it was really - Mathias Kessler

Mathias Kessler
The Taste of Discovery
Verlag für moderne Kunst Nürnberg
KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY

Duft-Erinnerungen von
der Grönland-Expedition,
entwickelt mit den
Parfumier Christophe
Laudamiel und Kurator
für Parfüm Kóan Jeff
Baysa, M.D. und
in Flaschen abgefüllt.
Eine limitierte Edition
von 30 Stück des
Parfums „The Taste of
Discovery“ wurde dem
Kunstraum Dornbirn
anlässlich der gleichnamigen
Ausstellung
als Kunstedition zur
Verfügung gestellt.
2
Recollected scents from the
Greenland Expedition bottled
exclusively for Kunstraum
Dornbirn, on the occasion of
Mathias Kessler’s The Taste of
Discovery exhibition, developed
in collaboration with Parfumier
Christophe Laudamiel and Scent
Advisor Kóan Jeff Baysa, M.D.
A limited edition of 30 bottles
distributed by Kunstraum Dornbirn.
Parfüm kreiert von Mathias Kessler, Christophe Laudamiel, und Kóan Jeff Baysa, MD. / Perfume created by Mathias Kessler, Christophe Laudamiel, and Kóan Jeff Baysa, M.D.
Duft von: Schweiß, Diesel, Motoröl und ranziger Kleidung / Scents of: sweat, diesel, motor oil, rancid clothing

INHALT
DOKUMENTATION
8, 26, 53 Annonce für das Parfüm „The Taste of Discovery“
16 Shackleton-Annonce
18 Kartographie der Arktis
20 Versuchsaufbau
28 YouTube Video: Nirgends zu finden
34 Mathias Kessler im Gespräch mit Nicholas Lambourn, Direktor für
topographische Bilder, Expedition und Reisen, Christie's London
58 Biografie und Curriculum Vitae
59 Impressum
ESSAY
9 Dieter Buchhart Das Erlebte als Daseinsbeweis im Zeitalter nach der Natur
24 Paolo Bianchi Mit ruhigem Auge: Mathias Kessler als Fotograf der Sensation
LITERATUR
41 Sarah Campbell Das letzte Stück vom Rest der Welt
45 James Tierney Das prometheische Meer
CONTENTS
DOCUMENTATION
8, 26, 53 Perfume advertisements, The Taste of Discovery
16 Shackleton advertisement
18 Mapping the Arctic
20 Laboratory setup
28 YouTube Video: Nowhere to Be Found
34 Mathias Kessler interviews Nicholas Lambourn,
Director of Topographical
Pictures, Exploration, and Travel at Christie’s, London
58 Biography and Curriculum Vitae
59 Credits
ESSAYS
9 Dieter Buchhart The Experienced as Proof of Existence in the Age after Nature
24 Paolo Bianchi With a Steady Eye: Mathias Kessler as Photographer of Sensation
LITERATURE
54 James Tierney The Promethean Sea
57 Sarah Campbell The Last of the Rest of the World
Ilulissat, Grönland Greenland
KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY 3
ITAL

KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY 5

Diese und vorhergehende Seiten: Maschinenraum Innenansicht; Kunstraum Dornbirn
Preceding spread, this spread: Machine room interior; Kunstraum Dornbirn
6

KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY 7

The Taste of Discovery
Eau de Parfum by Mathias Kessler

Oben links: Hafen
von Ilulissat bei
Nacht; oben rechts:
Eisberg angestrahlt
bei Nacht
Above left: Ilulissat
harbor at night;
above right: Iceberg
illuminated at night,
Disko Bay
Dieter Buchhart
Das Erlebte
als Daseinsbeweis
im Zeitalter
nach der Natur
Schon lange sind die Zeichen eines sich wandelnden Klimas
nicht zu überhören und zu übersehen. Die Polkappen
schmelzen und die Gletscher in den Alpen haben längst begonnen
zu verschwinden. Eine Springflut in Istanbul, Venedig
unter Wasser, ein Tornado in Deutschland, jährlich schwere
Überschwemmungen, Murenabgänge und Stürme bis hin zu
Dächern, die unter der Schneelast zusammenbrechen, füllen
die Schlagzeilen. Unser Weltklima scheint aus den Fugen
geraten, die Reaktion der Hauptverursacher der Treibhausgase
fällt jedoch nur zögerlich aus. Der Mensch wird trotz seiner
Aneignung von dem, was unter Natur zumeist verstanden
wird, an die Unbeherrschbarkeit der Naturgewalten erinnert.
Und dies, obwohl wir bereits erfolgreich in den Verlauf des
Wetters eingreifen und zumindest lokal Hagel abwehren können.
Die US Armee sucht gar die Manipulation des Wetters als
Kriegswaffe einzusetzen und mit Silbernitratstaub Starkregen
zu erzeugen oder mit Methanbomben in 17 Kilometern Höhe
Dunkelheit und Eiseskälte zu verursachen.
Dieter Buchhart
The Experienced
as Proof of
Existence in the
Age after Nature
For a long time now it has been impossible to ignore the
evidence of climate change. The polar icecaps are melting and
the alpine glaciers have long since started to disappear. Flash
floods in Istanbul, Venice under water, a tornado in Germany,
heavy annual flooding, mudslides, storms, and roofs collapsing
under snow fill the headlines. The world’s climate seems derailed.
But the reaction of those chiefly responsible for greenhouse
gases is dilatory. Despite humankind’s appropriation
of what is generally termed “nature,” we are constantly being
reminded of the ungovernability of its forces. Nonetheless, we
successfully intervene in the weather (for instance by warding
off hail locally). The US Army, for example, endeavors to make a
weapon out of it, using chemical dust to precipitate torrential
rain or methane bombs to cause darkness at an altitude of
seventeen kilometers.
Ever since the transition from natural history to science,
and with the growing demand for objectivity at the start of
KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY
Schon seit dem Übergang von der Naturgeschichte zur
Naturwissenschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts hat sich
mit dem zunehmenden Zwang zur Objektivierung das Verhältnis
des Menschen zur Natur radikal verändert. Die ursprüngliche,
unberührte Natur wurde auf Expeditionen erkundet, von
der menschlichen Kultur überformt und Teil unserer Umwelt.
Natürlich Gewachsenes wurde und wird in der wissenschaftlichen
Forschung zu imitieren gesucht und schließlich auch reproduziert.
Die Gentechnologie schafft in wenigen Tagen neue
Organismen, deren Entstehung aus evolutionärer Sicht Millionen
Jahre benötigt hätte. Natur erscheint heute zumindest
grundsätzlich technisch reproduzierbar. Bereits 1968 stellte
Robert Smithson den Begriff Natur in Frage, indem er festhielt:
„Natur ist nur eine weitere Fiktion des 18. und 19. Jahrhunderts
“. 1 Smithson entlarvt in dieser Aussage den Begriff der
unberührten Natur als nicht einlösbar, da Natur erst durch
die Rezeption des Menschen wahrgenommen und als solche
bezeichnet wird, doch im selben Augenblick erschlossen ist,
und somit jedes bekannte Stück Natur nicht mehr unberührt
sein kann. Paradoxerweise wird heute jeder scheinbar unberührte
Fleck Erde nach dessen Entdeckung zum touristischen
Gemeinplatz ausgebeutet, um jenen, die die Ursprünglichkeit
nicht nur suchen, sondern auch deren Existenz erwarten,
die Vorstellung des Unberührten vorgaukeln zu können. Doch
wie kann Natur, die von ihren Mikrostrukturen bis hin zu ihren
Landschaftsformationen schon längst erforscht und als Teil
unserer Umwelt eingemeindet wurde, mit dem Unbekannten,
Unberührten in Verbindung gebracht werden? Wie kann Natur
the nineteenth century, man’s relation to nature has undergone
radical changes. Originally untouched nature has been
explored by expeditions, infiltrated by human culture, and
incorporated into our environment. Scientific research strove,
and still does, to imitate and to reproduce natural growths. In
a matter of days, genetic engineering creates new organisms
that would require millions of years to evolve naturally. Nature
today is, at least in principle, technologically reproducible.
As early as 1968, Robert Smithson called the concept of
nature into question: “‘Nature’ is simply another 18th- and
19th- century fiction.” 1 Here, Smithson exposes the concept of
“untouched” nature as untenable, for nature is always already
perceived and described by a human observer, so that no
known part of nature can be said to be untouched. Paradoxically,
every “untouched” spot on Earth today, once it has been
discovered, is turned into a touristic romping ground to lead
those who not only seek but expect the pristine to believe that
untouched nature exists. But what connection can there be
between nature—which has long since been explored and integrated
into our environment, from microstructures to entire
landscape formations—and the unknown and untouched?
How can nature be defined distinct from the idea we have of it
and from the discipline by which we view it? Only as an illusion,
the belief in an idea. But the growing number of catastrophes
that are taking place shows that the question of what nature
is, was, and can be is becoming a question of survival. For
nature is not just reproducible, it is also self-creating.
9

abseits von der Idee, die wir von dieser haben und unabhängig
von der Zeit und der Disziplin, in der wir auf diese blicken,
definiert werden? Wohl nur als Illusion und Glauben an eine
Idee. Und doch belegen die zunehmenden vom Menschen
nicht steuerbaren Katastrophen, dass die Frage nach dem
was Natur ist, war und sein kann, zur Überlebensfrage wird.
Denn Natur ist eben nicht nur reproduzierbar, sondern auch
selbst schaffend. Die Suche nach der Extremerfahrung
einer Expedition und die Befriedigung der Entdeckerlust als
touristisch geplantes Ereignis in einer Zeit der zunehmenden
Virtualisierung unserer Erfahrungswelt erscheint als Widerspruch,
mit dem sich Mathias Kessler in seinen künstlerischen
Arbeiten auseinandersetzt. Dabei ist sich der Künstler stets
des Charakters der Natur als Konstrukt gewahr, denn Natur
steht zwangsläufig im Spannungsfeld des hybriden Gebildes
von künstlich und natürlich. Ihre Rekonstruktion durch natürliche
oder künstliche Surrogate erfolgt stets ausschnitthaft.
Die prinzipielle Herstellbarkeit von Natur ermöglicht es, die
Kluft zwischen der natura naturans, der hervorbringenden
Natur, und der natura naturata, der hervorgebrachten Natur,
zu überbrücken.
In „Secluded Nights“ fertigt Kessler Nachtaufnahmen mit
eigens auf Landschaftsaufnahmen spezialisierten Großbildkameras
an. In seinen Fotografien beruft er sich dabei auf
die „reine Fotografie“ (straight photography) 2 und deren
The quest for extreme expedition experiences and the satisfaction
of the lust for discovery as a planned touristic event
in an age where our experience of the world is being increasingly
virtualized is one contradiction Mathias Kessler explores
in his works. Kessler never forgets that nature is a construct,
a hybrid situated between the poles of the artificial and the
natural. Its reconstruction in the form of natural or artificial
surrogates is always partial. That nature is, in principle, producible
facilitates bridging the rift between natura naturans,
self-creating nature, and natura naturata, created nature.
For Secluded Nights (2004–07), Kessler took night photographs
with large-format cameras specially adapted to
landscape photography. The photographs invoke “straight photography”
2 and its famed proponent Ansel Adams. But what
fascinates Kessler is not so much Adams’s avoidance of postproduction
as the brilliance with which he understood how to
capture the materiality of weathered stone, glass, or skin. With
the utmost precision, Adams controlled the interplay of film
sensitivity, exposure time, object brightness, and development
in order to do justice to the fine gradations and tonal values
of light and shade in a landscape. 3 It is this sharpness, which
according to Adams can only be attained through clear-sightedness,
to which Kessler commits himself in Secluded Nights.
To approach Adams’s idea of “ideal landscape photography”
Kessler chooses the world’s most isolated and remote
10
berühmten Vertreter Ansel Adams. Doch es ist weniger die
„fehlende“ Nachbearbeitung, die Kessler fasziniert, als die
Brillanz, mit der Adams die Materialität von verwittertem
Gestein, von Glas und Haut wiederzugeben verstand. Mit
höchster Präzision kontrollierte Adams die Wechselwirkung
der Empfindlichkeit des Negativmaterials, der Belichtungs-
zeit, der Objekthelligkeit und der Entwicklung, um den feinen
Abstufungen und Tonwerten von Licht und Schatten in der
Landschaft gerecht zu werden. 3 Es ist jene Schärfe, die Adams
zufolge nur mit klarer Sicht erzielt werden kann, der Kessler
sich in seinen „Secluded Nights“ verschrieben hat. Um sich
Adams Idee der „idealen Landschaftsfotografie“ anzunähern,
wählt Kessler die abgeschiedensten und entlegensten Orte
der Welt wie die Costa Careyes Inseln an der Pazifikküste
Mexikos, La Huasteca im Norden Mexikos, die Table Mountains
in Venezuela oder Eisberge bei Ilulissat in Grönland. Die
Nacht wählt der Künstler, um die physikalisch beste Sicht zu
erhalten, da kleine Schmutzpartikel zu diesem Zeitpunkt in
die Atmosphäre aufsteigen und größere zu Boden fallen. Es
sind Orte fern von Lichtsmog und Luftverschmutzung, deren
totale Dunkelheit nur vom Schein der Sterne und des Mondes
gebrochen wird. Hier scheint die perfekte Landschaftsdarstellung
und somit eine Nähe zu Adams Fotografien und Theorien
greifbar. Doch dies täuscht. Kessler nimmt in dieser Werkgruppe
eine diametral entgegengesetzte Position zu Adams ein.
locations—the islands off Costa Careyes on the Pacific Coast
of Mexico, La Huasteca (North Mexico), the Table Mountains
(Venezuela), or the icebergs of Ilulissat (Greenland). He prefers
night because it’s then that the physical conditions for vision
are optimal: small dirt particles rise into the atmosphere,
while larger ones fall to the ground. Moreover, his locations are
unmolested by light smog and air pollution. Their darkness is
disturbed only by the light of the stars and moon. The perfect
depiction of landscape, and hence a closeness to Adams’s
photography and theories, would seem palpable here. Yet this
is deceptive. In fact, Kessler’s position in this group of works
is diametrically opposed to Adams’s. Adams championed the
idea of conservation. As a mountaineer, he loved the wild.
Kessler, on the other hand, mounts an expedition of enormous
financial and material outlay. Traveling with an entire crew to
his remote destinations, he illuminates his landscapes with
high-performance generator-powered floodlights 4 to produce
light intensities of up to two hundred kilowatts. His theatrical
mise-en-scènes are far from Adams’s romantic, ideal
landscape depictions, for without the secondary lighting, what
is depicted would remain unseen. Illuminated, the islands or
icebergs become actor-less stages. What was invisible to the
naked eye stands out now with absolute clarity.
Kessler’s landscapes are in no sense ideal. They are formations,
“excerpts,” that have been put in the limelight and are
Klimabereich mit
Videoaufnahme:
Rotierender Eisberg,
Kondenswasserbecken
und vereister
Spiegelwand;
Kunstraum Dornbirn
Cold room with video
of rotating iceberg,
condensation pool,
and freezing mirror;
Kunstraum Dornbirn

Vereiste Spiegel-
wand; Kunstraum
Dornbirn
Freezing mirror;
Kunstraum Dornbirn
Denn Adams war ein Verfechter des Naturschutzgedankens
und ein Bergsteiger, der die Wildnis liebte, während Kessler
eine aufwändige materialintensive Expedition in Kauf nimmt.
So reist er mit einer ganzen Crew an die ausgewählten, der
Zivilisation fernen Orte und beleuchtet seine Landschaften mit
leistungsstarken generatorbetriebenen Flutlichtern 4 , wodurch
er Gesamtlichtstärken von bis zu 200.000 Watt erzeugt. Kess-
lers theatralischen Inszenierungen sind weit von Adams
romantischen, idealen Landschaftsdarstellungen entfernt, da
erst der künstliche Eingriff der sekundären Beleuchtung das
Dargestellte sichtbar macht. Die angestrahlten Inseln oder
Eisberge werden zu Bühnen ohne AkteurInnen und bisher mit
freiem Auge nicht Sichtbares wird in höchster Schärfe sichtbar
gemacht. Es sind keineswegs ideale Landschaften, sondern
Formationen, die ausschnitthaft ins Rampenlicht gestellt und
mittels künstlichen Lichts erst visualisiert werden. So wird die
zwischengeschaltete Optik einer Plattenkamera zum technischen
Auge. Die Abzüge selbst werden erst nach digitalen
Korrekturen von Farbe und Kontrast am gescannten Negativ
korrigiert und als C-Prints ausgedruckt, wodurch es Kessler
gelingt, den Gedanken der „reinen Fotografie“ ad absurdum
zu führen, da selbst zu Adams Zeiten natürlich die Wechselwirkung
der fotografischen Hauptvariablen erst zu dem finalen
Abbild führte, Fotografie stets Manipulation bedeuten musste.
In seinem Video eines Eisberges scheint dieser, gleich einer
only visible because of artificial lighting. The intervening optics
of a plate camera become a technological eye. The images are
printed as C-prints after color and contrast corrections have
been made to the scanned negatives. In the process, Kessler
takes the idea of “straight photography” to the absurd. For even
in Adams’s day, the final image depended on the interplay of
photographic variables; photography always entails manipulation.
In Kessler’s video of an iceberg, the iceberg seems to
rotate on its own axis, like a computer simulation shining in the
dark of night. Conditioned as we are by Photoshop processing
in advertising, culture, and the media, our eyes almost
automatically expect the perfect manipulation. But against
this way of seeing Kessler sets what was really seen and experienced,
something which a society that believes in the virtual
correction and processing of the world no longer trusts. So the
artist and his expedition crew sailed around the iceberg, and
filmed it in the glare of floodlights to produce a stage for our
expectations and mental projections. As in his photographs,
the reality of the surface here functions as a proof of being.
What Kessler shows, he has seen and experienced. He
seems to have to experience it to confirm that it is so. He offers
his vision as a proof of being, of a genuinely present-at-hand
entity, to point to Heidegger’s exploration of “Reality as a problem
of Being, and whether the ‘external world’ can be proved.” 5
Kessler designates a being that is not unconditionally trusted
KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY
Computersimulation aus dem Schwarz der Nacht aufleuchtend,
um die eigene Achse zu rotieren. Unser an Photoshop-
Überarbeitungen in Werbung, Medien und Kultur gewöhntes
Sehen vermutet, ja erwartet geradezu fast automatisch die
perfekte Manipulation. Doch Kessler setzt diesem Sehen, das
tatsächlich Gesehene und Erlebte entgegen, dem in einer an
die virtuelle Korrektur und Überarbeitung der Welt gläubigen
Gesellschaft kaum noch vertraut wird. So fuhr der Künstler
mit seiner Expeditionscrew um den Eisberg und filmte diesen
im gleißenden Scheinwerferlicht buchstäblich als Bühne für
unsere Erwartungen und gedanklichen Projektionen. Die Rea -
lität der Oberfläche wird wie bereits in seinen Fotografien zum
Beweis des Seins. Kessler sieht und erlebt das Gezeigte selbst,
scheint dieses erleben zu müssen, um zu bestätigen, dass es
so ist. Er führt sein Sehen als Beweis des Seins und des real
vorhanden Seienden an, womit er zwangsläufig auf Martin
Heideggers Auseinandersetzung mit der „Realität als Problem
des Seins und der Beweisbarkeit der ‚Außenwelt’“ 5 verweist.
Er bezeichnet damit ein Sein, dem jedoch heute nur mehr
bedingt geglaubt wird, weil es zusehends unserer Erfahrung
von Bildern widerspricht. Kessler folgt dem Sinngehalt, dem
Noema der Fotografie, so Roland Barthes „Es-ist-so-Gewesen“
als „Beglaubigung von Präsenz“ 6 des Konstrukts Natur. Obwohl
der scheinbare Anspruch auf Authentizität der Fotografie ein
verloren geglaubter ist, bannt Kessler auf seine Fotografien
today, for it clearly contradicts our experience of images.
The photographic content he pursues, the noeme as Roland
Barthes puts it, is that of the “what has been” as “certificate
of presence” 6 of the construct of nature. While photography’s
claims to authenticity are generally considered a lost cause,
Kessler captures past reality in his photographs, ever alert to
the skepticism they will provoke. His night images are a deferral.
They represent a past,—and hence also lost—moment:
what has been but is no longer.
In the “age after nature, post naturam,” 7 Kessler shows us
with crystal clarity what nature was and is. “Nature” is only
ever the idea of what we understand by the concept, and that
varies with time. In his demonstration of being, Kessler the artist
skillfully explores how we relate to interventions in nature
and to how landscape should or can be consolidated or cultivated.
At first, his expeditions may look like gratuitous environmental
pollution, sparking debate on the potential inanity of
projects involving such enormous outlays. But countless ships
and planes, and billions of trucks and cars, pollute and poison
the seas and the air daily. Who doesn’t squander energy in the
form of electricity, gas, and oil? The meaning of this particular
expedition lies, among other things, in the expedition itself
and in its processes of (re)constructing nature. At a distance
of three miles, with a colossal expenditure of light, Kessler
reconstructs existing landscapes. In so doing, he brings out the
11

