Anwaltsblatt 2000/01 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag
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Disziplinarrecht<br />
7638<br />
1. § 22 DSt – Ausschuss-Aufträge an KA<br />
2. § 18 RL-BA – Umgehung des Gegenanwaltes<br />
1. Ein Auftrag des Ausschusses der RAK an den<br />
KA, in einer DiSache kein Rechtsmittel einzubringen<br />
oder ein RM zurückzuziehen, ist für den KA<br />
nicht bindend.<br />
2. Das Umgehungsverbot des § 18 RL-BA gilt<br />
auch „in eigener Sache“ des RA, daher auch,<br />
wenn er als Masseverwalter einschreitet.<br />
Wenn der Abschluss eines Vergleiches zunächst<br />
durch eine dritte Person (der Bank) und im Wesentlichen<br />
entsprechend dem dem Besch vorher<br />
schriftlich übermittelten Vergleichsvorschlag angekündigt<br />
wurde, kann noch davon ausgegangen<br />
werden, dass der Besch berechtigt war, sich<br />
diese Tatsache durch den Geschäftsführer der<br />
Gegenpartei telefonisch bestätigen zu lassen; da<br />
er den Genannten anlässlich der folgenden Besprechung<br />
auf das Vertretungsverhältnis seiner<br />
Partei zu RA Dr. X hinwies und die Antwort<br />
erhielt, dass dieses Vollmachtsverhältnis 4 Tage<br />
vorher schriftlich aufgekündigt wurde, liegt nach<br />
den besonderen Umständen des Falles keine disziplinär<br />
strafbare Umgehung des Anwaltes der<br />
Gegenpartei vor.<br />
OBDK 5. 7. 1999, 7 Bkd 5/99<br />
Aus den Gründen:<br />
Zu 1.: Zur Berufungslegitimation des KA<br />
Der vom Ausschuss der RAK A mit Schreiben vom 20. 4. 1999<br />
dem KA der RAK B unter Hinweis auf § 25 DSt 1990 erteilte Auftrag,<br />
in gegenständlicher DisSache gegen das Erk vom 11. 1.<br />
1999, D 20/98-38, kein RM einzubringen oder ein bereits anhängig<br />
gemachtes RM zurückzuziehen, war für den KA nicht bindend.<br />
Ein solcher Auftrag ist im Gesetz nicht gedeckt.<br />
Dies ergibt sich zunächst schon aus dem klaren Wortlaut des § 21<br />
DSt 1990 selbst, wonach der Kammerausschuss dem KA nur dessen<br />
Eintreten für die Erfüllung der Berufspflichten des RA und für<br />
die Wahrung der Ehre und des Ansehens des RA-Standes auftragen<br />
kann.<br />
Dass der KA nur zum Einschreiten, niemals aber zur Einstellung<br />
des Verfahrens oder Unterlassung eines RM beauftragt werden<br />
Rechtsprechung<br />
kann (so schon Jahoda in AnwBl 1976, 436 re Sp unten zur alten<br />
Rechtslage), ergibt sich mit aller Deutlichkeit nunmehr auch aus<br />
§ 22 Abs 2 DSt 1990, der den KA zur Verständigung des Ausschusses<br />
der RAK nur für den Fall verpflichtet, dass er eine DisAnzeige<br />
zurückzulegen beabsichtigt und dem Ausschuss das Recht<br />
einräumt, bei gegenteiligter Auffassung die DisVerfolgung aufzutragen,<br />
im Falle eines Verfolgungsvorhabens des KA eine solche<br />
Berichtspflicht aber nicht statuiert und damit auch nicht vorsieht,<br />
dass der Ausschuss einen gegenteiligen Auftrag erteilen könnte.<br />
Zu 2.: Zunächst ist auszuführen, dass auch in „eigener Sache“,<br />
also auch dann, wenn ein RA als Masseverwalter tätig ist, die Umgehung<br />
des gegnerischen Vertreters gem § 18 RL-BA standeswidrig<br />
ist (OBDK vom 5. 3. 1973, Bkd 53/72, OBDK vom 10. 6.<br />
1991, Bkd 98/90 ua). In ihrer verantwortlichen Äußerung vom<br />
10. 5. 1996 an den DR der RAK A hat der DB die Rechtsansicht<br />
vertreten, dass er als Masseverwalter als Partei und nicht als<br />
Rechtsvertreter auftrete. In dieser Eigenschaft als Prozesspartei sei<br />
er berechtigt, mit der Gegenpartei direkt Kontakt aufzunehmen<br />
und auch Vergleiche abzuschließen. Diese Rechtsansicht des DB ist<br />
zweifellos unrichtig.<br />
Gem § 18 RL-BA ist es unzulässig, den Vertreter einer anderen Partei<br />
zu umgehen. Das Verhandeln mit der von einem RA vertretenen<br />
Gegenpartei ohne Zustimmung des Vertreters der Gegenpartei ist<br />
unzulässig. Nach den Feststellungen des DR der RAK B lagen<br />
jedoch derartige Verhandlungen nicht vor. Der DB wurde zunächst<br />
im November 1995 durch einen Herrn Y von der . . . Bank davon<br />
in Kenntnis gesetzt, dass die Firma F die Absicht habe, einen<br />
Vergleich abzuschließen, wobei der angekündigte Vergleich im<br />
Wesentlichen dem dem DB am 23. 1. 1996 schriftlich übermittelten<br />
Vergleichsvorschlag entsprach. In der Folge hat dann Mag. Z,<br />
der Geschäftsführer der Firma F, beim DB angerufen und im<br />
Wesentlichen das Gleiche berichtet wie Herr Y von der . . . Bank.<br />
Der DB hörte sich diesen Vergleichsvorschlag an und kündigte an,<br />
die Konkursrichterin über den Vergleichsvorschlag zu informieren.<br />
Anlässlich der Besprechung vom 23. 1. 1996 machte der DB<br />
Herrn Mag. Z auf das Vertretungsverhältnis zu Dr. X aufmerksam,<br />
wobei ihm mitgeteilt wurde, dass das Vollmachtsverhältnis mit<br />
Schreiben vom 19. 1. 1996 aufgekündigt wurde.<br />
Die zu diesen Feststellungen führende Beweiswürdigung des DR ist<br />
nach Auffassung des Senates unbedenklich, zumal der DB im<br />
Rahmen seiner Verantwortung gewisse Divergenzen zu seiner Darstellung<br />
im Zivilverfahren (Protokoll vom 11. 4. 1996) aufgeklärt<br />
hat.<br />
Die Mitteilung einer Partei, dass das Vertretungsverhältnis zu ihrem<br />
RA nicht mehr bestehe, darf aber der Gegenanwalt auch ohne vorherige<br />
Rücksprache bei diesem RA als richtig annehmen (AnwBl<br />
1989, 561).<br />
Im konkreten Fall kann dem DB aus den besonderen Umständen<br />
des Falles eine gem § 18 RL-BA disziplinär strafbare Umgehung<br />
des Anwaltes der Gegenpartei noch nicht vorgeworfen werden.<br />
AnwBl <strong>2000</strong>/1 43