MünchnerUni.Magazin - Ludwig-Maximilians-Universität München
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<strong>MünchnerUni</strong>.<strong>Magazin</strong><br />
Zeitschrift der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>München</strong> #02/2002<br />
ESSAY<br />
PERSPEKTIVEN<br />
EINER NEUEN<br />
LERNKULTUR<br />
HIGHTECHCAMPUS LMU<br />
NEUES ZENTRUM<br />
FÜR HIRNFORSCHER<br />
STUDIUM<br />
GASTSPIEL<br />
DER LMU:<br />
„JEFF KOONS”<br />
IN AGADIR<br />
IM INTERVIEW<br />
PAPIER UND<br />
DI FABIO,<br />
MÜNCHNER<br />
RICHTER IN<br />
KARLSRUHE<br />
LMU
IMPRESSUM<br />
Herausgeber<br />
Rektorat der<br />
<strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> (LMU)<br />
<strong>München</strong><br />
Redaktion<br />
Kommunikation und Presse<br />
Cornelia Glees-zur Bonsen (gl)<br />
(Leitung)<br />
Ortrun Huber (oh)<br />
(stellv. Leitung)<br />
Karnik Gregorian (kg)<br />
Thomas Pinter (thp)<br />
(Online-Redakteur)<br />
Susanne Wedlich (suwe)<br />
Mitarbeit<br />
Manuela Baldauf (mb)<br />
Eva Kittel (ki)<br />
Geschwister-Scholl-Platz 1<br />
80539 <strong>München</strong><br />
fon: +49 (0) 89 2180-3423<br />
fax: +49 (0) 89 33 82 97<br />
mum@lrz.uni-muenchen.de<br />
www.lmu.de/presse<br />
Bildredaktion<br />
Angelica Fuss (af)<br />
Designkonzept und Layout<br />
HAAK & NAKAT<br />
www.haak-nakat.de<br />
Distribution<br />
Mathias Schiener<br />
Druck<br />
Color-Offset GmbH<br />
Geretsrieder Straße 10<br />
81379 <strong>München</strong>
EDITORIAL<br />
Vom 22. bis 26. April dieses Jahres<br />
hat die Fakultät für Geowissenschaften<br />
der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><br />
(LMU) <strong>München</strong><br />
eine Geo-Aktionswoche<br />
durchgeführt. Die Fakultät<br />
beteiligt sich auch maßgeblich<br />
an den Münchner Wissenschaftstagen<br />
„Lebendige Erde“<br />
vom 16. bis 20. Oktober 2002.<br />
Beide Veranstaltungen erfolgen<br />
im Rahmen des bundesweiten<br />
„Jahres der Geowissenschaften<br />
2002“, das den Dialog zwischen<br />
Wissenschaft und Öffentlichkeit<br />
intensivieren soll.<br />
Der Dialog zwischen Wissenschaft<br />
und Öffentlichkeit ist ein vorrangiges<br />
Ziel der Hochschulpolitik, das<br />
jedoch in dem Alltagsbetrieb der<br />
Lehre und Forschung an <strong>Universität</strong>en<br />
oft hinten an gestellt<br />
wird. Nicht zuletzt die LMU investiert<br />
jedoch seit ein paar Jahren<br />
verstärkt Ideen und Mittel in die<br />
publikumswirksame Stärkung des<br />
Verständnisses für die Chancen<br />
und Risiken der Forschung. Sie fördert<br />
damit auch die Einsicht in die<br />
Notwendigkeit einer breit angelegten<br />
Hochschullehre. Dies gilt in<br />
besonderem Maße für die kleineren<br />
Fachbereiche wie die Geowissenschaften,<br />
deren Fächer Gefahr laufen,<br />
hinter den Massenfächern ein<br />
Schattendasein zu führen. Wir sind<br />
daher froh, dass die Bundesministerin<br />
für Bildung und Forschung<br />
das Jahr 2002 zum „Jahr der Geowissenschaften“<br />
erklärt hat.<br />
Die Geowissenschaften sind in<br />
dem Spannungsfeld zwischen<br />
intensiver Nutzung unseres Planeten<br />
und dessen begrenzten Ressourcen<br />
angesiedelt. Dabei steht in<br />
zunehmendem Maße der Schutz<br />
unserer Umwelt bei weiter wachsender<br />
Weltbevölkerung im Vordergrund.<br />
Die sich hier ergebenden<br />
Fragestellungen reichen von den<br />
ökologischen Auswirkungen des<br />
globalen Klimawandels über die<br />
Nahrungs-, Wasser-, Rohstoffund<br />
Energieversorgung, die Vorsorge<br />
bezüglich natürlicher Katastrophen<br />
(Erdbeben, Vulkanausbrüche,<br />
Hochwasser etc.) bis hin<br />
zur Sanierung von bereits eingetretenen<br />
Umweltschäden.<br />
Zur Lösung dieser Fragen ist<br />
ein breites Methodenspektrum<br />
notwendig, das die quantitative<br />
Erfassung von Prozessen in allen<br />
Größenskalen vom Nano-Bereich<br />
bis zum planetaren Maßstab<br />
umfassen muss. Die zu betrachtenden<br />
Zusammenhänge werden<br />
mit zunehmender Wissensbasis<br />
immer komplexer und zunehmend<br />
für Vorhersagen von künftigen<br />
Entwicklungen genutzt.<br />
Die Fakultät für Geowissenschaften<br />
stellt sich mit ihren derzeitigen<br />
Studienrichtungen der<br />
Herausforderung die Erde als integriertes<br />
System zu betrachten.<br />
Durch die Gründung des Departments<br />
für Geo- und Umweltforschung<br />
und die Auflösung der bisherigen<br />
Institute wird auch nach<br />
außen deutlich, dass die Geowissenschaften<br />
der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><br />
eine Neuorientierung,<br />
weg von der Aufteilung in<br />
Disziplinen, hin zu einer integrierten<br />
Sichtweise, vorgenommen<br />
haben. Gerade die Geowissenschaften<br />
sind nicht durch Ländergrenzen<br />
in ihren Arbeitsgebieten<br />
einzuschränken. Schon heute sind<br />
enge Verbindungen mit Institutionen<br />
in aller Welt Alltag und viele<br />
Kooperationsprojekte sorgen für<br />
einen regen internationalen Austausch<br />
von Wissenschaftlern und<br />
Studenten. Es ist daher logisch,<br />
dass eine internationale Öffnung<br />
der Geowissenschaften auch eine<br />
Neuordnung der Studiengänge<br />
GEOWISSENSCHAFTEN<br />
AN DER LMU:<br />
DAS GANZE SYSTEM<br />
ERDE IM BLICK<br />
nach sich zieht. Ein gemeinsames<br />
naturwissenschaftlich ausgerichtetes<br />
Grundstudium wird ab 2003,<br />
unter Einbeziehung der Kapazitäten<br />
der Technischen <strong>Universität</strong><br />
<strong>München</strong>, die bisherigen Studiengänge<br />
Geologie/Paläontologie,<br />
Mineralogie/Kristallographie und<br />
Geophysik vereinen. Durch die<br />
Schaffung international anerkannter<br />
Bachelor- und Master-Abschlüsse<br />
wird die Attraktivität des<br />
Standortes <strong>München</strong> gestärkt.<br />
Auch der Bereich der Geographie<br />
steht vor einer Neuorientierung, da<br />
eine unabhängige Gutachterkommission<br />
die Konzentration der Geographie<br />
an der LMU unter Einbindung<br />
der Geographie der Technischen<br />
<strong>Universität</strong> empfohlen hat.<br />
Die Fakultät für Geowissenschaften<br />
der LMU bietet das gesamte<br />
Arbeitsspektrum der Geo-<br />
Foto: LMU<br />
wissenschaften auf qualitativ hohem<br />
Niveau. Zusammen mit der<br />
einzigartigen Vielzahl von geowissenschaftlich<br />
ausgerichteten<br />
Großforschungseinrichtungen und<br />
Landesbehörden versteht sich die<br />
Fakultät als Nukleus eines überregionalen<br />
Zentrums für Geo- und<br />
Umweltwissenschaften, angesiedelt<br />
in <strong>München</strong>. ■<br />
Professor Dr. Stefan Wohnlich<br />
Dekan der Fakultät für<br />
Geowissenschaften der LMU<br />
MUM 02/2002 EDITORIAL<br />
1
MUM 02/2002 NEWS<br />
2<br />
■ ZWEI STUDIERENDE DER LMU<br />
SCHREIBEN SPORTGESCHICHTE<br />
In unserer letzten Ausgabe berichteten<br />
wir über Studierende an der<br />
<strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong>,<br />
die neben dem Studium noch Spitzensport<br />
betreiben. Wie gut sich<br />
beides miteinander verbinden lässt,<br />
bewiesen Verena Bentele und Philipp<br />
Crone, die Sportgeschichte<br />
geschrieben haben.<br />
Verena Bentele, Skilangläuferin<br />
und Biathletin gewann im März bei<br />
den VIII. Paralympics in Salt Lake<br />
City vier Goldmedaillen. Die Psychologie-Studentin<br />
lief, nach den<br />
fünf Kilometern im klassischen Stil,<br />
zehn Kilometer Freistil und dem<br />
Biathlon-Rennen am Schlusstag<br />
der Spiele auch über 15 km Freistil<br />
ihren Konkurrentinnen davon und<br />
war damit bei vier Starts nicht zu<br />
schlagen gewesen. Damit ist die 20-<br />
L M U IN DEN MEDIEN<br />
jährige Studentin erfolgreichste<br />
deutsche Teilnehmerin der Paralympics<br />
in Salt Lake City. Mit Philipp<br />
Crone, Biologiestudent, stellte die<br />
LMU einen Spieler der Deutschen<br />
Hockey-Nationalmannschaft, die<br />
bei der Weltmeisterschaft in Malaysia<br />
im März zum ersten Mal den<br />
Titel errungen hat. ■ kg<br />
1 Verena Bentele<br />
DIE WURZELN DER WEIßEN ROSE<br />
„Die Erinnerung an die Scholls und die ,Weiße Rose’ ist lebendig und<br />
ein fester Bestandteil des deutschen Geschichtsbildes. (...)<br />
Erstaunlicherweise hat sich bisher kein Historiker an eine<br />
Gesamtdarstellung des Themas gewagt. Ein junger Wissenschaftler<br />
(...) will diese Forschungslücke nun schließen. Der 28jährige<br />
Sönke Zankel schreibt seine Doktorarbeit über die ,Weiße<br />
Rose’. (...) Für seine Promotion ist Sönke Zankel (...) eigens aus<br />
Bremen nach <strong>München</strong> gezogen. Nur an der LMU könne er diese<br />
Arbeit schreiben - am historischen Ort.“<br />
3 Süddeutsche Zeitung, 28.02.02<br />
JENSEITS DER STILLE<br />
„Ariane-Christine ist eigentlich von Geburt an gehörlos. Im Alter von<br />
18 Monaten wurde ihr im Ohr ein Cochlea-Implantat eingesetzt,<br />
dank dieser technischen Errungenschaft kann sie heute auf<br />
einem Ohr ganz normal hören und wie jedes andere Kind sprechen.<br />
Die Möglichkeit, Gehörlosen so erfolgreich helfen zu können,<br />
ist ein ,Wunder, das wir uns vor 50 Jahren noch nicht hätten<br />
vorstellen können’ meint Prof. Katrin Schorn, Leiterin der klinischen<br />
und experimentellen Audiologie und Pädaudiologie an der<br />
Hals-Nasen-Ohren-Klinik der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><br />
in Großhadern. Dort und am Klinikum Rechts der Isar (...) wird<br />
das Gerät seit 15 Jahren erfolgreich verpflanzt.“<br />
3 Münchner Merkur, 21.03.02<br />
PROFESSUR FÜR ISLAMISCHE KUNST AN DER LMU<br />
„Als erste Hochschule in Deutschland hat die Münchner <strong>Ludwig</strong>-<br />
<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> (LMU) eine Professur für islamische<br />
Kunst eingerichtet. (...) Damit werde die Geschichte der islamischen<br />
Kunst konsequent im Rahmen der Allgemeinen Kunstgeschichte<br />
gelehrt. Gelehrt wird das neue Fach seit Beginn des<br />
Sommersemesters von Avinoam Shalem. Der 1959 in Haifa als<br />
Sohn einer irakischen Familie geborene Kunstwissenschaftler<br />
studierte in Tel Aviv und <strong>München</strong>, wo er auch promovierte.“<br />
3 Süddeutsche Zeitung, 23.04.2002<br />
Foto: Maria Dorner<br />
■ NEUE BAVARISTISCHE<br />
RINGVORLESUNG<br />
Unter dem Titel „Schauplätze der<br />
Geschichte in Bayern“ ist die Bavaristische<br />
Ringvorlesung der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><br />
in eine<br />
neue Runde gestartet.<br />
Im Sommersemester 2002 geht<br />
es um die Schauplätze der<br />
Geschichte in ganz Bayern quer<br />
durch die Jahrhunderte: die Entscheidungsschlacht<br />
gegen die<br />
Ungarn im Jahre 955 auf dem Lechfeld,<br />
Memmingen mit seinem Bauernaufstand<br />
im Zunfthaus 1525<br />
und die Hochzeit Kaiser Friedrich<br />
Barbarossas mit Beatrix von Burgund<br />
in Würzburg, der Marsch auf<br />
die Feldherrnhalle in <strong>München</strong><br />
1923 und Neuschwanstein als<br />
Traum und Ende <strong>Ludwig</strong>s II. Die Vorträge,<br />
die vom Bavaristischen<br />
Arbeitskreis beim Institut für<br />
Bayerische Geschichte an der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong>veranstaltet<br />
werden, finden jeweils am<br />
Mittwoch um 19 Uhr im Hörsaal<br />
101 des Uni-Hauptgebäudes am<br />
Geschwister-Scholl-Platz statt. Das<br />
Programm und weitere Informationen<br />
sind im Internet zu finden<br />
unter: www.lmu.de/presse. ■ gl<br />
1 Neues für Bayern-Fans<br />
INTERVIEW MIT BERND HUBER, DESIGNIERTER LMU-REKTOR<br />
„FAS: Ein Volkswirt an der Spitze: Da fürchten einige um die Orchideenfächer.<br />
Haben Institute wie das für Assyriologie (...) noch<br />
eine Zukunft? Huber: Diese Fächer zählen zur Tradition und zum<br />
Profil unserer <strong>Universität</strong>. (...) FAS: Wenn wir sie richtig verstanden<br />
haben, wollen Sie allen wohl und niemandem wehe. Können<br />
Sie so Ihr Ziel erreichen? Huber: Die <strong>Universität</strong> ist nicht primär<br />
eine Sparveranstaltung. In den nächsten Jahren sollten wir uns<br />
an einem Zukunftskonzept orientieren, in dem festgelegt ist, was<br />
an Mitteln und Ressourcen zur Verfügung steht. (...) Es ist aber<br />
noch zu früh zu sagen, wo wir sparen müssen. (...) Die LMU steht<br />
vor einem Generationenwechsel. (...) Allein deswegen wird dann<br />
die <strong>Universität</strong> anders aussehen als heute.“<br />
3 Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 17.03.2002<br />
ZEIT-SERIE:<br />
DIE NEUE ELITE (5) - DER ERFOLGSWIRT<br />
„Der Schmidt. Vorname: Klaus. Beruf: Professor an der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-Universiät<br />
<strong>München</strong>. Alter 40. Das Alter ist wichtig, denn<br />
Klaus Schmidt ist Ökonom und der Verein für Socialpolitik, hierzulande<br />
der bedeutendste Ökonomen-Verband, vergibt jedes<br />
Jahr einen Preis an einen deutschsprachigen Wirtschaftswissenschaftler<br />
bis 45 Jahre, dessen Arbeit international für Aufsehen<br />
sorgt, man könnte auch sagen: an den besten jungen Ökonomen.<br />
Vergangenes Jahr hat Klaus Schmidt den Preis bekommen.”<br />
3 Die ZEIT, 21.03.02<br />
JETZT KEIN GRUND ALARM ZU SCHLAGEN<br />
„BSE-Experte Hans Kretzschmar von der <strong>Universität</strong> <strong>München</strong> rät zur<br />
Gelassenheit. Focus: Versuche an Mäusen lassen befürchten,<br />
dass der BSE-Erreger auch Muskelfleisch befallen kann. Ein<br />
Grund zur Sorge? Kretzschmar: (...) Zwischen Mäusen und Rindfleisch<br />
bestehen große Unterschiede. Man muss (...) wissen, dass<br />
die Übertragung über die Nahrung weit weniger effektiv ist als<br />
jene direkt in das Gehirn.“<br />
3 FOCUS, 25.03.02<br />
Foto: LMU
Foto: Maria Dorner / Gestaltung: Haak & Nakat<br />
Foto: Max-Planck-Gesellschaft<br />
Foto: LMU<br />
4<br />
11<br />
PROFILE<br />
AM COMPUTER<br />
LESEN LERNEN:<br />
LMU-FORSCHER HILFT<br />
LEGASTHENIKERN<br />
28<br />
HIGHTECHCAMPUS LMU<br />
NEUES ZENTRUM<br />
FÜR HIRNFORSCHER<br />
PROFILE<br />
ICONIC TURN -<br />
FELIX BURDA<br />
MEMORIAL LECTURES<br />
AN DER LMU<br />
14<br />
LMU-OFFICE<br />
MITARBEITER-<br />
BEFRAGUNG:<br />
KREUZELN<br />
FÜR DEN JOB<br />
Foto: Haak & Nakat<br />
MUM 02/2002<br />
■ NEWS<br />
2 LMU IN DEN MEDIEN<br />
■ TITEL<br />
4 PRIONEN IM PROFIL<br />
Neues Forschungszentrum für Bayern an der LMU<br />
7 „ES GIBT KEINE HEILUNG, ABER THERAPIE IST MÖGLICH“<br />
Ein Gespräch mit Hans-Jürgen Freter,<br />
Mitarbeiter der Deutschen Alzheimer Gesellschaft<br />
■ PROFILE<br />
10 IM MITTELPUNKT: DIE ERDE<br />
Erfolgreiche Aktionswoche zum Jahr der Geowissenschaften<br />
11 ICONIC TURN - DAS NEUE BILD DER WELT<br />
Felix Burda Memorial Lectures an der LMU<br />
12 PERSPEKTIVEN NACH PISA<br />
Erziehungswissenschaftler dikutieren an der LMU<br />
13 FORSCHEN UND FEIERN<br />
40 Jahre an der LMU: Das Institut für Chirurgische Forschung<br />
THERAPIE ODER STRAFE?<br />
Internationaler Kongress an der LMU zur Forensischen Psychiatrie<br />
14 AM COMPUTER LESEN LERNEN<br />
LMU-Wissenschaftler entwickelt Lernprogramm für Legastheniker<br />
15 ODEON - VIERFACH PREISGEKRÖNT<br />
CYBER LAW: DAS RECHTSSYSTEM IM IT-ZEITALTER<br />
16 MEHR SERVICE, MEHR PLATZ<br />
Neuer Bücherturm für Theologen und Philosophen<br />
■ KUNSTSCHÄTZE<br />
17 KUNSTTHERAPIE AM KLINIKUM GROßHADERN<br />
■ STUDIUM<br />
18 Business Wettbewerb<br />
MIT FÜNF EURO SIND SIE DABEI<br />
19 TAMBOSI TEXTE<br />
MANUSKRIPTUM liest im Café übers Café<br />
20 STUDIEREN OHNE HINDERNISSE<br />
„JEFF KOONS” IN AGADIR<br />
■ PERSONEN & POSITIONEN<br />
21 NEUBERUFEN, PREISE & EHRUNGEN<br />
24 ZWEI MÜNCHNER IN KARLSRUHE<br />
Die LMU-Juristen Papier und Di Fabio im Interview<br />
■ ESSAY<br />
26 LERNORT LABOR<br />
Von Diplom-Psychologe Michael Ley, <strong>Universität</strong> Bonn<br />
■ LMU-OFFICE<br />
28 KREUZELN FÜR DEN JOB<br />
Mitarbeiterbefragung an der LMU<br />
29 ZEIT LÄUFT FÜR NACHWUCHSWISSENSCHAFTLER<br />
LMU-BROSCHÜREN IM NEUEN LAYOUT<br />
30 MÜNCHEN ÜBERGIBT AN WÜRZBURG<br />
Wechsel an der Spitze der Bayerischen Uni-Kanzler<br />
■ SERVICE<br />
■ IMPRESSUM (UMSCHLAG)<br />
MUM 02/2002 INHALT<br />
3
MUM 02/2002 TITEL<br />
4<br />
Foto: Maria Dorner / Gestaltung: Haak & Nakat<br />
PRIONEN IM PROFIL<br />
NEUES FORSCHUNGSZENTRUM<br />
FÜR BAYERN AN DER LMU<br />
Alzheimer, Parkinson, Creuztfeldt-Jakob-Krankheit und BSE –<br />
die Begriffe haben an Schrecken nicht verloren. Prionforscher<br />
und Neuropathologen beschäftigen sich weltweit mit diesen<br />
verwandten Formen von Hirnerkrankungen bei Mensch und<br />
Tier. In Bayern werden sich die Bedingungen für diese<br />
Forschung bald deutlich verbessern: mit dem neuen Zentrum<br />
für Prionforschung und Neuropathologie (ZPN).