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Klimabereich;
Kunstraum Dornbirn
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Videoaufnahme:
Rotierender Eisberg,
Kondenswasserbecken
und vereister
Spiegelwand;
Kunstraum Dornbirn
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Cold room with video
of rotating iceberg,
condensation
pool, and freezing
mirror; Kunstraum
Dornbirn
vergangene Realität stets gewahr des Zweifels, den diese
auslösen werden. Seine Nachtbilder leisten einen Aufschub,
stellen einen vergangenen und damit auch verlorenen Moment
dar. Es-ist-so-Gewesen, ist aber eben nicht mehr so.
Im „Zeitalter nach der Natur, post naturam“ 7 führt Kess-
ler buchstäblich glasklar vor Augen, was Natur war und ist.
Stets ist „Natur“ nur die Idee von dem, was wir unter dem
Begriff, gleich einem Zeitfenster, verstehen wollen. Geschickt
thematisiert der Künstler mit seiner Beweisführung des Seins
unseren Umgang mit dem Eingriff in die Natur und der Frage
wie Landschaft konsolidiert und kultiviert werden soll oder
kann. Seine Expedition mag auf den ersten Blick wie eine
unnötige Form der Umweltverschmutzung wirken und mag
auch eine Debatte bezüglich der scheinbaren Zwecklosigkeit
dieser enorm aufwändigen Projekte herbeiführen. Doch
verpesten und vergiften nicht tagtäglich unzählige Schiffe
unsere Meere, unzählige Flugzeuge, Millionen und Abermillionen
von Autos und Lastwägen unsere Luft? Verschwenden
wir nicht alle permanent unsere Energieressourcen wie Strom,
Erdgas oder Erdöl. Doch die Frage nach dem Sinn dieser
aufwändigen Expedition liegt unter anderem in der Expedition
selbst und dem Prozess der Rekonstruktion und Konstruktion
von Natur. Tatsächlich existierende Landschaften werden
aus einer Entfernung von drei Meilen mit unglaublichem
Lichtaufwand rekonstruiert, wodurch Kessler auf die schwere
Unterscheidbarkeit von kultiviertem Naturvorbild und dessen
Repräsentationen verweist und zugleich das häufige Scheitern
dieser Repräsentationsversuche von Natur, die trotz perfekter
Darstellungen nicht authentisch wirken, fiktive Wirklichkeiten
bleiben, entblößt. Denn die ideale Landschaft, die unberührte
Natur hat nie existiert, war stets Fiktion.
In „The Taste of Discovery“ verbindet Kessler seine foto-
grafischen Untersuchungen mit der Extremerfahrung, dem
Geschmack und buchstäblich dem Geruch von arktischen
Expeditionen. Den Ausgangspunkt bildet dabei die berühmte
Annonce für Sir Ernest Henry Shackletons Entdeckungsreise
von 1901 in der London Times: „Men wanted for hazardous
journey. Small wages, bitter cold, long months of complete
difficulty of distinguishing between cultivated nature and its
representations. He also unmasks the frequent failure of such
representations, which, for all their technical perfection, can
seem inauthentic. For an ideal landscape, or pristine nature,
has never existed: it has always been a fiction.
In The Taste of Discovery, Kessler links his photographic
investigations with the extremes, the taste, and literally the
smells of Arctic expeditions. Sir Ernest Shackleton’s famous
advertisement in The Times for his 1901 voyage of discovery
forms the starting point: “Men wanted for hazardous journey.
Small wages, bitter cold, long months of complete darkness,
constant danger. Safe returns doubtful. Honor and recognition
in case of success.” In two rooms the artist addresses the
artificial and the natural, and our quest for a proof of existence
between reality and fiction.
One room contains a wall mirror that ices over opposite a
projection of a rotating iceberg and reflects the ice-cold, dangerous
world of the Arctic expeditions of, say, a John Franklin.
The sound of the cooling fluid behind the mirror seems to
echo the Arctic Ocean, the waves of which appear on the floor
in the condensation and melting ice dripping from the mirror.
As if in a climate model, the presence of people in the cold
room causes the temperature to rise and the ice on the mirror
to melt more rapidly, the frequency of visitors being cleverly
linked to the mirror’s icing over.
This cold room is contrasted with an overheated room
that calls up an engine- or crew-room, its warmth generated
by the heat loss of the cooling unit placed here. Entering,
one encounters a locker, overalls, diesel canisters, engine oil,
expedition smells, the heat of machinery, charts, documents.
Our current dependency on YouTube as well as real-time and
satellite services finds expression in a found-footage video
consisting of YouTube clips and titled Nowhere to Be Found
(2009). In addition to a cycle race at the North Pole, the clips
document our increasing addiction to capturing life in digital
videos and photographs. Instead of helping a man who breaks
through the ice and falls into frigid waters, his friend records
the scene on video. Or a camera captures a group of people as
KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY
darkness, constant danger. Safe returns doubtful. Honor
and recognition in case of success.” In zwei Raumbereichen
verhandelt der Künstler dabei die Widersprüchlichkeit
zwischen künstlich und natürlich und unsere Suche nach
dem Daseinsbeweis zwischen Realität und Fiktion. Ein Raum
spiegelt buchstäblich mittels eines vereisenden Spiegels die
Eiseskälte der gefährlichen Welt der Arktis-Expeditionen eines
Sir John Franklin vor der Projektion des rotierenden Eisberges
wider. Glaubhaft scheint das Plätschern der Kühlflüssigkeit
hinter dem Spiegel das Wasserplätschern des arktischen
Meeres wiederzugeben, dessen Wellen sich am Boden in dem
vom Spiegel herabrinnenden Kondens- und Schmelzwass-
er spiegeln. Das Kessler’sche Analogsystem funktioniert.
Vergleichbar einem Klimamodell bewirkt so die Präsenz von
mehreren Personen im kühlen Raum eine Erwärmung und
das Abschmelzen der Spiegel, womit Kessler das Zufrieren
der Spiegel mit der Frequenz an BesucherInnen geschickt
verbindet. Der Kälte setzt er den stark überhitzten Maschinen-
Mannschaftsraum assoziierenden Bereich entgegen, dessen
Hitze aus der Abwärme der dort platzierten Kühlmaschine
resultiert. Die Eintretenden werden zwischen Spind, Arbeit
skleidung, Dieselkanistern und Motoröl mit Expeditionsgerüchen
ebenso wie Maschinenhitze, Expeditionskarten und
Dokumenten konfrontiert. Dass wir heute – einer von Realtime,
YouTube und Satellitenüberwachung bestimmten Zeit – leben,
markiert Kessler in dem Found Footage Video „Nowhere to Be
Found“ (2009), in dem er Beiträge aus YouTube kompiliert hat,
die neben einem Radrennen am Nordpol auch unsere zuneh-
mende Sucht bezeichnen, unser Leben permanent mittels
digitaler Videos oder Fotografien festzuhalten. So wird anstelle
einem ins Eismeer einbrechenden Mann zu helfen, die Szene
korrekt auf Video festgehalten oder eine Kamera zeigt, wie ein
Dutzend Menschen von der durch massiven Gletscherbruch
verursachten Riesenwelle vom Eiswasser überflutet werden,
während sie dieses Ereignis vermutlich festhalten wollten.
Kessler spiegelt wider, wie Realtime all unsere Lebensbereiche
verändert hat und zum gerade geforderten und erwarteten
neuen Daseinsbeweis des Es-ist-so-Gewesen wird. Die Kluft
they are swamped by the giant wave of a calving glacier which
they had been trying to photograph. Kessler draws attention
to how real-time technologies have changed all spheres of
life and become that new proof of the existence of the what
has been that people demand and expect. He points to the
craving for real experience, the consumption of supposedly
“authentic” material, the creation of virtual worlds, and the
rift between them that is found in a burgeoning event-tourism
that conveys increasing numbers of people to remote regions
of the world, claiming to offer them the unique experience of
pristine nature.
Also as part of The Taste of Discovery, for expedition lovers
Kessler has developed a special expedition perfume in collaboration
with a New York perfume maker. When it releases
its scent on the naked skin, one smells precisely what one
would expect of an expedition (over and above the heat or icy
cold and the adventure): engine oil and sweat.
In his art, Kessler subversively calls into question the postmodern
ecology movement’s romantic quest for the pristine
and untouched. His depictions of an iceberg and other remote
locations enrich art history with some exciting new night
pieces, but they also critically examine the authenticity of the
nature we experience. Kessler shows that nature has long
since ceased to be given, and is now that which can be created.
For between the poles of the natural and the artificial, nature
today is not only experienced but also reconstructed and
made. His exploration of what is experienced and his reproduction
of the what has been as proof of existence vehemently
challenge the unreflecting acceptance of real-time, Facebook,
and YouTube.
13

zwischen dem Streben nach dem realen Erleben, dem Konsumieren
des vermuteten authentischen Materials und dem
virtuellen Erschaffen einer Welt wird in dem romantischen
Streben des zunehmenden Erlebnistourismus aufgegriffen,
der immer mehr Menschen in abgelegene Regionen unserer
Welt befördert und ein scheinbar einzigartiges Erlebnis einer
unberührten Natur vorspielt. Kessler hat für alle Expeditionsfreunde
in Zusammenarbeit mit einem New Yorker Parfümhersteller
eigens ein Expeditionsparfüm entwickelt, welches,
wenn es auf der nackten Haut seine Wirkung entfaltet, genau
das riechen lässt, was einen auf einer Expedition neben
Hitze, Eiseskälte und Abenteuer erwarten mag: Motoröl-
und Schweißgeruch.
Kessler gelingt es in seinen künstlerischen Arbeiten
subversiv, das romantisierende Streben der postmodernen
Ökologiebewegung nach Ursprünglichkeit und Unberührtheit
in Frage zu stellen. Der Kunstgeschichte fügt er mit seinen
Darstellungen eines Eisberges und anderer entlegener Orte
nicht nur ein weiteres spannendes Nachtstück hinzu, sondern
hinterfragt kritisch die Authentizität von erlebter Natur. Er
verweist darauf, dass Natur längst nicht mehr das Gegebene,
sondern das Herstellbare ist. Denn Natur wird heute im Spann-
ungsfeld von natürlich und künstlich nicht nur rezipiert,
sondern rekonstruiert und kreiert. Seine Auseinandersetzung
mit dem Erlebten und seine Wiedergabe des Es-ist-so-Gewe-
sen als Seinsbeweis widersprechen mit Vehemenz der unreflektierten
Akzeptanz von Realtime, Facebook und YouTube.

Fußnotentexte
Notes
1 Robert Smithson: „A Museum of Language in the
Vicinity of Art”, 1968. In: Robert Smithson: „The Collected
Writings”, Los Angeles und London 1986, S. 85.
2 Vgl. Newhall, Beaumont: „Geschichte der Photographie“,
München 1998 [Englische Erstausgabe 1937], S. 172 ff.
3 Vgl. Newhall, Beaumont: „Geschichte der Photographie“,
München 1998 [Englische Erstausgabe 1937], S. 194 ff.
4 Kessler verwendet mehrere 10.000 Watt HMI-Par-
Sun Flutlichter für seine Projekte.
5 Martin Heidegger: „Sein und Zeit“, Tübingen 1993,
S. 202 ff.
6 Barthes, Roland: „Die helle Kammer. Bemerkung
zur Photographie“, Frankfurt am Main 1989 [Erstausgabe
„La chambre claire. Note sur la photographie“, Paris 1980],
S. 87 und 97.
7 Gernot Böhme: „Kunst nach der Natur“. In: Gudrun Bott und
Magdalena Broska (Hrsg.): „post naturam – nach der Natur“,
Am Hawerkamp u.a.O., 29. März – 10. Mai 1998, Bielefeld
1998, S. 11.
1 Robert Smithson, “A Museum of Language in the
Vicinity of Art” (1968) in The Collected Writings, ed. Jack
Flam, 85 (Berkeley, CA: University of California Press, 1986).
2 See Beaumont Newhall, Geschichte der Photographie,
172 (Munich: Schirmer/Mosel, 1989/1998). (Originally
published in English: The History of Photography, 1937.)
3 Newhall, Geschichte der Photographie, 194.
4 Kessler uses several 10 kW HMI Par Sun floodlights for
his projects.
5 Martin Heidegger, Being and Time, trans. John Macquarrie
and Edward Robinson, 246 (Oxford: Blackwell, 1962).
6 Roland Barthes, Camera Lucida: Reflections on Photography,
trans. Richard Howard, 80, 87. (New York: Farrar, Straus and
Giroux, 1981). (Originally published in French: La Chambre
claire: Note sur la photographie, 1980.)
7 Gernot Böhme, Kunst nach der Natur, in post naturam –
nach der Natur, eds. Gudrun Bott and Magdalena Broska,
11 (Bielefeld: Städtische Ausstellungshalle Am Hawerkamp,
Münster and geologische-Paläontologisches Museum der
Westfälischen Wilhelms-Universität Münster in conjunction
with Kerber Verlag, Bielefeld, 1998).

Gerüchte besagen, dass
Sir Ernest Shackleton
eine Annonce in
der Londoner Zeitung
„Times“ für seine
Discovery-Expedition
von 1901 publiziert
hat. Die Existenz der
Annonce ist umstritten.
Men wanted for hazardous journey.
Small wages, bitter cold, long months of complete
darkness, constant danger, safe return doubtful.
Honor and recognition in case of success.
16
Sir Ernest Shackleton is rumored
to have placed an ad in the London
Times newspaper for his Discovery
Expedition of 1901. The existence
of the ad is still disputed.
„Männer für gefährliche Exedition gesucht. Geringer Lohn, bittere Kälte, lange Monate der völligen
Dunkelheit, ständige Gefahr, sichere Rückkehr ist zweifelhaft. Ehre und Anerkennung im Falle des Erfolgs.“

KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY

18
87°47'
“NEW FRIENDS
Diese Seite: Mutmaßliche Route von Robert Peary zum Nord Pol, 1909
This page: Probable route of Robert Peary to the North Pole, 1909
Gegenüberliegende Seite: Grafische Darstellung der Genealogie der Inuits von Grönland
Opposite Page: Graphic representation of the first geneology of the Polar Inuit of Greenland
AND NEW PLACES
EXCERPT FROM YOUTUBE VIDEO: COCA COLA COMMERCIAL–POLAR BEARS #2
TO SEE. WITH BLUE
SKIES AHEAD,

KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE KUNSTRAUM OF DISCOVERY DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY 19

20
YES I’M ON MY WAY
AND THERE’S NO-
EXCERPT FROM YOUTUBE VIDEO TITLED VIDEO NAME HERE
WHERE ELSE THAT
I’D RATHER BE.”
Compression refrigeration units The compression refrigeration machine is equipped with a mechanical compressor and a restricting
device (e.g. a vaporization valve). A compression and an expansion device are required as well as two heat exchangers connected in circuit
so that a heat exchanger is positioned on either side of the compression and expansion devices. Cold-steam refrigeration machine:
basic circuit Refrigerant steam is drawn into the compressor and compressed (input power W). The refrigerant condenses in the downstream
heat exchanger (condenser). The liquid refrigerant is routed to a vaporization valve, where it is expanded. During expansion the
pressure of the refrigerant decreases, the refrigerant becoming cooler and vaporizing partially. In the second heat exchanger (vaporizer)
the vaporizing refrigerant absorbs heat from the refrigerated chamber (cooling energy/vaporization heat QK). The compressor reabsorbs
the vaporized refrigerant, completing the cycle. Energy in the form of mechanical work must be supplied from outside in accordance
with the second law of thermodynamics for the refrigeration machine to function. The condensation heat given off at the condenser is
the sum of the cooling energy absorbed at the vaporizer, the operating energy, and the normal losses through the cold insulation and the
friction losses. Wendelin Weingartner: If the external temperature at the condenser is too great, i.e. the temperature difference is too
small, then heat can no longer be given off at the condenser. Heat (consisting of the heat removed from the refrigerant +
operating energy) needs to be given off at the condenser. Heat generated by normal working losses and friction losses at the
compressor likewise accumulates in the refrigerated chamber.

Ausstellungsarchitektur
Exhibition layout, plan view
Installationsansicht von oben;
Kunstraum Dornbirn
Installation view from above;
Kunstraum Dornbirn
Versuchsaufbau im Keller
Laboratory in cellar
KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY 21

Installationsansicht des Eingangsbereichs; Kunstraum Dornbirn
Installation view, entrance; Kunstraum Dornbirn
22

KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY 23

Paolo Bianchi
Mit ruhigem Auge
Mathias Kessler als
Fotograf der Sensation
Ein hoher Berggipfel gilt in vielen Kulturen als Symbol für
Erhabenheit und Spiritualität. Seine alles überragende
Höhe spiegelt die Sphäre des Unerreichbaren. So weist die
Grundgeste aller Religionen „nach oben“, sie ist „jenseitig“
oder „überirdisch“. Das Göttliche und Himmlische sind immer
mit dem „Oben“ verbunden. Wenn Berge Sehnsucht erzeugen
und Imaginationen wachrufen, überrascht es nicht, dass die
sogenannten Hochreligionen – Judentum, Christentum, Islam,
Buddhismus, Hinduismus – in ihrer jeweiligen Symbolmatrix
heilige Berge aufweisen. 1
Nicht als Prophet des Untergangs, sondern als Ästhet
des Lichts reiste Mathias Kessler nach Grönland, die größte
Insel Europas, wo 80 Prozent der Fläche von Eis und Schnee
bedeckt sind und wo riesige Eisberge durch ihre wundersame
Einzigartigkeit beeindrucken. An diesem unwirtlichen
Ort der Erde lässt sich eine faszinierende Naturlandschaft
erleben, und zugleich handelt es sich um den Ground Zero der
Klimakrise. Seit 2003 ist hier der Jakobshavn-Gletscher um
beängstigende 15 Kilometer zurückgegangen.
Kessler ist als Künstler an der Ambivalenz von Tremendum
und Faszinosum interessiert, am Pendelschlag zwischen
Paolo Bianchi
With a Steady Eye
Mathias Kessler
as Photographer
of Sensation
Many cultures consider high mountain peaks as symbols of
sublimity and spirituality. Their all-surpassing height suggests
the sphere of the unattainable. The fundamental gesture of all
religions is upward, other-worldly, celestial. The divine and the
heavenly are invariably connected with the “upper.” Given that
mountains evoke such yearnings and fantasies, it is no surprise
that holy mountains are among the symbols in the so-called
“high” religions—Judaism, Christianity, Islam, Buddhism,
Hinduism. 1
It is not as a prophet of doom, but as an “aesthete of light”
that Mathias Kessler traveled to Greenland, Europe’s biggest
island, with its eighty percent surface-cover of ice and snow
and giant icebergs impressive for their awe-inspiring uniqueness.
This inhospitable location is the ground zero of the
climate crisis. Simultaneously, it presents a fascinating natural
landscape. Here, since 2003, the Jakobshavn Glacier has
retreated by an alarming fifteen kilometers. The ambivalence of
the tremendous and the fascinating, the sudden swing from the
awe-inspiring to the uncanny, the enchanted, and the sublime
24
Schauervollem, Unheimlichem und Verzaubertem, Erhabenem.
Seine Kunstwerke lassen das Gefühl aufkommen, an etwas
Übermächtigem teilzuhaben. Die Eisberge erscheinen dabei
nicht als Sitz der Götter, sondern als Orte der Wildnis. Im
Angesicht dieser gewaltigen, (noch) nicht beherrschten Natur
lassen sich die „Grenzen der Menschheit“ (Goethe) erfahren.
Eis-Berg als absolute Metapher
Ein Eisberg hat das Potenzial, sich als eindrucksvolles Realsymbol
für das Zeitalter der globalen Finanzkrise ins Bild zu
bringen. Der wesentliche Grund der Krise war, dass viele Anleger
die Risiken von Derivaten und Hedge Funds unterschätzt
haben. Sie ließen sich von verlockenden Gewinnaussichten,
der vordergründig glänzenden Oberfläche der Versprechungen
blenden und schenkten den Risiken zu wenig Beachtung. Eisberge
und Gletscher, wie sie Mathias Kessler ablichtet, führen
ihre Raumachse von oben nach unten. Sie faszinieren durch
ihre Schönheit und Fremdheit. Für Schiffe ist der Eisberg
erfahrungsgemäß bedrohlich, denn die Gefahr lauert im Verborgenen.
Der größte Teil seines Volumens liegt unter Wasser,
nur ungefähr ein Neuntel des Gesamtkörpers ist sichtbar.
Berge bilden bei Hans Blumenberg eine „absolute Metapher“,
weil sie, ähnlich wie Licht, ein Urphänomen sind. Für
Kulturen ist es unvermeidlich, Berg-Metaphern zu kreieren.
Durch sie ist es möglich, die Grundstrukturen einer kulturellen
und religiösen Ordnung auszubilden. Hartmut Böhme spricht
in diesem Zusammenhang davon, dass es „auf allen Kontinenten
reale Berge sind, die symbolische Räume bilden. Es gibt
mithin eine prätextuelle und präpikturale universale Textur des
Montanen, die den gesamten Globus umspannt.“ 2
are what interest Kessler as an artist. His works give one the
sensation of partaking in some formidable power. The icebergs
are not the seats of gods but wildernesses. Face to face with
nature so formidable and (still) untamed, one experiences the
“limits of mankind” (Goethe).
Iceberg as Absolute Metaphor
The iceberg can function as an impressively real symbol of the
current era of financial crisis. The root cause of the crisis was
that many investors underestimated the risks of derivatives
and hedge funds. Letting themselves be dazzled by tempting
prospects of gain, by the glittering surfaces of promises, they
attended insufficiently to risks. The spatial axes of the icebergs
and glaciers Kessler photographs run from top to bottom.
These forms fascinate with their beauty and strangeness.
Icebergs, as is well known, are a threat to ships, for the danger
lurks unseen. The bulk of their volume lies submerged. Only
around a ninth of their total mass is visible.
Mountains for Hans Blumenberg are an “absolute metaphor,”
because, like light, they are an ur-phenomenon. Cultures
inevitably create mountain metaphors. Such metaphors underlie
cultural and religious systems. Hartmut Böhme has pointed
out in this context that “real mountains on all continents generate
symbolic spaces. There is, therefore, a pre-textual, prepictural,
universal texture of the montane embracing the entire
globe.” 2 Mountain symbolism is independent of the achievements
of high culture (writing, the book, authorship, reading).
As Böhme remarks: “Every mountain and everything about a
mountain can speak symbolically and become a metaphor. 3
On his two expeditions, to Ilulissat (Danish: Jakobshavn)
in North Greenland and to the Chimantá Massif in Venezuela,
Ilulissat H001,
Grönland. 2007
Ilulissat H001,
Greenland. 2007

