begegnungen-mit-der-seele.pdf
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die meisten Störungen verursacht. Grundsätzlich spricht <strong>der</strong> Ba von <strong>der</strong> Gefahr von Dingen außerhalb unserer selbst abzuhängen.<br />
Ich möchte daran erinnern, daß die aktive Imagination aus einer Art Geben und Nehmen zwischen Bewusstsein und Unbewusstem<br />
besteht. In unserem Text will <strong>der</strong> Ba jedenfalls den Mann über etwas belehren, daß er noch nicht weiß. Im nächsten Text ist es<br />
umgekehrt, dort ist es <strong>der</strong> Mann, <strong>der</strong> seine Anima belehren will. Der Lebensmüde versucht dagegen seinen Ba zu belehren wie wir<br />
gesehen haben, aber seine Bemühungen erweisen sich als Fehlschlag, denn es ist <strong>der</strong> Ba, <strong>der</strong> die größere Wahrheit besitzt. Die<br />
sarkastische Schärfe im Kommentar des Ba über seine sentimentale Haltung muß für den lebensmüden Mann ein großer Schock<br />
gewesen sein. Der Ba sagt zu ihm, daß er die falsche Art von aktiver Imagination ausübt, er überläßt sich <strong>der</strong> Sentimentalität und dem<br />
Selbst<strong>mit</strong>leid. Das gibt uns einen wertvollen Hinweis auf die Gefahr dieser Art von Sichgehenlassen, denn <strong>der</strong> Ba sagt ohne<br />
Umschweife, daß <strong>der</strong> Mann in seinem Leben schon tot ist und nie mehr ans »Licht <strong>der</strong> Sonne« kommen kann, wenn er so<br />
weitermacht. Der Grund ist, daß man sich durch solche Nachgiebigkeit den falschen Phantasien gegenüber selbst behext, man verliert<br />
den Kontakt zur Realität und übt eine schlechte Wirkung auf sich selbst und an<strong>der</strong>e aus. Wenn <strong>der</strong> Mann nicht zufällig den Ba gehört<br />
hätte, hätte er sich in diese unrealistischen Phantasien versponnen und wäre unvermeidlich darin untergegangen. Außerdem dürfen wir<br />
nicht außer Acht lassen, daß <strong>der</strong> Mann betonte, er sei nicht brutal und doch den Plan hatte sich selbst zu töten. Das Gegenteil von<br />
Brutalität ist immer Sentimentalität.<br />
Die abschließenden Sätze des Ba sind beson<strong>der</strong>s eindrucksvoll:<br />
Nun höre auf mich! Siehe, es ist gut wenn die Menschen hören. Folge dem schönen Tag und vergiß die Sorge!<br />
Dieses Insistieren auf dem Zuhören ist für uns heute sehr positiv und nützlich. Wir haben immer noch Schwierigkeiten <strong>der</strong> echten<br />
Stimme des Unbewussten zuzuhören. Wir betrügen uns immer selbst, wenn wir meinen, daß es nicht zu uns sprechen will, aber<br />
weitaus öfter wollen wir es gar nicht hören. Wir haben unsere Lieblingsideen über uns, die wir nicht aufgeben wollen und im Grunde<br />
genommen verlieren wir einfach die Nerven, denn es erfor<strong>der</strong>t wirklichen Heldenmut <strong>der</strong> unerbittlichen Realität des Unbewussten ins<br />
Auge zu sehen.<br />
Wenn <strong>der</strong> Ba sagt: »Folge dem schönen Tag und vergiß deinen Kummer«, lenkt er die Aufmerksamkeit auf die Wichtigkeit des Hier<br />
und Jetzt. Eine wun<strong>der</strong>volle Beschreibung dieses »Hier und Jetzt« findet sich in Jungs Seminar über Nietzsches »Also sprach<br />
Zarathustra«. Wenn wir wirklich im Hier und Jetzt sind, dann sind wir vollständig und das ist das Schwierigste und Erschreckendste,<br />
