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Ratschlag annehmen wolle. Als Jung sich dankbar zeigte, sagte er: »Dies ist Gottes Land, nicht Menschenland und wenn die Dinge<br />

schief laufen, setzen Sie sich einfach hin und machen sich keine Sorgen.«<br />

Wenn <strong>der</strong> Lebensmüde seine eigenen wilden Emotionen sehen, das Gleichnis verstehen und vor allem den falschen Weg aufgeben und<br />

die richtige Art <strong>der</strong> aktiven Imagination lernen kann, dann hat er noch eine Chance die Situation zu retten, falls er <strong>mit</strong> den Worten des<br />

alten Siedlers, sich hinsetzen kann und sich keine Sorgen macht.<br />

Das zweite Gleichnis des Ba<br />

Ein Mann bittet seine Frau um einen Abendimbiß, aber seine Frau sagt zu ihm: »Erst zum Abendbrot: « Darauf geht er nach draußen<br />

um eine Zeitlang zu grollen und kehrt dann wie<strong>der</strong> nach Hause zurück, indem er wie ein an<strong>der</strong>er ist, während seine Frau für ihn<br />

erfahren ist, daß er nämlich gar nicht fähig ist, sie anzuhören, son<strong>der</strong>n gegrollt hat, leeren Herzens für Botschaften.<br />

Dieses Gleichnis erscheint einfach, aber ich fand es ausgesprochen schwierig zu verstehen. Es knüpft an den Schluß <strong>der</strong> vorigen<br />

Parabel an als nur <strong>der</strong> Mann und seine Frau gerettet wurden.<br />

Ich muß hier vorausschicken, daß in <strong>der</strong> anschließenden Rede des Ba deutlich wird, daß es das Ziel des Ba ist, dem Mann zu zeigen<br />

wie er für sie beide eine gemeinsame Behausung schaffen kann. Dieses Gleichnis ist das erste Erscheinen eines solchen Heimes,<br />

beschrieben in einer einfachen häuslichen Sprache. Es stellt offensichtlich die Grenzen des individuellen Lebens unseres Mannes dar,<br />

<strong>der</strong> Rahmen in dem <strong>der</strong> Mann und <strong>der</strong> Ba, Ich und Selbst sich begegnen können. Ein Haus und beson<strong>der</strong>s ein altes Haus ist in den<br />

Träumen ein sehr allgemeines Symbol des Selbst. Es ist <strong>der</strong> intime Bereich, die introvertierte Seite, die aber auch in die äußere Welt<br />

hinausreichen kann.<br />

Der Anlaß für den Streit ist überraschend. Der Mann möchte einen kleinen Happen essen, während seine Frau auf einer ganzen<br />

Mahlzeit besteht. Er benimmt sich wie ein Kind, das seinen Nachtisch zu Beginn des Essens haben will. Möglicherweise bezieht sich<br />

<strong>der</strong> Ba auf seine Selbstmordabsichten und daß er die Freuden des Jenseits vor <strong>der</strong> Zeit haben will. Diese Ungeduld beim Warten bis<br />

die Dinge genügend Zeit gehabt haben, um in unserem Unbewussten zu reifen, wird oft bei unserer eigenen aktiven Imagination<br />

sichtbar. Das sagt auch das Rosarium: »Jede Eile ist des Teufels« -Worte, die Jung häufig zitierte. Außerdem würde <strong>der</strong> Mann den<br />

Imbiß allein essen, während er das Abendessen zusammen <strong>mit</strong> seiner Frau einnehmen könnte, was den Gedanken <strong>der</strong> Gemeinschaft,<br />

<strong>der</strong> Beziehung und des Eros hineinbringt.<br />

Dieses Gleichnis zeigt auf bedeutsame Weise die Situation zwischen dem Bewusstsein und dem Unbewussten. Das Unbewusste<br />

bereitet das Abendessen vor, den cibus immortalis, das vollkommene und ewige Mahl, während das Bewusstsein immer auf einseitige<br />

Art nach diesem Essen sieht und dumme Imbisse will anstatt die ganze Mahlzeit eines sinnvollen Lebens zu essen. Wir neigen dazu,<br />

nach vernünftigen rationalen Dingen zu gelüsten, während die Wurzeln des Selbst höchst irrational sind.<br />

Das »Hinausgehen, um zu schmollen«, ist einwun<strong>der</strong>bares Bild für das, was wir immer tun, wenn uns das Unbewusste ein Essen<br />

serviert, das wir nicht mögen. Wir gehen aus uns selbst hinaus, wir verlassen unser Heim, unser Mandala. Wir werden emotional und<br />

stehen neben uns.<br />

Jung sagte oft, daß wir uns grundsätzlich immer selbst betrügen, wenn wir sagen, daß wir nicht wissen was wir <strong>mit</strong> diesem o<strong>der</strong> jenem<br />

tun sollen. Irgendwo wissen wir es sehr gut, aber wir wollen es nicht tun. Ich brauchte Jahre um diese Wahrheit einzusehen, denn <strong>der</strong><br />

Gedanke, daß man es nicht weiß, ist zu tief verwurzelt. Wie <strong>der</strong> Chinese sagt: »Es gibt einen Weisen (d. h. einen, <strong>der</strong> weiß was zu tun<br />

ist) in jedem von uns, aber die Menschen werden es nie fest genug glauben, so bleibt das Ganze begraben.« Es ist da, so wie es für den<br />

lebensmüden Mann auch da war, aber wir wollen es noch nicht essen.<br />

Der Ausdruck »während seine Frau für ihn erfahren ist« meint, wie Jacobsohn sagt, eine Wahrheit im äußeren Leben. Gerade wo ein<br />

Mann schwach ist, ist seine Frau für gewöhnlich stark. Das mag im Unbewussten noch wahrer sein, wo wir schwach sind, ist es stark.<br />

Beim Auffinden <strong>der</strong> ergänzenden Wahrheit im Unbewussten ist die aktive Imagination von größtem Nutzen. Aber <strong>der</strong> Mann hat Mühe<br />

den Standpunkt seiner Frau zu sehen, genauso wie wir Schwierigkeiten haben den völlig verschiedenen Standpunkt des Unbewussten<br />

zu sehen.<br />

Das Gleichnis endet da<strong>mit</strong>, daß es betont, <strong>der</strong> Mann sei nicht fähig gewesen seine Frau zu hören, weil sein Herz leer war für<br />

Botschaften. Der Leser wird sich daran erinnern, daß <strong>der</strong> Ba vorher seine Aufmerksamkeit darauf gelenkt hat, daß es »gut ist, wenn<br />

die Menschen zuhören«. Im Grunde schließt das Gleichnis <strong>mit</strong> einer direkten Auffor<strong>der</strong>ung an den Mann, seine aktive Imagination<br />

fortzuführen, aber <strong>mit</strong> einer an<strong>der</strong>en Haltung, echte aktive Imagination zu praktizieren, die enorme Anstrengung auf sich zu nehmen<br />

<strong>der</strong> Stimme des Unbewussten zuzuhören. Ihm wird gesagt, daß seine Nachgiebigkeit bloß sentimental und unrealistisch ist und daß<br />

dies schreckliche Konsequenzen hat, er kann die Wahrheit nicht hören und hat ein Herz das leer ist für Botschaften.

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