben, worbeneben E. A. W. unnd G. Fohlgendes zu berichten<br />
unß die Notturfft dringen thut, das ohne unsere eintfaltiges<br />
Ehrinnernn dieselbige reifflich zu erWegen habenn, wie Gott<br />
der Almechtige von Iaren zu Iharenn dem menschlichem: Geschlechte<br />
wegen großer Sünde, was zu des Menschen Underhalt<br />
unnd Leibesnahrunge gehörett, durch seinen gerechten Zorne<br />
entzehen unnd miswachsige Iare einfhallen lessett, dahero dan<br />
bey den Menschen in allen Stenden, was zu menschlichem<br />
Underhalt nottigk, vonn Iaren zu Iaren allentlich je theurer<br />
unnd theurer wirtt. In welches Ehrwegunge den andernn<br />
Kirchendienernn dieses Ortes ihre vorhin geringe Besoldunge<br />
vmme mennigerleye orsake willen, dat ein Parner edder predicante oct<br />
mit sy ein Stadtscriuer. A. v. Balthasar, «lug oeoi68Ì3.8tieum p^toi'ki6,<br />
1763. II, S. 575.<br />
2!) Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I. Tit. 110. Nr. 2.<br />
Noch im 18. Jahrh., als die Schulgesellen zu Greifenberg wegen<br />
Errichtung eines eigenen Hausstandes um Gehaltserhöhung baten, ent<<br />
schied der Rath: „es sei kein nothwendiges 6886utÌ3.l6 des Lehrers, daß<br />
er sich verheirathe; dieser Stand sei überhaupt nur ein tsmpoi-iii-iuiu<br />
cziliä." Die Lehrer müßten „in der Zufriedenheit mit ihrer Lage ihre<br />
Größe zeigen." Riemann, Gesch. der Stadt Greifenberg, S. 115.
von Dr. v. Vülow. 341<br />
<strong>für</strong> weinigk Iaren zu underscheitlichen Mahlen verbessert unnd<br />
einstheils mehr den über die Aelffte augeret, mitt unß Schuldienernn<br />
aber hatt man es nicht alleine bey der alten, geringen<br />
Besoldunge bleiben lassen, sondern dieselbige auch noch verringertt,<br />
wie E. A. W. unnd G. aus den Kirchenregisternn befinden<br />
werden, das Johannes Hoyer, welcher lenger den 10 Ihare<br />
vor einen pra^c^ptoi^m. ahn den Schulen gedieneth, jerlich<br />
25 st Besoldunge bekommen, darentkegen ittzo nur 20 gegeben<br />
werdenn. Ob man nun von sulcher geringere Besoldunge<br />
sich erhalten, ein Vucheschen unnd die Kleidunge davon<br />
habenn könne, wollen E. A. W. unnd G. W. günstigklich zu<br />
ehrwegen geben; zn geschweigen, das uns auch die geringe<br />
Besoldunge nicht zu rechter Zeitt und wie sich gebürett entrichtett,<br />
sondernn allererst wen es vor einem halben unnd drey<br />
viertheil Iaren verdienet, alsedenne bey einem halben, heilen<br />
und anderthalb Gulden zugepflugkett wirtt, das wir auch damit<br />
nichts ausrichten können. So ist auch ein Drömet Habern<br />
zu deß Schulgcsehllen Besoldunge deftutiret, welchen E. Rates<br />
Paure uunde die Aftcnborge zu Grossen Mokerttze^) unnd<br />
derselben Nnderthan jerlich zu entrichten schuldigk, und nach<br />
alter wiewoll unzimlicher Gewonheitt von den Schulgesellen<br />
selbst muß ingemanct werden, der Wirt auch vorenthalten unnd<br />
nicht gegeben, unnd was noch' gegeben wirdt, das ist echterst<br />
unnd nichts Guthes, das es auch <strong>für</strong> Haber undtt Korne nichtt<br />
kan geachtet werden. Die Apenbörge und ihre Underthan pleiben<br />
schuldigk unnd wollen nicht geben, unnd ob es woll vielfaltigk<br />
E. E. Rath unnd den Diacon geklaget worden, das ihnen nach<br />
alter Gewonheit, wen sie ihn die Stadt kiemen, ein Pfertt<br />
mochte ausgespanncn unnd dadurch zur Bezahlunge gebracht<br />
werden, so geschicht doch nichtes darzu. Dahero es den zulest<br />
kommen wirtt, das die Apenbörge unnd ihre Nnderthan (wie<br />
sie dan vor jedes vorgeben), von sulchen nicht wissen wollen<br />
unnd der Kirchen sulche Hebunge würde entzogen werdenn;<br />
22) Die von Apeuburg waren zu Tonnin und Gr. Mokratz auf<br />
der Insel Wollin angesessen und starben 1779 aus.
342 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
und wen wir nicht von guthen Leuten und einstheils unsernn<br />
Freunden Zuthatt gehabtt, hetten wir unß schwerlich erhalten<br />
tonnen, wie unß dan einsteilß Dische mangeln, so die Diacon<br />
bey den Bürgern beschaffen unnd derowegen bey guthen Leuthen<br />
sollicitiren Pflegen, unnd können nicht sehen, wie sich doch die<br />
so nach unß kommen werden, von sulcher geringen Besoldunge<br />
enthalten werden.<br />
Darbeneben ist E. A. W. und G. zu vermelden, das von<br />
Alterß her von den <strong>für</strong>stlichen Amptleuthen 21 Fuder Brenneholtz<br />
der Schulen gefohlgett worden; sulchs Holtz, welches der<br />
Ratt durch ihre Pauren zur Stette führen lesfet, ist bisweilen<br />
von den vorigenn Amptsleutcn zu rechter Zeitt nicht loßgegeben,<br />
unnd wen es noch loßgegebcn, von den Pauren zu lathe unnd<br />
wen der Winter halb hinwegk allererst zur Stetten geführett,<br />
unnd sulches wegen des Rathes nachlessigenn bey den Pauren<br />
Beschaffnnge. So laden die Paure auch so gar weinigk auff,<br />
das ein starck Kerle ein Fnder wegktragcn mochte, behalten auch<br />
woll ettwas davon, fo sie mit zu Hauß nehmen, also das man<br />
nirgenß mit dem Holtze kommen kan, worauß sich dau große<br />
Ungelegenheitt uuud Nersäuinnusse der Iugent unnd manniges<br />
gnthen intuii verursachett, den die Leute behalten wegen der<br />
Kelte die Knaben aus der Schulen. ^)<br />
Ist derowegen unseres dienstliches Bitten, E. A. W. unnd<br />
G. der lieben Iugent, den Schnlen nnd unser guustigklich geruchen<br />
unnd diesen Mengelenn unnd Beschwerungen Ratt schaffen,<br />
unnd weile unß E. E. Ratt, die Diaconi unnd die gantze<br />
Vurgerschafft das Getzeuchnusse wirtt geben müssen, das wir<br />
uus in uuserm Ampt und Dienste ohne nngebürlichen Rnimb<br />
fleiffigk und gebürlich verhalten und die ahn unsrr Ankumftft<br />
verfahllene Schule wiedernmb, soviel unß muglich auffgerichtett,<br />
die geringe Besoldunge nach Schwerhcit dicscr Zeit nnnd Iare<br />
verbesseren und mehren wolle. Sulchs Wirt nicht alleine gottliche<br />
Ahlmacht E. W. uuud G. reichlich belonen, sondern auch<br />
^) Auch aus Golnow ertönte 1595 die Klage, daß der Schulofen<br />
selten warm sei aus Mangel an Holz.
von Di'. v. Bülow. 343<br />
itzo nnnd folgendes viele Iare von E. A. W. nnnd G. von<br />
der Postcritct gerühmet werden, ohne das wir eh auch benebenst<br />
unsern Knaben mit unserm christlichem Bett bey godtlicher<br />
Ahlmacht umb E. A. W. und G. zn bitten, nnd wie dabeneben<br />
vor unsere Persone mugliches Fleisses zn verschulden geftissen<br />
sein wollen.<br />
E. A. W. unnd G.<br />
underdienstwillige<br />
Paulns Vaumgard, ludi inodei^tor nnd<br />
Bartholomäns Schutze,<br />
Da die Schulgesellen oftmals keineu eigenen Hausstand<br />
hatten, war an manchen Orten, z. B. in Golnow, die Schule<br />
auf Kosten der Kirche mit dem nöthigen Hausrath an Betten<br />
;e. versehen; den Tisch hatten die Lehrer dann bei den Bürgern,<br />
was nicht minder Anlaß zn Verdruß gab. In Naugard erhielt<br />
der Schulmeister ursprünglich seine Mahlzeiten in der<br />
herrschaftlichen Küche, als er aber nach einiger Zeit den Schulgeselleu<br />
nnd dieser noch einen Jungen mitbrachte, wnrde der<br />
Mihbranch durch den Grafen von Eberstein abgeschafft.<br />
Die Klagen über diesen Punkt hören nicht auf und rufen<br />
den Ausspruch des Agricola ins Gedächtniß: „Wenn irgend<br />
Etwas einen seinem Wesen widersprechenden Namen trage, so<br />
sei es die Schule. Die Griechen hätten sie d^o^/, die Lateiner<br />
Indus genannt, da doch nichts von Muße entfernter, nichts<br />
strenger und dein Spiel widerstrebender fei als sie. Viel richtiger<br />
werde sie von Aristophanes bezeichnet, der sie
344 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
gart, Stolp, Velgarde, Treptow, Cammin, scholen gude particularia<br />
syn, dar ein ludi Rector sy, mit einem guden Conrectore,<br />
Cantore vnde mit twenn, dreen effte mehr Collaboratoribus,<br />
nha gelegenheit yeders ordes. In andern Steden by<br />
gemeinen Scholen, möten drie Personen syn, in geringen Steden<br />
twe, vnde kan die Custos wor ydt nödich vnde füglich tho dönde,<br />
mit in der Scholen helpen." Die hier <strong>für</strong> die Schulen der<br />
größeren Städte geforderte Zahl von mindestens fünf Lehrern,<br />
den Rector mit inbegriffen, wird von keiner der durch die<br />
unten abgedruckten Schulordnungen vertretenen Schulen erreicht.<br />
In Treptow wirkten nach dem Schulplan trotz seiner fünf<br />
Classen nur drei Lehrer; ebenso viele in Wolgast, wenn man dort<br />
nicht unter dem Custos und dem hypodidascalus zwei getrennte<br />
Persönlichkeiten verstehen will, was immerhin möglich ist. In<br />
Golnow und wohl auch in Wollin waren zwei Lehrer und in<br />
Labes gar nur einer thätig.<br />
Ein Ueberblick der in den pommerschen Schulen angestrebten<br />
Ziele wird am besten durch das Studium der unten mitgetheilten<br />
Lectionspläne zu gewinnen sein, doch mag auch eine<br />
Betrachtung der in den verschiedenen Schulen und Classen benutzten<br />
Schulbücher dabei förderlich fein.<br />
Im Religionsunterricht gilt es zunächst ein festes,<br />
mechanisches Einprägen des kleinen Katechismus Luthers,<br />
auf den unteren Stufen in deutscher, höher hinauf in lateinischer<br />
Sprache. Eine Erklärnng des Inhalts, ein Einführen in das<br />
Verständniß desselben ist nirgends vorgesehen. Daneben wird<br />
auch die Eatechesis des David Chyträus gebraucht, z. B.<br />
in der ersten Classe der Schule zu Treptow alle Donnerstag<br />
und Freitag eine Stunde. Es liegt mir von diesem vielgebrauchten,<br />
biblisch gehaltenen Lehrbuch ein Exemplar der Ausgabe<br />
von 1576 vor, 25) welches leider nicht ganz vollständig<br />
ist. Dasselbe schließt nach der Erklärung des Vaterunsers mit<br />
der i-e^ni^ vitas Melanchthons; das Uebrige fehlt. Auch in<br />
Stralsund bediente man sich desselben.^) Neben diesem weit<br />
26) Zober, Urkundl. Gesch. d. Stralsunder Gymn. I. S. 9.
von Nr. u. Vülow. 345<br />
verbreiteten Buche gab es noch ein fpeciell <strong>für</strong> Pommern geschriebenes<br />
nnd in der von Herzog Vogislav 13. begründeten<br />
<strong>für</strong>stlichen Druckerei zu Barth gedrucktes Lchrbuch, das den<br />
wolgaster Gencralsuperintendenten Dr. Jacob Runge zum Verfasser<br />
hat. 27) Nach einer längeren an die pommerschen Geistlichen<br />
und Lehrer gerichteten Vorrede folgt eine kurze Einleitung<br />
D6 1oA6 6t 6vmiF6iio, nnd dann wird die christliche Lehre,<br />
ähnlich wie bei Chyträus in zehn, so hier in vier und zwanzig<br />
I00Ì8 vorgetragen: 1. 66 1)60 6t do ti'idn8 ^6r80iiÌ8 ; 2. 6.6<br />
M0 D6Ì ^6811 ^I'Ì8t0 I^c^in^toro 1108^0 ; 3. 66<br />
83.11 oto; 4. 66 6l6Htioi16 ; 5. 6.6^6^6 1)61; 6. 66<br />
7. do viribu8 IIU1HH11Ì8 in r6l)II8 6ivii118, 8611 66<br />
^rl)itri0; 8. 66 6VH11^61Ì0; 9. 66 6Ì86I-Ì1HÌ116 V6t6ri8 6t<br />
Q0V1 t68t3>I116Iiti; 10. 6.6 )118tìii(;HtÌ0116) AI'^tiH 6t il6.6;<br />
11. 66 ^)rH6668tiiiHtÌ0Q6 6ÌV111H; 12. 66 1)01118<br />
13. 66 60616813.; 14. 66 8H6I-H1H6IitÌ8 ; 15. 66<br />
16. 66 606113,; 17. 66 P061iit61iti3.; 18. 66 0i3,vidi18 66oi6-<br />
8Ì3.6; 19. 66 61^1166; 20. 66 iiiv063tÌ0H6 Doi; 21. 66<br />
1il)61't3,t6 o!iI'Ì8tÌ^N3.; 22. 66 IKHAÌ8ti'3,tu. politico; 23. 66<br />
6Ì861'ÌMÌ116 ^)0t68t3tÌ8 666i68Ì38tÌ0H6 6t 1)0iiti6A6; 24. 66<br />
I-6811I-I'66ti0ii6 6t vita. 36t6ru3.. Ich finde Runge's Catechesis<br />
in Wolgast, Wollin, Labes und Golnow im Gebrauch.<br />
Die Kirchenordnung von 1563 ordnet den Katechismusunterricht<br />
in den lateinischen Schulen <strong>für</strong> alle Classen wie folgt:<br />
Erstlick schölen alle Scholkinder in gemein grodt vnde<br />
klein alle morgen, wenn sie in der Scholen thosamen kamen<br />
2^) Der Titel des gleich allen barther Drucken nicht häufigen Werkes<br />
lautet: 0^N0llll8I8 1)0(/I'NI^ll (^i-isti^ao, I^l V8VN<br />
uu^io, 8. ^I<br />
Ii. Dann von einer Kreislinie eingefaßt das Bild<br />
des Heilandes mit der hebräischen Umschrift: König der Juden. Darunter:<br />
Klein octav. Die 30 Seiten lange Vorrede spricht zu den „I^iis 6t<br />
" und ist datirt: (^I'ipki^vaidwe, cli
346 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
vnde dat V6ni Z^iioto 8piritii8 gesungen vnde die Morgensegen<br />
gebedet, ein stücke vth dem kleinen Catechismo Lutheri<br />
mit der vthlegginge, eher tho lesende angefangen wert, düdesch<br />
vnde düdlich recitiren, am Montag die teien gebade sampt der<br />
vthlegginge M. Luthe:<br />
Dinstags dat Symbolum mit der düding M. Luth.<br />
Mitwekens dat Vader vnse mit der vthlegginge Luth.<br />
Donnerstages van der hilligen Dope sampt der vthlegginge<br />
M. Luth.<br />
Freidages dat Aventmal mit der vthlegginge M. Luth.<br />
Sonnavendes de morgensegen sampt dem gantzen Catechismo<br />
schlicht ahne die vthlegginge.<br />
Tho x schlegen, wenn die Kinder vthghan, dat düdesche<br />
benedicite.<br />
Hora. duodecima 3. msriäio dat Gratias,<br />
MN8Ì03.10U1 Vnd OCtO l>0Q08.<br />
Des avendes wenn sie vth der Schole ghan: D3.<br />
edder Erholdt vns Herre by dinem wordt ?c. eins vmb dat<br />
ander, vnde ^liiiio äimittig alle dage.<br />
Darna 8ÌuFii)Ì8 cl.Ì6l)ii8 O6i'tiim portoni t^ui^O 6.0-<br />
Mandages van den Bischöpftcn vnd wat men den schuldich.<br />
Dinstages van der Ouericheit vnde wat men den tho<br />
donde schuldich.<br />
Mitwekens der Ehemenner vnde Fruwen ampt.<br />
Donnerstages der Olderen vnde Kinder ampt.<br />
Freitages des Gesindes Hussheren vnde yöget.<br />
Sonnauendes nha der Vesper der Wedewcn vnde gemeine,<br />
dat also die gantze Catechismus die weke dörch geendiget, ahne<br />
verhindering der andern Studien.<br />
Im Pensum der dritten Classe wird der Religionsunterricht<br />
am ausführlichsten behandelt: „Vnde darmit sie der hilligen<br />
schrifft vnde gödtlicken lehre van kindes behne up gewanen<br />
werden, schall die Scholmeister vp den Middewecken effte<br />
Sonnavent exponiren Matthäum Euangelistam efftc epistolam<br />
Pauli ad Titum, Timotheum !c. vnde etlicke vtherlesene Psal-
von Dr. v. Vülow. 347<br />
mm: Hnki-6 kreinuoi-unt ^6nt68 6to. H.6. t6 voniins<br />
D6118 etc;.<br />
In t6 domino 8p61'2,vi 6to. (üonütßinini domino,<br />
I)0NI18 6to. ^006, (^11I.N1 1)01111111 6to. Uonisnto doinin6)<br />
Dovili 6tc. N^niiio^t 6te. item 53. c)3.Mt N83
348 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
Die vier cli^ioAÌ 83,c;i-i 0li8t6i1Ì0iiÌ8 sgest. 1563)<br />
werden in dm pommerschen Schulen weniger gelesen, als man<br />
ihrer antiealvinistischen Tendenz wegen vermuthen sollte; doch<br />
galt es eben auch hier nur, schöue Phrasen zu sammeln. Ich<br />
sinde sie in Treptow a. R., wo sie in Prima und Secunda<br />
am Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag früh um 7 Uhr,<br />
und in Stralsund, wo sie in Tertia an den beiden ersten Tageu<br />
um 8 Uhr gelescu wurden, ^) sowie in Labes.<br />
Das Lateinische ist in den Schulen der Reformationszeit<br />
nicht minder die Hauptsache als vorher, wenn auch besonders<br />
in Norddcutschland das Studium desselben betrieben<br />
wurde im Hinblick auf den der Theologie dadurch geleisteten<br />
Dienst. Konnte die Reformation nur durch die Waffen der<br />
Wissenschaft der Wahrheit des Evangeliums zum Siege verhelfen,<br />
fo konnte sie auch nur durch die Wissenschaft den Sieg<br />
behaupten.<br />
Die nach dem bekannten Grammatiker Donatus benannte<br />
Grammatik war das Erste, was der angehende Lateiner in die<br />
Hände bekam. Wie Melanchthon dieselbe in die sächsische<br />
Schulordnung aufnahm, so finden wir sie 1563 in der pommerschcn:<br />
„Wenn sie die Fibel lesen können, schulen sie ferner<br />
lesen leren den Donat, effte Bouni Grammaticam 2c." Die<br />
Anfänger im Lateinischen werden schlechtweg Donatisten genannt.<br />
Die lateinische Grammatik Melanchthons nimmt<br />
natürlich auch in den pommerschen Schulen den ersten Platz<br />
ein; in keiner kann sie fehlen, anch die Syntax und Prosodie<br />
werden überall gebraucht. In den unteren Classen, wenn der<br />
Donat bemeistcrt war, bediente man sich des von dem braunschweiger<br />
Superintendenten Dr. Nicolaus Medler verfaßten<br />
Compendi ums der Grammatik Melanchthons, welches in<br />
knapper Form fragend und antwortend die Elemente enthielt.<br />
Die Schulen zu Wollin und Treptow hatten i. I. 1594 dieses<br />
Buch in Gebrauch, welches uach des Verfassers 1551 erfolgten<br />
Tode noch mehrere Auflagen erlebte. Die Grammatik des<br />
Zober a. a. O. 111. S. 58.