Detail, Ilulissat 011Y,
Grönland. 2007
Detail, Ilulissat 011Y,
Greenland. 2007
Symbolisierungen durch Berge entstehen unabhängig
von hochkulturellen Leistungen (Schrift, Buch, Autorschaft,
Lektüre). Böhme fasst daher zusammen: „Jeder Berg und alles
an einem Berg kann symbolisch sprechen und zur Metapher
werden.“ 3
Auf seinen zwei Expeditionen nach Ilulissat (dänisch
Jakobshavn) in Nord-Grönland und zum Chimanta Massiv in
Venezuela widmet sich Mathias Kessler dem Bedeutungscluster
des Montanen, indem er Gletscher- und Eisbergpartien,
einzelne Felsen, eine Höhle oder eine Schlucht auf Film bannt.
Licht als energetisches Band
Da er nicht bei Tageslicht, sondern mittels Einsatz von künstlichem
Licht in der Finsternis der Nacht fotografiert, sind seine
Motive vom Moment des Geborenwerdens mitgeprägt. – Es
sind die Berge, die „das Licht der Welt erblicken“.
Nach dem Motto „Wo Dunkel ist, soll Licht werden“ benutzt
Kessler mächtige Scheinwerfer, um so ein sehendes Erkennen
von Umwelt und Landschaft zu ermöglichen. Seine „Erleuchtungen“
spielen weniger mit den Gegensätzen von Licht/
Dunkel, Geist/Materie, Sein/Nichtsein, sondern mit der Idee,
aus dem Dunkeln heraus in einen Denkraum vorzudringen.
An die Stelle der Licht-Dunkel-Polarität tritt ein beide
umschließender Kreis mit der Wirkung des Lichtes als energe-
tisches Band.
Mit seinen Arbeiten „Secluded Nights“ (2004–2007) und
„Islands of Time“ (2007–2009) hat Kessler Hymnen an die
Nacht geschaffen. Die Wirklichkeit erscheint wie ein Traumgebilde,
Natur und Welt wirken wie aus einem Imaginären
konstruiert. Die Trennung zwischen Tag und Nacht, zwischen
Kessler addresses the semantics of the montane by photographing
glaciers and icebergs, isolated cliffs, a cave, a gorge.
Light as Energy Band
Because he does not photograph by daylight but in the dead
of night, using artificial illumination, his motifs might be
characterized as a moment of “birth.” The mountains see the
light of day. Following the motto “Where darkness is, let there
be light,” Kessler uses powerful floodlights to facilitate a visual
cognition of environment and landscape. His “epiphanies” play
less with opposites, such as light/dark, spirit/matter, being/
non-being, than with the idea of leaving darkness to enter
a thought-space. The light/dark dichotomy yields to a circle
embracing both light and dark with light’s agency functioning
as energy band.
Kessler’s Secluded Nights (2004–07) and Islands of Time
(2007–09) are paeans to night. Reality appears as a dream
structure: nature and world seem as if they had been constructed
from the imaginary. The distinction between day/
night, conscious/unconscious, part/whole blurs in an aesthetic
cocktail of plasticity, kitsch, and perplexity. Kessler’s floodlighting
impacts perception, transforming vision and cognition into
feeling and sensation. We look, and are silent. The clarity of day
merges with the dimness of night.
Transphenomenal Deep Stratum
The world for Nietzsche is deep and the night “deeper than
day.” Kessler’s aesthetic practice is similar: the eye gazes into
photography’s depths to create a new locality. The artist and
photographer Kessler quits familiar ground to press forward
into new and different spaces. He uses the medium of photography
to attain to a more comprehensive knowledge of nature
KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY
Bewusstem und Unbewusstem, zwischen Teil und Ganzem
vermischt sich zu einem ästhetischen Cocktail aus Plastizität,
Kitsch und Irritation. Der „Lichtblick“ von Kessler beeinflusst
die Wahrnehmung, die sich von einem Sehen und Erkennen in
ein Fühlen und Ahnen wandelt. Wir schauen und schweigen.
Die Klarheit des Tages verbindet sich mit der Schemenhaftigkeit
der Nacht.
Transphänomenale Tiefenschicht
Bei Friedrich Nietzsche ist die Welt tief und die Nacht „tiefer
als der Tag gedacht“. Ganz ähnlich funktioniert die ästhetische
Praxis von Kessler, wo der Blick in die Tiefe der Fotografie
einen neuen Ort schaffen soll. Dafür verlässt er als Fotoküns-
tler die Areale des Gewohnten, um so zu neuen oder anderen
Räumen vorzudringen. Mithilfe des Mediums Fotografie
gelangt Kessler zu einer umfassenderen Erkenntnis über die
Natur und ihre Gesetze. Es drängt ihn in die Tiefen des noch
Unerkannten und Ungesehenen. Er taucht ein ins Dunkle, bis
er, ganz im Sinne der Redensart, „kein Land mehr sieht“.
Die in die Tiefe greifende künstlerische Neugierde in Kess-
lers Werken verlässt die schimmernde Oberfläche der Dinge
und dringt in eine transphänomenale Tiefenschicht ästhetischer
Erfahrung vor. 4 Kesslers Bildwelt der Tiefe evoziert
Atmosphären der Dunkelheit, des Abgründigen und des Todes.
Sie verweist auf die Sinnbezirke des Unsichtbaren, Unvertrau-
ten und Gefahrvollen.
Der Verdacht drängt sich auf, dass die künstlerische Praxis
wie ein tiefer Abgrund wirke. In ihn stürzen wir, wenn wir da-
nach trachten, ihn näher in Augenschein nehmen zu wollen.
Die Oberfläche der Eisberge bildet auf den Fotografien von
and its laws. Driven into the depths of the as yet unknown and
unseen, he plunges into darkness until, quite literally, he loses
sight of land.
Depth-plumbing artistic curiosity in Kessler’s works quits
the glittering surface of things to press forward into the transphenomenal
deep stratum of aesthetic experience. 4 Kessler’s
pictorial deep world evokes atmospheres of darkness, the
unfathomable, and death. It points to the sense regions of the
invisible, the unfamiliar, and the perilous. Through his work, he
arrives at the suspicion that the practice of art is like a deep
chasm. We plunge into it the minute we try to take a closer look.
The icebergs’ surfaces in his photographs are reliefs exhibiting
a striking interplay of elevation (light) and depression (shadow).
Kessler’s work has its counterpart in Nietzsche’s formula
of “superficiality from profundity,” where surface and depth
coincide. Diving headfirst out of bourgeois triviality with his revaluation
of all values, Nietzsche proclaims the aestheticallyunderpinned
life: “Oh, those Greeks! They know how to live: for
that purpose it is necessary to keep bravely to the surface, the
fold and the skin; to worship appearance, to believe in forms,
tones, and words, in the whole Olympus of appearance! Those
Greeks were superficial—from profundity! 5
Photographer of a Sensual World View
Kessler’s floodlit photographs are populous with remote spots:
islands, landscapes, cliffs, plateaus, mountains, icebergs. As
a “photographer of sensation,” 6 he invites one to bring all five
senses to bear in viewing his installations. In doing so, one can
perceive the display with benevolence, or else dismissively. Our
sensations can oscillate between fervor and revulsion, between
pleasure and displeasure.
25

KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY
Eau de Parfum
by Mathias Kessler

Kessler die Struktur eines Reliefs ab, auf dem sich eindrucksvoll
das Wechselspiel von Erhöhung (Licht) und Vertiefung
(Schatten) abzeichnet.
Das Werk von Kessler findet in Nietzsches Formel von der
„Oberflächlichkeit aus Tiefe“, bei der Oberfläche und Tiefe zur
Deckung kommen, seine Korrespondenz. Indem er mit der Umwertung
aller Werte zu einem Kopfsprung aus der bürgerlichen
Trivialität ansetzt, ruft Nietzsche das ästhetisch untermalte
Leben aus: „Oh diese Griechen! Sie verstanden sich darauf, zu
leben: dazu thut Noth, tapfer bei der Oberfläche, der Falte, der
Haut stehen zu bleiben, den Schein anzubeten, an Formen, an
Töne, an Worte, an den ganzen Olymp des Scheins zu glauben!
Diese Griechen waren oberflächlich – aus Tiefe!“ 5
Fotograf der sinnlichen Weltanschauung
In der Flutlicht-Fotografie von Kessler finden sich viele
abgeschiedene Orte: Inseln, Landschaften, Felsen, Plateaus,
Berge und Eisberge. Als „Fotograf der Sensation“ 6 fordert er in
seinen Installationen die Betrachter heraus, alle fünf Sinne zur
Wirkung zu bringen. Das erlaubt ihm, das Display wohlwollend
oder ablehnend wahrzunehmen, unser Empfinden zwischen
Leidenschaft und Abscheu oder zwischen Lust und Unlust
oszillieren zu lassen.
Bei Kessler steht nicht sein Rezeptionsvermögen als
Fotograf im Mittelpunkt, sondern sein Produktions- und
Projektionsvermögen, das er als Fotograf mit ins Bild setzt.
Er betreibt keine Nachahmungsästhetik, sondern eine neue
Ausdrucksästhetik. Vom bloßen Wahrnehmen führt der Weg
bei Kessler zu einer aktiv interpretierenden „Wahrgebung“, die
nicht danach fragt, ob Wahrnehmung wahr ist, sondern der
Festlegung einer Deutung und Bedeutung folgt. Als Fotograf
der Sensation macht sein abgekühlter Blick auf die Landschaft
das Sehen des Sehens selbst zum Thema.
In der Ausstellung „The Taste of Discovery“ im Kunstraum
Dornbirn wird auch das Erleben des Erlebens sinnlich in Szene
gesetzt. Die Besucher begeben sich auf eine Reise zwischen
Central for Kessler is not his receptive capacity as a
photographer, but the productive and projective capacity
of his pictures. His is not an imitative, but a new expressive,
aesthetic. In it, the way leads from bare perception to an
actively interpretative “endowing of truth” that does not ask if
a perception is true, but rather posits an interpretation and a
meaning. As a photographer of sensation, with his chilled view
of the landscape, Kessler turns the seeing of seeing itself into
his subject.
In the exhibition The Taste of Discovery at the Kunstraum
Dornbirn, Kessler also stages the “experiencing of experience.”
Visitors embark on a journey between polarities. The
temperature in one cube is high, while the other is ice-cold. The
contents of the stiflingly hot room—table, locker, cooling unit,
and diverse sea charts—put one in mind of the engine room
of a fishing cutter stinking of oil and diesel and sweat-soaked
overalls. Using these scents, a perfume maker manufactured
a new fragrance for Kessler called “The Taste of Discovery.” It
conjures up the aura of the discoverer and warns of imminent
oil pollution.
In the damp, cold room, a large-size, ice-covered mirror
hangs on one wall. Opposite, a video projection shows a pan-
28
den Polaritäten. Während in einem Kubus hohe Temperaturen
herrschen, ist es im zweiten eiskalt. Die Möblierung des
stickigen Hitzeraums mit Tisch, herumliegendem Kartenmaterial,
Spindkasten und knarrendem Kühlaggregat evoziert die
Vorstellung an den Maschinenraum eines Fischerkutters, in
dem es nach Motorenöl, Diesel und dem Schweiß getragener
Overalls stinkt. Aus diesen „Düften“ hat ein Parfümier für
Kessler eine neue Duftnote mit dem Namen „The Taste of
Discovery“ hergestellt, das die Aura des Entdeckers und die
Warnung vor einer drohenden Ölpest versprüht.
Im nassfeuchten Kälteraum gefriert an einer Wand ein
großflächiger Spiegel, während auf der gegenüberliegenden
Seite in einer Videoprojektion ein Schiff in einer Kamerafahrt
um einen Eisberg kreist: Die pathetische Poesie des Eisbergs
erinnert daran, dass das Erhabene, wie Kant bemerkte, in
keinem Ding der Natur steckt, sondern erst als Gefühl in uns
selbst seine Erregung findet.
Die Ausstellung in Dornbirn versammelt in dichten
Atmosphären Erinnerungen, Momente und Sedimente von
Kesslers Reiseerlebnissen in Grönland und vermag das
sinnliche Repertoire der Wahrnehmung anzusprechen und
zu beleben. Was immer wir sehen, hören, schmecken, riechen
und fühlen, erleben wir nicht als passiven Prozess, sondern
als aktiven Akt. Mit dem Wechsel vom Festland aufs Wasser
gerät ein anderer Aggregatszustand in Aktion: Fixiertes
wandelt sich zu im Fluss Befindlichem, das Geschlossene
öffnet sich in eine Weite des Empfindens, dem Alltäglichen
wird durch das Moment der neugierigen Suche die Kraft zur
Entdeckung beigegeben.
Kessler ist drei bis vier Monate im Jahre auf Reisen, um
sich mit ruhigem Auge auf die Unmittelbarkeit der Welt einzulassen,
um direkt auf die Phänomene zu reagieren und nicht
„in der Natur“, sondern „aus der Natur“ zu fotografieren. Die
Kamera dient ihm dabei als „Weltauge“, mit ihr gewinnt er eine
neue Perspektive: diejenige einer sinnlichen Weltanschauung.
ning shot taken from a ship circling an iceberg. The pathosladen
poetry of the iceberg reminds one that the sublime, as
Kant pointed out, inheres in no natural object but is a feeling
that is excited in ourselves. The video shows how Kessler views
phenomena as a geographer: his videogeography oscillates
between the real and the imaginary, bringing to light the point
where ego and geo part ways, as well as the fragility of reality.
The Dornbirn exhibition unites memories, moments, and
sediments of Kessler’s travel experiences in Greenland in an
atmospheric density that both addresses and stimulates the
sensual repertoire of perception. Whatever we see, hear, taste,
smell, and feel is not experienced passively as a process but
actively as an act. The shift from land to water brings a new set
of conditions into play: the fixed becomes fluid, closure opens
onto a breadth of sensation, and the element of curious inquiry
endows the mundane with the power of discovery.
Kessler travels for three or four months every year, opening
himself with a steady eye to the immediacy of the world,
reacting to phenomena directly, and photographing not “in”
but “from” nature. His camera serves him as a “world eye” with
which he gains a new perspective: that of a sensual world view.
– Translated from the German by Christopher Jenkin-Jones

Fußnotentexte
1 Vgl. Hartmut Böhme, Berg, in: Ralf
Konersmann (Hrsg.), „Wörterbuch der
philosophischen Metaphern“, Wissenschaftliche
Buchgesellschaft, Darmstadt
2007, S. 46–61.
2 Zit. nach ebd., S. 49.
3 Zit. nach ebd., S. 49.
4 Vgl. Thomas Rolf, „Tiefe“, in: Ralf
Konersmann (Hrsg.), „Wörterbuch der
philosophischen Metaphern“, Wissenschaftliche
Buchgesellschaft, Darmstadt
2007, S. 458–470; hier S. 459.
5 Nietzsche zitiert nach Rolf, a. a. O.
[3], S. 468. (Friedrich Nietzsche, „Die
fröhliche Wissenschaft“, in: „Kritische
Studienausgabe“, herausgegeben von
Giorgio Colli und Mazzino Montinari,
1988, 2. Auflage, S. 352.)
6 Vgl. Paolo Bianchi, „Ästhetik der
Fotografie. Typologie von sechs Wahr-
nehmungsformen von Fotografen und
Fotografien“, in: „Kunstforum International“,
Band 192, Ruppichteroth 2008,
S. 118–177; hier insbesondere S. 160 ff.
zum Thema „Fotografie der Sensation“.
Notes
1 Hartmut Böhme, “Berg,” in Wörterbuch
der philosophischen Metaphern, ed. Ralf
Konersmann, 46–61 (Darmstadt: Wissenschaftliche
Buchgesellschaft,
“HE
2007).
WAS CHEW-
2 Ibid., 49.
3 Ibid.
4 See Thomas Rolf, “Tiefe,” in Wörterbuch
der philosophischen Metaphern,
ING
ed. Kon-
ON HER, HE
ersmann, 458–70; in particular at p.459.
5 Friedrich Nietzsche, quoted here from
Rolf (see n. iii), 468. (Friedrich Nietzsche,
“The Joyful Wisdom,” in The Complete
Works of Friedrich Nietzsche
WAS
Vol. 10, ed.
CHEWING
and trans. Oscar Levy, 10 [New York: Macmillan,
1924]).
6 Paolo Bianchi, “Ästhetik der Fotografie:
Typologie von sechs Wahrnehmungsfor-
ON HER, LIKE,
men von Fotografen und Fotografien,”
Kunstforum International 192 (Ruppichteroth:
Verlag Kunstforum, 2008), 118–77;
in particular at p.160 on the “photography
of sensation.”
LOWER PART OF
HER LEG HER
EXCERPT FROM YOUTUBE VIDEO: WOMAN GETS MAULED BY A POLAR BEAR
CALF, HER FOOT
HER SHOE...”
KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY 29

Installationsansicht von hinten; Kunstraum Dornbirn
Installation, rear view; Kunstraum Dornbirn

KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY

KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY

Mathias Kessler im
Gespräch mit Nicholas
Lambourn, Direktor für
topographische Bilder,
Erforschung and Reisen,
Christie’s London
am 9. September 2009.
Bilder aus „Christie’s:
The Polar Sale“ Katalog.
Zitate aus dem Gespräch
auf dieser und den
folgenden Seiten.
On September 9, 2009
Mathias Kessler interviewed
Nicholas Lambourn of Christie’s
London. Images from Christie’s:
The Polar Sale catalogue.
Interview excerpts found on
this and following pages.
34
Holy Relics
Nicholas Lambourn: Over the
years we’ve sold not only the
fine art that’s been associated
with the various expeditions
but also a lot of relics—a
lot of holy relics really, from
Livingston and Stanley in Africa
to Scott and Shackleton in the
Antarctic. The relics somehow
catch the imagination of the
public and always create a lot
of excitement when they come
up. It’s almost a way of touching
history.
I don’t think people decide,
they just, as time passes they
just become more and more
iconic, these emblems. And
as we look back on history
with perspective, I think it’s
more easy to recognize the
extraordinary achievements
of the early explorers, who
were out there on their own
without maps, without GPS,
without back up. In a today’s
very protected, cosseted world,
it is almost unbelievable what
these people did.
Putting a Price on a Biscuit
It’s relatively recently that
[these objects have] been
looked on in terms of a market,
as becoming commercial. A lot
of these objects are in museums
and are untouchable—
they’re priceless really.
We started having a sale called
Exploration and Travel in ‘96
We’d always done travel-
related literature and works
of art, although putting the
word “exploration” in brought
in not just flat art and books
and so on, but also these relics
for the first time. It’s from
then, really, that the relics have
started to become a market in
their own right.
I think it was the Polar Sales
particularly that started this.
We sold the Scott relics for the
Scott family in ‘99 and then in
2001 the Shackleton collection
for Shackleton’s heirs. And of
course these collections were
full of very poignant objects,
particularly the Scott relics
which had items removed from
the tent when it was found in
1912. So, Scott’s goggles and
ration bags—unbearably poignant
pieces and we had to sell
them. I mean, how do you put
a price on a biscuit found in a
tent? But it’s the story that goes
with it that is just so extraordinary.
And every little piece—we
had pieces of the primer stove
that they had in the tent—and
every little piece that you have
helps to tell the story of what
happened to them.
So, the pieces embody the
history and help to tell the history,
so it was a real pleasure
cataloging these extraordinary
things that had been tucked
away in a bank vault for fifty
years, bringing them out. And
then, they told, well, they added
to the story we already knew, so
it was fascinating writing about
them and seeing what they
contributed to the story.
And then of course we sold
them in the sale and they made
some extraordinary prices.
and then you suddenly realize
that the people out there, the
public, where putting a very
high price on these relics and
consequently a very high price
on the—I mean it just reflected
the extraordinary awe that
people had for the achievements
of Scott, Shackleton,
and so on.
I’m a picture specialist at
Chrisites, but doing topographical
pictures, pictures relating
to travel—a lot of their value
is often in the history, in the
fact that they’re documents,
they’re recording information,
the earliest views of Sydney,
and so on. They’re topographically
interesting. Their interest
not necessarily as great works
of art in their own right but as
historic documents.
There’ve been lots of exceptional
historic documents. For
me, the most evocative lot was
a map of the middle of Africa
which [Henry Morgan Stanley]
took with him on his trans-
African journey. Of course it’s a
printed map and of course the
center was blank, but he filled
it in as he went. He was the
first man to go down the Congo
and he actually pencilled in the
route of the Congo on a blank
piece of the map for the first
time.
Twenty-first Century Collectible
I am not sure if there will be
a twenty-first century collectible
similar to those relics,
because I don’t think you can
repeat the achievements. The
context is so different now.
We’ve explored the world
essentially—of course there’s
lots still to do, but I think it’s a
very different world now. It’s
not quite the same sort of thing
that’s going to excite us, I mean
what excites us about these
achievements is the extraordinary
stamina of these guys:
Stanley going down the Congo,
999 days, meeting and having
to fight with a village every day
as he went down down the river,
but perservering, doggedly and
brutally, really, perservering ‘til
he got to the end. Shackleton
doing the same, at the South
Pole and close to the South
Pole in 1908. Turning back just
short and getting home and
saving his men and so on. I
mean there’s just extraordinary
stories.
These days the people that
go out to the Antarctic take
paragliders and girlfriends.
it’s just laughable, it’s not the
same. You can’t put it in the
same context, but of course
from the artistic point of view
the way we look at nature, the
same what you’re doing and the
same what say, Humboldt was
doing in Central and Southern
America at the turn of the
eighteenth, nineteenth century
and then encouraging artists to
go out and paint the Brazilian
rainforest for the first time and
then to start amassing information
about the particular
nature of plants. It’s a sort of
systematic study of nature for
the first time—this seems to
be closer to what’s going on
now with people looking at.