aber auch das Wertvollste was man sein kann. Der lebensmüde Mann hat offensichtlich keine Vorstellung von <strong>der</strong> Wichtigkeit des<br />
Hier und Jetzt, sonst hätte er nicht einmal daran denken können sein Leben wegzuwerfen. Der Ba for<strong>der</strong>t ihn heraus, zuerst ein Mann<br />
und danach ganz zu werden.<br />
Entwe<strong>der</strong> gab <strong>der</strong> Ba dem Mann keine Gelegenheit auf seine Rede zu antworten o<strong>der</strong> er reagierte nicht darauf, denn <strong>der</strong> Ba fährt fort,<br />
indem er ihm zwei Gleichnisse erzählt. Sie sind sehr interessant und bedeutsam, daher zitiere ich sie vollständig:<br />
Das erste Gleichnis des Ba<br />
Ein Mann bestellt sein Grundstück. Er lädt dann seine Ernte in einen Schiffsraum und begeht die Schiffsfahrt. Sein Fest (<strong>der</strong><br />
Heimkehr) naht heran, nachdem er gesehen hat, daß eine Nacht des Sturmes heraufkommt und [nachdem er] entkommen ist <strong>mit</strong> seiner<br />
Frau, während sein Kind zugrunde gegangen ist auf dem Gewässer, daß gefährlich war in <strong>der</strong> Nacht durch die Krokodile. Dann am<br />
Ende [dieser Erlebnisse] saß er da, wurde <strong>der</strong> Sprache wie<strong>der</strong> mächtig und sagte: »Ich habe nicht geweint wegen jener Dirne (sein<br />
Kind). Sie kann nicht aus dem Westen wie<strong>der</strong>um auf die Erde zurückkehren. Aber ich gräme mich wegen ihrer Kin<strong>der</strong>, die [schon] im<br />
Ei zerbrochen sind und das Gesicht des Krokodilgottes gesehen haben, noch ehe sie gelebt haben.«<br />
Der Ba gebraucht eine symbolische Sprache um dem Mann zu helfen, daß er sehen kann was er nicht direkt verstehen konnte. Diese<br />
Gleichnisse sind wie blitzartige Kinoszenen, die plötzlich in unsere aktive Imagination hineinbrechen und zu schnell sind, als daß wir<br />
daran teilnehmen könnten o<strong>der</strong> wie ein Traum <strong>der</strong> als Korrektur o<strong>der</strong> Erhellung unserer aktiven Imagination kommt.<br />
Da es hier keine Assoziationen wie bei einem lebenden Träumer gibt, müssen wir den Kontext aus den Themen aufnehmen, aus<br />
Platzgründen will ich hier nur erwähnen, daß in Ägypten seit Beginn des Ackerbaus die Ernte ein beson<strong>der</strong>s wichtiges Symbol ist.<br />
Wie bekannt, war <strong>der</strong> Gott Osiris stark <strong>mit</strong> dem Getreideanbau verbunden. Afrika ist das Land <strong>der</strong> Stürme, so daß <strong>der</strong> Afrikaner etwas<br />
Furchtbares meint, wenn er vom Sturm spricht. Das Schiff stellt etwas von Menschenhand Gemachtes dar - eine menschliche Art<br />
unterwegs zu sein. Man spricht zum Beispiel heute noch vom Kirchenschiff.<br />
Der Krokodilgott spielt in <strong>der</strong> ägyptischen Religion eine große Rolle. Er ist ein sehr paradoxer Gott zur Zeit unseres lebensmüden<br />
Mannes höchst positiv angesehen, obwohl er später sowohl <strong>mit</strong> Osiris als auch <strong>mit</strong> Seth, seinem Zerstörer, gleichgesetzt wurde. Eine<br />
für uns wichtige Bedeutung von Sobek, dem Krokodilgott, ist die, daß er die verstreuten Stücke des toten Osiris sammelte und wie<strong>der</strong><br />
zu einem Ganzen zusammenfügte. An<strong>der</strong>erseits war das Krokodil selbst immer eine große Gefahr für die Ägypter.