05.01.2013 Aufrufe

begegnungen-mit-der-seele.pdf

begegnungen-mit-der-seele.pdf

begegnungen-mit-der-seele.pdf

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Dasselbe zeigt sich in dem weitverbreiteten Glauben, daß Hexen Stürme herbeizaubern können. Immer wurde vermutet, daß sie das in<br />

Verbindung <strong>mit</strong> dem Teufel o<strong>der</strong> einem Dämon tun, d. h. <strong>mit</strong> einer ordnungswidrigen Macht. Wahrscheinlich fuhren sie aus sich<br />

selbst heraus, schufen eine Unordnung wie die erwähnte schlechte Stimmung und brachten das falsche Wetter gerade im umgekehrten<br />

Sinne zum Regenmacher von Kiang Tschou.<br />

Ob <strong>der</strong> Zustand eines Menschen das Wetter tatsächlich beeinflussen kann, interessiert uns nicht, denn dies zu beweisen wäre sowieso<br />

unmöglich. Ich habe diese Beispiele nur gebracht weil sie sehr gut sichtbare und allgemein geglaubte Fälle von Ausstrahlungen<br />

zeigen, wie sie von einer harmonischen o<strong>der</strong> disharmonischen Beziehung des Menschen zu seinem eigenen Unbewussten ausgehen.<br />

Es ist deutlich, daß sowohl die unio mystica des Heiligen wie auch <strong>der</strong> Pakt <strong>der</strong> Hexe <strong>mit</strong> dem Teufel zu einseitig sind, <strong>der</strong> eine glaubt<br />

an einen vollkommen gerechten Gott und tut das Böse mehr o<strong>der</strong> weniger als eine privatio boni (Mangel des Guten) ab, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

hofft, daß <strong>der</strong> Teufel als Herr dieser Welt <strong>der</strong> Mächtigere ist und stellt sich deshalb auf seine Seite um sozusagen mehr aus ihm<br />

herauszuholen. Unsere Aufgabe, uns <strong>mit</strong> dem Unbewussten zu einigen, ist deshalb viel schwieriger als in den vorherigen Beispielen.<br />

Wir sind - charakteristisch für das Problem unserer Zeit - verpflichtet <strong>mit</strong> beiden Seiten zugleich umzugehen.<br />

Sowohl Gebet und Kontemplation des Mystikers als auch <strong>der</strong> Pakt <strong>der</strong> Hexe <strong>mit</strong> dem Teufel haben eine enge Beziehung zur aktiven<br />

Imagination. Das heißt beide stellen einen aktiven Versuch dar <strong>mit</strong> einer unsichtbaren Macht in Kontakt zutreten, das unbekannte<br />

Land des Unbewussten zu erforschen. Die im Gegensatz zur Hexe positivere Wirkung des Mystikers kann psychologisch dadurch<br />

erklärt werden, daß <strong>der</strong> Mystiker versucht alle For<strong>der</strong>ungen des Ichs aufzugeben, während die Hexe o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Hexer die Kräfte des<br />

Unbewussten für ihre bzw. seine ichhaften Zwecke zu gebrauchen sucht. Mit an<strong>der</strong>en Worten, <strong>der</strong> Mystiker versucht das einseitige Ich<br />

um des Ganzen willen zu opfern, während die Hexe die Mächte benutzen will die zur Ganzheit gehören, um des Teiles des begrenzten<br />

Ich-Bewusstseins willen.<br />

Wie zuvor schon erwähnt, haben wir alle die Erfahrung gemacht, daß unsere bewussten Absichten ständig durch unbekannte o<strong>der</strong><br />

relativ unbekannte Gegenspieler im Unbewussten durchkreuzt werden. Die einfachste Definition <strong>der</strong> aktiven Imagination ist vielleicht<br />

die, daß sie uns die Möglichkeit gibt, Verhandlungen zu eröffnen und uns <strong>mit</strong> diesen Kräften o<strong>der</strong> Gestalten des Unbewussten<br />

allmählich zu einigen. In dieser Hinsicht unterscheidet sie sich vom Traum, in dem wir keine Kontrolle über unser eigenes Verhalten<br />

haben. Natürlich genügen in <strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong> Fälle bei <strong>der</strong> Analyse die Träume, um das Gleichgewicht zwischen Bewusstsein und<br />

