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Diana Thater gorillagorillagorilla - Universalmuseum Joanneum

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psychasthénie légendaire, 1935), in der der Begriff der morphologischen<br />

Mimese als Besessenheit vom Raum und dessen<br />

Derealisierungseffekt eingeführt wurde.<br />

Caillois interessierte sich für ein Unterscheidungsprinzip („zwischen<br />

dem Realen und Imaginären, zwischen Wachen und Schlaf,<br />

zwischen Unwissen und Wissen, und so weiter“70), und sein<br />

Hauptanliegen war weniger die Identifikation, sondern vielmehr<br />

der Schrecken vor der Nichtunterscheidbarkeit zwischen dem<br />

Selbst und seiner Umgebung. Wie Neil Leach bemerkt, ist dieser<br />

Zustand problematisch, weil die Identität von der Fähigkeit<br />

eines Organismus abhängt, sich von seiner Umgebung zu unterscheiden.<br />

Ohne die Fähigkeit, sich von seiner Umgebung zu<br />

unterscheiden, verfällt man in einen Zustand, den Caillois als<br />

„legendäre Psychasthenie“71 bezeichnet, eine bestimmte Störung<br />

der Beziehung zwischen der Persönlichkeit und dem Raum,<br />

die sich laut Caillois unter anderem in der persönlichen Erfahrung<br />

von Schizophrenen und deren gestörter Raumwahrnehmung<br />

und Verortung im Raum äußert: „Ich weiß, wo ich bin, doch ich<br />

fühle nicht, dass ich bin, wo ich bin.”72 Caillois diagnostiziert<br />

diesen Prozess als „Entpersönlichung durch Assimilation in den<br />

Raum” und vergleicht ihn mit den Mechanismen der Mimese<br />

bei bestimmten Tierarten. Der Raum stellt den Willen dar, einen<br />

zu verschlingen: Er „jagt, fängt und verdaut (den enteigneten<br />

Verstand) in einem gewaltigen Prozess der Phagozytose. Dann<br />

nimmt er schließlich dessen Platz ein. Körper und Geist sagen<br />

sich darauf voneinander los; das Subjekt überschreitet die<br />

Grenze seiner eigenen Haut und steht außerhalb seiner Sinne.<br />

Es versucht, sich selbst von einem Punkt im Raum aus zu sehen.<br />

Es fühlt, dass es sich selbst in diesen Raum verwandelt – einen<br />

d unklen Raum, in den keine Dinge hineingestellt werden können.<br />

Es ist ähnlich; nichts Bestimmtem ähnlich, sondern einfach<br />

ähnlich. Und es erträumt sich Räume, die „spasmodisch von ihm<br />

Besitz ergreifen.“73<br />

Caillois’ Untersuchungen der „Dunkelheit“ und eines „dunklen<br />

Raumes”, die sich auf die Analysen von Minkowski stützen,<br />

werden für die Abläufe, die wie mir scheint für die Multibild-Videokompositionen<br />

von <strong>Diana</strong> <strong>Thater</strong> und die Rolle des projizierten<br />

Lichts von entscheidender Bedeutung sind, auf seltsame Art und<br />

Weise relevant. „Die Dunkelheit ist nicht bloß die Abwesenheit<br />

von Licht; es hat ein paar positive Eigenschaften“, so Caillois,<br />

„während der helle Raum verschwindet, der materiellen Konkretheit<br />

der Objekte weicht, ist die Dunkelheit ‚dick‘: Sie berührt einen<br />

direkt, entfaltet sich, durchdringt einen und geht sogar durch<br />

einen durch. Somit ist ‚das Selbst durchlässig für die Dunkelheit,<br />

Psychasthenia” and introducing the notion of morphological<br />

mimicry as an obsession with space in its<br />

derealizing effect.<br />

Caillois is interested in the principle of distinction<br />

(“between what is real and imaginary, between<br />

wakefulness and sleep, between ignorance and<br />

knowledge, and so on”70), and his main concern is<br />

not identification, but rather the horror of nondifferentiation<br />

between the self and the environment.<br />

As Neil Leach observes, this condition is problematic<br />

because identity depends on an organism’s ability<br />

to distinguish itself from its surroundings. Without this<br />

ability to distinguish oneself from the environment,<br />

one descends into a condition that Caillois describes<br />

as “legendary psychasthenia”71, a certain disorder<br />

in the relationship between personality and space,<br />

exemplified according to Caillois by, amongst others,<br />

personal experiences of schizophrenics and their<br />

troublesome perception and positioning in a space:<br />

“I know where I am, but I don’t feel that I am where<br />

I am.”72 Caillois diagnoses this process as “depersonalization<br />

through assimilation into space” and compares<br />

it with the mechanisms of mimicry in certain<br />

animal species. Space constitutes a will to devour: it<br />

“chases, entraps, and digests (the dispossessed minds)<br />

in a huge process of phagocytosis. Then, it ultimately<br />

takes their place. The body and mind thereupon<br />

become dissociated; the subject crosses the boundary<br />

of his own skin and stands outside of his senses. He<br />

tries to see himself, from some point in space. He feels<br />

that he is turning into space himself – dark space into<br />

which things cannot be put. He is similar; not similar<br />

to anything in particular, but simply similar. And he<br />

dreams up spaces that ‘spasmodically possess’ him.”73<br />

Caillois’ investigations of “darkness” and a “dark space”,<br />

supported by the analyses of Minkowski, strangely<br />

become relevant for the operations that seem to be<br />

crucial for <strong>Thater</strong>’s multi-image video compositions<br />

and the role of the projected light. “Darkness is not<br />

the mere absence of light; it has some positive quality,”<br />

Caillois claims, “whereas bright space disappears,<br />

giving way to the material concreteness of objects,<br />

darkness is ‘thick’: it directly touches a person, enfolds,<br />

penetrates, and even passes through him. Thus the

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