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Anwaltsblatt 2000/01 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

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Der aktuelle Beitrag<br />

Präsident Dr. Klaus Hoffmann<br />

Das Jahr <strong>2000</strong> und die Jahre danach<br />

Vor einem Jahr habe ich zum Jahreswechsel<br />

aus Anlass der Einführung des<br />

Euro über den gemeinsamen Rechtsberatungsmarkt<br />

in Europa geschrieben und<br />

von einer Chance für die Rechtsanwaltschaft<br />

gesprochen, sich an dem wachsenden<br />

Rechtsberatungsmarkt zu beteiligen.<br />

Das zu Ende gehende Jahr hat<br />

gezeigt, dass die sich bietenden Möglichkeiten<br />

genutzt werden. Die Zusammenarbeit<br />

über die Grenzen in Europa<br />

wurde forciert. Zusammenschlüsse fanden<br />

tatsächlich statt. Auch österreichische<br />

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte<br />

nehmen an dieser Entwicklung bis<br />

hin zu der immer öfter genannten Globalisierung<br />

teil. Dass die Entwicklung an<br />

Geschwindigkeit zunimmt, ist offenkundig.<br />

Man gewinnt zunehmend den Eindruck,<br />

dass sich die Großen im Zusammenwachsen<br />

überbieten. Ob diese Entwicklung<br />

eine gesunde ist, mag dahingestellt<br />

bleiben – das Urteil sei der Zukunft<br />

überlassen.<br />

Diese rasante Entwicklung auf der einen<br />

Seite, getragen von der Hoffnung größer,<br />

stärker und erfolgreicher zu werden,<br />

ändert nichts daran, dass auf der anderen<br />

Seite Zukunfts-, ja Existenzängste aufgebaut<br />

und damit gegensätzliche Auffassungen<br />

immer deutlicher sichtbar werden.<br />

Kommt es tatsächlich zu einem Auseinanderdriften<br />

der Interessen innerhalb<br />

des Berufsstandes, wie ich es immer befürchtet<br />

habe? Bricht das Streben nach<br />

persönlichem Erfolg die so notwendige<br />

Solidarität? Denkbar ist dies, aber wohl<br />

nicht zu wünschen. Gerade wegen dieser<br />

aufgezeigten Entwicklung ist Ausgewogenheit<br />

im weiteren Fortschreiten<br />

Österreichisches<br />

A N W A L T S B L A T T<br />

des anwaltlichen Berufsrechtes erforderlich.<br />

Jedem Rechtsanwalt müssen, soweit<br />

dies möglich ist, gleiche Chancen gegeben<br />

sein, egal wie er plant, sich beruflich<br />

einzurichten und wie er dies kann<br />

und tut.<br />

So wie dies in solchen Situationen in der<br />

Vergangenheit stets war, wird es auch in<br />

diesem neuen und den folgenden Jahren<br />

sein. Wirtschaftlicher Erfolg und Misserfolg<br />

werden nebeneinander stehen, ja<br />

Erfolg wird oft zu Lasten anderer gehen<br />

und deren Aussichten beeinträchtigen.<br />

Gerade dann, wenn der Wettbewerb<br />

schärfer wird, und dies nicht nur innerhalb<br />

des Berufsstandes, sondern ganz<br />

allgemein, werden die Akzente härter<br />

gesetzt. Das zeigt die Beurteilung der<br />

freien Berufe im Markt von Außenstehenden,<br />

die nach mehr Wettbewerb<br />

rufen, um vermeintliche Hochpreisigkeit<br />

und Abschottung zu brechen. Wichtig ist<br />

es, die Zukunft zu sehen und entsprechend<br />

zu handeln. Der Blick in die<br />

Vergangenheit mag gute Erinnerungen<br />

wachrufen, sollte aber den Realitätssinn<br />

nicht trüben.<br />

In diesem Umfeld kommen in dem eben<br />

begonnenen Jahr auf die Rechtsanwaltschaft<br />

eine Reihe von Herausforderungen<br />

zu.<br />

Die Niederlassungsrichtlinie ist umzusetzen.<br />

Dabei geht es auch um die sogenannte<br />

interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />

und die Zusammenarbeit über die Grenzen<br />

der Mitgliedstaaten der Europäischen<br />

Gemeinschaft, aber auch darüber<br />

hinaus. Die Novellierung der sogenannten<br />

Geldwäscherichtlinie der Gemeinschaft<br />

wird Prüfstand für das Selbstver-<br />

6 2 . J a h r g a n g , J ä n n e r 2 0 0 0 , H e f t 1<br />

ständnis der Rechtsanwaltschaft sein.<br />

Es geht darum, das Recht auf Verschwiegenheit<br />

zu verteidigen gegen den<br />

Wunsch, ihm eine Pflicht zur Anzeige<br />

des Mandanten entgegenzusetzen.<br />

Neben diesen anwaltsspezifischen Vorhaben<br />

werden Rechtsanwältinnen und<br />

Rechtsanwälte zunehmend mit gemeinschaftsrechtlichen<br />

Regelungen konfrontiert<br />

werden. Es wird um die Erleichterung<br />

des Zuganges zum Recht innerhalb<br />

der Europäischen Gemeinschaft ebenso<br />

gehen, wie um Grundrechte des Bürgers.<br />

Ein Thema, dem sich Rechtsanwälte jedenfalls<br />

widmen müssen, um durch aktive<br />

Beteiligung ihre Bedeutung in der<br />

Gesellschaft sichtbar zu machen.<br />

In Österreich wird sich die Rechtsanwaltschaft<br />

neben den schon geführten Beratungen<br />

mit einer Novelle zum Außerstreitgesetz<br />

zu befassen und alles daran zu<br />

setzen haben, Positionen nicht zu verlieren.<br />

Darüber hinaus wird es um die Verwahrung<br />

von Urkunden gehen und damit<br />

um die Frage der Teilnahme an einem<br />

vom Notariat eingerichteten Urkundenregister<br />

oder die Schaffung eines eigenen.<br />

Die elektronische Signatur und der sogenannte<br />

E-Commerce werden Veränderungen<br />

mit sich bringen, die ein Umdenken,<br />

aber auch Investitionen erfordern werden.<br />

So gesehen gibt es eine stürmische,<br />

wenn auch hochinteressante Entwicklung<br />

in das nächste Jahrtausend hinein. Viele<br />

Weichen hiefür werden in diesem neuen<br />

Jahr gestellt werden müssen. Der Anwaltschaft<br />

ist zu wünschen, dass sie möglichst<br />

nahe an der Entwicklung bleibt und<br />

so wie dies bisher immer geschehen ist,<br />

den notwendigen Einsatz bringt.<br />

AnwBl AnwBl <strong>2000</strong>/1 <strong>2000</strong>/1 1 1

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