1 Blick durchs Dach: Mit seiner<br />
High-Tech-Ausstattung ist das<br />
Prionforschungszentrum auch für<br />
ausländische Forscher attraktiv.<br />
Die Bauarbeiten sind angelaufen,<br />
bereits Ende 2003 soll das ZPN<br />
den Betrieb aufnehmen. Wissenschaftsminister<br />
Hans Zehetmair<br />
zeigte sich sehr zufrieden über<br />
den Terminplan, als er Mitte April<br />
den symoblischen ersten Spatenstich<br />
setzte, gemeinsam mit<br />
Staatsekretärin Erika Görlitz aus<br />
dem Verbraucherschutzministerium<br />
und LMU-Rektor Professor<br />
Andreas Heldrich. Das ZPN ist ein<br />
Schritt nach vorn für die biomedizinische<br />
Forschung im gesamten<br />
Freistaat. Die Einrichtung<br />
steht allen bayerischen <strong>Universität</strong>en<br />
und wissenschaftlichen<br />
Einrichtungen für eigens evaluierte<br />
Projekte offen.<br />
Minister Zehetmair betont vor allem<br />
die Synergieeffekte, die mit dem<br />
Neubau verbunden sein werden:<br />
„Diese Lösung ermöglicht es, die<br />
Ressourcen und das Fachwissen des<br />
Instituts für Neuropathologie der<br />
LMU unmittelbar in das neue<br />
Prionzentrum einzubringen.“ Denn<br />
das ZNP wird als Einrichtung der<br />
<strong>Universität</strong> <strong>München</strong> in den Bayerischen<br />
Forschungsverbund Prionen<br />
(FORPRION) und in die bundesweite<br />
Forschungsplattform für Transmissible<br />
Spongiforme Enzephalopathien,<br />
kurz TSE, eingebunden<br />
sein. Auch für ausländische Spitzenforscher<br />
dürfte das neue 19,5<br />
Millionen Euro-Projekt nach Mei-<br />
nung der Fachleute sehr attraktiv<br />
sein. Denn hier finden sie ein spezielles<br />
Sicherheitslabor und die geeignete<br />
Ausstattung, um ihre Versuchstiere<br />
unterbringen zu können.<br />
SERVICEBETRIEB FÜR<br />
GANZ DEUTSCHLAND<br />
Die Hochschulleitung der LMU sieht<br />
den Neubau, der in unmittelbarer<br />
Nachbarschaft zu den naturwissenschaftlich-medizinischenEinrichtungen<br />
des HighTechCampusLMU im<br />
Münchner Stadtteil Großhadern<br />
liegt, als Servicebetrieb für ganz<br />
Bayern und darüber hinaus: „Der<br />
Bauplatz, auf dem das Zentrum<br />
errichtet wird, ist unser Beitrag zu<br />
einem multifunktionalen Forschungsgebäude.<br />
Hier soll der Ort<br />
sein für innovative, wechselnde Forschungsprojekte<br />
– je nach Bedarf“,<br />
erklärt Rektor Heldrich. Das ZNP ist<br />
also auf Zukunft angelegt. Neben<br />
der Prionforschung und der Neuropathologie<br />
hat das bayerische Wissenschaftsministerium<br />
hier bereits<br />
eine breiter angelegte biomedizinische<br />
Grundlagenforschung im Blick.<br />
Für den künftigen Geschäftsführenden<br />
Direktor des ZNP und<br />
Chef des Instituts für Neuropathologie<br />
der LMU, Professor Hans<br />
Kretzschmar, bringt der Standort<br />
<strong>München</strong> bereits heute einen<br />
beachtlichen Gewinn an wissenschaftlicher<br />
Kompetenz: „Eines der<br />
wichtigsten Zentren der Prionfor- 3<br />
Foto: Maria Dorner<br />
MUM 02/2002 TITEL<br />
5
MUM 02/2002 TITEL<br />
6<br />
+++ 1982: Der amerikanische<br />
Forscher Stanley Prusiner<br />
prägt als Erster den<br />
Begriff Prion. Das Wort steht<br />
für die Abkürzung „Proteinaceous<br />
infectious particle“,<br />
zu Deutsch: „eiweißartige<br />
ansteckende Teilchen“.<br />
+++ In seiner Hypothese<br />
geht Prusiner davon aus, dass<br />
die Ursache für schwammartige<br />
Erkrankungen des Gehirns<br />
– beim Rind BSE, beim Mensch<br />
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit<br />
genannt – ein infektiöses<br />
Eiweiß ist. +++ Er geht<br />
damit von einem völlig neuartigen<br />
biologischen Prinzip aus.<br />
Der letzte Beweis für diese<br />
Hypothese aber fehlt.<br />
+++ 1986: Erste Fälle<br />
von BSE, einer bislang unbekannten<br />
Rinderkrankheit, werden<br />
in britischen Herden entdeckt.<br />
+++ Zwei Jahre später<br />
führen epidemiologische<br />
Studien zu der Hypothese,<br />
dass es einen möglichen<br />
Zusammenhang zwischen der<br />
Verfütterung von Tiermehl<br />
und dem Ausbruch der BSE<br />
gibt. Tiermehl als Futter für<br />
Wiederkäuer wird daraufhin in<br />
Großbritannien verboten.<br />
+++ 1996: Zehn Fälle<br />
einer bislang unbekannten<br />
Variante der Creuzfeldt-<br />
Jakob-Krankheit werden in<br />
Großbritannien veröffentlicht.<br />
Es gibt keine wahrscheinlichere<br />
Erklärung als der Übertritt<br />
des Erregers vom Rind zum<br />
Menschen. +++ Fünf Jahre<br />
später müssen per Gesetz<br />
innerhalb der EU alle<br />
Schlachtrinder, die älter als 30<br />
Monate sind, auf BSE getestet<br />
werden.<br />
+++ 2002: Ein infektiöser<br />
Fund in den Hinterbeinen<br />
von Mäusen überrascht BSE-<br />
Forscher weltweit. Amerikanische<br />
Wissenschaftler haben<br />
krankhafte Prionen, die in das<br />
Gehirn der Mäuse injiziert<br />
wurden, in den Muskeln der<br />
Nager entdeckt. +++ Bis zu<br />
diesem Zeitpunkt ging man<br />
davon aus, dass sich Prionen<br />
nur im Nerven- und Hirngewebe<br />
von Rindern sammeln. In<br />
Tests wird bis dato nur Risikomaterial<br />
– Gewebe aus Gehirn<br />
und Rückenmark – untersucht.<br />
+++<br />
3<br />
schung und ein wesentlicher Teil der<br />
Forschungsorganisation wird hier<br />
lokalisiert sein“, versichert Kretzschmar,<br />
der auch Leiter des Referenzzentrums<br />
für Prionerkrankungen<br />
und Neurodegenerative Krankheiten<br />
und der CJK-Surveillance<br />
Deutschland ist.<br />
Diese Forschungsarbeit hat Tradition.<br />
Nicht erst seit im November<br />
2000 das erste Rind in Schleswig-<br />
Holstein BSE-positiv getestet wurde,<br />
suchen deutsche Wissenschaftler<br />
nach den Ursachen, nach Verbreitungswegen<br />
und Heilungschancen<br />
von TSE. Die durch infektiöse<br />
Eiweißablagerungen ausgelöste<br />
schwammartige Veränderung des<br />
Hirns äußert sich bei Rindern in<br />
Form von BSE, beim Menschen als<br />
Creuzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK).<br />
Schon in den 20er Jahren beschrieben<br />
die Mediziner Hans Gerhard<br />
Creutzfeldt und Alfons Jakob erstmals<br />
und unabhängig voneinander<br />
dieses Leiden.<br />
Doch mit der deutschen „BSE-<br />
Krise“ erfuhr diese Forschungsrichtung<br />
einen ganz neuen Aufschwung:<br />
Anfang des Jahres<br />
2001 gründete der Freistaat<br />
Bayern FORPRION.<br />
Ziel des Forschungsverbunds<br />
ist sowohl die einschlägigeGrundlagenforschung,<br />
als auch die Suche<br />
nach Diagnosemöglichkeiten und<br />
Therapien für TSE. Dies lässt sich der<br />
Freistaat zehn Millionen Euro kosten<br />
– zunächst auf zwei Jahre befristet.<br />
Insgesamt umfasst der Verbund<br />
derzeit 33 Projekte, angesiedelt an<br />
sechs bayerischen <strong>Universität</strong>en<br />
(<strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><br />
<strong>München</strong>, Technische <strong>Universität</strong><br />
<strong>München</strong> sowie den <strong>Universität</strong>en<br />
Nürnberg-Erlangen, Würzburg,<br />
Bayreuth und Regensburg) und am<br />
Max-Planck-Institut in Martinsried.<br />
Vom Bund fließen zur Zeit jährlich<br />
13,8 Millionen Euro in etwa 60 bis<br />
70 Arbeitsgruppen, der Großteil der<br />
Gelder stammt aus dem Bundesforschungsministerium.<br />
Auf Landesebene<br />
hat die LMU im wissenschaftlichen<br />
Wettbewerb die Nase<br />
vorn: Hier fördert die Staatsregierung<br />
immerhin 17 der 33 einschlägigen<br />
Forschungsvorhaben und<br />
zwar aus den Bereichen Biochemie,<br />
Molekularbiologie, Physik, Chemie,<br />
VON MÄUSEN UND<br />
MENSCHEN: EIN GANZES<br />
STOCKWERK IST DEN<br />
NAGERN VORBEHALTEN.<br />
Medizin und Veterinärmedizin. Die<br />
Projektleiter stehen in engem wissenschaftlichem<br />
Austausch mit den<br />
in ganz Deutschland arbeitenden<br />
Gruppen.<br />
Während also viele Forschungsvorhaben<br />
definiert sind und auch<br />
finanzielle Mittel zur Verfügung stehen,<br />
bedarf es noch der geeigneten<br />
Räumlichkeiten. „Momentan gibt es<br />
in Bayern keine befriedigende Infrastruktur,<br />
um im ausreichenden<br />
Maße Infektionsversuche beispielsweise<br />
an Mäusen durchzuführen“,<br />
erklärt Dr. Rosi Lederer, Geschäftsführerin<br />
des Bayerischen Forschungsverbunds<br />
Prionen, die Notwendigkeit<br />
des neuen Zentrums. Ein<br />
Problem, das bald weitgehend<br />
gelöst sein wird. Der vierstöckige<br />
Neubau an der Feodor-Lynen-<br />
Straße soll auf einer Nutzfläche von<br />
rund 2600 Quadratmetern nicht nur<br />
■ DER BAYERISCHE<br />
FORSCHUNGSVERBUND FORPRION<br />
Anfang 2001 wurde der Bayerischen Forschungsverbund Prionen<br />
(FORPRION) gegründet. Der Verbund soll Grundlagenforschung<br />
betreiben, aber auch nach Diagnosemöglichkeiten und Therapien<br />
für TSE suchen. Der Freistaat fördert FORPRION zunächst für zwei<br />
Jahre mit 10 Millionen Euro. Insgesamt umfasst der Verbund derzeit<br />
33 Projekte, die an sechs bayerischen <strong>Universität</strong>en und am Max-<br />
Planck-Institut in Martinsried angesiedelt sind.<br />
ZAHL DER FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
(Stand: 05.04.2002)<br />
<strong>Universität</strong> Bayreuth 1<br />
<strong>Universität</strong> Würzburg 4<br />
<strong>Universität</strong> Nürnberg-Erlangen 4<br />
<strong>Universität</strong> Regensburg 1<br />
<strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>München</strong> 17<br />
Technische <strong>Universität</strong> <strong>München</strong> 5<br />
Max-Planck-Institut in Martinsried 1<br />
Grafik: Haak & Nakat
Foto: Deutsche Alzheimer Gesellschaft<br />
das Institut für Neuropathologie,<br />
sondern auch das neue Prionforschungszentrum<br />
aufnehmen.<br />
DEN INFEKTIONEN<br />
AUF DER SPUR<br />
Das oberste Stockwerk des ZPN ist<br />
den Mäusen vorbehalten - allerdings<br />
ohne Aussicht auf die Einrichtungen<br />
der LMU. Denn das<br />
Stockwerk ist fensterlos, weil die<br />
transgenen Mäuse kein Tageslicht<br />
vertragen. Mit ihrer Hilfe hoffen die<br />
Wissenschaftler, die Rätsel vieler<br />
Hirnerkrankungen zu lösen. Die<br />
kleinen Nager sind für die Prionforschung<br />
unentbehrlich. Denn bei<br />
ihnen ist die Inkubationszeit für BSE<br />
mit 200 Tagen deutlich kürzer als bei<br />
Rindern, die erst nach Jahren<br />
erkranken. An den Mäusen lässt<br />
sich daher der Krankheitsverlaufs<br />
wesentlich besser beobachten.<br />
Das neue Zentrum für Prionforschung<br />
und Neuropathologie an<br />
der LMU wird auch für Forschungsaktivitäten<br />
zu neurodegenerativen<br />
Erkrankungen wie Alzheimer<br />
und Parkinson offen stehen.<br />
Derzeit kann noch keines der<br />
beiden Leiden geheilt werden.<br />
Doch die weltweit intensive Forschung<br />
schreitet voran – und die<br />
Erwartungen bei Betroffenen und<br />
Fachleuten sind hoch. MUM<br />
sprach mit Hans-Jürgen Freter,<br />
Mitarbeiter der Deutschen Alzheimer<br />
Gesellschaft, die Erkrankten,<br />
ihren Angehörigen und Fachpersonal<br />
Rat und Hilfe bietet<br />
(www.deutsche-alzheimer.de).<br />
MUM: In welchem Bereich ist in<br />
Zukunft am ehesten ein Durchbruch in<br />
der Alzheimer-Forschung zu erwarten<br />
– in der Diagnose oder der Therapie?<br />
Da Tiere als ursprüngliche<br />
Träger der infektiösen Prionen<br />
gelten, gebührt ihnen in der Forschung<br />
ein besonderes Augenmerk.<br />
Doch der Zusammenhang<br />
zur Hirnforschung beim Menschen<br />
ist eng. Unter dem Motto „Brain<br />
Science“ diskutierten Wissenschaftler<br />
kürzlich auf der Jahrestagung<br />
des TierschutzInformationsZentrums<br />
für die Biomedizinische Forschung<br />
(TIZ-BIFO) an der LMU über<br />
den aktuellen Stand der Hirnforschung<br />
in der Human- und Veterinärmedizin.<br />
Mit Blick auf den Tierschutz<br />
drehte sich die Diskussion 3 Spuren-<br />
auch um den Sinn sowie die Bedinsuche: Auch<br />
gungen der Forschung an und mit Alzheimer<br />
Versuchstieren. Hier berichteten der und Parkinson<br />
Neuropathologe Kretzschmar und werden im ZPN<br />
der Molekularbiologe und Alzhei- erforscht.<br />
mer-Experte Professor Christian<br />
Haass über ihre Studien zu neuro- 3 TITEL ES GIBT KEINE HEILUNG,<br />
ABER THERAPIE IST MÖGLICH<br />
EIN GESPRÄCH MIT HANS-JÜRGEN FRETER,<br />
MITARBEITER DER DEUTSCHEN ALZHEIMER GESELLSCHAFT<br />
Freter: Wir erhoffen uns auf allen<br />
Gebieten neue Ergebnisse. Es gibt<br />
beispielsweise immer noch keine<br />
einfache und unkomplizierte Möglichkeit,<br />
eine Alzheimer-Erkrankung<br />
früh zu diagnostizieren. Das würde<br />
aber auch nur dann Sinn machen,<br />
wenn eine Therapie zur Verfügung<br />
steht. Denn sonst gibt es vielleicht<br />
den 40-Jährigen, der erfährt, dass er<br />
irgendwann an Alzheimer erkranken<br />
wird – obwohl weder die Diagnose<br />
noch das Alter, in dem die Krankheit<br />
tatsächlich auftritt, sicher sind.<br />
MUM: Vor kurzem wurde gemeldet,<br />
dass in den USA ein Bluttest entwickelt<br />
wurde, der bei lebenden<br />
Mäusen eine Alzheimer-Erkrankung<br />
nachweisen kann, was bei Menschen<br />
bislang nicht möglich ist. Was<br />
ist davon zu halten?<br />
Freter: Ähnliche Erfolgsmeldungen<br />
werden öfter durch die Presse ver-<br />
breitet. Oft hört man dann aber nie<br />
wieder davon. Es stellt sich dann<br />
doch die Frage, ob das nur Propaganda<br />
für ein Forschungsinstitut<br />
oder ein für erkrankte Menschen<br />
wirklich interessantes Ergebnis ist.<br />
MUM: Wird die Diagnose Alzheimer<br />
bislang nur über Symptome wie Vergesslichkeit<br />
und Konzentrationsstörungen<br />
gestellt?<br />
Freter: Die einzelnen Symptome<br />
werden zunächst genau festgestellt,<br />
dann andere Erkrankungen<br />
ausgeschlossen. Mittlerweile<br />
werden auch bildgebende Verfahren<br />
eingesetzt, die beispielsweise<br />
Plaques im Gehirn sichtbar<br />
machen können. Allerdings hat<br />
nicht jeder Alzheimer-Patient Plaques,<br />
und nicht jeder mit Plaques<br />
hat Alzheimer.<br />
MUM: Welche Behandlungsmöglichkeiten<br />
haben Patienten und was kön-<br />
nen Angehörige tun, wenn die Diagnose<br />
„Alzheimer“ lautet?<br />
Freter: Oft wird gesagt, es gäbe keine<br />
Therapiemöglichkeiten. Richtig<br />
ist, dass eine Heilung nicht möglich<br />
ist. Dennoch kann sehr viel für Alzheimer-Kranke<br />
getan werden. Es<br />
gibt Medikamente, die den Verlauf<br />
der Krankheit verzögern können.<br />
Außerdem ist es wichtig, dem Patienten<br />
Orientierung, Stabilität und<br />
geistige Anregung zu geben. Wichtig<br />
ist es auch, für körperliches<br />
Wohlbefinden und emotionale<br />
Zuwendung zu sorgen. ■<br />
Interview:<br />
Susanne Wedlich<br />
Foto: Maria Dorner<br />
Foto: LMU<br />
7<br />
MUM 02/2002
MUM 02/2002 TITEL<br />
8<br />
Grafiken: Dr Ralph Zahn, ETH Zürich<br />
1 Oben: Ein fehlgefaltetes<br />
Prion-Protein lagert sich ab und<br />
führt zu Prionerkrankungen.<br />
Unten: Ungefährlich ist das<br />
normale zelluläre Prion-Protein.<br />
3<br />
logischen Erkrankungen bei<br />
Mensch und Tier. „Die sichere Diagnose<br />
der Prionkrankheiten ist derzeit<br />
nur durch die biochemische<br />
oder histopathologische Untersuchung<br />
des Gehirns möglich“, betont<br />
Kretzschmar. TSE-Krankheiten können<br />
also nur durch die Untersuchung<br />
von Nervenzellen nach dem<br />
Tod des infizierten Lebewesens<br />
nachgewiesen werden. Testverfahren,<br />
die beim lebenden Menschen<br />
oder Tier eingesetzt werden können,<br />
existieren derzeit noch nicht.<br />
Auch bei der Erforschung der Alzheimer<br />
und Parkinson Krankheit<br />
befriedigen einfache Zellkulturmodelle<br />
nicht die Bedürfnisse der Wissenschaftler.<br />
„Diese Modelle sind für ein<br />
funktionelles Verständnis im Organismus<br />
nicht ausreichend und darüber<br />
hinaus untauglich, um neue Medikamente<br />
auf ihre protektive Wirkung zu<br />
BSE<br />
Bovine Spongiforme Enzephalopathie,<br />
„schwammförmige“ Hirnerkrankung<br />
beim Rind, landläufig<br />
„Rinderwahnsinn“ genannt, wurde<br />
1985 erstmals in Großbritannien<br />
festgestellt<br />
BSE-SCHNELLTEST<br />
Innerhalb der Europäischen Union<br />
stehen drei Schnelltests zum<br />
Nachweis von BSE zur Verfügung.<br />
In Deutschland sind zwei davon<br />
bislang zugelassen. Diese Tests<br />
sind allerdings vor dem Internationalen<br />
Tierseuchenamt (OIE)<br />
nicht ausreichend. Nach dem OIE<br />
sind folgende Diagnosemethoden<br />
zum Nachweis von BSE einzusetzen:<br />
Western Blot (nach vorheriger<br />
Aufreinigung entsprechend<br />
OIE Vorgaben), immunhistochemische<br />
Untersuchung histologischer<br />
Hirnpräparate, histopathologische<br />
Untersuchung oder<br />
die elektronenmikroskopische<br />
Darstellung Scrapie-assoziierter<br />
Fibrillen.<br />
CJD/CJK<br />
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit,<br />
„schwammförmige“ Hirnerkrankung<br />
beim Menschen, wurde<br />
1920/21 erstmals von den beiden<br />
deutschen Medizinern Creutzfeldt<br />
und Jakob beschrieben.<br />
testen“, erklärt Professor Haass. Forschungen<br />
mit einer transgenen Maus<br />
jedoch ermöglichten es im Falle der<br />
Parkinsonerkrankung, beispielsweise<br />
pathologische Vorgänge nahezu exakt<br />
zu rekapitulieren. Auf diese Weise<br />
könnten nicht nur die Wirkmechanismen<br />
der Erkrankung im Gehirn untersucht,<br />
sondern gleichzeitig auch<br />
potenzielle Medikamente getestet<br />
werden, betonte der Hirnforscher.<br />
PRIONFORSCHUNG – EIN GLOSSAR<br />
DIAGNOSE<br />
Das verbindliche Feststellen einer<br />
bestimmten Erkrankung. Bei den<br />
TSE ist eine definitive Diagnose nur<br />
durch die Gewebeuntersuchung<br />
des Gehirns möglich.<br />
VCJD<br />
Neue Variante der Creutzfeldt-<br />
Jakob-Krankheit, die nach heutigem<br />
Wissensstand durch den BSE-<br />
Erreger verursacht wird.<br />
PRION<br />
Proteinaceous infectious particle.<br />
Prionen gelten weithin als Erreger<br />
der TSE. Im Sinne der letztlich noch<br />
nicht bewiesenen Prion-Hypothese<br />
bestehen die Erreger in erster<br />
Linie aus der (krankmachenden)<br />
Scrapie-Form des Prion-Proteins<br />
(PrPSc).<br />
PRION-HYPOTHESE<br />
Nach dieser Hypothese ist der Erreger<br />
ein „proteinartiges infektiöses<br />
Partikel“, das Prion. Prionen sind<br />
Erreger, die vorwiegend aus Protein<br />
bestehen. Obwohl die Prion-Hypothese<br />
noch nicht bewiesen ist, sieht<br />
die Mehrheit der Forscher/innen die<br />
Prion-Hypothese als Basis ihrer Forschung.<br />
SCRAPIE<br />
TSE der Schafe, selten Ziegen,<br />
deutsch Traberkrankheit. Sie ist seit<br />
ca. 200 Jahren bekannt und kommt<br />
Foto: Maria Dorner<br />
Da neurodegenerative Erkrankungen<br />
wie Alzheimer oder Parkinson<br />
ihre Ursache ebenso wie BSE in<br />
einer Veränderung von Eiweißen im<br />
Gehirn haben, werden auch Forschungen<br />
zu diesen Leiden am<br />
neuen Prionzentrum angesiedelt<br />
sein. „Die Pathogenese dieser<br />
Erkrankungen basiert auf ähnlichen<br />
Mechanismen“, erklärt FOR-<br />
PRION-Geschäftsführerin Dr. Lederer.<br />
„Warum lagern sich Eiweiße im<br />
Gehirn ab? Warum sterben Nervenzellen<br />
aufgrund dieser Ablagerungen?<br />
Das sind Probleme, die beide<br />
Forschungsrichtungen betreffen.“<br />
Viel Arbeit auch für eine interdisziplinäreNachwuchsforschergruppe,<br />
die langfristig am neuen<br />
Prionforschungszentrum etabliert<br />
werden soll. ■ Ortrun Huber<br />
7 ZPN-Labors in Stahl und Glas.<br />
häufig in Großbritannien vor. Eine<br />
Übertragung auf den Menschen<br />
konnte bislang nicht nachgewiesen<br />
werden.<br />
TSE<br />
Transmissible Spongiforme Enzephalopathie,<br />