CHRISTIE'S LONDON THE POLAR SALE CATALOGUE
35

A/ A Silver Plated Center Piece and Matching Dessert Stands; Estimate £7,000 –10,000
B / Sir Ernest Henry Shackleton, A rectangular wooden birdcage with brass bars and a wooden perch, the top with scroll carrying handle; Estimate £500 – 700
C/ Roald Amundsen, Three Norweigian silver spoons; Estimate £800 –1,200
D/ Herbert George Pointing, Chris* and the Gramophone; Estimate £500 – 700
E/ Herbert George Ponting (1871–1935), The Freezing of the Sea; Estimate £6000 – 8000
36
A
C

B
* “The photograph shows ‘Chris, one of the finest Siberian dogs, [who] is not exactly listening to “His Master’s Voice” but to
Commander Peary’s gramophone record of “How I reached the North Pole,” He appears to find the recital of no small interest.’”
CHRISTIE'S LONDON THE POLAR SALE CATALOGUE
37
> E
D

Oben: Geplante Route nach Crocker Land
Above: Planned route to Crocker Land
Untenstehend: Detail des vereisten,
tauenden und zufrierenden Spiegelwand;
oder Crocker Land
Below: Freezing mirror melting and freezing,
detail; or Crocker Land
DAS LETZTE STÜCK VOM REST DER WELT
„... sollte Land in Sicht sein, war die Zeit jetzt an uns. Ja, da war es!“
—Donald MacMillan
Man nannte es das letzte geografische Problem der Welt. Jenseits
der Axel-Heiberg-Insel und Grantland lagen gleich einer Rechenaufgabe,
die es zu lösen galt, 500.000 Quadratmeilen unerforschtes Gebiet.
Crocker Land war der Bestimmungsort einer groß angelegten Polarexpedition,
die 1913 auf einem Schiff namens Diana vom Brooklyn Navy
Yard in See stach. Nicht was sie über Crocker Land wusste, ließ die Besatz-
ung dieses Ziel ansteuern, sondern was sie nicht darüber wusste. Ob es sich
tatsächlich um Neuland handelte, lag völlig im Ungewissen, es erhob sich
möglicherweise aus dem Polarmeer als ein erhebliches Stück Erde, das
nicht bestätigt oder kartiert worden war. Deshalb bedeutete Crocker Land
eine nicht zu unterschätzende Herausforderung für jene Männer, die das
Spiel eingegangen waren, das Letzte Stück vom Rest der Welt zu finden.
Zum ersten Mal gesichtet wurde Crocker Land im Juni 1906 von einem
Berggipfel aus. Länge 83 Grad Nord, Breite 100 Grad West. Es schimmerte
120 Meilen über das Polarmeer nach Kap Thomas Hubbard herüber. Der
Mann, der es sah, war Robert Peary, ein Respekt einflößender Arktisforscher
von enormer Reputation, der über die Jahre acht Zehen an den Frost
verloren hatte, ein Mann von sowohl unbezweifelbaren als auch fragwürdigen
Leistungen. Beispielsweise könnte Peary auf derselben Expedition,
auf der er Crocker Land ausmachte, als erster Forscher den Nordpol erreicht
haben oder auch nicht (seine Behauptungen darüber waren seinerzeit
umstritten, wurden dann im 20. Jahrhundert überwiegend akzeptiert und
werden heute abermals bezweifelt). Ebenso mag Peary Crocker Land
gesehen haben oder auch nicht. Bemerkenswert ist, dass Peary an dem
Datum, an dem er den Nordpol erreicht zu haben behauptete, in sein
Tagebuch schrieb: „Endlich der Pol!!!… Endlich mein“ – während an
dem Datum, als er Crocker Land gesehen zu haben behauptete, in seinem
Tagebuch steht: „Kein Land zu sehen“. 1
Tagebuchgekritzel einmal beiseite genommen, berichtete Peary in
„Nearest the Pole“ (1907), er habe von seinem Standort am Kap Thomas
Hubbard eine große Landmasse erblickt, und nannte das, was er sah, „Crocker
Land“, nach George Crocker, dem Millionär, der seine Expedition von
1905-06 bezahlt hatte. Später sollten Pearys Kritiker dessen Sichtung von
Crocker Land als Fälschung bezeichnen – ein kalkulierter, schmeichelhafter
Anreiz, um weitere finanzielle Unterstützung von Crocker zu bekommen.
Seinerzeit aber nahmen die meisten Peary beim Wort, darunter auch einer
seiner verdienstvollsten Mitarbeiter, Donald Baxter MacMillan, in dessen
Gedankenwelt sich diese Verheißung einer in der Ferne glitzernden Küste
nachhaltig einnistete. Der Pol mochte schon abgesteckt sein, doch hier war
eine neue Karte anzulegen, ein Ort, um Keksdosen zu vergraben und eine
Fahne festzunageln 2 – ein Felsengebilde, an dem sich die Zukunft festmachen
konnte.
Nach einigen Jahren der Mittelbeschaffung und Planung und mit dem
Rückhalt des American Museum of Natural History in New York machte
KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY
by Sarah Campbell
41

Photographer Frank Hurley
from Documentary to Staged
[Talking about Frank Hurley,
my observation with his work is
that early on it’s documentary
but then it becomes more and
more staged as he moved on
to Africa.]
Yeah, in the war as well,
he made up images, sort of
composite images, and he
would play around with them.
He’s a sort of dramatist rather
than a historian. I think with
the Antarctic expeditions, with
Molson and then with Shackleton,
I think there’s less of that
going on. Although [Shackleton]
would get his magnesium
flashes out and shoot the
Endurance stuck in the ice,
in the Weddell Sea with frost
all over—it is a bit of a staged
picture but it was theater, that’s
how it was. You didn’t have to
do anything, it was delivered
and that was act one of the
great story that was going to
unfold. And he was criticized
for tampering with reality …
… What’s quite interesting,
particularly with Shackleton,
is that [these explorers] lived
a life which went from eating
huge Edwardian banquets in
the Ritz or wherever it was.
Not a great diet and drinking
champagne because this is
what they had to do to raise
money and to socialize, running
around … spending too much
money. Eating huge amounts,
and we saw some of the menus
from these meals—it’s quite
scary—and then they suddenly
go on these expeditions and
they’re onto pemmican1 and
hoosh2 and they spend four
years almost starving to death.
And then they come back and
of course the minute they
come back, they’re straight into
banquets again. Instead of chili
with, they’re eating four course
meals. So it’s feast and famine.
42
sich MacMillan an der Spitze einer Expedition auf den Weg, das Rätsel um
Crocker Land zu lösen, das er der Presse gegenüber als „das letzte geografi-
sche Problem der Welt“ beschrieb. Vor dem Aufbruch im Hochsommer 1913
gab er bekannt, er sei sich gewiss, in Crocker Land seltsame Tiere zu finden.
Er hoffe, sagte er, eine neue Menschenrasse zu entdecken.
Zwei Wochen später war sein Schiff ein Wrack. Es war in der Nähe von
Labrador auf Grund gelaufen, als es einem Eisberg auszuweichen versuchte.
Der Kapitän war betrunken gefahren. Alles wurde auf ein Ersatzschiff
umgeladen, und die Mannschaft erreichte Grönland im August. Man errichtete
einen Stützpunkt in Etah und legte in einer Reihe von Vorabstreifzügen
Vorräte für den eigenen Bedarf an, „Hänsel-und-Gretel-Streusel“, die man
sich Wochen oder Monate später auf der langen Strecke wiederholen wollte
– keine Brotsamen, um einen Nachhauseweg zu finden, sondern um weiter
von Zuhause fortzugehen, als es in einem Anlauf möglich war. Zum Frühjahr
1914 hin waren MacMillan und eine kleine Mannschaft, darunter einige
Inuit-Führer, bereit, Crocker Land zu finden.
Und so gingen sie hinaus aufs Packeis, gezogen von Hunden, auf eine
der, wie sich herausstellen sollte, letzten ausgedehnten Expeditionen in die
Polargegenden, die mit Hundeschlittten unternommen wurden. In der
Eiseskälte mutmaßten sie sich Meile um Meile durch Schneestürme, stießen
auf Wölfe, jagten Karibus, kämpften sich zurück zu ihren Iglus, kauten
Pemmikan, dabei ständig in Sorge um die Einteilung der Rationen und in
Abwägung der Risken. Auf dem Beitstadt-Gletscher erlitt der Geologe
der Truppe, Walter Elmer Ekblaw, so schwere Erfrierungen, dass man ihn
mit Hilfe mehrerer Inuit nach Etah zurückbrachte. Als sie schließlich an die
Stelle vorgedrungen waren, wo Peary Crocker Land gesichtet hatte, waren
sie nur noch vier: MacMillan, Fitzhugh Green, Piugaattoq, und Ittusuk.
Am 21. April 1914 wurde die Gruppe bei klarem blauem Himmel
Pearys Vision gewahr. Green hatte sie als erster: Crocker Land war am
Horizont zu sehen. MacMillan erinnert sich:
Wir liefen hinter Green her auf den Gipfel des höchsten Walls. Es konnte keinen
Zweifel geben. Großer Himmel! Was für ein Land! Hügel, Täler, schneebedeckte
Gipfel zogen sich auf mindestens 120 Grad am Horizont entlang. 3
Piugaattoq nahm Crocker Land anders wahr. „Poo-jok“, sagte er,
nachdem er den Horizont einige Minuten lang gemustert hatte: Nebel.
„Jedenfalls war es der Beobachtung wert“, beschloss MacMillan. Und so
beobachteten sie weiter. „Im Laufe dessen veränderte die Landschaft schritt-
weise ihre Erscheinung und wechselte im Zuge des Sonnenumlaufs die
Ausdehnung; mit Einbruch der Nacht verschwand sie schließlich ganz.“
In den nächsten paar Tagen verfolgte die Gruppe die Luftspiegelung
– und diese verfolgte sie. Als die Nahrung zuneige ging und das Eis
sich ringsum löste, hatten sie sich schon zur Umkehr entschlossen, als an
einem weiteren ungemein klaren Tag erneut eine Landmasse hinter dem
Wasser auftauchte:
Nicht eine Wolke oder irgendeine Spur von Nebel; sollte Land in Sicht
sein, war die Zeit jetzt an uns. Ja, da war es! Man hätte es sogar ohne
Fernglas sehen können, wie es sich von Südwest nach Nordwest erstreckte. 4
Doch wie schon zuvor wandelte die Landschaft ihre Gestalt und wich
zurück, was MacMillan abermals zu der Schlussfolgerung zwang, dass das,

Polar Expeditions Today?
One gets rather bored of people
trudging to the Pole. It’s been
done… Just to try and emulate
these guys is impossible. I find
it rather diminishes these landscapes
and the history when it
becomes a well-trodden trail,
rather like Everest. It has no
relationship to the ‘twenties
and expeditions. It trivializes it
and it shows disrespect to the
landscape.
was sie gesehen hatten, kein Land war. 5 „Wir kamen damals zu dem Urteil
und tun es noch heute, dass es sich um eine Luftspiegelung oder eine Auftürmung
von Eis im Meer handelte.“ Crocker Land war eine Fata Morgana,
eine optische Erscheinung, verursacht durch unterschiedliche Lufttemperaturen.
An kalten Tagen kann oberhalb ausgedehnter Eisschichten eine
Luftspiegelung auftreten, wenn das Licht durch verschiedene Temperaturverläufe
einfällt und dabei ein Bild von einem Land heraufbeschwört, das
sich verformt, erweitert und zusammenzieht – ein Land, das sonst jenseits
des Horizonts verborgen liegen oder gar nicht vorhanden sein mag. In der
Arthussage lockt die Fata Morgana Menschen in den Tod.
Ein paar Tage später erschoss Green Piugattoq bei einem Streit über das
Hundegespann und möglicherweise über Piugattoqs Frau. Zurück in Etah,
verheimlichte MacMillan trotz seiner großen Achtung gegenüber Piugattoq
den Mord vor den Inuit.
Die Suche nach Crocker Land ist vermutlich der Zwangsläufigkeit
Namen eine Bedeutung zuweisen zu wollen, zuzuschrieben - letztendlich
hat sich diese als hirngespinst herausgestellt. Eine nervenaufreibende
Übung im Auflösen des vermeintlichen letzten Rätsels, für das es aber am
Ende gar keine Lösung geben konnte. Jahrelange Anstrengungen, haufenweise
Geld und etliche Leben – alles aufgewendet für die allmähliche
Entdeckung, dass es nichts zu entdecken gab. In dieser Hinsicht unterschied
diese Expedition sich nicht von ihren „erfolgreichen“ Pendants; sie mündete
in derselben Täuschung eines Fremden, der die Visionen eines anderen
zu verfolgen trachtet.
Durch eine weitere Lichtbrechung aber hatten MacMillans Mannen
alles in allem doch ihr Ziel erreicht. Denn schließlich sahen sie ja Crocker
Land. Funkelnd, jauchzend, schrecklich und wundervoll – gefangen in dem
Sinnestaumel zwischen glüclicher Entdeckung und trügerischer Täuschung
(den beiden Begleiterscheinungen vielleicht jeder gipfelstürmerischen
und Menschen vernichtenden Expedition). MacMillan bekam die gleiche
Luftspiegelung zu fassen, die Peary gesehen (oder vorgetäuscht) hatte –
und er sah sie vom selben Standort im arktischen Niemandsland aus.
Fata accompli.
Die Crocker-Land-Expedition war kein Fehlschlag. Die Frage, von der
sie ausgelöst worden war, wurde beantwortet. Gab es ein großes Stück in
keiner Karte verzeichnetes Land im Polarmeer, wo Peary es gesehen hatte?
Nein. Damit wich die Monomanie einem zugleich weitergespannten und
örtlicheren Unterfangen, bei dem eine weniger an vorgefasste Vorstellungen
gebundene Forschung Boden unter den Füßen gewinnen konnte. 6 Durch
das Eis von der Außenwelt abgeschnitten, grub sich MacMillans Truppe vier
Winter lang in Etah ein und trug dort eine beträchtliche Menge an mete-
rologischen, zoologischen, botanischen, geografischen, geologischen und
ethnografischen Aufzeichnungen zusammen. Ein 3000 Einträge umfassendes
Inuit-Wörterbuch, 5500 Fotos und gut 3000 Meter Filmmaterial – ein
Archiv, das, wenn auch sehr partiell, verzeichnet, was dort war: die Inuit von
Kalaalit Nunaat. Ihre ätherischen, realen Gesichter ragen vor der Horizontlinie
der Fotos auf, mitunter spöttisch, mitunter lächelnd, wettergegerbt
oder sanft. In manchen davon blicken sie fest in die Kamera, so als fragten sie
einen gerade Ankommenden: Wer bist du? Was glaubst du, wo du bist?
— Deutsch von Stefan Barmann, Köln
KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY
43

Bilder aus dem Archiv
des Museum of Natural
History, New York,
New York.
Images from the archives of
the Museum of Natural History
New York, New York.
A
Zerhackter Eisbär
Polar bear in pieces
B
Donald MacMillan an
den Orten von Pearys
Aufzeichnungen
Donald MacMillan at
site of Peary’s record
C
Inuit Totenkopf
Inuit skull
Fußnotentext
1 Zitiert nach Dennis Rawlins, „Contributions“,
www.dioi.org. Aufgerufen am 11. Oktober 2009
unter http://www.dioi.org/cot.htm#ypcx.
2 Bei einer späteren Expedition im Jahre 1908
sandte Peary ein Telegramm an Associated
Press, in dem es heißt: „Stars and Stripes in den
Nordpol genagelt“ (#272318, Archiv des American
Museum of Natural History).
3 „Four Years in the White North“, Boston, The
Medici Society of America 1925, S. 80. (Erstausgabe
New York, Harper and Brothers, 1918).
4 Ebenda, S. 88.
5 MacMillan glaubte gleichwohl noch Jahre
danach, es müsse irgendwo da draußen Land
geben, gen Westen eher denn gen Nordwest. Und
trotz gründlicher luftfotografischer Erfassung gibt
es heute immer noch Menschen, die glauben, dass
es in diesem Teil des Polarmeers unverzeichnetes
Land gebe. Einige – die Anhänger der Theorie
der hohlen Erde – meinen, die Crocker-Land-
Luftspiegelung liefere den Beweise für ein tief in
einem riesigen Polarloch verborgenes Land – so
dass man Crocker Land, könnte man sagen, gleich
unter den Füßen hätte. Siehe http://www.ourhollowearth.com/ExpeditionUpdate.htm,
aufgerufen
am 15. Oktober 2009.
6 Ich stelle mir den Höhepunkt der Verneinung zu
dem Zeitpunkt vor, als die MacMillan-Expedition
durch die Berührung erfahren konnte. Wie Thoreau
in „Ktaadn“ singt: „Sprich von Geheimnissen!…
die feste Erde! die tatsächliche Welt! Berührung!
Berührung! Wer sind wir? wo sind wir?“. Nichts
Neues: Francis Bacon hatte immerhin bereits
1620 diese Neue Wissenschaft erdacht, in der der
Erforscher-Beobachter der Welt „von vorgefassten
Meinungen geläutert ist [und statt Experimente
anzustellen] in unmittelbarer und sinnlicher
Berührung mit der konkreten materiellen Welt
in all ihrer Mannigfaltigkeit und all ihren Wandlungen“
steht (Lyn Hejinian, „Strangeness“, in:
„The Language of Inquiry“, Berkeley, CA, University
of California Press 2000, S. 153).
44
A
B
C

Das prometheische Meer
von James Tierney
IST DAS AM ENDE DER LETZTE SCHAUPLATZ, DAS GRÖSSTE TABU UNTER DEN UMSTRITTENEN WISSENSCHAFTEN:
IN EINEN METEORITEN ZU BLICKEN UND UNSERE URSPRÜNGE ZU FINDEN? DEN LETZTEN ERSTEN STEIN ZU FINDEN?
EINFACH WEITER ZU SUCHEN? IN UNSEREM MORGENROT SO VIEL ZU FÜRCHTEN WIE IN UNSERER DÄMMERUNG? –
ENTFACHE EIN STREICHHOLZ AN, UND DU WIRST SEHEN, WAS ICH MEINE.
Zum ersten Mal begeneten wir uns im Zug. Wir reisen von Oslo nach Bergen, quer über die nackte
Kammlinie, die das erfrorene Nagelbett Norwegens abschneidet und in der Nordsee versenkt. Ich
habe ihn als Oswalk kennengelernt, Oswalk aus Oslo nannte ich ihn, als ich zum ersten Mal von ihm
hörte, auch wenn er nicht aus Oslo kommt, wo er lebt, er ist kein Norweger, erfuhr ich später, sondern
Faröer, ein Inselkind. Später verstehe ich, dass diese Herkunft wichtig ist, um die ganze Persönlichkeit
Oswalks zu verstehen. In der kurzen, ruhigen Zeit, die ich ihn kannte, habe ich wenig über sein Leben
erfahren, doch verstand ich, vielleicht sogar auf den ersten Blick, dass er als Mann mit einer solchen
Herkunft zugleich privilegiert und benachteiligt aufgewachsen war. Intuitiv, einfallsreich und wach,
doch mit einer Erziehung, die die Möglichkeiten, die ihm seine angeborenen Fähigkeiten boten, in
meinen Augen längst nicht augesschöpft hatte. Inselleben, so stolz die Bewohner darauf auch sein
sollten, hatte doch seine nicht unerheblichen Mängel.
Ich habe hier nicht viel Platz für unsere Geschichte, die endgültige Geschichte, meine und
Oswalks (ja, wie Oswalks ist auch meine Geschichte zu Ende), also verstehen Sie, dass ich, wenn ich
sage, als Kind habe ich die Nacht geliebt, Sie weder auf den Arm nehmen, noch Ihnen einen Bären
aufbinden will. Oswalk mochte diese Ausdrücke, das ist der einzige Grund, warum ich sie verwende.
Mir liegt in der Regel nicht viel daran, auch wenn ich sie hin und wieder einfließen lasse. Doch
Oswalks Freude, wenn er sie hörte, spornte mich an, immer mehr davon zu suchen und sogar ein
paar eigene zu erfinden. Dieser Eifer ist jetzt erlahmt. Oswalk untermalte die Ausdrücke szenisch,
wenn er sie benutzte, allerdings selten in einem Zusammenhang, der Sinn ergab. Wenn Oswald mich
mit erhobener Faust vor den Kopf stieß, hatte es mit der Wirklichkeit nicht viel zu tun.
Seit jeher verstehe ich die Katze mit einer anhaltenden, besonnenen Wertschätzung, die
zum großen Teil auf die langen Nächte meiner Kindheit zurückgeht, und ich habe selbst vier Katzen
aufgezogen. Jede von ihnen hatte andere Fähigkeiten, wie eine Gruppe ungleicher Superhelden,
und ich ziehe sie auf, um diese Fähigkeiten von ihnen zu lernen, denn auch ich bin ein Nachtjäger.
Oswalk dagegen zog es vor, statt nach den Sternen nach den Wolken zu navigieren. Er stand früh
auf, tat, was getan werden musste, legte Wert auf seinen Kaffee und dergleichen und versäumte nie,
rechtzeitig ins Bett zu gehen. Was mich betrifft, navigiere ich in Ruhe, Einsamkeit und Dunkelheit.
Das ist das einzige, was mich interessiert. Und diese Schwäche, hinsichtlich der hohen See, war es,
die mich überhaupt zu Oswalk führte. Für mein Unternehmen brauchte ich Mäßigung, und Rat.
In sternenlosen Nächten zu navigieren, heißt, mit der Strömung zu navigieren, einer
Strömung mit einer gewissen Krümmung, die mir, im Gegensatz zu vielen, die sie verwirrt, zu liegen
scheint. Ich kartiere die Strömung im Kopf von Punkt zu Punkt. Auf See verloren wie im Wald,
Kreis um unvollendeten Kreis, nur scheinbar nach dem Ausweg suchend. Der wahre Jäger sehnt sich
nach der Nacht, denn nur in der Nacht herrschen die idealen Umstände für den Erfolg beim Jagen.
Ein Erfolg wie als Kind immerhin, wenn Jagderfolg so unschuldig ist wie jeder andere Erfolg und
keine Konsequenzen hat. Als Erwachsener habe ich es anders erlebt wie sie sehen werden, während
Oswalk das Schiksal gefunden zu haben scheint, das ihm seine Furcht vor der Nacht immer schon
verheißen hat. Armer Oswalk.
So schrieb mir Oswalk nach New York, aus Oslo, vor ein paar Wochen erst, cc an Grampus.
Als Amateur-Kryologe, Kartograph und Navigator kannte er sich in der Gegend um Disko Bay recht
gut aus, sagte man mir. Es war der Vorschlag unseres gemeinsamen Freundes Grampus, dass ich mich
an Oswalk wenden sollte, der, als Grampus ihm beiläufig von meinen Plänen erzählte, anbot, mir seine
kommentierten Karten der Gegend zur Verfügung zu stellen. Ich war Grampus wohl dankbar, dass
KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY
Ich freue mich sehr darauf, mit
Ihnen an diesem Projekt zu arbeiten.
Lassen Sie uns versuchen,
sehr bald zu sprechen. Grampus
hat mir schon alles von Ihren
Ideen erzählt, aber es wäre schön,
wenn wir uns direkt austauschen
könnten.
Mit besten Grüßen,
Oswalk
45

