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Er hatte zu <strong>der</strong> Zeit einige sehr erhellende Träume, aber er sagt, daß die Träume ihm nicht helfen konnten, sein »Gefühl <strong>der</strong><br />

Desorientiertheit« zu überwinden. Da er sie viele Jahre lang nicht verstehen konnte, war er gezwungen weiterhin nach <strong>der</strong> Tiefe zu<br />

suchen. Der Leser kann im Kapitel »Die Auseinan<strong>der</strong>setzung <strong>mit</strong> dem Unbewussten« in den »Erinnerungen« selbst die Schritte -<br />

dunkel und gefährlich wie sie oft waren nachlesen, durch die er seinen höchst empirischen Weg <strong>der</strong> aktiven Imagination fand. Es<br />

kostete Jung viele Jahre, denn er gab sich nicht da<strong>mit</strong> zufrieden die Bil<strong>der</strong> des Unbewussten sehen zu lernen und sogar aktiv <strong>mit</strong> ihnen<br />

in seinen Phantasien umzugehen. Er fühlte sich unbehaglich solange er nicht den wichtigsten Schritt unternommen hatte, ihren »Platz<br />

und Zweck« in seinem eigenen äußeren Leben zu finden. Dies sagt er, ist in <strong>der</strong> aktiven Imagination <strong>der</strong> .wichtigste Schritt von allen,<br />

den wir aber gewöhnlich vernachlässigen. Einsicht in den Mythos unseres Unbewussten, fährt er fort, muß sich in eine ethische<br />

Verpflichtung umwandeln lassen, dies zu versäumen bedeutet dem Machtprinzip zu verfallen. »Es können daraus destruktive<br />

Wirkungen entstehen, die nicht nur an<strong>der</strong>e zerstören, son<strong>der</strong>n auch den Wissenden selber.«<br />

Jung fährt fort: »Mit den Bil<strong>der</strong>n des Unbewussten ist dem Menschen eine schwere Verantwortung auferlegt. Das Nicht-Verstehen<br />

sowie <strong>der</strong> Mangel an ethischer Verpflichtung berauben die Existenz ihrer Ganzheit und verleihen manchem individuellen Leben den<br />

peinlichen Charakter <strong>der</strong> Fragmenthaftigkeit.<br />

Das mag genügen um klarzumachen, daß die aktive Imagination kein leichtsinniger Zeitvertreib ist. Sie ist ein sehr ernster Schritt, <strong>der</strong><br />

nicht unbedacht unternommen werden sollte. Es ist allerdings nicht je<strong>der</strong>manns Schicksal dem Unbewussten so vollständig ins<br />

Gesicht zu sehen, wie Jung es tat, eine solche Erforschung ist eine Berufung und sollte nie ohne diesen Ruf begonnen werden. Aber<br />

und das ist <strong>der</strong> Grund weshalb ich dieses Buch da<strong>mit</strong> anfange eine Ahnung <strong>der</strong> Tiefen zu ver<strong>mit</strong>teln in die sie gehen kann, wie auch<br />

<strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungen des ganzen Lebens einer Person, zu denen die aktive Imagination führen kann, es gibt keinerlei Gewähr dafür<br />

wohin uns <strong>der</strong> Weg führen wird, wenn wir einmal da<strong>mit</strong> begonnen haben. Zudem sollte er nie unternommen werden ohne eine feste<br />

Beziehung zu jemandem <strong>der</strong> das verstehen wird o<strong>der</strong> zumindest <strong>mit</strong>fühlt, denn manchmal führt <strong>der</strong> Weg in so kalte und<br />

unmenschliche Tiefen, daß menschliche Gemeinschaft absolut notwendig ist um uns davor zu bewahren gänzlich zu erfrieren und<br />

verloren zu gehen. Obwohl es wesentlich ist, menschliche Kameradschaft zu haben, auf die man vertrauen kann, ist die aktive<br />

Imagination eigentlich eine sehr individuelle und sogar einsame Sache. Auf jeden Fall könnte ich niemals eine aktive Imagination <strong>mit</strong><br />

jemand an<strong>der</strong>em im Zimmer machen, so gut ich die Person auch kenne.<br />

