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Inhalte <strong>der</strong> äußeren Welt, aber ebenso wie wir unsere Orientierung in einer schwierigen äußeren Situation verlieren können, die wir<br />

leicht gemeistert hätten, wäre nicht die Angst über uns gekommen, so kann es uns auch in unserer Konfrontation <strong>mit</strong> dem<br />

Unbewussten geschehen, sogar <strong>mit</strong> noch beunruhigen<strong>der</strong>en Folgen weil sie unbekannt sind. Richtig gebraucht kann die Methode. <strong>der</strong><br />

aktiven Imagination die größte Hilfe sein, um unser Gleichgewicht zu halten und das Unbekannte zu erforschen, aber missverstanden<br />

und darin schwelgend anstatt sie als Stück harter wissenschaftlicher Arbeit zu betrachten, kann sie im Unbewussten Kräfte auslösen,<br />

die uns überwältigen und sogar vorübergehend in einen psychotischen Zustand bringen können.<br />

Vor allem müssen wir uns vergegenwärtigen, daß aktive Imagination harte Arbeit ist - wahrscheinlich das ermüdendste Stück Arbeit<br />

dem wir uns je ausgesetzt haben. Wir unternehmen es, um Unterhandlungen zu eröffnen <strong>mit</strong> allem das in unserer Psyche unbekannt<br />

ist. Ob wir es wissen o<strong>der</strong> nicht, unser ganzer Seelenfriede hängt von diesen Unterhandlungen ab, sonst wären wir immer ein Haus,<br />

das <strong>mit</strong> sich selbst entzweit ist, gequält ohne zu wissen warum und sehr unsicher weil etwas Unbekanntes in uns selbst uns ständig<br />

entgegensteht. So wie Jung in »Psychologie und Alchemie« schreibt: „Wir wissen, daß die Maske des Unbewussten nicht starr ist - sie<br />

spiegelt das Gesicht, das wir ihr zuwenden. Feindseligkeit verleiht ihr einbedrohliches Aussehen, Freundlichkeit mil<strong>der</strong>t ihre Züge.“<br />

Es ist deshalb äußerst wichtig; sich freundlich zu dem Gedanken zu stellen, daß es einen großen Teil <strong>der</strong> persönlichen Natur gibt und<br />

mehr noch <strong>der</strong> unpersönlichen Natur, den wir nicht kennen und <strong>der</strong> nicht aufhört zwingende Wirkungen auf uns auszuüben. Wenn wir<br />

einmal realisieren -möglichst aus eigener Erfahrung -, daß dies eine Tatsache ist die wir nicht än<strong>der</strong>n können, gibt es wirklich keinen<br />

Grund, uns nicht freundlich dazu zu stellen. Wenn uns das Schicksal dazu zwingt <strong>mit</strong> Gefährten zu leben, die wir uns nicht selbst<br />

ausgesucht haben, ist es klar, daß das Leben viel glatter weitergeht, wenn wir ihnen ein freundliches statt ein feindliches Gesicht<br />

zukehren.<br />

Ich erinnere mich an eine kluge Frau, die mir erzählte, auf einer langen Reise durch Län<strong>der</strong>, die sie schon immer sehen wollte, habe<br />

sie ein Zimmer <strong>mit</strong> einer an<strong>der</strong>en Frau teilen müssen, die ihr vollkommen unsympathisch war.. Zuerst dachte sie, dies würde ihr die<br />

Reise unvermeidlich ver<strong>der</strong>ben. Dann spürte sie, daß sie die interessantesten und schönsten Wochen ihres Lebens verschwenden<br />

würde, wenn sie ihrem Wi<strong>der</strong>willen erlaubte ihr diese Zeit zu ver<strong>der</strong>ben. Deshalb nahm sie sich vor, ihre unsympathische Gefährtin zu<br />

akzeptieren, sich von ihren Gefühlen und von <strong>der</strong> Frau selbst zu lösen, indem sie nett und freundlich zu ihr war. Diese Methode<br />

funktionierte prächtig und sie brachte es fertig die Reise außerordentlich zu genießen.<br />