Ich würde mich auch lieber mit Ihnen
hinsetzen und direkt sprechen,
ich hoffe, die Gelegenheit ergibt
sich bald. Rufen Sie mich an,
sobald Sie können, und gehen Sie
davon aus, dass ich in Oslo bin,
vielleicht gehe ich wandern, aber
ich bin mir sicher, dass wir ein
bisschen Zeit zum Reden finden.
Mein Skypename, falls Sie skypen,
ist Oswalk.
Gute Reise,
Oswalk
P.S. Ein paar Links zum Nachdenken
Ich schätze, Sie sind noch unterwegs,
aber ich schicke Ihnen im
Anhang schon mal zwei der Karten,
die ich in Oslo zeige, sowie ein
pdf, in dem die möglichen Routen
erklärt sind. Ich fahre am Mittwoch
nach Bergen, aber wir können
jederzeit via skype sprechen, wenn
Sie wollen, ich bin oswalk.
Hoffe alles ist gut.
46
er Anteil nahm, doch ich war mir nicht sicher, ob ich diese Kommentare etc. tatsächlich gebrauchen
konnte. Ich antwortete, ich würde nur persönlich mit Oswalk sprechen wollen, alles andere wäre mir
zu diesem Zeitpunkt ungelegen, ob es sich arrangieren ließe?, cc an Grampus.
Oswalk schrieb direkt zurück, wobei er Grampus endgültig aus der Schleife schnitt:
Etc., etc., das Internet.
Offensichtlich bestrebt, mich auf Aspekte der Reise vorzubereiten, auf die ich längst übervorbereitet
war. Er konnte es nicht wissen, aber zu diesem Zeitpunkt hatte ich das Gefühl, er hätte es
wissen sollen. Anfänglich war mir Oswalk, abstrakt gesehen, egal. Vergiss ihn und seine Karten, dachte
ich. Zu dieser Zeit glaubte ich nicht, dass das, was ich mir vorstellte, das gleiche war, was Oswalk sich
vorstellte, und ich hatte beschlossen, dass es mit uns nicht funktionieren würde, dass ich nicht einmal
versuchen würde, ihn zu treffen, dass er allenfalls ein Risiko für mein Unternehmen war. Ich konnte
zwischen seinen Zeilen und denen von Grampus eine Fehlerhaftigkeit in unserer Kommunikation
lesen, eine Reihe von Mängeln von Anfang an. Obwohl ich keine Minute meiner Zeit mit Oswalk
bereue, muss ich heute zu dem Schluss kommen, dass meine damalige Einschätzung die richtige war.
Um Oswalks Willen wäre ich lieber für mich geblieben.
Sprechen wir kurz über die Wirkung von Jagderfolgen. Auf abstrakter Ebene kann ich zwischen
den Ergebnissen eines Kinderspiels und denen einer Handlung in der Erwachsenenwelt nur selten
Unterschiede feststellen. Kinder zu unterhalten lag mir in meinem Erwachsenenleben daher immer
fern. Ebenso wenig sah ich Grund, die Traumata meiner Jugend zu wiederholen, was mich in komplexe
Verhältnisse mit ähnlich gesinnten Erwachsenen getrieben hätte, und dies hat mir eine gewisse
Einsamkeit gewährt. Wo es hingegen Unterschiede in der Wirkung gibt, ist zwischen der Angst eines
Kindes und der Angst, die ein Erwachsener kennt. Diese Unterschiede sind wissenswert, was sind sie?
Sagen wir, die Angst des Kindes ist die vor dem Unbekannten, die Angst des Erwachsenen ist
die vor dem Bekannten. Beide können durch die Begegnung zerstört werden, beide können davon
beglückt werden. Diese einfache Erkenntnis soll uns für den Anfang reichen.
Oswalk
Es spielt keine Rolle, wie wir uns begegneten, ob im Zug oder im Bahnhofscafé, ob in Oslo
oder in Rotterdam, all das hat sich in Nichts aufgelöst. Was seitdem passiert ist.
Wir stiegen im gleichen Moment aus dem Zug, kurz vor Morgengrauen – genauer gesagt, am
hinteren Ende der Nacht – mitten in einer baumlosen Wildnis. Der Ort hatte nichts als einen Namen:
Finse. Falls es hier einen Bahnhof gab, sah ich ihn nicht. Falls es einen See gab, sah ich ihn nicht.
Wir stiegen aus zwei verschiedenen Waggons, denn bis dahin hatten wir es beide geschafft, die
Details unserer Reise nach Bergen voreinander geheim zu halten: um zu Fuß über Gneis und Schiefergestein
zum Dock im Fjord hinab zu steigen und morgen Abend per Schiff in Bergen anzukommen.
Was kümmerte mich damals, frage ich mich jetzt, dass die Zeit ablief, dass der Zug mir viele Stunden
erspart hätte, ein ganzer Tag allein im zivilisierten Bergen, um mich weiter mit meinem Vorhaben zu

efassen? Es gelang mir nicht, die Expedition angemessen zu durchdenken, mit der angemessenen
Muße, sondern ich kam nur so weit zu verstehen, dass die Expedition hätte durchdacht sein müssen.
Ich überstürzte sie. Wenn man im Transit ist, ist es zu spät. Im Grunde war es uns egal. Doch es hätte
uns nicht egal sein dürfen, dieser Meinung bin ich jetzt, wir haben uns zu wenig um alles gekümmert.
Wir sahen einander an, blieben in unseren Polyfill-Jacken stehen, den Rucksack auf dem
Rücken, allein auf dem kahlen Hügel, nichts als den Klang des Nylons im Ohr. Wenn ich ganz still
stand, ließ der Nylon-Lärm nach, und ich konnte das allumfassende, unerbittliche Strömen des Wassers
rings um mich hören, das weiße Rauschen Norwegens. Einen Bahnsteig gab es nicht, nur abgewetzte
grüne Holzleitern, die von den Schaffnern im Tandem vor die Zugtüren gestellt und dann sofort
wieder eingezogen und in den jeweiligen Waggons verstaut wurden, bevor der Zug weiterfuhr, die
abfallende Kammlinie hinunter, und die schrumpfenden Schaffner winkten, als würde es sie immer
wieder amüsieren, wenn ein Mann den warmen Zug verließ, um in die Kälte und Dunkelheit zu
gehen. Man hörte den Zug beim Abfahren kaum. Der Blick zwischen mir und Oswalk war herzlich,
aber unwillkommen. Wir machten uns schweigend auf den Weg, zuerst einen sanften Anstieg hinauf,
dann geradewegs den Berg hinunter.
Bei der Ankunft in Flåm kamen wir ganz selbstverständlich überein, uns vor der abendlichen
Schiffsreise mit Vorräten einzudecken. Ich kaufte ein Stück süßen braunen Ziegenkäse und eine kalte
Flasche Rosé, die ich beide mit Oswalk zu teilen hoffte. Oswalk kaufte Brot und eine große Dose
Bier und wartete vor dem Laden auf mich. Ich sah ihn durch das Schaufenster hinter der Kasse, wie
er seine schlaffe Plastiktüte hielt und eine Zigarette rauchte. Er wirkte wachsam und entspannt zu-
gleich. Ein echter Profi, dachte ich. Seine Größe, der dichte Bart, der kahle Schädel, alles fügte sich
schön zusammen. Oswalk wäre mein Mann, ich musste ihn nur fragen.
Wir gingen an Bord der großen Touristenfähre. Als wir sicher abgelegt hatten, merkte ich, dass
die Nachwirkung der Wanderung Oswalks Zunge gelöst hatte. Ich ermutigte ihn, indem ich ihm Rosé
und ein Stück Käse anbot. Dankbar nahm er einen tiefen Schluck Wein, zwischen dem Bier, doch
über den Käse aus der Region rümpfte er nur die Nase. Später, in Tórshavn, begriff ich, dass Oswalk
im Einvernehmen mit einem bestimmten Stamm seiner Landsleute einen generellen Widerwillen
gegen jedwede skandinavische Festlandkultur hegte. Dieser schloss auch den Käse ein. Tatsächlich fand
ich den Käse auch grauenhaft, und als ich ihn ein paar Tage später in Tórshavn in einer Seitentasche
meines Rucksacks wieder fand, warf ich den schweren Rest in eine umfunktionierte 220-Liter-
Öltonne. Wollte ich es Oswalk recht machen?, fragte ich mich damals. Es war nicht meine Art, absolut
genießbare Lebensmittel leichtfertig wegzuwerfen, erst recht nicht mitten in einer Expedition. Doch
während ich schon überlegte, ob ich umkehren sollte, um den Käse, der in Plastik eingepackt war, aus
der Mülltonne zu retten, wurde ich von Oswalk und seine früheren Schulkameraden mit plötzlicher
Dringlichkeit gerufen.
Nach der halben Flasche Rosé redete Oswalk immer noch nicht, auch wenn es klar war, dass
er bereit war. Ich sprach zuerst.
Oswalk, ich werde deine Hilfe brauchen.
Ja, natürlich, sagte er in dem Tonfall, der, meiner Erfahrung nach, für ihn so typisch war.
Ich weiß nichts von Schiffen und Maschinen, Oswalk, nichts von der arktischen Region.
Nichts außer dem, was ich in Büchern gelesen habe. Wärst du bereit, mir zu helfen?
Du kannst deine Hand nicht von dem Loch in deinem Arsch unterschieden, das weiß ich.
Oswalk, kannst du mir helfen? Eine Woche Anreise, drei Wochen auf dem Schiff. Insgesamt
ein Monat. Ich brauche mehr als deine Karten. Du musst mit mir kommen und an der
Expedition teilnehmen. Ich will dich mit im Boot haben, sagte ich ihm zuliebe, auch
wenn ich mir der Unangemessenheit des Ausdrucks zutiefst bewusst war und wusste,
dass ich meiner Sache schadete, indem ich ihn benutzte.
Du bezahlst mich dafür.
Ja, natürlich. Ich habe das Geld aufgetrieben.
Bezahlst du jetzt?
Ich zahle am Donnerstag, wenn wir Grönland erreicht haben, per elektronischem Geldtransfer
zwischen unseren Banken.
Du zahlst am Donnerstag. Ich helfe dir am Donnerstag, wenn wir Grönland erreicht haben
und der Transfer passiert ist.
Danke, Oswalk. Das reicht mir.
KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY
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48
Ich kam nie dazu, Oswalk zu bezahlen. Kaum waren wir in Bergen, begann Oswalk, mir mit
der Expedition zu helfen, arrangierte die Reise und die Unterkunft in Tórshavn, und als wir Grönland
erreichten, wollte er kein Geld, bis die Expedition beendet war. Aus offensichtlichen Gründen, sagte er.
Was kann ich von der Expedition erwarten?, fragte Oswalk, als er aus einem kurzen Schläfchen
aufwachte. Auf dem unbeleuchteten Deck der vollen Nachtfähre spielten Männer und Frauen rings
um uns Karten, rauchten und tranken. Urlauber, die durchhielten. Manche schliefen in Schlafsäcken
unter den Bänken. Ich hatte kein Auge zugetan, und der Rosé war leer. Nach einem Augenblick
fragte ich zurück:
Was erwartest du?
Ich erwarte, dass wir rausfahren und einem bestimmten Kurs folgen. Bestimmte Dinge sehen,
vielleicht, die, die du sehen willst. Dich dorthin bringen.
Das ist es, Oswalk, genau das kannst du erwarten.
Aber das erwarte ich nicht. Ich erwarte, dass du noch was im Ärmel hast.
Ich habe nichts im Ärmel.
Doch. Was, glaubst du, ist da draußen?
Da draußen ist, was da draußen ist. Wir wissen nicht, was da draußen ist. Deswegen fahren wir hin.
Aber es fahren viele Leute raus. Du kannst eine Frau mit Kindern sein und von Japan fliegen,
alles ist möglich. Es ist nicht schwer. Jeder kann rausfinden, was da draußen ist, selbst im Internet.
Aber wir sehen es, und wir zeichnen es auf. Das ist der Unterschied. Wir sind keine Kinder.
Alle zeichnen es auf. Heute haben alle Kameras. Du weißt was, und du sagst es mir nicht. Vielleicht
komme ich doch nicht mit. Am Ende.
Oswalk, ein stattlicher, fähiger Mann, einer, der von sich behaupten konnte, „auf dem Schiff
aufgewachsen“ zu sein, machte keinen Hehl aus seiner wahren Furcht vor der Natur. Er war vernünf-
tig, dachte ich, nicht mehr und nicht weniger. Der Mann, der in der Natur keine Bedrohung sieht,
ist ein Esel, und Oswalks Furcht gereichte ihm zur Ehre, sie war sein nom de guerre. Ich wusste, am
Ende, je größer seine Furcht, desto wahrscheinlicher würde er dabei sein. Und ich, was fürchtete ich?
Es war nicht die Natur per se. Es war der Raum. Damals war mir die Furcht vor dem Raum
vertraut. Nicht, weil ich ihn nicht sehen konnte, sondern weil ich es konnte. Der Raum ist nackt,
und ich hatte das Gefühl, ich konnte ihn sehen, und je klarer ich ihn sah, desto kälter fuhr es mir in
die Knochen. Je weniger er zu sehen war, desto entspannter war ich. Doch ich konnte hineinsehen,
staunend, wie man in die vollkommene Schwärze eines Brunnens blickt, oder in einen Stollen, und
allmählich beginnt, seine drei Dimensionen auszumachen. Ich konnte hineinblicken bis zu dem
Punkt, an dem ich den Anblick nicht mehr ertrug und keine Wahl hatte, als den Blick abzuwenden
und die Augen fest zu schließen. Wenn ich den Brunnen fotografiert hätte, oder etwa den Stollen,
hätte mich meine Angst dazu veranlasst, die Kamera hineinfallen zu lassen. Und meine Furcht nahm
tatsächlich diese Form an, eine zusätzliche Ängstlichkeit, im Strudel eines Raumes Dinge fallen zu
lassen, wobei zu diesen Dingen auch mein physisches Selbst gehörte und das von anderen, in Fällen,
da ich ihr einziger Halt war.
Heute ist die einzige Furcht, die mir geblieben ist, die Furcht vor der Zeit. Eine schwarze,
unbekannte Angst, jedoch ohne jede bezwingbare Präsenz. Sonst fürchte ich mich vor nichts mehr.
Ich kann die Zeit nicht sehen, ich stelle sie mir nicht einmal als Präsenz vor, weil ich sie nicht finden
kann. Ich bin wieder ein Kind, doch in einer Kindheit geprägt von einer Furcht, die nur ein Erwach-
sener kennen kann. Doch darüber wollte ich hier nicht schreiben.
Ich bin kein großer Entdecker, doch ich bin gut. Der große Entdecker versteht nicht, warum
ich so gut bin, so viel besser als er. Der große Entdecker sucht nach etwas. Ich suche nichts. Ich suche
den Stein, aber ich suche nicht nach dem Stein. Wer den Stein sucht, und das bin ich, sucht nach dem
Feuer. Feuer ist nichts, und Feuer ist alles. Es ist ganz klar. Ich verstehe es, doch der große Entdecker
versteht es nicht. Der große Entdecker denkt, ich suche nach dem Stein, und wenn ich den Stein
finde, fragt der große Entdecker: Du hast den Stein gefunden? Also, was ist der Stein? Natürlich gibt
es keine Antwort auf die Frage „also, was ist der Stein?“, es ist eine dumme Frage in fast jedem Fall,
und in diesem Fall ist sie besonders dumm. Denn ich habe nicht den Stein gefunden, ich habe das
Feuer gefunden. Wenn man Feuer gefunden hat, fragt man nicht „also, was ist der Stein?“ Feuer ist
Wissen. Wer vom Feuer eine Begründung verlangt, verbrennt sich.
Beim Schreiben dieser Zeilen fällt mir ein Gleichnis aus dem Studium ein. Meine Geschichte,
die Geschichte von mir und Oswalk, ist kein Gleichnis, sie ist ziemlich real, und so zögere ich nicht,

folgendes Gleichnis einzufügen – Sie werden es wieder erkennen –, als intertextuelle Illustration des
Kernproblems, dem Oswalk und ich begegnen sollten, als wir Disko Bay verließen.
Von Prometheus berichten vier Sagen:
Nach der ersten wurde er, weil er die Götter an die Menschen verraten hatte, am Kaukasus
festgeschmiedet, und die Götter schickten Adler, die von seiner immer wachsenden Leber fraßen.
Nach der zweiten drückte sich Prometheus im Schmerz vor den zuhackenden Schnäbeln immer
tiefer in den Felsen, bis er mit ihm eins wurde.
Nach der dritten wurde in den Jahrtausenden sein Verrat vergessen, die Götter vergaßen,
die Adler, er selbst.
Nach der vierten wurde man des grundlos Gewordenen müde. Die Götter wurden müde,
die Adler wurden müde, die Wunde schloss sich müde.
Blieb das unerklärliche Felsgebirge. — Die Sage versucht das Unerklärliche zu erklären.
Da sie aus einem Wahrheitsgrund kommt, muss sie wieder im Unerklärlichen enden.
Also, eins der Kernprobleme. Es gab zwei Probleme auf dem Schiff, würde ich sagen, die im
Kern der Dinge lagen, schon früh in Disko Bay, noch bevor wir das Baffin-Meer erreichten. Der
innere Kern und der äußere Kern um denselben Mittelpunkt. Von zwei konzentrischen Ringen,
könnte man sagen, um das Schiff. Zwei Ringe, deren Mittelpunkt das Schiff auf dem Wasser trug.
Das Problem in unseren Köpfen, muss ich betonen, hatte nichts zu tun mit dem Problem, das sich uns
von außen stellte. Es kam nicht mit aufs Schiff, das musste es nicht. Wir waren auf dem Schiff, verließen
das Schiff nie. Es kam nie aufs Schiff. Niemand darf behaupten, das Problem wäre in unseren Köpfen
gewesen, denn das wäre die Fehlinterpretation einer Geschichte, in der es um reale Dinge geht mit
realen Folgen, die reale Angst erzeugen. Das Problem außerhalb unserer Köpfe, das draußen im Baffin-
Meer von einem Ding repräsentiert wurde, einem realen Ding mitten in der Nacht, und damit zu dem
Zeitpunkt, da ich am aktivsten war und Oswalk träge unter Deck. Doch Oswalk wachte trotzdem auf
und kam heraus auf das kleine Deck unseres Schiffs, um an meiner Seite zu stehen, in dieser Stunde.
Und als es mir auswich, um ihn direkt herauszufordern, trat er ihm voller Mut entgegen, könnte
man sagen, das rechte Bein nach vorn gestellt, den Bogen erhoben und ausgerichtet. Monatelang
habe ich behauptet, es hätte Oswalk geholt, ihn gegen seinen Willen vom Schiff ins Wasser gerissen.
So habe ich es erklärt, weil mir nach dem physischen Widerstand, der sich später an der katastrophalen
Verwüstung meiner optischen Geräte und Notizbücher auf Deck zeigte (manches davon ganz
verloren, zusammen mit meinem Zeiss-Teleskop), Oswalks Mangel an Komplizenschaft zumindest
teilweise akkurat schien. Auch ich erlitt Prellungen im Kampf, wurde vielleicht von einer Pfeilspitze
gestreift, oder nur von der rosa Befiederung. Typisch für solche Fälle gab es kleinere Kratzer, die sich
nicht erklären ließen. Die Spuren der Angst aber, nach dem Zwischenfall, waren sonnenklar.
Natürlich würde ich die Geschichte so erzählen, Oswalk wurde gegen seinen Willen vom
Schiff gerissen, von einer Macht, die höher war als er. Erst jetzt, da ich es niederschreibe, beginne ich,
es anders zu sehen. So vieles da draußen bleibt unerklärt, selbst für die, die als Zeuge direkt dabei sind.
Und so liegt es an Ihnen, mich zu überzeugen, ob die Angst, die Oswalk auslöschte, die Angst eines
Kindes war, die schwarze Angst vor dem Unbekannten, vor der Nacht, oder die Angst eines Erwach-
senen, die weiße Angst vor dem, das um die Ecke lag, das er inzwischen gut kennen sollte. Von Tag zu
Tag wurde es ihm mehr bewusst, ich merkte es ihm an, während ich seit einiger Zeit schon ständig
damit rechnete. Furcht ist der zentrale Bestandteil der Angst, und wir wussten beide, dass die Furcht
uns längst hatte. Auch mich packte die weiße Angst, als sie kam, um uns zu holen, doch wie hätte ich,
ein Kind, im Angesicht der blendenden Weiße zurückschrecken können? Bleibt die Frage, wie die
Erfahrung für Oswalk war.
In Bergen kauften wir, was wir in Tórshavn nicht bekommen würden, und in Tórshavn kaufen
wir, was wir in Ilulissat nicht bekommen würden, und in Ilulissat waren wir so enttäuscht von der
Marktwirtschaft, die wir vorfanden, dass wir gar nichts kauften. Wir tauschten Festlandwaren gegen
eine Überfülle an Lebensmitteln und Treibstoff vom Schwarzmarkt und brachen in Dunkelheit und
Kälte mit unserem kleinen umgebauten Trawler auf. Labrador, Aberdeen, der New Yorker Hafen, das
ist nicht meine Kragenweite, Oswalk. Wie ein Entdecker an sein Ziel herangeht, ist alles, hatte ich im
Zug zu Oswalk gesagt, mitten in der Nacht, kurz nachdem wir uns kennengelernt hatten. Alles. Ich
sagte es noch ein drittes und letztes Mal zu Oswalk, alles, denn, wie ich ihn verstand, wollte er mehr
nicht hören. Oswalk sagte: Bringen Sie mich nicht auf die Palme, und raufte sich den Bart. Oswalk
war ein Mann, der nur über sich selbst lachte, doch wenn er über sich lachte, war klar, dass er über alles
KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY
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andere lachte. Zu allem anderen gehörte auch ich. Ich hatte das Gefühl, dass Oswalk immer über mich
lachte, obwohl er nur über sich selbst lachte, und das war das größte Vergnügen, das mir Oswalk im
Lauf unserer Bekanntschaft machte. Nichts konnte mir auf einer solchen Exkursion nützlicher sein,
dachte ich, als ein Mann, der meinen Eifer systematisch untergräbt. Keine Folgen würden die Erfolge
trüben können, die unter solchen Einschränkungen erzielt wurden. Sie wären unanfechtbar und
über jeden Zweifel erhaben, genauso, wie späte Erfolge strukturiert sein mussten, noch bevor man
sie erreicht. Der demoralisierte Jäger kehrt mit der größeren Beute heim – einmal zumindest.
Oswalk bescherte mir außerdem jede Menge Stille, wenn er nicht gerade lachte, und auch das
war unentbehrlich für unsere Mission. Wobei ich mich möglicherweise darin verrechnet hatte. Eines
Abends an Bord, als wir einander ablösten – Oswalk ging zu Bett, ich ging an meine Nachtarbeit auf
Deck , sprach Oswalk es an. Seine Stimme hatte einen unnatürlichen Klang, nachdem er sie in den
letzten zwei Wochen so selten benutzt hatte. Mit eingefrorenen Stimmbändern, und als würde er
ein Bekenntnis preisgeben, eröffnete mir Oswalk, dass er es nicht gewohnt sei, so lange zu schweigen.
Andere Exkursionen, inzwischen nannte er es Exkursion, hätten nicht länger als eine Woche
gedauert, wären mehr oder weniger einer festgelegten Route gefolgt und hätten ein recht konkretes
Ziel gehabt, erklärte er mir. Er sagte, vielleicht sei es mir nicht aufgefallen, doch dieses Schweigen sei
normalerweise nicht Teil seines Charakters. Er saß auf der Bank hinter der schmalen, lackierten Planke,
die uns als Kombüsentisch diente. Sie war sogar zum Kartenspielen und zum gemeinsamen Essen zu
klein, doch wir hatten keine Spielkarten mitgebracht, und aus irgendeinem Grund setzten wir uns
nie gemeinsam an den Tisch. Es ist so leer hier draußen, sagte er, dass ich sogar das Interesse an meinen
Seekarten verloren habe. Es stimmte, ich hatte sie seit Tagen nicht rascheln hören. Hier gibt es nichts
zum Anfassen, und meine Finger sind so kalt, dass ich, wenn ich das Schiff anfasse, nichts mehr fühle.
Wenn ich mich selbst anfasse, mein Gesicht, fühle ich nichts. Nur einen unbestimmten Widerstand,
und einen dumpfen, unverorteten Schmerz, sagte Oswalk zu mir, mit vielen Worten. Manchmal weiß
ich nicht mal, ob ich hier bin, oder ob ich war da. Er deutete hinaus. Es ist wie im Weltraum, sagte er,
so als wüsste er, wovon er sprach. Genauso gut könnten wir auf einem Meer aus Methan treiben. Die
letzte Vorstellung irritierte mich, und ich schwieg. Für mich war alles immer noch zu offensichtlich
für Worte. Ich hatte nichts zu sagen. Geh ins Bett, Oswalk.
Zwischen uns lastete eine schwere Stille, und ich hörte den Dieselmotor des Schiffs wie zum
ersten Mal, obwohl er ständig lief. Ich sah Oswalk an, und schweigend teilten wir eine Synchronizität
des Erlebens. Wie die ewigen, ohrenbetäubenden Wasser unserer Hallingskarvet-Berge, sagte ich zu
Oswalk.
Nur in der Stille wird es auftauchen. Ich wies Oswalk an, den Motor für einen Zeitraum von
24 Stunden abzustellen. Einen Tag, schätzte ich, konnten wir uns warm anziehen und die Kälte und
den Mangel an elektrischem Licht ertragen. Erst jetzt fiel mir wieder ein, dass ich diese Taktik in
einem früheren Planungsstadium vorausgesehen hatte, und so griff ich in eine Klappe hinter Oswalks
Kopf, zog eine alte Pappschachtel heraus und stellte sie vor ihn auf den Tisch. Sie hatte verstärkte
Kanten. Ich grinste Oswalk an, bevor ich den Deckel hochklappte und ihm in der Pappmachémulde
ein Paar altmodische Magnesiumblitzlichter zeigte, die ich zu diesem Zweck mitgebracht hatte –
die stille Phase. Oswalk sah von dem Karton auf, und während er reflexhaft zurücklächelte, verzog
sich sein Gesicht zu einer unfreiwilligen schmerzhaften Grimasse. Ich war energiegeladener denn
je, während Oswalk, glaube ich, seine Rolle durch die Wende der Ereignisse plötzlich bedeutend
geschmälert sah. Von jetzt an, muss er gedacht haben, gehen wir getrennte Wege.
Oswalk, war ich fortgefahren, im Zug auf einem freien Platz auf der anderen Gangseite, ein
Bein unter den Körper gezogen. Die Expedition hat bereits begonnen. Für mich hat die Expedition
nicht in Oslo begonnen, oder in Brighton, nicht einmal, als ich in Perth Amboy zu einem überflüssigen
Rendezvous nach Scituate aufbrach. Für mich hat die Expedition Ende November 1954 in
Sylacauga, Alabama, begonnen. Obwohl Oswalk nicht wissen konnte, was ich meinte, musste er nicht
mehr davon hören, was ich über die Anfänge meiner Expedition zu sagen hätte. Es reichte, wenn ich
sagte: „Sylacauga, Alabama!“, oder auch nur „1954“, und Oswalk begann, sich bedächtig eine Zigarette
“IT WAS REALLY SUR-
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zu rollen, die er in Gol, oder Geilo, was immer als nächstes kam, auf dem Bahnsteig rauchen würde.
Das war der Moment, als mir zuerst der Gedanke kam, dass Oswalk theoretisch mein Mann sein
könnte, falls ich zu diesem Zeitpunkt einen Mann gesucht hätte, wobei ich zu diesem Zeitpunkt noch
dachte, ich würde meinen Mann in Reykjavik finden. Stattdessen fand ich ihn in Flåm, wo der Berg
auf das Meer trifft, nach Reykjavik habe ich nie einen Fuß gesetzt, und es war Oswalk.
REAL BECAUSE YOU
KEEP THINKING: YOU
KNOW THAT GLOBE?
EXCERPT FROM YOUTUBE VIDEO: CRUISESHIP M/V EXPLORER STRUCK ANTARCTIC OCEAN ICEBERG SINKS