von Nl. v. Vülow. 349<br />
Hermann Bonnus, der durch seine pädagogische Wirksamkeit<br />
in Pommern Hierlands kein Fremder war, ist trotz der Empfehlung<br />
durch die Kirchcnordnnng zu Ende des 16. Iahrhnnderts<br />
nnr in Wolgast eingeführt worden.<br />
Das Memoriren lateinischer Vocabeln war eine Hauptsache<br />
der unteren Classen neben und auch vor dem Leruen der<br />
Declinationen und Conjugationen. Täglich wurden einige<br />
lateinische Wörter an die Tafel geschrieben, die dann bis zum<br />
folgenden Tag gelernt werden mußten. Dabei wurden gewisse<br />
Gesichtspunkte festgehalten und Ordnungen oder Gruppen<br />
aufgestellt. Es wurden Verzeichnisse angelegt, die später erweitert<br />
wurden. Dies sind die in allen Schulen gebrauchten<br />
Vocabularien, der nomGuoliitoi' oder die uoinknoi^tura.,<br />
auch voe^knia i-oi-niu. der Schulordnungen, die<br />
sich auch dem deutsch-lateinischen Katechismus angehängt finden.<br />
Auch schon Ausgangs des 15. Jahrhunderts existirten zahlreiche<br />
Vocabelsammlungen dieser Art, die zugleich als Schulbücher<br />
dienten. Wenn wir nach ihnen das Niveau der damals<br />
erreichten Sprach- und Realweisheit bemessen, so war dasselbe<br />
vor der Reformation ein sehr niedriges. Man erstaunt über<br />
die Fülle lächerlicher Etymologien, die dieselben enthalten. Im<br />
evangelischen Norddentschland war der Nomenclator des Nathan<br />
Chyträus in Rostock (1582) verbreitet, weil darin re8 u^ntio^o<br />
berücksichtigt waren. Einzelne Schulen hatten ihr eigenes Vocabularium.<br />
So gebrauchte man in Wollin 1594 die<br />
in 118UIN 8o^oiH6 6i')^^i8<br />
Bei den Greifswalder Schulen habe ich diese<br />
Vocabelsammlung nicht ausfindig machen können, doch besitzt<br />
die dortige Universitätsbibliothek eine solche vom Jahre 1610;<br />
vielleicht eine spätere Auflage des in Wollin gebrauchten Buches.<br />
Der Titel lautet:^) Voo^dni^ ^ l'ormn, ^ in uzum.<br />
29) Ich verdanke diese Mittheilung der Güte des Bibliothekscustos<br />
Di-. Perlbach. Der Verfasser, Wegner, ist mit Sicherheit nicht nachzuweisen.<br />
Ein Philipp Wegener war (Kosegarten, Gesch. d. Universität<br />
Greifswald II, Seite 2i^3) i. I. 1567 Conrector in Stralsund<br />
1577—1531 lüdimoäbi-iitoi' sciioi^e ^i-tio. Or^liiZ^aid. und wurde
350 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
?0ll16I-3.QÌ3.6 ! 60ii6Ct3, H U8Ìt9
von Dr. v. Bülow.<br />
XX. 1)6 0N0ÌÌ8) äi^1iit^tiI)U8 H 0PiüoÜ8.<br />
(5 Unter-<br />
abtheilungen.)<br />
XXI. 1)6 8HPP6ii60tii6, Ìi18ti'U.U16IitÌ8 H r6l)U8. (11 Unter-<br />
abtheilungen.)<br />
XXII. D6 3.6(1iiici0I'I11Il Mrtil)!^, 8U.PP61i6^tii6.<br />
(4 Unter-<br />
abtheilungen.)<br />
XXIII. D6 3.1iiui3iiI)U8
<strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
C0INII10N6-<br />
6t Iclidu8 N1QN8ÌUIN num6i'AncIÌ8. ^Herausgegeben<br />
1589 von Lanrentins Ludovicus. Ans der Rückseite des Titels<br />
ist Trotzcndorfs ^eichenstein in der Iohanniskirche zu Liegnitz<br />
abgebildet); oder das andere:<br />
in<br />
in 8ON0I3. l30ic1I)6i-F. ^r^ncolurti 1611. Die erste Ausgabe<br />
des letzteren Werkes ist der Vorrede nach von 1572. Die görlitzer<br />
Schule erfreute sich unter ihrem trefflichen Rector Petrus<br />
Vincentius, früher Professor in Wittenberg, eines über ihren<br />
nächsten Kreis weit hinausgehenden guten Rufes, so daß zahlreiche<br />
Schüler auch aus fernen Gegenden ihr zuströmten. Der<br />
in Pommern einzig dastehende Gebrauch des genannten Buches<br />
wird auf den guten Klang dieser Schule zurückzuführen fein.<br />
Unter den in der Schule behandelten lateinischen Schriftstellern<br />
hatten diejenigen den Vorzug, welche in den praktischen<br />
Gebrauch der Sprache, in das Lateinschreiben und Sprechen<br />
einführten. Auf den Inhalt und dessen Interpretation kam<br />
es weniger an, als um Beispiele <strong>für</strong> die Regeln der Grammatik<br />
oder schöne Sentenzen zu sammeln. So sehr auch Melanchthon<br />
beim Erlernen der alten Sprachen den formalen Bildungszweck<br />
vertrat, indem namentlich das Lateinische deutlich zu denken<br />
zwinge, und nur nebenbei dasselbe als Mittel ansah, den Zugang<br />
Zu den Wissenschaften zu eröffnen, so meinte doch Luther:<br />
„wenn auch ein Knabe, der Latein gelernt habe, nachher ein<br />
Handwerk treibe, so schade ihm solche Lehre nichts zur Nahrung."<br />
Dennoch ist kein Zweifel, daß in fehr vielen Schulen, namentlich<br />
der kleinen Städte, das <strong>für</strong> den Unterricht im Lateinischen<br />
gesteckte Ziel mit Bezug auf die Bildungsstufe und den fpäteren<br />
Beruf der Schüler ein viel zu hohes war. So wird z. B.<br />
der Nutzen, den die Schüler in der kleinen Ackerstadt Labes<br />
theilung zu Dank verpflichtet. Nach derselben befindet sich je ein Exemplar<br />
dieser beiden Schulbücher auf der dortigen Stadtbibliothek.
von Di'. v. Vülow. 353<br />
von der Expomrung der ciceronianischen Briefe gehabt<br />
haben, ein sehr geringer gewesen sein, da nach des Rectors<br />
Aussage vom Jahre 1598 die Knaben daselbst im Sommer<br />
„eins Theils die Gußelen, eins Theils die Schweine, eins<br />
Theils die Kelber, eins Theils die Kühe, eins Theils die<br />
Ochsen hüeten; eins Theilß müßen die Pstuch treiben." Es<br />
ist nicht anzunehmen, daß die Gänse und Kälber besser gediehen,<br />
wenn sie ciceronianisch gehütet wurden. Virgils Bucolicen<br />
dürften eher am Platze gewesen sein, wurden aber nicht in<br />
Labes tractirt. Ueberall, auch wo dies nicht besonders be-<br />
merkt ist, wird die von Ioh. Sturm besorgte Auswahl der<br />
Briefe des Cicero benutzt worden sein; so außer in Labes<br />
noch in Golnow, Wollin, Treptow und Wolgast.<br />
Auch der auffallenden Benutzung des Terentius lag<br />
etwas von dem Gedanken zu Grunde, daß die todte Sprache<br />
erfahrungsmäßig, wie die Muttersprache, gelernt werden solle;<br />
da hatte allerdings die in den Komödien repraesentirte Con-<br />
versationssprache einen besonderen Werth. Man las dieselben<br />
in Wollin, Treptow, Golnow und Wolgast. Ueber das Schlüpfrige<br />
dieses Schriftstellers half man sich hinweg, so gut oder so<br />
schlecht es eben ging.<br />
Virgil und Ovid werden zwar in der Kirchenordnung<br />
von 1563 <strong>für</strong> die vierte (höchste) Classe empfohlen, doch sinde<br />
ich sie nur wenig in den Schulen der kleineren Städte im<br />
Gebrauch; von ersterem las man die Bucolicen in Wollin<br />
und Wolgast, von letzterem die Tristi en in Treptow, vielleicht<br />
auch in Wolgast.<br />
Dagegen kommen die Fabeln des Aesop, namentlich<br />
in der von Joachim Camerarius besorgten lateinischen Ueber-<br />
setzung vielfach vor. In Wollin, Wolgast und Treptow wurden<br />
sie in der zweiten Classe getrieben.<br />
Die aus dem vierten Jahrhundert stammende, unter dem<br />
Namen äistioliH (^tonis bekannte und im ganzen Mittel-<br />
alter hochgeachtete Sftruchsammlung in Prosa und Versen wurde<br />
in den Schulen von Wollin, Treptow, Wolgast und Labes ge-<br />
braucht; die loci oominunsä des Niederländers Johann
354: <strong>Geschichte</strong> des pomrnerschen Schulwesens<br />
Murmellius nur in Wolgast und Treptow, ^) obgleich die<br />
Kirchenordnung von 1563 den Lehrern beide zur Emübung der<br />
metrischen Regeln empfiehlt.<br />
Die Aneignung eines stießenden Stiles wurde neben den<br />
Classikern und den Schriftstellern älterer Zeit gefördert durch<br />
Gesprächsammlungen, deren die Reformationszeit mehrere kennt.<br />
Die Kirchenordnung von 1563 empfiehlt die t'0i-mni3.6<br />
Pu.si'ilinm colloHniorniQ des nürnberger Rectors Sebaldus<br />
Heiden, doch wurden dieselben nur in Treptow und<br />
Labes angewendet, ooiloHiiig. Lorci 6 rii in Wolgast. ^)<br />
Die Uebungen im lateinischen Stil kommen wiederholt vor, so in<br />
Wollin und Treptow; am letzteren Ort auch in li^ta. oi'^tious.<br />
Daß am Sonnabend der Kirchenordnung gemäß das<br />
Evangelium des folgenden Sonntags lateinisch in<br />
der Schule gelesen wurde, wie dies z. B. die Schulordnungen<br />
von Treptow und Wolgast zeigen, ist schon gesagt worden.<br />
Das Griechische ist bekanntlich in der sächsischen Schulordnung<br />
von 1528 nicht enthalten; der eigentliche Begründer<br />
des Studiums der griechischen Sprache und Literatur ist vielmehr<br />
erst Joachim Camerarius, der Humanist im schönsten<br />
Sinne des Worts. Ihm folgend haben die verschiedenen späteren<br />
Schulordnungen das Griechische sämmtlich in ihren Lehrplan<br />
aufgenommen. Daß bei der pommerschen Kirchenordnung<br />
Bugenhagens von 1535 dies nicht der Fall ist, erklärt sich aus<br />
dem, das Detail des Unterrichts nicht berücksichtigenden Charakter<br />
derselben; dagegen fordert die Kirchenordnung von 1563<br />
<strong>für</strong> die vierte (höchste) Classe, man solle „flit dhon, dat die<br />
Knaben lehren, i-6ot6 6t Hpw 61-3.000 schriuen."<br />
Von griechischen Grammatiken finde ich die des gelehrten<br />
und weitgereisten breslauer Schulmannes Johann<br />
Metzler,^) die in Wollin und Treptow in der ersten Classe<br />
2') Das kürzlich erschienene Werk von Reichling: Ioh. Murmellins,<br />
sein Leben und seine Werke, Freiburg, Herder, habe ich nichd nachlesen<br />
können.<br />
-N) Auch in Stralsund, vgl. Zober a. a. O. HI. Seite 15.<br />
N) gest. 1538 als Landeshauptmann im Fürsteuthum Breslau.
von Dl. v. Bülow. 355<br />
im Gebrauch waren; am letztereu Orte alle Donnerstag und<br />
Freitag um 2 Uhr. Die griechische Grammatik des lüneburger<br />
Rectors Lucas Lossius wurde in Golnow den Primanern<br />
alle Montag und Dienstag um 9 Uhr interpretirt.<br />
Griechische Schriftsteller siud in denjenigen pommerschen<br />
Schulen, um die es sich hier handelt, gar nicht<br />
gelesen worden. Abgesehen von der schon erwähnten allsonnabendlichen<br />
Lectüre des Sonntagsevangeliums, die<br />
in Wollin, Treptow und Golnow mit den geförderteren<br />
Schüleru griechisch geschah, wurde nur in Golnow Montags<br />
und Freitags um 9 Uhr die griechische Uebersetzung des 7 9.<br />
Psalms von Paul Dolscius gelesen. Ueber die in<br />
Wolgast vom Rector gelesenen o^i-miiiH des Pythagoras<br />
und des Phocylides, letztere durch die Kirchenordnung von<br />
1563 empfohlen, fehlen mir die Nachrichten.<br />
Ein wie hoher Werth auf die Musik gelegt wurde, ist<br />
aus fast allen Localschulordnungen ersichtlich. Hieß doch auch<br />
der zweite Lehrer an vielen Stadtschulen offtciell Cantor. Beim<br />
Gottesdienst wurden die Schüler insgesammt als regelmäßiger<br />
Singechor verwendet, und der Unterricht konnte sich daher nicht<br />
auf bloßes Einüben der Gesänge nach dem Gehör beschränken,<br />
er mußte ein Unterricht in der Kunst der Musik sein. So<br />
sind auch unter den Choralgcsängen der <strong>Pommersche</strong>n Kirchenordnung<br />
von 1563 nach dem damaligen Sprachgebrauch uicht<br />
unsere Kirchenmelodien, sondern Chöre, also Figuralgesänge,<br />
Motetten ?e. zu verstehen. ^) Auch der Umstand, daß der<br />
Gesangunterricht nicht durch alle Classen, sondern nur in Prima<br />
und Secunda ertheilt wird, läßt dies erkennen. In Treptow,<br />
in Golnow (Figuralgesang am Donnerstag und Freitag von<br />
^) Hirtho moth in groten Schoten ein gut geschickter Cantor syn,<br />
yn anderen geringen Steden mach ydt die Scholmeister sülvest dohn,<br />
effte dorch einen synen gesellen bestellen vnde disse ordeninge holden,<br />
dat twe dage in der weke die Praecepta Musices Mich gelesen, mit<br />
exemplis vorkleret vnde esaminerei vnde den Knaben ingebildet, dem-<br />
geliken twe dage in ciiutu fibrilli effte eti0i'g.1i äe tompoi'6 trüwe-<br />
liken mit den Knaben gesungen, die ^i'^eeeptg, revetiret vnde k<br />
gebracht werden.
