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Träume. Neben dieser Hauptverpflichtung des Individuums, den Anweisungen seiner Träume zu folgen, besteht eine weitere Pflicht,<br />

die Träume auch durch Kunstdarstellung zu verewigen. Lüge und Betrug verscheuchen den »Großen Mann« im Innern, während<br />

Großzügigkeit, Nächstenliebe und Tierliebe ihn anziehen. Die Träume geben so<strong>mit</strong> den Naskapi eine vollständige Orientierung, auch<br />

in Beziehung zur äußeren Natur, das heißt zu Jagdmöglichkeiten, Wetter und an<strong>der</strong>en Umständen von denen sie abhängen.<br />

Ich erwähne diese ursprünglichen einfachen Menschen hier deshalb, weil sie unbeeinflußt von unserer Zivilisation sind und dadurch<br />

noch eine eigene unverdorbene natürliche Kenntnis von dem Seelenkern zu besitzen scheinen, den Jung als das Selbst bezeichnet hat.<br />

Mir scheint, Jung hat diesen zwei Millionen Jahre alten Großen Menschen in früher Kindheit in sich selbst kennen gelernt, nämlich als<br />

seine Persönlichkeit Nummer z. Vielleicht erfuhr er nur einen kleinen Ausschnitt von ihm, denn zuerst meinte er, dieser Große<br />

Mensch käme aus dem 18. Jahrhun<strong>der</strong>t. Ich glaube, er konnte nur allmählich das enorme, in <strong>der</strong> Tat archaische Alter diese Großen<br />

Menschen erfassen, als er schon über 80 war.<br />

Im ältesten von mir gebrachten Beispiel, dem 4000 Jahre alten Text vom»Lebensmüden und seinem Ba«, wird das beson<strong>der</strong>s deutlich,<br />

denn vom Ba könnte gesagt werden, daß er die Personifikation des zwei Millionen Jahre alten Großen Menschen im Unbewussten des<br />

lebensmüden Mannes ist. Die ägyptische Religion hat die Existenz dieses archaischen Menschen gekannt, sah ihn aber nur als<br />

kollektive Figur, da er ins Jenseits projiziert wurde. Nur weil <strong>der</strong> Lebensmüde ein genialer Mann und <strong>mit</strong> ungewöhnlichem Mut<br />

ausgestattet war, konnte er schließlich die Erscheinung des Ba als ein individuelles Erlebnis erkennen, das ihn zu einer<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung zwang, die über alles hinausging was er gelernt und gemäß dem religiösen Dogma <strong>der</strong> Zeit geglaubt hatte. Ich<br />

weiß von keinem <strong>mit</strong>telalterlichen o<strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Beispiel, daß in dieser Hinsicht <strong>mit</strong> unserem alten ägyptischen Text verglichen<br />

werden kann. Jung riet mir, die Suche aufzugeben, weil es wirklich kein an<strong>der</strong>es Beispiel gibt.<br />

Jung sagte einmal zu mir, es habe sehr lange gedauert, bis die archetypische Anima (die natürlich ein Gegenstück zum zwei Millionen<br />

Jahre alten Mann ist) direkt zu ihm sprach. Denn jahrelang hatte sie ihm nur ihre Sendboten geschickt. Es waren die Sendboten wie sie<br />

vor allem in unseren Beispielen auftauchten.<br />

Lassen Sie uns Edwards Fall (Kap. 2) nehmen. Wir können im Geist des Feuers, Wassers, Windes und Eises eine direkte Spur des<br />

zwei Millionen Jahre alten Mannes sehen. Wir können eine Spur <strong>der</strong> negativen Seite seiner Gemahlin in <strong>der</strong> archetypischen Hexe<br />

sehen, die die Ursache des ganzen Problems war. Aber zumeist ist Edward in Kontakt <strong>mit</strong> ihren Sendboten, beson<strong>der</strong>s <strong>mit</strong> den beiden<br />

Aspekten <strong>der</strong> Anima, <strong>der</strong> Führerin und Vierauge. Der außerordentlich echte Charakter von Edwards aktiver Imagination ist dadurch<br />

verbürgt, daß jedes Detail <strong>der</strong> Phantasie wirklich symbolisch ist. Der »Mangel« <strong>der</strong> Imagination kommt daher, daß Edward sie<br />

durchgeführt hat, bevor er sich <strong>mit</strong> seinem eigenen Schatten befaßt hatte. Deshalb ist er ganz unfähig, die zerstörerische Seite des<br />

