DtnÄien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald
DtnÄien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald
DtnÄien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
l 10 Tagebuch über die Belagerung Stettins im Jahre 1815.<br />
liches Tedeum angestimmt. Hierauf begab sich 2. Exzellenz in sein Qnartier im<br />
Winlowschm Hause, wo sogleich eine Ehrenwache von Bürgern die Ture besetzten.<br />
Die hohen Behörden hatten Andienz, nnd nach einer 3lunoe kam eine Deputation<br />
des Magistrats, die S. Exzellenz znr Kirche abholte, wo <strong>der</strong> Panor<br />
1>l'im3.riu3 Schrö<strong>der</strong> eine Nedc hielt. Am Abend war vonseiten <strong>der</strong> Stadt<br />
eine große Fete auf dem Kasino arrangiert, wozu je<strong>der</strong> Offizier bei <strong>der</strong> Parole<br />
eingeladen wnrde. Man war bis 3 nnd 4 Uhr heiter und vergnügt.<br />
Ich mllß noch nachholen, daß gegen 10 Uhr Vormittag sich <strong>der</strong><br />
Nebel verzog, es wnrde vortreffliches Wetter. Die Tonne schien heiter nnd<br />
froh all unserm Erlösnngstage, nnd das immerwährende Glockengelänte,<br />
das begann, als <strong>der</strong> Zng dein Tore sich nahte, machte nns diesen Tag zu<br />
einem <strong>der</strong> wichtigsten in dem Leben jedes Einwohners.<br />
Am Abend war die ganze Stadt anss prächtigste nnd ganz freiwillig<br />
erlenchtet. Frende herrschte überall.')<br />
Der Montag ging noch hin ohne beson<strong>der</strong>e Feierlichkeit, doch soll am<br />
Donnerstag Ball ans dem Kasino sein. Gestern, den 7., sind die Commissäre<br />
Lombard, L'Argetiere, <strong>der</strong> Postmeister nsw. nebst allen Schlächter- nnd<br />
Väckersknechtcn bei ihrem Ansmarsch ans dem Berliner Tore von dem<br />
Pöbel nnd von den Landwehr-Soldaten, die nicht im Dienst waren, sehr<br />
gemißhandelt. Die Wachen vermochten nicht diesen Unfng zn stencrn; den<br />
Franzosen wnrden Mantelsäcke vom Wagen genommen, die Pferde aus-<br />
gespannt nnd fortgerttten, Lombard wnrden die Sporen abgeschnallt nnd er<br />
selbst nebst L'Argctiere und mehreren an<strong>der</strong>en sowie auch die französischen<br />
Weiber fehr geschlagen. Sie wurden endlich von <strong>der</strong> Wache zum Berliuer<br />
Tor hiuausgebracht nnd im Anklamcr Tor unter starker Bedeckung hin-<br />
eingeführt. Vom Paradeplatz, wo sie vorläufig halt machten, wurde die<br />
Bcdcckuug verdoppelt, und fo wurden sie nach dem Schloßplatze geführt,<br />
wo sämtliche Franzosen, Lombard usw. nicht ausgeschlossen, in <strong>der</strong> Kaserne<br />
des ehemaligen Servislokals die Nacht anf Stroh zubrachten. Die Polizei,<br />
sowie jede Behörde haben die strengste Ordre vom General von Plötz<br />
erhalten, die geranbten Sachen nnd Pferde wie<strong>der</strong>herbeiznschaffen. Manches<br />
ist wohl wie<strong>der</strong> dem Eigentümer zugestellt worden, doch was sich an barem<br />
Gelde irgend vorgefunden hatte, wird wohl schwerlich znm Vorschein kommen.<br />
Heute sieht man noch manchen (lommissar hernmlanfen, hoffentlich<br />
werden sie morgen unter sehr starker Eskorte transportiert werden; sie<br />
gehen lant Kapitulation nach Frankreich zurück.<br />
') Die Einzuasfeierlichkeiten sind beschrieben in <strong>der</strong> Pomm. Zeitung, vom 13.<br />
und 20. Dezember. Es heißt dort zum Schlüsse: „Wir betrachten diesen unvergeßlichen<br />
Tag als den glücklichen Anfang unserer Versöhnung mit dem härtesten Schicksal,<br />
und ewig denkwürdig wird er uns und unsern Nachkommen sein." Vgl. W. Böhmer,<br />
a. a. Q. S. 123 ff.