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ezogen, das er nicht einmal mochte. Und wir haben die Berserkerwut gesehen, in die <strong>der</strong> Bärenmann geriet - beinahe hätte er<br />

Beatrice getötet -, als sie eine »enthaltsame« Haltung an den Tag legte um ihre negativen Gefühle zu unterdrücken. Sie mußte ihm<br />

versprechen, nie wie<strong>der</strong> »um <strong>der</strong> Vernunft willen« ihre Emotionen zu unterdrücken, bevor er sich <strong>mit</strong> ihr versöhnen konnte.<br />

Das wirft ein hoch interessantes Licht auf unsere eingefleischte christliche Einstellung zur Moral. Offensichtlich müssen wir jetzt ganz<br />

sein, so wie wir es wirklich sind, sogar wenn wir vor das Jüngste Gericht treten. Wir können dem Gegensatz des Bösen nicht<br />

entfliehen, son<strong>der</strong>n müssen die Spannung zwischen Gut und Böse, von den übrigen Gegensätzen ganz zu schweigen, bis ans Ende<br />

erleiden.<br />

Diese Auffassung richtet sich gegen alles was wir gelernt haben. Wir glauben bis ins Mark, daß Gott uns gut haben will und wir das<br />

Böse unterdrücken müssen. Deshalb ist es das Schwerste von <strong>der</strong> Welt zu erkennen, daß Gott höchstwahrscheinlich jetzt will, daß wir<br />

die Spannung zwischen Gut und Böse aushalten. Der alte Jesaja hat diese Wahrheit vor vielen Jahrhun<strong>der</strong>ten gesehen, als ihm seine<br />

Worte eingegeben wurden: »Ich mache das Licht und schaffe die Finsternis, ich gebe Frieden und schaffe Unheil. Ich bin <strong>der</strong> Herr, <strong>der</strong><br />

dies alles tut:« (45,7) Der Herr hat es uns zumeist erlaubt Jesajas Worte zu vergessen und uns in <strong>der</strong> Sonne <strong>der</strong> Gerechtigkeit zu<br />

wärmen, fast zweitausend Jahre lang.<br />

Ursprünglich war es wirklich notwendig alles zu tun um die helle Seite zu sehen und den weit schwierigeren gerechten Gegensatz zu<br />

erreichen. Aber an dem furchtbaren weltweiten Ausbruch des Bösen, <strong>der</strong> unsere ganze Existenz auf unserem Planeten bedroht, wird<br />

deutlich, daß Gott entschlossen ist uns daran zu erinnern., daß er selbst das Böse geschaffen hat, deshalb müssen wir irgendwie da<strong>mit</strong><br />

zurechtkommen. Wie Jung schrieb: »Wir müssen lernen da<strong>mit</strong> umzugehen, denn es will <strong>mit</strong>leben. Wie das ohne größten Schaden<br />

möglich sein sollte, ist vor<strong>der</strong>hand nicht abzusehen.«<br />

Der erste bescheidene Versuch, den wir machen können um den »größten Schaden« abzuwenden, besteht darin unsere angeborene<br />

Anschauung Gottes im Lichte von Jesajas wenig bekannter Beschreibung Gottes neu zu bedenken. In den vergangenen zweitausend<br />

Jahren sind wir gelehrt worden, Gott als völlig wohlwollend und allmächtig zu denken und alles Böse und Zerstörerische dem Teufel<br />

zuzuschreiben. Wir haben die wohlbekannte Tatsache, daß <strong>der</strong> Teufel als Satan Gottes ältester Sohn ist, völlig vergessen. Vor<br />

zweitausend Jahren war es mehr o<strong>der</strong> weniger leicht zu glauben, daß <strong>der</strong> wohlwollende Gott <strong>der</strong> stärkere von beiden war und daher<br />

seine Allmacht nicht zu hinterfragen.<br />

Aber ist es möglich, heute noch diese Haltung angesichts des weltweiten Ausbruchs des Bösen beizubehalten? Wir müssen zwischen<br />

einer dualistischen Auffassung Gottes (Gott und sein Feind, <strong>der</strong> Teufel) o<strong>der</strong> dem Eingeständnis wählen, daß Gott in sich selbst beide<br />

