Was <strong>Thater</strong> dachte und fühlte, während sie durch den Sucher blickte, wurde uns anderen, die wir mit ihr arbeiteten, rasch klar. Vom ersten Tag an offenbarte sie Liebe und Respekt für die Tiere, wenn sie abends ihre Erlebnisse wiedergab. Während sie die Gorillas filmte, sprach sie mit ihnen, als handle es sich um Freunde, und wenn sie am Ende eines Tages von ihnen erzählte, so tat sie dies, als berichte sie über das Verhalten von Menschen. Nach einiger Zeit jedoch erhielt die Notwendigkeit, die Gorillas zu beobachten und filmische Eindrücke zu sammeln, den Vorrang. Und wie auch in ihren anderen Arbeiten hielt <strong>Thater</strong> im Bild fest, wie im Gegenzug die Tiere sie beobachteten. Die Aufnahmen eines typischen Tages zeigen zum Beispiel den jugendlichen Gorilla Kibu, der, hoch oben in einem Baum, <strong>Thater</strong> direkt gegenübersitzt und ihr dabei zusieht, wie sie ihn filmt. Unterdessen wirft Bobo, der Silberrücken in der Gruppe, Papayas über den Zaun; er versteht sein Handwerk und trifft <strong>Thater</strong> zweimal. Gewissermaßen zur Entschädigung bringen wir den Gorillas besondere Leckereien – vor allem Nüsse und Mangos lieben sie. Einmal gelingt es <strong>Thater</strong>, das erwachsene Weibchen Avishag dabei zu filmen, wie sie übt, einen Stock als Werkzeug zu benutzen, um aus dem Gehege gefallene Nüsse zurückzuholen. Solche Momente erhoffte sich die Künstlerin – Momente, die nur wenige Menschen auf der Welt jemals persönlich erleben werden. Für <strong>Thater</strong> waren sie ein Geschenk, das sie mitnehmen konnte, um es in ihre Kunst zu integrieren und dadurch der Öffentlichkeit die Chance zu geben, an der Erfahrung teilzuhaben. Ihr Ziel ist es, durch das Kunstwerk all das zu interpretieren, was uns ihre Beobachtungen von Avishag, Bobo and Kibu lehren. Die Bildaufnahmen werden begleitet von dem ausdrucksvollen, zufriedenen Grummeln der Gorillas und den dumpfen Geräuschen, wenn sie sich auf die Brust klopfen. Die größte Überraschung war ihr reizender und vollkommen unerwarteter Zitrusgeruch – etwas, das sich mit Bildern niemals erfassen lässt. Diesen Geruch nahmen wir als sinnliche Erinnerung mit nach Hause; er war wohl auch das, was wir am meisten vermissten, nachdem wir die Affen widerstrebend verlassen hatten. <strong>Thater</strong>s Zärtlichkeit im Umgang mit den Gorillas, ihre Gedanken und Gefühle prägen die letzten materiellen Bilder. Sie war um den halben Globus geflogen, um mit den Gorillas so nah wie möglich „zusammenzukauern“6. Das Fell, die Augen und Hände, die Schweißperlen auf den Gesichtern der Tiere – all dies fängt <strong>Thater</strong> in wunderschönen What <strong>Thater</strong> thought and felt as she gazed through the viewfinder became clear very quickly to the rest of us working with her. From day one, her recounting of the day showed love and respect for the animals, she talked to them as friends as she filmed them, and about them later very much in human terms. As time went on, the need to observe and glean images took over. The gorillas became subjects to be observed, and, as with all of <strong>Thater</strong>‘s work, she captured the animals observing her in return. A typical day might show, high up in a tree, the young adult male gorilla Kibu, sitting directly oppo- site <strong>Thater</strong>, watching her filming him. Meanwhile Bobo, the silverback of the group, throws papayas across the fence aimed at <strong>Thater</strong>. He‘s good, and he scores twice. We bring the gorillas special treats – they love nuts and mangos – by way of recompense. <strong>Thater</strong> was thrilled the moment when she captured Avishag, a female adult learning to use a stick as a tool to retrieve nuts that had fallen outside of the enclosure. These were moments the artist hoped for – ones she knew few people in the world would ever see in person – a gift she could take away and put into her art for all to experience. The interpretation in an artwork of this observation with all that it tells us about Avishag, Bobo and Kibu as subjects is her goal. The gorillas’ expressive contented mumbles, the hollow sounds of the beating of the chest accompany the visual recordings. Most surprising is their lovely smell, quite unexpectedly citrus. Something that can never be captured on film. This was the sensememory that we carried away with us and the thing we missed most when we reluctantly left them. <strong>Thater</strong>‘s tenderness towards the gorillas, her thoughts and feelings infuse the final, material images. She flew half way across the globe to be “huddled together”6 with gorillas as near as she could. She beautifully captured close-ups of the fur, the eyes, the hands, the pearls of sweat on the faces. The history of the representation of gorillas is steeped in fear, desire and revulsion and while <strong>Thater</strong>’s projections taunt and repel, their beauty
Cynopithecus niger oder Makak-Affe. Illustration von Joseph Wolf, veröffentlicht in Charles Darwins The Expression of the Emotions in Man and Animals, 1872 Cynopithecus niger or macaque monkey. Image by Joseph Wolf published in Charles Darwin’s The Expression of the Emotions in Man and Animals, 1872 Bergit Arends 48 49
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Biografie Bibliografie Diana Thater
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1996 Basel (CH). Kunsthalle Basel.
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