05.01.2013 Aufrufe

begegnungen-mit-der-seele.pdf

begegnungen-mit-der-seele.pdf

begegnungen-mit-der-seele.pdf

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

da<strong>mit</strong> allmählich aus dem Strom des Lebens heraus in ein totes Seitengewässer geraten ist.<br />

An<strong>der</strong>norts schließt Jung Bewegung und Musik in die Methoden, durch die diese Phantasien zu erreichen sind, ein. Er weist darauf<br />

hin, daß bei <strong>der</strong> Bewegung - obwohl manchmal äußerst hilfreich beim Lösen des Bewusstseinskrampfes - die Schwierigkeit darin<br />

liegt, die Bewegungen selbst zu registrieren und daß die Dinge ohne Aufzeichnung erstaunlich schnell wie<strong>der</strong> aus dem Bewusstsein<br />

verschwinden, nachdem sie aus dem Unbewussten aufgetaucht sind.<br />

Jung schlägt die Wie<strong>der</strong>holung <strong>der</strong> befreienden Bewegungen vor, bis sie wirklich in <strong>der</strong> Erinnerung festgehalten sind, aber sogar dann<br />

ist es nach meiner Erfahrung gut, das Bewegungs- o<strong>der</strong> Tanzmuster aufzuzeichnen o<strong>der</strong> es <strong>mit</strong> ein paar Worten zu beschreiben, um es<br />

vor dem Vergessenwerden zu bewahren.<br />

In demselben Kommentar sagt Jung von den verschiedenen Typen:<br />

Der eine wird nun hauptsächlich das von außen ihm Zukommende annehmen und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e das von innen Kommende. Und wie es<br />

das Lebensgesetz will, wird <strong>der</strong> eine von außen nehmen, was er zuvor nie von außen angenommen und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e von innen, was er<br />

zuvor stets ausgeschlossen hätte.<br />

Diese Umkehrung des Wesens bedeutet eine Erweiterung, Erhöhung und Bereicherung <strong>der</strong> Persönlichkeit, wenn die früheren Werte,<br />

insofern sie nicht bloß Illusionen waren, neben <strong>der</strong> Umkehrung festgehalten werden. Werden sie nicht festgehalten, so verfällt <strong>der</strong><br />

Mensch <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite und er gerät von <strong>der</strong> Tauglichkeit in die Untauglichkeit, von <strong>der</strong> Anpassung in die Unangepasstheit, vom<br />

Sinn in den Unsinn, ja sogar von <strong>der</strong> Vernunft in die geistige Gestörtheit. Der Weg ist nicht ohne Gefahr. Alles Gute ist kostbar und<br />

die Entwicklung <strong>der</strong> Persönlichkeit gehört zu den kostspieligsten Dingen. Es handelt sich um das Jasagen zu sich selber - sich selbst<br />

als ernsthafteste Aufgabe sich vorsetzen und sich dessen, was man tut, stets bewusst bleiben und es in allen seinen zweifelhaften<br />

Aspekten sich stets vor Augen halten, wahrlich eine Aufgabe die ans Mark geht. (a. a. O.)<br />

In <strong>der</strong> Regel kostet es sehr viel Zeit, gewöhnlich viele Jahre, bis die beiden Seiten <strong>der</strong> Persönlichkeit, die durch das Bewusstsein und<br />

das Unbewusste repräsentiert werden, ins Tao gebracht werden können. Obgleich dieser Ausdruck, wie gesagt, in westlichen Ohren<br />

exotisch klingen mag, ist er doch das angemessenste Wort dafür. Jung sagt dazu:<br />

Es ist kennzeichnend für den abendländischen Geist, daß er für Tao überhaupt keinen Begriff besitzt. Das chinesische Zeichen für Tao<br />

ist zusammengesetzt aus dem Zeichen für »Kopf« und dem Zeichen für »Gehen«. Wilhelm übersetzt Tao <strong>mit</strong> »Sinn«. An<strong>der</strong>e<br />

übersetzen <strong>mit</strong> »Weg«, <strong>mit</strong> »providence« und sogar, wie die Jesuiten, <strong>mit</strong> »Gott«. Das zeigt die Verlegenheit. »Kopf« dürfte auf das<br />

