Diana Thater gorillagorillagorilla - Universalmuseum Joanneum
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als auch das Tier rettet, indem sie paradoxerweise beide<br />
außerhalb des Seins aussetzt – d.h. außerhalb des Wechselspiels<br />
von Gefahr und Errettung, von Ausgesetzt-Sein und<br />
Schutz. Wenn Errettung jener Horizont ist, auf den sich das<br />
historische Auge der Menschheit richtet, dann ist das Bildnis<br />
der Gerechten aus der illuminierten Handschrift vielleicht eine<br />
„Figur“ für eine Existenzform außerhalb des Seins und somit<br />
außerhalb der Mühen um eine letzte Erlösung.<br />
Agamben setzt die Formulierung „große Unwissenheit“ in<br />
Anführungszeichen. Diese Worte stammen aus einem wenig<br />
bekannten Text eines gnostischen Theologen aus dem 2. nachchristlichen<br />
Jahrhundert namens Basildes. Die Passage, der<br />
Agamben diese Formulierung entnimmt, ist ein Kommentar auf<br />
einen berühmten Vers in Paulus’ Brief an die Römer, in der<br />
der Apostel die gesamte Schöpfung, all ihre Lebewesen, mit<br />
„das ängstliche Harren der Kreatur“ (Römer 8:19) beschreibt –<br />
in düsterer Erwartung der Erlösung. Basildes’ Fußnote:<br />
„Denn bis jetzt seufzt sie [die ganze Schöpfung] und wird<br />
gequält und erwartet die Offenbarung der Kinder Gottes, damit<br />
alle Menschen der Sohnschaft von hier nach oben gelangen.<br />
Wenn das geschehen ist, sagt er, wird Gott über die Welt die<br />
große Unwissenheit [megalè agnoia] bringen, dass alles seiner<br />
Natur gemäß (…) bleibe und nicht irgendetwas gegen seine<br />
Natur begehre. Vielmehr nämlich werden alle Seelen in diesem<br />
Raum (hier unten) bleiben, deren Natur es ist, in ihm allein<br />
unsterblich zu bleiben, ohne etwas anderes oder Besseres zu<br />
kennen als diesen Raum.“17<br />
Der Sinn dieser Passage scheint klar. Die gefallene Schöpfung<br />
wird vom Wissen um ihre eigene Gefallenheit gequält, ergo um<br />
den Unterschied zwischen dieser Welt „hier unten“ und der Welt,<br />
in die die Söhne Gottes bei ihrer Rettung auffahren werden.<br />
Dem Ende dieser Epoche, die geprägt ist von den Qualen der<br />
zwischen ihrer gegenwärtigen Mühsal und der Zukunft, die sie<br />
erwartet, hin und her gerissenen Kreaturen, folgt ein posthistorisches<br />
Nichtwissen. Dieses Nichtwissen befällt all jene Seelen,<br />
die nicht gerettet werden, jene Seelen, die zurückgelassen<br />
werden. Sie werden einer Welt überantwortet, in der sie nicht<br />
länger etwas anderes als ihre ureigenste Natur begehren, eine<br />
Welt, in der sie mit ihrem – unrettbaren – animalischen Wesen<br />
versöhnt sind. In diesem eigentümlichen Sinne sind sie von den<br />
Qualen jener Seelen erlöst, die ihre zukünftige Erlösung im Visier<br />
haben: „gerettet in ihrer eigentlichen Unrettbarkeit“.<br />
that is, outside the play of salvation and danger, of shelter<br />
and exposure. If salvation is that horizon toward<br />
which human historical eyes turn, the image of the just<br />
from the illuminated manuscript would be a “figure”<br />
for a mode of existence outside of the being and, as a<br />
result, outside this strain toward a final saving.<br />
Agamben surrounds the expression “great ignorance”<br />
with quotation marks. The words belong to a littleknown<br />
text by a 2nd-century AD Gnostic theologian<br />
named Basildes. The passage from which Agamben<br />
takes this expression is a commentary on a famous<br />
verse in Paul’s letter to the Romans, where the<br />
apostle speaks of the whole of creation — all of its<br />
creatures — “groaning in travail” in an obscure expectation<br />
of redemption (Romans 8:19). Basildes’ gloss:<br />
“Up to the present [the whole creation] groans and<br />
is tormented and waits for the revelation of the sons of<br />
God, so that all the men of the filial line may go up<br />
there. When that has happened, God will bring on the<br />
whole world the great ignorance [megalè agnoia], so<br />
that every creature may remain in its natural condition<br />
and none desire anything contrary to its nature.<br />
Thus, all the souls who find themselves in this expanse,<br />
whose nature it is to remain immortal in this place<br />
alone, will stay here below, knowing nothing other than<br />
or between than this expanse.”17<br />
The meaning of this passage seems clear. Fallen creation<br />
is tormented by the knowledge of its own fallenness<br />
and therefore of the difference between this world<br />
“here below”, and the world toward which the sons<br />
of God, saved, will ascend. The end of this historical<br />
epoch, marked by the torment suffered by creatures<br />
torn between their present travails and the future that<br />
awaits them, is succeeded by a post-historical nonknowledge.<br />
This non-knowing falls over those souls who<br />
are not saved, those souls left behind. What they are<br />
given over to is a world in which they no longer desire<br />
anything other than their own nature, a world in which<br />
they are reconciled with their own animal — unsavable<br />
— nature. In this peculiar sense, they are saved from<br />
the torment suffered by souls who eye their future<br />
redemption: “saved precisely in their being unsavable”.