übertragbare „schwammförmige“<br />
Erkrankungen des Gehirns,<br />
ausgelöst durch einen unkonventionellen<br />
Erreger. Eine Gruppe infektiöser<br />
neurodegenerativer Krankheiten<br />
des zentralen Nervensystems, mit<br />
sehr langen Inkubationszeiten, zu<br />
denen im Tierreich u.a. Scrapie und<br />
die Bovine Spongiforme Enzephalopathie<br />
(BSE), der so genannte Rinderwahnsinn<br />
zählen. Analoge<br />
menschliche Erkrankungen sind u.a.<br />
die verschiedenen Formen der<br />
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK).<br />
Transmissible Spongiforme Enzephalopathien<br />
verlaufen stets tödlich.<br />
Schutzimpfungen oder wirksame<br />
Therapien sind bisher nicht verfügbar.<br />
Die Bezeichnung Spongiforme<br />
Enzephalopathien beruht auf dem<br />
markantesten histologischen Merkmal<br />
dieser Krankheiten, einer<br />
„schwammförmigen“ (=spongiformen)<br />
Degeneration von Neuronen<br />
im Gehirn. Eine sichere Diagnose ist<br />
derzeit nur durch Untersuchung von<br />
Hirngewebe möglich. Von den Vertretern<br />
der Prion-Hypothese werden<br />
diese Krankheiten als Prionkrankheiten<br />
bezeichnet. (Quelle: TSE-Forum)
MUM 02/2002 PROFILE<br />
10<br />
IM MITTELPUNKT: DIE ERDE<br />
ERFOLGREICHE AKTIONSWOCHE<br />
ZUM JAHR DER GEOWISSENSCHAFTEN<br />
Am Anfang schuf Gott Himmel<br />
und Erde. Den Himmel reservierte<br />
er für sich. Dem Menschen blieb<br />
der blaue Planet - den er bevölkert,<br />
beackert und erforscht. Bei<br />
den Geologen, Mineralogen,<br />
Paläontologen, Geographen, Geophysikern<br />
und Meteorologen<br />
dreht sich alles um den Globus.<br />
2002 ist ihr Jahr: das Jahr der<br />
Geowissenschaften, ausgerufen<br />
vom Bundesministerium für Bildung<br />
und Forschung. Unter dem<br />
Motto „planet erde“ informieren<br />
Groß- und Regionalveranstaltungen<br />
in ganz Deutschland über Erde,<br />
Feuer, Wasser, Luft (Infos unter<br />
www.planeterde.de). Auch die<br />
LMU ist dabei: Zum „Tag der Erde“<br />
am 22. April, an dem bundesweit<br />
Geowissenschaftler in den<br />
Schulen ihr Fach vorstellten, startete<br />
sie ihre Geo-Aktionswoche.<br />
Mit Vorträgen und Besichtigungen<br />
weihten LMU-Forscher in die<br />
Geheimnisse von Mutter Erde ein.<br />
Für Lehrer und ihre Schüler gab es<br />
ein spezielles Vormittagsprogramm<br />
mit Dia-, Film- und Laborvorführungen<br />
sowie Workshops:<br />
Urzeitvögel wurden bewundert,<br />
Kristalle untersucht, der Weg des<br />
Wassers erklärt, über Meteoritengefahr<br />
und Klimawandel berichtet.<br />
Die Faszination der Geowissenschaften<br />
darzustellen - darum ließ<br />
sich keines der sechs geowissenschaftlichen<br />
Institute der LMU lange<br />
bitten. Künftig werden sie in<br />
einem Department zusammengefasst<br />
sein. Auch die bei den Physikern<br />
angesiedelten Meteorologen<br />
machten mit. „Ich habe mich riesig<br />
gefreut über die große Resonanz“,<br />
berichtet Katja Henßel vom Institut<br />
für Paläontologie, die die Geo-Aktionswoche<br />
koordinierte. „Alle Bereiche<br />
haben Ideen beigesteuert -<br />
egal, ob sie sich mit winzigen Strukturen<br />
auf Kristalloberflächen oder<br />
globalen Prozessen wie dem Klimawandel<br />
beschäftigen. Und auch die<br />
Museen waren voll integriert.“<br />
In Nachmittagsführungen präsentierten<br />
das Paläontologische und<br />
Geologische Museum, sowie das<br />
Museum Reich der Kristalle ihre<br />
Sammlungen. Bei Museums-Ralleys<br />
konnten Nachwuchsforscher den<br />
Geheimnissen der Erde nachspüren.<br />
Zum Abschluss gab es ein Gruppenbild<br />
mit Saurier und allabendlich<br />
informierte ein Vortrag über irdische<br />
Geschehnisse, etwa zum Thema<br />
„Rohstoffe - Werkstoffe - Reststoffe“<br />
oder die „Versicherung von Georisiken“.<br />
Wer außerhalb <strong>München</strong>s<br />
die „Faszination Erde“ erleben wollte,<br />
konnte an Exkursionen, z.B. zur<br />
Erdbebenwarte Fürstenfeldbruck<br />
oder den Meteoriten-Impaktkratern<br />
im Nördlinger Ries teilnehmen.<br />
NEUER STUDIENGANG<br />
„GEOWISSENSCHAFTEN“<br />
Abgerundet wurde das Angebot<br />
durch eine Reihe von Orientierungsveranstaltungen<br />
für Oberstufenschüler,<br />
denn auch die Geowissenschaften<br />
haben Nachwuchssorgen:<br />
„Wir werden offensiv an die Schulen<br />
herantreten“, kündigt der Dekan der<br />
Fakultät, Professor Stefan Wohnlich,<br />
an. „Durch das Jahr der Geowissenschaften<br />
erhoffen wir uns natürlich<br />
einen gewissen Werbeeffekt und<br />
den entsprechenden Zulauf bei<br />
Studienanfängern.“ Dem soll auch<br />
der neue Bachelor/Master-Studiengang<br />
„Geowissenschaften“ dienen,<br />
der derzeit mit der TU <strong>München</strong><br />
gemeinsam vorbereitet wird und<br />
interdisziplinär Inhalte von Geographie,<br />
Geologie, Mineralogie, Geophysik,<br />
Paläontologie und Meteorologie<br />
verknüpfen soll.<br />
Nachwuchsforschern bieten die<br />
Geowissenschaftler der LMU nach<br />
der Aktionswoche die Ringvorlesung<br />
„Erde - Umwelt des Menschen“<br />
an, die von Wissenschaftlern<br />
der LMU und Gastrednern gehalten<br />
wird (dienstags, 18 Uhr c.t., Uni-<br />
Hauptgebäude, Hörsaal 101).<br />
Und selbst nach diesem Semester<br />
ist in Sachen „planet erde“ noch<br />
lange nicht Schluss. Vom 16. bis 20.<br />
Oktober versprechen die Münchner<br />
Wissenschaftstage 2002 unter dem<br />
Motto „Lebendige Erde“ Informationen<br />
und Unterhaltung zum Thema<br />
Erde. An rund 50 „Marktständen<br />
der Wissenschaft“ werden im<br />
Museum Reich der Kristalle Wissenschaftler<br />
über ihre aktuelle Forschung<br />
informieren. Konzerte, Vorträge,<br />
Diskussionsrunden und ein<br />
Kinderprogramm sind geplant, bevor<br />
die Wissenschaftstage am 19.<br />
Oktober in die Münchner „Lange<br />
Nacht der Museen“ münden (Weitere<br />
Infos unter: www.muenchnerwissenschaftstage.de).<br />
■ oh<br />
1 Wie entstehen Gletscher? Antworten<br />
bot die Geo-Aktionswoche.<br />
Foto: LMU<br />
Foto: LMU
ICONIC TURN<br />
DAS NEUE BILD DER WELT<br />
FELIX BURDA MEMORIAL LECTURES<br />
AN DER LMU<br />
Was ist ein Bild? Ein Gemälde.<br />
Eine Fotografie. Eindrücke im<br />
Fernsehen. Die Antwort scheint<br />
einfach zu sein. Liest man im<br />
Brockhaus nach, wird bestätigt:<br />
BILD: 1) DARSTELLUNG VON<br />
DINGEN AUF EINER FLÄCHE<br />
(GEMÄLDE, DRUCK U.A.) und 2)<br />
OPTIK: ABBILDUNG. Doch was ist<br />
mit den inneren Bildern, die das<br />
Gehirn produziert? Und gehört<br />
das Bild, das man von einem<br />
Menschen hat, ebenfalls dazu?<br />
Die Ausprägungen sind vielfältig,<br />
genauso wie die Verbreitung des<br />
Bildes, das im letzten Jahrhundert<br />
durch technische Verfahren<br />
zu einem Massenmedium geworden<br />
ist. Selbst für das menschliche<br />
Auge unsichtbare, naturwissenschaftliche<br />
Vorgänge werden<br />
durch computergenerierte Bilder<br />
fassbar. Eine Entwicklung, sagen<br />
Wissenschaftler, die zu einem<br />
Paradigmenwechsel führe: der<br />
Iconic Turn. Seit diesem Semester<br />
widmet sich eine Vortragsreihe<br />
an der LMU unter dem Titel<br />
„Iconic Turn – Das neue Bild der<br />
Welt“ dem Thema. Veranstalter<br />
dieser „Felix Burda Memorial<br />
Lectures“ ist die Burda Akademie<br />
zum Dritten Jahrtausend zusammen<br />
mit dem Humanwissenschaftlichen<br />
Zentrum der LMU.<br />
Unsere Gesellschaft sieht sich einer<br />
Flut von Abbildungen gegenüber.<br />
Der Begriff Iconic Turn, erstmals<br />
von Professor Gottfried Böhm<br />
genannt, beschreibt die zunehmende<br />
Bildhaftigkeit der Gesellschaft<br />
und, so Jens Burger, „die umfassende<br />
Präsenz und Vielfalt von Bildern,<br />
die zu einem grundsätzlichen kulturellen<br />
Wandel geführt haben”. Für<br />
Burger, externer Berater der Felix<br />
Burda Memorial Lectures, bestimmen<br />
nicht mehr sprachlich-argumentative<br />
Strukturen sondern Bilder<br />
unsere Vorstellung von der<br />
Welt und die Welt unserer Vorstellung.<br />
Diese sind dabei nicht auf<br />
wenige Teilbereiche begrenzt. So<br />
wie in der Wissenschaft bereits ein<br />
vielfältiger fächerübergreifender<br />
Diskurs über die Begrifflichkeit des<br />
Bildes entstanden ist, beschäftigen<br />
sich auch die Felix Burda Memorial<br />
Lectures aus interdisziplinärer Perspektive<br />
mit der Bildthematik.<br />
Neben Kunstwissenschaftlern<br />
und Philosophen werden in der<br />
ersten Vorlesungsreihe in diesem<br />
Semester Architekten und Hirnforscher<br />
ihre Positionen erörtern.<br />
Hierbei geht es auch um<br />
grundsätzliche Fragen, wie die<br />
nach der gesellschaftlichen Wirkung<br />
und der Macht der Bilder,<br />
dem Verhältnis von Bildproduzent<br />
und -konsument, der Wechselwirkung<br />
zwischen inneren und äußeren,<br />
privaten und öffentlichen Bildern.<br />
Die Vorlesungen stehen allen<br />
Interessierten offen, während am<br />
Tag danach in speziellen, eintägigen<br />
Workshops 19 Doktoranden<br />
und Postdocs verschiedener Fachbereiche<br />
den Diskurs mit den Referenten<br />
weiter vertiefen.<br />
VOM BILD ZUR<br />
WAHRNEHMUNG<br />
Die Seminarreihe, die am 25. April<br />
der Kunstgeschichtler Hans Belting<br />
von der Staatlichen Hochschule für<br />
Gestaltung in Karlsruhe mit seinem<br />
Vortrag „Echte Bilder und falsche<br />
Körper – Irrtümer über die Zukunft<br />
des Menschen“ eröffnet hat, wird<br />
am 7. Mai von Professor Bazon<br />
Brock mit dem Thema „Imaging als<br />
Einheit von Künsten und Wissenschaften“<br />
fortgesetzt. Der Philosoph<br />
Peter Sloterdijk von der Staatlichen<br />
Hochschule für Gestaltung<br />
in Karlsruhe folgt neun Tage später<br />
mit dem Vortrag „Bilder der Gewalt<br />
– Gewalt der Bilder“ Am 6. Juni<br />
berichtet Wolf Singer vom Max-<br />
Planck-Institut für Hirnforschung<br />
in Frankfurt über den Weg „Vom<br />
Bild zur Wahrnehmung“. Eine<br />
Woche später spricht der Londoner<br />
Architekt Sir Norman Foster. Am<br />
20. Juni referiert der Philosoph<br />
Professor Reinhard Brandt von der<br />
<strong>Universität</strong> Marburg über den Weg<br />
„Von der Wahrnehmung zum Bild“.<br />
Am 4. Juli bewertet Horst Bredekamp,<br />
der als Kunstgeschichtler an<br />
der Humboldt-<strong>Universität</strong> Berlin<br />
lehrt, die „Kunstgeschichte als<br />
historische Bildwissenschaft”. Für<br />
dieses Semester beendet Professor<br />
Friedrich Kittler vom Institut für<br />
Kulturwissenschaften der Humboldt-<strong>Universität</strong><br />
Berlin am 11. Juli<br />
die Vorlesungsreihe mit einem Vortrag<br />
zum Thema „Das berechnete<br />
Bild“. ■ kg<br />
Fotos: Max-Planck-Gesellschaft<br />
MUM 02/2002 PROFILE<br />
11
MUM 02/2002 PROFILE<br />
12<br />
PERSPEKTIVEN NACH PISA<br />
ERZIEHUNGSWISSENSCHAFTLER<br />
DISKUTIEREN AN DER LMU<br />
„PISA“ – dieses Wort war wohl<br />
das am häufigsten verwendete<br />
bei der wichtigsten Pädagogentagung<br />
im deutschsprachigen<br />
Raum: dem 18. Kongress der<br />
Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaften<br />
(DGfE), der<br />
kürzlich an der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><br />
<strong>München</strong> stattfand.<br />
Die Bildungsstudie PISA<br />
hat bestätigt, was Lehrer und<br />
Professoren seit Jahren kommen<br />
sehen: Deutsche Schüler schneiden<br />
im internationalen Vergleich<br />
schlecht ab. Das Kongress-Programm<br />
ging jedoch über das<br />
PISA-Thema weit hinaus. In 22<br />
Symposien, 33 Arbeitsgruppen<br />
und acht Roundtables diskutierten<br />
rund 1400 Teilnehmer das<br />
Thema „Innovation durch Bildung“<br />
in sämtlichen Facetten.<br />
Vorträge und Poster-Sessions mit<br />
über fünfzig Beiträgen vermittelten<br />
einen Eindruck vom aktuellen Forschungsstand<br />
der Disziplin. Im Mittelpunkt<br />
der Tagung stehe das<br />
Spannungsverhältnis von Wissen<br />
und Bildung, hatte der Leiter des<br />
Organisationsteams und Erziehungswissenschaftler<br />
an der LMU,<br />
Professor Rudolf Tippelt, zum Auftakt<br />
erklärt. Dass Ausbildung und<br />
Unterricht in der öffentlichen Dis-<br />
kussion mittlerweile einen hohen<br />
Stellenwert einnehmen, zeigte der<br />
Besuch von Staatsminister Professor<br />
Julian Nida-Rümelin, der eigens<br />
zur Eröffnung des Kongresses nach<br />
<strong>München</strong> gekommen war. In seinem<br />
Vortrag zur kulturellen<br />
Dimension der Bildung warnte der<br />
Beauftragte der Bundesregierung<br />
für Angelegenheiten der Kultur und<br />
der Medien davor, Bildung und Kultur<br />
ausschließlich nach wirtschaftlichen<br />
Kriterien zu bewerten. Auf<br />
die Chancen einer bunten Republik<br />
Deutschland wies die Vorsitzende<br />
der DGfE, Professor Ingrid Gogolin,<br />
hin. Sie forderte bei der Eröffnung<br />
die Vielfalt der heranwachsenden<br />
Generation als Chance zu begreifen.<br />
In Deutschland herrsche eine<br />
starke Kopplung von Herkunft und<br />
Bildung. Dabei steige die Kompetenz<br />
aller, wenn einzelne gesellschaftliche<br />
Gruppen nicht von Bildung<br />
ausgeschlossen würden.<br />
Professor Jürgen Baumert,<br />
Direktor des Berliner Max-Planck-<br />
Institutes für Bildungsforschung<br />
und einer der Väter der PISA-Studie,<br />
machte deutlich, dass nach der<br />
Analyse nun Konsequenzen folgen<br />
müssten: „PISA weist nachdrücklich<br />
auf die Notwendigkeit der<br />
Modernisierung hin“, so der<br />
Pädagoge. Einerseits müsse man<br />
daher mit Risikogruppen so früh<br />
wie möglich aktiv arbeiten, andererseits<br />
müsse man die Mindeststandards<br />
in den Grundschulen<br />
sichern und die Lehrerausbildung<br />
modernisieren.<br />
Soviel steht fest: Ohne eine<br />
geeignete Lehrerausbildung kann<br />
es keine ausreichende Schülerbildung<br />
geben. Mit dieser schlichten<br />
Formel beschäftigten sich eine<br />
ganze Reihe von Vorträgen der<br />
Münchner Tagung. „Die Lehrerbildung<br />
ist an die Grenzen ihres<br />
Wachstums gestoßen,“ erklärte beispielsweise<br />
der Bochumer Schulpädagoge<br />
Ewald Terhart. Bislang<br />
selbstverständliche Elemente des<br />
Ausbaus moderner Lehrerbildung<br />
wie mehr Wissenschaftlichkeit<br />
würden nicht mehr als Garanten<br />
einer positiven Weiterentwicklung<br />
gesehen – im Gegenteil. Dennoch,<br />
so Terhart, könne auch in den<br />
bestehenden Strukturen die Qualität<br />
der Lehrerbildung verbessert<br />
werde, wenn Reformvorschläge,<br />
wie etwa die klare Orientierung am<br />
späteren Berufsfeld, umgesetzt<br />
würden.<br />
Natürlich gab es in <strong>München</strong><br />
auch den Blick über den nationalen<br />
Tellerrand hinweg. Dafür sorgten<br />
schon die rund 60 Referenten, die<br />
aus dem Ausland an die Isar gereist<br />
1 Sprach bei der Eröffnung:<br />
Staatsminister Julian Nida-Rümelin<br />
waren. Eine von ihnen, Professor<br />
Gita Steiner-Khamsi von der<br />
Columbia University, New York,<br />
veranschaulichte am Beispiel der<br />
Mongolei, wie Schulreformmodelle<br />
transnational übertragen werden<br />
können. Aber auch hier führte der<br />
Weg an „PISA“ nicht vorbei. Als<br />
1983 amerikanische Schüler im<br />
internationalen Vergleich miserabel<br />
abschnitten, so Steiner-Khamsi,<br />
habe die US-Öffentlichkeit ähnlich<br />
erschüttert reagiert wie die Deutschen<br />
nach den Ergebnissen des<br />
PISA-Tests. In den Vereinigten<br />
Staaten folgte eine Bankrotterklärung<br />
der Schulen – und die Privatisierung<br />
des Schulsystems. Eine<br />
Lösung für deutsche Verhältnisse?<br />
Das Thema wird die Experten noch<br />
lange beschäftigen. ■ mb<br />
Foto: LMU<br />
Foto: Bundesbildstelle
Foto: LMU<br />
Wenn Kinder Opfer von Sexualdelikten<br />
sind, werden in der<br />
Öffentlichkeit immer wieder das<br />
Strafmaß und die Therapiemöglichkeiten<br />
für psychisch kranke<br />
Rechtsbrecher diskutiert. Ein<br />
Problem, mit dem sich die Forensische<br />
Psychiatrie, die Disziplin<br />
im Schnittpunkt zwischen<br />
Rechtswissenschaft und Psychiatrie,<br />
beschäftigt. Mit „Risikoeinschätzung<br />
und Risikominimierung<br />
bei psychisch kranken<br />
Rechtsbrechern“ befasste sich<br />
Ende März auch der 2. Jahreskongress<br />
der „International<br />
Association of Mental Health<br />
Service“. Die Tagung wurde von<br />
der Abteilung für Forensische<br />
Psychiatrie des Klinikums der<br />
<strong>Universität</strong> <strong>München</strong> organisiert.<br />
Bei der Frage nach der Art der Therapie<br />
war sich Rüdiger Müller-<br />
Isberner von der Forensisch-Psychiatrischen<br />
Klinik in Heina sicher:<br />
■ FORSCHEN UND FEIERN<br />
40 JAHRE AN DER LMU:<br />
DAS INSTITUT FÜR CHIRURGISCHE FORSCHUNG<br />
Einen runden Geburtstag hat<br />
Ende März das Institut für Chirurgische<br />
Forschung der LMU in<br />
Großhadern gefeiert. Mit einem<br />
Internationalen Jubiläumssymposium<br />
unter dem Titel „Surgical<br />
Research – a Discipline at<br />
the Interface between the Basic<br />
Sciences und Clinic“ begingen<br />
die Mediziner das 40-jährige<br />
Bestehen ihrer Forschungseinrichtung.<br />
7 Neue Technik im OP: Seit 1962<br />
wird an der LMU für den Fortschritt<br />
in der Chirurgie geforscht.<br />
■ THERAPIE ODER STRAFE?<br />
INTERNATIONALER KONGRESS AN DER<br />
LMU ZUR FORENSISCHEN PSYCHIATRIE<br />
„Wenn man psychisch Kranke nur<br />
ein halbes Jahr früher aus der stationären<br />
Behandlung entlässt,<br />
dann kann man sie mit dem damit<br />
eingesparten Geld dafür zwölf Jahre<br />
lang ambulant nachbetreuen,“<br />
erklärte er in seinem Vortrag. Müller-Isberner<br />
und seine Kollegen in<br />
Hessen haben mit der ambulanten<br />
Therapie sowohl Kosten gesenkt als<br />
auch gute Erfahrungen gemacht.<br />
So seien die Rückfallraten bei diesen<br />
Patienten viel geringer als bei<br />
Kranken, die in Gruppentherapien<br />
nur stationär und nicht nachbehandelt<br />
werden. Leider sei eine<br />
ambulante Therapie in Deutschland<br />
aber nicht vorgeschrieben, bedauerten<br />
die Wissenschaftler.<br />
Insgesamt informierten und<br />
diskutierten rund 250 Forscher aus<br />
dem In- und Ausland drei Tage lang<br />
über die neusten Forschungen auf<br />
dem Gebiet der Forensischen Psychiatrie.<br />
Eine Besonderheit des<br />
Forums sei es, „dass wir hier viele<br />
Die 35 Mitarbeiter des Instituts,<br />
darunter sechs Professoren, konzentrieren<br />
sich auf Forschung<br />
und Entwicklung im Bereich der<br />
operativen Medizin. Dazu gehört<br />
die Entwicklung neuer diagnostischer<br />
und therapeutischer Verfahren<br />
bei chirurgischen Erkrankungen.<br />
Darüber hinaus fördert<br />
das Institut den medizinischen<br />
Nachwuchs durch die Betreuung<br />
von rund 50 bis 60 Doktoranden<br />
pro Jahr sowie Stipendiaten aus<br />
dem Ausland.<br />
Gegründet wurde das Institut<br />
für Chirurgische Forschung 1962<br />
von Prof. Walter Brendel als Ab-<br />
verschiedene Fachrichtungen integriert<br />
haben“, betonte Professor<br />
Norbert Nedopil, Tagungspräsident<br />
des Jahreskongresses und Leiter<br />
der Forensischen Psychiatrie des<br />
LMU-Klinikums. Man wolle so für<br />
mehr Verständnis zwischen den<br />
Disziplinen werben.<br />
Die Forensische Psychiatrie ist<br />
ein Spezialgebiet, das sich mit allen<br />
rechtlichen Fragen in der Psychiatrie<br />
beschäftigt. In der forensischpsychiatrischen<br />
Praxis stehen dabei<br />
vor allem die schwierige Behandlung<br />
von psychisch kranken<br />
Rechtsbrechern und die Gutachtertätigkeit<br />
in Rechtsfragen im Vordergrund.<br />
Während die forensische<br />
Psychiatrie in der Öffentlichkeit<br />
bislang weniger bekannt ist, wurde<br />
