Anwaltsblatt 2000/01 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

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Billige Pensionsversicherungsmonate für Konzipienten? In AnwBl 1999/1 hat Hofer eine diesbezügliche Gestaltungsmöglichkeit aufgezeigt. Neben dem Entgelt als Rechtsanwaltsanwärter wird ein geringfügiges (freies) Dienstverhältnis – allerdings nicht als Rechtsanwaltsanwärter – begründet. In Verbindung mit der ab 1. 1. 1998 gültigen Fassung des § 5 ASVG könnten damit lediglich auf Basis des geringfügigen Entgeltes „billige“ Pensionsversicherungsmonate erworben werden. Diese, meines Erachtens durchaus vertretbare Ansicht wurde kürzlich vom Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger in seiner Referentenbesprechung vom 29./30. 9. 1999 verworfen. Im diesbezüglichen, der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zugesandten Aktenvermerk (32-51.1/99 Rj/Sm/Mm) wird dabei ua erwähnt, dass eine Zusammenrechnung der Entgelte bei Resonanz einer Pflichtversicherung gem § 4 Abs 1 Z 4 ASVG nicht vorgesehen sei. Damit wird unterstellt, dass Rechtsanwaltsanwärter keine Dienstnehmer sind, was meines Erachtens aber in der Regel sehr wohl der Fall sein dürfte. Damit bleibt aber die rechtliche Situation für viele Rechtsanwaltsanwärter unbefriedigend, weil im Zeitraum der Ausbildung oft nicht feststeht, ob der freie Beruf des Rechtsanwalts tatsächlich ausgeübt wird. Wenn nicht, fehlen die Monate der Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter für die gesetzliche Pension (vgl dazu jüngst OGH vom 18. 2. 1999, 10 Ob S 34/99u, in JBl 1999/11, 743–745 unter Bezugnahme auf Hofer). Rechtsanwaltsanwärter können die von Hofer herausgearbeitete Gestaltung beim VwGH durchkämpfen oder aber eine andere, unbestrittene Gestaltung wählen (zB Dienstverhältnis über die Geringfügigkeitsgrenze, neuer Selbständiger als Vortragender/Autor). Wolfgang Höfle AnwBl 2000/1 39

