Diana Thater gorillagorillagorilla - Universalmuseum Joanneum

Diana Thater,
Delphine, 1999
Installationsansicht,
Kunsthalle Bremen,
2004
Diana Thater,
Delphine, 1999
Installation view,
Kunsthalle Bremen,
2004
anderen Größe als in der wirklichen Welt, daher ist sich das Publikum
der Objekte physisch bewusst, wenn es sich ihnen nähert.“54
Diana Thater hat Spaß an der Dynamik des Heranzoomens
und Wegzoomens, spielt mit der extremen Nähe von Objekten,
und in dieser Reduktion der Distanz testet sie den Blick und
versetzt das Publikum in einen ambiguen Zustand irgendwo
zwischen Schauer und Lust, zwischen Intimität und einem Gefühl
von Entfremdung. Durch ihren Einsatz solcher Techniken und
ihren Fokus auf die Natur erinnert Diana Thater an Kants Ideen
vom Erhabenen, wie sowohl Jeremy Gilbert-Rolfe und Kathryn
Kanjo.55 Für Kathryn Kanjo interessiert Thater das Erhabene als
ein Konzept einer „nicht greifbaren Erweiterung, die sich in der
Gegenwart der Natur oder des Natürlichen finden lässt, (…) und
eines unkontrollierbaren Schreckens, der von der Kombination von
Technologie (eigentlich Elektrizität) und Fleisch entfesselt wird.“56
Die Erhabenheit verweist auch, mit der mit ihr einhergehenden
Vorstellung von Transzendenz und Unendlichkeit, auf den Augenblick,
in dem unser Begriffsvermögen, unser Wissen oder unsere
Fähigkeit, einen Gedanken oder ein Gefühl auszudrücken, versagen.
Von der scheinbaren Allmacht und Größe der Natur erzeugt
und verwurzelt in der Fähigkeit des Menschen über die Grenzen
des Gegebenen hinaus zu denken, manifestiert es einen tieferen
und mächtigeren Bewusstseinszustand, in dem sich wirklich die
beinah ursprüngliche Essenz der Wahrheit offenbart. Indem sie die
Machtverhältnisse zwischen Natur und Technologie bzw. auch
zwischen den Bereichen des Menschlichen und denen des Nichtmenschlichen
verhandeln, stellen Diana Thaters Installationen eine
Herausforderung an unsere Vernunft und an unsere Vorstellungskraft
dar. Delphine und gorillagorillagorilla sind beide geeignete
Fallstudien für dieses Ringen, in dem das Erhabene alles in der
Schwebe hält und eine beinah ekstatische Empfindung erzeugt,
einen Zustand absoluter und tiefster Kontemplation.
Für Coleridge ist „das Schöne die Vollkommenheit, das Erhabene
die Aufhebung der vergleichenden Kraft. Nichts nicht Wohlgestaltetes
(…) kann schön genannt werden: Nichts Wohlgestaltetes
kann erhaben sein außer in einem metaphorischen Sinne“57
(im Original: (…) the beautiful is the perfection, the Sublime the
suspension, of the comparing power. Nothing not shapely (…)
can be called beautiful: nothing that has shape can be sublime
except by metaphor). In seinem Gedicht Das Rosen-Innere malt
Rilke eine poetische Landschaft, in der die Natur – von Agamben
im Sinne von Aristoteles als unartikuliert und formlos betrachtet –
ein Muster für den Rhythmus einer essenziellen philosophischen
Dichotomie des Innen und Außen darstellt. Die Natur ist Modell
Adam Budak 30 31
world so the viewer is physically conscious of the
objects she approaches.”54
Thater enjoys the dynamics of zooming in and out,
employing the extreme proximity of objects and
r e d u c i n g the distance, testing the gaze and setting
up the viewer in an ambiguous state of awe and
pleasure, between intimacy and a sense of estrangement.
Applying such techniques and focusing her
attention on nature, Thater recalls Kant’s ideas of the
sublime, as observed by both Jeremy Gilbert-Rolfe and
Kathryn Kanjo. 55 For Kanjo, Thater is interested in
the sublime as a concept of “of ungraspable extension
found in the presence of nature or the natural, (…)
and as an uncontrollable terror unleashed through
combining technology (in fact, electricity) and flesh.”56
Sublimity too, with its ideas of transcendence and
infinity, refers to the moment when the ability to
apprehend, to know, to express a thought or sensation
is defeated. Generated by nature’s seeming omnipotence
and magnitude and residing in the human
capacity to think beyond the bounds of the given,
it manifests a more intense and powerful state of
consciousness when the very, almost primordial,
essence of truth is revealed. Thater’s installations
create a challenge for reason and imagination in negotiating
the power relationships between nature and
technology, as well as between the human and the
non-human realms. Delphine and gorillagorillagorilla
are apt case studies of such a struggle where the sublime
acts as suspense and delivers an almost ecstatic
sensation, an absolute state of the most profound
contemplation.
For Coleridge, “the beautiful is the perfection, the
S u b l i m e the suspension, of the comparing power.
Nothing not shapely … can be called beautiful: nothing
that has shape can be sublime except by metaphor.”57
In his poem “Das Rosen-Innere”, Rilke paints a poetic
landscape that considers nature – perceived by
Agamben after Aristotle, as inarticulate and with no
shape – as a pattern of a rhythm for an essential
philosophical dichotomy of inside and outside. Nature
is a model for primary investigations and a structure
of transgressive power; as both fragile and solid, open
and closed, ambiguous in its core, it acts as an agent