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Große Mutter (sie unterbrechend): Du hast deine weiblichen Instinkte, die dir sagen, daß du dich besser realen Männern unterwirfst.<br />

Laß sie deine ganze Unterwürfigkeit haben, sogar wenn du nur eine Rolle spielst. Das wird dir helfen dich vom Animus zu befreien.<br />

Und dem Schatten wird das auch gefallen.<br />

Patientin: Aber ich bin in Gesellschaft von Männern scheu.<br />

Große Mutter: Das ist verkehrte Unterwürfigkeit und eine fürchterliche Animusbesessenheit <strong>der</strong> deine Persona schluckt und dann in<br />

deinem scheuen Zustand selber aus dir spricht. Und du projizierst ihn auf reale Männer, indem du genau weißt, was sie denken und<br />

wie wenig sie dich mögen, dich sogar verabscheuen.<br />

Patientin: Ich weiß.<br />

Große Mutter: Aber was du nicht weißt, daß diese großen und mächtigen Männer deine kleine Komödie <strong>der</strong> Unterwerfung ganz und<br />

gar nicht verabscheuen. Sie würden sie nicht durchschauen und sich in ihrer Eitelkeit geschmeichelt fühlen. Sollten sie es<br />

durchschauen, würden sie immer noch deine weibliche Klugheit schätzen, wenn du <strong>mit</strong> ihnen spielst und sie würden reagieren, als ob<br />

es ihnen gefällt. Das ist dann Persona zu Persona, beides gut gespielt und gut gehandhabt. Das wäre viel besser als deine störrische<br />

Schüchternheit und ihre Irritation durch sie. Genug für heute.<br />

Auf diese Art spottete die Große Mutter über die Unbeholfenheit <strong>der</strong> Patientin und lachte zugleich über ihre eigene Ungeduld.<br />

Aber im folgenden Dialog klingen ihre Worte wie<strong>der</strong> ganz ernst.<br />

Zwölftes Gespräch <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Großen Mutter (Fragment)<br />

Große Mutter: Traue mir, verlaß dich auf mich, wenn ich sage, daß du keine ungeliebte Frau bist, du hast Herrn X erreicht, aber we<strong>der</strong><br />

du noch er haben verstanden was vorging. Es schien alles negativ, aber es war es nicht. Dein Gefühl war so echt, so real, daß es zu den<br />

Dingen gehört, die nicht verloren gehen können. Aber keiner von euch war dem gewachsen und so mußte es als Leiden erlebt werden,<br />

sehr negativ und mußte mißverstanden werden. Herr X fühlte deine Liebe, aber er unterdrückte dieses Gefühl und zog es vor, es sich<br />

nicht bewußt zu machen. Er mußte auch leiden, genauso viel wie du.<br />

Dreizehntes Gespräch <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Großen Mütter<br />

Patientin: Ich fürchte das, was ich deine »Größen-Injektionen« nenne. Ich habe Angst vor <strong>der</strong> Inflation. Wäre es nicht besser dem Rat<br />

des Animus zu folgen und meine Liebe zu Herrn X als etwas Unreifes anzusehen?<br />

Große Mutter: Was war daran unreif?<br />

Patientin: Ich konnte seinen Standpunkt gar nicht sehen. Ich verließ mich auf meine Gefühle und zog seine nie in Betracht.<br />

Große Mutter: Herr X gab dir in seiner Rolle als Freudscher Analytiker nicht die geringste Chance. Die Situation war peinlich. Er war<br />

ihr nicht gewachsen. Deine Liebe war in Ordnung, aber sie konnte sich nicht entwickeln. Sie konnte sich in dir nicht entwickeln und<br />

auch nicht in ihm. Er tötete sie sozusagen. Dann machtest du einen Fehler, du erlaubtest ihm dich psychisch zu quälen, weil die Qual<br />

das einzige war, das du von ihm bekommen konntest. Diese Qual freiwillig zu erdulden, bedeutete für dich sexuelle Vereinigung. So<br />

trieb er dich in eine Perversion, die mehr seine als deine war. Und deshalb habe ich deine Liebe für dich rein bewahrt. Ich möchte, daß<br />

du sie nun in dich hineinnimmst und sie integrierst. Der Grund, warum du dir all diese Sorgen gemacht und sogar unsere Beziehung<br />

gestört hast, ist <strong>der</strong>, daß du seine Fehler auf deine eigene Schulter geladen hast und das wie<strong>der</strong>um aus reiner Liebe. Du kannst ihn<br />

nicht so dunkel sehen. Das ist kindisch und unreif. Versuche zuzugeben, daß es in seinem Verhalten gegen dich eine unheilvolle Seite<br />

gab.<br />

Patientin: War ich blind?<br />

Große Mutter: Ja, aber du mußtest es sein. Das machte nichts. Was wirklich etwas machte war, daß du die Qualitäten deiner eigenen<br />

Liebe auf ihn projiziert hast und als das nicht ging, entthrontest du deine Liebe, statt ihren Gegenstand zu entthronen.<br />

Patientin: War X meiner Liebe nicht würdig?<br />

Große Mutter: Er war es. Aber er war selber krank und vom Leben beschädigt und von <strong>der</strong> Normalität noch weiter entfernt als du.<br />

Und du warst nicht so weit ihm zu helfen, hauptsächlich weil daß das Letzte war, was er wollte. Nichts lag ihm ferner.

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