in den letzten Jahren die Rückfallgefahr<br />
bei Sexualstraftätern wieder<br />
vermehrt diskutiert. Tatsache ist<br />
jedoch, dass die Zahl der Sexualdelikte<br />
in Deutschland grundsätzlich<br />
abnimmt. Weil aber viele Fälle in<br />
den Medien ausführlich dargestellt<br />
werden, entstehe der Eindruck,<br />
dass die Zahl erheblich größer sein<br />
müsse. Darüber waren sich die<br />
Kongressteilnehmer einig. Professor<br />
Nedopil zeigte Verständnis für<br />
teilung der Chirurgischen <strong>Universität</strong>sklinik<br />
Nussbaumstrasse.<br />
Brendel hatte dafür eigens vom<br />
Bad Nauheimer Kerckhoff-Institut<br />
für Kreislaufforschung der Max-<br />
Planck-Gesellschaft nach <strong>München</strong><br />
gewechselt. 1969 entstand<br />
aus der Abteilung ein selbstständiges<br />
Institut. „In dieser Zeit<br />
begann vom Institut ausgehend<br />
der Siegeszug der Transplantationsmedizin<br />
in Deutschland“,<br />
berichtete Prof. Alexander Baethmann<br />
anlässlich des Jubiläums.<br />
1978 bezog das Institut dann ein<br />
neues Gebäude auf dem Gelände<br />
des Klinikums Großhadern. ■ oh<br />
die Ängste in der Öffentlichkeit.<br />
Zulgleich rückte er auch die<br />
Dimensionen zurecht: Allein in der<br />
Psychiatrie im Bezirkskrankenhaus<br />
in Haar bei <strong>München</strong> müsse jedes<br />
Jahr viele tausend Male über Freigänge<br />
und Entlassungen entschieden<br />
werden. Dabei käme es nur bei<br />
einem Bruchteil der Fälle zu, meist<br />
harmlosen, Problemen, wie etwa<br />
verspäteten Freigängern.<br />
Für Professor Nedopil war die<br />
Tagung ein voller Erfolg: „Sie hat<br />
uns sehr viel weiter gebracht, denn<br />
wir kamen in kürzester Zeit auf den<br />
neuesten internationalen Stand der<br />
Forschung.“ ■ kg<br />
1 Voller Erfolg für den Tagungspräsidenten:<br />
Prof. Norbert Nedopil<br />
Foto: LMU<br />
MUM 02/2002 PROFILE<br />
13
MUM 02/2002 PROFILE<br />
14<br />
Fotos: Haak & Nakat<br />
Normalerweiseisteskeinproblemdiesentextzulesenundzuverstehen,auchwennmanihnzumerstenmalsieht.<br />
Wenn dieser Satz<br />
so wie hier und auch noch<br />
orthografisch richtig geschrieben<br />
ist, bereitet er den meisten Menschen<br />
keine Schwierigkeiten.<br />
Doch rund vier Prozent aller<br />
Schulkinder haben selbst dann<br />
ein Problem, ihn zu lesen. Die<br />
Diagnose: Legasthenie. Die Ursachen<br />
sind vielfältig. „Es gibt<br />
nicht nur ein Phänomen, das für<br />
die Lesestörung verantwortlich<br />
ist“, erklärt Dr. Reinhard Werth<br />
vom Institut für Soziale Pädiatrie<br />
und Jugendmedizin der LMU,<br />
„und damit auch nicht nur eine<br />
allgemeingültige Therapie gegen<br />
Legasthenie“. Gegen die Lesestörungen<br />
hat der Wissenschaftler<br />
deshalb ein Lernprogramm für<br />
Schulkinder entwickelt, mit dem<br />
sie am Computer individuell therapiert<br />
werden können.<br />
Die Idee zur Lernsoftware für<br />
Legastheniker entwickelte der Neuropsychologe<br />
Werth eher „unfreiwillig“.<br />
Ursprünglich behandelte er<br />
mit der Methode der Gesichtsfeldbestimmung<br />
Kinder, die aufgrund<br />
von Hirnstörungen Probleme beim<br />
Sehen hatten. Durch diese Arbeit<br />
AM COMPUTER LESEN LERNEN<br />
LMU-WISSENSCHAFTLER<br />
ENTWICKELT LERNPROGRAMM<br />
FÜR LEGASTHENIKER<br />
wurden andere Ärzte auf seine Studien<br />
aufmerksam, die Kinder mit<br />
Lesestörungen zu ihm schickten.<br />
Deren Gesichtsfeld untersuchte<br />
Werth ebenfalls und stellte auch<br />
hier Sehstörungen fest.<br />
Was aber war die Ursache für die<br />
Leseschwäche? Denn Lesen bedeutet<br />
nicht – wie der erste Satz zeigt<br />
– das reine Hintereinanderreihen<br />
von Buchstabenfolgen. Vielmehr<br />
handelt es sich um einen komplexen<br />
Vorgang, bei dem verschiedene<br />
Leistungen vom Gehirn erbracht<br />
werden müssen: die Fixierung eines<br />
Wortteils, das Erkennen von Buchstaben,<br />
Worten und Wortsegmenten<br />
und dann der Blicksprung zum<br />
nächsten Wortteil. In all diesen<br />
Vorgängen kann es zu Fehlern einer<br />
Hirnfunktion kommen, die dann zu<br />
Lesestörungen führen. Für Reinhard<br />
Werth war damit klar, dass er<br />
ein Lernprogramm entwickeln<br />
muss, das alle möglichen Phänomene<br />
behandeln kann, nicht nur<br />
eines. „Außerdem gab es für Kinder<br />
nichts Befriedigendes auf dem<br />
Markt, das ich mit gutem Gewissen<br />
empfehlen konnte“, so Werth.<br />
Mit seinem computergestützten<br />
Lern- und Diagnoseprogramm<br />
erforscht der Neuropsychologe als<br />
erstes den individuellen Grund für<br />
die Leseschwäche eines Kindes.<br />
Dabei dürfe man nicht versuchen,<br />
die Ursachen durch Korrelationen<br />
ausfindig zu machen. „Vielmehr ist<br />
es wichtig zu untersuchen, welches<br />
Problem als hinreichende Bedingung<br />
für eine Lesestörung feststeht“,<br />
beschreibt Reinhard Werth<br />
seinen Ansatz. Mit seinem Programm<br />
können Buchstaben, Wortsegmente<br />
und ganze Worte so dargestellt<br />
werden, dass die Ursache<br />
einer Lesestörung erkennbar wird.<br />
Der Cursor zeigt den Kindern<br />
an, wo oder was sie gerade lesen<br />
sollen. Eine häufige Ursache für<br />
Legasthenie sind beispielsweise zu<br />
große Blicksprünge über zehn<br />
Buchstaben hinweg. Dabei macht<br />
der Leser mit den Augen einen<br />
großen Satz zum nächsten Wortsegment<br />
und kann dadurch manche<br />
Buchstaben nicht mehr sehen.<br />
„Er liest zum Beispiel statt Donnerstag<br />
nur Donntag“, erklärt der<br />
Neuropsychologe. Mit seinem Programm<br />
kann diese Störung abtrainiert<br />
werden, indem der zu lesende<br />
Text farbig markiert wird und die<br />
rechts folgenden Wortsegmente<br />
nur schwach zu sehen sind. Mit der<br />
Zeit wird der Kontrast rechts dann<br />
verstärkt, das Wortsegment wird<br />
immer besser lesbar.<br />
Andere Kinder müssen ein<br />
Wortsegment sehr lange anschau-<br />
en, um es zu erkennen – wobei sich<br />
diese Zeiteinheiten im Bereich von<br />
100 bis 500 Millisekunden bewegen.<br />
„Hier trainiere ich die Eigenschaft,<br />
ein Wortsegment schneller<br />
zu erfassen, indem ich es beispielsweise<br />
zuerst 500 Millisekunden<br />
zeige und dann die Zeit immer<br />
weiter verkürze“, so Werth.<br />
So individuell die Lesestörungen<br />
sind, so unterschiedlich ist die<br />
Wirkung des Lernprogramms. In<br />
schwierigen Fällen brauchen die<br />
Kinder ein halbes Jahr bis sich eine<br />
positive Wirkung einstellt. Manchen<br />
genügt aber auch schon eine<br />
halbe Stunde. ■ kg<br />
1 Der PC markiert mit Farbfeldern<br />
ein zu lesendes Wort. Der übrige<br />
Text ist nur schwach erkennbar,<br />
um Blicksprünge zu vermeiden.<br />
Foto: LMU
Foto: Haak & Nakat Foto: LMU / Grafik: Haak & Nakat<br />
■ VIERFACH PREISGEKRÖNT<br />
ODEON FÜHRT EXISTENZGRÜNDER ZUM ERFOLG<br />
Um ein eigenes Unternehmen<br />
aufzubauen, reichen Gründer-<br />
Elan und eine viel versprechende<br />
Geschäftsidee nicht aus. Für den<br />
erfolgreichen Schritt in die<br />
Selbstständigkeit sind Marktanalysen<br />
und Finanzierungspläne<br />
mindestens genauso wichtig.<br />
Dieses unternehmerische Handwerkszeug<br />
vermittelt ODEON,<br />
das „Center for Entrepreneurship“<br />
an der LMU.<br />
Christian Tausend ist realistisch:<br />
„Wie man ein Unternehmen gründet,<br />
kann man jemandem schlecht<br />
beibringen“, sagt der Projekt-<br />
Manager von ODEON – Center for<br />
Entrepreneurship (www.odeon.unimuenchen.de).<br />
„Aber wir können<br />
den Gründergeist wecken und elementare<br />
Bausteine vermitteln.“ In<br />
dem Gründerzentrum an der LMU<br />
lernen Studenten und Uni-Mitarbeiter<br />
in drei aufeinander aufbauenden<br />
Kernseminaren – I-Plan (idea<br />
evaluation and business planning),<br />
B-Plan (business planning) und E-<br />
Lab (entrepreneurship laboratory) –<br />
wie sie sich im Start-up-Dschungel<br />
zurechtfinden. Durch eigene Studien<br />
bringt Odeon zudem das noch<br />
junge Forschungsgebiet „Existenzgründung“<br />
voran und will als Bindeglied<br />
zwischen Hochschule und<br />
Wirtschaft fungieren.<br />
Gegründet wurde das Zentrum im<br />
Herbst 2000. Verwurzelt ist es in<br />
der Fakultät für Betriebswirtschaft<br />
der LMU, dabei jedoch grundsätzlich<br />
offen für alle Studierenden.<br />
„Zu einer Unternehmensgründung<br />
gehört schließlich mehr als<br />
Betriebswirtschaftslehre“, erklärt<br />
Christian Tausend. In interdisziplinären<br />
Teams können angehende<br />
Manager ihr Studienwissen ausprobieren,<br />
während der naturund<br />
sozialwissenschaftliche Nach-<br />
■ CYBER LAW UND VIRTUAL ORDER<br />
NACHWUCHSJURISTEN DISKUTIEREN<br />
DAS RECHTSSYSTEM IM IT-ZEITALTER<br />
Informationstechnologien (IT) haben<br />
sich in den letzten Jahren rasant<br />
weiter entwickelt. Nicht nur das<br />
deutsche Rechtssystem hat Mühe<br />
zu folgen, wenn neue, bislang<br />
rechtsfreie Räume besetzt werden<br />
müssen. „Cyber Law“ ist längst<br />
nicht mehr nur ein Begriff aus der<br />
Science-Fiction-Literatur, sondern<br />
Realität, mit der sich angehende<br />
Juristen auseinandersetzen müssen.<br />
Diesen Rechtsfragen des IT-<br />
Zeitalters haben sich die Teilnehmer<br />
des einwöchigen Kongresses<br />
„Information Society – The Legal<br />
Challenges“ Ende April an der<br />
LMU gestellt.<br />
Die Tagung stellte den Abschluss<br />
eines dreijährigen Projektes der<br />
„European Law Students’ Association“<br />
(ELSA) dar, das sich mit den<br />
juristischen Auswirkungen der IT-<br />
Gesellschaft beschäftigte. Der<br />
<strong>München</strong>er Zweig von ELSA an der<br />
<strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><br />
hatte die Veranstaltung ausgerichtet.<br />
Die europaweite Organisation<br />
von Jurastudenten, Rechtsreferendaren<br />
und angehenden Juristen<br />
wuchs wirtschaftliches Know-how<br />
kennen lernt. Mit ersten Erfolgen:<br />
Beim letzten <strong>München</strong>er Business<br />
Plan Wettbewerb, der seit 1996 die<br />
Gründung von Unternehmen aus<br />
dem Hochschulbereich unterstützt,<br />
haben vier ODEON-Teams<br />
eine Gold-, eine Silber- und zweimal<br />
eine Bronzemedaille gewonnen.<br />
Alle vier hatten ihr Wissen im<br />
ODEON-Seminar „Entrepreneurial<br />
Management and Business Planning“<br />
erworben. ■ mb<br />
will den Dialog unter jungen<br />
Europäern fördern und zum Verständnis<br />
unterschiedlicher Rechtssysteme<br />
beitragen.<br />
Caroline von Gall, Jurastudentin<br />
an der LMU und Organisatorin des<br />
Kongresses, sieht die Aufgabe der<br />
juristischen Studenteninitiative<br />
allerdings nicht nur darin, Studierende<br />
der Rechtswissenschaften<br />
auf künftige berufliche Anforderungen<br />
vorzubereiten. Vielmehr ist<br />
ihr der kulturelle Austausch wichtig:<br />
„Gerade der Kongress bot den<br />
Teilnehmern, die aus ganz Europa<br />
anreisten, die Möglichkeit, sich<br />
auch im Gespräch untereinander<br />
über die Rechtssysteme und die<br />
Juristenausbildung in anderen Ländern<br />
zu informieren.“<br />
Der Kongress machte deutlich,<br />
dass die Juristen auf die „modernen<br />
Zeiten“ reagiert haben. Das Spektrum<br />
der Themen reichte von Vertragsabschlüssen<br />
im Internet über<br />
die Einhaltung des Datenschutzes<br />
bis zu Internetkriminalität und<br />
Softwarepiraterie. Der kriminellen<br />
Phantasie sind im virtuellen Raum<br />
keine Grenzen gesetzt. ■ thp<br />
MUM 02/2002 PROFILE<br />
15
MUM 02/2002 PROFILE<br />
16<br />
MEHR SERVICE, MEHR PLATZ<br />
NEUER BÜCHERTURM FÜR<br />
THEOLOGEN UND PHILOSOPHEN<br />
Die Vorbereitungen für die Bauarbeiten<br />
zum so genannten<br />
Bücherturm im Hauptgebäude der<br />
LMU laufen auf Hochtouren.<br />
Denn die neue Theologisch-Philosophische<br />
Zentralbibliothek soll<br />
bis zum Wintersemester 2003/04<br />
fertig gestellt sein. Für den<br />
Umbau sind inzwischen drei<br />
Referate der Zentralen <strong>Universität</strong>sverwaltung<br />
umgezogen;<br />
die Studentenkanzlei siedelt im<br />
Mai um.<br />
Im neuen Bücherturm werden insgesamt<br />
rund 30 Teilbibliotheken der<br />
beiden Theologischen Fakultäten<br />
und des Departments Philosophie<br />
zusammengeführt. Der künftig zentrale<br />
Betrieb bislang verstreuter Teileinrichtungen<br />
hilft Kosten zu senken<br />
und bietet überdies mehr Service:<br />
größere Räume mit rund 2500<br />
Quadratmetern Fläche und eine<br />
bessere Ausstattung für die Bibliotheksbesucher<br />
sowie längere<br />
Öffnungszeiten.<br />
Durch die Zusammenlegung<br />
können im Bücherturm die Bestände<br />
in sachlich zusammenhängende<br />
Themenbereiche gegliedert und einheitlich<br />
zusammengefasst werden.<br />
Dies erleichtert die Literatursuche<br />
erheblich. So wurde beispielsweise<br />
der Zettelkatalog der evangelischen<br />
Theologen bereits vollständig<br />
maschinenlesbar erfasst, die Online-<br />
Katalogisierung der Literatur der<br />
katholischen und orthodoxen Theologen<br />
läuft auf vollen Touren. Mehrfache<br />
Ankäufe von Büchern können<br />
vermieden werden, der bereinigte<br />
Bestand wird dann rund 300.000<br />
Bände umfassen.<br />
Den Studierenden bietet sich im<br />
Bücherturm auch die Möglichkeit<br />
der OPAC- und Online-Recherche<br />
im bayerischen EDV-Verbund der<br />
Bibliotheken. Zudem kann nun von<br />
jedem Ort der Welt aus ein Buch im<br />
neuen Bücherturm aufgestöbert<br />
werden. Schließlich bekommen die<br />
Theologischen Fakultäten und das<br />
Philosophie-Department noch eine<br />
gemeinsame Lehrbuchsammlung,<br />
die es bisher nicht gibt.<br />
Ähnlich wie schon in der Bibliothek<br />
des Historicums wird der<br />
Bücherturm über einen zentralen<br />
Eingangsbereich zu erreichen sein<br />
und über ein behindertengerechtes<br />
Treppen- und Aufzugssystem verfügen.<br />
Der Umzug der vier Referate<br />
ist notwendig, da neue Geschossdecken<br />
und zusätzliche Galerien<br />
eingebaut werden.<br />
In einem ersten Schritt ist das<br />
Stipendienreferat im Stammgelände<br />
in die Zimmer 235 und 236,<br />
erstes Obergeschoss, umgezogen,<br />
die zuständigen Mitarbeiter für<br />
Wahlen und Studentenstatistik sind<br />
nun in Zimmer 109a, Erdgeschoss,<br />
zu finden. Die Kontaktstelle für Forschungs-<br />
und Technologietransfer<br />
arbeitet nun in der Theresienstraße<br />
37-41, Erdgeschoss. In einem zweiten<br />
Schritt folgt die Studentenkanzlei.<br />
Sie ist ab Mai in der „Raumgruppe<br />
137“ im Hauptgebäude zu<br />
finden. ■ gl<br />
Foto: LMU<br />
1 300.000 Bände soll der Bücherturm<br />
im LMU-Hauptgebäude am<br />
Geschwister-Scholl-Platz beherbergen.<br />
Die neue Theologisch-<br />
Philosophische Zentralbibliothek<br />
wird im Wintersemester 2003/04<br />
ihre Tore öffnen.<br />
Foto: Haak & Nakat
AN DER LMU<br />
Grafiken und Gemälde, Installationen und Fotografien, in Stein gehauene<br />
Botschaften – die <strong>Universität</strong> <strong>München</strong> ist auch eine Galerie für Kunstwerke.<br />
MUM präsentiert diese Schätze und zeigt, wo sie zu finden sind.<br />
Die hier vorgestellten Bilder sind bei kunsttherapeutischen Sitzungen<br />
mit Krebspatienten der Medizinischen Klinik III im Klinikum der <strong>Universität</strong><br />
<strong>München</strong> – Großhadern entstanden. Die Kunsttherapie versucht,<br />
die schöpferischen Kräfte der erkrankten Menschen zu aktivieren<br />
und sie so zu entlasten. Dabei geht es nicht etwa darum Kunstwerke<br />
zu schaffen. Vielmehr soll den Patienten die Möglichkeit gegeben<br />
werden, ihre seelische und psychische Verfassung im Spiel mit Formen<br />
und Farben auszudrücken. Die Inhalte der eigenen Werke in ihrer<br />
Bedeutung zu erkennen und diese Erkenntnisse im Alltag des Kranken<br />
umzusetzen, steht im Mittelpunkt der 40- bis 60-minütigen Therapiesitzungen.<br />
Für die Patienten ergeben sich so individuelle, neue Wege<br />
für den Umgang mit ihrer bedrohlichen Krankheit.<br />
Fotos: Maria Dorner KUNSTSCHÄTZE<br />
1 Otto K.: „Ostern“<br />
1 Christine L.: „Play of Colours“<br />
1 H.-P. H.: „Farbenspiel 2“<br />
1 Otto K.: „Besuchszeit“<br />
7 Bernd S.: „Firewall“<br />
Die Kunsttherapie an der Medizinischen<br />
Klinik III in Großhadern<br />
wird unterstützt durch den Verein<br />
Lebensmut e.V. – Leben mit Krebs<br />
(Kontakt: Tel. 089-699 583 15).<br />
MUM 02/2002 KUNSTSCHÄTZE<br />
17
MUM 02/2002 STUDIUM<br />
18<br />
Fünf Euro kostet eine Kinokarte<br />
am Kinotag oder eine Maxi-CD.<br />
Man kann aber auch am Wettbewerb<br />
5-Euro-Business teilnehmen,<br />
eine Firma ins Leben rufen<br />
und das Startkapital von fünf<br />
Euro in Visitenkarten und ein<br />
Infoblatt für die Kunden investieren<br />
- so wie Melanie Preusker<br />
(21) und Maximilian May (21).<br />
Die beiden Studierenden haben im<br />
letzten Sommersemester im Rahmen<br />
des 5-Euro-Business mit<br />
ihrer Firma „Image Low Budget<br />
Campaign” kostengünstige Werbung<br />
für klein- und mittelständische<br />
Unternehmen angeboten<br />
und den Wettbewerb gewonnen.<br />
Die Kontaktstelle für Forschungsund<br />
Technologietransfer der LMU<br />
(KFT) bietet dieses Business-Projekt<br />
zusammen mit dem Bildungswerk<br />
der Bayerischen Wirtschaft (bbw)<br />
allen Studierenden an. Innerhalb<br />
von fünf Wochen lernten Preusker<br />
und May, wie man ein Unternehmen<br />
aufbaut und was für eine Existenzgründung<br />
noch wichtig ist. Auch in<br />
diesem Semester haben LMU-Studenten<br />
wieder die Chance, mit fünf<br />
Euro fünf Wochen lang Firmengründer<br />
zu sein. Die Auftaktveranstaltung<br />
für den Wettbewerb fand<br />
Ende April statt.<br />
Eigentlich erscheint es unmöglich,<br />
mit fünf Euro eine Firma aufzubauen.<br />
„Doch viel Geld zu verdienen<br />
steht nicht im Vordergrund des Projekts“,<br />
erklärt Dirk Erfurth von der<br />
KFT. Die Studierenden sollen sich<br />
vielmehr als Unternehmer versuchen,<br />
„und mit den gewonnenen Erfahrungen<br />
vielleicht auch eine andere<br />
Perspektive für die Zeit nach<br />
dem Studium bekommen“, betont<br />
Erfurth. 5-Euro-Business richtet<br />
sich deshalb gezielt an Geistes- und<br />
Sozialwissenschaftler, sowie Wirtschaftswissenschaftler<br />
im Grundstudium,<br />
denn „Studierende aus<br />
diesen Fachbereichen beschäftigen<br />
sich während ihres Studiums selten<br />
mit dem Thema“, sagt Dirk Erfurth.<br />
Die Idee stammt aus Kanada, wo<br />
Studierende mit einem Immigrationsservice<br />
aus einem Dollar in nur<br />
zwei Wochen 15.000 Dollar gemacht<br />
hatten. Mit 5-Euro-Business<br />
soll, so Erfurth, „auch die Kreativität<br />
der Studierenden gefördert werden.“<br />
Denn das geringe Startkapital<br />
zwinge die Teams, sich originelle<br />
Strategien zu überlegen, um kostengünstig<br />
an ihre Kunden heranzukommen.<br />
„Mit fünf Euro kann man<br />
nicht sehr viele Telefonate führen<br />
oder Briefe verschicken“, sagt<br />
Erfurth und lächelt, „aber im richtigen<br />
Leben haben die meisten Exis-<br />
BUSINESS WETTBEWERB<br />
MIT FÜNF EURO<br />
SIND SIE DABEI<br />
tenzgründer auch nicht viel Geld.“<br />
Für Maximilian May ist dies eine<br />
Stärke von 5-Euro-Business, denn<br />
„das Spiel wird zum realen Leben.“<br />
Bevor das Spiel beginnt, bekommen<br />
die Jungunternehmer einen Crashkurs<br />
in Ideenentwicklung, Marketing,<br />
Recht und Finanzen. Sie profitieren<br />
dabei von der Erfahrung der<br />
Dozenten, „die selbst im Berufsleben<br />
stehen und aus eigener Erfahrung<br />
wissen, welche Punkte wichtig sind<br />
und wo Gefahrenquellen stecken“,<br />
