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<strong>der</strong> eigenen Seele zuzugeben und in Demut für sie verantwortlich zu sein. Wenn du das kannst, dienst du mir anstatt Herrn Animus.<br />

Wahre Größe besteht in <strong>der</strong> Opferung des Ich.<br />

Die Patientin hatte nun etwas zum Nachdenken! Sie tat das eine Weile lang und vergaß dann alles, weil <strong>der</strong> Animus auch etwas zum<br />

Nachdenken hatte, nämlich ein neues Komplott, um das verlorene Territorium wie<strong>der</strong>zugewinnen. Und offensichtlich erwies er sich<br />

als schlauer als seine Wi<strong>der</strong>sacher, denn nun geschah folgendes. Die Patientin wurde krank. In <strong>der</strong> Folge waren die Jahre von<br />

medizinischen Behandlungen gegen Krankheiten ausgefüllt, die die Ärzte nicht heilen konnten. Im Grunde ihres Herzens schämte sich<br />

die Patientin ihrer Neurose sehr und war immer bemüht ihre Symptome zu verbergen. Deshalb war ihr körperliche Krankheit<br />

willkommen, denn sie brächte von medizinischer Seite her eine anerkannte Diagnose. Es bewies in ihren Augen, daß ihre Klagen nicht<br />

eingebildet waren und daß sie nicht so neurotisch war, wie je<strong>der</strong> meinte. Tatsächlich erleichterte es zu einem großen Teil ihre<br />

erniedrigende nervöse Schwäche o<strong>der</strong> wenigstens glaubte sie das. Und <strong>der</strong> Animus stiftete sie fleißig an. Daher konnten die Ärzte sie<br />

nicht heilen. Zeit und Geld waren verschwendet. Sie mußte zu psychologischen Methoden zurückkehren.<br />

Ihre Krankheit hatte Verzögerung gebracht, doch es wurde deutlich, daß <strong>der</strong> analytische Prozeß durch die Unterbrechung keinen<br />

Schaden gelitten hatte. Die Patientin zeigte sich nach offensichtlich vergeudeten Jahren <strong>der</strong> medizinischen Behandlungen,<br />

Krankenhäuser, Pflegerinnen und ähnlichem eher zur Analyse bereit. Schließlich for<strong>der</strong>te sie ihren Animus zu einem ernsthaften<br />

Gespräch heraus, dessen Hauptpunkte hier wie<strong>der</strong>gegeben werden. Nach diesem Gespräch schien er eingeschüchtert zu sein und sie<br />

fand ihren Weg zur Großen Mutter zurück.<br />

Gespräch <strong>mit</strong> dem Animus (Ausschnitt)<br />

Patientin: Wenn meine Krankheiten Animus-Meinungen sind, dann mußt du fähig sein, mir die Idee zu erklären die dahinter steht.<br />

Animus: Du willst leiden, nicht wahr, weil es dir paßt, die Rolle <strong>der</strong> masochistischen Heldin zu spielen? Ich gebe dir die Gelegenheit<br />

dazu.<br />

Patientin: Vielleicht war ich einmal so, aber ich habe meine Politik geän<strong>der</strong>t. Was ist deine?<br />

Animus: Meine ist es, deinen Ehemann zu spielen. Du hurst <strong>mit</strong> mir, wenn du krank bist.<br />

Patientin: Wähle deine Worte sorgfältiger, bitte!<br />

Animus: Ich besorge dir Krankheiten, da<strong>mit</strong> du erfahren kannst, wie passiv, hilflos, überwältigt du bist. In <strong>der</strong> Verkleidung <strong>der</strong><br />

Krankheit trete ich als dein Gatte auf. Habe ich das für deine verwöhnten Ohren nett genug gesagt? Die Große Vision deiner Jugend<br />

(wie du es nennst) befahl den Beischlaf ohne Lust. Nun, das ist <strong>der</strong> Grund, warum ich als Krankheit figuriere. In deiner Krankheit bist<br />

du bei mir wie eine Frau während dem Koitus, aber ohne Gefühle. Klar?<br />

Patientin: Was ich sehe ist, daß du ein Teufel bist! Schäm dich! Aber, Herr Teufel, ich will deine Anregung krank zu sein nicht mehr<br />

und ich will auch deine Anträge für sexuellen Verkehr nicht mehr. Was ich gewinnen möchte, ist die Annahme des Schicksals.<br />

Dadurch werde ich mich Gott gegenüber als Frau fühlen und das ist mein Ziel. Und auf diese Art will ich dich aus meinem Körper<br />

austreiben, du böser Geist!<br />

Religiöse Symbole<br />

Nach dieser dramatischen Szene <strong>mit</strong> dem Animus erlebte die Patientin eine Wende zum Besseren, eine seelische Wandlung. Diese<br />

bestand in einem wachsenden Interesse an religiösen Symbolen, das für sie günstig war, weil es sie von den Problemen des Ich und<br />

den körperlichen Schwierigkeiten wegführte. Sie fühlte sich weniger unglücklich. Darüber hinaus war sie dankbar, daß sie sich so<br />

außerordentlich durch die klar gezeigte Sympathie ihrer Analytikerin für ihre Bemühungen unterstützt fühlen konnte.<br />

Eines <strong>der</strong> religiösen Symbole, für das sie sich sehr interessierte, war das Symbol <strong>der</strong> Quaternität und <strong>der</strong> Platz Satans darin. In<br />

früheren Jahren hatte sie Zeichnungen gemacht, die eine Quaternität darstellten, worin Satan enthalten war. Diese Zeichnungen waren<br />

für sie ziemlich dunkel. Auch erklärte die Analytikerin ihre Bedeutung nicht. Später wurde es klar, sie waren Vorwegnahmen. Solche<br />

Antizipationen, die entwe<strong>der</strong> nicht verstanden o<strong>der</strong> mißverstanden werden, scheinen oft nutzlos zu sein, aber in Wirklichkeit haben sie<br />

einen Einfluß auf die Person <strong>der</strong> sie begegnen. Sie funktionieren wie eine Art Motor <strong>der</strong> einen in Bewegung hält. Auf diese Weise sind<br />

sie wichtig.<br />

Die Vorstellung Gott als Quaternität statt als Trinität zu sehen, war für die Patientin nicht schwierig. Sie kannte sich in <strong>der</strong> Philosophie<br />

von Spinoza aus und Spinoza spricht von dem Gedanken, daß Gott unvollkommen wäre, wenn nicht jede Wertabstufung von <strong>der</strong><br />

niedrigsten bis zur höchsten in Ihm vorhanden wäre. Spinozas Konzept hatte die Patientin lange zuvor von <strong>der</strong> Tatsache überzeugt,

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