05.01.2013 Aufrufe

begegnungen-mit-der-seele.pdf

begegnungen-mit-der-seele.pdf

begegnungen-mit-der-seele.pdf

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ich gebe Frieden und schaffe Unheil. Ich bin <strong>der</strong> Herr <strong>der</strong> dies alles tut. « (Jes 45,7) Wenn er das Übel schafft, dann wird er sicherlich<br />

zu Zeiten wollen, daß seine Geschöpfe das tun was wir als böse ansehen, doch das war in Rebekkas Tagen viel offenkundiger als<br />

heute. Das Wichtigste ist immer »dem Willen des Herrn zu gehorchen«, um die Sprache des Alten Testaments zu gebrauchen.<br />

Gut und Böse sind das Gegensatzpaar das einem natürlich nach 2000 Jahren Christentum in den Sinn kommt. Und diese Gegensätze<br />

verursachen heute die meisten unserer Nöte. Das wird in <strong>der</strong> äußeren Welt treffend durch den Eisernen Vorhang symbolisiert und dies<br />

bedingt auch den Schritt, den wir unter Umständen über die christliche Lehre hinaus tun müssen, daß wir ständig nach dem Guten<br />

streben und das Böse verdrängen sollen. Obwohl diese Verdrängung vor 2000 Jahren nötig war, zeigt uns die erschreckende<br />

Verbreitung des Bösen heute, was unvermeidlich geschieht, wenn ein Gegensatz zu lange unterdrückt gewesen ist.<br />

Ich erinnere mich lebhaft daran wie Jung einmal in einer Diskussion auf die Frage nach einem möglichen Atomkrieg antwortete: »Ich<br />

denke das hängt davon ab wie viele Menschen die Spannung <strong>der</strong> Gegensätze in ihrer eigenen Seele aushalten. Wenn es genügend sind<br />

werden wir vermutlich dem Schlimmsten entgehen. Aber wenn nicht dann wird ein Atomkrieg kommen, unsere Zivilisation wird<br />

untergehen, so wie viele frühere auch, aber in viel größerem Ausmaß.« Dies zeigt den enormen Wert den Jung auf das Ertragen <strong>der</strong><br />

Gegensatzspannung und die Vereinigung <strong>der</strong> Gegensätze in uns selbst legte, falls uns das möglich ist. Denn wenn wir den dunklen<br />

Gegenpart hinter den Eisernen Vorhang o<strong>der</strong> auf die Terroristen projizieren, dann misslingt es uns das kleine Gewicht beizutragen, das<br />

wir in die positive Schale <strong>der</strong> Weltenwaage von Krieg und Frieden legen könnten.<br />

Wir können sagen, daß Rebekkas Weise <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Aufgabe fertig zu werden, die ihr durch die in ihrem Leib streitenden Zwillinge<br />

gestellt war, schon das Hauptmotiv enthält uns heute <strong>der</strong> aktiven Imagination zuzuwenden. Sie konnte nicht verstehen, was ihr<br />

geschah und wie Jung oft sagte, »ist das einzige unerträgliche Leiden dasjenige welches wir nicht verstehen«. Deshalb fragte Rebekka<br />

sich: »Wenn es so ist, warum bin ich so ?« und ging »den Herrn zu befragen«: Grundsätzlich war dieses Vorgehen dasselbe wie bei<br />

uns heute, wenn uns etwas Unerträgliches geschieht o<strong>der</strong> wenn die scheinbare Sinnlosigkeit des Lebens nicht mehr auszuhalten ist. In<br />

dieser Situation wenden wir uns einem Etwas o<strong>der</strong> Jemand zu, <strong>der</strong> mehr weiß als wir, da<strong>mit</strong> wir verstehen o<strong>der</strong> erfahren was wir tun<br />

sollen.<br />

In früheren Zeiten, als Jakob und Rebekka lebten, war <strong>der</strong> Mensch noch naiv und einfach genug sich direkt dorthin zu wenden, wovon<br />

er wusste, daß es <strong>der</strong> Urquell des Wissens war, - bei den frühen Juden war es »<strong>der</strong> Herr« -, und zu erfragen, was er wissen wollte. Zu<br />

<strong>der</strong> Zeit war er noch fähig zu hören was <strong>der</strong> unsichtbare Gegenpart antwortete. Es gibt immer noch Menschen die sich diese naive<br />