erzählt Erfurth. In der zweiten Phase<br />
müssen die Firmen am Markt<br />
bestehen und Kunden gewinnen.<br />
May und Preusker entschieden sich<br />
dafür, ihre möglichen Kunden direkt<br />
im Geschäft anzusprechen, denn<br />
„dadurch lernten sie uns persönlich<br />
kennen“, so May. Andere Teams<br />
betrieben Telefonmarketing oder<br />
warben auf einer eigenen Webseite.<br />
Auch in dieser Phase steht die KFT<br />
den Gruppen bei Problemen zur Seite,<br />
die auch hilfreich sein können:<br />
„Wichtig ist, dass die Studierenden<br />
die Probleme erkennen“, so Erfurth.<br />
Zum Abschluss des Wettbewerbs<br />
werden drei Siegerteams gewählt.<br />
Insgesamt gibt es Preise im Wert<br />
von 3000 Euro, die zur freien Verfügung<br />
stehen. Für Maximilian May<br />
und Melanie Preusker stand aber<br />
das Geld nicht im Vordergrund:<br />
1 Ideenschau: Präsentation der<br />
Geschäftsidee am eigenen Stand.<br />
1 Soft Skills: Neben einem<br />
schlüssigen Konzept ist auch der<br />
persönliche Auftritt entscheidend.<br />
„Durch 5-Euro-Business haben wir<br />
eine Idee davon bekommen, welche<br />
Faktoren tatsächlich wichtig sind.“<br />
Dieses Wissen nutzt ihnen nun bei<br />
der Gründung ihrer Nachfolgefirma<br />
„Image Product Tuning”. ■ kg<br />
Foto: Haak & Nakat<br />
Fotos: LMU
Foto: Haak & Nakat<br />
TAMBOSI TEXTE<br />
MANUSKRIPTUM LIEST<br />
IM CAFE ÜBERS CAFE<br />
„Ein Mann und eine Frau verabreden<br />
sich zum ,Blind Date’ im<br />
Café Tambosi. Schreibt mal, was<br />
dann passiert!“ So die Aufgabenstellung<br />
von Schriftsteller Uwe<br />
Timm und Lektor Martin Hielscher.<br />
Die Wort-Meister leiteten<br />
im Winter die Schreibwerkstatt<br />
MANUSKRIPTUM und zwölf Teilnehmer<br />
lieferten Texte - über bizarre<br />
Paare, Schiffsköche und<br />
Toaster. „Zu schade für die Schublade“,<br />
befanden Timm und Hielscher<br />
und organisierten eine Lesung<br />
im Café Tambosi: Kein Stuhl<br />
blieb frei, der Abend geriet zum<br />
Erfolg. Hier eine Passage aus<br />
„Gelee royale“, ein Tambosi Text<br />
von David Höhn (25), Medzinstudent<br />
der TU.<br />
Sie sehen gar nicht viel anders aus,<br />
sagte sie.<br />
Als wer?<br />
Nun ja, gar nicht viel anders als ich<br />
mir das vorgestellt habe.<br />
Das kann ich schon seitdem ich klein<br />
bin, sagte sie. Einer Stimme ein<br />
Gesicht zuordnen.<br />
Sie strich ihren Rock glatt und<br />
setzte sich, ohne ein Bein über das<br />
andere zu schlagen.<br />
Mira, sagte sie und legte ihre Hand<br />
offen auf den Tisch, eine Zum-<br />
Etwas-Hineinlegen-Hand. (Erstaunlich<br />
klumpige Finger).<br />
Lukas, er wischte seine verschwitzte<br />
Hand vorher an seinem Hosenbein ab.<br />
Die Bedienung war da, Mira wollte<br />
Kaiserschmarrn. Dabei ein Lächeln,<br />
sie lächelte mit ihrer Nase, diese Falten:<br />
Nasenwurzelfalten.<br />
Sie öffnete den Mund, ein Wortfluss,<br />
sie erzählte von ihrem Vater, der<br />
nebenberuflich Imker war, und eine<br />
Allergie hatte, gegen Bienenstiche,<br />
und von der Scheißangst, wenn der<br />
alte Sturkopf zu seinen Bienenstöcken<br />
ging, ob er sich das vorstellen<br />
könne.<br />
Er nickte und fragte sich nach der<br />
Farbe ihrer Augen, (grün) (braun), (der<br />
Seetang, der am Pazifik zwischen<br />
Treibholz und stinkenden Plastikcontainern<br />
liegt), und ob ihr Bauchnabel<br />
nur so ein kleines Loch war, im Bauch.<br />
Sie redete weiter von Allergien, und<br />
von Hausstaubmilben, die das<br />
Zwanzigfache ihres Körpergewichts<br />
an Kot produzieren, von Demodex<br />
folliculorum, der Haarbalgmilbe, die<br />
auf unseren Köpfen lebt und sich von<br />
Talgdrüsen ernährt, sie wisse auch<br />
nicht, wieso sie immer davon reden<br />
müsse, eine Milbenphobie vielleicht.<br />
(Nasenwurzelfalten).<br />
Er lächelte, draußen pfiff der Wind,<br />
alles mögliche schien da durch die<br />
Luft zu fliegen, zum Fenster konnte<br />
er nicht sehen, (ein BH aus schwarzer<br />
Spitze, der Träger war ihr von der<br />
Schulter gerutscht).<br />
Sie redete immer noch, als die Tür<br />
aufging und Gestank in´s Cafe<br />
wehte, Urin und Alkohol.<br />
Entschuldigen Sie, sagte der Barmann,<br />
das sagte er zu dem alten<br />
Mann im Armeeparka, der einen<br />
weißen Bart hatte und eine stattliche<br />
Anzahl Plastiktüten.<br />
Entschuldigen Sie, sagte der Barmann<br />
noch einmal.<br />
Macht nichts, sagte der Penner, der<br />
blau war, mit der Platzwunde an der<br />
Stirn.<br />
Er müsse ihn bitten zu gehen.<br />
Ich habe heute den Odeonsplatz<br />
besetzt, krakeelte der Penner, und<br />
von der Balustrade kamen neugierige<br />
Blicke, Gespräche verstummten.<br />
Der Barmann begann, seinen Körper<br />
einzusetzen, Stück für Stück wurde<br />
der Penner zur Tür gedrängt.<br />
Den Odeonsplatz habe ich heute<br />
besetzt, brüllte der Penner, und<br />
keiner hat Gegenwehr geleistet,<br />
besetzt habe ich den, und dann war<br />
er weg, weggeschoben, durch den<br />
Vorhang, durch die Tür.<br />
Sie sagten etwas, beide zugleich,<br />
und hielten inne, und begannen<br />
dann wieder gleichzeitig zu reden,<br />
und hielten inne, und lachten<br />
(Nasenwurzelfalten).<br />
Sie saßen und schwiegen. Draußen<br />
gab es einen Knall, vielleicht einer<br />
der angeketteten Sommertische.<br />
(Milben, die in ihrem Bauchnabel<br />
herumkriechen).<br />
(...)<br />
MANUSKRIPTUM<br />
MÜNCHENER KURSE FÜR<br />
KREATIVES SCHREIBEN<br />
Auch im Studienjahr 2002/03 bietet<br />
die LMU einen Kurs für kreatives<br />
Schreiben an, diesmal geleitet<br />
von der Autorin Dagmar Leupold<br />
und Jo Lendle, Lektor des<br />
DuMont Literatur und Kunst Verlags.<br />
Das Seminar gibt über drei<br />
Semester hinweg Einblicke in das<br />
literarische Schreiben. Eigene Texte<br />
können mit erfahrenen Praktikern<br />
diskutiert werden. Als Begleitprogramm<br />
ist ein Informationstag<br />
„Mein Verlag und ich“,<br />
ein Seminar zur Theorie des<br />
modernen Erzählens und ein<br />
Sprechtraining vorgesehen. Der<br />
Kurs steht allen Studierenden der<br />
drei <strong>München</strong>er <strong>Universität</strong>en<br />
(LMU, TUM, Hochschule der Bundeswehr)<br />
offen, die nicht älter als<br />
28 Jahre sind. Die Teilnehmerzahl<br />
ist auf 12 begrenzt. ■ oh<br />
Weitere Informationen:<br />
Dr. Edda Ziegler<br />
Institut für Deutsche Philologie<br />
der <strong>Universität</strong> <strong>München</strong>,<br />
Schellingstr. 3 / RG<br />
80799 <strong>München</strong><br />
Tel.: 089 - 2180-2063<br />
Fax: 089 - 2180-3871<br />
E-Mail: manuskriptum@germanistik.uni-muenchen.de<br />
1 Fiktion und Wirklichkeit: David<br />
Höhn bei der Lesung im Café Tambosi<br />
mit seiner Geschichte über<br />
zwei Menschen im Tambosi, die<br />
doch nie im Café gewesen sind.<br />
Foto: Valentin Riedl<br />
MUM 02/2002 STUDIUM<br />
19
MUM 02/2002 STUDIUM<br />
20<br />
Foto: Haak & Nakat<br />
Foto: LMU<br />
Für 18 Studenten des Institutes für<br />
Theaterwissenschaft der LMU war<br />
es eine außergewöhnliche Erfahrung:<br />
Sie traten beim Internationalen<br />
Theaterfestival im März vor<br />
marokkanischen Studierenden der<br />
<strong>Universität</strong> Agadir auf. Dabei handelt<br />
ihr Stück von vielen Themen,<br />
die in einem islamisch geprägten<br />
Land Tabu sind: Sex, Alkohol, Drogen,<br />
Party-Blabla, Techno-Szene,<br />
westliche Kunstszene, Jeff Koons...<br />
Wer überhaupt ist Jeff Koons?<br />
7 Informationen für<br />
Behinderte finden<br />
Studierende der LMU<br />
ab sofort im Internet.<br />
■ „JEFF KOONS“ IN AGADIR<br />
LMU-STUDENTEN GEBEN GASTSPIEL IN MAROKKO<br />
In dem nach dem amerikanischen<br />
Pop-Art-Künstler betitelten jüngsten<br />
Theatertext des Münchner<br />
Gegenwartsautors Rainald Goetz<br />
geht es um Alltag, um Wahrheit, um<br />
Streit und Harmonie, um Kunst und<br />
Banalitäten, um Liebe, Kummer und<br />
Melancholie, um Bilder und Gebärden,<br />
um Mann und Frau, um<br />
Sehnsüchte und Worte. Die Angaben<br />
zu Ort und Zeit sind nur vage,<br />
es gibt weder eine klare Handlung<br />
noch festgeschriebene Rollen. Die<br />
1 Bilder und Gebärden: LMU-Studenten beim Theaterfestival in Agadir.<br />
■ STUDIEREN OHNE HINDERNISSE<br />
NEUE LMU-HOMEPAGE FÜR BEHINDERTE<br />
Unter der Adresse www.barrierefrei-studieren.uni-muenchen.de<br />
bietet die LMU ab sofort spezielle<br />
Informationen für behinderte<br />
Studierende im Internet.<br />
Hier finden sich Hinweise zu aktuellen<br />
Veranstaltungen, Infos zur<br />
Studienbewerbung und -zulassung,<br />
sowie zu speziellen Angeboten der<br />
LMU für ihre behinderten Studierenden.<br />
Es stehen etwa ein Zivildienstleistender,<br />
ein Computer für<br />
Blinde und Sehbehinderte, ein eigener<br />
Ruheraum und reservierte Parkplätze<br />
zur Verfügung. Zudem können<br />
Tipps zur Beschaffung von<br />
Hilfsmitteln und Organisation von<br />
Studienbegleitern abgerufen werden.<br />
Ein Newsletter bietet interessierten<br />
Studierenden aktuelle Infos<br />
besondere Qualität des Textes<br />
besteht in einer großen Freiheit der<br />
Interpretation und szenischen<br />
Umsetzung sowie in der eigenwillig<br />
geformten, bildhaften, poetischen<br />
Sprache, die weniger vom Sinn als<br />
vom Klang und Rhythmus lebt.<br />
Was geschieht nun, wenn man<br />
dieses postdramatische Stück im<br />
Rahmen eines internationalen<br />
Festivals vor einem 450-köpfigen<br />
Publikum spielt, das die deutsche<br />
Sprache nicht versteht und andere<br />
Vorstellungen und Erwartungen<br />
von Theater hat? Die marokkanischen<br />
Zuschauer jedenfalls wollten<br />
Unterhaltung, Musik, Tanz; es wurde<br />
telefoniert, gegessen, getrunken,<br />
geschwatzt, man kam und<br />
ging. Bei einer „Bettszene“ wurde<br />
es jedoch plötzlich ruhig im<br />
Zuschauerraum. Das Gefühl packte<br />
wohl manchen, in einem langsam<br />
anschwellenden surrenden<br />
Bienenschwarm zu sitzen. Obwohl<br />
kaum etwas zu sehen war – keine<br />
Obszönitäten und nur wenig nackte<br />
Haut -, wurde die Phantasie der<br />
Zuschauer über den Rhythmus der<br />
zum Thema „Studieren mit Behinderung”.<br />
Eine Fülle von Links führt<br />
zu weiteren Internetadressen (Studentenwerk,<br />
Behindertenverbände<br />
u.a.). LMU-„Zivi“ Christopher Vickers<br />
zum neuen Angebot: „Die Homepage<br />
enthält alles was behinderte oder<br />
chronisch kranke Studenten benötigen.<br />
Wir haben zum Teil die Informationen<br />
neu aufbereitet und auch<br />
für eingeschränkte Computernutzer<br />
zugänglich gemacht“. ■ af<br />
Ansprechpartner:<br />
Christopher Vickers, Zivi der LMU für<br />
Behinderte und chronisch Kranke<br />
<strong>Ludwig</strong>str. 27/I, Zi. 114<br />
Tel.: 089 - 2180-2963<br />
Mobil: 0170 - 42 40 563<br />
E-Mail: christopher.vickers@<br />
verwaltung.uni-muenchen.de<br />
Sprache angeregt. Einige reagierten<br />
nach der Vorstellung empört,<br />
eine verschleierte Studentin dagegen<br />
war begeistert.<br />
Das für die marokkanische<br />
Theatertradition Fremdartige des<br />
Stückes und der Inszenierung wurde<br />
am letzten Tag des Festivals mit<br />
einem Preis für die innovativste<br />
Produktion anerkannt. Vier Tage<br />
lang waren auf zwei Bühnen insgesamt<br />
zwölf Inszenierungen von<br />
Gruppen aus Marokko, Tunesien,<br />
Spanien, Frankreich und Belgien<br />
gezeigt worden.<br />
Mit der praktischen, das Improvisationstalent<br />
herausfordernden<br />
Durchführung dieses Gastspiels,<br />
den Vorstellungsbesuchen der<br />
anderen Inszenierungen und den<br />
anschließenden Diskussionen haben<br />
die Teilnehmer vielleicht mehr über<br />
das eigenartige Wesen des Theaters<br />
erfahren als in manch einem theoretischen<br />
Seminar. Dank an das<br />
Goethe Institut für die finanzielle<br />
Unterstützung und an den Suhrkamp<br />
Verlag für die Aufführungsrechte.<br />
■ Katrin Kazubko
NEUBERUFEN<br />
PROF. DR. STEFAN K.<br />
BOHLANDER<br />
Medizinische Fakultät<br />
Zum Dezember 2001 hat Stefan<br />
Bohlander seine Professur für molekulare<br />
Hämatologie und Onkologie<br />
bei der Medizinischen Fakultät der<br />
LMU angetreten. Der gebürtige<br />
Rheinland-Pfälzer, Jahrgang 1961,<br />
studierte an der Albert-<strong>Ludwig</strong>s-<br />
<strong>Universität</strong> Freiburg im Breisgau, wo<br />
er 1988 am Institut für Humangenetik<br />
promovierte. Danach arbeitete<br />
er sieben Jahre zunächst als Postdoc,<br />
dann als Research Associate<br />
1 Prof. Dr. Stefan K. Bohlander<br />
und schließlich als Research Associate<br />
(Instructor) auf dem Gebiet der<br />
molekularen Tumorgenetik an der<br />
<strong>Universität</strong> von Chicago bei Prof. Dr.<br />
J. D. Rowley, einer Pionierin in der<br />
Tumorzytogenetik. Einer seiner<br />
Arbeitsschwerpunkte war die molekulare<br />
Charakterisierung von Chromosomentranslokationen<br />
und die<br />
Klonierung von Genen, die durch<br />
diese Chromosomentranslokationen<br />
verändert werden.<br />
Von 1996 bis Ende 2000 war<br />
Bohlander am Humangenetischen<br />
Institut der <strong>Universität</strong> Göttingen<br />
tätig. Nach der Facharztanerkennung<br />
für Humangenetik im Mai<br />
1998 habilitierte er sich im Juni<br />
1999 für das Fach Humangenetik.<br />
Von Herbst 1996 bis Dezember 2000<br />
leitete er die prä- bzw. postnatale,<br />
zytogenetische Diagnostik am Göt-<br />
Foto: LMU<br />
tinger Institut, war in die genetische<br />
Beratungstätigkeit eingebunden,<br />
von 1999 bis 2000 als Oberarzt.<br />
Seit Januar 2001 ist Bohlander in<br />
der Medizinischen Klinik III der LMU<br />
in der molekularen Leukämieforschung<br />
tätig und mit dem Aufbau<br />
einer Arbeitsgruppe am Hämatologikum<br />
in Großhadern beschäftigt.<br />
Wissenschaftlich befasst er sich<br />
auch hier besonders mit den Fusionsgenen,<br />
die bei Leukämien gefunden<br />
werden. Neben der Klonierung<br />
neuer Fusionen geht es zunehmend<br />
um die Frage, wie diese Fusionsproteine<br />
zur Leukämieentstehung<br />
führen können; dabei will er verstärkt<br />
als Technik den Aufbau von<br />
Tiermodellen verfolgen. Die<br />
Erkenntnisse über die genetischen<br />
Veränderungen werden benutzt, um<br />
eine neue Strategie zur Gentherapie<br />
bei Leukämien zu entwickeln. Die<br />
Forschungsvorhaben sind auch<br />
Bestandteil des vom BMBF in <strong>München</strong><br />
geförderten Krebsnetzwerkes,<br />
einem Teil des Deutschen Humanen<br />
Genomprojekts.<br />
PROF. DR. GERHARD BUCHALLA<br />
Fakultät für Physik<br />
Gerhard Buchalla hat im März 2002<br />
seine Professur für Theoretische<br />
Physik an der LMU angetreten. Er<br />
wurde 1965 in Augsburg geboren<br />
und studierte Physik an der TUM, wo<br />
er 1994 promovierte. Von 1994 bis<br />
1996 war er Research Associate am<br />
Fermilab/USA und von 1996 bis<br />
1997 Visiting Theoretical Physicist<br />
am Stanford Linear Accelerator<br />
Center/USA, und zwar als Otto-<br />
Hahn-Stipendiat der Max-Planck-<br />
Gesellschaft. Von 1997 bis 1999 war<br />
er Fellow und von 1999 bis 2002<br />
Staff Member in der Theorieabteilung<br />
am CERN, Genf.<br />
Buchallas Schwerpunkte in Lehre<br />
und Forschung liegen in der<br />
Anwendung der Quantenfeldtheo-<br />
1 Prof. Dr. Gerhard Buchalla<br />
Foto: LMU<br />
rie auf Probleme der Elementarteilchenphysik.<br />
Im Zentrum des Interesses<br />
steht dabei die Theorie der<br />
starken und elektroschwachen<br />
Wechselwirkung. Für ein besseres<br />
Verständnis der Grundlagen dieser<br />
fundamentalen Naturkräfte erweist<br />
sich das Studium der Physik schwerer<br />
Quarks sowie seltener und CPverletzender<br />
Zerfallsprozesse von K<br />
und B Mesonen als besonders<br />
fruchtbar. Die durchgeführten<br />
theroretischen Arbeiten stehen in<br />
engem Zusammenhang mit aktuellen<br />
experimentellen Resultaten aus<br />
internationalen Beschleunigerlabors.<br />
PROF. DR. ANDREAS HAUFLER<br />
Volkswirtschaftliche Fakultät<br />
Im April 2002 hat Andreas Haufler<br />
bei der Volkswirtschaftlichen Fakultät<br />
seine Professur für Wirtschaftspolitik,<br />
insbesondere Entwicklung<br />
der Wirtschaft Osteuropas angetreten.<br />
Prof. Dr. Andreas Haufler, Jahrgang<br />
1961, hat an den Universitä-<br />
1 Prof. Dr. Andreas Haufler<br />
ten Freiburg im Breisgau und Madison,<br />
Wisconsin, USA, Volkswirtschaftslehre<br />
und Politikwissenschaft<br />
studiert. Nach einem Aufbaustudium<br />
„Internationale Wirtschaftsbeziehungen“<br />
promovierte<br />
er 1992 an der <strong>Universität</strong> Konstanz<br />
und ging anschließend für ein Jahr<br />
als Gastdozent an die University of<br />
Western Ontario in London, Kanada.<br />
Auf die Habilitation an der <strong>Universität</strong><br />
Konstanz im Jahre 1998 folgte<br />
die erste Professur an der <strong>Universität</strong><br />
Göttingen. Dort lehrte Prof.<br />
Haufler von 1999 bis 2002 die volkswirtschaftlichen<br />
Fachgebiete<br />
Finanzwissenschaft und Sozialpolitik,<br />
bevor er den Ruf an die <strong>Universität</strong><br />
<strong>München</strong> annahm.<br />
Die Lehrgebiete von Prof. Haufler<br />
liegen in den Bereichen Sozialpolitik,<br />
ökonomische Theorie der<br />
Foto: LMU<br />
Politik und in der nationalen und<br />
internationalen Steuerpolitik. Zentrale<br />
Themen seiner bisherigen Forschungsarbeiten<br />
waren die Auswirkungen<br />
zunehmender internationaler<br />
Marktverflechtung auf die Steuer-<br />
und Sozialpolitik, der internationale<br />
Steuerwettbewerb und die Entscheidung<br />
zwischen nationaler<br />
Steuerautonomie und Steuerharmonisierung<br />
in der Europäischen<br />
Union. An der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<br />
<strong>Universität</strong> wird der Schwerpunkt<br />
der Lehrveranstaltungen von Prof.<br />
Haufler im Bereich der allgemeinen<br />
Wirtschaftspolitik liegen. In der Forschung<br />
werden neben der Weiterführung<br />
laufender Projekte zur<br />
internationalen Steuerpolitik künftig<br />
auch verstärkt wirtschafts- und<br />
sozialpolitische Fragen in einer um<br />
die osteuropäischen Länder erweiterten<br />
EU hinzukommen.<br />
PROF. DR. ROLAND NETZ<br />
Fakultät für Physik<br />
Roland Netz, Jahrgang 1966, ist seit<br />
Februar 2002 als Professor für Theoretische<br />
Physik an der LMU tätig. Er<br />
studierte Physik an der Technischen<br />
<strong>Universität</strong> Berlin und am Massachusetts<br />
Institute of Technology<br />
und promovierte 1994 an der <strong>Universität</strong><br />
zu Köln. Während seiner<br />
dreijährigen Postdoktorandenzeit<br />
forschte er an der Tel-Aviv-University,<br />
an der University of California,<br />
Santa Barbara, in Seattle, am CEA<br />
Saclay und in Straßburg. Er war von<br />
1997 bis 2002 am Max-Planck-<br />
Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung<br />
tätig und habilitierte<br />
sich 2000 in Potsdam.<br />
Im Rahmen seiner Forschung<br />
beschäftigt sich Netz mit theoretischen<br />
Modellen zur Beschreibung<br />
von weichen Materialien, also zum<br />
Beispiel Polymeren, Membranen<br />
und Kolloiden. Hierbei geht es vor<br />
allem um den Einfluss von elektri-<br />
1 Prof. Dr. Roland Netz<br />
Foto: LMU<br />
MUM 02/2002 PERSONEN UND POSITIONEN<br />
21
MUM 02/2002 PERSONEN UND POSITIONEN<br />
22<br />
schen Ladungen auf die Struktur<br />
und Eigenschaften dieser Stoffe.<br />
Eine der wichtigen Fragestellungen<br />
ist etwa die Struktur von Komplexen<br />
aus steifen Polymeren und entgegengesetzt<br />
geladenen Proteinen,<br />
wie sie zum Speichern der (beim<br />