Da ist eine an<strong>der</strong>e Warnung die ich gleich zu Anfang anbringen möchte, weil ich mehrere Fälle gesehen habe bei denen folgendes zu<br />

meiner Überraschung nicht allgemein bekannt war. Man sollte nie die Gestalten leben<strong>der</strong> Personen in seine eigenen Phantasien<br />

hineinnehmen. Sobald die Versuchung da ist dies zu tun, müssen wir aufhören und. sehr sorgfältig nochmals unsere Motivation für die<br />

ganze Unternehmung überprüfen, denn es ist nur zu wahrscheinlich, daß wir in altes magisches Denken zurückfallen, d. h. wir<br />

benutzen das Unbewusste für persönliche Ziele und nicht wirklich in <strong>der</strong> einzig legitimen Weise das Unbekannte in so<br />

wissenschaftlicher Art wie nur möglich zu erforschen um unsere eigene Ganzheit zu finden. Hier kommen wir zum fundamentalen<br />

Unterschied zwischen dem richtigen und dem falschen Gebrauch <strong>der</strong> aktiven Imagination. Die Frage ist, üben wir sie ehrlich aus, um<br />

unsere eigene Ganzheit zu erlangen und zu entdecken o<strong>der</strong> benutzen wir die Methode unehrlich als einen Versuch unseren eigenen<br />

Weg zu gehen? Die letztere Anwendung mag zeitweilig sehr erfolgreich scheinen, aber früher o<strong>der</strong> später führt sie immer ins<br />

Ver<strong>der</strong>ben.<br />

Aber wenn wir ehrlich unsere Ganzheit finden wollen, um unser individuelles Schicksal so vollständig wie möglich zu leben, wenn<br />

wir wahrhaftig und grundsätzlich die Illusion aufgeben und die Wahrheit unseres eigenen Seins finden wollen., sowenig wir vielleicht<br />

auch unsere Wesensart mögen, dann gibt es nichts das uns in diesem Bestreben mehr helfen kann als die aktive Imagination. Letztlich<br />

kann sie uns zu weit größerer Unabhängigkeit führen und uns sogar von <strong>der</strong> Analyse o<strong>der</strong> von irgendeiner äußeren Hilfe unabhängig<br />

machen als irgend etwas an<strong>der</strong>es, das ich kenne -aber ich sage »letztlich«, weil es die schwierigste Arbeit ist von <strong>der</strong> ich weiß..<br />

Jung sagte einmal zu mir, daß in Fällen wo sein Patient aktive Imagination machen sollte, er sie sogar als Prüfstein betrachtete ob <strong>der</strong><br />

o<strong>der</strong> die Patientin unabhängig werden o<strong>der</strong> lieber wie ein Parasit von ihm abhängen wollte. Als ich ihn fragte, ob ich das zitieren<br />

dürfte, antwortete er: »Sie dürfen es nicht nur, ich bitte Sie sogar es zu tun wo immer Sie können.«<br />

Der Analytiker sollte sich so wenig wie möglich in die aktive Imagination einmischen. Als ich von Jung analysiert wurde, wollte er<br />

immer hören ob ich eine aktive Imagination gemacht hätte, aber nachdem er aufmerksam zugehört hatte, analysierte o<strong>der</strong><br />

kommentierte er sie überhaupt nicht, außer um darauf hinzuweisen, falls ich sie falsch angewendet hatte. Danach fragte er immer nach<br />

Träumen und analysierte sie <strong>mit</strong> großer Sorgfalt. Da<strong>mit</strong> sollte eine Beeinflussung <strong>der</strong> aktiven Imagination vermieden werden, die sich<br />

immer nach ihrer eigenen Art entwickeln soll. Der Patient findet das oft sehr schwierig, lei<strong>der</strong> sind die Dinge nicht mehr so einfach<br />

und direkt wie zu Rebekkas Zeiten. Die meisten von uns müssen mühsam viele Schichten wegräumen, in denen sie sich blind auf den<br />

»Bezirkskommissar« und seine rationale Sicherheit verlassen, bevor wir einfach und vertrauensvoll »den Herrn befragen« können um<br />

den Weg zum absoluten Wissen in unserem eigenen Unbewussten zu finden.<br />

Ein Schüler fragte vor nicht sehr langer Zeit einen gelehrten Rabbi, warum Gott früher so häufig direkt zu den Menschen sprach und<br />

heute nie mehr. Der Rabbi, <strong>der</strong> offenbar ein sehr weiser Mann war, antwortete: »Der Mensch kann sich heute nicht mehr tief genug

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