356 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
12—1 Uhr, Choralgesang am Sonnabend nm 12 Uhr), in<br />
Labes (Donnerstag von 12—1 Uhr) wird Gesangnnterricht ertheilt;^)<br />
am eingehendsten scheint man sich aber in Wolgast<br />
mit Gesang beschäftigt zn haben. Die Schnlordnnng von Wolgast<br />
von 1601, dem Ende des hier behandelten Zeitraums angehörend,<br />
enthält ein eigenes Kapitel, die Gesetze <strong>für</strong> den musikalischen<br />
Chor umfassend, aus denen wir über die Art der<br />
dort getriebenen Kunst zwar wenig erfahren, aber doch im<br />
Allgemeinen die hohe Bedeutung ersehen können, die derselben<br />
beigelegt wurde; denn wer sich in seinem Wandel irgend etwas<br />
zu Schulden kommen ließ, oder auch nur durch unpassende<br />
Kleidung Anstoß erregte, wurde aus dem Chor ausgeschlossen.<br />
Es geht übrigens daraus hervor, daß dieser musicalische Chor<br />
in Wolgast nicht bloß in der Kirche, sondern auch bei öffentlichen<br />
Gelegenheiten anderer Art, Hochzeiten und dergl. aufgetreten<br />
ist. Derselbe hat auch den Currendegesang betrieben.<br />
Als Hülfsmittel finde ich das Cantionale von Lossius<br />
uud die ^rt68 mu8ic3.i68 von Dresler, beide in<br />
Golnow.<br />
Der Schatz an geistlichen Liedern, welcher der Schuljugend<br />
zugänglich gemacht wurde, war nicht erheblich. Die<br />
Kirchenordnung von 1563 schreibt nur <strong>für</strong> die unterste Klasse<br />
das Lernen der gewöhnlichsten lateinischen und deutschen Kirchenlieder<br />
vor, nämlich:<br />
dat düdefche ^o venni<br />
dat düdesche<br />
dat düdesch<br />
Ick dancke dem Heren van gantzen herten.<br />
Esaia dem Propheten dat geschach.<br />
Herre nu lestu dynen Diener in friede fahren, vnde<br />
dergelicken ?c.<br />
Item die olden Cantica van den festen.<br />
N) Als die passendste Stunde <strong>für</strong> den Gesaugunterricht gilt schon<br />
1535 in Vugenhagens Kirchenordnung die Stunde nach dem Essen,<br />
und auch 1563 wurde in der dritten Klasse „alle dage VP die rij<br />
stunde", d. h. nach Tisch, musicirt.
von Di'. u. Bülow. 357<br />
Vp Wynachten:<br />
in LoM^om, latin vnde düdesch.<br />
Joseph, leuer Joseph min.<br />
In duini<br />
DÌ68 68t<br />
Vp Paschen:<br />
8ni-r6xit (utii'Ì8tu8 ^0äi6, mit dem Düdeschen: Erstanden<br />
ist die Hillige Christ :c.<br />
Vp Pmgesten:<br />
8piritu8 83,Q0ti ^1'^ti^) latin vnde düdesch, vnde wat<br />
dergliken olde gescnge mehr syn, die schulen den Kindern Mich<br />
geleret werden.<br />
Dialectik und Rhetorik wurden in den Schulen der<br />
kleineren pommerschen Städte wenig getrieben, nur Wolgast<br />
hat dieselben in seinen Schulplan aufgenommen. Dort wird<br />
alle Montag und Dienstag um 9 Uhr Dialeetik und alle<br />
Moutag um 7 Uhr Rhetorik gelehrt. Auch hält der Nector<br />
daselbst alle Freitag um 1 Uhr mit der Prima und Secunda,<br />
und der Küster mit der Tertia und Quarta Disftutirübungen.<br />
Ob die letzteren dazu schon reif genug waren, erscheint fraglich.<br />
Von deutscher Sprache, anderer ganz zu geschweigen,<br />
von <strong>Geschichte</strong> und Geographie, von Naturwissenschaften<br />
ist bekanntlich in den Schulen des 16. Jahrhunderts<br />
überhaupt wenig die Rede. Es verdient daher hervorgehoben<br />
zu werden, daß in Wolgast der Cantor einmal<br />
wöchentlich, am Donnerstag um 8 Uhr, Arithmetik lehrte,<br />
wobei vier Klassen in eine zusammengezogen waren. Und doch<br />
hatte die Kirchenordnung von 1563 <strong>für</strong> die vierte ^höchste)<br />
Klasse bestimmt: „Idt ys ock nö'dich, dat disse knaben geleret<br />
werden oioiliontH 3.i-it!im6t.io68 ot 8^1i(3i'a,6, denn die<br />
species in Arithmetiea vnde Rcgulam de tri können die knaben<br />
lichtlich lehren, wenn ydt en apte et brcoitcr proponiret werdt;<br />
in Sphera onerst vnde Mathematis schoten die Scholmcistere<br />
nichts curiose aut ambitiöse anfangen"; die Hauptsache sollte
358 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
das Lateinische bleiben. Darum finden wir den Rechenunterricht<br />
weniger hier als im nächsten Abschnitt.<br />
Ein in vielen deutschen Schulen gebrauchtes und durch<br />
die pommersche Kirchenordnung von 1563 <strong>für</strong> die dritte Klasse<br />
empfohlenes Buch kommt dennoch nur einmal, in Wollin, vor.<br />
Es ist der lidoiing äo oivìlit^to molimi puerilinm<br />
von Erasmus, welches der große Gelehrte nicht<br />
unter seiner Würde hielt, zur Förderung des Anstandes unter<br />
den Schülern zu schreiben. Das Buch läßt die scharfe Beobachtungsgabe<br />
des Verfassers deutlich erkennen und fand eine ungeheure<br />
Verbreitung trotz der seichten Moral, die es Predigt,<br />
und die bis zur Empfehlung der Nothlüge aus Höflichkeitsrücksichten<br />
geht.<br />
Noch zwei Bücher sind zu nennen, über die ich nichts<br />
Näheres habe erfahren können; das erstere, oonladula.von<br />
Schotten wurde in Treptow, das andere,<br />
g do^ti-in^o von Matth. Index in Wolgast gebraucht.<br />
Ich muß es mir versagen, die Schulordnungen nach der<br />
Seite der Disciplin innerhalb wie außerhalb der Schule zu<br />
besprechen, obgleich einige, z. B. die wolliner, höchst interessante<br />
und sehr ins Detail gehende Vorschriften über das<br />
Betragen, die körperliche Reinlichkeit und dgl. enthält. Ebenso<br />
wenig kann ich an dieser Stelle auf gewisse andre Einzelheiten<br />
eingehen, wie die Tagesordnung und die übrigens nicht immer<br />
sicher zu bestimmende Stundenzahl, Examina, Schulfeste, freie<br />
Nachmittage, Schulkomödien und Anderes. Der zugemessene<br />
Raum und die Zeit verbieten es, und kann ich daher hier nur<br />
auf die mitgetheilten Localschulordnungen hinweisen, welche<br />
<strong>für</strong> manchen dieser Gegenstände Stoff genug darbieten. Ich<br />
behalte mir aber vor, wenn ich an andrer Stelle ausführlicher<br />
über die <strong>Geschichte</strong> der pommerschen Schnle reden werde, auch<br />
das hier Uebergangene in den Kreis der Besprechung zu ziehen.
von Di'. v. Vülow. 359<br />
Die Deutsche uud Schreibschule.<br />
Neben der lateinischen Schule des Mittelalters, auf anderem<br />
Boden erwachsen und gegen jene gehalten ein kümmerliches<br />
Dasein fristend, tritt die deutsche Schreib- und Rechenschule<br />
auf. Der mittelalterliche Geist vermochte die ihm fremde<br />
Pflanze nicht zu Pflegen, dennoch aber entstanden diese Schulen<br />
in den größeren Handelsstädten aus dem Bedürfniß des höheren<br />
Vürgerstandes, dem <strong>für</strong> seine Berufsbildung die lateinischen<br />
Schulen nicht genügten. Die evangelischen Schulreformatoren<br />
dachten über die Nothwendigkeit der deutschen Schulen noch<br />
nicht viel anders als die Schulmänner älterer Zeit, und es<br />
ist in dieser Hinsicht charakteristisch, daß die pommersche Kirchenordnung<br />
von 1563 den Abschnitt „Van Düdschen Schrifftscholen"<br />
nicht nur in wenig Zeilen absolvirt, sondern denselben<br />
auch mit den Worten beginnen läßt: „Alle Winckelscholen<br />
schoten vorbaden syn". In der Achtung der Schulbehörden<br />
standen alfo deutsche Schulen und Winkelschulen ziemlich gleich<br />
niedrig. Und doch ist der Begriff der Volksschule, denn das<br />
und nichts anderes ist die sogenannte deutsche und Schreibschule,<br />
als Grundlage alles Schulwesens so recht aus dem Geiste des<br />
evangelischen Protestantismus geboren; denn indem einerseits<br />
der Begriff der Schule, und andrerseits der Begriff des Unterrichts<br />
aus dem evangelischen Begriff des Reiches Gottes<br />
hervorgegangen war, so konnte sich nunmehr ein Schulwesen<br />
entwickeln, von dem die katholische Welt kaum eine Ahnung<br />
gehabt hatte, und in welchem die Idee des Menschen durch<br />
das Evangelium und durch die Wissenschaft zu ihrem Rechts<br />
kam. Hier stehen zu bleiben, war nicht möglich, vielmehr<br />
mußte von dieser Erkenntniß aus, der die Schulmänner des<br />
16. Jahrhunderts mehr und mehr theilhaft wurden, das Kirchenregiment<br />
allmählig bis zur allgemeinen Schulpflichtig<br />
keit fortschreiten als dem Schlußstein, der in den reformatorischen<br />
Neubau des Unterrichtswesens eingefügt ward. ^) In<br />
N) Heppe, das Schulwesen des Mittelalters und dessen Reformation<br />
im 16. Jahrh. Marburg 1860, Seite 63.
360 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
der That lassen die Visitatioussirotocolle aus dem Ende dieses<br />
Zeitraums erkennen, daß man die Segnungen der Schule als<br />
solche ansah, die Jeder Zn genießen berechtigt sei. Die Praxis<br />
blieb freilich hier, wie so oft, hinter der Theorie noch eine<br />
Zeitlang zurück.<br />
Auch bei den Schreib- und Rechenschulen herrschte hie<br />
und da die zunftmäßige Einrichtung der Lateinschulen; so<br />
wurden zu Nürnberg die Meister dieser Schulen noch 1613<br />
zu einer Zunft zusammengeschlossen, in der jeder aufgedingte<br />
Lehrjunge sechs Jahre lang zu dienen Verssirach. ^)<br />
Da sehr viele Städte nicht in der Lage waren, neben der<br />
lateinischen Schule noch eine deutsche mit besonderen Lehrern<br />
zu unterhalten, so gestattete schon die Kirchenordnung von 1563<br />
eine Verbindung beider, doch ist selbstverständlich der deutsche<br />
Lehrer dem lateinischen Rector untergestellt, so daß er „ock<br />
nicht anneme knabeu 8iii6 ^udioio M8toi'Ì8 6t 1udiin3Ai8ti'i)<br />
darmit die rechte schole nicht vordoruen werde". Der Ausdruck,<br />
„die rechte Schule" <strong>für</strong> die lateinische ist charakteristisch da<strong>für</strong>,<br />
daß die deutsche als nicht ebenbürtig und ihre Lehrgegenstände<br />
nicht als Bildungsmittel angesehen wurden. Auch anderwärts<br />
wird die lateinische Schule officiell „die rechte" genannt. ^)<br />
Das in der Kirchenordnung der untersten Classe gesetzte Pensum<br />
läßt erkennen, daß die Gesetzgeber dabei an Schüler gedacht<br />
haben, welche bisher noch gar keinen Unterricht genossen<br />
hatten. Dieselben sollen nemlich „leren, die gewhönlike Fibel<br />
bockstauiren, vnde tho hope lesen", — — „ock schölen die<br />
Praeceptores dissen Kindern lehren schriuen vnde alle dage<br />
ehre schriffte twemal forderen vnde besichtigen. Noch schall me<br />
se lehren, den düdeschen tall vnd zifertall" :e. Also zunächst<br />
deutsches Buchstabiren, Lesen uud Schreiben, sowie Kenntniß<br />
der Ziffern; erst wenn dieser Grund gelegt ist, wird zum Donat<br />
und den andern lateinischen Grammatiken und Vocabeln geschritten.<br />
Die deutschen Lehrer, auch Stuhlschreiber genannt, da<br />
sie häufig Notare waren, wurden gleich denen an den lateinischen<br />
3?) Vormbaum, Evangelische Schulordnungen II, Seite 635.<br />
N) Kriegk a. a. O. Seite 71.
von Di'. v. Vülow. 361<br />
Schulen von Amtswegen mit Wohnung versehen, Gehalt aber<br />
erhielten sie, als jenen unebeubürtig und dem kirchlichen Organismus<br />
fremd, von der Kirche nicht. Die Kirchenordnung erlaubt<br />
nur, „so se sram sint vnd dem Pastori nicht wedderwillich,<br />
mach meu vth der caste ein gescheuck genen", und verweist sie<br />
im Uebrigcu wegeu der Besoldung ans das Schulgeld. Ebensowenig<br />
sind die dentschen Schnleu als Corporation am Gottesdieust<br />
betheiligt.<br />
Daß von der gestatteten Vereinigung beider Arten von<br />
Schulen praktischer Gebranch gemacht wurde, beweisen die<br />
Schulordunugen. Im Leetionsftlan von Golnow von 1595<br />
figurircn deutsche Schüler zwar nicht; bei den Bestimmungen<br />
über das Schulgeld stehen aber hinter den Donatisten noch<br />
Alphabetarier, welche vierteljährlich 2 Groschen geben uud<br />
uuter deuen jedenfalls deutsche Schüler zu verstehen sind. Der<br />
Schulordnung von Labes merkt man eine Vereinigung von lateinischer<br />
und deutscher Elementarschule auch nicht an, deuuoch<br />
wird bei dem schon erwähnten niederen Bildnngsstande der<br />
dortigen Lateiner ein solches Verhältniß stattgefunden haben.<br />
Die wolgaster Schulordnung dagegen erwähnt der Aei'inQnici,<br />
denen der Cantor am Donnerstag von 8—9 Nhr in Verbindung<br />
mit der Prima, Secuuda und Tertia Rechennnterricht ertheilt.<br />
Iu Stralsund war bei der lateiuischen Schule von Anfang an<br />
eine Real- oder Elementarsection nnter dem Namen der deutschen<br />
Schule. Die Lehrgegenstände waren Lesen und Lernen<br />
des Katechismus, Lcseu des Evangeliums uud der Epistel <strong>für</strong><br />
den nächsten Sonntag, Lernen biblischer Sprüche, Lesen von<br />
Druck- und Handschrift, Schreiben und kleine Stilübungen,<br />
namentlich Anleituug zum „Dichteu gemeiner Sendbriefe". Am<br />
Sonnabend um 3 Uhr nach der Rückkehr aus der Kirche hatten<br />
die Deutschschüler das Schullocal zu fegen und zu reinigen.^)<br />
N) Zober a. a. O. I. Seite 4 nnd 8 scheint darin eine besondere<br />
Erniedrigung der stralsunder Schüler zu finden; das ist wohl nicht nöthig,<br />
denn die Sache kam auch anderwärts vor, z. V. iu der lateiuischen<br />
Stadtschule iu Coburg, vou der es IM') heißt: „Beyde wctoi'ilr sollen<br />
die Wochen zweymal ausgekehret werden, das gröste von den<br />
23
362 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
Eine pommersche Schulordnung <strong>für</strong> die deutschen<br />
Schulen habe ich aus dem 16. Jahrhundert bisher nicht aufzufinden<br />
vermocht; ich gebe daher im Anhang die älteste mir<br />
bisher vorgekommene dieser Art, wie sie im Jahre 1623 der<br />
Rath von Stettin nach herzoglicher Konfirmation <strong>für</strong> die deutschen<br />
Schulen daselbst erließ. Darin sind täglich 6 Unterrichtsstunden<br />
angesetzt, die Nachmittage am Mittwoch und Sonnabend ausgenommen.<br />
Die erste Stunde des Vor- und des Nachmittags<br />
ist dem Religionsunterricht bestimmt; Luthers kleiner<br />
Katechismus wird gelernt und aus den Psalmen täglich 2—3<br />
Verse. Die übrige Zeit wird Lesen, Schreiben und Rechnen<br />
getrieben, ersteres nach der Schreiblesemethode, indem die<br />
Aussprache von je zwei Buchstaben des Alphabets gelehrt wurde,<br />
während die Schüler dieselben zn gleicher Zeit mit Kreide<br />
malen lernten. Wie die Lateinschüler sich ihre lateinischen Vocabularien<br />
anlegten und vermehrten, so trugen die Deutschschüler<br />
in ein ähnliches Buch Wörter mit „schweren Syllaben ein,<br />
alß nemblich Sprach, Sprechen, Kampff, Schmerz,<br />
Schon, Schlag" und übten dieselben ein. Die im 16.<br />
Jahrhundert übliche Häufung der Consonanten wird diese Schwierigkeit<br />
noch erhöht haben.<br />
Im Schreibnnterricht werden zunächst diejenigen Buchstaben<br />
gelehrt, aus denen die anderen gebildet find; dabei ist<br />
auf richtige Haltung der Feder zu fehen, damit die Knaben<br />
eine zierliche, leserliche „Faust" schreiben. Die hochdeutsche<br />
Orthographie galt als Norm, auch waren die Schreiblehrer<br />
meistens aus dem Sächsischen und schrieben nach dem dort<br />
üblichen gebrochenen Ductus, welcher aus dem kleinen c alle<br />
übrigen kleinen Buchstaben der Kurrentschrift herleitet. Theilweise<br />
waren Vorlegeblätter üblich.<br />
Außer dem gewöhnlichen Rechnen wurde auch Buchhal-<br />
i'iduL, das kleine von den miuoi'idnL". Vormbaum, Evangel. Schul-<br />
ordnungen II. Seite 57. Da viele Schüler mit ausdrücklicher Erlaub-<br />
niß z. B. der bugenhagenschen Kirchenordnuug sich ihren Unterhalt vor<br />
den Thüren erbettelten, so kann das Ausfegeu des Schullocals als<br />
eine erniedrigende Arbeit <strong>für</strong> sie nicht angesehen werden.
