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Menelaos ihn zu fragen. Er enthüllte, daß Menelaos einen Fehler gemacht habe, Troja so schnell zu verlassen. Er hätte bleiben und<br />

»Zeus und allen an<strong>der</strong>en Göttern reichliche Opfer darbringen sollen«, wenn er »schnell über das weindunkle Meer heimkehren<br />

wollte«. Nun konnte er nur nach Ägypten zurückfahren, um »den ewigen Göttern feierlich zu opfern«. Als Menelaos hörte, daß er »die<br />

lange und mühsame Reise über das neblige Meer nach Ägypten« machen musste, brach es ihm fast das Herz, aber da er wusste, daß es<br />

keinen Ausweg gab, versprach er Proteus alles zu tun, was er ihm geraten hatte.<br />

Danach stellt er weitere Fragen, diesmal über die Sicherheit seiner Landsleute, die er und Nestor in Troja zurückgelassen hatten. Nach<br />

<strong>der</strong> Warnung, daß seine Tränen fließen würden, gab Proteus ihm die gewünschte Information, von <strong>der</strong> ich zwei Beispiele erwähnen<br />

möchte. Agamemnon, Menelaos Bru<strong>der</strong>, war ein paar Stunden nach seiner Ankunft zu Hause durch den Verrat seiner Frau und ihres<br />

Geliebten Ägisthos ermordet worden (Klytamnestra war Helenas Schwester, denn die beiden Brü<strong>der</strong> hatten zwei Schwestern<br />

geheiratet). Das zweite Schicksal war für Telemachos das wichtigste. Sein Vater Odysseus war unglücklicherweise auf einer fernen<br />

Insel von <strong>der</strong> Zauberin Kalypso gefangen worden.<br />

Nachdem er einige Zeit in großer Bequemlichkeit bei Menelaos verbracht hatte, ermahnte Pallas Athene Telemachos, daß es an <strong>der</strong><br />

Zeit sei heimzukehren. Sie begleitete ihn auf einer weitschweifigen Route nach Hause, um dem Hinterhalt zu entgehen, den die<br />

ruchlosen Freier, die ihn töten wollten, gelegt hatten. Anstatt ihn heimkehren zu lassen, führte sie ihn zur Hütte seines treuen<br />

Schweinehirten. Wo er seinen Vater als Bettler verkleidet fand, <strong>der</strong> endlich nach 19 Jahren Wan<strong>der</strong>schaft nach Ithaka zurückgekehrt<br />

war.<br />

Mein Hauptgrund, dieses Material aus <strong>der</strong> Odyssee wie<strong>der</strong>zugeben, ist es zu zeigen, wie wichtig das Festhalten am ersten Bild ist, das<br />

uns bei <strong>der</strong> aktiven Imagination erscheint und ihm nicht zu erlauben, uns durch schnelle Verwandlungen zu entkommen, es würde das<br />

tun, wenn es sich selbst überlassen bliebe. Aber ich habe die Odyssee etwas breiter zitiert, um die Aufmerksamkeit des Lesers auf die<br />

Wichtigkeit <strong>der</strong> Zusammenarbeit zwischen Bewusstsein und Unbewusstem zu lenken. Wenn ihm nicht von dem geholfen worden<br />

wäre, das wir das Unbewusste nennen und das von Homer als die Unsterblichen beschrieben wird, welche Chance hätten Menelaos<br />

o<strong>der</strong> Telemachos gehabt, nach Hause zurückzukommen? Wäre Menelaos, dem doch fast das Herz brach, ohne das Wissen, das Proteus<br />

ihm gab, je nach Ägypten zurückgefahren? Doch nur in Ägypten konnte er Opfergaben finden, reich genug um die Götter zufrieden<br />

zustellen, so daß sie ihm günstige Winde sandten. Und Telemachos wäre zweifellos in <strong>der</strong> Falle <strong>der</strong> Freier umgekommen, hätte er<br />

nicht Pallas Athene als Führerin gehabt.<br />

All dies wird noch deutlicher in <strong>der</strong> Hauptgeschichte <strong>der</strong> Odyssee, nämlich von Odysseus selbst, aber wir haben genug gesehen um zu<br />

merken wie dieselben Unsterblichen uns auch heute noch führen, auch wenn wir sie in unserem mo<strong>der</strong>nen Material <strong>mit</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Namen benennen. Ich werde in späteren Kapiteln versuchen die Parallelen zwischen <strong>der</strong> antiken Odyssee und unseren mo<strong>der</strong>nen<br />