Einfachheit bewahrt haben, aber ich muß sagen, sie sind sehr selten und scheinen lei<strong>der</strong> fast ausgestorben zu sein. Dieses Merkmal<br />

entspricht dem Grundsatz <strong>der</strong> Elgonyi, Eingeborene in Ostafrika, die nach herkömmlicher Weise ihr ganzes Schicksal den Träumen<br />

ihrer Medizinmänner anvertrauten. Aber sie berichteten Jung 1925 traurig: »Nein, seit die Englän<strong>der</strong> gekommen sind, hatten wir keine<br />

großen Träume mehr, denn sehen Sie, <strong>der</strong> Bezirkskommissar weiß was wir tun sollen.« In diesen verstandesmäßigen Zeiten vertrauen<br />

wir alle, ob wir es wissen o<strong>der</strong> nicht, mehr und mehr dem Bezirkskommissar und allem was er vertritt. Auf diese Weise haben wir die<br />

Berührung verloren o<strong>der</strong> vielmehr vollkommen vergessen <strong>mit</strong> <strong>der</strong> übermenschlichen weisen Führung die im Unbewussten lebt und die<br />

Jung sogar »das absolute Wissen« nannte. Früher gab die Menschheit diesem absoluten Wissen einen Namen und nannte es »Gott«,<br />

»<strong>der</strong> Herr«, »Buddha-Geist«, usw.<br />

Laurens van <strong>der</strong> Post führt die frevelhafte Ausrottung <strong>der</strong> Buschmänner auf die Tatsache zurück, daß sie »unmöglich zu zähmen<br />

waren«. O<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Sprache die Jung zur Beschreibung <strong>der</strong> Elgonyi gebrauchte: es war unmöglich sie zur Aufgabe ihrer Träume und<br />

zum Vertrauen in den Bezirkskommissar zu zwingen. Und doch zeigt van <strong>der</strong> Posts ganzer Bericht über Hans Taaibosch in seiner<br />

fesselnden Novelle »A Mantis Carol« (Ein Mantis-Lied) lebhaft, den wie viel besseren Teil die Buschmänner wählten als sie sich<br />

weigerten die Führung ihres Gottes Mantis an den Bezirkskommissar abzugeben.<br />

In den ersten Tagen <strong>der</strong> Psychoanalyse, gleich nachdem sich die Wege von Jung und Freud getrennt hatten, durchlebte Jung eine<br />

Zeitspanne von <strong>der</strong> er in seinen »Erinnerungen« sagt: » (Es war) für mich eine Zeit innerer Unsicherheit . . . Ich fühlte mich völlig<br />

suspendiert, denn ich hatte meinen eigenen Stand noch nicht gefunden.« Er spürte, daß es beson<strong>der</strong>s nötig war eine völlig neue<br />

Einstellung zu seinen Patienten zu gewinnen, denn die Methoden, die er in <strong>der</strong> engen Zusammenarbeit <strong>mit</strong> Freud angewendet hatte,<br />

erschienen ihm nicht länger gültig und befriedigend. Er sagt: »So beschloss ich. zunächst einmal voraussetzungslos abzuwarten was<br />

sie von sich aus erzählen würden. Ich stellte also darauf ab was <strong>der</strong> Zufall brachte. « (S. 152) Später sah er, daß sehr wenig, wenn<br />

überhaupt etwas zufällig geschieht, tatsächlich hatte er schon seit 1911 sich selbst und seine Patienten dem Unbewussten anvertraut.<br />

Dadurch machte er die Entdeckung, daß es die bei weitem fruchtbarste Art <strong>der</strong> Traumdeutung war, die in den Träumen<br />

vorkommenden Tatsachen als Grundlage <strong>der</strong> Deutung zu nehmen und daß jegliche Theorie ihren Sinn nur verdreht und verdunkelt.<br />

Diese Methode wirkte bei seinen Patienten außerordentlich gut, aber Jung fühlte, daß er immer noch nicht den festen Grund gefunden<br />

hatte, auf dem er stehen konnte, noch kannte und verstand er seinen eigenen inneren Mythos. Er musste sich eingestehen, daß er nicht<br />

länger durch den christlichen Mythos bestimmt wurde in dem <strong>der</strong> Mensch <strong>der</strong> westlichen Welt seit 2000 Jahren lebte und daß er,<br />

obwohl er ein langes Buch über Mythen geschrieben hatte, seinen eigenen bis jetzt nicht kannte.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!