von Dr. v. Vülow. 363<br />
tung gelehrt, da die Knaben dem Handels- und Gewerbestande<br />
angehörten.<br />
Bezüglich der Disciplin wird verordnet, nicht flugs mit<br />
Stock und Ruthe drauf zu schlagen, sondern vielmehr den<br />
einzelnen Schüler nach seiner Eigenthümlichkeit zu studieren<br />
und zu behandeln; mit sanfter Leitung und gelegentlicher Aufmunterung<br />
sei mehr zu erreichen als mit Härte.<br />
Das Schulgeld wird <strong>für</strong> die Alphabetarier auf 12 Gr.<br />
vierteljährlich festgesetzt, die Schreib- und Leseschüler zahlen das<br />
Doppelte, und wer auch uoch im Rechnen unterrichtet wird,<br />
1 st. 24 Gr.<br />
Es liegen mir die Berichte zweier stettiner Deutschlehrer<br />
an den Rath aus dem Jahre 1623 vor, welche interessante<br />
Einzelheiten enthalten. Der Erste, Georg Trobitzsch aus Mittweida<br />
in Sachsen, berichtete über seine Schule wie folgt:<br />
Erstlichenn^) wan meine schulkünder deß morgenß seygerß<br />
7 in die schule kommen, laß ich dieselbenn den morgensegen,<br />
denn h. Catechismo (!) nebenst der Beicht, Psalm, den sie<br />
<strong>für</strong>haben vnnd Benedicite bethen; alßdan eßen sie. Wan daß<br />
geschehen, müßen sie daß gratiaß sprechen; nach dem gebe ich<br />
denen die rechnen, einen Jeden in der Regel, darinnen er ist,<br />
wie ich dieselben kürzlich nach einander erzehlen will, alß erstlich<br />
Numerirn oder Zehlen, item die Specieß auf den Linien, item<br />
die Specieß auf der Feder, item die Regula de trij in gemein,<br />
Brüche kleiner zu machen, item die Specieß in gebrochen<br />
zahlen, vnnd daranf die Regula de trij in gebrochen, item<br />
Regula Fusti, item gewin Rechnung, item Regula von Verlust,<br />
item Regula conversa oder verkerung der Regula de trij, item<br />
Regula quinque, dupelde Regell, item Regula lucri, Zinßrechnung,<br />
item Stüchrechnung, item Silberrechnung, item Goldtrechnung,<br />
item vom münzschlach, item Wechßellrechnung, item<br />
Begleichung der gewicht, item Geselschafftrechnung, item Theilung<br />
in der geselschafft, item von schieffsparthen, item Regula<br />
n) Staatsarchiv zu Stettin: Depouirte Acten der Stadt Stettin:<br />
Wegen Annehm- und Bestellung der Teutschen Schul-, Schreib- und<br />
Rechen-Meistere 1578 ff. Tit. ll. Sect. 5. Nr. 6, voi 1.<br />
23*
364 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
Falsij, item Regula Coß, item Regula Ceciß, von Vehekauff.<br />
Diese obgesazten Regulen seindt alle hochnödig zum Kauffhandell.<br />
Nachdem die Andernn, die da lesenn, laß ich zweymahl<br />
aufsagen biß Seygerß 10 Vhr; ehe sie aber heim gehen, laß<br />
ich sie den vorhabenden Psalm bethen, zu dem auch etliche<br />
feine sprüche auß h. schriefft, die mit dem Sontageß Euangelium<br />
vberein stimmen, dazu sprechenn.<br />
Nach Mittage aber, wann meine schulkinder wiedermnb<br />
in die schule kommen, laß ich einenn Jeden, worinnenn oder<br />
in welchen buche er lernet, zweymahl auffsagenn; die Andern<br />
aber, die da rechnen vnnd schreiben, dieselben müßen allerley<br />
handtschrifften vnnd brieffe lesenn, damit sie dieselben gewiß<br />
lernenn. Nach dem laß ich ermelte schreib- vnnd Rechenknaben<br />
ihr schriefften auffweißen, auch einen Iedenn, waß sie schreiben,<br />
alß nemlich die Puncten oder Zerstreuung der Cureutbuchstaben<br />
vnnd Anhenckung derselben, wie sie hierunthen gesezt sein.<br />
Die nun folgende Anleitung, aus dem einfachen Haarstrich<br />
und seiner Verbindung mit dem Grundstrich alle Buchstabeu<br />
der Kurrentschrift herzuleiten, aus dieser die Canzleischrift<br />
zu bilden und endlich die Formirung der Versalbuchstaben,<br />
„zu allen Zierschriefften bequemlich", läßt sich durch den gewöhnlichen<br />
Tyftendruck nicht wiedergeben.") Dann heißt es weiter:<br />
Die andernn schulknabenn aber weisen ihre schriefften, auß<br />
den Vorschriefftenn^) geschrieben, auf. Die Dridten weisen auff<br />
ihre geschriebene brieffe. Wan diß geschehen, laß ich sie, ehe<br />
sie auß der schule gehenn, denn Psalm, den sie <strong>für</strong>haben, item<br />
die beicht, danebenn obenermelte ssirüche vnnd andere feine<br />
christliche gebetlein bethen. Deß Mitwochß aber, die da lesen<br />
^) Trotzdem wird in der von Trobitzsch und den andern stettiner<br />
Deutschschulmeistern gegen die unconcessionirten Schulen angeregten<br />
Untersuchung ihm vom Rath der Vorwurf gemacht: „das er böß vndt<br />
nicht recht schreibett, wie ihm dann seine vitia da vorgezeigett.". Er<br />
dagegen „weiß nicht woher es kombtt, I. f. G. wehre ja mitt seiner<br />
Schrifft zufrieden gewesen."<br />
") Es wurden also Vorlegeblätter gebraucht.
von Dr. v. Bülow. 365<br />
vnnd schreiben lernen, den vorhabenden Psalm oder ein stücke<br />
auß den h. Catechismo oder entwieder auß D. Luthernß fragestückcn<br />
bethen, vnnd dann müßen sie auch die künfftige Sontageß<br />
Epistel lesen; deß Sonabendeß aber laß ich abermahlenn<br />
dieselben:: ein stücke aus den h. Catechismo oder den vorhabenden<br />
Psalm bethen oder entwieder obengemelte Ssirüche recetirn,<br />
item daß Euangelium müßen sie ingleichen außwendig auch<br />
recetirn. Also vnnd nicht anderß habe ichs mit der hülffe<br />
deß einigen vnnd allmechtigen Godteß die 29 Jahr vnnd<br />
darüber in meiner Schule gehaldten, mit deßen hülffe will<br />
ichs auch also vnnd dergestalt biß an mein lezteß Ende vollenstrecken.<br />
Godt gebe seinen h. geist dazu. Amen.<br />
Georgius Trobitzsch.<br />
Mit eigener handt geschrieben vnnd vnterschrieben.<br />
Der andere, Balzer Weßel, überreichte den Vätern der<br />
Stadt bei derselben Gelegenheit folgenden sehr einfachen Lectionsplan:<br />
in aliala. H163. 66rm3ui
366 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
Für Angest mein Herz im Leib zerspringet, mein Leben<br />
mit dem Todte ringett.<br />
Item: Wer Jesum Christ hatt woll crkand<br />
Hat alle seine Zeitt woll angewandte<br />
Alle Kunst und Wiz ist eittcll Stanb,<br />
Höchste Weißheitt ist: an Christum glaub.<br />
Der Weis gar nichttes nnd ist elend<br />
Der Jesum Christum nichtt recht erkändtt.<br />
Nach diesem sagen die Knaben deß Morgens 3 Mall ein<br />
ieder absonderlich auff vnd dignosciren etliche 1it6l3.8, ezliche<br />
colligiren 8v11^i)3i8, ezliche leesen, vnd wan Sie dimittiret<br />
werden sollen, daß kOnsäioits vor dem eßen:<br />
Gesegne vns, Herr, die gaben deinn,<br />
Die Speis laß unser narunge sein;<br />
vnd daß Grattias nach dem essen:<br />
Wir haben alle woll gegessen,<br />
Gottes wolen wir nichtt vergessen.<br />
?08t moliä. sagen sie wieder ein ieder iu 8^>6oi6 3 mall auff,<br />
nach vnterscheit wie vorgesaget, vnd schreiben auch ezliche.<br />
^Qt6 6iiilÌ88Ì0N6iii sprechen sie den Abendt Sägen<br />
8 m^Q6 nach gebetetem Morgensägen werden folgende gebedtlein<br />
gesprochen:<br />
Herr Christ du bist mein Zuversicht ec.<br />
item die schöne verß dui ?1iilippi<br />
Uli 811m, QUII^ lll.1861' N0VÌ<br />
Ich armer Mensche gar nichttes binn,<br />
O Herr Gott, in meiner Noth :c.<br />
^ 6t ? iä6m Hiioä diodu8 I^unÄ6 6t NHi-tiä nebenft<br />
nachgesazeten gebette:<br />
Am jungesten Tag wirtt Gottes Sohn :c.<br />
H Ì6.6IN (^110(1 dÌ6 N6I'0U1'ii.<br />
Balzer Wessel<br />
In beiden Schulen wurde also außer dem Religionsunterricht<br />
nur Schreiben und Rechnen gelehrt, ja in der<br />
Wesselschen Schule, die vielleicht nur Anfänger enthielt, nur
von vi', v. Bülow. 367<br />
Religionsunterricht und Schreiben; im letzteren kam man sogar<br />
über die ersten Anfänge nicht hinaus. Auf solche Nebenbuhler<br />
eifersüchtig zu sein, hatten die höheren Schulen demnach<br />
wirklich keine Ursache.<br />
Wie aber die Lateinschulen auf die Deutschschulen mit<br />
scheelen Augen sahen und sie als Winkelschulen betrachteten, die<br />
nicht geduldet werden dürften, so klagten ihrerseits die letzteren<br />
wegen Ueberhandnahme der Winkelschulen und wegen der<br />
vielen „hereinschleichendenn kherlß, die da unaufgefordert Hereingelauffenn<br />
kommenn unnd also nnbesonnenn Schule zu haldtenn<br />
sich unterstehcnn." In zahlreichen Eingaben, die häufig der<br />
Brodncid dictirt haben mag, die jedoch äußerlich manchmal<br />
wahre Meisterstücke der Schönschreibekunst oder -künstelei sind,<br />
wenden sie sich bald an den Herzog, bald an den Rath um<br />
Abhülfe. ") An den berichteten Thatsachen kann nicht wohl<br />
gezweifelt werden; und da es uns heut gleichgültig sein kann,<br />
ob die vorhandenen Schulen officiell anerkannt waren oder<br />
nicht, so entnehmen wir aus den Aeten der Streitenden die<br />
erfreuliche Thatsache, daß die Stadt Stettin innerhalb der letzten<br />
fünfzig Jahre pommerscher Selbständigkeit hinreichend mit Instituten<br />
<strong>für</strong> den Volksunterricht versehen gewesen ist. Daß<br />
unter denselben ein Gradunterschied war, und manche von<br />
ihnen nur wenig geleistet haben, thut ebensowenig zur Sache,<br />
als daß die Schüler der verschiedenen Schulen die Feindschaft<br />
der Lehrer gegeneinander auf ihre Kreise weiter trugen, sich<br />
mit „Göckelnamen" belegten, auf den Straßen wacker prügelten<br />
und auch in der Kirche nicht immer Frieden hielten.<br />
") Da auch der Gegenpart durch schöne Schrift <strong>für</strong> sich einnehmen<br />
wollte, so genießt die Nachwelt den Vortheil musterhaft geschriebener<br />
Acten. Vgl. Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I. Tit. 132.<br />
Nr. 131. und: Deponirte Acten der Stadt Stettin: Wegen Annehmund<br />
Bestellung der Teutschen Schul-, Schreib- und Rechen-Meistere.<br />
1578 ff. Tit. II. Sect. 5. Nr. 6, vol. 1.
<strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
Die Deutschlehrer recrutirten sich oft aus recht verschie-<br />
denen Verufsclassen. In den bereits angezogenen beiden Acten-<br />
stücken kommen vertriebene Geistliche und Lehrer, auch Studenten,<br />
wiederholt als Inhaber einer deutschen Schule in Stettin vor;<br />
einer unterschreibt sich als „Teutscher Schul- vnd Rechen-<br />
meister, auch Buchhalter vnd Creutzbruder." Nach Cramers<br />
Kirchenchronikon IV, Cap. 34 am Schluß war 1605 der Pastor<br />
Ioh. Middelsteth Zu Scheuue und Schwarzow zugleich deutscher<br />
Schulmeister und Küster an S.. Nicolai in Stettin. Den<br />
Küstern an dieser und der Iacobikirche war das Halten einer<br />
deutschen Schnle von jeher gestattet.<br />
Die Mädchenschule.<br />
Die Mehrzahl der weiblichen Jugend ist im Mittelalter,<br />
einige Unterweisung in der Religion ausgenommen, ohne<br />
irgend Unterricht selbst in den Elementargegenständen aufge-<br />
wachsen. Daß es einzelne Frauen gab, welche Latein sprachen<br />
und schrieben, ist kein Beweis dagegen, ebensowenig wie die<br />
Existenz von Schulen in den Nonnenklöstern, denn der in<br />
diesen ertheilte Unterricht wird sich eben auf das Erlernen von<br />
Gebeten, geistlichen Liedern und dergleichen beschränkt haben.<br />
Von fest organisirten Mädchenschulen gleich den deutschen<br />
Schreibschulen <strong>für</strong> Knaben findet sich im Mittelalter deshalb<br />
nichts, weil das Bedürfniß nach denselben nicht empfunden<br />
ward. Dagegen sind Beispiele vorhanden, daß Mädchen hie<br />
und da die unteren Classen der Knabenschulen besuchten.^)<br />
Auch die pommersche Kirchenordnung von 1563 weiß<br />
„Van Iungfruwen Scholen" nur wenig zu sagen. Sie be-<br />
stimmt ganz kurz: „In groten Steden schölen Iungfruwen<br />
Scholen syn, vnd schal de Radt mit dem Pastore bestellen<br />
Godtfrüchtige ehrliche Personen, die sie lesen vnde schriuen<br />
lehren." Die an diesen Schulen fungirenden „Scholmeisters<br />
45) Kriegk, Deutsches Vürgerthnm im Mittelalter, Neue Folge,<br />
1871, Seite 78.
von Dr. v. Bülow. 369<br />
effte Scholmeisterinnen" erhalten vom Rath freie Wohnung<br />
und von den Kindern Schulgeld und Holzgeld. Besoldung<br />
wird dann gegeben, wenn die Kirchcnkasse iu der Lage ist;<br />
dagegen können die Visitatoren das Lehramt statt den erwähnten<br />
Lehrern oder Lehrerinnen auch einem Geistlichen übertragen.<br />
In der bedingungsweisen Zubilligung von Gehalt aus der<br />
Kirchenkasse liegt indessen <strong>für</strong> die Mädchenschule eine gewisse An-<br />
erkennung von Seiten der Kirche, die der Elementarschule <strong>für</strong><br />
Knaben fehlt.<br />
Der Unterricht beschränkte sich auf täglich vier Stunden<br />
und umfaßte ausdrücklich nichts als die beiden genannten<br />
Fächer des Lesens und Schreibens; die übrige Zeit sollen die<br />
Mädchen vernünftiger Weise zu Hause den Haushalt lernen;<br />
auch der Unterricht im Katechismus, in Vibelkenntniß und geist-<br />
lichen Liedern scheint von den Eltern erwartet zu werden.<br />
Trotzdem übrigens, daß die Kirchenordnung ausdrücklich<br />
von Schulmeisterinnen spricht, kann ich von einer rechtlich be-<br />
stallten Lehrerin im 16. Jahrhundert in Pommern keine Spur<br />
finden. Wo nur immer, in Stettin z. B., eine Jungfrau<br />
oder Wittwe ein paar Schülerinnen um sich versammelte, wurde<br />
sie von den concessionirten Deutschlehrern heftig verfolgt und<br />
verklagt. 46) Der Spruch 1. Cor. 14, 34 erhält dabei durch den<br />
Eifer der Kläger einen textwidrigen Zusatz: mn1Ì6i- tHQ63.t in<br />
6ooi68Ì3. 6t Lokoik. Gott wolle allerdings, daß sein Name<br />
auch von den Weibern ausgebreitet werde, non 3^t6m äo-<br />
cenaci, 86
370 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
Naumburg im Jahre 1610 eine solche besaß, ^) ist es meines<br />
Wissens in Pommern auch im 17. Jahrhundert nicht gekommen.<br />
Die Dorfschule.<br />
Noch weniger als von städtischen Schulen <strong>für</strong> die nicht<br />
gelehrten Stände ist von Dorfschulen im 16. Jahrhundert<br />
zu sagen. Sie kommen nur ganz vereinzelt vor und werden<br />
sich immer nur kurze Zeit erhalten haben. Die ächt evangelische<br />
Erkenntniß, daß man keine Classe von der Schulbildung aus-<br />
schließen dürfe, brach sich, wie oben bemerkt, allmählig Bahn,<br />
zur praktischen Durchführung aber bedurfte es noch einiger Zeit.<br />
Die Kirchenordnung von 1563 thut der Dorfschulen noch<br />
keinerlei Erwähnung; mit Ausnahme des vom Pastor oder<br />
Küster in der Kirche zu ertheilenden Katechismusunterrichts,<br />
der Kinderlehre, auf welche die Visitatoren Acht zu haben<br />
verpflichtet werden. Urkundliche Nachrichten über die Existenz<br />
einer Schule auf dem Lande finden sich daher nur selten, und be-<br />
schränken sich auf das Folgende. An anderer Stelle habe ich bereits<br />
die Existenz einer Schule im Iohanniterordensschloß zu Wilden-<br />
bruch i. I. 1570 nachgewiesen;^) nun war aber Wildenbruch,<br />
vom Ordenshause abgesehen, damals, was es noch heut ist,<br />
ein unbedeutendes Dorf; im Schlosse wohnten zur angegebenen<br />
Zeit nur wenige Beamte, die Schule kann sich also über das<br />
Niveau einer Dorfschule nicht erhoben haben. Noch deutlicher<br />
geht dies aus Kirchenvisitationsaeten von Wildenbruch vom<br />
Jahre 1615 hervor,^) indem es daselbst heißt: „vnd Wirt<br />
der Custer Schule halten vnd die liebe Iugendt im anfange<br />
des Christhumbs, wie auch im schreiben vnd lesen mit steife<br />
vnterrichten." Hier ist also ein Beweis gegeben von dem Vor-<br />
handensein einer Dorfschule; ein anderer findet sich in einer Bauer-<br />
ordnung <strong>für</strong> die Dörfer des caminer Domcapitels von 1595,<br />
4s) Vormbaum, Evangelische Schulordnungen II, Seite 103.<br />
N) Balt. Stud. XXIX, Seite 12.<br />
50) Staatsarchiv zu Stettin: Wolg. Arch. Tit. 63. Nr. 303 und 304.
von Di'. v. Bülow. 371<br />
in der es heißt: „§ 3. Bestellung der Schulmeister in<br />
den Dörfern. Weil man auch leider vernehmen mus, das<br />
die Jugend fehr übel erzogen wird, und weinig von ihrem<br />
Christenthumb wißen, fo haben die Schultzen undt Gerichten,<br />
wan Vaeantien sein, tüchtige Küster oder Schulmeister vorzuschlagen,<br />
denen die Kinder nach Inhalt der absonderlich ausgegebenen<br />
Verordnung zu untergeben, und sie dagegen wegen<br />
ihrer Mühe gebührlich zu belohnen, gestalt den zu desto meherer<br />
Auskommung auch diejenigen, so keine Kinder haben, halb<br />
so viel dazu zu geben schuldig sein sollen. Wan die Schulmeister<br />
wegen ihrer Wohnung und Bleibens oder sonsten nicht<br />
zu Recht kommen ko'uten, wirdt die Obrigkeit- da<strong>für</strong> sorgen,<br />
welcher es angezeigt werden soll."<br />
Allgemeinen Eingang jedoch fand der Iugendunterricht bei<br />
der ländlichen Bevölkerung Pommerns trotz der angeführten Beispiele<br />
aus früherer Zeit erst im 17. Jahrhundert.