In diese vormenschliche Dunkelheit zu reisen, die vielleicht schon näher an nachmenschlicher
Dunkelheit ist, in diese ursprünglichen, fiktiven Strukturen dieser ungastlichen Gefilde, und auf
der Suche nach was? Das ist die Frage, die ich stelle, Oswalk, genau wie du. Nichts anderes. Wir gehen
nicht getrennte Wege, wir gehen zusammen. Ich sprach mit mir selbst im Dunkeln, hinter meinen
Kameras auf Deck. Ich brachte es nicht über mich, diese Gedanken mit Oswalk zu teilen, außerdem
schlief er. Er war kein Mensch, den die Leidenschaft trieb, so wie ich. Oswalk hatte lediglich Enthu-
siasmus. Ich richtete das Objektiv auf mich selbst, und der Blitz explodierte in einem blendend weißen
Licht. Es war das einzige Mal während der dreiwöchigen Expedition, dass ich dies tat, und ich kam
nicht auf die Idee, es noch einmal zu tun. Heute fällt mir auf, mit Reue und mit Erleichterung, dass
ich das Objektiv kein einziges Mal auf Oswalk gerichtet habe. Ich hatte gehofft, ihn in der Pose des
Jägers unsterblich zu machen, wenn er seinem einzigen Hobby nachging, mit freiem Oberkörper im
Sonnenschein wie Apoll, während er schweigend seine handgeschnitzten Pfeilspitzen aus Eis mit dem
Compoundbogen tief in die Eisberge trieb. Doch am Ende machte ich keine Fotos bei Tageslicht.
Jetzt wissen wir es. Ich sah es. Oswalk sah es. Es ist auf Film. Es ist in der Kamera. Wir haben
es lebendig gefilmt. Wenn ich wollte, könnte es morgen überall sein. Doch es spielt keine Rolle mehr.
Es wäre, als wollte man aus der Asche den Holzscheit rekonstruieren, Öde und Bedeutungslosigkeit,
reine Taxidermie.
Als er in seinem Hotelzimmer in Bergen die Karten auf dem Doppelbett ausbreitet, weist
Oswalk mich freundlich auf ihre Besonderheiten hin. Zuerst ist es nicht leicht, sie zu lesen. Die einen
haben den Nordpol zum Zentrum, um den bestmöglichen Überblick über die ganze arktische
Region zu bieten, die anderen sind stark vergrößert, in nächster Nähe von unbekannten Landmassen.
Wir wissen viel über die kryologischen Konstellationen, in denen Eisberge rund um die Welt
vorkommen, sagt Oswalk und lächelt hinter seiner schwarzen Brille, die er in meiner Anwesenheit
bislang nicht getragen hat. Eisberge sind nicht wahllos verteilt, du brauchst also mehr als Glück,
um sie zu finden.
Es ist schwierig, einen Eisberg zu finden?, frage ich, während ich die Veränderungen in Oswalks
Gesicht mustere, jetzt, da es von zwei Rechtecken aus breitem schwarzen Acetat umrahmt ist.
Wie ist das möglich?
Oswalk zuckte die Schultern. Seltsamerweise beantwortete er die Frage nicht. Ich wusste nicht
mehr, auf wessen Expedition wir eigentlich waren, auf meiner oder Oswalks. Doch eines wusste ich
genau, Oswalk war fehlerlos. Lassen wir es vorerst seine sein.
Auch Software aus Deutschland kann bei der Lokalisierung von Eisformationen helfen, sagte
Oswalk. Cryomod von der Aachener Firma Intergrated Exploration Systems ist ein Standard–
werkzeug in der Branche. Wir geben Dicke, Charakteristika und Alter der Eisberge in das
Programm ein, sagt Oswalk. Der Computer rekonstruiert die kryologische Geschichte der
entsprechenden Stelle. Falls wir Zugang zu der Software erhalten, wissen wir, was da ist,
bevor wir da sind.
Sehr interessant, Oswalk. Danke.
Wird der menschliche Geist die Ödnis vernichten, oder wird die Ödnis den menschlichen
Geist vernichten? Wenn wir ihre öde Präsenz entdecken, können wir überhaupt weiter leben, in dieser
Präsenz? Oswalk, ich führe dich nicht hinters Licht. Ich stopfe nicht das eine Loch, um ein anderes
aufzumachen, metaphysisch gesprochen. Ich rede Tacheles. Wir müssen es uns zuerst ansehen, das ist
der erste Schritt, denn hier ist kein Gegenstand, bevor Licht ist, wenn wir nicht von Bord gehen, und
wir gehen hier nicht von Bord, Oswalk. Wenn das Licht ausgeht, finden wir es nie wieder. Mit Licht
definieren wir, wie die Struktur uns erschaffen hat, und mit Licht schreiben wir die Schlacht gegen
die absolute quälende Leere des nackten Gesichts, des gesichtslosen, ausdruckslosen, ursprünglichen
Menschen, der aus Lehm gemacht war. Ist das ein Mythos? Der leere, der gesichtslose Kopf?
Der erste Mensch, so unmenschlich. Der letzte Mensch, ein Monster.
In einem Zustand tiefer Gelassenheit beobachtete ich, wie es wie eine Krone aus einer
schwimmenden Scheibe von überirdischem Blau und glänzendem Eis ragte, eine Bewegung fast
digital in ihrer Unwirklichkeit, ihrer Unmöglichkeit. Ein primitives blaues Feuer, das aus dem Geburtskanal
eines unversöhnlichen weißen Monolithen kam, und ich war mir nicht sicher, ob es sich
eher als etwas, das aus der Vergangenheit, oder etwas, das aus der Zukunft kam, beschreiben ließ. Man
hört Berichte von solchen Dingen, doch nur von Menschen, die selbst nicht glauben, dass sie sahen,
KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY
51

WE’RE LIKE RIGHT AT
THE BOTTOM.’”
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wovon sie berichten, dass sie es sahen. Aber was spielte irgendetwas davon für eine Rolle in seinem
wahren und lebendigen Angesicht?
Sofort bildeten sich in dem Licht, das von dem blauen Feuer ausging, Schatten auf dem ausdruckslosen
Gesicht des Eises und lieferten die imaginierten Konturen einer Gestalt, eines Referenten,
der sich von der nackten Tatsache der trägen Fläche der sogenannten natürlichen Welt unterscheiden
ließ. Die Welt ohne uns, amen. Feuer härtet Lehm, Oswalk, Lehm hält Feuer. Licht macht das Bild, der
Entdecker, ich bin der Entdecker, arbeitet rückwärts, schält das Schmuckwerk ab, das den entsetzlich
leeren Ursprung verhüllt, das Loch im Kern der Erde, einen Strudel aus Nichts an einem Pol, wo der
Fels mit dem Wasser eins geworden ist, und das Wasser bewegt sich, es hebt und senkt sich. Ohne uns,
Oswalk, ist die Welt zu Hause. Der Entdecker, das bin ich, starrt ins Feuer und sieht die Formen, die
im Feuer sind, nicht die Formen, die das Feuer wirft, sondern die Formen, die das Feuer ergeben,
die wahren ganzen Formen: die scharfe, leckende Zunge des Bösen und das glatte, träge Dämmern
der Güte. Das Ganze verschwindet mit der Zeit im Überfluss des Lichts. Das bist du, Oswalk, mit all
deinem Tageslicht hast du mich zur Unterwerfung geblendet, gerade als ich es erkannte. Das warst
du, du hast das getan.
Da draußen ist doch etwas, Oswalk. Ich sage es ihm am Morgen. Ich sah es. Die weiße Angst
hat mich gepackt. Ich glaube, das sagte ich zu Oswalk, obwohl es früher nicht meine Art war, solche
Gedanken zu teilen. Ich habe mich verändert, bin offener geworden.
Ich schwöre, ich wusste es nicht – auch wenn es mir irgendwann in der zweiten Woche an Bord
dämmerte , aber ich schwöre, bis dahin, Oswalk, wusste ich nicht, dass du keine Chance hattest. Der
einzige, der nicht in der Rechnung vorkam, war Oswalk, Oswalk. Wir fuhren hinaus in diese Dunkelheit,
in diese Kälte, in diese überbelichtete Sackgasse einer Felswand, Gott zum Hohn. So viel musst
du gewusst haben, so viel haben wir eingerechnet. Dir war Gott so egal wie mir, darin waren wir uns
einig. So einig waren wir uns, dass wir nicht darüber sprechen mussten. Wir waren des blauen Feuers
heilige Rache an Gott, geboren wider die Natur, aus der Stirn eines Gottes.
Das ist der einzige Erfolg, den es noch beim Jagen gibt, der echten Jagderfolg bringen kann.
Jagen ist heute eine Überlebensstrategie, Oswalk, in der Erwachsenenwelt. Der Jäger ohne zweites
Standbein ist arm. Arbeitszeit ist mehr, Rentabilität weniger. Die Ausrüstung ist zum Teil gekauft und
nicht vom Jäger hergestellt. Der Beruf hat einen geringen Status. Zwei Standbeine: Verwaltungsange-
stellter in einer untergeordneten Position. Das sind die Konsequenzen, Oswalk. Der Jäger ist kein freier
Mann mehr. Seine Jagdkultur geht den Bach runter. Das ist unsere Chance. Das ist es. Prometheus,
der erfindungsreiche, ist tief in dem Felsen, hoch oben im Kaukasus, seine Leber ganz und geschützt.
Oswalk liegt gefroren am Meeresgrund, seine Leber ein kaltes Festmahl für die Tintenfische, die sich
mit ihren Schnäbeln an ihm weiden.
Es tut mir leid, Oswalk.
Aber glaub mir, auch du wirst dich eines Tages erheben, sicher gebettet in einer Eisscholle,
und wäge dagegen die Möglichkeit einer müden, bedeutungslosen Freiheit ab.
Meine Isolation ist eigentümlich gewesen. Sie hat mich nach Disko, zu Oswalk geführt. Sie
hat Dinge für mich getan, und aus diesen Gründen hänge ich an ihr, sei es diesen Dingen zu Ehren,
einzelnen Personen zu Ehren, und weil ich fürchte, ich könnte sie verlieren. Dabei kann ich die
Tatsache nicht verleugnen, dass sie mich eine Menge gekostet hat. Mit vielen der Themen, über die
die Leute, die ich bewundere, so gewandt sprechen, bin ich nicht vertraut. In meinem beruflichen
Streben hat der Mangel an Interaktion die Beweglichkeit meines Intellekts lahm gelegt. Die Arbeit,
in der ich die bedeutenden Funde der Disko/Baffin-Expedition erörtere, wurde nicht warm aufgenommen,
ich habe versagt, sie in zusammenhängender Weise vorzulegen, entsprechend den Standards
der Disziplin. Seien Sie also bitte nett zu mir, wenn ich Ihnen diese Geschichte erzähle. Bitte
verstehen Sie, dass es die Wahrheit ist, und dass, wenn Oswalk hier wäre, mein einziger Standesgenosse
in dieser Sache, er sie bestätigen würde. Er würde bezeugen, dass meine Geschichte wahr ist, und er
würde mir gratulieren. Er, zumindest, würde das Streichholz entfachen, eine Kerze anzünden und
mir Frieden schenken.
—Deutsch von Sophie Zeitz

The Taste of Discovery
Eau de Parfum
by Mathias Kessler
53

The Promethean Sea
by James Tierney
IS THIS, AFTER ALL, THE OVERREACHING
ARENA, THE MOST TABOO OF THE DISPUTED
SCIENCES: TO LOOK INTO A METEORITE
AND FIND OUR ORIGINS? TO FIND THE LAST
FIRST ROCK? TO MERELY GO LOOKING?
TO FEAR AS MUCH IN OUR DAWN AS OUR
WILIGHT?—STRIKE A MATCH AND YOU WILL
SEE WHAT I MEAN.
We meet, for the first time, on a train. We are traveling
from Oslo to Bergen across the bare ridgeline that
cuts off the frostbit nailbed of Norway and dumps it
into the North Sea. He has come to be known to me
as Oswalk, Oswalk of Oslo, I say when I first get word
of him, though he is not from Oslo, where he is living,
he is not Norwegian, I discover later, but Faroese,
an island child. I will come to understand that this
origin is important to the totality of my knowledge
of Oswalk. In the short, quiet time that I knew him,
I came to know little about his life, but I understood
quickly, perhaps even at first glance, that as a man of
such origins he came of age as both privileged and
underserved all at once. Instinctive, resourceful, and
aware, but with an education, in my opinion, that did
not entirely exploit the opportunities presented by
Oswalk’s natural abilities. Island life, though proud
of its own, has its underemphasized shortcomings.
I haven’t much space here in which to tell our
story, our final story, mine and Oswalk’s, (yes, like
Oswalk’s, my story is also over), so understand when
I tell you that, as a child I loved the night, I am not
pulling your leg, or yanking your chain. Oswalk loved
these expressions, and that is the only reason I am
using them. I don’t care for them, as a rule, though
in the flow of conversation I do use them from time
to time. Oswalk’s delight in hearing such expressions
drove me to seek out more and more of them, and
even to create a few of my own. That impetus has
now waned. Oswalk would physically render these
expressions when he spoke them, though rarely in
a context in which they held any meaning. When
Oswalk was rattling my cage, two fists shaking in the
air, he was doing nothing of the sort.
I continue to understand the cat with a steady,
levelheaded appreciation, in large part due to the long
nights of my childhood, and so I have raised four cats
of my own. Each has had a different set of skills, like
some band of complementary superheroes, and I raise
them in order to learn these skills from them, for I
too am a night hunter. Oswalk, on the other hand,
would sooner have navigated by clouds than by the
stars. He rose early, he did what needed to be done,
he loved his coffee and the like, and he did not fail to
turn in at a decent hour. For my part, I navigate with
silence, solitude, and darkness. It is my only interest.
This shortcoming, in the face of the open sea, is what
brought me to Oswalk in the first place. I required
temperance, and consultation, for this undertaking.
To navigate by starless nights is to navigate by
drift, a drift with a certain curvature that, while it
confounds others, I seem to understand. I chart the
drift, point to point, inside my head. Lost at sea as in a
forest, circle upon unfinished circle, only pretending
to search for the road out. The night is what the true
hunter desires, only the night offers ideal conditions
for success in hunting. Success for children, anyhow,
when success in hunting was as pure as success in all
things and held few consequences. As an adult things
have played out quite differently for me, as you will
see, though Oswalk, he seems to have found the
destiny his very fear of the night had time and again
foretold. Poor Oswalk.
I am very exited to work with you on that
project. Lets try and talk very soon.
54
Grampus, told me all about your ideas accurately—in the middle of a treeless wilderness.
but it would be nice to have an exchange It had but a name: Finse. If there was a station here,
anyway.
I did not see it. If there was a lake, I did not see it.
Best
We stepped down from two separate cars, each of
Oswalk
us having managed until now to keep the specifics
And so Oswalk wrote to me, in New York, from of our travel plans to Bergen a secret from the other:
Oslo, only weeks ago, cc’ing Grampus. As an amateur to descend on foot over gneiss and schist to the
cryologist, cartographer, and navigator, he knew the fjord dock and arrive in Bergen by boat tomorrow
area around Disko Bay well enough, I was told. evening. What did I care, at that point, I ask myself
This mutual friend, Grampus, proposed that I consult now, that time was passing, that to have remained
with Oswalk, who upon hearing of my plans, in on the train would have saved me many hours, a full
passing from Grampus, had offered to provide me day on my own in civilized Bergen with which to
with his own annotated maps of the area. I suppose further consider what I was about to do? I was failing
I was grateful to Grampus for taking an interest, but to contemplate the expedition properly, in the proper
I wasn’t sure I would get around to making much of settings, succeeding only to understand that it called
these annotations, etc. I responded that I would only for contemplation. I was rushing it. By the time one
like to speak with Oswalk face to face and all other is in transit, it is too late. Ultimately, though, we did
methods would not suit me at this particular time, not care. We ought to have cared more, that’s what I
could we arrange this? cc’ing Grampus.
think now, that we took too little care.
Oswalk wrote back directly, cutting Grampus, for We looked at one another, standing still in our
better or worse, forever out of the loop:
polyfill coats, backpacked, alone on this barren
I too would prefer to sit down and have mound with nothing but the sound of nylon in our
a conversation in person, I hope we have ears. If I stood perfectly still, the nylon racket would
to possibility soon. Call me whenever you cease and only then could I hear the immersive, unre-
can and feel comfortable I am around in lenting din of rushing water all around me, the white
Oslo, i might be hiking but I am sure we noise of Norway. There was no platform, scuffed
manage to find some time to talk. My skype green portable wooden steps had been put into place
in case you do is oswalk.
by the porters, in tandem, and then quickly snatched
Enjoy your travel
back up into the respective railcars before the train
Oswalk
pulled away, down the falling ridgeline, diminished
PS some links to think about it
porters waving as if it were eternally amusing to
Etc., etc., the internet.
them when a man left a warm train for the cold and
Obviously anxious to prepare me for those aspects dark. One hardly heard the train pull away. The look
of the trip for which I was already overprepared. between myself and Oswalk was cordial, but unwel-
He couldn’t have known, but at the time I felt he come. We walked in silence, first over a slight rise, and
should have. Early on I didn’t care for Oswalk, in then straight down the mountain.
the abstract. Forget him, I thought, and his mappings. Arriving in Flåm, we naturally agree to provision
I did not think at the time that what I had in mind up before the evening boat ride. I bought a block
was what Oswalk had in mind and I had made up of sweet brown goat cheese and a cold bottle of
my mind then that it would not work out between rosé, both of which I hoped to share with Oswalk.
us, that I would not make any attempt to meet him, Oswalk bought bread and a large beer can and was
that he was at best a risk to my enterprise. I could waiting for me outside the store. Through the picture
read between his lines and those of Grampus the window, from the checkout register, I saw Oswalk
deficiency in our communication, a set of missteps holding his limp plastic grocery sack and smoking a
from the outset. Though I regret none of my time cigarette. He looked vigilant and at ease all at once.
with Oswalk, I suppose in the end I must conclude A real professional, I thought. His size, his full beard,
that my assessment at this time was the most correct his bald head, they all added up nicely. Oswalk would
one. For Oswalk’s sake, would I’d kept to myself. be my man, I had only to ask him.
Let’s speak briefly of the consequences of suc- We boarded the large tourist ferry. When we were
cesses in hunting. At their most abstract, I have not safely adrift I could see that the after-effects of the
often found the outcomes of a child’s game to be hike had loosened Oswalk’s tongue. I encouraged
very different from the outcomes of acting out in the him with the rosé, and an offer of cheese. He took a
adult’s reality. Humoring children, therefore, has been long swig of the rosé gratefully, between sips from his
beyond reach in my adult life. Likewise, I have found beer, but turned his nose up at the regional cheese.
little reason to reenact the traumas of my youth, I later learned, in Tórshavn, that Oswalk, in sympathy
which would have driven me into complex liaisons with a certain strain of his compatriots, cultivated a
with likeminded adults, and this has granted me a general distaste for mainland Scandinavian culture.
certain solitude. Where the different consequences lie, This included their cheese. I found the cheese to be
however, is between a child’s terror and the terror an terrible, in fact, and when I discovered it still packed
adult knows. These are differences worth knowing, away in a side-pocket of my backpack a few days
what are they?
later in Tórshavn, I threw the heavy remainder of it
The child’s terror is of the unknown, perhaps, into a repurposed 55-gallon oil drum. Was I merely
the adult’s of the known. Both may be destroyed by appeasing Oswalk? I asked myself at the time. It was
what they encounter, and both may be delighted by not like me to wantonly discard perfectly edible
it. We can begin with these simple understandings. food, particularly in the midst of an expedition. I was
I guess you are still on road, I send weighing a return to the trash can to retrieve the
you attached two of the maps I am going cheese, which was still wrapped in plastic, when sud-
to show in oslo, as well an pdf which denly Oswalk and his former school chums called me
explains the routes possible. I leave on with some urgency.
wednesday to bergen but we always can Halfway through the rosé, Oswalk still did not
talk on skype if you want to its oswalk. speak, though it was understood that he was now
Hope all is well.
ready to speak. I spoke first.
Oswalk
Oswalk, I will need your help.
It does not matter how we met, if it was on the Yes, of course, he said in that accent so peculiar,
train or in the station café, or in Oslo or in Rot- in my experience, to him.
terdam, all of that has passed into nothing. What has I know nothing about boats and their motors,
happened since then.
Oswalk, nothing of the Arctic region.
We stepped off the train at the same moment, just Nothing but what I’ve read in books. Will you
before dawn—or at the back end of the night, more be available to help me?

