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Pfeil verletzte. Am Ende ihrer Interpretation erwähnt Anna die beiden Brü<strong>der</strong>, die in <strong>der</strong> Geschichte von Blaubart ihre Schwester<br />

gerettet haben und meint, sie dürfen nicht bei <strong>der</strong> Deutung übersehen werden. Unwillig assoziiert sie die beiden Postbeamten <strong>mit</strong><br />

ihnen, »obwohl die Postmänner nichts tun um <strong>der</strong> Träumerin zu helfen«. Sie vermutet vage, daß sie den Großen Geist und seinen<br />

kleinen Bru<strong>der</strong> darstellen. Anna übersieht völlig, daß die Brü<strong>der</strong> als nahe Verwandte des Mädchens sicherlich zwei persönliche Animi<br />

repräsentieren, was im Traum dadurch bestätigt wird, daß die beiden Postmänner zum äußeren täglichen Leben gehören, während sie<br />

selbst gerade den Sprung in den See <strong>mit</strong> dem Vertrauen in den Großen Geist gleichgesetzt hat. Deshalb ist das Bild, daß <strong>der</strong> Traum als<br />

Lösung vorbringt, ganz klar die Unterscheidung zwischen dem Persönlichen und dem Archetypischen. Ich weiß nicht mehr ob ich dies<br />

damals so deutlich sah wie heute, aber diese Deutung wäre wohl ebenso wie schon vorher die Warnungen des Großen Geistes auf<br />

taube Ohren gestoßen.<br />

Es folgten einige Wochen <strong>mit</strong> Gesprächen <strong>mit</strong> dem Großen Geist, die Anna selbst ziemlich wertlos nannte. Ich erinnere mich, daß ich<br />

<strong>mit</strong> ihr darin übereinstimmte und sie sind in denn schriftlichen Bericht, den sie mir gab, nicht wie<strong>der</strong>holt worden. Anna war in diesen<br />

Wochen keineswegs im Frieden <strong>mit</strong> sich selbst. Zum Glück fiel mir ein, wie Emma Jung vorher <strong>mit</strong> einer ähnlichen Situation<br />

umgegangen war, indem sie Anna empfohlen hatte <strong>mit</strong> einer weiblichen Figur zu reden, die sie später die Große Mutter nannte. Daher<br />

empfahl ich ihr nun eine Zeitlang <strong>mit</strong> ihren Gesprächen <strong>mit</strong> dem Großen Geist aufzuhören und schlug vor sie solle über die ganze<br />

Situation <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Großen Mutter reden. Anna war dazu bereit und nahm meinen Vorschlag sofort an.<br />

Zu meiner Erleichterung sagte die Große Mutter, sie solle sich vom Großen Geist lösen und beson<strong>der</strong>s von ihren Anfällen sexueller<br />

Aufregung, die für ihr Alter viel zu körperlich seien. Die Große Mutter hob hervor, daß <strong>der</strong> Große Geist viel für sie getan hat, er habe<br />

ihre Weiblichkeit wie<strong>der</strong>hergestellt. Dies hätte eigentlich geschehen sollen als sie zwanzig war und was ihre »große Vision« versucht<br />

hatte, was aber lei<strong>der</strong> von ihr mißverstanden wurde. Anna müsse daran denken, sagt die Große Mutter, daß seither fast 55 Jahre<br />

vergangen sind, aber daß ihre Weiblichkeit sich nur bis zur Stufe einer jungen Frau von zwanzig entwickelt habe. Da das für ihr Alter<br />

ganz unpassend ist, müsse sie erkennen, daß sie nicht einfach die junge Braut an sich ist, son<strong>der</strong>n daß schließlich das archetypische<br />