372 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
Ì8 D.<br />
Urkundliche Beilagen.<br />
xueris in sedala ^niii<br />
In gl'ini9. olà.886.<br />
(UÌ(;6I'0I1Ì8 H «soll, äturmio 00ii60t.3.6.<br />
In<br />
D.<br />
ÌQ<br />
^oli. (?) ^6(1161-1. ^^)<br />
6t O0Q^'n^3,tÌ0I1U.IN ^jlixtg, Do-<br />
^') Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I, Tit. 110. Nr. 2.<br />
Nxkidiwm Wollin, 18. Iunii 1594.<br />
52) Es steht deutlich «lok. Nsäwi'i da, doch hieß der Bearbeiter<br />
des Compendiums von Melanchthons lateinischer Grammatik mit<br />
Vornamen Nicolaus; er starb 1551 als Superintendent zu Beruburg<br />
und ist zu unterscheiden von dem oben genannten Johann Metzler,<br />
gesi. 1538 in Breslau.
Vt)63l)iii3 roi'iiN in ii8iini 86N0I36<br />
i66t3.<br />
IQ01'3iÌ3 (^3<br />
von Di'. v. Vülow. 373<br />
8 86N0i38ti63.6<br />
P116I-Ì8 IN 86N013 «Iii1ÌN6N8Ì.<br />
0MNÌ11II1<br />
6.Ì080 6886 66^)6t, Iit 3(1 ^101713.111 D6Ì 6t 3(1<br />
666168Ì36 6NI'811IIl 8tiidÌ017NII1 36<br />
DÌ863.t imitili' ÌQ^rìlUÌ8 86ii0i38tÌ6U8<br />
l01it68 d06trìi136 do D60 60NtÌN6t) Iit 8613t,<br />
1Ì8 8Ìt D6118 6t (^U36 8Ìt<br />
ìli 8110 V6I-1)0; 6t ^jHXt3. ìiliid ÌQ V6173. O61<br />
dìi66tÌ0I16) timorO, iid6 6t 1)3tÌ6NtÌ3 IN<br />
D611IN 60i3t, 6t t0ti1N^ Vit36 61117811111 176A3t, N6<br />
dìi66tÌ0N6IH D6Ì 6t ^1-0X11111 k66Ì886 VÌd63ti1I-.<br />
2. U3.N6 (^1118^1118 86Q0i38tÌ6118 ^)r66Ìl)118 P1117Ì8 D60<br />
86 60INM61id6t 0P6U1(^116 dìvìNHIN ^170 8^^10111111 ^611610171<br />
8116668811 l6iÌFÌ086 Ìmpi0r6t.<br />
3. 1^61110 86ii0i38tÌ60I-11ll1 11NH113IQ ÌM.PÌ3II1 31it 60N-<br />
tiHQ6iÌ083II1 31it ^10^3113111 d6 1)60 V6i 1^)81118 V617^>0 6t<br />
IQÌliÌ8ti'Ì8 V066M 6d3t, 86d ^)617p6ti10 D611N1 1I1V066t, IN<br />
0MNÌdi18 ^173tÌ38 3Z3t, ^)1iK1Ì6Ì8 66176ll10NÌi8 ìnt6178Ìt) 638<br />
63N6nd0 017N6t 6t MV6t, 861H7I-Ì168 60nt3diii3tÌ0N68 31it<br />
F68tÌ61ii3tÌ0N68 li1^Ì3t. ^3IN ìl)i 1^)81118 D61, 638d0ri1IN<br />
311^6101711111 36 ^Ì0I-11IN nominimi 60N8^)66ti1II1 V61763ti1I',<br />
3tt6Nt6 ^)1i1)1Ì638 60N6Ì0N68 3NÌlQ3dv617t3.t, Iit 86Nt6NtÌ3N1<br />
86171^111736 83it6IN 11N3IN 3t(^U6 3it6I'3IN 6X 60N610N6<br />
VÌ668<br />
nt617170^3ti18 I-6l61'I-6 ^I163t, od8617V6t 1)173661^)1108<br />
ìì 10608.<br />
4. 866111idi1N1 O611N1
874 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
6t 0i)6dÌ6iitÌ3. 6oi3t 6t ^)666li.tum Iii0lt3,i6 8t3tii3.t 6886,<br />
60IituiH36Ìt6I- 16^68 6t Hi3Iid3.t^ 60ruin VÌ0I3.I76.<br />
5. ^6Ii10 ili ^r6^6m 86Q0ia.8tÌ601'UIH I-66ÌpÌ6Iidi18<br />
6lit, QÌ8Ì 1udÌll10d6173.t017Ì V6i 3. p3.1'6Iiti1)U8 V6i tut0I-i1)118<br />
6. ,<br />
^xt^. Don^tuiQ 6t<br />
6t 6X2.
von Dr. v. Vülow. 375<br />
i) 863.1)656 63.put 3.1it di^it08, 3.111-68 6t Q3.l68<br />
d.6Iit68 8611 863.d61'6 8611<br />
12. InAI-6aÌ6H8 86ii0I3.HI 3.p6lÌHt 63.p1it 6t 1o611N1<br />
8Ìl)ì d68til13.ti1111 06611p6t, N1i11Ì8 di 8 6111-81^)118 tui111i1ti1111<br />
6pitUll1 6X6Ìt6t, III1IIÌII8 8tii6Ì3. ìnt6I'tui'I)6t<br />
Ì3.t. Ili ^)11N6t0 ii0r3.6 PI-3.6861-ipt3.6 81UAu1i IN<br />
83i1iit6 6t 8110668811 8tiidi0ri1II1<br />
13.<br />
86I10I3. 3.1)6886 d6l)6t, N66 81Q6 V6Q13.<br />
8113. VOt^ D60<br />
6ÌVÌt3.tÌ8 6Ar6dÌHti11', N6IN0 6tÌ3.1Q 81N6 V6QÌ3. 86iti1<br />
63.8118<br />
14.<br />
I16N10<br />
V6I-0 ^13.6Ì6IH Q61N0<br />
83>tÌ8 N6IN0 3.1ÌHIQ<br />
15.<br />
6Ä680 3.(1<br />
3.I-63.I13.<br />
63.68118<br />
81iI)ÌQtl'6t;<br />
trÌ8tÌ88ÌM118<br />
Ì0 8118tii1ìt.<br />
1 1 H , 1166 ä6 3.1Ì0<br />
ìli 1iid0 1Ìt61'3.rÌ0 8ÌV6 dÌ6Ìti1I- 8ÌV6 A )<br />
6l1ìlNÌN6t.<br />
16. ^A1'6(1Ì61it68 86I10I3. V6i dONIIID V6i 3.d<br />
6t Q10d68tÌ3. 0rN3.t ^1161^13.111.<br />
8ii6utinm 6t<br />
P ; 6111111 1N3.A<br />
116HK)<br />
17. NÌNÌIH6 d666t 86ii0i3.8tÌ611N1) 3.5 d 6 lì Oli UHI 3.1it<br />
8611I'I-3.I'11II1 3.1it 1'118tÌ60I-11M. 111056 ìli pi3.t6Ì8 611-6111116111--<br />
83.1-6, 1)03.1-6 3.ut Fr3.883.ri, 86d 1H0d68tÌ3.I11 6t<br />
dÌ3.m ndi(1116 ili Ì11668811 6t V68titn ^r3.6 86<br />
18. (Ü0I-3.1N Ii0I168tÌ8 VÌI-Ì8 6t IH3.ti'0QÌ8, Ìt6U1 3.d ìli-
376 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
6t 6^r6881im pr3606pt01'1im 6 80I10I3<br />
803mn3. c1i8oidoi'it 3.11t O3nc1o1Ì8<br />
00Ni1)113861'it, 31it 6tÌ3.m 3.1i(^1iic1 clamili dociorit l6N68trÌ8,<br />
l01'11Ä0idl18, mON8Ì8 31it 3.1Ü8 36ditioii P3rti1)118) 1Hn1ot3.H1<br />
3.(1 r683i'oiondnm d3mniim nnm6i-3iiit.<br />
lidoi'iim 61-it.<br />
20. ^UI-t3.) IH6Qa3.0Ì3) 6drÌ6t38, in1i0Q68ti luäi 3.16-<br />
) it6m ä6P0P1ii3ti0 1i0I-t0ri1111 6t<br />
modi ìndÌA113, l3oin01'3, (^1136 1i3i)61it 3(1^11Q0t3m<br />
6ÌI16IN 6t 111^311113.111) fillio 830riim 006tiilli 8o1i0i38tioiira<br />
minimo äolorm^o d6i)6Qt. ^0iiimii8 6tÌ3.m, ut m6lO3-<br />
tui'3m 6X6lO63Nt 8OQ0i38tioi; 81 filici 3,1tor 3I) 3it6l0<br />
6m6l-6 vo1u61-it) ^limiim ^)I'3,606I)t0I'6m 00Q8ui3t.<br />
21. Ln1ti'08) ^11^101168 3.11t 8Ì038) voi ^1iim1)608 ^1o-<br />
1)08 H6m0 in lüäiim 1it6l3riiim f(;i'3t. ^l?3iÌ3. 3rm3. mi-<br />
1it68 6t 806i6l3ti 81O3.rii loi'1'6 80i61it) I10I1 8ooi38tioi.<br />
^1'U13, 8Oiioi3,8tio0riim 6886 ä6dont lidri, P3PVI-1I8, 03.I3.-<br />
mi18, 3tl-3m6ntnm, (^113.6 86m^)6I' in m3.nil)118 1i3i)63.1it.<br />
22. ^6m0 in)'i18t6 3iium c1ol6I'3t N60 00Ntnm6iÌ08Ì8<br />
N0mini1)118 811^i1i6t; t3.i68 ^3i8Ì (I6i3t0l68 HON 6V3ti61it<br />
P06N38.<br />
23. Dnm Mklioo O3.nitur, vnitn 3.ä i-oIi^Ì0N6m<br />
POI'Ì3Nti1I', 3(1 N0m6N 86rV3.torÌ8<br />
Ü60t3ntui-. In tompio<br />
ÌN000ptÌ0N6m 0MN68 8OQ0i3.8tioi 3O(1113.1itoi' 3,0<br />
03.N6I-6 ä6i)6nt.<br />
24. (U0Ntr0V6I'8Ì36 0mN68 3.(1<br />
ci6l6i-3ntiii-, vinäiota Pi-iv3.t3, 0mnidii8 68t0<br />
00NVÌtÌ3) MI-AÌ3. m3ioäiot3., O0Ntnmo1Ì3,6 6t 8Ìmu1t3t68<br />
Indo 1Ìt6I'3I'Ì0 P61-^)6tu0 6xui6nt. (Hui 3.1ium pni83V6I-it)<br />
8ÌV6 ^NI'6 8ÌV6 1NMI-Ì3. iä ^oorit) ^1'3V1 ^)06N3 oknoxii18 6lit.<br />
25. 86rm0NÌ8 immunc1itÌ3, o1)8O06nit3.t6 6t turpi-<br />
10(^11Ì0 8Ìmp1Ì068 ot PI-0i)08 N6m0 0if6Iici3t. In 1iniv61'81im<br />
ä6 1'6bu8 tui-1)idi18 N6(^116 V6I-N3O1i1o nocino I3,til10 86r-
08<br />
6X<br />
27.<br />
86<br />
1)6tiiiI,NtÌ9X1 a6 ^d8tÌN63,nt.<br />
29.<br />
von Dr. v. Viilow. 377<br />
mono H11Ì8(1110 I0(1113.ti11'. ^v 80riQ0NÌ8 lovitllto 6t lutili-<br />
378 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
„ 12.<br />
., 1.<br />
6. 6l3.mll13.ti63. ?Iii1ip<br />
7.<br />
06t3.V3..<br />
9. 1^061<br />
Q68<br />
3.<br />
6t<br />
2. Vviäiu8 66^1-18<br />
til)118 86(1 I.1Ì<br />
OÌ6<br />
Iioi-a 9. in<br />
" 6.<br />
„ 7.<br />
„ 9.<br />
„ 12.<br />
., 1.<br />
» 2.<br />
0i>äo<br />
Dio (5) filici iQ6lli0i'Ì3.6 ui3.iiä3.i'iiit ex<br />
I>I-080äi3, Domini N6i.<br />
DÌ3l0ssì 83.6I-Ì (Ü3.8t6i1i0N.<br />
87Nt3.X18 ?NÌIÌMÌ.<br />
NU8Ì63., NH18Ì63(1116 6X6l6itÌ3.<br />
«66I-0Q. 6PÌ-<br />
3t0l3.6 60ll66t.<br />
H 8tl1I'INÌ0.<br />
6l3,663<<br />
6l3,NIN. D.<br />
N66l6ri.<br />
I^3.dul. 03,11161-.<br />
^0nl3.1)Iii3.tÌ0N68<br />
H6I-1N. 86Q0t-<br />
t6NNÌÌ.<br />
UHM. QÌO V6tu8<br />
Iwr<br />
6X<br />
H. 6t ? 3. 86Xt3.<br />
^0IN6N<br />
60MP6N6 . N6(11.<br />
?0l-IN1ii3 6 PU6I-Ì<br />
6t N3IUNI<br />
6t)5<br />
DoN3.tU8<br />
i3tÌN0-<br />
Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. I>. I, Tit. 113, Nr. 9.
60N6101iiI)118,<br />
3. oaI16Ì0I1ÌI)I18<br />
3.11<br />
^3 6t F.<br />
H113.1't3..<br />
IN3.11. ä6 t6<br />
68t IU08.<br />
V0H3.W8 I<br />
imt.nr.<br />
l)0Q3.t.<br />
l. 1594<br />
. H6Ì66I1<br />
von Oi-. v. Vülow. 379<br />
3.6668861-int,<br />
1)0tii18 IN<br />
1ìtt61'36 t3IQ i<br />
6t<br />
inti11' 6t<br />
i V063.1it)<br />
(H U Ì11 t H.<br />
81<br />
8, 81V6<br />
Ìii^Il1Ì8 6t<br />
6^1113.11163.6<br />
^ 6t Istillimi<br />
tIÌ36Ìti11' 6t 63t6-
380 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
613.88Ì8.<br />
liora 6. v. O3.vidÌ8<br />
t66N68Ì8.<br />
Ooct.<br />
7. (Ü6rt3inin3 do loco.<br />
9. Nv3.NZ6iii1IN ! 1g.tÌN11IN.<br />
Fr36cu,rn.<br />
1. ()iiidd3ni in<br />
2.<br />
in vro83..<br />
In 36d6IN 83cr3IN.<br />
I^ntn6ri.<br />
VÌ6<br />
6t N3.60 Ilic 81int: ^ 6t (^6-<br />
N68Ì8. It6IN cOAUNtur I3tinc 1ocin3ntui'; 8c,U1'1'3.6 6X3.INÌ-<br />
; in 3)I)86nt68 3niiN3cIv6rtitiii'; 81 non 3niin3clv6i'-<br />
, vix ciuino^uo 8cnoi3.IN ll'6ciU6Nt3.I'6Nt. ^I3nt3. 68t<br />
V6i N3.tnin 8oc.oräi3 in i3l)0I'3näO) V6l t3.nt3. P3.tl-Uin V6-<br />
corcIÌ3. in 6cll163.nclo. (Hl13N(1o t3IN6N t3.i68 t3Ncl6IN 1ÌIN3-<br />
VÌINU8, N3.ucl 6UIN3VÌINU3 ;<br />
8Ì6 N08 N08 86lNj)61' clivo 8Iid6INN8 in iino N00688UIN<br />
68t. Nt 1-6 V6l3. 8nä3.INU3; I)i3.t61'6nt<br />
ÌN63.88U1N 3.1)63.t, N6V6<br />
in N08 tl'3U8i'6I'3t, 6X3INÌU3. äno ^nl)6t6, viri<br />
p6rnniN3ni (c^nod nonäuin ii<br />
1N6N86 N^rtio 6t 86pt6indri N3.I)63.-<br />
V6rnin inn88Ìt3nduni, cenici inMri^rnlli in N06 no8tro<br />
I6^itiino 1NU.N6r6 scUM8 i0gitilN3N1 V063.tioi16IN 3.dniI6 ov-<br />
86lV0, cinid(^U6 tunc t6inpori8 I'68pond61'iin)) l^uo
von ^r. v. Vülow. 381<br />
äti^onäimn 40 li.<br />
20 ü.<br />
30 ü.<br />
i 16 ü.<br />
intra H 8<br />
4 5. V6i 4<br />
6 ^r.,<br />
Aus dem Visitationsprotocoll:^)<br />
Nachdem anch bei der Scholen mercklicher nnvorantwort-<br />
licher Abgang nnnd Mangel in gehaltener Visitation und 6x3.-<br />
mine gespuret, dieselbe an sich geringe von Scholaren, nnd<br />
welche noch vorhanden sein, in 1iwri8 6t moril)^ weinig<br />
oder säst nichtes gelernet haben, dessen Ursack zugemessen Wirt<br />
zum Theile der gemeinen Bürgerschafft, das sie ire Iugendt<br />
daheim nicht woll erziehen, auch nicht fleissig zur Scholcn<br />
halten, zum Theil us die ^i-^c^toro^ das sie weinig Fleis<br />
Staatsarchiv zu Stettin: a. a. O.