Varia CCBE-Standesregeln Der Abdruck einer synoptischen Gegenüberstellung der Standesregeln alter und neuer Fassung ist für eine Sondernummer des Anwaltsblattes zum Thema Europa geplant. Im Jahre 1988 verabschiedete die Vollversammlung des Rates der Anwaltschaften der Europäischen Union – kurz CCBE – einstimmig die Standesregeln der Rechtsanwälte der Europäischen Gemeinschaft. 1 ) Nach umfangreichen Vorarbeiten hat eine Reformkommission des CCBE unter Leitung des norwegischen Kollegen Helge Jakob Kolrud, der von österreichischer Seite RA Dr. Georg Frieders und der Verfasser angehörten, der Vollversammlung des CCBE in Lyon am 28. 11. 1998 einen Novellierungsvorschlag zur Verabschiedung vorgelegt. Dieser Vorschlag sollte den Anforderungen des modernen Rechtsanwaltsberufes Rechnung tragen, Anforderungen, die aus der zunehmenden Internationalisierung, Technisierung, aus zunehmendem Wettbewerb ebenso herrührten wie aus den immer lauter werdenden Forderungen nach Zulassung der multidisziplinären Partnerschaften. Abgesehen von den in der Folge behandelten geringfügigen Änderungen blieb jedoch die große Reform aus. Die Mitgliedsländer des CCBE konnten sich – noch – nicht dazu entschließen. Die Standesregeln wurden in den Art 1.3., 1.4., 1.5. und 2.4. angepasst, indem klargestellt wurde, dass anstelle der Wortfolge „Europäische Gemeinschaft“ die Wortfolge „Europäische Union und Europäischer Wirtschaftsraum“ tritt. 2 ) Die Bedeutung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht wurde in Art 2.3.1. durch folgende Präzisierung erweitert: „Die Pflicht des Rechtsanwaltes zur Wahrung des Berufsgeheimnisses dient dem Interesse der Rechtspflege ebenso wie dem Interesse des Mandanten. Daher verdient sie besonderen Schutz durch den Staat.“ Art 2.3.2. wurde neu gefasst wie folgt: „Der Rechtsanwalt hat die Vertraulichkeit aller Informationen zu wahren, die ihm im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit bekannt werden.“ Art 2.4. „Achtung des Standesrechtes anderer Anwaltschaften“ wurde durch die Verpflichtung der Mitgliedsorganisationen des CCBE ergänzt, ihre Berufsregeln im Sekretariat des CCBE zu hinterlegen, um Rechtsanwälten die Möglichkeit des Zugangs zu fremdem Standesrecht zu ermöglichen. Von der Vollversammlung des CCBE wurde ein neuer Art 2.8 angenommen, der die Haftungsbeschränkung des Rechtsanwaltes gegenüber seinem Klienten ermöglicht, wenn dies die Standesregeln des Herkunftslandes und des Aufnahmelandes zulassen. Um jedem Anschein entgegenzuwirken, Anwälte würden sich hinter der beruflichen Verschwiegenheit verstecken, um sich direkt oder indirekt an Geldwäscherei zu beteiligen, wurde in Art 3.1.1. die Verpflichtung des Rechtsanwaltes normiert, sich über die Identität des Klienten hinreichend zu informieren. Das Verbot der Honorarteilung gem Art 3.6. wurde dahin gehend konkretisiert, dass es dann nicht gelte, wenn die gemeinschaftliche Berufsausübung mit Nichtanwälten, nach dem Recht des Staates, dem der Rechtsanwalt angehört, zulässig ist. Art 3.7. wurde dahin gehend ergänzt, dass der Rechtsanwalt immer danach zu trachten hat, den Streitfall des Mandanten so kostengünstig wie möglich zu lösen und den Mandanten zu geeignetem Zeitpunkt über eine vergleichsweise Einigung und/oder alternativen Streitbeilegungsverfahren zu beraten. Die Verpflichtung des Art 3.8.1.4., Mandantengelder unverzüglich auszufolgen, wurde präzisiert. Eine Modifizierung erfuhr Art 4.2. „Wahrung der Chancengleichheit im Prozess“: Soweit es gesetzlich nicht verboten ist, darf ein Rechtsanwalt ohne ausdrückliche Zustimmung des Rechtsanwaltes der anderen Partei Vorschläge der anderen Partei oder ihres Rechtsanwaltes zur Beilegung der Rechtssache nicht an das Gericht weitergeben oder übergeben. Art 5.1. „Kollegialität“ und Art 5.2.1. „Zusammenarbeit von Anwälten aus verschiedenen Mitgliedsstaaten“ erfuhren geringfügige Änderungen. Die Vollversammlung des CCBE lehnte hingegen die vorgeschlagene Novellierung des Art 2.6. „Persönliche Werbung“ ab. Nach dem Novellierungsvorschlag der Reformkommission sollte der Rechtsanwalt berechtigt sein, die Öffentlichkeit über seine Dienstleistungen zu informieren, sofern diese Information objektiv ist und ein gerechtfertigtes Interesse des Rechtsanwaltes verfolgt. Ebenso abgelehnt wurde die vorgeschlagene Novellierung der Bestimmung über quota litis, die die Zulässigkeit der Vereinbarung eines Erfolgshonorars vorsah. Dr. Rupert Wolff 1. Vizepräsident des CCBE 1) AnwBl 1989, 647; 1991, 209; 1992, 24; Schuppich/Tades RAO 5 239ff; Hempel, Die rechtsberatenden Berufe im Europarecht (1996) 53ff. 2) Art 1.3. „Ziel und Zweck der Europäischen Berufsregeln“; Art 1.4. „Persönlicher Anwendungsbereich“, Art 1.5. „Sachlicher Anwendungsbereich“ und Art 2.4. „Achtung des Standesrechtes anderer Anwaltschaften“. 40 AnwBl 2000/1

Varia<br />

CCBE-Standesregeln<br />

Der Abdruck einer synoptischen Gegenüberstellung der Standesregeln<br />

alter und neuer Fassung ist für eine Sondernummer des<br />

<strong>Anwaltsblatt</strong>es zum Thema Europa geplant.<br />

Im Jahre 1988 verabschiedete die Vollversammlung des Rates der<br />

Anwaltschaften der Europäischen Union – kurz CCBE – einstimmig<br />

die Standesregeln der Rechtsanwälte der Europäischen Gemeinschaft.<br />

1 )<br />

Nach umfangreichen Vorarbeiten hat eine Reformkommission des<br />

CCBE unter Leitung des norwegischen Kollegen Helge Jakob Kolrud,<br />

der von österreichischer Seite RA Dr. Georg Frieders und der<br />

Verfasser angehörten, der Vollversammlung des CCBE in Lyon am<br />

28. 11. 1998 einen Novellierungsvorschlag zur Verabschiedung<br />

vorgelegt.<br />

Dieser Vorschlag sollte den Anforderungen des modernen Rechtsanwaltsberufes<br />

Rechnung tragen, Anforderungen, die aus der zunehmenden<br />

Internationalisierung, Technisierung, aus zunehmendem<br />

Wettbewerb ebenso herrührten wie aus den immer lauter werdenden<br />

Forderungen nach Zulassung der multidisziplinären Partnerschaften.<br />

Abgesehen von den in der Folge behandelten geringfügigen Änderungen<br />

blieb jedoch die große Reform aus. Die Mitgliedsländer<br />

des CCBE konnten sich – noch – nicht dazu entschließen.<br />

Die Standesregeln wurden in den Art 1.3., 1.4., 1.5. und 2.4.<br />

angepasst, indem klargestellt wurde, dass anstelle der Wortfolge<br />

„Europäische Gemeinschaft“ die Wortfolge „Europäische Union<br />

und Europäischer Wirtschaftsraum“ tritt. 2 )<br />

Die Bedeutung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht wurde in<br />

