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it was really - Mathias Kessler

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Oben: Geplante Route nach Crocker Land<br />

Above: Planned route to Crocker Land<br />

Untenstehend: Detail des vereisten,<br />

tauenden und zufrierenden Spiegelwand;<br />

oder Crocker Land<br />

Below: Freezing mirror melting and freezing,<br />

detail; or Crocker Land<br />

DAS LETZTE STÜCK VOM REST DER WELT<br />

„... sollte Land in Sicht sein, war die Ze<strong>it</strong> jetzt an uns. Ja, da war es!“<br />

—Donald MacMillan<br />

Man nannte es das letzte geografische Problem der Welt. Jense<strong>it</strong>s<br />

der Axel-Heiberg-Insel und Grantland lagen gleich einer Rechenaufgabe,<br />

die es zu lösen galt, 500.000 Quadratmeilen unerforschtes Gebiet.<br />

Crocker Land war der Bestimmungsort einer groß angelegten Polarexped<strong>it</strong>ion,<br />

die 1913 auf einem Schiff namens Diana vom Brooklyn Navy<br />

Yard in See stach. Nicht <strong>was</strong> sie über Crocker Land wusste, ließ die Besatz-<br />

ung dieses Ziel ansteuern, sondern <strong>was</strong> sie nicht darüber wusste. Ob es sich<br />

tatsächlich um Neuland handelte, lag völlig im Ungewissen, es erhob sich<br />

möglicherweise aus dem Polarmeer als ein erhebliches Stück Erde, das<br />

nicht bestätigt oder kartiert worden war. Deshalb bedeutete Crocker Land<br />

eine nicht zu unterschätzende Herausforderung für jene Männer, die das<br />

Spiel eingegangen waren, das Letzte Stück vom Rest der Welt zu finden.<br />

Zum ersten Mal gesichtet wurde Crocker Land im Juni 1906 von einem<br />

Berggipfel aus. Länge 83 Grad Nord, Bre<strong>it</strong>e 100 Grad West. Es schimmerte<br />

120 Meilen über das Polarmeer nach Kap Thomas Hubbard herüber. Der<br />

Mann, der es sah, war Robert Peary, ein Respekt einflößender Arktisforscher<br />

von enormer Reputation, der über die Jahre acht Zehen an den Frost<br />

verloren hatte, ein Mann von sowohl unbezweifelbaren als auch fragwürdigen<br />

Leistungen. Beispielsweise könnte Peary auf derselben Exped<strong>it</strong>ion,<br />

auf der er Crocker Land ausmachte, als erster Forscher den Nordpol erreicht<br />

haben oder auch nicht (seine Behauptungen darüber waren seinerze<strong>it</strong><br />

umstr<strong>it</strong>ten, wurden dann im 20. Jahrhundert überwiegend akzeptiert und<br />

werden heute abermals bezweifelt). Ebenso mag Peary Crocker Land<br />

gesehen haben oder auch nicht. Bemerkenswert ist, dass Peary an dem<br />

Datum, an dem er den Nordpol erreicht zu haben behauptete, in sein<br />

Tagebuch schrieb: „Endlich der Pol!!!… Endlich mein“ – während an<br />

dem Datum, als er Crocker Land gesehen zu haben behauptete, in seinem<br />

Tagebuch steht: „Kein Land zu sehen“. 1<br />

Tagebuchgekr<strong>it</strong>zel einmal beise<strong>it</strong>e genommen, berichtete Peary in<br />

„Nearest the Pole“ (1907), er habe von seinem Standort am Kap Thomas<br />

Hubbard eine große Landmasse erblickt, und nannte das, <strong>was</strong> er sah, „Crocker<br />

Land“, nach George Crocker, dem Millionär, der seine Exped<strong>it</strong>ion von<br />

1905-06 bezahlt hatte. Später sollten Pearys Kr<strong>it</strong>iker dessen Sichtung von<br />

Crocker Land als Fälschung bezeichnen – ein kalkulierter, schmeichelhafter<br />

Anreiz, um we<strong>it</strong>ere finanzielle Unterstützung von Crocker zu bekommen.<br />

Seinerze<strong>it</strong> aber nahmen die meisten Peary beim Wort, darunter auch einer<br />

seiner verdienstvollsten M<strong>it</strong>arbe<strong>it</strong>er, Donald Baxter MacMillan, in dessen<br />

Gedankenwelt sich diese Verheißung einer in der Ferne gl<strong>it</strong>zernden Küste<br />

nachhaltig einnistete. Der Pol mochte schon abgesteckt sein, doch hier war<br />

eine neue Karte anzulegen, ein Ort, um Keksdosen zu vergraben und eine<br />

Fahne festzunageln 2 – ein Felsengebilde, an dem sich die Zukunft festmachen<br />

konnte.<br />

Nach einigen Jahren der M<strong>it</strong>telbeschaffung und Planung und m<strong>it</strong> dem<br />

Rückhalt des American Museum of Natural History in New York machte<br />

KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY<br />

by Sarah Campbell<br />

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