382 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
an die Knaben wenden, sich vielmehr uf Mussigganck und Geselschaft<br />
legen, und aber kein Zweifel ist, das durch die<br />
pi-3.606pt0i-68, wan dieselben sich ihres Ambtes mit Ernste<br />
annehmen, der Muhe und stettigen Arbeit sich nicht verdrießen<br />
liessen, auch die iucoinmoci^ und Ungelegenheiten der bösen<br />
nachlessigen Hauszucht in etwas tonnen corrigiret und abgewendet<br />
werden, wirt verordnet, das der Pastor nebenst seinen<br />
colloca nicht allein in ihren Predigten öfters nach zufelliger<br />
Gelegenheit der Scholen und welcher gestalt ^lH606^t0l63<br />
und Scholer sich zu verhalten, ungleichen wie die Eltern<br />
mit guter Hauszucht den pi-^sc^wi-ibug die Hand stercken<br />
müssen, gedencken sollen, sondern auch alle halbe Jahre, nemblich<br />
auf Ostern undt Michaelis im Beisein des Rhades und<br />
aus der Bürgerschaft, so studiret haben, Visitation der Scholen<br />
und Examen anstellen, aller Mengel sich mit Fleis erkundigen<br />
und dieselbe durch geburliche Verordnung abschaffen, wie dan<br />
auch ausserhalb diesem die Prediger und insonderheit der Pfarrer<br />
taglich uf die Schole hinfuro ein Auge haben werden. Und<br />
weil der Pastor Er Martinus Teste Alters halben nuhmer<br />
diesen Sachen nicht allewege nach Erheischen der Notturfft<br />
möchte obliegen können, sol der Capellan Magister Ioachimus<br />
Pahle umb soviel mehr sich dieses Werckes annehmen, die<br />
^)i'H6C6^)t0i'68 aber allesambt ihre Sachen also richten, das<br />
man bei Visitation der Scholen, so mittels godtlicher Hülfe<br />
auf Ostern künftig Wirt gehalten werden, ihre Besserung zu<br />
spuren habe, oder Entsetzung ihres Dienstes gewertig sein.<br />
.
86rV3.tU8 in<br />
von Di'. v. Vülow. 383<br />
. 1595.<br />
6t<br />
ra. 6. äiodiiL 13 F 6t ?1 iìnitÌ8 pi'6oidu8<br />
^>rill13.ni8<br />
D.<br />
,) 7.<br />
), 8.<br />
,) 9.<br />
6t<br />
3.Ii<br />
6X<br />
V6I-0<br />
6t (5 6X^08ÌtÌ0QÌ 6t I^potitioni<br />
n 1. 6t 2. 61^386. DÌ6<br />
6t ?<br />
1^08811, äi6i)U8<br />
QÌ8<br />
0IQI168 IN<br />
O0186Ì0<br />
6t<br />
,, 12. DÌ6i)I18 3 6t<br />
IN6Q836)<br />
6t<br />
I)9.VÌ(1Ì3 79. 9.<br />
, 6t<br />
ti'ÌI)UÌt.<br />
i66tÌ0N6 6X3.NÌQ3.t. DÌ6<br />
^) Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I. Tit. 107 Nr. 1.<br />
Kirchen-Visitation zu Golnow. 1595.<br />
6X
384 <strong>Geschichte</strong> des ponimerschen Schulwesens<br />
,, 2.<br />
„ 3.<br />
1. 6t 2^ui<br />
6UIN<br />
O. ?1ii1ippi PI-ÌIN3.NÌ8 6t<br />
li(^I108 QU8(2n<br />
äimittuntui'.<br />
^i-^tiHi-ura<br />
10008 60IHNUN63 86Iit6IitÌ080I'UIQ V6r8UU.N1<br />
,, 6. ?I-im^ui 6t 2^"<br />
„ 9.<br />
6t<br />
) ^uiiÌ0I'68<br />
,) 12. I^<br />
^1-6668<br />
6t<br />
. 6t<br />
6X<br />
1. 6t 2^"^<br />
r.<br />
V006<br />
Iivl)61'110 7. Köln 86I10I3.8 i<br />
10. 6X6UIit. ?08t IN6I'ÌcIÌ6IQ 3.ä 3^^" U8
8o1vunt:<br />
rum<br />
von Di'. v. Vülow. 385<br />
30 il.,<br />
III<br />
4 AI'. M^OI-68 6t HUI<br />
3<br />
2<br />
06ii3
386 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
6t<br />
NÌ86I-I-ÌII16 tl-itui-^vit 5lNN08 15<br />
86QHtum, ut 6xi^uum Miää^in All monelli 8Ìl)i<br />
QÌ8 8U^P6äita.I'6Iit, 1-68 3.ä 3.äv6utui11 r. ot ei. äll. VÌ8Ì-<br />
t^toi-um proroF^ta. 68t. ?6tit itaciu6 11UN6 odiiix6, 8ui<br />
ut Ii3.I)6^tui' l3.ti0) äamnuiii 88.1'6ÌI<br />
lit, 8Ì !'6V6i'6iic1Ì88Ìiiii) o1aiÌ88Ìmi 6t el<br />
V0iu6I'int.<br />
Excerpte aus demselben Visitationsabschied.<br />
Iungfrawen Schole.<br />
Gleichenvals stehet zu des Raths Vorsehung, eine Iung-<br />
frawenschole mit Gutachten des Pastorn und Kapellans an- '<br />
Missten.<br />
Chor <strong>für</strong> die Schöler.<br />
Der Vorsteher Anschlag, das Zwischen dem Chore und<br />
Kirche über der Erde ein Chor <strong>für</strong> die Scholer solle gebawet<br />
werden, lesset man sich gefallen, mit Erinnerung, das solches<br />
uf künftige Sommerzeit gescheen und alle dazu nötige Sachen<br />
bei Zeit verschaffet werden mugen.<br />
Schole.<br />
Demnach auch dieser Stadt an guter Bestellung der Scholen<br />
mercklich gelegen ist, dazu insonderheit gelerte und steißige<br />
pi-I.666Z)t0i-68 erfordert werden, sol ein E. Rath mit Be-<br />
stellung des Scholmeisters nicht nach Gunst sondern bescheident-<br />
lich verfahren und hiebet anderer gelerter Leute, insonderheit<br />
des Pfarners und Diaken Rhadt gebrauchen, <strong>für</strong> allen Dingen<br />
aber denselben dem Superintendenten zum Examen und Con-<br />
firmation praesentiren, damit nicht ungeschickte untugentliche<br />
Personen mit Verderb der lieben Iugent be<strong>für</strong>dert werden.
von Di'. v. Vülow. 367<br />
Brautsuppe abgeschaffet.<br />
Und obwol vorzeiten, wen Hochzeite gehalten, dem Schol-<br />
meister und Scholeren eine Suftfe ist gegeben worden, Wirt<br />
doch izige Gewohnheit, das anstadt derselben einhält der Matri-<br />
kel 12 Gr. der Scholemeister empfange, zu Verhütung allerley<br />
Ergernus und Misbrauches auch Verseumnus der Scholen<br />
billig beibehalten und bestätiget.<br />
Scholmeister.<br />
Dem izigen Scholmeister Petro Zander, weil er eine lange<br />
Zeit dieser Scholen mit gutem Ruhme und Gezeugnus vor-<br />
gestanden und jarlich nur 30 st. empfangen hat, davon und<br />
andern geringeschetzigen Gesellen ihme zu diesen beschwerlichen<br />
Zeiten nötigen Unterhalt zu haben unmuglich gewesen, derwegen<br />
er auch in Schulde geraten, unter anderm aber aus der Kirche<br />
25 st entlehnet hat, werden ihme dieselben hiemit erlassen, auch<br />
die daruf gegebene Vorschreibung wiederumb zugestellet.<br />
Baccalaureus.<br />
Der Baccalaureus aber sol mit Willen und Einstimmung<br />
des Pfarners und Scholmeisters uf vorgangenes Examen des<br />
Superattendenten bestellet, und ihme alles was die Matrikel<br />
vermag entrichtet, auch die Schole alle halbe Jahr visitiret<br />
werden, und zu Inspectoren Petrus Virchow nebenst Bartho-<br />
lomeus Wendland verordnet sein.<br />
Scholmeisters Besoldung ^)<br />
40 st. Iahrgelt uf vier Ziele, nemblich alle Virteljahr 10 st.<br />
Einn Fuder gut Vrenneholtz ein jeglicher, der Knaben in<br />
der Scholen hat, nicht allein von Einheimischen, sondern auch<br />
von Frembdten.<br />
Begrebnus.<br />
2 Gr. von einfacher Vigilia.<br />
4 Gr. von geduppelter Vigilia.<br />
Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. I>. I. Tit. 107 Nr. 30,
388 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
Brautmisse.<br />
12 Gr., davon der Backlaurius bekommet 4 Gr.<br />
Scholgeldt.<br />
2 Gr. <strong>für</strong> Burgerkinder aus der Stadt Golnow.<br />
4 Gr. <strong>für</strong> Ausheimifche.<br />
V2.oc^1iiui'6i Besoldung.<br />
25 st. Iahrbesoldung, nemblich zu jedem Quartale 6 st.<br />
8 Gr.<br />
1 Gr. zu halben /<br />
2 Gr. zur gantzem<br />
Wohnung hat er uf der Scholen. Holtzung hat er aus<br />
Gemeinem, das die Scholer geben.<br />
Der dritte Pfenning vom Scholgelde.<br />
3 Betten<br />
1 Par Lacken<br />
2 Hauptpfühle<br />
1 Küssen mit einer Bure<br />
IllV6utm-ium der Scholen.<br />
vi-68161-i 4 6t 5<br />
1^08811.<br />
Wirt ihme von den Diaconis<br />
der reichen Caste gehalten.<br />
Andere Version von demselben Jahr. ^)<br />
Schulmeisters Vesoldunge.<br />
30 st. stehendt Geltt von der Kirchen.<br />
Holtzunge.<br />
Ein Fuder Brenholz ein Iglicher, wellicher Knaben zur<br />
Schulen hatt. Also auch die frembte Knaben geben jeder<br />
1 Fuder Holtz.<br />
Begrebnussen.<br />
2 Gr. von der einfachtten Schnll.<br />
4 Gr. von einer gedubbelten Vigilia.<br />
57) Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I. Tit. 107 Nr. 30.
von l>r. u. Vülow. 389<br />
Branchmessen, eine Snppe.<br />
Sonsth hat nichts, ohne was ehr von den Knaben alle<br />
Quarthall zu gewartten.<br />
Eine guthe Stub nnd Camcr ans der Schnll nnd Alles<br />
was darein, hatt der Nahtt gehalttcn nnd fertigen lassen.<br />
Wegen der Brautsnppcn dioit 86n^tu8, die gehöre nit<br />
allein äolioilN'idiiZ) sondern seinen Adjnvanten, die ihme helfen<br />
fingen, item der Cüster. Item nehme Inclilliodoi-Atoi' nnd<br />
fein H(^utoi' <strong>für</strong> die Snppe Gelt, nnd Knaben krigen nichtcs,<br />
daher fo weinig Knaben als andere Bürger helfen fingen wollen.<br />
I^r^oc^tor di(^) es fei Unordnung dabei gewefen, den<br />
etliche haben fie nit geben wollen. Item es fel Nnordnnng<br />
dabei gcwcfen mit Fressen nnd Sauffen.<br />
20 fl. stehende Geltt anß der Kirche, fonsth nichtes, ohne<br />
was ehr von den Knaben zn gewartten,^) ^^ ^^ chlichen<br />
eine Malzeith, fo Knabenn zur Schnlen haben.<br />
1 Gr. zur Halden Vigilicn.<br />
2 Gr. znr gaichenn.<br />
Holhnn^c nnd Losalnentt^) ut sn^i'ii.<br />
Nf der Scholen unterschieden von des ^r^Q(^0s)t0i'Ì8.<br />
Das Holtz nimmet er von dem anderen. Die Schole banwet<br />
der Nhadt, damit haden die Diaconi nichtes Zn thuen.<br />
Den dritten Pfenuiugk vom 8^1^i'io.<br />
Betteu 3<br />
Laken 1 Par , , _. ,.<br />
,..,, ^ gehöret der Kirchen,<br />
yenptpfuhle 2 '^ ^<br />
Küfsen 1 ohne Biire<br />
^0t!in^uni. Es wirt müssen der newe ^i^QOo^tor niit<br />
Tische versehen werdenn, dieser ihige hat nichtes da<strong>für</strong> gehabt.<br />
Item er Wirt muffen Betten haben, weil er unbefreihet ift.<br />
Der Pastor gedenkt anch, vermnge vÌ8Ìt^tÌ0QÌ8 voriger<br />
Abfchiede sol ln'sl^0j)wi' können die Pastoren ^i'^^cli^^udo<br />
etwas fubleviren und relevireu, ^otit. das des auch muge bei<br />
Bestellung des izigeu geruchet und gedacht werden.<br />
^) Den er kngl
390 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
8113.8<br />
DÌ6<br />
8U2.II1 6X<br />
80i60<br />
6X<br />
in sckoig. I60 3.1-^HÜ!161iti1N<br />
Z6rN3.UÌ6<br />
6t r6p6tit3.IIl<br />
IN6M0I-Ìt6I- l66Ì<<br />
60i6Qt. NÌN0I-6 8 V6lO 86611IiäH Vio, 9 8U3.8 i6^I1Iit 166<br />
68t<br />
Hl6<br />
! 6t I-6NÌ88Ì0 86lic>I3.6<br />
N) Staatsarchiv zu Stettin.- Stett. Arch. I'. I. Tit. 120 Nr. 3.<br />
M) Im Text steht oetavam; man könnte auch das vorhergehende<br />
äiiniäig. D0U3. in äimiäig. oetav». umändern, aber immerhin ist über<br />
eine halbe Stunde keine Rechenschaft gegeben.
von Dr. v. Bülow. 391<br />
UH181068, äoilläs 80160 Olirà 1N3^0I'iI)118, Olim 3,d81Iit) 6X6l-<br />
citig. m 1181068 il18titl161'6.<br />
HÌ8<br />
. D6ÌN6.6<br />
3. PI-ÌN3. 1180^116 3.d 860UIid3.U1 ^1iid3.I11 6X<br />
mi N0 rii) 113 0^113.6d3.II1 V003.1)ui3. 6X<br />
VÌ0Ì88Ìm IN6I1101'it61'<br />
3.6. t6rtÌ3.M lprilH0<br />
) 80i60 ÌI1Ì8 äialo^iHQ 86-<br />
6XP0I16I-6, 0^113.111 6XP08ÌtÌ0Q6IQ r6ä-<br />
Ì8 Ut 80ii0i3.6 1-6INÌ88Ì0.<br />
DÌ6 1180^116 ad 00t3.v3.ni<br />
1180^116 3
392 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
8113,8 i60tÌ0Q63. ^1i6it3. t6ltÌ3. ilt ,<br />
Ilio oräo 86I-V3,tiir 6tÌ3.m 6Ì6l)118 V6U6rÌ8.<br />
Dio Z^tm-QÌ 3, 86ptilH3, 118(^116 3.6 0ot3.v3.ni IQ3^0I'68<br />
6ii68Ìi1 (ülivtroi, lliÌQ01'68 V6l0 03.t6oiiÌ8I11UI11<br />
ri. D6Ìncl.6 3,1) 00t3.V3, 118(^116 3.ä 110N3.IH 80ltÌN3. 6V3,N^6iÌÌ V6r8Ì0I16, I-6^6t0, mÌQ0r68 VOlO 8113.8<br />
3,6. V68P6ltÌH3.8<br />
3.1Ì3. 6t 8P60Ì3.1Ì3, ^ r 3. V 3, IU.ÌI13,<br />
80ii0i3.6<br />
1. Es ist die Schole mit dem Dache undt Bodem ubell<br />
versehen undt hat nicht tonnen, wie offt auch darumb angehalten<br />
gebessert werden, dar ein Insehen zu haben ist.<br />
2. Es gehen die Knaben unfleisich zuhr Scholen, fornemlichen<br />
des Sommers, den alsdan müssen W^ eins Theils<br />
die Gußelen, eins Theils die Schweine, eins Theils die Kelber,<br />
eins Theils die Kühe, eins Theils die Ochsen hüeten, eins<br />
Theils müßen die Pfluch treiben, sodald sie nur etwas erwacksen<br />
sein; wehre woll notigk die Bürger zu vormahnen, das<br />
sie ihre Kmder etwas flelsiger zur Scholen heilten.<br />
Besoldung.<br />
3. Es hatt der Scholmeister alhir nicht mehr Besoldung<br />
als nur 10 fl. stehende Gelde, welche e. e. Ratt ihme geben<br />
mus, undt saget ein erbar Ratt, das snlche 10 fl. sie dem<br />
Scholmeister hirumb geben, das ehr ihnen im Gerichte aufswarten<br />
undt schreiben mus. Hatt also, das ehr in der Kirchen<br />
6l) Staatsarchiv zu Stettin: a. a. O.
von Di'. v. Vülow. 393<br />
des Sonnabendes unnde Sontages singen mus, aus der Stad<br />
von den Bürgern noch aus der Kirchen nichts zu heben, welchs<br />
unbillich ist, nachdemmahle derselbe, wie Mattheus meldett<br />
Cap. 10, so dem Altare dienet, von dem Altare leben soll,<br />
derwegen die Herrn Visitatoren Anordnung machen wollen,<br />
das der Schulmeister <strong>für</strong> seine Auffwartung in der Kirchen entweder<br />
aus der Kirchen oder von den Bürgern eine pillige Belohnung<br />
bekomme, das ehr sich desto beßer erhalten könne.<br />
Tisch.<br />
4. Es hatt vor Zeiten der Scholmeister bey den Bürgern<br />
einen freigen Diß gehabet, welchs meine Hnt606880i-68<br />
abgeschaffet; ist solchs hinweider, nachdemmahle sich einer von<br />
10 st unde achtehalben Schffl tzabern nicht rechte woll erhalten<br />
kan, anzuordenen.<br />
Korb.<br />
5. Es ist auch der Gebrauch gewesen, das der Scholmeister<br />
mit dem Korbe die Knaben umbgeschickett, welchs auch<br />
noch also gehalten Wirt, aber die meisten Leute die Knaben<br />
mit groben spottlichen Worten ablegen und ihnen nicht geben<br />
wollen.<br />
Holtz.<br />
6. Es bekummet der Scholmeister nicht mehr des Jahrs<br />
als nur 4 Fueter Holzes, wen ehr dan damit seine Steube<br />
nicht wahrm halten undt dazue von den Knaben kein Holtzgeldt<br />
bekommen kan, ist die Verordenung zu machen, das der<br />
Scholmeister mehr an Holze aus der Stadt Holzung bekommen<br />
muege.<br />
Will nicht zweifeln, die Hern Visitatorn einen armen<br />
Scholdiener in Acht haben werden.