Menschen immerhin zwei Meter<br />
langen) DNS im Zellkern benutzt<br />
wird. Netz wird in <strong>München</strong> auf eine<br />
Kombination von quantenchemischen<br />
Ab-Initio-Verfahren, Skalierungsmethoden<br />
und Computersimulationen<br />
setzen, um das dynamische<br />
und statische Verhalten von<br />
Biomolekülen und anderen makromolekularen<br />
Komplexen zu verstehen.<br />
Dabei werden im Mittelpunkt<br />
die Interpretation von Einzelmolekülexperimenten<br />
und ein theoretisches<br />
Verständnis der Elektrophorese-Methode<br />
stehen.<br />
PROF. DR. GUNNAR DUTTGE<br />
Juristische Fakultät<br />
Im November 2001 übernahm Gunnar<br />
Duttge die Professur für Straf-<br />
1 Prof. Dr. Gunnar Duttge<br />
recht und Rechtsphilosophie, die er<br />
bereits im Sommersemester 2001<br />
als Privatdozent vertreten hatte.<br />
Geboren 1966 in Gemünden am<br />
Main, absolvierte er sein Studium<br />
der Rechtswissenschaften in Würzburg.<br />
Nach einem Studium an der<br />
Hochschule für Verwaltungswissenschaften<br />
in Speyer war er wiederum<br />
in Würzburg als wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter am Lehrstuhl für Kriminologie<br />
und Strafrecht tätig. Nach<br />
seiner Promotion 1995 über den<br />
Begriff der Zwangsmaßnahme im<br />
Strafprozessrecht wechselte Duttge<br />
als wissenschaftlicher Assistent an<br />
die Ruhr-Universiät Bochum. Dort<br />
legte er 1999 seine Habilitationsschrift<br />
vor über den Handlungsunwert<br />
von Fahrlässigkeitsdelikten<br />
und bekam im Januar 2000 die<br />
venia legendi für Strafrecht, Straf-<br />
Foto: LMU<br />
prozessrecht und Rechtsphilosophie<br />
verliehen. Nach seiner Ernennung<br />
zum Hochschuldozenten lehrte er<br />
zunächst in der Nachfolge seiner<br />
akademischen Lehrerin, Prof. Dr. E.<br />
Schlüchter, an der Ruhr-<strong>Universität</strong><br />
Bochum, ehe er dem Ruf nach <strong>München</strong><br />
folgte.<br />
Schwerpunkte seiner Tätigkeit<br />
sind neben dem materiellen Strafrecht<br />
(insbesondere Fahrlässigkeit)<br />
und dem Strafverfahrensrecht (insbesondere<br />
Reformbestrebungen)<br />
auch die Rechtssoziologie und<br />
Rechtsphilosophie, vor allem aktuelle<br />
Fragen der Bioethik und der<br />
Sterbehilfe. Über die Grundrechte<br />
veröffentlichte er 1998 ein Lehrbuch,<br />
das bereits in mehreren Auflagen<br />
erschienen ist. Er ist Herausgeber<br />
und Autor diverser Schriften,<br />
u.a. der NOMOS-<strong>Universität</strong>sschriften<br />
und der Gedächtnisschrift für<br />
Prof. Dr. Ellen Schlüchter. Überdies<br />
kommentiert er den Abschnitt<br />
„Fahrlässigkeit“ im neuen „Münchner<br />
Kommentar zum StGB“. Projekte<br />
der näheren Zukunft widmen sich<br />
der Strafrechtsvergleichung in<br />
Europa sowie der multimedialen<br />
Anwendung des Strafrechts (Neue<br />
Medien).<br />
PROF. DR. MICHAEL MEYEN<br />
Sozialwissenschaftliche Fakultät<br />
Michael Meyen, Jahrgang 1967,<br />
hat zum Sommersemester 2002<br />
seine Professur für Allgemeine und<br />
Systematische Kommunikationswissenschaft<br />
angetreten. Von<br />
1988 bis 1992 studierte er Journalistik<br />
in Leipzig, wo er 1995 promovierte.<br />
In den Jahren 1991 bis<br />
1997 arbeitete er als Journalist<br />
und Nachrichtenredakteur in der<br />
Tagespresse, beim Hörfunk und<br />
beim Teletext. 1997 bis 2002 war<br />
er Habilitationsstipendiat der<br />
Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />
und habilitierte sich 2001.<br />
1 Prof. Dr. Michael Meyen<br />
Foto: LMU<br />
Als Lehrbeauftragter war er an<br />
den <strong>Universität</strong>en Leipzig (1995<br />
bis 2001) und Halle-Wittenberg<br />
(2000/2001) tätig. Im Wintersemester<br />
2001/2002 war er als<br />
Gastprofessor an der TU Dresden.<br />
PREISE<br />
& EHRUNGEN<br />
■ LEIBNIZ- UND POTAMKIN-<br />
PREIS FÜR PROF. HAASS<br />
Dr. Christian Haaß, Professor für<br />
Stoffwechselbiochemie an der LMU,<br />
ist am 6. März in Berlin der Förderpreis<br />
des Gottfried Wilhelm Leibniz-<br />
Programms der Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />
(DFG) 2002<br />
verliehen worden. Darüber hinaus<br />
erhält der Wissenschaftler den diesjährigen<br />
Potamkin-Preis der American<br />
Academy of Neurology. Der<br />
Leibniz-Preis ist mit einer Fördersumme<br />
von drei Millionen Mark verbunden,<br />
der renommierte Potamkin<br />
Award ist mit 100.000 Dollar dotiert.<br />
Der 1960 geborene Haaß studierte<br />
an der Ruprecht-Karls-<strong>Universität</strong><br />
Heidelberg Biologie. Nach<br />
der Promotion 1989 (summa cum<br />
laude) wurde er zunächst Postdoktorand<br />
am Zentrum für molekulare<br />
Biologie in Heidelberg und an der<br />
Harvard Medical School in Boston/<br />
USA, wo er sich schon mit der molekularen<br />
Analyse der Ursachen für<br />
die Entstehung der Alzheimererkrankung<br />
beschäftigte. Dort<br />
arbeitete er von 1993 bis 1995 als<br />
Assistant Professor für Neurologie.<br />
Nach Deutschland zurückgekehrt,<br />
erhielt er eine Professur für Molekularbiologie<br />
am Zentralinstitut für<br />
Seelische Gesundheit in Mannheim<br />
(<strong>Universität</strong> Heidelberg). Bevor Professor<br />
Haaß 1999 dem Ruf nach<br />
<strong>München</strong> folgte, lehnte er einen Ruf<br />
auf eine Stiftungsprofessur an der<br />
Mayo Clinic Jacksonville, USA, ab.<br />
■ HANIEL-STIPENDIUM FÜR<br />
AMERIKANISTIN DER LMU<br />
Acht Haniel-Stipendien sind Anfang<br />
März für Aufbaustudien an führen-<br />
den Hochschulen in Europa und<br />
Übersee vergeben worden. Julia<br />
Kendlbacher vom Amerikanistik-<br />
Institut der LMU ist für eines der<br />
großzügig dotierten und begehrten<br />
Haniel-Stipendien ausgewählt worden.<br />
Kendlbacher, die schon<br />
während ihres Studiums reichlich<br />
Berufserfahrung gesammelt hat,<br />
wird Internationale Umweltpolitik<br />
in Monterey, Nordkalifornien, studieren.<br />
Durch das Auslandsstudium<br />
und ein anschließendes Praktikum<br />
wird sie sich für die internationale<br />
Arbeitswelt weiter qualifizieren.<br />
Das Haniel-Stipendienprogramm<br />
besteht seit 1991. Bewerben<br />
können sich hochqualifizierte Nachwuchskräfte<br />
mit besonderer praxisnaher<br />
und wirtschaftsorientierter<br />
Ausrichtung aus den Fächern Wirtschafts-,<br />
Rechts-, Staats- und<br />
Sozialwissenschaften sowie dem<br />
Wirtschaftsingenieurwesen. Das<br />
mehrstufige Auswahlverfahren<br />
sowie die Betreuung der Stipendiaten<br />
erfolgt in Kooperation mit der<br />
Studienstiftung des deutschen<br />
Volkes. Weitere Informationen bei<br />
der Studienstiftung, Tel.: 0228-829<br />
96 62; E-Mail: kalmbach@studienstiftung.de<br />
und im Internet unter<br />
www.haniel-stiftung.de.<br />
■ DAAD-JAHRESPREIS FÜR<br />
LMU-STUDENTIN<br />
Die chinesische Studierende Zhao<br />
Yu des auslandsorientierten Masterstudiengangs<br />
„Psychology of Excellence“<br />
der LMU hat den DAAD-Jahrespreis<br />
2001 erhalten. Sie ist damit<br />
die zweite EXCELLENCE-Studierende,<br />
die diesen Preis zuerkannt<br />
bekam. Die Ukrainerin Diana Krasikova<br />
erhielt bereits den DAAD-Jahrespreis<br />
1999. Im Jahr 2000 waren<br />
zwei deutsche Teilnehmerinnen –<br />
Caroline Haff und Anja Kahnt – mit<br />
dem dib-Wissenschaftspreis des<br />
Deutschen Instituts für Betriebswirtschaft<br />
ausgezeichnet worden<br />
(MUM berichtete).<br />
■ CHOICE-AUSZEICHNUNG<br />
2001 FÜR LMU-AUTOR<br />
„The International Handbook of<br />
Giftedness and Talent“ (2nd ed.),<br />
herausgegeben von Prof. K.A. Heller<br />
(LMU), F.J. Mönks (KUN), R.J. Sternberg<br />
(YALE) und R.F. Subotnik<br />
(CUNY/APA), ist von der Zeitschrift<br />
CHOICE als „Outstanding academic<br />
title“ 2001 ausgezeichnet worden.
CHOICE ist ein unabhängiges<br />
Rezensionsmagazin für Bibliothekare,<br />
das von der American Library<br />
Association herausgegeben wird.<br />
Darin werden pro Jahr mehr als<br />
23.000 Titel besprochen. Das Handbuch<br />
ist für sein hohes wissenschaftliches<br />
Niveau, für seine Präsentation<br />
sowie für seine herausragende<br />
Beitragsleistung und Bedeutung<br />
für dieses Spezialgebiet ausgezeichnet<br />
worden.<br />
■ RUDOLF JAHNS<br />
FÖRDERPREISE 2002<br />
Gisela Burkamp, M.A. und Dr. Christian<br />
Fuhrmeister vom Department<br />
Kunstwissenschaften der LMU<br />
haben die Rudolf Jahns Förderpreise<br />
2002 erhalten. Gisela Buhrkamp<br />
ist für ihre im April 2001 erschienene<br />
Publikation „Rudolf Jahns” ausgezeichnet<br />
worden. Die 1941 in Berlin<br />
geborene Kunsthistorikerin<br />
beschäftigt sich seit dem Jahr 1980<br />
mit dem Werk des Künstlers und hat<br />
noch zu Lebzeiten Jahns eine Ausstellung<br />
seiner Japan-Aqua-Zeichnungen<br />
erstellt. Dr. Christian Fuhrmeister<br />
erhielt den Preis für seine<br />
Studie über die Gemälde von Rudolf<br />
Jahns, die nach 1945 entstanden<br />
sind. Fuhrmeister, 1963 in Flensburg<br />
geboren, promovierte an der <strong>Universität</strong><br />
Hamburg und ist seit Januar<br />
2002 Geschäftsführer des<br />
Departments Kunstwissenschaften<br />
der LMU.<br />
Der Rudolf Jahns Preis – mit<br />
einer Gesamtpreissumme von<br />
12.800 Euro dotiert – wird alle zwei<br />
Jahre vor allem an jüngere<br />
Kunsthistoriker sowie Publizisten<br />
und Kunstvermittler vergeben, die<br />
sich mit dem künstlerischen Werk<br />
von Rudolf Jahns und seiner Zeit<br />
befassen.<br />
■ EHRENDOKTORWÜRDE FÜR<br />
PROFESSOR HELLBRÜGGE<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Theodor Hellbrügge,<br />
em. O., Professor für Sozialpädiatrie<br />
der LMU und Leiter des<br />
Kinderzentrums <strong>München</strong>, hat von<br />
der <strong>Universität</strong> Breslau die Ehrendoktorwürde<br />
erhalten. Die Medizinische<br />
<strong>Universität</strong> Breslau ehrt<br />
Theodor Hellbrügge für seine hervorragenden<br />
wissenschaftlichen<br />
Leistungen und die ständige Hilfe<br />
für die polnische Pädiatrie und<br />
Pädagogik. Damit erhöht sich die<br />
Zahl seiner Ehrendoktortitel auf 13.<br />
Prof. Hellbrügge begann seine<br />
Laufbahn als Kinderarzt der Uniklinik<br />
<strong>München</strong> und gründete hier den<br />
ersten deutschen Lehrstuhl für Sozialpädiatrie;<br />
zu seinen Errungenschaften<br />
zählt beispielsweise die<br />
Einführung der heute üblichen Kinder-Vorsorge-Untersuchungen<br />
in<br />
Deutschland. Mit dem Kinderzentrum<br />
<strong>München</strong> schuf er die erste<br />
sozialpädiatrische Einrichtung für<br />
Entwicklungs-Rehabilitation,<br />
Früherkennung und -therapie und<br />
soziale Integration. Mittlerweile gibt<br />
es 200 solcher Kinderzentren im Inund<br />
Ausland. Zur Gründung von<br />
weiteren Zentren hat Prof. Hellbrügge<br />
1999 die Internationale<br />
Aktion Sonnenschein e.V. gegründet.<br />
Gerade in Ländern, in denen<br />
Behinderte ausgestoßen oder vernachlässigt<br />
von der Gesellschaft<br />
leben müssen, sind die Kinderzentren<br />
einzigartige Hilfsprojekte.<br />
■ EHRENDOKTORWÜRDE FÜR<br />
PROF. NIKOLAOU<br />
Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Theodor Nikolaou,<br />
Leiter der Ausbildungseinrichtung<br />
für Orthodoxe Theologie, hat<br />
von der <strong>Universität</strong> „Babes-Bolyai“<br />
in Cluj-Napoca (Klausenburg,<br />
Rumänien) die Ehrendoktorwürde<br />
erhalten. Mit der Auszeichnung wird<br />
seine didaktische und wissenschaftliche<br />
Tätigkeit gewürdigt<br />
sowie sein Engagement für die<br />
Beziehungen zwischen der rumänischen<br />
und deutschen Orthodoxie,<br />
die er im Rahmen des Studentenund<br />
Professorenaustausches gefördert<br />
hat.<br />
Der 1942 in Anawra (Griechenland)<br />
geborene Nikolaou hat an der<br />
Theologischen Hochschule des ökumenischen<br />
Patriarchats in<br />
Chalki/Konstantinopel und an den<br />
<strong>Universität</strong>en Thessaloniki und<br />
Bonn Theologie, Philosophie und<br />
Klassische Philologie studiert. Er<br />
promovierte in Bonn und Thessaloniki<br />
und habilitierte sich 1975 in<br />
Bern. Seit 1984 ist er Inhaber des<br />
damals neu eingerichteten Lehrstuhls<br />
für Orthodoxe Theologie an<br />
der Katholisch-Theologischen<br />
Fakultät der LMU.<br />
■ FRIEDRICH WILHELM<br />
BESSEL-FORSCHUNGSPREIS<br />
Der Australier Prof. Dr. Martin G.<br />
Banwell ist mit dem neuen Friedrich<br />
Wilhelm Bessel-Forschungspreis<br />
ausgezeichnet worden; Banwells<br />
wissenschaftlicher Gastgeber ist<br />
Prof. Dr. Wolfgang Steglich vom<br />
Institut für Organische Chemie der<br />
LMU. Der vom Bundesforschungsministerium<br />
gestiftete und von der<br />
Alexander von Humboldt-Stiftung<br />
verliehene Friedrich Wilhelm Bessel-<br />
Forschungspreis ehrt hoch qualifizierte<br />
Nachwuchswissenschaftler<br />
aus dem Ausland. Diese können mit<br />
dem Preisgeld von bis zu 75.000<br />
Euro einen längeren Forschungsaufenthalt<br />
an einer deutschen Forschungseinrichtung<br />
ihrer Wahl<br />
finanzieren.<br />
■ LMU-STUDENTEN BEI UNO IN<br />
NEW YORK ERFOLGREICH<br />
Beim National Model United Nations<br />
(NMUN), der weltweit größten<br />
und wichtigsten Simulationsveranstaltung<br />
der Vereinten Nationen,<br />
haben die Delegationen der LMU in<br />
diesem Jahr besonders gut abgeschnitten.<br />
Die LMU erhielt die<br />
Höchstzahl von vier Awards, darunter<br />
eine „Outstanding Delegation“ –<br />
ein Award der höchsten Kategorie.<br />
Damit war die LMU die beste ausländische<br />
<strong>Universität</strong> überhaupt<br />
beim diesjährigen NMUN.<br />
Bei dem Projekt simulieren über<br />
2500 Studenten aus aller Welt die<br />
Arbeit der UN in rund zwei Dutzend<br />
Gremien, vom Sicherheitsrat bis hin<br />
zur Generalversammlung und vielen<br />
Unterkommissionen. Seit 15<br />
Jahren nimmt daran auch regelmäßig<br />
eine Delegation der LMU teil,<br />
in den vergangenen Jahren immer<br />
mit Erfolg.<br />
Die LMU war mit insgesamt 22<br />
Studenten in New York vertreten.<br />
Sie spielten in diesem Jahr zwei Rollen:<br />
Ägypten (mit 17 Studenten)<br />
und die Nichtregierungs-Organisation<br />
„International Union of Local<br />
Authorities“ (IULA). Bei der Awardvergabe<br />
wurden diese Delegationen<br />
getrennt gewertet: Beide erhielten<br />
einen Award für die Qualität ihrer<br />
Position Papers (der Stellungnahmen<br />
des jeweiligen Landes zu den<br />
im jeweiligen Komitee behandelten<br />
Themen), die Ägypter darüber hinaus<br />
eine „Distinguished Delegation“<br />
(zweite von drei Kategorien) und die<br />
IULA zum ersten Mal in der<br />
Geschichte der LMU die „Outstanding<br />
Delegation“.<br />
Die NMUN-Projektgruppe <strong>München</strong><br />
ist eine studentische Initiative<br />
am Geschwister-Scholl-Institut, das<br />
Projekt ist an die Lehreinheit Prof.<br />
Dr. Peter J. Opitz angegliedert. Geleitet<br />
wurde die Lehrveranstaltung<br />
durch zwei Lehrbeauftragte, Gregor<br />
Kolk M.A. und Reinhard Wesel M.A.,<br />
sowie ein 5-köpfiges „Orga-Team“:<br />
Das sind Teilnehmer vom Vorjahr,<br />
die als Tutoren die Teilnehmer auf<br />
die Simulationen vorbereiten, die<br />
alles Organisatorische, nicht zuletzt<br />
die Finanzen, übernehmen und die<br />
die Lehrveranstaltung mit den Lehrbeauftragten<br />
gemeinsam durchführen.<br />
■ UNIVERSITY OF PRETORIA<br />
EHRT LMU-THEOLOGEN<br />
Die University of Pretoria hat die<br />
Professoren Friedrich Wilhelm Graf,<br />
Lehrstuhlinhaber für Systematische<br />
Theologie mit Schwerpunkt Ethik,<br />
sowie Eckart Otto, Lehrstuhl für Alttestamentliche<br />
Theologie, beide an<br />
der Evangelisch-Theologischen<br />
Fakultät der LMU, zu Research Fellows<br />
ernannt. Diese Ehrung erfolgte<br />
im Rahmen des Partnerschaftsabkommens<br />
der Evangelisch-Theologischen<br />
Fakultät der LMU mit der<br />
Theologischen Fakultät der University<br />
of Pretoria.<br />
Professor Graf und Professor<br />
Otto werden Doktoranden an der<br />
südafrikanischen <strong>Universität</strong> mitbetreuen<br />
und beteiligen sich an der<br />
Konzeption gemeinsamer Forschungsprojekte:<br />
Im Mittelpunkt<br />
steht dabei die Untersuchung des<br />
Wandels des südafrikanischen „religiösen<br />
Marktes“ unter der Perspektive<br />
der neueren, jetzt ökonomisch<br />
orientierten Religionskulturforschung.<br />
Friedrich Wilhelm Graf, Jahrgang<br />
1948, wurde 1999 an die LMU<br />
berufen. Seine Forschungsinteressen<br />
gelten dem Zusammenhang<br />
zwischen kapitalistischer Globalisierung<br />
und religiösen Mentalitäten,<br />
den Grundlagenfragen der Bio- und<br />
Wirtschaftsethik sowie der Religions-<br />
und Theologiegeschichte des<br />
18. bis 20. Jahrhunderts.<br />
Eckart Otto, Jahrgang 1944, kam<br />
1996 nach <strong>München</strong>. Seine Forschungen<br />
gelten der Altorientalischen<br />
und Biblischen Rechtsgeschichte<br />
im Rahmen einer antiken<br />
Literatur- und Religionsgeschichte<br />
sowie deren Bedeutung für heutige<br />
Ethikdiskurse im Horizont einer universalen<br />
Theorie der Moderne.<br />
MUM 02/2002 PERSONEN UND POSITIONEN<br />
23
MUM 02/2002 PERSONEN UND POSITIONEN<br />
24<br />
Foto: Bundesverfassungsgericht<br />
■ ZUR PERSON<br />
Professor Dr. Hans-Jürgen<br />
Papier, Jahrgang 1943, hat seit<br />
1992 den Lehrstuhl für Öffentliches<br />
Recht, insbesondere Deutsches<br />
und Bayerisches Staatsund<br />
Verwaltungsrecht an der<br />
LMU inne. Der gebürtige Berliner<br />
studierte in seiner Heimatstadt<br />
und habilitierte sich 1973<br />
an der FU. Von 1974 bis 1991<br />
war Papier Professor an der <strong>Universität</strong><br />
Bielefeld, wo er sich<br />
unter anderem auf Umweltrecht<br />
spezialisierte. Als Vorsitzender<br />
der „Unabhängigen Kommission<br />
zur Überprüfung des Vermögens<br />
der Parteien und Massenorganisationen<br />
der DDR“ schloss er mit<br />
der PDS einen Vergleich über<br />
deren weit gehenden Verzicht<br />
auf das SED-Vermögen. 1998<br />
wurde Papier als Vorsitzender<br />
des Ersten Senats Vizepräsident<br />
des Bundesverfassungsgerichts.<br />
Im April 2002 ernannte ihn Bundespräsident<br />
Johannes Rau zum<br />
Präsidenten des höchsten deutschen<br />
Gerichts. Hans-Jürgen<br />
Papier ist verheiratet und Vater<br />
zweier erwachsener Kinder.<br />
ZWEI MÜNCHNER IN KARLSRUHE<br />
LMU-PROFESSOREN PAPIER UND<br />
DI FABIO WACHEN ALS VERFASSUNGS-<br />
RICHTER ÜBER DAS GRUNDGESETZ<br />
Der jüngste Eklat im Bundesrat hat es wieder einmal gezeigt: Wenn Politiker sich über Grundsatzfragen<br />
streiten, bleibt nur das Bundesverfassungsgericht als letzte Rettung. Die höchste Gerichtsinstanz<br />
in Deutschland genießt nicht von ungefähr großes Ansehen, schließlich ist sie prominent<br />
besetzt. Zwei Verfassungsrichter kommen von der LMU: Professor Hans-Jürgen Papier ist<br />
als Nachfolger von Jutta Limbach seit dem 10. April Präsident des Bundesverfassungsgerichts.<br />
Seinen Lehrstuhl wird der 58-jährige Jurist weiter führen. Professor Udo Di Fabio gehört seit<br />
Dezember 1999 dem Zweiten Senat des Gerichts an. Gleichzeitig lehrt der 48-jährige Lehrstuhlinhaber<br />
Öffentliches Recht und Verfassungsgeschichte an der LMU. MUM sprach mit den<br />
beiden Verfassungsrichtern über Richteramt und Uni-Alltag.<br />
MUM: Herr Prof. Papier, welche<br />
Auswirkungen hat Ihre Berufung<br />
zum Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts<br />
auf Ihre Arbeit<br />
an der LMU?<br />
Papier: Sicherlich wird die zeitliche<br />
Anspannung durch das neue Amt<br />
noch zunehmen. Aber es ist ja nicht<br />
so, dass nun alles völlig neu wäre. Ich<br />