Seiten enthält und dadurch wirklich ganz und allmächtig ist. Wenn man erfahren hat, wie relativ und ganz an<strong>der</strong>s die Gegensätze<br />

werden, wenn beide voll akzeptiert sind, dann ist es nicht schwer sich einen Gott vorzustellen, <strong>der</strong> beide Gegensätze enthält. Jungs<br />

»Antwort auf Hiob« hilft uns dabei:<br />

Für mich persönlich ist es weitaus erträglicher sich einen Gott vorzustellen, <strong>der</strong> alle Gegensätze enthält und wie die Natur erschafft<br />

und zerstört, als den weltweiten Ausbruch des Bösen als das Werk seines Feindes, des Teufels o<strong>der</strong> als Schuld des Menschen<br />

anzusehen, während ein nur guter und allmächtiger Gott anscheinend nichts tut, um ihn o<strong>der</strong> uns davon abzuhalten das Böse zu<br />

verüben. Wir können die negative Seite Gottes o<strong>der</strong> irgendeines Archetypen nur annehmen, wenn wir uns <strong>mit</strong> unser rein eigenen<br />

Schatten auseinan<strong>der</strong>gesetzt bzw. unsere negative und zerstörerische Seite gesehen haben. Wir haben zum Beispiel in <strong>der</strong> Festmahl<br />

Szene und bei <strong>der</strong> Konfrontation <strong>mit</strong> dem Feuergeist gesehen, wie geschwächt Edward dadurch war, daß diese Arbeit am Schatten<br />

hoch vor ihm lag und wie nahe <strong>der</strong> Bärenmann daran war Beatrice umzubringen, bevor <strong>der</strong> richtige Augenblick zum Sterben<br />

gekommen war, weil sie meinte, sie könnte ihre negativen Gefühle auch wenige Tage vor ihrem Tod noch unterdrücken. Mir scheint,<br />

alles deutet darauf hin, daß die Menschheit endlich Jesajas Text ernstnehmen und die nötigen Schlüsse daraus ziehen muß.<br />

Ich bin sicher, daß Beatrice aus ihrem Material sehen mußte, daß ein großer Wandel bevorstand, aber es ist immer eine unsichere<br />

Sache, wenn Träume o<strong>der</strong> aktive Imaginationen uns auf eine große Verän<strong>der</strong>ung vorbereiten, ob Wie<strong>der</strong>geburt in dieser o<strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />

nächsten Welt gemeint ist, ein Wandel <strong>der</strong> einen völligen Wechsel des Standpunktes und <strong>der</strong> Persönlichkeit nach sich zieht. Wir<br />

wissen, daß Beatrice diesen Wandel noch im Leben erwartete, denn in ihrem letzten Bericht, einen Tag vor ihrem Tod geschrieben,<br />

sagt sie dies selbst:<br />

Ich betrachte die Blume. Als ich sie meditiere, werde ich wie gestern selber zu <strong>der</strong> Blume, verwurzelt, wachsend, strahlend, zeitlos. So<br />

nehme ich die Form <strong>der</strong> Unsterblichkeit an. Dann fühle ich mich ganz wohl, vor allen Angriffen von außen geschützt. Sie schützt mich<br />

auch vor meinen eigenen Emotionen. Wenn ich im Zentrum bin, kann niemand und nichts mich angreifen. Sie können mich noch in<br />

meiner menschlichen Gestalt verletzten und angreifen und ich weiß, daß ich die meiste Zeit noch darin verbringen muß. Aber ich<br />

werde immer die Möglichkeit haben ab und zu die Blume zu sein.<br />

So hat Beatrice die Unsterblichkeit zu ihren Lebzeiten erfahren und <strong>der</strong> Tod wäre für sie das Eintreten in ihre geliebte Blume, ohne<br />

gezwungen zu sein sie wie<strong>der</strong> zu verlassen. Der zwei Millionen Jahre alte Mann in Beatrice hat sie auf wun<strong>der</strong>bare Weise auf den Tod<br />

vorbereitet.

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