Unbewusstem wie<strong>der</strong>herzustellen. Nur in bestimmten Fällen (wir werden später ausführlicher darauf zurückkommen) ist mehr<br />

erfor<strong>der</strong>lich. Aber bevor wir weitergehen, möchte ich eine kurze Beschreibung <strong>der</strong> Techniken bringen, die bei <strong>der</strong> aktiven Imagination<br />

angewendet werden können.<br />

Als erstes muß man allein sein und möglichst frei von Störung. Dann muß man sich hinsetzen und sich darauf konzentrieren alles zu<br />

sehen o<strong>der</strong> zu hören, was aus dem Unbewussten aufsteigt. Wenn dies gelungen ist und das ist oft gar nicht leicht, muß das Bild vor<br />

dem Zurücksinken ins Unbewusste bewahrt werden, sei es durch Zeichnen, Malen o<strong>der</strong> Aufschreiben dessen was man gehört o<strong>der</strong><br />

gesehen hat. Manchmal kann es am besten durch Bewegung o<strong>der</strong> Tanz ausgedrückt werden. Manche Menschen können nicht direkt in<br />

Kontakt <strong>mit</strong> dem Unbewussten kommen. Eine indirekte Annäherung, die das Unbewusste oft beson<strong>der</strong>s gut offenbart, ist es,<br />

Geschichten zu schreiben, auch über an<strong>der</strong>e Leute. Solche Geschichten enthüllen dem Erzähler die Seelenteile <strong>der</strong>en er ganz<br />

unbewusst ist.<br />

Auf jeden Fall ist es das Ziel <strong>mit</strong> dem Unbewussten in Berührung zu kommen, und daraus folgt, daß wir ihm die Gelegenheit geben<br />

sich selbst auf die eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Art auszudrücken. (Wer davon überzeugt ist, daß das Unbewusste kein Eigenleben hat, sollte die<br />

Methode niemals anwenden!) Um ihm diese Gelegenheit zu geben, ist es fast immer nötig, einen gewissen »Bewusstseinskrampf« zu<br />

überwinden und den Phantasien, die immer mehr o<strong>der</strong> weniger im Unbewussten vorhanden sind, zu erlauben an die Oberfläche zu<br />

kommen. (Jung sagte einst zu mir, er denke, daß <strong>der</strong> Traum beständig im Unbewussten weitergeht, aber das normalerweise <strong>der</strong> Schlaf<br />

und das völlige Aufhören <strong>der</strong> nach außen gerichteten Aufmerksamkeit nötig sei, um ihn überhaupt ins Bewusstsein eindringen zu<br />

lassen.) Der erste Schritt <strong>der</strong> aktiven Imagination ist es in <strong>der</strong> Regel den Traum sehen o<strong>der</strong> hören zu lernen während man wach ist.<br />

Jung schreibt in seinem Kommentar zum »Geheimnis <strong>der</strong> Goldenen Blüte«:<br />

Aber bei je<strong>der</strong> Beobachtung muß die Tätigkeit des Bewusstseins aufs neue zur Seite geschoben werden. Die Resultate dieser<br />

Bemühungen sind zunächst in den meisten Fällen wenig ermutigend. Es handelt sich meist um richtige Phantasiegespinste die kein<br />

deutliches Woher und Wohin erkennen lassen. Auch sind die Wege zur Erlangung <strong>der</strong> Phantasien individuell verschieden. Manche<br />

schreiben sie am leichtesten, an<strong>der</strong>e visualisieren sie und wie<strong>der</strong>um an<strong>der</strong>e zeichnen und malen sie <strong>mit</strong> o<strong>der</strong> ohne Visualisierung. Bei<br />

hochgradigem Bewusstseinskrampf können oft nur die Hände phantasieren, sie modellieren o<strong>der</strong> zeichnen Gestalten, die dem<br />

Bewusstsein oft gänzlich fremd sind. Diese Übungen müssen so lange fortgesetzt werden, bis <strong>der</strong> Bewusstseinskrampf gelöst, bis man<br />

m. a. W. geschehen lassen kann, was <strong>der</strong> nächste Zweck <strong>der</strong> Übung ist. Dadurch ist eine neue Einstellung, geschaffen. Eine<br />

Einstellung die auch das Irrationale und Unbegreifliche annimmt, einfach weil es das Geschehende ist. Diese Einstellung wäre Gift für<br />

einen, <strong>der</strong> sowieso schon vom schlechthin Geschehenden überwältigt ist, sie ist aber von höchstem Wert für einen, <strong>der</strong> durch<br />

ausschließlich bewusstes Urteil stets nur das seinem Bewusstsein Passende aus dem schlechthin Geschehenden ausgewählt hat und

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!