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Vierter Teil<br />

Der vierte Teil besteht aus verschiedenen wichtigen Dingen, die die Große Mutter zu Anna gesagt hat, hauptsächlich während ihrer<br />

Gespräche <strong>mit</strong> dem Großen Geist. Sie sind jedoch nicht datiert, so daß, ich nicht weiß wohin sie gehören. Auch sind sie trotz ihrer<br />

interessanten und oft sehr weisen Aussagen für unser Thema nicht wesentlich.<br />

Es gibt nur ein Gespräch, daß ich gern erwähnen möchte, weil es eine interessante Parallele zu einer Unterredung zwischen Beatrice<br />

und ihrem Geist-Mann bildet. Es wirft jedenfalls Licht auf den letzteren. Dieses Gespräch war das Ergebnis des folgenden Traumes.<br />

Anna geht Hand in Hand <strong>mit</strong> ihrer alten Freundin und Pflegemutter »die Große«, einer wörtlichen Übersetzung ihres Nachnamens,<br />

spazieren. Die alte Freundin stützt sich schwer auf Anna und bittet sie zur Belebung um eine Tasse Kaffee.<br />

Mir scheint, dieser Traum bedeutet, daß die Große Mutter etwas von Anna will und Anna fragt sie, ob das so sei. Zu ihrer großen<br />

Überraschung antwortet die Große Mutter: »Ja, Hilfe für die Situation <strong>der</strong> Welt.« Beatrice hatte ihren Geist-Mann um Hilfe für den<br />

dunklen Zustand <strong>der</strong> Welt gebeten, aber Anna war darüber nicht wie Beatrice besorgt. Deshalb überraschte die Antwort <strong>der</strong> Großen<br />

Mutter sie fast so sehr, wie <strong>der</strong> lebensmüde Mann über den plötzlichen Angriff seines Ba erstaunt war. Ein Grund für den Mangel an<br />

Betroffenheit war, daß Anna ihre aktive Imagination viele Jahre früher durchführte, als die Gefahr noch nicht so kraß und augenfällig<br />

war. Beatrice zum Beispiel war ständig über dieses Problem bedrückt, Anna betrachtete es dagegen nie als ihre Angelegenheit,<br />

obwohl die Große Mutter es schon früher erwähnt hatte. Mit an<strong>der</strong>en Worten, Beatrice wußte, daß Jung dachte, die Situation <strong>der</strong> Welt<br />

hinge davon ab wie viele Individuen die Spannung <strong>der</strong> Gegensätze in sich selbst aushalten konnten, während Anna noch nicht von<br />

dieser Anschauung gehört hatte.<br />

Der Geist-Mann riet Beatrice ihre Angst <strong>mit</strong> zur Blume zu nehmen, wo die sich bekämpfenden Gegensätze vereinigt waren. Die<br />

Große Mutter mußte Anna erklären, daß die Archetypen Menschen brauchen, die über sie bewußt sind und sie deshalb darstellen<br />

können, indem sie in <strong>der</strong> äußeren Realität das tun was jene wollen. Sie greift Annas lebenslange Schüchternheit an, durch die sie<br />

dieses Bedürfnis nicht sehen kann. Wenn sie scheu ist, ist sie ganz im Ego, aber wenn sie den großen Wert <strong>der</strong> Archetypen in sich<br />

sieht, dann stört ihre Schüchternheit sie nicht mehr. Anna kann <strong>der</strong> Welt helfen indem sie das erkennt und den großen Archetypen<br />

demütig begegnet, statt in törichter Scheu zu verharren, nur weil sie diese Archetypen auf an<strong>der</strong>e Leute projiziert.<br />

Anna schließt diesen vierten und letzten Teil <strong>mit</strong> einem Gespräch <strong>mit</strong> dem Großen Geist ab. Obwohl es ihr eine große Hilfe war,<br />

betont es nur Teile <strong>der</strong> Gespräche die wir schon betrachtet haben, die sie aber offenbar noch nicht genügend realisiert hatte. Daher<br />

haben wir keinen Grund näher darauf einzutreten.<br />

An diesem Punkt erlaubten es Annas Alter und ihre Gesundheit nicht mehr nach Zürich zu kommen, so daß auch ihre aktive<br />

Imagination an ein Ende kam. Sie gab ihre Wohnung auf und zog in ein sehr zufriedenstellendes Altenheim. Zuerst hatte sie einige<br />

Mühe das Zusammensein <strong>mit</strong> Leuten ihres Alters zu akzeptieren, die wirklich gekommen waren um zu sterben, aber sehr bald stellte<br />

sich ihr innerer Friede wie<strong>der</strong> her. Das hatte offensichtlich auch eine Wirkung auf ihre Gefährten, denn sie gewann viele Freunde,<br />

beson<strong>der</strong>s unter den Männern <strong>mit</strong> denen sie früher so große Beziehungsschwierigkeiten hatte. Sie schrieb mir öfter und berichtete, daß<br />

ihr Alter die glücklichste und heiterste Zeit ihres Lebens sei.<br />

7 Die ewige Suche nach dem inneren Großen Geist<br />

Obwohl es unendlich viele und verschiedene Beispiele für die aktive Imagination gibt, hoffe ich eine genügende Anzahl gebracht zu<br />

haben, um dem Leser den einzigartigen individuellen Charakter einer jeden zu zeigen. Jung ermutigte mich immer, Kurse in aktiver<br />

Imagination zu geben, ich möchte aber ganz klar betonen, daß es we<strong>der</strong> ein Rezept noch eine altgemeinverständliche Methode gibt sie<br />

zu praktizieren. Das Ziel bleibt in jedem Fall dasselbe, den Kontakt <strong>mit</strong> dem Unbewussten herzustellen und die unendlich weise<br />

Führung kennenzulernen, die in jedem von uns lebt, die aber so wenige in die Realität umsetzen können.<br />

Jung machte diese Führung sehr deutlich, indem er sie den »Zwei Millionen Jahre alten Menschen« in uns allen nannte. Er verwies<br />

darauf als den »Großen Menschen« in uns selbst. Dieser Große Mensch erscheint in zahllosen und von Fall zu Fall verschiedenen<br />

Symbolen. In »Der Mensch und seine Symbole« zeigt Marie-Louise von Franz lebendig, wie <strong>der</strong> Große Mensch in einem<br />

unverdorbenen Volk wirkt.<br />

Beson<strong>der</strong>s unverfälscht findet sich dieses Symbol in <strong>der</strong> Vorstellungswelt gewisser Eingeborener <strong>der</strong> Labradorhalbinsel, bei den<br />

sogenannten Naskapi Indianern. Diese Waldjäger leben so einsam in kleinen Familiengruppen, daß sie keine Stammesbräuche und<br />

religiöse Anschauungen o<strong>der</strong> Riten entwickeln konnten. Daher verlassen sich die Naskapi-Jäger nur auf ihre inneren Unbewussten<br />

Eingebungen und Träume. Sie lehren, daß die Seele des Menschen nichts an<strong>der</strong>es sei als ein innerer Gefährte, den sie als »mein<br />

Freund« o<strong>der</strong> als »Mista'peo« = »Großer Mann« bezeichnen. Er wohnt im Herzen des einzelnen und ist unsterblich. Diejenigen<br />

Naskapi, welche auf ihre Träume eingehen und ihren verborgenen Sinn zu deuten versuchen und dessen Wahrheit ausprobieren,<br />

können in eine tiefere Verbindung <strong>mit</strong> dem »Großen Mann« treten. Er begünstigt solche Leute und schickt ihnen mehr und bessere

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