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Antwort hören kann. So, wie <strong>der</strong> Ba vor 4000 Jahren sagte: »Merke, es ist gut wenn die Menschen zuhören« - ein Rat, den zu befolgen<br />

nur wenige von uns bis heute gelernt haben. Die Welt wäre wahrscheinlich in einem ganz an<strong>der</strong>en Zustand, wenn mehr Menschen<br />

diese Lektion gelernt hätten.<br />

Der Große Geist o<strong>der</strong> vielmehr Annas unbewusster kreativer Geist sagt dann zu ihr, sie müsse verstehen daß er, obwohl er keine<br />

Einwände gegen ihre Fragen über ihr persönliches Leben habe, sie doch einfach zum Gehorsam zwingen würde, wenn er sie für einen<br />

kreativen Zweck- ein Gedicht o<strong>der</strong> Musik brauche -, so wie er es in ihrem ganzen Leben getan habe. Dann spricht sie davon, daß es<br />

zuviel für sie sei, »ihn auf ihren Schultern zu tragen«, worauf er meint, sie solle nicht so einen Unsinn erzählen. Sie kann ihn nicht<br />

tragen und tut es auch nicht, sie kann nur durch seine Inspiration schwanger werden, ganz nach <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Frau. Wenn er eine Frau<br />

auswählt um seine Inspiration in die Wirklichkeit umzusetzen, dann solle sie nicht auf einmal selbst zu einem zweitrangigen Mann<br />

werden. Sie müsse versuchen sich leerzumachen und sich beson<strong>der</strong>s von den Animus-Ideen seines kleinen Bru<strong>der</strong>s zu befreien. Dann<br />

könne er durch sie schöpferisch sein. Dies ist genau die Technik, die wir anwenden müssen um das Unbewusste zu hören, uns selbst<br />

leermachen und zuhören.<br />

Aber Anna kann sich noch nicht <strong>mit</strong> dem Zuhören begnügen und fängt wie<strong>der</strong> Lebensmüde an <strong>mit</strong> dem Gedanken an Selbstmord zu<br />

spielen. Sie nennt das den Gebrauch ihres Ehrgeizes im Interesse des Selbst-Opfers. Sie sagt: »Dann könnte <strong>der</strong> Selbstmord auf einen<br />

Schlag meine Unbewussten Schuldgefühle (durch Selbstbestrafung) erleichtern und meinen Größenwahn bzw. meinen Ehrgeiz groß<br />

zu werden, befriedigen, beson<strong>der</strong>s wenn <strong>der</strong> Selbstmord die Form eines ekstatischen Selbstopfers annimmt!«<br />

Der Große Geist stellt sich wie <strong>der</strong> Ba sofort gegen diese Idee. Er sagt, die Zeit sei längst vorbei, da sie dem Beispiel ihrer Schwester<br />

folgen könnte, denn jetzt sei sie <strong>mit</strong> »gerade ein wenig mehr Bewusstsein ihres Schattens und was noch wichtiger ist, <strong>mit</strong> ein bißchen<br />

mehr Bewusstsein über Gott als einem lebendigen Wesen« ausgestattet.<br />

Indem sie zugibt, daß sie noch oft Gottes Willen und die Gedanken ihres Animus verwechselt, räumt sie auch ein, daß sie, da sie nicht<br />

verrückt ist und ihren allgemeinen Menschenverstand gebrauchen kann, nie Selbstmord begehen werde. Aber sie fürchte sich sehr vor<br />

einer »religiösen Ekstase« die sie fortschwemmen könnte. Wenn sie dies nur in die biblische Gottesfurcht umwandeln könnte. Der<br />

Große Geist antwortet ihr, indem er sagt, sie müsse zuerst ihre eigenen Grenzen annehmen und sich <strong>der</strong> Tatsache stellen, daß sie eben<br />

keine große Frau ist.<br />

Wir finden hier genau wie<strong>der</strong>, was Jung am Ende des Kapitels »Über das Leben nach dem Tode«, in seinen »Erinnerungen« schreibt:<br />

