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Diana Thater gorillagorillagorilla - Universalmuseum Joanneum

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Agamben legt jedoch in weiterer Folge eine weitere semantische<br />

Schicht über diese orthodoxe Lesart dieser Passage. Er trennt<br />

das lateinische Wort ignoscere, von dem sich „Ignoranz“ herleiten<br />

lässt, von der ihm anhaftenden banalen Assoziation des<br />

Nichtwissens samt ihren negativen Vorzeichen. Ignoranz (oder<br />

Unwissenheit) ist für ihn nicht unbedingt ein epistemologisches<br />

Manko. Es ist ein Akt, ein zugleich theologischer und ethischer<br />

Akt. Wir erfahren, die Altphilologen seien nach wie vor unschlüssig<br />

hinsichtlich des Ursprungs des Wortes „Ignoranz“ (man<br />

beachte: Agambens Kommentar ist vom griechischen Ursprung<br />

agnoia auf dessen lateinische Übersetzung übergegangen):<br />

„Die Etymologen sind vor dem lateinischen Verb ignoscere<br />

immer etwas ratlos gewesen: Das Verb scheint erklärbar zu<br />

sein als *in-gnosco, bedeutet aber nicht ‚nicht wissen‘ [ignorare],<br />

sondern ‚verzeihen‘.“18 Welche Gültigkeit auch immer Agambens<br />

Behauptung hat – in seinem Werk ersetzen philologische Bemerkungen<br />

häufig die philosophische Argumentation –, eröffnet<br />

uns die Strategie, von der sein Verweis auf den Akt der Verzeihung<br />

oder Versöhnung geleitet ist, eine komplexere Einsicht in<br />

das, was nicht wissen, unwissend sein, hier bedeutet. Versöhnung,<br />

das Wort, das Agamben eingangs zur Beschreibung der<br />

Beziehung zwischen dem Menschen und dem Tier am letzten<br />

Tage benutzt hatte, würde die Form eines Sein-Lassens außerhalb<br />

des Seins, einer Rettung vor der Erlösung und eines wechselseitigen<br />

Verzeihens zwischen Mensch und Tier annehmen.<br />

Das Bildnis der Gerechten, die sich zum messianischen Gastmahl<br />

versammelt haben, würde das „Große Verzeihen“ darstellen,<br />

das der Geschichte der Menschheit ein Ende setzt – und<br />

folglich auch der des animalischen Lebens.<br />

Das ist eine seltsame Wendung in Agambens Argumentation.<br />

Es besteht kein Zweifel an der großen Bedeutung, die er dem<br />

Begriff „Verzeihen“ beimisst. Er kommt im ganzen Buch zweimal<br />

vor, je einmal im vorletzten und im letzten Kapitel. Und genau<br />

diese Seltenheit seines Auftretens gepaart mit der Signifikanz<br />

der Stellen, an denen er vorkommt, festigt den Eindruck, dass<br />

sich diese Beziehung des Sein-Lassens außerhalb des Seins –<br />

diese Versöhnung durch „unwissende“ Trennung – als ein wechselseitiges<br />

Verzeihen zwischen dem Menschen und dem Tier<br />

verstehen ließe. Auf der drittletzten Seite von Das Offene, unmittelbar<br />

nachdem Agamben die mögliche Gleichsetzung von<br />

„nicht wissen“ und „verzeihen“ postuliert, lesen wir diese Zeilen:<br />

„Eine Zone der Unwissenheit – oder besser des Verzeihens –<br />

zu artikulieren, bedeutet in diesem Sinne nicht einfach ein<br />

Sein-Lassen, sondern Außerhalb-des-Seins-Lassen, unrettbar<br />

Jason Smith 88 89<br />

Agamben will, however, propose another semantic<br />

layer to this orthodox reading of this passage. He will<br />

dislodge the word “ignorance” from its banal association<br />

with a mere lack of knowledge, with a negative condition.<br />

Ignorance is not necessarily an epistemological<br />

shortcoming. It is an act, at once theological and ethical.<br />

Classicists remain uncertain about the origins of the<br />

word “ignorance”, we are told (note we have passed, in<br />

Agamben’s commentary, from the origin Greek agnoia<br />

to its Latin translation): “Etymologists have always been<br />

left perplexed when faced with the Latin verb ignoscere,<br />

which seems explicable as *in-gnosco, yet which does<br />

not mean ‘not to know’ [ignorare], but rather to ‘pardon<br />

or forgive’.”18 Whatever the validity of this assertion on<br />

Agamben’s part — often, philological remarks replace<br />

philosophical argument in his work — the strategy<br />

governing his reference to the act of pardon or forgiveness<br />

gives us a more complex understanding of what<br />

to ignore, to be ignorant, here means. Reconciliation,<br />

the term initially proposed by Agamben to characterize<br />

the man-animal relation in its messianic form, would<br />

take the form of a letting be outside of being, a saving<br />

from salvation, and a reciprocal pardon of man and<br />

animal. The image of the just gathered together for the<br />

messianic banquet would depict the “Great Pardon”<br />

that would close out the history of humanity, and consequently,<br />

the history of animal life itself.<br />

This is a strange turn in Agamben’s argument. There<br />

is no doubt concerning the importance of the term<br />

“pardon” in his argument. It appears twice in the entire<br />

book, once in each of the last two chapters. It is precisely<br />

the infrequency of its occurrence, combined with<br />

the important place given to these rare appearances of<br />

the term, that cement this impression that this relation<br />

of letting be outside of being — this reconciliation<br />

through “ignorant” separation — might be understood<br />

as a mutual pardoning of man and animal. On the<br />

penultimate page of The Open, just after Agamben<br />

suggests the possible identification between “to ignore”<br />

and “to pardon”, we read these lines:<br />

“To articulate a zone of nonknowledge — or, better, of<br />

a-knowledge — means in this sense not simply to let<br />

something be, but to leave something outside of being,<br />

to render it unsavable. Just as Titian’s lovers [Agamben

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