Art 2.3.1. durch folgende Präzisierung erweitert: „Die Pflicht des<br />

Rechtsanwaltes zur Wahrung des Berufsgeheimnisses dient dem<br />

Interesse der Rechtspflege ebenso wie dem Interesse des Mandanten.<br />

Daher verdient sie besonderen Schutz durch den Staat.“<br />

Art 2.3.2. wurde neu gefasst wie folgt: „Der Rechtsanwalt hat die<br />

Vertraulichkeit aller Informationen zu wahren, die ihm im Rahmen<br />

seiner beruflichen Tätigkeit bekannt werden.“<br />

Art 2.4. „Achtung des Standesrechtes anderer Anwaltschaften“<br />

wurde durch die Verpflichtung der Mitgliedsorganisationen des<br />

CCBE ergänzt, ihre Berufsregeln im Sekretariat des CCBE zu hinterlegen,<br />

um Rechtsanwälten die Möglichkeit des Zugangs zu fremdem<br />

Standesrecht zu ermöglichen.<br />

Von der Vollversammlung des CCBE wurde ein neuer Art 2.8<br />

angenommen, der die Haftungsbeschränkung des Rechtsanwaltes<br />

gegenüber seinem Klienten ermöglicht, wenn dies die Standesregeln<br />

des Herkunftslandes und des Aufnahmelandes zulassen.<br />

Um jedem Anschein entgegenzuwirken, Anwälte würden sich hinter<br />

der beruflichen Verschwiegenheit verstecken, um sich direkt<br />

oder indirekt an Geldwäscherei zu beteiligen, wurde in Art 3.1.1.<br />

die Verpflichtung des Rechtsanwaltes normiert, sich über die Identität<br />

des Klienten hinreichend zu informieren.<br />

Das Verbot der Honorarteilung gem Art 3.6. wurde dahin gehend<br />

konkretisiert, dass es dann nicht gelte, wenn die gemeinschaftliche<br />

Berufsausübung mit Nichtanwälten, nach dem Recht des Staates,<br />

dem der Rechtsanwalt angehört, zulässig ist.<br />

Art 3.7. wurde dahin gehend ergänzt, dass der Rechtsanwalt<br />

immer danach zu trachten hat, den Streitfall des Mandanten so<br />

kostengünstig wie möglich zu lösen und den Mandanten zu geeignetem<br />

Zeitpunkt über eine vergleichsweise Einigung und/oder<br />

alternativen Streitbeilegungsverfahren zu beraten.<br />

Die Verpflichtung des Art 3.8.1.4., Mandantengelder unverzüglich<br />

auszufolgen, wurde präzisiert.<br />

Eine Modifizierung erfuhr Art 4.2. „Wahrung der Chancengleichheit<br />

im Prozess“: Soweit es gesetzlich nicht verboten ist, darf ein<br />

Rechtsanwalt ohne ausdrückliche Zustimmung des Rechtsanwaltes<br />

der anderen Partei Vorschläge der anderen Partei oder ihres<br />

Rechtsanwaltes zur Beilegung der Rechtssache nicht an das Gericht<br />

weitergeben oder übergeben.<br />

Art 5.1. „Kollegialität“ und Art 5.2.1. „Zusammenarbeit von Anwälten<br />

aus verschiedenen Mitgliedsstaaten“ erfuhren geringfügige<br />

Änderungen.<br />

Die Vollversammlung des CCBE lehnte hingegen die vorgeschlagene<br />

Novellierung des Art 2.6. „Persönliche Werbung“ ab. Nach<br />

dem Novellierungsvorschlag der Reformkommission sollte der<br />

Rechtsanwalt berechtigt sein, die Öffentlichkeit über seine Dienstleistungen<br />

zu informieren, sofern diese Information objektiv ist und<br />

ein gerechtfertigtes Interesse des Rechtsanwaltes verfolgt.<br />

Ebenso abgelehnt wurde die vorgeschlagene Novellierung der<br />

Bestimmung über quota litis, die die Zulässigkeit der Vereinbarung<br />

eines Erfolgshonorars vorsah.<br />

Dr. Rupert Wolff<br />

1. Vizepräsident des CCBE<br />

1) AnwBl 1989, 647; 1991, 209; 1992, 24; Schuppich/Tades RAO 5<br />

239ff; Hempel, Die rechtsberatenden Berufe im Europarecht (1996)<br />

53ff.<br />

2) Art 1.3. „Ziel und Zweck der Europäischen Berufsregeln“; Art 1.4.<br />

„Persönlicher Anwendungsbereich“, Art 1.5. „Sachlicher Anwendungsbereich“<br />

und Art 2.4. „Achtung des Standesrechtes anderer Anwaltschaften“.<br />

40 AnwBl <strong>2000</strong>/1

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