Die entscheidende Frage für den Menschen ist: Bist du auf Unendliches bezogen o<strong>der</strong> nicht? Das ist das Kriterium seines Lebens. Nur<br />

wenn ich weiß, daß das Grenzenlose das Wesentliche ist, verlege ich mein Interesse nicht auf Futilitäten und auf Dinge, die nicht von<br />

entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung sind.<br />

Das Gefühl für das Grenzenlose erreiche ich aber nur, wenn ich auf das Äußerste begrenzt bin. Die größte Begrenzung des Menschen<br />

ist das Selbst, es manifestiert sich im Erlebnis »ich bin nur das«! Nur das Bewusstsein meiner engsten Begrenzung im Selbst ist<br />

angeschlossen an die Unbegrenztheit des Unbewussten. In dieser Bewußtheit erfahre ich mich zugleich als begrenzt und ewig, als das<br />

Eine und das An<strong>der</strong>e. Indem ich mich einzigartig weiß in meiner persönlichen Kombination, d.h. letztlich begrenzt, habe ich die<br />

Möglichkeit auch des Grenzenlosen bewußt zu werden. Aber, nur dann.<br />

Aber Anna ist noch nicht bereit, ihr geliebtes Ziel, eine große Frau zu werden, zu opfern. Sie sagt zu ihm, sie sehe es nun als ihre<br />

Aufgabe an, daß »Große Nein« aus Gottes Hand anzunehmen: kein Ehemann, keine Kin<strong>der</strong>, kein Liebhaber, keine große Komponistin<br />

o<strong>der</strong> Dichterin. Das sei ihre heutige weibliche Würde. Aber <strong>der</strong> Große Geist sei ihr großer Verführer, deshalb müsse sie nun Abschied<br />

von ihm nehmen. Er habe ihr von Zeit zu Zeit Freude gemacht, indem er sie inspirierte und er könne es weiterhin tun, wenn er die<br />

zweite Rolle in ihrem Leben annehmen könne, das jetzt vollkommen durch das große Nein vereinnahmt sei.<br />

Er betont, daß es ihm keineswegs passen würde, entlassen und auf »eine mögliche Verschönerung ihres Lebens« reduziert zu werden,<br />

aber sie hört ihn kaum. Sie sieht nichts als ihr Großes Nein. Gott hat sie nun verführt und <strong>der</strong> Große Geist steht weit unter ihnen. Sie<br />

hat sogar den Anspruch, daß ihr Großes Nein nichts weniger als die Vereinigung <strong>der</strong> Gegensätze ist, wie Luther sie erfahren hat. Er<br />

wurde dadurch ein großer Mann, so wie sie auch erwartet groß zu werden, obwohl sie zugibt, daß ihre Größe unsichtbarer sein wird,<br />

weil sie eine Frau ist. Wenn <strong>der</strong> Große Geist nur seine zweite Rolle erfüllen und einfach ihr Leben verschönern könnte, könnte er<br />

da<strong>mit</strong> sogar Gott gefallen!<br />

An diesem Punkt, an dem sie bereit zu sein schien, für immer in dieser Art weiterzuprahlen, wurde sie durch einen Traum zur<br />

Ordnung gerufen. Sie träumte:<br />

Ich bin in einer unbekannten Stadt. Ich steige eine steile Straße hinauf. Ganz oben befindet sich ein riesiges Gebäude (Assoziation:<br />

Gerichtspalast in Brüssel). Vier Straßen führen dorthin. Ich erreiche den Gipfel des Hügels und blicke seinen steilen Abhang hinunter.<br />

Der Ausblick ist großartig und erfüllt mich <strong>mit</strong> Ekstase. Dann bin ich wie<strong>der</strong> unten in <strong>der</strong> Unterstadt und zwar in einer sehr

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