Feuer Geistes auszuhalten. Nur wenn wir gesehen haben, daß wir selbst eine destruktive Seite haben, können wir diese Seite in den<br />

archetypischen Figuren ertragen, denen wir begegnen. Darum ist dieses höchst echte Beispiel einer aktiven Imagination, daß nur aus<br />

einer ungewöhnlich langen und harten Arbeit von Edwards Seite hervorgehen konnte, doch nur das Vorspiel zu einer noch härteren<br />

und schmerzlicheren Arbeit an seinem eigenen Schatten, <strong>der</strong> beim Festmahl als <strong>der</strong> Bootsmann erschien.<br />

Im Fall von Beatrice (s. Kap. 3) haben wir ein einzigartiges Dokument, weil es während <strong>der</strong> letzten Monate vor ihrem Tod entstanden<br />

ist. Das heißt, wir haben nur den letzten Teil einer sehr langen Bemühung in <strong>der</strong> aktiven Imagination betrachtet, einer viel längeren als<br />

Edwards Imagination. Es ist wirklich eine aktive Imagination, denn sie geht von Anfang bis Ende voll darin auf und <strong>der</strong> Geist-Mann<br />

bzw. <strong>der</strong> Bärenmann sind das Resultat einer langen und schmerzhaften Anstrengung in dem Prozeß seine Bekanntschaft zu machen.<br />

Zu <strong>der</strong> Zeit, da wir in ihre Phantasie eintreten, kann er als sehr vertrauter Sendbote o<strong>der</strong> fast als Personifikation des zwei Millionen<br />

Jahre alten Mannes erkannt werden, wie er Beatrice erschien und sie auf den großen Wandel vorbereitete, von dem er wußte wie nahe<br />

er war. Ich habe darauf hingewiesen, daß Beatrice sich, obwohl ihr Tod plötzlich und in gewisser Hinsicht völlig unerwartet kam, als<br />

ungewöhnlich vertraut und verstehend erwies, was das Jenseits betrifft. Während ihrer beiden letzten Lebenstage, in denen sie in die<br />

Blume hineingeht - wovor sie wie<strong>der</strong>holt gewarnt wurde, weil sie vielleicht nicht mehr zurückkehren könnte -, fühlt man fast, daß sie<br />

sich des großen auf sie zukommenden Wandels bewußt ist.<br />

Bei Beatrice wird <strong>der</strong> archaische Mann sehr deutlich, er kann wirklich nur <strong>mit</strong> dem Ba des lebensmüden Mannes verglichen werden.<br />

Das Hauptsymbol des Geist-Mannes ist die Blume, die in sich alle Gegensätze vereinigt. Aber <strong>der</strong> Geist-Mann o<strong>der</strong> Bärenmann, <strong>der</strong><br />

Beatrice immer zur Blume führt und offenbar selbst in ihr lebt, war bestimmt sein vollkommen vertrauter Sendbote o<strong>der</strong> sogar eine<br />

Personifikation des Großen Menschen.<br />

Es muß betont werden, daß diese Figur anfänglich als ihr Animus auftrat, <strong>der</strong> je<strong>der</strong> Frau soviel Mühe bereitet und beson<strong>der</strong>s für<br />

Beatrice sehr schwierig war. Aber durch sehr lange harte Arbeit in aktiver Imagination gelang es ihr die Gestalt aufzudecken, die<br />

immer hinter dem Animus <strong>der</strong> Frau steht, <strong>der</strong> Große Mann selbst. Nicht das seine quälende Seite verschwand, sie ist in <strong>der</strong> Festigkeit<br />

zu sehen <strong>mit</strong> <strong>der</strong> er Beatrice dazu bringt ihre verhaßte Gegenübertragung anzuerkennen und ihr ins Gesicht zu sehen. Außerdem hatte<br />

sie <strong>mit</strong> seinen negativen Meinungen immer noch Mühe, wenn sie von <strong>der</strong> wun<strong>der</strong>baren Blume fort war. Wir können das ganz deutlich<br />

in ihren Anfällen von unbegründeter Eifersucht sehen, die sich auf eine eingebildete Anziehung ihres Mannes an ein junges Mädchen

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