You don’t know your hand from a hole in the arse,
I know it.
Oswalk, will you be available to help me? It is one
week of travel, three weeks in the boat. One
month in total. I need more than your maps.
I need you to come with me and to be a part
of this expedition. I need you to get on board,
I said, just for him, though I felt deeply the
expression’s inadequacy and knew that I had
hurt my cause by using it.
You will pay me.
Yes, of course. I have raised the money to pay you.
You will pay me now?
I will pay you on Thursday, when we have reached
Greenland, by an electronic transfer of funds
between our banks.
You will pay me on Thursday. I will help you on
Thursday, when we have reached Greenland
and there was this transfer.
Thank you, Oswalk. That is good enough for me.
I never got to pay Oswalk. Oswalk began to
assist with the expedition as soon as we reached
Bergen, arranged our travel and accommodations for
Tórshavn, and upon reaching Greenland refused payment
until the expedition was complete. For obvious
reasons, he said.
What can I expect on the expedition? Oswalk
asked me directly upon waking from a catnap. All
around us on the unlit deck of the busy night ferry
were men and women playing cards, smoking, and
drinking. Vacationers, carrying on. Some slept beneath
the benches in sleeping bags. I had not slept at all,
and the rosé was gone. After a moment, I asked him:
What do you expect now?
I expect to go out in the boat and to follow a certain
course. To see certain things, perhaps, that you
wish to see. To take you to them.
That is it, Oswalk, that is what you can expect.
But I do not expect that. I expect you have some
thing on your sleeves.
There is nothing up my sleeve.
There is something. What is out there that you think?
What is out there is what is out there. We do not
know what is out there, that is why we are going.
But many people go out there. You can be a woman
with children and to fly from Japan and it’s
possible. It is not hard to do it. Everyone can
know what is out there, even on the internet.
But we will see it and we will record it. That is the
difference. We are not children.
Everyone records it. Everyone has camera now.
You are knowing something and you are not
telling me. It is possible I will not go with you.
At the end.
Oswalk, a sizable, capable man, who one could say
“was raised in a boat,” wore his true fear of nature on
his sleeve. It was reasonable, I thought—no more, no
less. The man to whom nature is no threat is a jackass,
whereas Oswalk’s fear was his honor, his nom de guerre.
I knew that, at the end, the greater his fear, the more
likely he was to be there. And me, what did I fear?
It was not nature, per se. It was space. I was intimate
with my fear of space, at the time. Not because I
couldn’t see it, but because I could. Space is exposed,
and I felt that I could see it, and the more clearly I saw
it the more it chilled my bones. The more obscured
it was, the more I was at ease. But agape, I could look
into it, the way one looks into the perfect blackness of
a well, or a mine, and gradually begin to see it in three
dimensions. I could do this to the point that I could
not bear the sight of it and would have no choice
but to avert my eyes and shut them tight. If I were
photographing this well, or this mine, for instance, my
terror would cause me to drop my camera precisely
down into it. And my fear indeed took on this form,
an ancillary anxiety of letting go of things within the
vortex of a certain space, those “things” including
both my own bodily self and the bodies of others, in
instances where I was their sole source of restraint.
Now, however, the only fear left to me is my fear
of time. A black, unknown terror, but one lacking any
conquerable physical presence. I fear nothing else but
this. I cannot see time, I don’t even imagine it as a
presence, because I cannot find it. I am a child again,
but within a childhood characterized by a fear only
an adult can possess. That is not what I am here to
write about.
I am not a sophisticated explorer, but I am good.
The sophisticated explorer does not understand why
I am so good, so much better than him. The sophisticated
explorer is looking for something. I am looking
for nothing. I am looking for the rock, but I am not
looking for the rock. The man who is looking for the
rock, and I am that man, he is looking for fire. Fire is
nothing and fire is everything. This is all so obvious. I
understand that, and the sophisticated explorer does
not understand that. The sophisticated explorer believes
I am looking for the rock, and when I find the
rock the sophisticated explorer asks me, so you have
found the rock, so what? What is that rock? There is
of course no answer to that question, “so what, what
is that rock,” it is a stupid question in almost every
instance, and in this instance it is particularly stupid.
Because I have not found the rock, I have found fire.
When you hold fire, you do not ask “so what, what is
that rock.” Fire is knowledge. If you ask fire to justify
itself, you will be incinerated.
Writing this now calls to mind a parable from my
college days. My story, the story of me and Oswalk,
is not a parable, it is quite real, so I do not hesitate to
introduce the following parable—you will recognize
it—as an intertextual illustration of the central problem
Oswalk and I were to encounter upon leaving
Disko Bay.
There are four legends concerning Prometheus:
According to the first, he was clamped to a rock in
the Caucasus for betraying the secrets of the gods
to men, and the gods sent eagles to feed on his
liver, which was perpetually renewed.
According to the second, Prometheus, goaded by the
pain of the tearing beaks, pressed himself deeper
and deeper into the rock until he became one
with it.
According to the third, his treachery was forgotten in
the course of thousands of years, forgotten by the
gods, the eagles, forgotten by himself.
According to the fourth, everyone grew weary of the
meaningless affair. The gods grew weary, the
eagles grew weary, the wound closed wearily.
There remains the inexplicable mass of rock. The
legend tried to explain the inexplicable. As it
came out of a substratum of truth it had in turn
to end in the inexplicable.
Well, one of the central problems. There were
two problems that I would say were at the center of
things on our boat, early on in Disko Bay, before in
fact reaching the Baffin Sea. The inside center and
the outside center, holding the same point. Of two
concentric rings, it could be said, holding the boat.
Two rings holding the boat above water at their
centers. The problem inside of our heads which I
must stress was separate and apart from the problem
we faced outside. It did not come on the boat, it did
not need to. We were on the boat, we never got off
the boat. It never got on the boat. That problem must
never be said by anyone to have been inside of our
heads because that would be a misinterpretation of a
story that is about real things giving way to real consequences
in turn producing real terror. The problem
outside of our heads that was represented out in the
Baffin Sea by a thing, a real thing in the middle of
the night, which was when I was at my most active
and Oswalk was inert below. But Oswalk nevertheless
woke up and came out to the tiny deck of our boat
to stand beside me, at that time.
You could say that Oswalk, when it sidestepped
me and confronted him directly, went unto it with
courage the way he thrust his right leg forward and
KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY
lifted and steadied his bow. For months now, however,
I have been saying that it took Oswalk, took him
against his will off the boat and into the water. That is
how I have explained it because, from the physical resistance
made evident afterward by the absolute disaster
of a mess left on the deck of my optical gear and
my notebooks (some of which were lost, along with
my telescoping Zeiss), Oswalk’s lack of complicity
would seem to be at least in some part accurate. I was
bruised, too, in the struggle, and possibly grazed by an
arrowhead, or perhaps only its pink seabird fletching.
As is typical in such instances, there are minor scrapes
that one cannot account for. The evidence of terror
though, after the fact, was crystal clear.
Naturally, I would tell the story that way, that
Oswalk was taken off the boat against his will by a
force greater than his own. But I am beginning to
see it another way now that I am writing it down.
So much out here can go unexplained, even to those
best positioned to bear witness. It is you who will
need to suggest to me whether or not the terror that
undid Oswalk is that of a child’s terror, the black
terror, the unknown, of the night, or that of an adult’s
terror, the white terror, what he well ought to have
known by then was just around the corner. It had
been dawning on him, day after day, I could tell,
whereas for some time already I had always expected
it. Fear is the component of terror, and we both
knew fear had already come for us. I too had been
gripped by the white terror when it came for us, but
how could I, a child, have so much as flinched at this
blinding whiteness? One wonders what Oswalk’s
experience was.
We bought in Bergen what we might not find in
Tórshavn and in Tórshavn what we would not find
in Ilulisat, and in Ilulisat, displeased with the market
economy we found there, we bought nothing. We
traded mainland goods for a surfeit of black market
food and fuel and we set out into the dark and the
cold in our small converted fishing trawler. Labrador,
Aberdeen, New York Harbor, these are not my cups
of tea, Oswalk. How an explorer approaches his
destination, I told Oswalk on the train, in the middle
of the night, shortly after we met for the first time,
is everything. Everything. That’s what I told Oswalk
a third and final time, everything, as I understood
him not to care to hear more than that. Oswalk said,
Don’t get my goat, pulling on his beard. Oswalk was
a man who laughed only at himself, but in so doing
one understood clearly he laughed at everything
external to himself. Included in what was external to
Oswalk was me. I felt Oswalk was always laughing at
me though he only laughed at himself, and this was
the greatest pleasure that Oswalk provided me in the
course of our acquaintance. Nothing would be more
useful to me in such an excursion, I thought, than a
man who would systematically undercut my zeal. No
consequences can tarnish successes achieved under
such constraints. They are incontrovertible and above
reproach, which late in a career is just as successes
must be structured even before they are sought.
The demoralized hunter returns to bag the greater
game—if only once.
Oswalk also provided a great deal of silence, when
he was not laughing, and this was essential to our
mission as well. However, in this I may have made
some miscalculation. One evening on the boat, as
we were swapping shifts—Oswalk to bed, I to my
night work on deck—Oswalk took up the matter.
His voice had an unnatural timbre to it, as it had
been used so rarely over the last two weeks. With
frozen vocal cords, and with the air of a confession,
Oswalk told me that he was unaccustomed to being
so silent for so long. Other excursions, he now
called it an excursion, had been no longer than one
week and had followed a pre-arranged route and
had a rather specific purpose, he more or less told me.
He said I might not realize this about him, but that
such silence was not normally a part of his character.
55

He sat on the bench behind the small veneered plank
that served as our galley table. It was too small even
to play a proper card game on or to share a meal, but
we had not brought playing cards and we never sat at
the table together for any reason. It is just so empty
here, he said, that I have lost interest in my maps. This
was true, I hadn’t heard their rustling in days. There
is nothing to touch, and my fingers are so cold that
if I touch the boat I do not feel it. If I touch myself,
my face, I feel nothing. Only a vague resistance, and a
dull and dislocated pain, Oswalk told me, in so many
words. I do not sometimes even know that I am
here, or that I was there. He pointed. It is like outer
space, he said bluntly, as though familiar with this
experience. We may as well be floating on an ocean
of methane. This last notion startled me, and I said
nothing. But for all that, it was still too obvious for
words. I had nothing to say. Go to bed, Oswalk.
There was a heavy silence between us and at that
moment I heard the diesel engine of the boat as if for
the first time, though it ran at all times. I looked at
Oswalk and, silently, an acknowledged synchronicity
of experience passed between us. Like the eternal,
deafening waters of our Hallingskarvet range, I said
to Oswalk.
Only in silence will it come. I instructed Oswalk
to cut the engines for a period of 24 hours. For
one day, I estimated, we could gear up and bear the
cold and the lack of electric light. I remembered
only now that I had in fact anticipated this tactic
early in my planning, and I reached up just past
Oswalk’s head into a storage hatch and pulled out
an old cardboard box and set it down before him. It
had factory reinforced corners. I grinned broadly at
Oswalk before opening the hinged top to reveal, set
in their molded cardboard crating, a set of old-style
magnesium flashbulbs brought for the purpose—the
silent phase. Oswalk looked up from the package,
and in reflexively returning my smile, his face twisted
into an involuntary and pained grimace. I was more
energized than ever now, whereas I believe Oswalk
saw his own role as suddenly greatly diminished by
this turn of events. Now, it must have seemed to him,
we were at odds.
Oswalk, I continued, half-seated in an unoccupied
seat across the aisle from him on the train, one
knee tucked beneath me. This expedition has already
begun. I began this expedition not in Oslo, not in
Brighton, not even in setting out from Perth Amboy
for a superfluous rendezvous in Scituate. I began
this expedition at the end of November of nineteen
hundred and fifty-four in Sylacauga Alabama. Oswalk
could not have known what I meant and yet it was
clear he needed to hear no more of what I had to
say concerning the origins of my expedition. It was
enough for me to say “Sylacauga Alabama,” or even
“nineteen hundred and fifty-four,” and Oswalk set
into his deliberate process of preparing a cigarette to
smoke on the platform in Gol, or Geilo, whichever
was next. That was when it first occurred to me
that Oswalk could, in theory, be my man, if I were
looking for a man at the time, but at the time I felt
I would find my man in Reykjavik. Instead I found
him in Flåm, where the mountain met the sea, and
I never set foot in Reykjavik, and it was Oswalk.
Traveling into this pre-human darkness, which
may now already be closer to post-human darkness,
to these primordial, fictitious structures in these
inhospitable climes, and looking for what? This is
the question that I am asking, Oswalk, just as you
are. Not any other. We are not at odds, we are joined.
I was speaking to myself, in the dark, on deck behind
my cameras. I could not bring myself to share these
thoughts with Oswalk, and besides, he was asleep.
He was not a man driven by passion, not like me.
Oswalk merely had enthusiasm. I turned the lens on
myself and the flashbulb cracked in a blinding white
56
light. It was the only time I did this over the three
weeks of the expedition, and it did not occur to me
to do it a second time. I realize now, with feelings
of both regret and relief, that I had not once turned
the lens on Oswalk. I had hoped to immortalize him
in the posture of the hunter, in the act of enjoying
his only pastime, shirtless in the sunlight like Apollo,
silently propelling his hand-carved ice arrowheads
deep into the bergs with his compound bow. As it
happened, however, I took no photographs in the
light of day.
But now we know it. I saw it. Oswalk saw it. It is
on film. It is on camera. We filmed it living. If I liked,
it could be everywhere tomorrow. But it no longer
matters. It is like rebuilding the log from its ashes,
tedium and senselessness, mere taxidermy.
Spreading the maps out on the double bed in
his hotel room in Bergen, Oswalk kindly points out
their features. At first, it isn’t easy to read them. The
first few have the North Pole as their center point
in order to provide the best possible view of the
entire Arctic region, and the others are scaled at close
proximity to unfamiliar land masses.
We know a lot about the cryological constellations
in which icebergs are found around the world,
says Oswalk, smiling from behind his black-
rimmed glasses, which he had not worn in
my presence until now. The icebergs are not
randomly distributed, so you need more than
just luck to find them.
It will be difficult to find an iceberg? I ask, studying
the changes in Oswalk’s face now that it is framed
by two squares of thick black acetate. How is
that possible?
Oswalk shrugged. Absurdly, he did not answer my
question. I no longer knew whose expedition we
were on now, mine or Oswalk’s. But I was certain of
one thing, Oswalk was flawless. Let it be his for now.
Software from Germany has also been helpful in
locating the ice structures, said Oswalk. Cryo-
Mod from Aachen-based Integrated Explora
tion Systems is a standard tool in the industry.
We enter the thickness, characteristics, and age
of the icebergs into the program, says Oswalk.
The computer then reconstructs the cryological
history of the corresponding site. Should we gain
access to the software, we will know what is there
before we arrive.
Very interesting, Oswalk. Thank you.
Will the human mind undo the deadness or will
the deadness undo the human mind? When we discover
the dead presence of it can we continue to live
in it, this presence? Oswalk, I am not pulling the wool
over your eyes. I am not robbing Peter to pay Paul,
metaphysically. I am giving you the straight dope.
We must first look at it, that is the first step because
there is no object here before there is light if we do
not get off the boat and we are not getting off the
boat here, Oswalk. If the light goes out we will never
find it again. With light we define how the structure
created us and with it we write the battle against the
more absolute hounding emptiness of the bald face,
the faceless, featureless, original human made of clay.
Is that a myth? The blank, the faceless head?
The first human, so inhuman. The last human,
a monster.
In a state of deep calm I watched it crowning
from out an inset disk of unearthly blue and glossy
ice, a movement almost digital in its unreality, its
impossibility. A primitive blue fire emerging from
the birth canal of some implacable white monolith,
I was unsure if it was best characterized as coming
from the past or coming from the future. One hears
tell of such things but only from people who don’t
themselves believe that they saw what they are telling
you they saw. But what did any of this matter in the
true and living face of it?
Immediately shadows formed in the featureless
face of the ice from the light cast by the blue
fire, giving out the imagined contours of the form,
a referent by which to distinguish it from the bald
fact of the inert face of the so-called natural world.
The world without us, amen. Fire cures clay, Oswalk,
clay holds fire. Light makes the image, the explorer,
I am the explorer, works backward, paring away the
bedeckedness that obscures the horrific blank origins,
the hole at the center of the earth, a whirlpool of
nothingness at a pole where the rock has become
one with the water, and the water is shifting, it is
heaving. Without us, Oswalk, the world is at home.
The explorer, that is me, stares into the fire and sees
the forms that are in the fire, not the forms the fire
casts out, but the forms that make up the fire, the
real whole forms: the sharp flashing tongue of evil
and the smooth inert dawning of benevolence. The
whole in time disappeared by an overabundance
of light. That is you, Oswalk, with all your daylight
blinding me into submission just as I was knowing
it. That was you, you were doing that.
There is something out there, Oswalk, after all.
I tell him in the morning. I saw it. The white terror
has gripped me. I think I said that to Oswalk, though
it was not my custom to share such thoughts. That
has changed, I am more candid now.
I swear that I did not know it—though it began
to occur to me sometime in the second week on the
boat—but I swear until that point, Oswalk, I did not
know that you did not stand a chance. It was only
Oswalk that was not accounted for, Oswalk. We ventured
into this darkness, this cold, this overexposed
dead end of rock wall only in defiance of God. That
much you must have known, we accounted for all of
that. You cared for God as little as I did, on that we
could agree. We agreed so completely we never spoke
of it. We were blue fire’s divine retribution of God,
born against nature, from the forehead of a god.
This is the only success left in hunting that can
bring real hunting success. Hunting is now a survival
economy, Oswalk, in the adult world. The hunter
without a second line of work is poor. Work time is
greater, profitability is less. The equipment is in part
bought and not built by the hunter. The profession
is low-status. Working two jobs: administrative
employee in a junior position. These are the consequences,
Oswalk. The hunter is no longer a free man.
His hunting culture is on the way out. This is our
chance. This is it.
Prometheus, ingeniously, is in the rock, high in
the Caucasus, his liver whole and protected. Oswalk
is frozen at the bottom of the sea, his liver a cold feast
for squids to tear at with their beaks. Sorry, Oswalk.
But believe this, that you too will one day rise up,
safely embedded in a raft of ice, and weigh the possibility
of a weary, meaningless freedom.
My isolation has been particular. It is what
brought me to Disko, to Oswalk. It has done things
for me, I insist on maintaining it for those reasons,
to honor those things, even to honor individuals,
and also because I fear to lose it. But I cannot escape
the fact that it has cost me a great deal. I am not
conversant in many of the topics in which those who
I admire converse so nimbly. My lack of interaction
with others in my professional pursuits has crippled
the agility of my intellect. My work detailing the significant
findings of the Disko/Baffin expedition has
not been received favorably, I have failed to lay it out
in a coherent manner consistent with the standards
of the discipline. So please be kind to me when I tell
you this story. Please understand that it is the truth,
and that if Oswalk, my sole peer in this matter, were
here, he would corroborate it. He would confirm
that my story is true, and he would congratulate me.
He, at least, would strike the match, light a candle,
and grant me peace.

