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Diana Thater gorillagorillagorilla - Universalmuseum Joanneum

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Denkmodell eingeschrieben werden, als Symbol einer allem<br />

Lebenden innewohnenden Spaltung – zwischen bios als Lebensform<br />

und zoè, dem „nackten Leben“, zwischen dem Menschen<br />

und seiner Welt und dem „bloßen Lebewesen“. Der eigene Name<br />

des Seienden ist Leben.<br />

————<br />

Erst an diesem Punkt verstehen wir ansatzweise, welche Form<br />

der Versöhnung auf den ersten Seiten von Das Offene gefordert<br />

wird. Diese Versöhnung würde nicht die Form einer tieferen<br />

menschlichen Einsicht in das Wesen der Animalität annehmen,<br />

egal ob diese Einsicht in Form von von Verhaltensforschern oder<br />

Naturwissenschaftlern produziertem ethologischem Wissen<br />

oder durch Identifizierung mit Tieren kommt oder vielleicht in<br />

Form moralisch flektierter Empathie mit ihrem unleugbaren<br />

Leid.14 Der Weg zur Aussöhnung nimmt die paradoxe Form<br />

einer „Unwissenheit“ oder eines „Nichtwissens“ an, mit der sich<br />

die Beziehung zwischen Tier und Mensch genau in ihrer Trennung<br />

formulieren ließe. Diese Berufung auf Unwissenheit oder<br />

Nichtwissen könnte uns innehalten lassen, wenn, wie Jacques<br />

Derrida erst vor Kurzem behauptet hat, das, was seit Descartes<br />

als philosophisches Wissen über das Tier gegolten hat, in<br />

einer fundamentalen Leugnung – einem Nicht-wissen-Wollen –<br />

bestimmter Fähigkeiten des tierischen Lebens in seiner irreduziblen<br />

Ausdifferenzierung begründet gewesen ist.15 Das<br />

philosophische Wissen würde in diesem Falle eine Form des<br />

Vergessens oder der Unwissenheit darstellen. Jede Berufung<br />

auf Nichtwissen in diesem Zusammenhang läuft Gefahr, dieses<br />

philosophische Erbe in aller Offenheit zu wiederholen. Doch es<br />

verweist auch auf eine weitere Möglichkeit. Diese andere Beziehung<br />

würde die Form einer Nichtbeziehung annehmen: eines<br />

„Sein-Lassens“, das das Tier (in Ruhe) lässt oder loslässt: „Figur<br />

der ‚großen Unwissenheit‘, die beide außerhalb des Seins lässt,<br />

gerettet in ihrer eigentlichen Unrettbarkeit“16. Dieses Sein-Lassen<br />

setzt einen Akt und kein Wissen voraus, und was Agamben<br />

in diesen extrem verdichteten Zeilen unterstreicht – sie fassen<br />

in ein paar Sätzen die Argumentation des gesamten Buches<br />

zusammen –, ist, dass eine wahrlich angemessene Beziehung<br />

zum Tier eine wäre, die es nicht nur in sein eigenes Sein entlässt,<br />

sondern es aus den Bindungen des Seins, es aus seiner<br />

ontologischen Gefangenschaft entlässt. Das Tier außerhalb<br />

des Seins sein zu lassen heißt, es auf eine ganz besondere Art<br />

und Weise zu ignorieren, eine, die möglicherweise außergewöhnliche<br />

Rücksichtnahme und Achtsamkeit erfordert. Einander zu<br />

„retten“ heißt wiederum, das Tier aus genau dieser Gefangenschaft<br />

zu entlassen, eine Befreiung, die sowohl den Menschen<br />

Jason Smith 86 87<br />

of a cleavage internal to the living — between bios as a<br />

form-of-life, and the “naked life” of zoè, between the<br />

human and its world and the “simply living being”. The<br />

proper name of Being is Life.<br />

————<br />

It is only at this point that we can begin to understand<br />

the nature of the “reconciliation” called for in The<br />

Open’s first pages. This reconciliation would not take<br />

the form of a deeper understanding of the nature of<br />

animality by the human, whether that understanding<br />

comes in the form of ethological knowledge produced<br />

by behaviorists and naturalists, or through identifications<br />

with animals, in the form perhaps of a morallyinflected<br />

empathy for their undeniable suffering.14 The<br />

path to reconciliation takes the paradoxical form of an<br />

“ignorance” or a “non-knowledge” that would articulate<br />

the relation between animal and man in their very separation.<br />

This appeal to ignorance or non-knowledge<br />

might give pause if, as has recently been argued by<br />

Jacques Derrida, that what has passed for philosophical<br />

knowledge of the animal since Descartes has been<br />

rooted in a fundamental disavowal — a not-wanting-toknow<br />

— of certain capacities of animal life in its irreducible<br />

differentiation.15 Philosophical knowledge would,<br />

in this instance, represent a form of forgetting or ignorance.<br />

To invoke non-knowledge in this context runs<br />

the risk of openly repeating this philosophical heritage.<br />

But it also points to another possibility. This other<br />

relation would be a form of non-relation: a “letting be”<br />

that engages the animal by leaving it or letting it go:<br />

“figure of the ‘great ignorance’ which lets both of them<br />

be outside of being, saved precisely in their being<br />

unsavable”16. This letting be is an act and not a knowing,<br />

and what Agamben underlines in these extremely<br />

compact lines — they condense, in a few sentences,<br />

the argument of the entire book — is that the truly just<br />

relation to the animal would be one that not only<br />

releases it into its own being, but releases it from the<br />

binds of Being, lets it go from its ontological capture.<br />

To let the animal be outside of being is to ignore it in a<br />

very special way, one that requires, perhaps, an extraordinary<br />

attention and awareness. To “save” one<br />

another, in turn, is to release the animal from just this<br />

capture, a freeing that saves man and animal both<br />

by, paradoxically, abandoning each outside of being —

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