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Wir müssen eine Beziehung zum Selbst haben und unser Möglichstes tun, daß es sein individuelles und einzigartiges Muster entfalten<br />

kann, das unsere Bestimmung im Leben ist, aber wir müssen auch wissen, daß wir es nie erfassen können, denn es erstreckt sich in die<br />

Unendlichkeit.<br />

Der Leser mag einwenden, keine <strong>der</strong> Figuren in Edwards Imagination, außer vielleicht <strong>der</strong> Teufel, entspreche <strong>der</strong> allgemeinen<br />

Auffassung von einem Dämon, aber ich verwende das Wort im Sinne von »daimon«. Nach antiker Auffassung wurde jede Figur<br />

zwischen Gott und Mensch als »daimon« angesehen. In diesem Sinne ist die Anima ein »daimon« und wir müssen ihre drei Aspekte,<br />

die in <strong>der</strong> Imagination erscheinen in diesem Licht betrachten. Von den dreien ist <strong>der</strong> am meisten individuelle und auf Edward<br />

bezogene Aspekt in <strong>der</strong> Führerin verkörpert. Von ihr kann sogar gesagt werden, daß sie die Anima an ihrem richtigen Platz ist, als<br />

Funktion <strong>der</strong> Brücke zwischen dem Bewusstsein und dem Unbewussten. Sie führt Edward aus seinem elenden äußeren Leben heraus<br />

in ihr eigenes Reich, das Unbewusste. Dort sorgt sie für ihn und scheint zu wissen, daß alles von seinem Überleben abhängt, obwohl<br />

sie oft sehr streng <strong>mit</strong> ihm ist und seiner bisherigen Lebensweise kritisch gegenübersteht, sie ist daher sehr darum besorgt ihm beim<br />

Überleben zu helfen.<br />

Vierauge ist ebenfalls eine Anima Figur und muß eine Verbindung zu Edward haben, denn sonst hätte er nicht die Aufgabe gehabt, sie<br />

zu befreien und sie hätte <strong>der</strong> Führerin nicht geklagt, daß sie wegen seiner Nachgiebigkeit <strong>der</strong> Hexe gegenüber gefangen ist. Aber ihr<br />

Charakter ist viel archetypischer als <strong>der</strong> <strong>der</strong> Führerin und kommt aus einer so tiefen Schicht, daß sie Merkmale hat die in Wirklichkeit<br />

zum Selbst gehören, ihre vier Augen die in vier Farben strahlen, sind ein Attribut <strong>der</strong> Ganzheit. Sie ist ein an<strong>der</strong>er Aspekt <strong>der</strong> Anima,<br />

<strong>der</strong> <strong>der</strong> Führerin näher steht als Edward. Es ist die Führerin, die weiß wo sie gefangen ist und Edward zu ihr schickt um sie zu erlösen,<br />

und nur durch das Dazwischentreten <strong>der</strong> Führerin und ihre Erwähnung des Feuergeistes, <strong>der</strong> ein Bild des Selbst ist, wird Edward durch<br />

die Ungeduld von Vierauge nicht zerstört.<br />

Die verwandelte Hexe ist ebenfalls ein Aspekt von Edwards Anima, sie ist durch ihre vier Brüste noch archetypischer und <strong>mit</strong> dem<br />

Selbst verbunden. Sie erscheint als die nährende Mutter, das genaue Gegenstück <strong>der</strong> Hexe, die Edward alles dessen beraubt hatte was<br />

das Leben lebenswert macht. Wahrscheinlich werden alle diese Aspekte <strong>der</strong> Anima sich als eine und dieselbe erweisen wenn er <strong>mit</strong><br />

dem Unbewussten vertrauter ist.<br />

Der vierte Aspekt <strong>der</strong> Anima ist in <strong>der</strong> Taube verkörpert. Neben <strong>der</strong> offenkundigen Beziehung des Vogels zum Geist wird doch <strong>der</strong><br />