war als Vorsitzender des Ersten<br />
Senats bereits vier Jahre Vizepräsident<br />
dieses Gerichts. Aber einige,<br />
insbesondere repräsentative Verpflichtungen<br />
werden hinzukommen.<br />
MUM: In welchem Umfang werden<br />
Sie in diesem Sommersemester<br />
Lehrveranstaltungen an der <strong>Universität</strong><br />
<strong>München</strong> halten?<br />
Papier: Ich werde, wie bisher auch,<br />
eine zweistündige Vorlesung über<br />
Verwaltungsrecht halten und<br />
zudem ein Blockseminar mit dem<br />
Titel „Streitbare Demokratie in<br />
Deutschland“ anbieten. Da wird es<br />
auch um Parteiverbotsverfahren<br />
und Demonstrationsverbote gehen.<br />
MUM: Ergeben sich durch Ihre neue<br />
Position in Karlsruhe inhaltliche<br />
Probleme für Ihre Lehrveranstaltungen<br />
– etwa wenn es um persönliche<br />
Bewertungen geht?<br />
Papier: Als Verfassungsrichter darf<br />
ich in meinen Lehrveranstaltungen<br />
nicht aus laufenden Verfahren<br />
berichten. Allerdings ist es möglich,<br />
aus der Praxis des Verfassungsgerichts<br />
abstrakte Rechtsprobleme zu<br />
thematisieren, zum Beispiel im<br />
Zusammenhang mit den Demonstrationsverboten.<br />
Ich muss mich<br />
aber persönlich zurückhalten und<br />
darf nicht zu vertraulichen Vorgängen<br />
Stellung beziehen.<br />
MUM: Sie gelten als eher konservativer<br />
Vertreter Ihrer Zunft und sind<br />
Mitglied der CSU. Inwieweit beeinflusst<br />
das Ihre Neutralität als Richter?<br />
Papier: Eine Parteimitgliedschaft<br />
darf sich nicht auf die richterliche<br />
Tätigkeit auswirken. Aber das Bundesverfassungsgericht<br />
hat ohnehin<br />
zu einem ganz überwiegenden Teil<br />
nicht mit parteipolitischen Streitigkeiten<br />
zu tun. Beurteilungsmaßstab<br />
des Gerichts ist allein das Verfassungsrecht.<br />
Und dieses sollte nicht<br />
mit der parteipolitischen Brille ausgelegt<br />
werden. Wichtiger als die<br />
politische Ausrichtung eines Richters<br />
ist sein Sachverstand sowie seine<br />
Lebenserfahrung und sein<br />
Gerechtigkeitsgefühl.<br />
MUM: Im Gegensatz zu Jutta Limbach<br />
haben Sie keine politische<br />
Vergangenheit und waren daher<br />
vor Ihrer Wahl zum Präsidenten<br />
der breiten Öffentlichkeit auch<br />
nicht so bekannt. Wie wollen Sie<br />
mit Ihren neuen Repräsentationspflichten<br />
umgehen?<br />
Papier: Als Vorsitzender des Ersten<br />
Senats war ich bisher auch schon in<br />
gewissem Umfang mit Repräsentationspflichten<br />
betraut, denn das<br />
Verfassungsgericht ist ein Zwillingsgericht.<br />
Das bedeutet: Jeder der<br />
beiden Senate ist das Bundesverfassungsgericht.<br />
Allerdings werden<br />
durch das neue Amt wohl doch<br />
wesentlich mehr Verpflichtungen,<br />
vor allem im Ausland, auf mich<br />
zukommen.<br />
MUM: Was sagt Ihre Frau zu Ihren<br />
neuen Aufgaben?<br />
Papier: Wenn es protokollarisch<br />
notwendig ist, wird sie mich sicherlich<br />
auf Reisen begleiten. Ansonsten<br />
wird sich an unserem persönlichem<br />
Leben zwischen Karlsruhe und Tutzing,<br />
unserem Hauptwohnsitz,<br />
nichts Wesentliches ändern. ■<br />
Fotos: LMU
MUM:<br />
Herr Prof. Di Fabio, wie bringen<br />
Sie die Verpflichtungen in Karlsruhe<br />
und an der LMU unter einen Hut?<br />
Di Fabio: Manchmal ist die Doppelbelastung<br />
nur schwer erträglich,<br />
zumal ich kleine Kinder habe – meine<br />
Tochter ist drei Monate und meine<br />
Söhne fünf und bald sieben Jahre<br />
alt. Und die Familie hat für mich nun<br />
einmal den höchsten Stellenwert.<br />
Gleichzeitig gehe ich leidenschaftlich<br />
gern in den Hörsaal, weil ich den Kontakt<br />
zu den Studenten nicht verlieren<br />
will. Zudem bin ich etwa drei bis vier<br />
Tage pro Woche in Karlsruhe.<br />
MUM: Welche Lehrveranstaltungen<br />
werden Sie in diesem Sommersemester<br />
an der <strong>Universität</strong> <strong>München</strong><br />
halten?<br />
Di Fabio: Ich gebe einen vierstündigen<br />
Grundkurs für Erst- und<br />
Zweitsemester, der im Wintersemester<br />
angefangen hat und nun im<br />
Sommersemester<br />
fortgesetzt<br />
wird. Darin geht<br />
es um Öffentliches<br />
Recht und Verfassungsrecht.<br />
MUM: Im Zweiten Senat sind Sie<br />
für Organstreitigkeiten zuständig.<br />
Sollte die Union wegen des Streits<br />
um das Abstimmungsverfahren im<br />
Bundesrat zum Zuwanderungsgesetz<br />
das Bundesverfassungsgericht<br />
in Karlsruhe anrufen, könnte<br />
der Fall auf Ihrem Schreibtisch<br />
landen. Wie schätzen Sie die ganze<br />
Sache ein?<br />
Di Fabio: Zum konkreten Fall kann<br />
ich mich nicht äußern, aber er ist<br />
sicherlich nicht alltäglich. Es geht<br />
um eine verfassungsrechtliche<br />
Streitfrage, die womöglich das Bundesverfassungsgericht<br />
beschäftigen<br />
wird. Über die Aufgeregtheiten der<br />
Auseinandersetzung hinweg<br />
wünscht man sich gelegentlich eine<br />
stärkere öffentliche Debatte über<br />
politische Inhalte.<br />
MUM: Warum genießt<br />
das Bundesverfassungsgericht<br />
in der Öffentlichkeit<br />
ein so hohes Ansehen?<br />
Di Fabio: Das hängt sicherlich<br />
mit der richterlichen<br />
Unabhängigkeit zusammen. Das Verfassungsgericht<br />
legt die manchmal<br />
recht allgemeinen Normen des<br />
Grundgesetzes aus und bemüht sich<br />
um Augenmaß bei den Folgen seiner<br />
Entscheidungen. Karlsruhe steht<br />
dabei unter starker öffentlicher<br />
Beobachtung. Die Erwartungshaltung<br />
und das Vertrauen der Bürger<br />
in eine gute Rechtsprechung bedeuten<br />
eine große Verantwortung für<br />
jeden Richter.<br />
MUM: Sie haben für einen Verfassungsrichter<br />
eine eher ungewöhnliche<br />
Karriere hinter sich. Sie haben<br />
nach der Realschule zunächst zehn<br />
Jahre als Kommunalbeamter in<br />
Dinslaken gearbeitet und erst im<br />
Abendgymnasium das Abitur<br />
gemacht. Wie kam es dazu?<br />
Di Fabio: Die Berufstätigkeit nach<br />
der Realschule war als Erfahrung<br />
sehr wichtig, es entstand bei mir<br />
jedoch schnell der Wunsch, eine <strong>Universität</strong><br />
zu besuchen. Im Abendgymnasium<br />
Abitur zu machen, war in der<br />
Sache nicht schwieriger, aber abends<br />
vielleicht ein wenig mühsamer. ■<br />
Interviews: Ortrun Huber<br />
■ ZUR PERSON<br />
Professor Dr. Dr. Udo Di Fabio,<br />
1954 in Duisburg geboren, hat<br />
seit 1997 den Lehrstuhl für<br />
Öffentliches Recht und Verfassungsgeschichte<br />
an der LMU<br />
inne. Während einer zehnjährigen<br />
Karriere als Verwaltungsbeamter<br />
im Mittleren Dienst der<br />
Stadt Dinslaken erwarb er am<br />
Abendgymnasium das Abitur<br />
und begann ein Jurastudium,<br />
das er 1985 abschloss. Nach<br />
einer kurzen Zeit als Richter am<br />
Amtsgericht Duisburg promovierte<br />
Di Fabio an der <strong>Universität</strong><br />
Bonn, wo er bis 1990 als wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter am<br />
Institut für Öffentliches Recht<br />
tätig war. Nach einer zweiten<br />
Promotion im Fach Soziologie<br />
1990 folgte 1993 die Habilitation.<br />
Im gleichen Jahre wechselte<br />
er als Professor an die <strong>Universität</strong><br />
Münster, wenige Monate<br />
später nahm er einen Ruf an die<br />
<strong>Universität</strong> Trier an. Seit Ende<br />
1999 ist der Jurist Richter des<br />
Bundesverfassungsgerichts.<br />
Udo Di Fabio ist verheiratet und<br />
Vater von drei Kindern.<br />
Foto: Bundesverfassungsgericht<br />
MUM 02/2002 PERSONEN UND POSITIONEN<br />
25
MUM 02/2002 ESSAY<br />
26<br />
LERNORT LABOR<br />
PERSPEKTIVEN EINER NEUEN<br />
LEHR- UND LERNKULTUR<br />
Unter dem Stichwort „Lernort<br />
Labor“ sind in Deutschland in<br />
den vergangenen Jahren eine<br />
Reihe von Initiativen entstanden,<br />
die sich an der Nahtstelle<br />
zwischen Schule und Hochschule<br />
mit der Förderung des naturwissenschaftlichenNachwuchses<br />
befassen. Die relativ verzweigten<br />
Ansätze dieser Initiativen<br />
sind nun zum ersten Mal<br />
in einer Studie gemeinsam von<br />
der Kultusministerkonferenz<br />
und der Hochschulrektorenkonferenz<br />
herausgegeben, dokumentiert<br />
und analysiert worden.<br />
Der Psychologe Michael Ley,<br />
Autor der Studie „Übergang<br />
Schule - Hochschule“, äußert<br />
sich hier zu bildungspolitischen<br />
Perspektiven, die mit dieser Art<br />
des außerschulischen Lernens<br />
verbunden sind.<br />
Physik, Chemie und Mathematik:<br />
Um die Naturwissenschaften machen<br />
Schüler und Studenten heute<br />
einen großen Bogen. Zu trocken, zu<br />
spröde und zu wenig lebensnah erscheinen<br />
vielen jungen Leuten diese<br />
Fächer in der Schule, und deshalb<br />
sinken nicht nur die Einschreibequoten<br />
an den Hochschulen, sondern<br />
es nimmt auch die Zahl derjenigen<br />
ab, die eine Berufsausbildung<br />
im Bereich von Naturwissenschaft<br />
und Technik anstreben.<br />
Viele Bildungsplaner sehen angesichts<br />
solcher Entwicklungen bereits<br />
komplette Berufszweige wegbrechen.<br />
„Forschung und Leere“ titelte<br />
jüngst der SPIEGEL und beschreibt<br />
eine Horrorvision, die an<br />
vielen Stellen längst Wirklichkeit geworden<br />
ist: Physikprofessoren, die<br />
vor leeren Bänken über Quantenmechanik<br />
dozieren, Forschungsinstitute,<br />
denen qualifizierte Nach-<br />
wuchskräfte ausgehen, Assistenten,<br />
die nur noch für den eigenen Bedarf<br />
vor sich hinforschen.<br />
Es ist allerdings nicht nur der<br />
drohende Nachwuchsmangel, der<br />
die Bildungspolitiker beunruhigt.<br />
Fast ebenso bedenklich erscheinen<br />
die Ergebnisse der jüngsten Schulleistungsuntersuchungen,<br />
die deutschen<br />
Schülerinnen und Schülern<br />
gerade in Mathematik und Naturwissenschaft<br />
ein schlechtes Zeugnis<br />
ausstellen: Insbesondere beim<br />
Lösen komplexer Aufgaben, die ein<br />
konzeptionelles Verständnis naturwissenschaftlicher<br />
Sachverhalte<br />
oder die flexible Anwendung<br />
erworbener Wissensbestände erfordern,<br />
zeigen sich deutliche<br />
Schwächen. Das alles sind Anzeichen<br />
einer sehr weitreichenden Krise<br />
unseres Bildungssystems, die sich<br />
nicht ohne weiteres wegdiskutieren<br />
lassen: Nicht nur weil die Industriegesellschaft<br />
auf qualifizierten<br />
ESSAY<br />
Nachwuchs in den Naturwissenschaften<br />
angewiesen ist, sondern<br />
vor allem auch deshalb, weil eine<br />
ganze Generation von wichtigen<br />
Kenntnissen und Fertigkeiten in einem<br />
Kernbereich unserer Kultur<br />
ausgeschlossen zu werden droht.<br />
Innerhalb der Bildungsforschung<br />
gilt heute als erwiesene Tatsache,<br />
dass sich die Probleme, vor denen<br />
das deutsche Bildungssystem steht,<br />
nicht mehr nur mit den traditionellen<br />
Mitteln der Schule lösen lassen.<br />
Ähnlich wie in anderen Bereichen<br />
der Kultur sind vielmehr auch an<br />
dieser Stelle innovative und zukunftsweisende<br />
Konzepte gefragt.<br />
Isolierte Maßnahmen und Teilveränderungen<br />
sind Flickwerk und<br />
führen letztlich nur zu einer Verschärfung<br />
der Probleme.<br />
AUFFORDERUNG<br />
ZUM AUSPROBIEREN<br />
Im Bereich der Naturwissenschaften<br />
verbinden sich Ansätze zu einer<br />
strukturellen Erneuerung daher vor<br />
allem mit einer Reihe von Initiativen,<br />
die bisher noch außerhalb der<br />
etablierten Bildungseinrichtungen<br />
operieren. Im Übergang zwischen<br />
Schule, Hochschule und außeruniversitärenForschungseinrichtun-<br />
Dipl.-Psych. Michael Ley<br />
Autor der Studie „Übergang Schule – Hochschule“,<br />
<strong>Universität</strong> Bonn<br />
gen angesiedelt, bieten sie Schülerinnen<br />
und Schülern die Möglichkeit,<br />
sich ergänzend zum Schulunterricht<br />
mit authentischen Zusammenhängen<br />
der Naturwissenschaften<br />
zu befassen: beispielsweise<br />
im Rahmen von Aktionswochen<br />
oder -tagen an den Hochschulen,<br />
bei Besuchen von Forschungslaboren<br />
oder -einrichtungen, aber auch<br />
im Zusammenhang mit langfristig<br />
angelegten Arbeitsgemeinschaften<br />
und Praktika.<br />
Im Unterschied zu traditionellen<br />
Lernformen liegt der Schwerpunkt<br />
der Initiativen dabei nicht in erster<br />
Linie auf der Vermittlung bestimmter<br />
„Inhalte“. Im Zentrum der einzelnen<br />
Projekte stehen vielmehr Formen<br />
des wissenschaftlichen Fragens<br />
und Denkens, die sich an alltagsnahen<br />
und anschaulichen Gesichtspunkten<br />
orientieren, verstärkt<br />
Möglichkeiten des Ausprobierens<br />
und Selber-Machens einräumen<br />
und nicht zuletzt von einem besonderen<br />
Interesse an den ästhetischen<br />
Seiten der wissenschaftlichen Systembildung<br />
geleitet werden.<br />
Was damit gemeint sein könnte,<br />
lässt sich vor allem am Beispiel der<br />
Schüler-Experimentiertage verdeutlichen.<br />
Hier bieten bestimmte Forschungseinrichtungen<br />
kompletten<br />
Schulklassen oder einzelnen Schülergruppen<br />
die Möglichkeit, authentische<br />
Fragestellungen aus dem Forschungsalltag<br />
der Physik, Chemie<br />
oder Biologie in speziell zubereiteten<br />
Experimenten zu bearbeiten. Anders<br />
als dies häufig in der Schule der Fall<br />
ist, muss dabei jedoch nicht ein bestimmtes<br />
Experimentalschema eingehalten<br />
oder reproduziert werden,<br />
sondern es wird ausdrücklich Platz<br />
zum Hin- und Herwenden oder zum<br />
„Befummeln“ der einzelnen Fragestellungen<br />
eingeräumt: An die<br />
Stelle der Einbahnstraßen-Physik,<br />
die lediglich den Vorgaben des Lehrbuchs<br />
folgt, tritt die Erfahrung von<br />
Zusammenhängen, in denen sich<br />
unser vertrauter Alltag neu ordnen<br />
und sortieren lässt.<br />
An Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />
der Bundes-<br />
Foto: privat
epublik existieren nach vorsichtigen<br />
Schätzungen inzwischen mehrere<br />
tausend Initiativen, die sich mit<br />
der Nachwuchswerbung im Bereich<br />
des außerschulischen Lernens befassen.<br />
Sie unterscheiden sich hinsichtlich<br />
ihrer inhaltlichen Zielsetzungen,<br />
ihrer didaktischen Konzeption<br />
und ihrer organisatorischen<br />
Struktur teilweise erheblich voneinander.<br />
Gemeinsam ist ihnen jedoch<br />
der Versuch, für Zusammenhänge<br />
des naturwissenschaftlichen Denkens<br />
zu werben, die über der einseitigen<br />
Betonung scheinbar feststehender<br />
„Inhalte“ oder „Erkenntnisse“<br />
häufig vergessen werden: Die<br />
Initiativen machen darauf aufmerksam,<br />
dass auch die Naturwissenschaften<br />
an menschliche Motivationen<br />
gebunden sind, die nicht einfach<br />
zugunsten „objektiver“ Fakten<br />
übersehen werden können. Die einzelnen<br />
Projekte unterstützen damit<br />
Zusammenhänge, die früher einmal<br />
unter dem Stichwort Bildung zusammengefasst<br />
wurden. Heute<br />
klingt dieser Begriff ziemlich verstaubt,<br />
und statt auf Bildung setzen<br />
wir lieber auf Wissensmanagement,<br />
Informationsübertragung und globale<br />
Vernetzung der Hochschulabschlüsse.<br />
FÜR EINE MENSCHLICHERE<br />
BILDUNGSPOLITIK<br />
Nicht nur im Bereich der Schul- und<br />
Hochschulpolitik lässt sich jedoch<br />
beobachten, dass die Menschen<br />
heute immer größere Schwierigkeiten<br />
haben, der immer weiter ausgreifenden<br />
Digitalisierung unseres<br />
Alltags Folge zu leisten: Wir können<br />
heute zwar eine SMS an den entferntesten<br />
Punkt der Erde schicken,<br />
aber wir haben verlernt, ein banales<br />
Gespräch zu führen.<br />
Aus psychologischer Sicht hat<br />
der Nachwuchsmangel in den Naturwissenschaften<br />
daher auch da-<br />
mit zu tun, dass Jugendliche und<br />
junge Erwachsene der Beliebigkeit<br />
und Haltlosigkeit unserer Technik-<br />
Kultur zu entkommen suchen. Hinter<br />
den sinkenden Studienzahlen<br />
steht keineswegs, wie häufig vermutet<br />
wird, eine pauschale „Technikfeindlichkeit“,<br />
sondern die Sehnsucht<br />
nach Lebensformen, in denen<br />
die menschlich – allzumenschlichen<br />
– Seiten der Wirklichkeit nicht verleugnet<br />
werden: die persönlichen<br />
Eigenheiten und Marotten unserer<br />
Lehrer und Kameraden, die Umwege,<br />
die wir zum Verstehen komplizierter<br />
Sachverhalte brauchen, die<br />
Möglichkeit, die verschiedenen Seiten<br />
der Wirklichkeit mit allen Sinnen<br />
zu tasten und zu schmecken.<br />
Es erscheint unter diesem Gesichtspunkt<br />
wenig hilfreich, die Krise<br />
des deutschen Bildungssystems<br />
mit noch mehr Multimedia und<br />
noch mehr Internet beheben zu<br />
wollen. Erst wenn man die Schule<br />
wieder zu „Lernorten“ macht, die<br />
mit der Wirklichkeit unseres Alltags<br />
Schritt halten, kommt man ein<br />
Stückchen weiter.<br />
Die Initiativen zum „Lernort Labor“<br />
machen uns heute den Anfang<br />
einer neuen Lehr- und Lernkultur<br />
vor. Bildungsplaner und -politiker<br />
wären gut beraten, diesen Anfang<br />
nicht ungenutzt verstreichen zu<br />
lassen. ■<br />
Michael Ley ist Diplompsychologe<br />
und Psychologischer Psychotherapeut.<br />
Er leitet am Institut für Erziehungswissenschaft<br />
der <strong>Universität</strong><br />
Bonn ein Modellprojekt zur Reform<br />
der universitären Lehrerbildung.<br />
Seine Studie „Übergang Schule-<br />
Hochschule“ ist unter www.hrk.de<br />
veröffentlicht und kann im Sekretariat<br />
der Hochschulrektorenkonferenz<br />
(HRK) angefordert werden.<br />
ESSAY<br />
Foto: Haak & Nakat<br />
27<br />
MUM 02/2002
MUM 02/2002 LMU – OFFICE<br />
28<br />
Arbeitszeit ist Lebenszeit. Rund<br />
acht Stunden, oft auch mehr, verbringen<br />
wir Tag für Tag auf dem<br />
Posten. Sind diese Stunden gute<br />
Zeiten oder schlechte Zeiten? Die<br />
Staatsregierung will es genau<br />
wissen und lässt deshalb im kommenden<br />
Juni eine bayernweite<br />
Mitarbeiterbefragung im öffentlichen<br />
Dienst durchführen. An der<br />
LMU haben nun die Bediensteten<br />
in den Instituten und in der Verwaltung<br />
das Wort. Das Klinikum<br />
hat die Mitarbeiterbefragung<br />
bereits abgeschlossen.<br />
Nach dem erfolgreichen Testlauf<br />
einer Behördenumfrage, zu dem<br />
sich die LMU 1997 bereit erklärt<br />
hatte, wird es jetzt offiziell: Ein rund<br />
80 Punkte umfassender Fragebogen<br />
will organisatorische Stärken und<br />
Schwächen an den Tag bringen,<br />
aber auch auf die individuellen Sorgen,<br />
Nöte und Wünsche der<br />
Bediensteten eingehen. Aussagen<br />
wie „Mein Vorgesetzter mischt sich<br />
in Details meiner Aufgaben ein“<br />
oder „Die Übernahme von verantwortungsvollen<br />
Aufgaben wird<br />
anerkannt“ können per Kreuzchen<br />
die Wertungen voll, eher, teils/teils,<br />
eher nicht oder überhaupt nicht<br />
zugeordnet werden. Gekreuzelt wird<br />
freiwillig und die Teilnahme, das<br />
KREUZELN FÜR DEN JOB<br />
MITARBEITERBEFRAGUNG AN DER LMU<br />
betont Personalratsmitglied Karl<br />
Ischinger, bleibt geheim: „Es gibt bei<br />
der Befragung keine Anonymitätslücke“.<br />
Es werde weder kontrolliert,<br />
an wen welcher Fragebogen ausgegeben,<br />
noch nachgeprüft, ob ein<br />
Fragebogen zurückgegeben worden<br />
sei. Eine Identifikation der Mitarbeiter<br />
sei damit nicht möglich.<br />
ANONYMITÄT GEWAHRT<br />
Dennoch ist das Misstrauen unter<br />
den Kollegen groß. Viele fürchten,<br />
dass ihr Fragebogen anhand der<br />
„Beleg-Nummer“ identifiziert werden<br />
könnte, die in der Kopfzeile<br />
angeführt ist. Andrea Helbig von der<br />
Personalabteilung der LMU beruhigt:<br />
„Die Belegnummer wird im<br />
bayerischen Landesamt für Statistik<br />
und Datenverarbeitung in Schweinfurt<br />
vergeben, um die Fragebögen<br />
den einzelnen Organisationseinheiten<br />
zuordnen zu können.“ Weder<br />
dem Landesamt noch den Behörden<br />