394 <strong>Geschichte</strong> des poinmerschen Schulwesens<br />
iiiiiZterii et 86Q3.tii8 duo g.küxg.6, 11t<br />
ioi Q08ti'i olüoii 8111 3.äm0ii63.iitiii') nee ^UÌ8, ^uo 86 ex-<br />
V6I-8118 1^.06. (3ooi61iii: ^^)<br />
i 1601.<br />
(Ü6I-6118 6886 03.V6, 0111 tl36it3 Z6XÌ1Ì8 3.6t3.8,<br />
O . 1.<br />
(^0IitÌQ6I18 16^68 36 pÌ6t3t6M p 6 l ti II 6 II t6 8.<br />
1. (Aliili ÌQÌtiiiIII 83pÌ6IitÌ36 8it tìMOl 6omìuì, P16-<br />
N08tl-08 80ii0i38tÌ008 8tu661'6 3Iit6 0IQI1Ì3 V0ii1IH118.<br />
2. ^. ^>r60Ìl)118 6I-F0 8tii6Ì3 6t 30tÌ0N68 81138 IU3I16<br />
0r6Ì3,nti1I-) 6t Olim PI-66ÌI)118 V68^6li ÜQ131it, 86i6nt68,<br />
81Q6 ^Iixilìo 6ÌVÌI10 0IQI168 81108 60Q3ti18 6t 13,I)OI'68 loi6<br />
irrito 8.<br />
3. Ltudioriim 3iit6in pr36oipmiin lioo 8Ìt, ut OM1168<br />
6t 8ÌQ^1i1Ì 6X 1ì!)6i1Ì8 63t6oli6tioi8 D. 1^utti61'i 6t<br />
6t ^6lI113IiÌ66 8Ìl)Ì l3mÌ1Ì3I-Ì88ÌlI16 I10t3 l6663Qt 6t,<br />
Iit ^)Ì6t38 ÌQ 6Xt6lQÌ8 OP6I-ìdi18 1uO63t, 6NÌt3.Iiti1I-.<br />
62) Staatsarchiv zn Stettin: Wolg. Arch., Tit. 63, Nr. 197, vol. 2.<br />
n) Nud. Goclenius (Gockel) der Aeltere, geb. 1. März 1547 zu<br />
Corbach, namhafter Philosoph und Schulmann, dessen Werke, darunter<br />
auch Gedichte, einst von bedeutendem Einfluß auf die Bildung der<br />
Zeit waren, jetzt aber nur noch historischen Werth haben. Allg. Dtsche<br />
Biogr.
von Dr. v. Vülow. 395<br />
4. ^rollii) 6111118 61'A0 1)1^8p1i6Niia8^ dii'3.8 i<br />
ti0N68, Mr3.ll16nt3.) IN3.^Ì3.U1 3.1Ì080^116 11011111118 divini 3.1)-<br />
118118) IN6nd3.6Ì3. it61N) 601iviti3., 1ii)idin68) 860rt3.tÌ0N68)<br />
lurtH) 1i1)6i1o8 53.INO8O8, 60N8pìi'3.tÌ0N68 6t6..<br />
60N1N111NÌ ^11^6 116^3.8 6886<br />
81<br />
V6i<br />
d i t P6r 110IN6I1<br />
V6i 86 V6i<br />
5. 68t<br />
6. In<br />
7. In<br />
8.<br />
Q66<br />
V6NÌ3,<br />
ili<br />
6t<br />
601-P118<br />
81116<br />
9. 6t<br />
IN<br />
, 86V61'6<br />
M) 0IHN68<br />
ut 6t<br />
d 6 e limi) 61'6 I-61ÌAÌ0 ^1<br />
'6) 1166 V6i Ìli VÌ6ÌriHIH<br />
6886 1Ì6Ìt^6. m<br />
in 8110 ordino 8ÌNA1iiÌ 8t6nt) MV6N1U8 ; Hiii 866118 laxit,<br />
10. 0lNN68 8Ìnt in.8tl-116ti iidi'18 non pl-olan^ 86d<br />
'Ì8) 1itp0t6 p83it61'ÌÌ8) 6t Ü8 (^111 60NtÌN6nt 63.1itÌ0N68<br />
Ì V6i 1)ÌH8 p1-663.tÌ0N68) 6X<br />
11. Int.61'<br />
ti 6t<br />
8Ìnt 8Ì<br />
^08t 60N6Ì0N6N1 10608 ^<br />
tr3.6t3.tO8 6t ^1'3.66ÌP113. di6t3. 6X60pt3. NOiint<br />
1N6N10I'Ìt61' 1'66Ìt3.r6. lHu0d t^iii NON<br />
1)06113.8<br />
, 8686-<br />
) Ilt<br />
60N6Ì0116
396 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
12. Olim 830l3. 1-68 P61'3^iti11') V61"6011Iid6 d606t<br />
d3t0 03^)it6, 1H3Iii1)118 ^6di1)118(^116 MN0tÌ8, 00U-<br />
1Ì8 1)6116 00IU^)08ÌtÌ8 6t Ü6X0, 011IH 1'68 P03tiii3t, P66.6.<br />
IQPI-ÌMÌ8 V6l0 ß6Q11 kl60t6Iidi1II1 68t, 0UII1 Üt N6IitÌ0 Q0-<br />
IQÌI1Ì8
von Or. v. Vülow. 397<br />
4. In 86I10I3III 1'666pti l^liot^liot 81int,<br />
tiI)U8 6t PI-Ht^Optori 1)118 8661inäiini d611N1 0i)06dÌ6litÌ3IN<br />
6t 1'6V61'6ntÌHIN li6l)6I'i. ()iiil)118 (11iÌ8l11iÌ3 V6l odnmrniii-<br />
1'3V61'it V6i 601itl'3dÌX6I'Ìt, V0i 8686 0PP08116I-it, 81116 dÌ8-<br />
6liniin6 VÌ1-AÌ8 6t 63r66r6 6X M6rit0 p11NÌ6tur.<br />
5. (Hiiidi18 PH6d3.^0^I3 60N1N1Ì883 68t, it<br />
tÜ8 VÌV656 V0inmi18, 116 I16Fl<br />
, 86(1 ìli 0N1NÌdi18<br />
6t 0lti6Ìa I'6V6I'6nt6r 6XQÌ^6HNt, 00^itl^nt68, Hii^ntilIN 8it<br />
, ^110(1 ìiioriiNI 1ÌI)61'3
398 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
12. ^1i1In8 ÌN<br />
I-Ì3.IN, 3.11t 60IH03 3.IÌ3.8 (^110^6 P0t3.n6i 63.1183. 63.t; da-<br />
NÌ1)118 3.1it6IN 6t I06I8 8118p66tÌ8 0I11QÌQ0 0INN68 3.1)8til163.nt.<br />
13. 8i)60t3.0u1Ì8 ^)1i1)1Ì6Ì8, (^U3.1Ì3.611I1(^116 63. 8Ìnt,<br />
6N0l6Ì8 Ìt6m N11ptÌ3iÌdi18 N08tl08 3.1)6886 V0ii1N1118. (Hiiì<br />
t3.IN611 Q0N0I-18<br />
1)113 3.6. ^)I-3.666^t01'68 3.1i3.tÌ8,<br />
6t H10ä68t6 ìcl f3613.t.<br />
14. N p1id1Ì06 6t äOllii ÌQ 0ll1QÌdi18 8UÌ8 H(;tÌ0IiÌl)118,<br />
t U6I-Ì P0t68t, 1i0Q68t6 86 86ii0i3.8tÌ6118 ^6l3.t, 1160<br />
l3.613.tv6.<br />
01)8606111 V6i IH<br />
15. N6(^iiii'ìiiiii8 in V68titn 1n06.68ti3.1n<br />
6Ì.6IQ, Ilixnm ìmpr0l)3II1U8. I^ii608 3.1tO8<br />
111^6X08, 63.16608 l6Q68tl-3.t08, 20Q3.M IIiÌiÌt3.I'6IQ 8611 3.1i1Ì6Ì8<br />
60QV6IiÌ61it6IQ 3. ^<br />
3.1it6II1 ^r3.66Ì^)ÌlI1118) Iit 86ii0i3.8tÌ6Ì V68t68 8U0<br />
60HV61iÌ6Qt68) 1i01168t38, 3,6 ^611113. 66INÌ883.8 8Ìi)Ì 60IQP3.-<br />
t) V6i 3. ^3.l6Qtì1)113 P6t3.Iit, 01HI16II1l^116 luXiim, 16V1-<br />
) ^I'1)Ì3.II1 66t63t6Qti1I'.<br />
16. Nxtl3. ^U8t3.8 6t i3.X3.m6QtÌ8 6.3.t3.8 Ii0I-3.8 Q6IQ0<br />
0IQI1Ì110 iii^Ht. Nt c^1iÌ66m 1u8118 t6IQP63tÌV08 I10Q IN<br />
60Q8^66ti1 1i0mil111ll1 H110I-11II1VÌ8, 866 IH 1060 86IQ0t0 U6rì<br />
V0iimi118, 116 (^1113 Ì11Ì8 0K6Ii63.ti1I'.<br />
17. 1^11811111 6ii3.I-t3.6611ll1) 3.163.M, 60IN1N1it3.tÌ0I168,<br />
Ìt6IH V6Ii6ÌtÌ0Q68, 60Q3.tÌ0Q68 6t 8ÌlliÌi68 60Qtl3.6ti18 0M-<br />
QÌI10 l6I'l6 U0iniH113.<br />
18. ()iiì V6^0 866118 l666rìt 6t Vyi 6i)I'Ì6t3.tÌ8 V6i<br />
ti11-PÌ8 86riH0NÌ8 3Ut l3.6tì 60QV16tU8 ln6lit, 3.1it V68t6<br />
IQ3.16 60IH^)08Ìt3.) 3.1t6r0 P3.11Ü 8ÌN11 Ili8^101111111 3.1it 83,-<br />
t6i1itimi 1110^6 ìli 1111II16I-I11I1 I-6Ì66tO) ^3.616 3,1it IQ3,IiÌi)118<br />
I10Q 1otÌ8, 116(^116 P6X0 63.PÌ110 3,1it 63.166Ì3 Q0Q ^11^3.^8<br />
ÌN ^)1i1)1Ì6111I1 ^I-o6Ì6lìt, 6i3.II10I'6) 6Ì361ir811 6t 8ÌmÌ1ì 86UI'I'Ì-<br />
1ìt3.t6 Q0INÌN11I11 3.1Ì0I-11II1 3
von l^i'. v. Vülow. 399<br />
19. ?r0t6otnrii8 P6r6^r6 i1nm.6di3.t6<br />
^ 03.U883.8 08t6nd3.t ot 3.1)6nndi 1Ì06ntÌ3t.<br />
3. 8n1) pr60Ìt)N8 6t 1ootÌ0N6 03.t3.i0A1 t3.rdin8 V6NÌ-<br />
6nt68 VÌI-F3. 6X0ÌpÌ6Ntnr; roli^ni, 8n1) PI-3.6i60tÌ01n1)N8 31it<br />
r6P6tÌtÌ0NÌi)N8 (^ni V6N6lÌnt, N3.tÌi)N8 P06N3.8 1n6Nt.<br />
4. (Hill N6^1i^6Nt6r 3.nt 80N1N0i6nt6r 8tndÌ3> tl30-<br />
t3.v6i'it 3.0 i-3.ro 8OQ0I3.1N in^r688N8 fn6rit, pr0 rn6in1)ro<br />
80I10I3.6
400<br />
6xoit6t an<br />
t61'3.t, 866.<br />
<strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
V610 6t<br />
ili ad nu^Ì8 6t<br />
) 6t<br />
1idl'08 Q3.1)63.t.<br />
7. Iti ludo 86(i6N8 3.(1 3u6i6n63.8 8 6Q3.rt3.II1<br />
, ut<br />
, 81 notati!<br />
' in<br />
8.<br />
6t<br />
Nt9<br />
9.<br />
10.<br />
8Ìt<br />
11.<br />
6.066U8<br />
6t IQ6II10I'Ìt6I'<br />
6t<br />
13. (Hui<br />
8Ì<br />
ut 86IQP6I' 3.1Ì38, 8Ì6<br />
6t<br />
, 86(1<br />
6886<br />
6t<br />
6t 68t,<br />
I-6p6tìtÌ0I16<br />
6t<br />
6x^)1Ì63.tÌ0U6m<br />
816<br />
, ^QÌ8 Notati 1)Ì3 V6i t6l, VÌ^Ì8 6H6(i6Iitui'.<br />
14. (ÜUM 63.QtÌ0Q68 iiUQt ìli i6CtÌ0UUIIl iQ<br />
unanimi V066 63Q6Ql1uiI1 68t. I^HIQ (Minium i<br />
6t 60Qi'688Ì0IiÌ8 3.6. 0U1I168 8ÌQ6<br />
V6I-0 8UK ^)I-66Ìi)U8 3.11u6 6^6lit, Q6HU6 8U3 6UIQ<br />
8Ì1)Ì I<br />
V0t3. 60I1MI1X6I'Ìt 6t V6i tumultuili 6X6it3V6I'Ìt, V6i CUlll<br />
3.1Ì0 t)0ii06UtU8 lu6lit, P06N3.8 63.1)it.<br />
15. In 6X6UQ60
von Dr. v. Vülow. 401<br />
81N6 P1':i666pt0iuui V6N13. 1i66i)it), ^U61' non 6i^1N6t, N0N<br />
1itlß'6t, 8ti'6^)ituni non N10V63.t, in NiO16IN 86UI'I'3.6 V3.^U8<br />
NON 6X0I'I)it6t, 866 8Ìi6NtìuiN 6t^ Nio668tÌ3Ni IN 6UI160<br />
36 i"61'3.t, 6t 6UIN 6U8to6l0U3<br />
N0N<br />
16. Domi 86 60NtiN63.t, l66ti0N68<br />
tt 1166 P61' p1a.t6H8 06Ì08U8<br />
NÌ8Ì 601N68tÌ611IN 3.1i<br />
6NÌ1N 1'6p6tìtÌ0N6 86 6X<br />
17. (Hui 9<br />
, 6X<br />
18. 8i<br />
68t 60MN111<br />
8ÌV6 IN 86NOiH 8ÌV6 Ìli<br />
Q0N68tHt6 N0N PUAN6t,<br />
PU.I08 01)0661^6 V0iuiNU8.<br />
6t<br />
19. (^U8t06iI)U8 68t0 N06<br />
MÌ88I1M, Ut 866U8<br />
20. 8it 6t N3.66<br />
Ì8) Ut 8Ì<br />
IN<br />
p088U1it,<br />
6t 1060.<br />
21.<br />
0N1N1N0<br />
, 6UN1 66l6r3Nt 3.6<br />
66 ^)06N3. 61'ìt ^)1'0<br />
6t<br />
6t IN 3<br />
6t<br />
ili<br />
d6t 86Q013.8tÌ6U1N, (^UÌ ili<br />
6 86 V0il1lNU8.<br />
6UIN<br />
Q08pitiu.N1<br />
6t<br />
6Ì86Ì-<br />
86611I0 601N-<br />
duiQ8, 3.6 8U0<br />
6t N0N68tÌ8<br />
QN-<br />
6t6.<br />
NU6 6t Ìli<br />
22. ?06NA8 ttÌN6t, 8U1it 63.6 Ìli Q3.6 1108^3.<br />
86N0I3: ^1)3.6U1U8^), vir^3.6, 631'661' 6t Ì^N0NiÌnÌ083> 6X6iu-<br />
8Ì0. Ü38 0l)066Ì6Nt68 6Ì8611)u1Ì, NON 68t 6U1' IN6tu3.nt. 1^0-<br />
") Ist wieder ausgestrichen.