y Sarah Campbell
THE LAST OF THE
REST OF THE WORLD
“... if land could be seen, now was our time.
Yes, there it was!”
—Donald MacMillan
It was called the world’s last geographical problem.
Beyond Axel Heiberg Island and Grant Land lay
500,000 square miles of unexplored territory, like
a sum that needed solving.
Crocker Land was the destination of a large-scale
Polar expedition that set sail from Brooklyn’s Navy
Yard in 1913 on a ship called Diana. It was not what
they knew about Crocker Land that made them sail
toward it, but what they didn’t know. If land it was,
it lay in doubt, possibly lifting up out of the Polar
Sea as a significant body of land that had not been
confirmed or mapped. Crocker Land therefore meant
something to those men who were in the game of
finding the last of the rest of the world.
Crocker Land was first sighted June, 1906 from
the top of a mountain. Latitude 83 degrees north,
longitude 100 degrees west. Shimmering 120 miles
across the Polar Sea off Cape Thomas Hubbard.
The man who saw it was Robert Peary, a formidable
Arctic explorer with an outsized reputation who over
the years lost eight toes to frostbite, a man of both
certain and questionable achievements. For instance,
on the same expedition during which he spotted
Crocker Land, Peary may or may not have been the
first explorer to reach the North Pole (his claims on
it were disputed at the time, then accepted for much
of the twentieth century, and are once again in doubt).
Peary also may or may not have seen Crocker Land.
It is worth noting that on the date Peary claimed to
have reached the North Pole, he wrote in his diary,
“The Pole at last!!! … Mine at last” —whereas on the
date he claimed to have seen Crocker Land, his diary
reads, “No land visible.” 1
Diary scribbles aside, Peary in Nearest the Pole
(1907) reported seeing a large land mass from his
perch at Cape Thomas Hubbard and named what
he saw “Crocker Land,” after George Crocker, the
millionaire who had funded the 1905–06 expedition.
Later, Peary’s detractors would call his sighting of
Crocker Land a fabrication—a calculated, flattering
bid for more financial support from Crocker. At the
time, most took Peary at his word, including one of
his revering assistants, Donald Baxter MacMillan, in
whose mind this promise of a distant spangled shore
lodged itself. The Pole may have already been staked,
but here was a new map to make, a place to bury tins
of biscuits and nail a flag to 2 —a pile of rock for the
future to hang itself on.
After several years of fundraising and planning,
and with the backing of the American Museum
of Natural History in New York, MacMillan set out
as the head of an expedition to unriddle Crocker
Land, which he described for the newspapers as
“the world’s last geographical problem.” Before
departure—midsummer, 1913—he announced that
he was certain of finding strange animals in Crocker
Land. He hoped, he said, that he would discover a
new race of men.
Two weeks later, his ship was a wreck. It had run
aground near Labrador, trying to avoid an iceberg.
The captain had been steering drunk. All was moved
onto a replacement ship and the team reached
Greenland in August. They constructed a headquarters
in Etah, and in a series of preliminary sorties, they
deposited stores of provisions for themselves, Hanseland-Gretel
scatterings to be retrieved along their
route in the weeks or months ahead—not crumbs
for finding a way home, but for getting farther from
home than could be managed in one go. By the
spring of 1914, MacMillan and a small team of men,
including several Inuit as guides, were ready to go
find Crocker Land.
Out onto the icepack they went, dogs pulling,
in what turned out to be one of the last extensive
dog-sledge expeditions in the Polar regions. Stone
cold mile after mile, they reckoned through blizzards,
stumbled upon wolves, hunted caribou, clawed their
way back to their igloos, and chewed on pemmican,
constantly figuring their rations and risks. On the
Beitstadt Glacier, the team’s geologist, Walter Elmer
Ekblaw, got so badly frostbitten he was brought back
to Etah with the help of several Inuit. By the time
they made it to the place where Peary had sighted
Crocker Land they were only four: MacMillan, Fitzhugh
Green, Piugaattoq, and Ittukusuk.
On April 21, 1914, the sky blue and clear, the
team woke up to Peary’s vision. Green had it first:
Crocker Land was visible on the horizon. MacMillan
recalls,
Following Green, we ran to the top of the highest
mound. There could be no doubt about it. Great
heavens! what a land! Hills, valleys, snow-capped
peaks extending through at least one hundred and
twenty degrees of the horizon. 2
Piugaattoq saw Crocker Land differently. “Poojok,”
he said, after examining the horizon for several
minutes: mist. “At any rate, it was worth watching,”
MacMillan decided. And so they watched it. “As
we proceeded the landscape gradually changed its
appearance and varied in extent with the swinging
around of the sun; finally at night it disappeared
altogether.”
For the next few days, the team pursued the
mirage and it pursued them. Nearly out of food, with
the ice loosening up around them, they had resolved
to turn back when a landmass across the water surfaced
again on another acutely clear day:
not a cloud or trace of mist; if land could be seen,
now was our time. Yes, there it was! It could even be
seen without a glass, extending from southwest true
to north-northeast. 4
But, as before, the land shapeshifted and receded
and MacMillan was forced to conclude once again
that what they had seen was not land. 5 “Our judgment
then, as now, is that this was a mirage or loom
of the sea ice.” Crocker Land was a Fata Morgana,
an optical phenomenon caused by contrasts in air
temperature. On cold days at the Poles, over large
sheets of ice, a superior mirage can appear as light
passes through differing temperature gradients, conjuring
and distorting, expanding and contracting an
image of land that might otherwise lie buried or be
nonexistent beyond the horizon. In Arthurian legend,
the Fata Morgana lures men to their death.
Several days later, Green shot Piugaattoq in a
dispute over the dog team and possibly over Piugaattoq’s
wife. MacMillan, despite his great respect for
Piugaattoq, concealed the murder from the Inuit
back at Etah.
By the strange magnetism that moves between
meanings and names, Crocker Land had turned out
to be a crock. A backbreaking exercise in undoing
the unknown by getting to know the nothing that
was, is. Years of effort, piles of money, and lives—
all were spent in the course of discovering that there
was nothing to be discovered. In this regard, the
expedition was no different from its “successful”
counterparts, concluding in the same fallacy of the
foreigner who “finds” someone else’s plot.
And by another refraction of light altogether,
MacMillan’s team had succeeded. They did, after
all, see Crocker Land. Brilliant, warbled, cruel and
wonderful—in a great swoon of serendipity and
mis-vision (the twin companions of perhaps every
mountain-hearted and man-ruining expedition),
MacMillan grasped at and caught the same mirage
that Peary had seen (or fabricated) before him—
and he saw it from the same perch of the same middle
of Arctic nowhere. Fata accompli.
The Crocker Land expedition was not a failure.
The question that had prompted it had been answered:
Was there a large body of uncharted land lying
in the Polar Sea where Peary saw it? No. With that,
the monomania gave way to something at once larger
and more local, where the possibility of exploration
less bound by preconceptions could touch ground. 6
Marooned by ice, MacMillan’s team dug in for four
winters at Etah, amassing a considerable amount of
meteorological, zoological, botanical, geographical,
geological, and ethnographic records. A 3,000-word
Inuit dictionary, 5,500 photos, and 10,000 feet of
motion pictures—an archive that registers, if very
partially, what was there, the Inuit of Kalaallit Nunaat.
Their ethereal, real faces rise up from the photographs’
limit horizon, sometimes quizzical, sometimes
smiling, weathered or soft. In some, they look steady
at the camera as if asking someone who’s just coming
to: Who are you? Where do you think you are?
Notes
1 Quoted in Dennis Rawlins, “Contributions,”
at www.dioi.org. Accessed October 11, 2009
at: http://www.dioi.org/cot.htm#ypcx.
2 On a later expedition in 1908, Peary sends a telegram
to the Associated Press which reads: “Stars
and Stripes nailed to North Pole.” (#272318,
American Museum of Natural History Archives)
3 Four Years in the White North, 80 (Boston:
The Medici Society of America, 1925).
(Originally published by New York: Harper
and Brothers, 1918.)
4 Ibid., 88.
5 MacMillan nonetheless believed for years
afterwards that there was land somewhere out
there, due west rather than northwest. And
despite thorough canvassing with aerial
photography, there are still people today who
believe there is uncharted land in that part of
the Polar Sea. A few—followers of the Hollow
Earth theory—think the Crocker Land mirage is
evidence of a land tucked away down an enormous
Polar hole—that Crocker Land is, you could
say, right under our feet. See http://www.ourhollowearth.com/ExpeditionUpdate.htm;
accessed
October 15, 2009.
6 I imagine this climax of negation as the moment
when the MacMillan expedition could begin
to learn things, in contact. As Thoreau sings in
“Ktaadn”: “Talk of mysteries! … the solid earth! the
actual world! the common sense! Contact! Contact!
Who are we? where are we?” Nothing new,
Francis Bacon had imagined this New Science as
far back as 1620, one in which the explorer-observer
of the world is “purged of … prior opinions
[and instead experiences] direct and sensuous
contact with the concrete and
material world, in all its diversity and permutations”
(Lyn Hejinian, “Strangeness,” in The
Language of Inquiry, 153 (Berkeley, CA: University
of California Press, 2000).
KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY 57

Mathias Kessler / Biografie und Curriculum Vitae
Mathias Kessler / Biography and Curriculum Vitae
Mathias Kessler
Geboren / Born 1968 in Kempten; aufgewachsen
im / raised in Kleinwalsertal (Austria / Österreich);
lebt und arbeitet / lives and works in New York.
Einzelausstellungen (Auswahl)
Solo Exhibitions (Selection)
2008
„The taste of discovery“, habres+partner,
Vienna, Austria
2007
„Kunst Zuerich 07“, Artfair, habres+partner,
Zurich, Switzerland
„The end of the world…“, Visual Drugs,
Zurich, Switzerland
2006
„Secluded Nights“, Winkleman / Plus Ultra Gallery,
New York, New York
2005
„Secluded Nights“, habres+partner, Vienna, Austria
2004
„Secluded Nights“, 2300 Studio/Gallery, LLC, Miami Design District,
Florida
„I love Paradise“, Museo de Arte Contemporáneo de
Monterrey, Mexico
2003
„I love Paradise“ (performance), Muestra Art Fair, Mexico City, Mexico
„I love Paradise“ (performance), Odeonsplatz / U-Bahnstation, Munich,
Germany
„a certain regard“, habres+partner, Vienna, Austria
„I love Paradise“ (performance), -scope art fair Miami, Miami Beach,
Florida
2001
„0 Gravity“, Onefront Gallery, New York, New York
„Chiapas“, Galería Emma Molina, Monterrey, Mexico
Saatchi & Saatchi, Advertising Headquarters,
New York, New York
2000
„Net Works“, habres+partner, Vienna, Austria
„0 Gravity“, RARE Gallery, Project Room, New York, New York
Gruppenausstellungen (Auswahl)
Group Exhibitions (Selection)
2009
“Neue Mitglieder 2008“, Kuenstlerhaus Palais Thurn und Taxis,
Bregenz, Austria
“hoch hinauf“, Kunstforum Montafon, Schruns, Austria
“Point of intersection“, Art Museum Linz - Lentos, Linz, Austria
“Crown of the Lost“, Fifi Projects, New York
2008
„GO NYC“, Kunsthalle Krems, Krems an der Donau, Austria
„MACO“, Artfair, habres+partner, Mexico City, Mexico
2007
„Aqua Art Miami“, Artfair, habres+partner, Miami Beach, Florida
„MACO“, Artfair, habres+partner, Mexico City, Mexico
Collaboration with Johan Grimonprez
„Looking for Alfred“, Pinakothek der Moderne,
Munich, Germany
Art Magazine.cc, Kunstmessen; „Zwischen Jagdtrophäen,
Eisbergen und Cyborgen“, November 3, Zurich, Switzerland
58
2006
„Year 06 Art Fair“, Winkleman / Plus Ultra Gallery, London, UK
„The Invention of Landscape“, Colección Patricia Phelps
de Cisneros, Museo del Palacio de Bellas Artes,
Mexico City, Mexico
„Fotografia“, Galería Fernando Zubillaga, Caracas, Venezuela
„Salzburg Sites 2006“, HangART-7, Salzburg, Austria
„urban maze“, habres+partner, Vienna, Austria
2005
Arco Artfair, Galería Emma Molina, Madrid, Spain
Aqua Artfair, Plus Ultra Gallery, Art Basel, Miami Beach, Florida
Collaboration with Johan Grimonprez
„Looking for Alfred“, International Film Festival Rotterdam 2005,
The Netherlands
Artist House, Oslo, Norway
Mead Gallery, University of Warwick Arts Centre, UK
Palais des Beaux-Arts, Brussels, Belgium
Moderna Museet, Stockholm, Sweden
De La Warr Pavilion, Bexhill-on-Sea, UK
2004
„Slice and Dice“, Visual Arts Gallery, New York, New York
2003
„Forehand“, Red Dot Gallery, New York, New York
„Paris Photo“, Artfair, Emma Molina Gallery, Paris, France
2002
„Augenblicke Foto Kunst“, Sammlung Essl, Vienna, Austria
„For Skin“, Generous Miracles Gallery, New York, New York
„Muestra Artfair“, Galería Emma Molina, Monterrey, Mexico
„ARTNEW YORK“, Kunstraeume auf Zeit, Linz, Austria
„One Week Style Seduction“, Steffl, Vienna
2001
„Manger-Eat“, Sotheby’s, New York, New York
„Encuentros“, Groupo CBS, Monterrey, Mexico
2000
„Share the Vision“, Milk Gallery, New York, New York
„The Art of Photography“, Milk Gallery, New York, New York
Gale Gates Foundation, New York, New York
Brussels Artfair for Contemporary Photography, Brussels, Belgium
Literaturverzeichnis (Auswahl)
Bibliography (Selection)
GO NYC, Kunsthalle Krems, October 2008, page 40-53, Krems, Austria
Prefix Photo 18; „Technology and the Body“, November 2008,
page 46-49, Toronto, Canada
Selected Views, Catalog, December 2007, Metro Verlag Wien
BOB Magazine; „Kartographie des Weiblichen Koerpers“, No. 01,
pages 20-25, Vienna, Austria
Eikon Issue #64; „GO NYC“, November 2008, page 78, Vienna, Austria
Kunstinvestor; „Expeditionen ans Ende der Welt“, Ausgabe 2,
Summer 2008, page 20-21, Vienna, Austria
die nacht, Magazin fuer Fotografie, Gestaltung und Subkultur, #2,
2007, Calin Kruse, Trier, Germany
Art Magazine.cc, Kunstmessen; „Zwischen Jagdtrophäen, Eisbergen
und Cyborgen“, November 3, Zurich, Switzerland
Catalog, Cruce de Miradas, Visiones de America Latina, Patricia
Phelps de Cisneros, page 185
Celeste; „Lujo“, No. 01, pages 224-27, Mexico City, Mexico
Augenblicke Fotokunst, Sammlung Essl, page 32-33, February 2002,
Vienna, Austria
Manger / Eat, Coromandel Press, page 162, June 2006, Paris, France
Camera Austria; „Forum“, No 65, page 70, Graz, Austria

Impressum
Credits
Mathias Kessler
Taste of Discovery
Ausstellung/Exhibition
Kuratorin der Ausstellung / Curator of the Exhibition:
Dieter Buchhart, Wien
Organisation, Produktion, Bauleitung / Organization,
Production, and Construction Management:
Hans Dünser, Dornbirn
Videodokumentation / Video Documentation:
Klemens Röck, Dornbirn
Realisierung / Production: Bauhof der Stadt Dornbirn; Kurze
mann Trockenbau Ing GmbH, Dornbirn; Axima Kältetechnik,
Lauterach; Ton & Bild Medientechnik GmbH, Rankweil
Kunstraum Dornbirn
Präsident / President: Ekkehard Bechtold
Leitung / Direction: Hans Dünser
Pressearbeit / Public Relations: Andrea Fink, Caroline Begle
Sekretariat / Secretariat: Karin Dünser
Ausstellung / Exhibition: Montagehalle, Jahngasse 9
Büro / Office: Marktstrasse 33, A - 6850 Dornbirn
Tel 0043-(0)5572-55044
Fax 0043-(0)5572-55044 4838
kunstraum@dornbirn.at
www.kunstraumdornbirn.at
Katalog / Catalog
Herausgeber / Editor: Kunstraum Dornbirn
Gestaltung / Graphic design: Elizabeth Azen
Redaktion / Editing: Mathias Kessler
Lektorat / Proofreading: Verlag für moderne Kunst Nürnberg,
Sarah Campbell
Texte / Texts: Dieter Buchhart, Wien; Paolo Bianchi,
Baden/Zürich;
Sarah Campbell, New York; James Tierney, El Paso, Texas
Übersetzung / Translation: Christopher Jenkin-Jones,
Sophie Zeitz
Fotonachweis / Photo credits:
Trotz sorgfältiger Bemühungen ist es nicht in allen Fällen
gelungen, die Inhaber der Bildrechte zu ermitteln. Wir bitten
um Mitteilung falls Rechtsansprüche Dritter berührt sind. /
In spite of careful research, in some cases we were unable to
obtain the name of a copyright holder to some of the images.
Please notify us immediately if we have unwittingly breached
somebody else‘s copyright.
Nachweis / Credits:
seiten / pps. 1, 8, 26, 40
Nachweis für das Parfüm / Credits for perfume: Idea/ Idee
Mathias Kessler, Christophe Laudamiel, co-CEO and Chief
Perfumer, Aeosphere; Kóan Jeff Baysa, MD, Sensory-Based
Curatorial Advisor, SENSEIGHT
seiten / p. 8, 26, 53
Reproduktionen der Collage “The Taste of Discovery - Eau
de Parfum,” 2009. Digitaler Druck. 30x42 cm, Edition von 6 /
Reproductions of the collage “The Taste of Discovery - Eau
de Parfum,” 2009. Digital Printing. 30x42 cm, Edition of 6
seite / p. 19 Kollektion von / Collection of Jean Maularie in
Ultima Thule (New York: W. W. Norton and Co., 2003) 361.
seite / p. 28 YouTube, 2009, Video, 6 min 03 sec. Gefundendes
Material, geschnitten und auf eine DVD übertragen. / Found
footage, edited and transferred to DVD.
seite / p. 44 American Museum of Natural History Archives,
New York
Photograph #15283; Photograph #233123; Photograph
#231266, #231267
10. September – 8. November 2009
© American Museum of Natural History
© Courtesy of Christie’s Images
© Gerry Amstuz
© Mathias Kessler
Schrift / Typeface: Akkurat, Bembo, Monotype Grotesque
Druck / Print: Bucher Druck u. Verlag, A – 6845 Hohenems
Auflage / Edition: 800 Exemplare / copies
© Nürnberg 2009, Verlag für moderne Kunst Nürnberg,
Kunstraum Dornbirn, Mathias Kessler und die Autoren /
and the authors
Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
Printed in Austria
ISBN 978-3-941185-71-5
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Bibliographic information published by Die Deutsche Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek lists this publication in the Deutsche
Nationalbibliografie; detailed bibliographic data is available
on the Internet at http://dnb.ddb.de
Distributed in the United Kingdom
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Dank an die AutorInnen / Our thanks to the authors:
Dieter Buchhart, Wien; Paolo Bianchi, Baden/Zürich; Sarah
Campbell, New York; James Tierney, El Paso, Texas
Mit freundlicher Unterstützung / Thanks to:
des Hauptsponsors des Kunstraum Dornbirn:
Dornbirner Sparkasse Bank AG
Axima Kältetechnik: Frank Gmeinder und
Andi Dünser, Lauterach
Ton & Bild Medientechnik GmbH, Rankweil
Ventilator Handels GmbH. Altwaren, Antiquitäten,
Restauration, Dornbirn
Christie’s London: Nicholas Lambourn
Sarah Campbell
Eric Luc
Poppie van Herwerden
Vienna Paint: Andreas Fitzner
Christophe Laudamiel und Kóan Jeff Baysa, M.D.
Wendelin Weingartner, Ph.D.
Christine Blackburne
der Subventionsgeber: Stadt Dornbirn, Land Vorarlberg und
Republik Österreich – bm:ukk, Kunstsektion.
KUNSTRAUM DORNBIRN / MATHIAS KESSLER THE TASTE OF DISCOVERY 59

Ausstellungskataloge des Kunstraum Dornbirn
Exhibition Catalogues of the Kunstraum Dornbirn
Lois und Franziska Weinberger
Wir sind des Baumes müde
32 S./pp.
Deutsch/English
ISBN 978-3-936711-26-4
Tamara Grcic
lichtgrün, grün, feuille-morte
32 S./pp.
Deutsch/English
ISBN 978-3-936711-38-7
Tony Matelli
Fuck'd and The Oracle
40 S./pp.
Deutsch/English
ISBN 978-3-936711-57-8
Franz Huemer
… der letze Rest vom
abgespaltenen Paradies
36 S./pp.
Deutsch/English
ISBN 978-3-936711-76-9
Marco Evaristti
Pink State
40 S./pp.
Deutsch/English
ISBN 978-3-936711-82-0
Gloria Friedmann
Play-Back aus Eden
36 S./pp.
Deutsch/English
ISBN 978-3-936711-83-7
Zerstörte Welten
und die Utopie der
Rekonstruktion
108 S./pp.
Deutsch/English
ISBN 978-3-938821-74-9
Simon Wachsmuth
die Dinge kann ich nicht
mehr sehn,
wie ich sie einmal sah
32 S./pp.
Deutsch/English
ISBN 978-3-939738-13-8
Olaf Nicolai
Constantin
Künstlerbuch
28 S./pp.
Deutsch/English/Français
ISBN 978-3940064813
Michel Blazy
Falling Garden
32 S./pp.
Deutsch/English
ISBN 978-3-939738-50-3
Teres Wydler
N.I.C.E –
Nature in Corrosive Ecstasy©
60 S./pp.
Deutsch/English
ISBN 978-3-939738-68-8
Urs-P. Twellmann
Forstrevier 3
32 S./pp.
Deutsch/English
ISBN 978-3-939738-67-1
www.kunstraumdornbirn.at
Mark Dion
Concerning Hunting
160 S./pp.
English/Deutsch
ISBN 978-3775721974
Simon Starling
Plant Room
32 S./pp.
Deutsch/English
ISBN 978-3-940748-75-1
Roman Signer
Installation
Unfall als Skulptur
40 S./pp.
Deutsch/English
ISBN 978-3-940748-74-4
Igor Sacharow-Ross
Nicht gefiltert
60 S./pp.
Deutsch/English
ISBN 978-3-941185-83-8
Fides Becker
Ein Panorama
60 S./pp.
Deutsch/English
ISBN 978-3-941185-70-8
Mathias Kessler
The Taste of Discovery
60 S./pp.
Deutsch/English
ISBN 978-3-941185-71-5
60