Es ist genau dasselbe <strong>mit</strong> den Dingen aus dem Unbewussten, die wir verabscheuen und bei denen wir spüren, daß sie uns<br />

unsympathisch sind. Wir ver<strong>der</strong>ben uns unsere eigene Lebensreise wenn wir es uns erlauben, uns über sie zu ärgern. Wenn wir sie als<br />

das annehmen können, was sie sind, und freundlich zu ihnen sind, finden wir oft, daß sie eigentlich nicht so schlimm sind und<br />

zumindest werden wir von ihrer Feindschaft verschont.<br />

Die erste Gestalt, die wir gewöhnlich bei <strong>der</strong> Begegnung <strong>mit</strong> dem Unbewussten antreffen, ist <strong>der</strong> persönliche Schatten. Da er (o<strong>der</strong><br />

sie) hauptsächlich aus dem besteht, was wir in uns selbst verworfen haben, ist er uns meistens genauso unsympathisch wie die<br />

Reisegefährtin <strong>der</strong> betreffenden Frau. Wenn wir uns also feindselig zum Unbewussten stellen, wird es immer unerträglicher. Aber<br />

wenn wir freundlich sind, sein Recht anerkennen, so zu sein wie es ist, wird sich das Unbewusste in bemerkenswerter Weise än<strong>der</strong>n.<br />

Als ich einmal einen Traum von einer Schattenfigur hatte, die mir beson<strong>der</strong>s wi<strong>der</strong>wärtig war, die ich aber aufgrund früherer<br />

Erfahrung annehmen konnte, sagte Jung zu mir: »Nun ist Ihr Bewusstsein weniger hell, aber viel weiter, Sie wissen, daß Sie als<br />

unbestreitbar ehrenhafte Frau doch auch unehrenhaft sein können. Das mag unangenehm sein, aber es ist in Wirklichkeit ein großer<br />

Gewinn.« Je weiter wir gehen, desto mehr merken wir, daß jede Bewusstseinserweiterung tatsächlich <strong>der</strong> größte Gewinn ist den wir<br />

haben können. Fast alle unsere Schwierigkeiten im Leben kommen daher, daß wir ein zu enges Bewusstsein haben, um ihnen zu<br />

begegnen und sie zu verstehen und nichts hilft uns mehr, diese Schwierigkeiten zu verstehen, als zu lernen, wie wir <strong>mit</strong> ihnen in <strong>der</strong><br />

aktiven Imagination in Kontakt treten können. Ich hoffe unsere späteren Beispiele werden das zeigen.<br />

Wie ich vorher sagte, ist die aktive Imagination, obwohl sie sich von ihren Vorgängerinnen dadurch unterscheidet, daß sie in ihrer Art<br />

viel empirischer und wissenschaftlicher ist, keineswegs eine neue Methode. Man könnte sogar sagen sie ist so alt wie die ersten<br />

Bemühungen des Menschen, <strong>mit</strong> Kräften in Berührung zu kommen, die größer und unvergänglicher sind als er. Wenn <strong>der</strong> Mensch<br />

versucht <strong>mit</strong> solchen Mächten Unterhandlungen zu eröffnen, um sich <strong>mit</strong> ihnen auf guten Fuß zu stellen, entdeckt er unwillkürlich<br />

eine Art von aktiver Imagination. Wenn man das Alte Testament aufmerksam unter diesem Gesichtspunkt liest, sieht man, daß es voll<br />

von solchen Versuchen ist. Ich erinnere als ein Beispiel von vielen an die Weise wie Jakob sein ganzes Leben nach dem ausrichtete,<br />

was er den Herrn zu sich sprechen hörte. Es ist wahr, daß bei Jakob <strong>der</strong> Wille des Herrn oft durch Träume offenbart wurde, aber das<br />

war keineswegs immer so. Jakob hatte zweifellos die Fähigkeit zu hören, was diese Mächte zu ihm sagten - ob sie nun in diesem<br />

beson<strong>der</strong>en Falle Gott o<strong>der</strong> das Unbewusste heißen, macht keinen Unterschied -, von seiner Mutter Rebekka geerbt. Sie machte sich<br />

auf, »den Herrn zu erforschen«, als die Zwillinge in ihrem Leib stritten und sie entwickelte ihre eigenen, ziemlich zweifelhaften<br />

Methoden, auf Seine Antwort hin <strong>mit</strong> ihrem alten Gatten und den beiden Söhnen umzugehen. »Ziemlich zweifelhafte Methoden«<br />

waren es sicher, wenn wir sie vom Standpunkt <strong>der</strong> allgemeinen Moral aus beurteilen, aber wenn wir bedenken, daß sie den Willen des<br />

Herrn ausführte, bekommen sie ein an<strong>der</strong>es Aussehen. Der Herr selbst sagt zu uns: »Ich mache das Licht und schaffe die Finsternis,

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