Bewusstsein deuten, das »Gehen« auf »Weg zurücklegen«. Die Idee wäre demnach: »bewusst gehen« o<strong>der</strong> »bewusster Weg«.<br />

Es gibt noch eine an<strong>der</strong>e Technik in <strong>der</strong> aktiven Imagination <strong>mit</strong> dem Unbewussten umzugehen, die ich immer sehr hilfreich gefunden<br />

habe, Gespräche <strong>mit</strong> denjenigen Inhalten des Unbewussten zu führen, die als Personen auftreten.. Jung pflegte zu sagen, daß dies in<br />

<strong>der</strong> Regel eine spätere Stufe <strong>der</strong> aktiven Imagination sei. Diese Möglichkeit wird von Jung tatsächlich empfohlen und das Kapitel<br />

»Die Auseinan<strong>der</strong>setzung <strong>mit</strong> dem Unbewussten« in den »Erinnerungen« zeigt, daß Jung sie schon sehr früh, wenn auch nicht von<br />

Anfang an, in seine eigenen Experimente <strong>mit</strong> <strong>der</strong> aktiven Imagination einbezogen hat. Wer schon Anna Marjula (s. Kap. 6) gelesen<br />

hat, wird gesehen haben, daß sie diese Methode im Laufe <strong>der</strong> Zeit fast ausschließlich gebraucht hat, obwohl sie in früheren Jahren das<br />

Malen als visuelle Methode im Unterschied zur akustischen anwendete und zeitweise beide Methoden erfolgreich kombinierte. Es ist<br />

natürlich sehr wichtig zu wissen, <strong>mit</strong> wem man spricht und nicht jede Stimme des Unbewussten als vom Heiligen Geist inspirierte<br />

Äußerung zu nehmen. Mit <strong>der</strong> Visualisierung ist das vergleichsweise einfach, wie man beim Fall Edward (s. Kap. 2) sehen kann. Er<br />

hat offenbar keine Schwierigkeiten zu wissen wer zu ihm spricht, denn er sieht und beschreibt meistens die Gestalt, bevor er <strong>mit</strong> ihr<br />

redet, <strong>mit</strong> Ausnahme <strong>der</strong> Stimme, die er den »Teufel« nennt. Aber auch ohne Sichtbarmachen kann man die Stimme o<strong>der</strong> ihre Art zu<br />

sprechen, zu erkennen lernen, so daß man keinen Fehler zu machen braucht. Anna Marjula hatte oft überhaupt keine Visualisierung<br />

und doch wurde sie allmählich sicher, wer zu ihr sprach. Darüber hinaus sind diese Gestalten sehr paradox, sie haben positive und<br />

negative Seiten und die eine wird die an<strong>der</strong>e oft unterbrechen. In diesem Falle urteilt man am besten nach dem was gesagt wird. Man<br />

sollte immer daran denken, wie unklug es ist an <strong>der</strong> positiven Seite zu kleben und die negative zu bagatellisieren.<br />

In seinen »Späten Gedanken« sagt Jung dazu:<br />

Man darf sich von den Gegensätzen nicht mehr verführen lassen. Das Kriterium des ethischen Handelns kann nicht mehr darin<br />

bestehen, daß das was man als »gut« erkennt, den Charakter eines kategorischen Imperativs besitzt und daß das sogenannte Böse<br />

unbedingt vermeidbar ist. Durch die Anerkennung <strong>der</strong> Wirklichkeit des Bösen wird das Gute als die eine Hälfte eines Gegensatzes<br />

notwendigerweise relativiert. Das gleiche gilt für das Böse. Beide zusammen bilden nun ein paradoxes Ganzes. Praktisch heißt das,<br />

daß Gut/Böse ihren absoluten Charakter verlieren und wir gezwungen sind, uns darauf zu besinnen, daß sie Urteile darstellen.<br />

Die Unvollkommenheit alles menschlichen Urteilens legt uns jedoch den Zweifel nahe ob unsere Meinung jeweils das Richtige trifft.<br />

Wir können auch einem Fehlurteil unterliegen. Davon wird das ethische Problem nur insofern betroffen, als wir uns in bezug auf die

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!