402 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
Q0I-11II1 6niin, äili^6ntiiini, 36 3.1Ì3.8 IN0I-ÌZ6I-0I-I1IN 3.60^68-<br />
66ntuni, NÌ8Ì 6X ^I-03.6r68Ì ^)6663.V6I-int, 6ti3.ni in P06N18<br />
Q3.I)6ditm- l3.tÌ0. I11Ì3 3.nt6in, c^ni P6tni3.nt68 6t 60ntn-<br />
IN3.668 61-Ulit, incito t6ll'01'i 8unt, i11i8t1116 ^06N3. 6X3.-<br />
t, 18 VI<br />
, 61<br />
23. ^61110 H1it6ll1 60^it3.dìt, 86 6011^3. Q3.8<br />
86<br />
l3,6ti1I-11II1 ; culli t3.i68 8Ìnt, (^113.8<br />
VÌI-W1Ì8 8tudÌ08118 ^)I-3.66UUt6 tÌlQ0I-6 äoinini 81I16<br />
^ omìni N08tl-Ì<br />
068 PI-663.IN11I-, Iit 8PÌI-Ìti1 8U0<br />
601-6.3. Ü66t3,t 6t r6F3t, Iit<br />
116 16A11IN 6X661itÌ0N6 8it<br />
. 4.<br />
lÜ0Iitil16I18 16^68 ^I°0 6 3.11 6 ntì 1)118 IN 6li0l0<br />
IN 11. 81 6 0.<br />
1. ?1iI)1Ì66 ÌN Q3.6 6ÌVÌt3.t6 86Q0i3.8tÌ60I-11IN 63.116t<br />
N6IN0, N66 xilolo 1N118Ì60 86 ÌNA6I-6t, N181 6111 3.<br />
86N013.6<br />
2. I^66ÌpÌ6nti1I- 3.1it6IN 3, ^I-3.666pt0rÌdi18 IN 63.N6Q-<br />
tillIN 6Q017UIN 86N0i38tÌ6Ì, (^111 NN^'i18 81int 86N0iH6 N16IN-<br />
1)1-3,, l^iiorilIN 6t t6U1iÌ8 l0lti1N3. ^)61-8^)66t3. 6t N10r63 PlO-<br />
I)3.tì 51161°!^) 8ÌV6 ^6l6^I-ÌNÌ 8int 81V6 61V68, (^111 ìli<br />
3. I^666^)tì 86 0l)1ì^3.t08 6886 86Ì3.nt, Iit 63,ntÌ0N68<br />
6t 6666Nt6r 63.N3.nt.<br />
4. L0NK8 63.ntÌ0N63 Iit Q3.V63.nt, PI-H666pt0I-68 81108<br />
60N8ni6Nt, (^ni (^113.8 6N1V18 t6INP0I'Ì 6t 1060 60NV6N16Nt68<br />
6t 3. 13.86ÌVÌ3. 6t i6VÌt3.t6 U13.XÌIN6 3.1Ì6N3.8 Q0V6I-ìnt, 3.NQ0-<br />
N0N
von Di'. v. Bülow. 403<br />
5. 15oot6 ut 03N3Nt) 8ÌN^uiÌ8 äioI)U8 8 ot<br />
2 N0N161'jsii3N3 in 80N0I3 oxoi'oitiuni 03N6ndi insti tuoni,,<br />
ut o3ntÌ0N08 8Ìi)i 53^^131^68 I'6(1ä3nt. ^ (^uo oxoi'citio<br />
Q61N0 impune 3doi'it.<br />
6. Dooontor 03N6Nt, 81 oio^3ntÌ30 8tuäu6I-int; l)03tu<br />
6t oi3.N10l6 ru8tic)0 3.d8tinu61-int: in p1^t0Ì8 N10ä68t6 in-<br />
068861'int; odvi()8 (^U08^U6, 81 ^0N01'^tÌ0I'68 8int,<br />
P088int, 8tuaÌ086 vit3>V6rint; ino-<br />
6886, N0N 80<br />
7. läoiN 8ÌI)Ì 0^861-V^näuN^ 6886 ,<br />
(^U0tÌ68 Voi ÌN NUptìÌ8 Voi in N0N68toi'UIN Q0IN1NUIN CON-<br />
VÌVÌÌ8 03>N0r6 ÌP8Ì8 P6I'INÌ88UIN 5u61'it.<br />
8. l)u0tÌ68 0NN6nduiN 6I-Ìt, H(I äiotuNI ot 00N8U0tuiN<br />
t6N2NU3 in 80ii0i3i 0INN68 3>äorunt, ut^U8t0 0laÌN6 ä606Nt61'<br />
una. inc^6 6X6 ANt.<br />
9. I^läo V0NÌ6Nt68 inuiot^uuntur. H^86Nt08 toto<br />
10. ^6 oiviuin HNÌIN08 H 80 3.d^1ion6nt, oppiduin<br />
in äu3.8 P^rto8 divid6nt, por HUQ8 3,1t6rnÌ8 VÌ6ÌI)U8<br />
11. I^koi-6 oa.non6.i ^)6r^ot0, oitlH lli0l3.ni<br />
Ü01NUIN 8UHIN I-opotot.<br />
12. ?60UNÌQrN in p1^toÌ8, NUptÜ8, 00NVÌVÌÌ8<br />
P08t61'0 6Ì6 voi rootori voi o^ntoi'i i)0N3> 26.6 totani<br />
on^oront, (^ui oa,ni, nnitÌ3 8ÌN<br />
intoi' ij)808 6i8tril)uont.<br />
13. l'oi'tionoin ^UÌ8(^U6 8U3.N1 in äi8triuuti0N<br />
rooto oolioo^it, 6t 03.IN voi in iidl-08 voi V68t08<br />
O0nvoniont08, voi<br />
3utoin in ^3
404 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
16. 1^3.656(^0 CQO^i 8611 r6^6nti cl6M3,nä3.I)itui' 6t<br />
il-6eti0 6t iiä6li8 ÌQ8P60tÌ0.<br />
17. 18 i^itul, c^u 0861111(^116 V6i 3. 63.N6I1(1i 6X6roiti0<br />
V6l 3. O3.nti1 pudlico 3.1)6886, V<br />
in 63.nt3.u6.0 83,6^1118 3.06I'I'3r6,<br />
81<br />
6t<br />
6<br />
L<br />
18.<br />
2. 6t t6rtÌ3.QÌ8.<br />
1)3.I'V1ii08.<br />
In t6mi)0 3.näi-<br />
6, V6i<br />
t, 608 Ì<br />
l.P. 5 6t ultimi.<br />
8.<br />
tìiHN, 6X H11063.N1<br />
I^088Ü.<br />
8ÌQ I^.11Q^ii 6t<br />
(106^1113.6<br />
O3.t66QÌ8IQ. IN 3.<br />
81IN 3,1iäit.<br />
! 9.<br />
(Ü3Nt0I' 601I0H11Ì3.<br />
(?0I'(i6I'Ü.<br />
I)i18 60ii6^i8, 6t<br />
8ÌFN3., 3.V86Nt68<br />
6i388ÌI)i18 6X3.MÌ"<br />
3.I)86Nt68 6to.
8110<br />
von Di'. v. Vülow. 405<br />
19. 6886^ V6i V68tìtu IM-<br />
iä^ro 66pi'6Q6ii(l6i'iiit)<br />
M118Ì00 6xo1i1(i61it, (^t P1'0<br />
9.1Ü8<br />
Ì11Ì6itÌ8 P66U-<br />
6X0688U8<br />
P0611Ì8<br />
20. ^lulot^m (ut ot p01'tÌ0110M oorum, 0^111<br />
'68) 116<br />
01'6ÌI161I1 16 6 ti 011 um in il H o<br />
12.<br />
(ÜMitor 111118163,6<br />
Ilit6rilii Ìli t6Mpi0<br />
MUIH(1Ì86Unt, PI'3,6-<br />
0Ìl16Nt6 PU6I-0, in-<br />
0u8toä6 86U I^)'P0-<br />
(U^iitor 3,8861'ÌVÌ<br />
turn, ut tr3ii886i'i-<br />
1.<br />
I^66t0r V6i Nur-<br />
II16iii V6I-8U8, V6i<br />
V6i Nviäii<br />
3.1il^U6U1.<br />
librum<br />
1' 1iÌ3<br />
01111 UN<br />
l.HÌ8 6t<br />
2.<br />
piii'3,868
406 <strong>Geschichte</strong> des pommerschett Schulwesens<br />
1^661<br />
63.IN<br />
(1^.13,<br />
PN6rì1Ì3..<br />
0l18i<br />
108.<br />
(Ü3nt<br />
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408 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
Schulordnung nnd Instructiou<br />
des Raths von Stettin<br />
<strong>für</strong> die deutschen Schulen. ^)<br />
1623.<br />
Demnach auß angestalter Visitation der Teutschen Schulen<br />
befunden, waßgestaldt eine gerauhme Zeit unterschiedlich Winkell-<br />
Schulen eingeschlichen, die Knaben gahr confuse unndt zwar<br />
von etlichen in lateinischer Ssirache instituiret unndt also der<br />
ordinar: Stadtschulen die Iugendt endtzogen worden, will E.<br />
E. W. Naht zu Auffhebung solcher Konfusion unndt Unordnung<br />
einzig folgende Persohnen, alß nemblich den alten Martinum<br />
Schencken, Georgium Tröbitsch, Iohannem Hövisch unndt Lau-<br />
rentium Bernefeur zu Schreib unndt Rechenmeisternn, Ioachi-<br />
mum Iabell, Balthasar Weßell, Iohan Reuttern zu Schuell<br />
unndt Scbreibmeistern, Georgium Hinzen aber, Küstern bey<br />
S. Nicolaus, item Samuel Pontanum, Matthiam Kühnen,<br />
Küstern bey S. Gerderutt, unndt Andream Zopfnernn aufs<br />
der Oberwicke, dergestaldt bestettigett habenn, daß diese vier<br />
lezten die Iugendt einzig im beten unndt lesen instituiren unndt<br />
diejenigen, so schreiben unndt rechnen wollen, zu den anderen<br />
Meistern verweisen sollenn.<br />
Wegen Valentin Boninges, welcher furm Ihar zum Ver-<br />
such angenommen, foll nach Ablauff deß bewilligten Ihares<br />
mittelst gebührender nachfrag ferner verordenung erfolgen.<br />
Unndt wirdt hiemit obgemelten Schulmeisteren anbefohlen,<br />
nicht allein beigefuegter Ordenung sich gemeß zu bezeigen, fon-<br />
dern auch auff alle einschleichende Winkell Schuelen fleißig acht<br />
zu habenn.<br />
Staatsarchiv zu Stettin: Stett. Arch. ?. I. Tit. 132. Nr. 131
von Dl', v. Vülow. 409<br />
Daß Salarium aber betreffendt, sollen die Alfabetarii<br />
jedes Quartal 12 gr, die anderen, so schreiben unndt lesen<br />
lerncnn, 24 gr, die ubrigenn, so im rechncnn nnndt schreibenn<br />
unterwiesen lverden, 1 fl 16 gr, unndt ein Iedtweder zum<br />
Holzgclde 4 ßl entrichten mit dieser angehengten Clausula,<br />
wan gleich daß Quartal von den Knaben nicht abgewartet<br />
wirdt, soll nicht desto weniger das ganze Quartal wie Rechtens<br />
abgestattet werden.<br />
Damit auch die iu8titutio so viell desto fleißiger geschehe,<br />
hat ihuenn E. E. W. Rhatt die ordinar bnrgerlichen Unflichte<br />
als Schoß unndt Wachgeldt remittiret. Decretum in Senatu,<br />
25. Iuly Anno 1623.<br />
Ordnung nttdt Instruction,<br />
welchergestalt in den Teutschen Schulen die Jugend<br />
hinsühro zue insti tu iren.<br />
1. Zum Ersten verordnet E. E. W. Naht, das die Teutschen<br />
Schuelmeister teglich sechs Stunde, als vonn 7 biß 10<br />
Vor- unndt Nachmittage von 12 biß 3 Uhr, außgenommen<br />
deß Mitwochs unndt Sonnabents Schuel halten, die Schule<br />
aber mit dem Gcbette anfangen unndt schließen soll.<br />
2. Von Sieben biß achten Vor- unndt von 2 biß 3<br />
Nachmittag soll der Morgen- unndt Abendtsegenn sambt einem<br />
Theill deß heiligem: Catechismi mit der Außlegung deß Herrn<br />
Lutheri von ihnen scmbtlich gebettet, hernach einer jedesmal!<br />
furgenommcn, auß dein Catechißmo examiniret unndt, do Zeit<br />
übrig, ihnen die i)33.1ini D^vidÌL nach der Ordnung wie sie<br />
folgenn teglich 1, 2 oder 3 Versicnll furgebettet, unndt waß<br />
sie des vorigen Tages gelernctt, immerzu, weill die inOinoria.<br />
der Kinder äsdiÜZ ist, repetiret werde.<br />
3. Die übrigen vier Stunden sollen vollenkomblich zum<br />
26
410 <strong>Geschichte</strong> des pommerschen Schulwesens<br />
Lesen, Schreiben unndt Rechnen nach eines jeder (!) Kindes<br />
Gelegenheit angewendet, beim Lesen aber in Acht genommen<br />
werden, daß man den ^1pk3^6t.3.i-iÌ8 jedesmall nur zwey<br />
Buchstaben auffgebe, wan sie dieselben gefaßet, mit Wiederhohlung<br />
der vorigen verfahre unndt ihnen zugleich die Buchstabenn<br />
mit Kreyde (damit die einbildung so viel desto geschwinder<br />
geschehe) mahlen lehre.<br />
Nachdem aber denn Knaben, welche syllabiren schwer furkombt,<br />
3, 4, 5, 6 Buchstaben zusahmen zu bringen, wirdt von<br />
den Gelertenn da<strong>für</strong> gehalten, das man solcher schwerer Syllaben,<br />
alß nemblich Sprach, Sprechen, Kampfs, Schmerz, schon, Schlag<br />
unndt dergleichen einen ganzen Anzahl colligire, in ein Buch<br />
schreiben« unndt durch einen Knaben den Kindern offt und<br />
deutlich, damit ihnen dieselben bey ieder Gelegenheit bekandt<br />
sein, teglich vorsagen lassen. In Gemein aber muß den Knaben<br />
eine kurze Lection ausgegebenn, zum wenigsten zwomahl furgelesenn,<br />
die schweren Syllaben insonderheit inculciret, unndt<br />
zur newen Lection ehr nicht, sie habenn den die vorige zimblich<br />
gelernet unndt recht pronunciret geschritten werden.<br />
4. Die Schreibmeister sollen die Knaben anfanges die<br />
Heuptbuchstaben, worauß die anderen gezogen werden, item<br />
wie sie die Fedder recht halten unndt ansezen sollen, mit Fleiß<br />
zeigen, folgendes den Knaben nicht alleine eine zierliche leeßliche<br />
Faust, sondern auch daß sie die Wörter nach dem hochteutschen<br />
recht schreiben, angewehnen.<br />
5. Die Rechenmeister sollen nebenst dem Rechnen die<br />
Buchhalter-Kunst, zumahl die Knaben mehrenteill zum Kauffhandell<br />
angewehnet werden, excerciren unndt ihnenn zeigen,<br />
wie sie in Kauffmanschafft unndt sonsten Rechnung haltenn,<br />
dieselbe ordentlich schließen und ein Ding geschwinde zusammen<br />
summiren muhen.<br />
6. In der Disciplin, welches das Vornembste ist, sollen<br />
sie nach gelegenheit eines ieden Knaben mit Vernunfft unndt<br />
Bescheidenheit verfahren, nicht flugs mit dem Stocke oder Ruthe,<br />
wenn die Knaben im Lernen nachleßig sein, darauff schlahenn,<br />
sondern mit sanfftmutigem Geist sich gedulden uundt die Lection
von Dr. v. Bülow. 411<br />
so viell offter bey dehnen, welche nachleßig sein, wiederhohlen<br />
nnndt nach mnglichem Vleiß dahin trachten, daß die Knaben<br />
nicht abgeschreckt unndt ihnen Feindt werden.<br />
Belanget aber die uioi'68 mnßen ihnen mit gntem Exem-<br />
pel <strong>für</strong>gehen sich nicht zu gemein machen, die Knaben aber<br />
von Iugendt aufs znm Gehorsamb, ihnen nnndt den Eltern<br />
zu leisten vermahnen, auf alle Excesse fleißig acht haben, unndt<br />
wan bey einem nnndt anderem merckliche Nntngenden, Dieberey,<br />
großer Muttwillcn, Troz unndt dergleichen sich erreugen, die-<br />
selbe anfanges den Eltern oder Freunden, hernach der Ober-<br />
keit bey Zeite hinterbringen unndt Vleiß anwenden, das die<br />
Iugendt zur Erbarkeit unndt guten Sitten erzogen werden.<br />
Schließlich beheldt sich E. E. W. Naht bevor, diese Orde-<br />
nung knnfftig zu mehren, zu mindern, zu endern, verbessern<br />
oder woll gahr auffzuhebenn.<br />
Paull Friedeborn<br />
Secretar. Stettin.<br />
Druck von Hervckc ^ Vedeling, Stettin.
Aeltere Jahrgänge dieser Zeitschrift sind anch in einzelnen<br />
heften zn herabgesetzten Preisen verkäuflich und zu beziehen<br />
durch den Hanptlehrer Rusch, Iohannishof 1 — 2, der<br />
Jahrgang zu 1,50 Mark, das einzelne Heft zu 1 Mark.<br />
Die geehrten Mitglieder der <strong>Gesellschaft</strong> ersuchen wir,<br />
ihre Geldsendungen an den Oberlehrer Dr. Kühne,<br />
Hoheuz ollernstraße 8, andere Zusenduugeu und Correspondenzen<br />
an den Professor Lemcke, Königsplatz 12, richten<br />
zn wollen.<br />
Im Verlage von W. L. O e mler-Hamburg erschien<br />
uud ist durch jede Buchhandlung zu beziehen:<br />
<strong>Pommersche</strong> Lebens- und Landesbilder von Herm.<br />
Petrich. Erster Band. Aus dem Zeitalter Friedrichs<br />
des Großen. Preis 5,60 Mark.