Bemühungen herauszustreichen.<br />

Die einzige Gestalt des Unbewussten die wir bisher erwähnt haben ist <strong>der</strong> Schatten. Diese Gestalt ist dem Bewusstsein am nächsten<br />

und die einzige die in ihrem persönlichen Aspekt vollkommen bewusst gemacht werden kann. Trotzdem machen es die Träume oft<br />

nötig sich gleichzeitig o<strong>der</strong> sogar vor dem Schatten <strong>mit</strong> Animus und Anima zu befassen. Dies gewöhnlich deshalb, weil die<br />

Meinungen des Animus es unmöglich machen, den Schatten so zu sehen wie er wirklich ist, die Tendenz <strong>der</strong> Anima ist es hingegen<br />

dem Mann in launische Unzufriedenheit fallen zu lassen, so daß er davon abgehalten wird, irgendeinen Wert in den Eigenschaften<br />

seines Schattens zu sehen. Aber die volle Auseinan<strong>der</strong>setzung <strong>mit</strong> dem Schatten muß unternommen werden, bevor es möglich ist, sich<br />

<strong>mit</strong> Animus o<strong>der</strong> Anima auseinan<strong>der</strong> zu setzen.<br />

Als ich einmal in <strong>der</strong> Analyse große Mühe hatte, die Gestalten meines Unbewussten wahrzunehmen, legte Jung die Fingerspitzen<br />

bei<strong>der</strong> Hände vor sich auf den Tisch. Dann sagte er, ich solle mich als ein zweidimensionales Wesen denken, als ein plattes Wesen<br />

sozusagen und ihm berichten wie ich dann seine Hände erlebe. Natürlich wäre ich nur <strong>der</strong> flachen Oberfläche seiner Fingerspitzen<br />

gewahr geworden und wie hätte ich wissen sollen, daß sie in <strong>der</strong> dritten Dimension durch die Hände <strong>mit</strong>einan<strong>der</strong> verbunden sind? Ich<br />

hätte es jedenfalls nicht wissen können. Ich hätte nur die platten Oberflächen seiner Fingerspitzen beobachten können und hätte durch<br />

die Art ihrer Erscheinung langsam das Gewebe kennengelernt, das zu je<strong>der</strong> von ihnen gehört und wie weit sie voneinan<strong>der</strong> entfernt<br />

sind. Wenn z. B. durch die Streckung eines Armes die eine Hand von <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en weit entfernt wäre, hätte ich erfahren, daß die<br />

Fingerspitzen <strong>der</strong> einen Hand näher zusammenliegen als die <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Hand.<br />

Jung erklärte, daß wir in bezug auf das Unbewusste in genau <strong>der</strong>selben Lage sind. Wir sind uns nur dreier Dimensionen bewusst,<br />

während die Gestalten des Unbewussten sich uns aus einer unbekannten vierten Dimension nähern. Man sollte solche Parallelen nicht<br />

zu weit treiben, aber dieses Beispiel kann dazu dienen, zu erklären, warum es in <strong>der</strong> wirklichen Auseinan<strong>der</strong>setzung <strong>mit</strong> dem<br />

Unbewussten notwendig ist, zuerst über den Schatten bewusst zu werden. ,Alles, was wir nicht mögen, wird so schnell wie möglich<br />

vergessen o<strong>der</strong> wird um bei dem Beispiel zu bleiben in die nächste Dimension gestoßen und geht so unserem Blick verloren. Wenn<br />

<strong>der</strong> flache Mensch z. B. das Schwarz in <strong>der</strong> Zeichnung seiner Fläche nicht mag, könnte er es in die dritte Dimension schieben, so daß<br />

es seinen Augen entschwindet. Doch die Fingerspitzen, die sich ihm aus <strong>der</strong> dritten Dimension näherten und seine Fläche berührten,<br />

würden <strong>mit</strong> <strong>der</strong> verworfenen schwarzen Substanz überzogen sein. Unnötig zu sagen wie sehr ihn das beim Versuch <strong>der</strong>

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