Bild <strong>der</strong> jungen Braut in ihr zum Leben erwacht ist. Als archetypisches Bild ist sie eine Prinzessin und von königlicher Geburt. Anna<br />

müsse lernen sich dieser Prinzessin in sich bewußt zu werden. Diese archetypische Figur sei eine jugendliche Braut, die dazu berufen<br />

ist, alle die Gefühle zu haben die Annas Ich sich einverleibt hatte. Sie müsse nun einen Weg finden, sich auf dieses archetypische Bild<br />

zu beziehen.<br />

Anna fragt, wie sie das tun könnte. Die Große Mutter antwortet, daß sie sich selbst als Mutter o<strong>der</strong> Großmutter dieser jungen Braut<br />

sehen müsse. Anna solle ihr über die Jahre erzählen, die sie offenbar verpaßt hat. Die junge Prinzessin könne ihr helfen diese Jahre als<br />

erfüllt und ganz erscheinen zu lassen, indem sie die Lücken füllt und Irrtümer korrigiert, denn Anna habe sie so weitgehend<br />

unterdrückt, daß sie ganz unbewusst geworden ist. Sie müsse versuchen, sie <strong>mit</strong> mütterlicher Liebe zu verstehen und ihr beizubringen<br />

ihre Gefühle und Empfindungen zu akzeptieren, wie auch sie durch »das Bewusstsein ihrer königlichen Geburt« zu kontrollieren.<br />

Anna gehöre auch zur »königlichen Familie begabter Frauen«, deshalb dürfe ihre leidenschaftlich weibliche Tochter nicht jedes<br />

»unbequeme Gesetz« brechen.<br />

Bis jetzt war Anna immer zu hart <strong>mit</strong> dieser inneren königlichen Tochter gewesen und hatte sie nie<strong>der</strong>getreten. Jetzt jedoch hat Anna<br />

ihre archetypische Abstammung gesehen und muß sie rehabilitieren. Der Große Geist hat in Anna eine echte weibliche Reaktion auf<br />

seine Männlichkeit erweckt, aber für sie bedeutet das die Geburt, d.h. das bewußt werden ihrer königlichen Tochter. Aber genauso wie<br />

sie sie in früheren Jahren heruntergedrückt hatte, versucht das Mädchen nun ihrerseits Anna zu überrennen, die das nicht zulassen<br />

darf. Anna hat ihr Alter als natürlichen Schutz und Gegengewicht gegen die ungezügelte Leidenschaft des Mädchens. »Nenne sie<br />

Irene, das bedeutet Frieden« meint die Große Mutter. »Schließe Frieden <strong>mit</strong> ihr, lebe <strong>mit</strong> ihr in Frieden, indem du ihr den Gefallen<br />

tust, daß sie dich <strong>mit</strong> den weiblichen Gefühlen bekannt machen darf, die ihr natürliches Recht sind. Sei dir ihrer als archetypisches<br />

Bild bewußt. Auf diese Weise kann sie dir Frieden bringen.«<br />

Anna fragt, ob sie eine letzte Frage stellen darf. Darf sie ihre Beziehung zum Größen Geist fortsetzen? Es wird ihr gesagt, sie solle<br />

ihm ihre königliche Tochter vorstellen. Da kommt sofort Protest vom Ich: »Aber wird sie ihn heiraten?« Die Große Mutter erwi<strong>der</strong>t,<br />

daß das so sei und daß Anna dann die Brautmutter sein würde. Anna fragt empört, ob sie sich da<strong>mit</strong> zufrieden geben muß, ihrer Freude<br />

zuzuschauen, während sie ihr selber fehlt. Die Große Mutter antwortet:<br />

Du hast das Alter für diese Einstellung. Bring das Opfer als Buße für die Missetat, die du in jungen Jahren begangen hast, die Untat,<br />

diese kleine Braut, die archetypische Prinzessin in dir zu unterdrücken. Heute werden <strong>der</strong> Männliche Geist und die Weibliche Liebe in<br />

dir und jenseits von dir verheiratet. Persönlicher Verzicht ist dein Teil daran. Du kannst zufrieden an ihrer Vereinigung teilnehmen,<br />

aber das ist nur möglich, wenn du zu einer rein teilhabenden Erfahrung bereit bist. Bereite dich auf ihre Hochzeit vor.<br />

Anna findet sich in <strong>der</strong>selben Lage wie Rosenkreutz in <strong>der</strong> »Chymischen Hochzeit«. Er hätte gern Venus geheiratet, <strong>der</strong>en nackte<br />

Schönheit zu sehen Cupido ihm erlaubt hatte als sie schlief, aber er mußte <strong>mit</strong> noch weniger als Anna zufrieden sein, denn er war bei<br />

<strong>der</strong> Heiligen Hochzeit nur zu Gast.<br />

In einem einzigem Gespräch hatte die Große Mutter Anna dazu gebracht, daß sie zwar wi<strong>der</strong>strebend, den großen Unterschied

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