Heilige Geist selbst oft vinculum amoris, das Band <strong>der</strong> Liebe zwischen Vater und Sohn genannt. Außerdem sind es in einer<br />

alchemistischen Allegorie des Philaletha, die in »Mysterium Coniunctionis« ausführlicher von Jung zitiert wird, die Tauben <strong>der</strong> Diana,<br />

welche »die Bösartigkeit <strong>der</strong> Luft mil<strong>der</strong>n«. Es ist bemerkenswert, daß <strong>der</strong> Teufel nur noch einen schwachen Versuch macht, Edward<br />

zu entmutigen, nachdem sie die Taube befreit haben und daß es abgesehen vom Herbeischaffendes Schlüssels und des Seiles,<br />

wie<strong>der</strong>um die Taube ist die es Edward ermöglicht die Hexe zu erschießen indem sie <strong>der</strong>en Medusagleichen lähmenden Blick mil<strong>der</strong>t.<br />

Die Taube ist so <strong>mit</strong> Edward und Vierauge verbunden, sie sitzt auf Edwards o<strong>der</strong> des Buckligen Schulter, wenn sie nicht <strong>mit</strong> einer<br />

wichtigen Aufgabe betraut ist, daß von ihr gesagt werden kann, sie verkörpere Eros, das weibliche Prinzip. Zudem war die Taube am<br />

meisten <strong>mit</strong> dem Buckligen verbunden den sie während seiner Gefangenschaft jeden Tag besucht hatte.<br />

Da Edward durch seine kalte Mutter aller menschlichen Beziehung beraubt war, ist es nicht überraschend, daß das Eros-Prinzip <strong>der</strong><br />

am meisten Unbewusste Teil seiner weiblichen Seite ist. Jung sagte, wenn wir von einem personifizierten Teil unserer Psyche als Tier<br />

träumen, bedeutet dies, daß er noch weit entfernt von unserem Bewusstsein ist. Das Eros Prinzip war wirklich sehr weit weg von<br />

Edwards Bewusstsein. Das zeigte sich im seiner Idee im Traum <strong>mit</strong> dem die Imagination begann, daß er im Bordell Beziehungen<br />

finden könne. Dies ist ein typisch männlicher Fehler, ein Mann verwechselt oft Sexualität <strong>mit</strong> Beziehung. In »Die Frau in Europa«<br />

sagt Jung sogar: »Ein Mann meint er besitze eine Frau, wenn er sie sexuell erobert hat. Nie besitzt er sie weniger, denn für eine Frau<br />

ist die Eros Beziehung die einzig reale und entscheidende.«<br />

Obwohl sich Edwards Einstellung zu den Freuden des Lebens wie Essen und Trinken in <strong>der</strong> Bankett-Szene vollkommen än<strong>der</strong>t, bleibt<br />

seine Einstellung zum Sex dieselbe. Während des Mahles sieht Edward den Bootsmann <strong>mit</strong> den nackten Dienerinnen flirten ohne<br />

dafür getadelt zu werden. Edward vernachlässigt das Essen und versucht dasselbe. Das zieht aber sofort eine Rüge von <strong>der</strong> Führerin<br />

nach sich, die ihm sagt er solle die Mädchen sein lassen und sich auf die irdischen Frauen beschränken. Anscheinend ist <strong>der</strong><br />

Bootsmann noch nicht genügend Teil von Edwards Bewusstsein um unter dem Gesetz des sterblichen Mannes zu stehen. Die Führerin<br />

und Vierauge hatten vorher geklagt es seien Edwards sexuelle Phantasien gewesen, durch die sie gefangen waren, daher versteht man<br />

den Schrecken <strong>der</strong> Führerin, als sie sieht, daß er in dieser Hinsicht unverän<strong>der</strong>t ist. Er wirft den Dienerinnen dieselben Blicke zu wie<br />

am Anfang <strong>der</strong> Imagination den Prostituierten. Es scheint das er auf diesem Gebiet tief verwundet worden ist und noch sehr viel<br />

Arbeit vor sich hat bis dieser Teil sich wandeln kann. Jedoch ist es bemerkenswert wie sich das ganze Land verän<strong>der</strong>t hat nachdem die<br />

Hexe gewandelt war.<br />

Das Land, das immer als felsige, von giftigen Tieren bevölkerte Wildnis beschrieben wurde, wird grün und fruchtbar und fließt über<br />

von Nahrung je<strong>der</strong> Art und von Wein. Das ist ein klarer Hinweis darauf, daß Edwards Umgebung wie auch er selbst durch diese<br />

Imagination gewandelt worden sind.

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