DtnÄien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald
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Tagebuch über die Belagerung Stettins im Iabre 15N. Ml<br />
ja mit dem siehts betrübt ans; das ccxiMs verloren, steht so manchen dentlich an<br />
die Stirn geschrieben, dan es unverkennbar ist. Es ist zum Erbarmen,<br />
wie die Gemeinen aussehen. Me 4 Tage erhalten sie ein Brot von 3 Pfd.,<br />
welches größtenteils ans Hafermehl und Noggenschrot nnr besteht. Die<br />
Portionen Pferdefleisch sind diesem Ärote sowohl inhinsicht <strong>der</strong> (^uknlM als<br />
l^ilkilt/' angemessen. Nimt man hinzu noch ein wenig stinkendes Oel, so<br />
hat man die Portion Essen für einen Tag, die des Trinkens besteht ans<br />
1 litrs Wein anf 2 Tage nnd 1 liu-e Bier. Branntwein erhalten nnr die,<br />
die anf dem Zoll Pikett stehen. Vier Tage hintereinan<strong>der</strong> müssen sie dort<br />
znbringcn, die fünfte Nacht können sie in <strong>der</strong> Kaserne schlafen, nnd dann<br />
gehts wie<strong>der</strong> zum Wachdienst hier in <strong>der</strong> Stadt. Man erlebt es oft, das;<br />
diese unglücklichen Menschen zn A nnd 3 anf dem Paradeplake des Nachts<br />
beim Pilttt im Fort Wilhelm hinter <strong>der</strong> Statne des alten Fritz vor Hnngcr<br />
nnd Frost umfallen, ja selbst anf dem Henmarkt habe ich gesehen, daß am<br />
hellen Mitlage ein Kerl umfiel, ein zweiter Ansgchnngerter wollte ihm<br />
helfen, und beide lagen da, bis an<strong>der</strong>e ihnen zn Hülfe kamen und durch<br />
etwas Vrot und Branntwein die fliehenden Lebensgeister zurückriefen. Auch<br />
in <strong>der</strong> breiten Straße ist ein ähnlicher Vorfall gewesen. Dle Vurgcrpferoe<br />
sind jetzt alle schon geschlachtet, nur einige wenige Wespanne sind znm Dienste<br />
<strong>der</strong> Stadt nnd <strong>der</strong> Verpflegnngscommission noch am ^eben. Die französischen<br />
Trainpferde müssen jetzt gegeben werden, und an <strong>der</strong>en Stelle sieht man<br />
des Generals Dnfressc Pferde, des Obristen 1s I5ms Pferde nnd an<strong>der</strong>e<br />
<strong>der</strong> oberen und unteren Osficierc Kanonelt nnd Trainwagen ziehen, ja<br />
selbst die Pferde <strong>der</strong> Prinzeß müssen öffentlich Arbelt verrichten, und Vchmaun<br />
hat dnrch dieses freiwillige Hergeben <strong>der</strong> seinen diese bis jetzt noch vom<br />
Tode gerettet. Morgen fiudct wie<strong>der</strong> eine Auswan<strong>der</strong>ung statt, so daß<br />
dann nur etwa 35i(X) Menschen bürgerlichen Standes hier bleiben.<br />
Mittwoch d. 37. Oktober. (Nestern haben wir gar keine Nachricht<br />
vom Lager erhalten. Es ist indessen ein Parlamentair hier gewesen, <strong>der</strong><br />
beul (Aonvcrnement die gänzliche Nie<strong>der</strong>lage <strong>der</strong> französischen Armee bei<br />
Leipzig angezeigt hat.') Der jetzt seit des Generals Taucnziens Abgänge<br />
znr großen Armee hier vors Tor kommandierende General vou Plök hat<br />
diese Anzeige abgesandt nnd dem Gonuerneur gleichfalls bekannt gemacht,<br />
daß von einer Kapitulation jetzt die Rede garnicht mehr sein könne; tue<br />
hiesigen Franzosen müßten sich auf Gnade und Ungnade ergeben. Hierauf<br />
hat <strong>der</strong> Gouverneur erwi<strong>der</strong>n lassen, daß man wohl bedenken müsse, was<br />
dies für Folgen haben könne; er hätte sich als ein Mann von Ehre betragen,<br />
l) Der Gouverneur Grandean erlies? am 27. Oktober einen Tagesbefehl an die<br />
Einwohner und Soldaten, in <strong>der</strong> er zum Gehorsam nnd zur StandliafNgkeit auffor<strong>der</strong>te<br />
(Ponimersche Zeitung vom 8. November).