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Diana Thater gorillagorillagorilla - Universalmuseum Joanneum

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Menschen in sich, das heißt, er schenkt ihm sowohl die Gabe des<br />

Seins als auch die des Nichts, sowohl des Impulses im offenen<br />

Raum des Werkes als auch des Drangs nach Dunkelheit und<br />

Verderben. Es ist jene ursprüngliche Ekstase, die dem Menschen<br />

den Raum der Welt eröffnet, und nur von ihr ausgehend kann<br />

er Freiheit und Entfremdung erfahren, historisches Bewusstsein<br />

und Verlorenheit in der Zeit, Wahrheit und Irrtum“4. In diesem<br />

Zusammenhang werfen Hölderlins Worte laut Agamben ein<br />

Schlaglicht auf eine Sicht, in deren Mittelpunkt eben jene Struktur<br />

des In-der-Welt-Seins des Menschen und sein Verhältnis zu<br />

Wahrheit und Geschichte stehen. Das Kunstwerk demarkiert eine<br />

Zone der Subjektivität im Entstehen und erzeugt ein Gefühl von<br />

ursprünglicher Kollektivität, dem eigentlichen Ort des Menschen:<br />

(…) indem es dem Menschen seine authentische temporale<br />

Dimension eröffnet, eröffnet ihm das Kunstwerk auch den Raum<br />

seiner Zugehörigkeit in der Welt, nur innerhalb dessen er das<br />

ursprüngliche Metrum seines Verweilens auf Erden bestimmen<br />

und seine gegenwärtige Wahrheit im unaufhaltsamen Fluss<br />

der linearen Zeit wiederfinden kann“5. Die Wahrnehmung<br />

eines Kunstwerks gleicht einem Eintauchen in eine ursprünglichere<br />

Form der Zeit, dem Erlebnis einer „Ekstase in der<br />

epochalen Öffnung des Rhythmus, der gibt und zurückhält“.<br />

Doch laut Agambens Diagnose sei diese ursprüngliche Struktur<br />

des Kunstwerks heute verdeckt und die Kunst, die der Philosoph<br />

als ein „selbstzerstörerisches Nichts“ und eine „nihilistische<br />

Kraft“ definiert, dient dem ästhetischen Genuss und distanziert<br />

und entfremdet sich somit von ihrer ursprünglichen Struktur:<br />

„Mit dem Kunstwerk läuft der Mensch nicht nur Gefahr, bloß ein<br />

Stück kulturellen Reichtums zu verlieren, wie wertvoll es auch<br />

immer sein mag, und nicht nur die privilegierte Ausdrucksform<br />

seiner kreativen Energie: Es ist eben jener Raum seiner Welt,<br />

in der er und nur in der er sich selbst als Mensch und als zum<br />

Handeln und Wissen fähiges Wesen finden kann.“6<br />

<strong>Diana</strong> <strong>Thater</strong> siedelt ihre Arbeit in einer Passage an: Sie<br />

komponiert eine eindringliche Videoarchitektonik der Natur,<br />

eine Inszenierung eines Sinns für Zugehörigkeit und eine<br />

Reflexion konzeptueller Fragen, die der von Agamben skizzierten<br />

Definition des Kunstwerks entspricht. Doch gleichzeitig ist ihr<br />

Werk fest in einer „Terra aesthetica“ verwurzelt, wenn es sich<br />

permanent zwischen den Bereichen des Schönen und des<br />

Erhabenen verschiebt. Genau diese Oszillation zwischen einer<br />

versuchten Übermittlung der Essenz der Struktur und dem<br />

aufrichtigen Verlangen, innerhalb der ästhetischen Perspektive<br />

zu bleiben, macht das vielstimmige Wesen von <strong>Diana</strong> <strong>Thater</strong>s<br />

Werk aus und erzeugt eine Art Zögern, das folglich die Kraft<br />

the gift both of being and of nothingness, both of the<br />

impulse in the free space of the work and the impetus<br />

toward shadow and ruin. It is the original ecstasy<br />

that opens for man the space of the world, and only<br />

by starting from it can he experience freedom and<br />

alienation, historical consciousness and loss in time,<br />

truth and error”4. In this context, according to Agamben,<br />

Hölderlin’s statement highlights a perspective in<br />

which the very structure of man’s being-in-the-world<br />

and his relationship with truth and history are at the<br />

centre of attention. It demarcates a zone of subjectivity<br />

in becoming and generates a sense of original<br />

collectivity, man’s proper site “by opening to man his<br />

authentic temporal dimension, the work of art also<br />

opens for him the space of his belonging to the world,<br />

only within which he can take the original measure<br />

of his dwelling on earth and find again his present<br />

truth in the unstoppable flow of linear time”5. Perceiving<br />

a work of art equals diving into a more original<br />

time, experiencing “ecstasy in the epochal opening<br />

of rhythm, which gives and holds back”. However,<br />

as Agamben diagnoses, this original structure of the<br />

work of art is obscured now, and art, defined by the<br />

philosopher as a “self-annihilating nothing” and a<br />

“nihilistic power”, is offered for aesthetic enjoyment<br />

thus distancing and alienating itself from the original<br />

structure: “In the work of art man risks losing not<br />

simply a piece of cultural wealth, however precious,<br />

and not even the privileged expression of his creative<br />

energy: it is the very space of his world, in which and<br />

only in which he can find himself as man and as being<br />

capable of action and knowledge.”6<br />

<strong>Diana</strong> <strong>Thater</strong> situates her work in a passage: she<br />

authors haunting video architectonics of nature that<br />

perform a sense of belonging and reflect conceptual<br />

concerns that correspond with the definition of a work<br />

of art as outlined by Agamben, but at the same time,<br />

her work firmly inhabits terra aesthetica, constantly<br />

shifting between the faculties of beauty and the<br />

sublime. It is this oscillation between an attempt to<br />

transmit the essence of the structure and a genuine<br />

desire to remain within the aesthetic perspective that<br />

constitutes the polyphonic quality of <strong>Thater</strong>’s work<br />

and generates a sort of hesitation which consequently<br />

has a force of negotiating, or using <strong>Thater</strong>’s own term,

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