sei es jedoch möglich, Verbindungen<br />
zu einzelnen Mitarbeitern zu ziehen.<br />
Eine Zuordnung der Papiere zu<br />
Bediensteten in kleinen Organisationseinheiten<br />
werde zudem durch<br />
eine spezielle Regelung verhindert.<br />
Dazu Andrea Helbig: „Abteilungen,<br />
die nur wenige Mitarbeiter haben,<br />
werden mit anderen Abteilungen zu<br />
Organisationseinheiten zusammen-<br />
gelegt. Auch wenn dies in manchen<br />
Fällen zu Lasten aussagekräftiger<br />
Ergebnisse führen kann, wird so die<br />
Anonymität der Teilnehmer auf<br />
jeden Fall gewährleistet.”<br />
Der Anonymitätsgrundsatz gilt<br />
auch für den Rücklauf der Fragebögen.<br />
Die Mitarbeiter senden ihre<br />
Antworten in einem verschlossenen<br />
Kuvert via Hauspost an den Personalrat<br />
oder geben sie persönlich<br />
dort ab. Der Personalrat bewahrt die<br />
verschlossenen Umschläge mit den<br />
Fragebögen bis zum letzten Abgabetermin<br />
auf und leitet sie dann an<br />
das Landesamt für Statistik zur Auswertung<br />
weiter. Nach Abschluss der<br />
Aktion werden alle Daten vom Landesamt<br />
gelöscht und die Fragebögen<br />
vernichtet.<br />
CHANCE ZUR KRITIK<br />
Konzipiert und formuliert wurde die<br />
bayernweite Befragung von Professor<br />
Lutz von Rosenstiel vom Institut<br />
für Psychologie der LMU, in Zusammenarbeit<br />
mit dem Landesbeauftragten<br />
für Datenschutz und den<br />
Hauptpersonalräten. Professor von<br />
Rosenstiel sieht in der Befragung<br />
eine besondere Chance, „schließlich<br />
ist es im Arbeitsalltag nicht immer<br />
ratsam, offen Kritik zu üben.“ Durch<br />
die Fragebögen hätten die Mitarbeiter<br />
nun die Möglichkeit, ihren Wün-<br />
sche und Probleme publik zu<br />
machen. Diese Gelegenheit, appelliert<br />
der Wissenschaftler, sollten die<br />
Bediensteten nicht ungenutzt verstreichen<br />
lassen.<br />
Damit den niedergeschriebenen<br />
Antworten auch Taten folgen, legt<br />
der Psychologe auch diesmal<br />
besonderen Wert auf die Auswertung<br />
und Umsetzung der Befragungsergebnisse.<br />
Die Rückmeldung<br />
soll möglichst schnell nach der Auswertung<br />
an die jeweiligen Einheiten<br />
gehen. In Gesprächsrunden können<br />
dann die erhobenen Probleme<br />
besprochen und Lösungen gesucht<br />
werden. Da solche Sitzungen nicht<br />
unbedingt konfliktfrei abliefen, so<br />
Professor von Rosenstiel, seien Diskussionsleiter<br />
von großer Bedeutung.<br />
Ob und inwieweit die Mitarbeiterbefragung<br />
dann auch Konsequenzen<br />
im täglichen Arbeitsleben<br />
haben wird, zeigt sich spätestens in<br />
drei bis vier Jahren. Dann will die<br />
Staatsregierung ihre Bediensteten<br />
wieder kreuzeln lassen. ■ oh<br />
Foto: LMU
Foto: Daniel Hintersteiner<br />
■ DIE ZEIT LÄUFT FÜR<br />
NACHWUCHSWISSENSCHAFTLER<br />
LMU BEMÜHT SICH UM VERLÄNGERUNG<br />
BEFRISTETER BESCHÄFTIGUNGSVERHÄLTNISSE<br />
Wenn von Massenentlassungen die<br />
Rede ist, kochen die Emotionen<br />
verständlicherweise hoch. So auch<br />
unter den Wissenschaftlern, die in<br />
den vergangenen Monaten peu à<br />
peu die Änderungen des Hochschulrahmengesetzes<br />
(HRG) verdauen<br />
mussten. Vor allem wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter fürchten schlicht um<br />
ihre berufliche Existenz angesichts<br />
der neuen Regelungen für befristete<br />
Beschäftigungsverhältnisse. Für<br />
die <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><br />
<strong>München</strong> zumindest kann<br />
Rektor Andreas Heldrich die Gemüter<br />
beruhigen: „Auch unter dem<br />
neuen Recht hatten wir noch keinen<br />
Fall, in dem wir die Vertragsverlängerung<br />
ablehnen mussten“,<br />
erklärte der Jurist kürzlich in einem<br />
Internet-Chat aus aktuellem Anlass<br />
(http://chat.lmu.de). Seit der Gesetzesnovelle<br />
landeten bisher mehr<br />
als 100 Anträge wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter auf dem Tisch der Personalabteilung.<br />
Worum geht es in der Sache? Mit<br />
dem neu gefassten HRG hat die<br />
Bundesregierung drei einschnei-<br />
dende Neuerungen eingeführt: Die<br />
Juniorprofessur, die Assistentenund<br />
Oberassistentenstellen ersetzen<br />
soll, ferner die Abschaffung der Habilitation<br />
als Berufungsvoraussetzung<br />
sowie eine Beschäftigungsfrist<br />
von maximal zwölf Jahren für die<br />
gesamte Qualifikationsphase junger<br />
Wissenschaftler. Da die beiden erstgenannten<br />
Regelungen noch in<br />
Landesrecht umgesetzt werden<br />
müssen, konzentrierte sich der Protest<br />
zunächst auf die befristeten Beschäftigungsverhältnisse.<br />
Denn das<br />
Gesetz ist am 23. Februar 2002 bereits<br />
in Kraft getreten.<br />
ÖFFENTLICHE EMPÖRUNG<br />
Die neue Faustregel für Zeitverträge<br />
wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
lautet: Sechs Jahre vor der Promotion,<br />
sechs Jahre nach der Promotion<br />
(Verschiebungen möglich) – das<br />
ist für Bundesbildungsministerin<br />
Edelgard Bulmahn der ideale Karriereweg<br />
zu einer unbefristeten Einstellung,<br />
etwa für eine Professur auf<br />
Lebenszeit. Diese Vorgabe sorgte<br />
prompt für öffentliche Empörung.<br />
Hauptargument der Gegner: Wer es<br />
nach zwölf Jahren in der Wissen-<br />
schaft nicht geschafft habe, der<br />
werde einfach an die Luft gesetzt.<br />
Das sei nicht nur eine<br />
persönliche Katastrophe für die<br />
Betroffenen, sondern auch ein<br />
Rückschlag für viele laufende<br />
Forschungsprojekte.<br />
Der Ärger über das neue, eingeschränkte<br />
Vertragsrecht blieb<br />
schließlich in Berlin nicht ohne Folgen.<br />
Doch auch die nun vorgesehene<br />
Nachbesserung des HRG mit<br />
neuen Übergangsfristen zugunsten<br />
der Nachwuchsforscher geht vielen,<br />
insbesondere Bayerns Wissenschaftsminister<br />
Hans Zehetmair,<br />
nicht weit genug.<br />
An der doppelten Sechs-Jahres-<br />
Regel stoßen sich vor allem diejenigen<br />
Wissenschaftler, die die Frist<br />
überschritten haben oder überschreiten<br />
werden. Für die LMU signalisiert<br />
Personalchef Friedrich Pott<br />
Entwarnung: „Richtig ist, dass nach<br />
Ablauf der Sechs-Jahres-Frist ein<br />
befristeter Vertrag nicht mehr auf<br />
das HRG gestützt werden kann.<br />
Doch wir können dann weiterhin die<br />
allgemeinen Befristungsgrundsätze<br />
anwenden, insbesondere das Gesetz<br />
über Teilzeitarbeit und befristete<br />
Arbeitsverträge“, sagt der Leitende<br />
Regierungsdirektor. Damit ist seiner<br />
Meinung nach in den meisten Fällen<br />
eine Fortbeschäftigung nach<br />
Ablauf der Höchstfristen des HRG<br />
möglich, insbesondere bei Drittmittelprojekten.<br />
Darüber hat der Personalchef<br />
alle wissenschaftlichen Einrichtungen<br />
und auch die Kliniken<br />
der LMU schriftlich informiert. Allerdings<br />
ist die Beschäftigung nach allgemeinem<br />
Arbeitsrecht an bestimmte<br />
Bedingungen geknüpft.<br />
Damit geht die <strong>Universität</strong> das Risiko<br />
von einklagbaren so genannten<br />
Kettenverträgen ein. Der Personalchef<br />
sieht dies gelassen: „Wir arbeiten<br />
zugunsten der Wissenschaft<br />
gern mit diesem Risiko, prüfen dieses<br />
aber in jedem Einzelfall genau.“<br />
■ gl<br />
7 Die wissenschaftlichen Mitarbeiter<br />
der LMU sollen auch in<br />
Zukunft in Ruhe forschen können.<br />
■ LMU-<br />
BROSCHÜREN IM<br />
NEUEN LAYOUT<br />
Pünktlich zum Start ins Sommersemester<br />
präsentieren sich die<br />
LMU-Infobroschüren „Veranstaltungskalender”,<br />
„Konzerte in der<br />
Aula” und „Studium generale” in<br />
neuem Layout. Die drei Uni-Prospekte<br />
sind nun als einheitliche<br />
Reihe mit weiß-grünen Titelbildern<br />
auf das Corporate Design der<br />
<strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><br />
abgestimmt. Die Broschüren, die<br />
monatlich („Veranstaltungskalender“)<br />
beziehungsweise zum<br />
Semesterbeginn („Konzerte in der<br />
Aula“ und „Studium generale“)<br />
erscheinen, informieren über alle<br />
öffentlichen Veranstaltungen an<br />
der LMU. Die Hefte liegen kostenlos<br />
in den Gebäuden der <strong>Universität</strong><br />
sowie in der Stadtinformation<br />
im Münchner Rathaus am<br />
Marienplatz aus. ■ oh<br />
1 Hingucker: Die Infobroschüren<br />
der LMU erscheinen nun in einheitlichem<br />
weiß-grünen Layout.<br />
MUM 02/2002 LMU – OFFICE<br />
29<br />
Foto: LMU
MUM 02/2002 LMU – OFFICE<br />
30<br />
Sommerlicher Stabwechsel: Nach<br />
dreijähriger Amtszeit übergibt<br />
LMU-Kanzler Dr. Hendrik Rust am<br />
1. Juni turnusgemäß seine Aufgaben<br />
als Sprecher der bayerischen<br />
Uni-Kanzler an seinen Kollegen<br />
von der <strong>Universität</strong> Würzburg,<br />
Bruno Forster.<br />
Alle sechs bis acht Wochen treffen<br />
sich die leitenden Beamten der neun<br />
staatlichen und der beiden nichtstaatlichen<br />
Unis in Bayern zu<br />
gemeinsamen Beratungen. Rechtsund<br />
Personalangelegenheiten, Bauorganisation<br />
und Gebäudebewirtschaftung<br />
sowie vor allem Haushaltsfragen<br />
– die Liste der besprochenen<br />
Themen ist stets lang. Und<br />
letztlich geht es stets ums Geld, wie<br />
beispielsweise bei der Frage, welche<br />
Software die Univerwaltungen kaufen<br />
sollen. Besonders wichtig für die<br />
Kanzlerrunde ist auch immer wieder<br />
die Diskussion über den Vertei-<br />
MÜNCHEN ÜBERGIBT<br />
AN WÜRZBURG<br />
WECHSEL AN DER SPITZE DER<br />
BAYERISCHEN UNI-KANZLER<br />
lungsmodus staatlicher Mittel zwischen<br />
den Hochschulen oder über<br />
Haushaltskürzungen und Stellenabgaben<br />
an das Finanzministerium.<br />
„Natürlich müssen auch die Unis im<br />
Freistaat in wirtschaftlich schwierigen<br />
Zeiten kräftig sparen“, sagt<br />
Kanzler Rust und fügt hinzu: „Dies<br />
darf aber nicht dazu führen, dass<br />
von hoher Hand in mühsam gebildete<br />
finanzielle Rücklagen und<br />
Rückstellungen eingegriffen wird.<br />
Die den Großunternehmen durchaus<br />
vergleichbaren Hochschulen<br />
können nach den Grundsätzen der<br />
Kameralistik kaum noch wirtschaftlich<br />
erfolgreich sein.“<br />
Allerdings hat dieser „Elferrat“<br />
keine Beschlusskompetenz, doch die<br />
meist einhellige Meinung der bayerischen<br />
Uni-Kanzler hat gegenüber<br />
dem bayerischen Rechnungshof<br />
oder den Ministerien durchaus<br />
Gewicht. Um dieses noch zu vergrößern,<br />
werden zu den Kanzler-<br />
Beratungen regelmäßig Fachleute<br />
aus der Wirtschaft oder den Ministerien<br />
eingeladen. „Wir wollen Kontakte<br />
zu Experten außerhalb der <strong>Universität</strong>en<br />
knüpfen, um deren Sachverstand<br />
und Erfahrung zu nutzen“,<br />
erklärt Rust. Der Sprecher der deutschen<br />
Uni-Kanzler, die im September<br />
in Halle tagen, ist übrigens auch ein<br />
Bayer: Thomas A. H. Schöck kommt<br />
von der Friedrich-Alexander-<strong>Universität</strong><br />
Erlangen-Nürnberg ■ oh<br />
1 Kanzler Bruno Forster<br />
Foto: <strong>Universität</strong> Würzburg<br />
1 Kanzler Dr. Hendrik Rust<br />
Foto: Hans-J. Laschinsky<br />
Foto: LMU
TIPPS &<br />
TERMINE<br />
■ MUSIKER GESUCHT<br />
Für das Sommersemester sucht Sinfonieta,<br />
das Orchester der Münchner<br />
<strong>Universität</strong>en, noch Verstärkung:<br />
Eine Soloflöte, Solo-Oboe und<br />
Horn, sowie Musiker unter den Studierenden,<br />
die Violine, Viola und<br />
Violoncello spielen können. Interessenten<br />
schreiben an: Sinfonieta,<br />
Orchester der Münchner <strong>Universität</strong>en,<br />
Gesellschaft für studentisches<br />
Musizieren, Musikalischer Leiter<br />
Hartmut Zöbeley, Düsseldorfer<br />
Str. 7, 80804 <strong>München</strong>. Konzerte in<br />
der LMU, im Nymphenburger<br />
Schlosspark und beim Theatron-<br />
Musiksommerfestival, Anfragen<br />
unter Tel.: 089-300 5568 und 089 –<br />
52 11 10.<br />
■ WEITERBILDEN IM MAI<br />
Das Institut Student und Arbeitsmarkt<br />
bietet auch im Mai Weiterbildungskurse<br />
an. In kleinen Kursgruppen<br />
(bis max. 25 Teilnehmer)<br />
führen Dozenten aus der Wirtschaft<br />
lernintensiv und praxisnah durch<br />
die Kurse. Bei regelmäßiger Anwesenheit<br />
erhalten die Teilnehmer Zertifikate!<br />
Auf freiwilliger Basis werden<br />
Prüfungen geschrieben, die zu<br />
benoteten Zertifikaten führen. Kursgebühr<br />
für Studierende aller Fachrichtung:<br />
52 Euro, für Angestellte<br />
der LMU: 100 Euro. Für ehemalige<br />
Teilnehmer sind die Kurse kostenlos.<br />
Die Termine für die neuen Kurse<br />
sind: Desktopadministration Betriebssystem<br />
Windows 9x: Mi, ab 8.<br />
Mai, 17.30 Uhr s.t. Grundlagen Datenbankdesign<br />
mit SQL: Mi, ab 8.<br />
Mai, 17.30-20.45 s.t. Wirtschaftsenglisch:<br />
Di. oder Mi., ab 7. Mai oder<br />
8. Mai, 18-21 Uhr s.t. Mehr Infos:<br />
Tel.: 089 – 2180-2191 oder E-Mail:<br />
irina.spalek@extern.lrz-muenchen.de.<br />
■ DEBATTIERCLUB MÜNCHEN<br />
Fast 50 debattierlustige Studierende<br />
argumentieren jede Woche nach<br />
festen Regeln zu einer aktuellen<br />
Streitfrage – wer welche Position zu<br />
vertreten hat, wird ausgelost. So<br />
wollen sie lernen, was an der Uni oft<br />
zu kurz kommt: die Fähigkeit zu reden,<br />
seine Meinung verständlich zu<br />
präsentieren und die Zuhörer nicht<br />
zu langweilen. Der Club steht allen<br />
Studierenden, Doktoranden und Referendaren<br />
offen. Die Debattierfreunde<br />
treffen sich jeden Mittwoch<br />
um 19.15 Uhr in den Räumen der<br />
Katholischen Hochschulgemeinde,<br />
Leopoldstr. 11. Weitere Infos: www.<br />
debattierclub-muenchen. de.<br />
■ VORSTELLUNGSGESPRÄCHE<br />
OHNE ENDE<br />
Sieben Vorstellungsgespräche auf<br />
einen Streich. Dieser Service bietet<br />
sich Studierenden bei der 3. UNI-<br />
CUM Deutsche Recruiting Messe am<br />
27. und 28. Mai in der Messe Düsseldorf.<br />
Wer sich bis zum 10. Mai<br />
unter www.unicum.de/messe für ein<br />
Einzelgespräch bewirbt, wird mit etwas<br />
Glück von mehreren Unternehmen<br />
eingeladen und kommt kostenlos<br />
zur Messe. Rund 100 Unternehmen<br />
und 5000 Studierende, Hochschulabsolventen<br />
und Young Professionals<br />
werden erwartet. Darüber<br />
hinaus stehen Unternehmenspräsentationen,<br />
Fachvorträge und eine<br />
individuelle, kostenlose Bewerberberatung<br />
auf dem Programm. Neu<br />
ist in diesem Jahr außerdem ein gesondertes<br />
Forum für den Bereich<br />
Weiterbildung.<br />
■ JETZT IM NETZ: NEUER<br />
ONLINE-MULTIMEDIAKURS<br />
Fotographisch-filmische Dokumentation<br />
und (animierte) Visualisierung<br />
wissenschaftlicher Prozesse<br />
sind für viele naturwissenschaftliche<br />
und geisteswissenschaftliche<br />
Fächer von zunehmender Bedeutung.<br />
Jetzt können Interessenten<br />
den Online-Multimediakurs von<br />
Reinhold Leinfelder, Lehrstuhl Paläontologie<br />
der LMU unter www.<br />
palaeo.de/multimediakurs aufrufen,<br />
der einen raschen Einstieg in die<br />
Möglichkeiten multimedialer Dokumentation<br />
und Präsentation bietet.<br />
Gerade im Jahr der Geowissenschaften<br />
soll dies ein Beitrag sein,<br />
entsprechende Internet-, CD- und<br />
DVD-, sowie Multimedia-eBook<br />
und Touchscreen-Kioskprojekte<br />
zu initiieren bzw. zu<br />
erleichtern. Studieren-<br />
den soll der Online-Multimediakurs<br />
den Erwerb entsprechender Schlüsselqualifikationen<br />
ermöglichen. Das<br />
Weiterbildungsangebot der LMU<br />
steht aber auch allen anderen Interessierten<br />
offen. Der Kurs darf für<br />
weitere, nichtkommerzielle Kurse<br />
unter der Angabe von Autor und Beachtung<br />
weiterer Copyright-Regelungen<br />
verwendet werden.<br />
■ DIENSTAGSVORTRÄGE ZUR<br />
UMWELTGESCHICHTE<br />
Das Historische Seminar der LMU<br />
bietet in diesem Sommersemester<br />
im Rahmen ihrer Dienstagsvorträge<br />
eine Ringvorlesung zum Thema<br />
„Umweltgeschichte. Erträge und<br />
Perspektiven“ an und hat dafür die<br />
renommiertesten Experten der Umweltgeschichte<br />
gewinnen können.<br />
Die sieben national und international<br />
anerkannten Wissenschaftler<br />
bieten einen umfassenden Überblick<br />
über zukunftsweisende Ansätze interdisziplinärerumweltgeschichtlicher<br />
Forschung. Alle Beiträge bündeln<br />
Ergebnisse aus der Sozial-,<br />
Wirtschafts- und Technikgeschichte,<br />
der Geobotanik und Historischen<br />
Geographie, sowie der Volkskunde<br />
und allgemeinen Geschichte. Die<br />
Vorträge bieten zudem die einmalige<br />
Chance, mit den Kennern dieses<br />
aktuellen Forschungsfeldes in <strong>München</strong><br />
persönlich diskutieren zu können.<br />
Die Termine sind: 7. Mai, Joachim<br />
Radkau (Bielefeld): „Der europäische<br />
Sonderweg in der Umweltgeschichte”;<br />
28. Mai, Hansjörg<br />
Küster (Hannover): „Die wissenschaftliche<br />
Botschaft der Umweltgeschichte<br />
für der Umgang mit Natur,<br />
Umwelt und Landschaft”; 4.<br />
Juni, Rolf Peter Sieferle (St. Gallen):<br />
„Nachhaltigkeit in historischer Perspektive”;<br />
18. Juni, Christian Pfister<br />
(Bern): „Das 1950er Syndrom –<br />
Zum Stand der Diskussion“;<br />
25. Juni, Franz-Josef<br />
Brüggemeier (Freiburg):<br />
„Blauer<br />
Himmel über<br />
der Ruhr?<br />
Umwelt-<br />
Da Kritika<br />
geschichte in einem industriellen<br />
Ballungsraum“; 9. Juli, Albrecht Lehmann<br />
(Hamburg): „Aspekte populären<br />
Landschaftsbewusstseins”.<br />
Beginn der Veranstaltung ist jeweils<br />
19 Uhr, c.t. im Historischen Seminar,<br />
Schellingstraße 12, Raum A 001.<br />
Weitere Informationen: Dr. Nils<br />
Freytag, Historisches Seminar, Tel.:<br />
089 – 2180-5569.<br />
■ OFFENE HOCHULMEISTER-<br />
SCHAFTEN IN MÜNCHEN<br />
Den Florettfechtern und Geräteturnern<br />
unter den Studierenden und<br />
Mitarbeitern der <strong>Universität</strong>en in<br />
<strong>München</strong> bieten zwei Meisterschaften<br />
im Mai die Möglichkeit, sich mit<br />
Gleichgesinnten zu messen. Am 12.<br />
Mai findet in der Zentralen Hochschulsportanlage<br />
das Offene Hochschulturnier<br />
für Nachwuchsfechter<br />
im Florettfechten statt. Interessenten<br />
müssen sich bis zum 7. Mai bei<br />
Hole Rössler, Fachgebiet Fechten,<br />
entweder per Brief, Fax: 089 – 289<br />
24 664 oder E-Mail: roessler@zv.<br />
tum.de anmelden. Die Gebühr beträgt<br />
2,50 Euro. Turnerisch begabte<br />
Studierende können sich am 29. Mai<br />
in den Turnhallen des ZHS bei den<br />
Offenen Münchner Hochschulmeisterschaften<br />
der Männer und Frauen<br />
in jeweils drei Wettkampfarten<br />
versuchen. Teilnehmer müssen<br />
sich schriftlich mit Namen,<br />
Hochschule, Semesterzahl<br />
und Wettkampfarten<br />
anmelden. Einfach in<br />
den Kasten neben<br />
dem Wettkampfbretteinwerfen<br />
ECKLS ECK<br />
Da Kritika hod mei Stück glesn,<br />
zammapapierlt und in’ Papierkorb gschmissn.<br />
D Putzfrau hod s ausanandapapierlt,<br />
glesn,<br />
glacht<br />
und an Kritika<br />
in seim Dreeg sitzn lassn.<br />
* HELMUT ECKL IST LEITER DES REFERATS III B 4 DER LMU.<br />
DER SATIRIKER HELMUT ECKL* HAT DAS WORT<br />
MUM 02/2002 LMU – OFFICE<br />
31
MUM 02/2002 LMU – OFFICE<br />
32<br />
Fotos: LMU<br />
oder per Brief an Heinrich Leopoldseder,<br />
Fachgebiet Geräteturnen,<br />
schicken. Meldeschluss ist der 15.<br />
Mai. Meldeadresse für beide Wettkämpfe:<br />
Sportzentrum der TU <strong>München</strong>,<br />
Abteilung Hochschulsport,<br />
Connollystr. 32, 80809 <strong>München</strong>.<br />
PREISE &<br />
STIPENDIEN<br />
■ OLAF-TRIEBENSTEIN-<br />
PREIS 2002<br />
„Verbraucherinformation zur Ernährung“<br />
ist das Thema des diesjährigen<br />
Olaf-Triebenstein-Preises. Der<br />
von der Stiftung Warentest ausgeschriebene<br />
Förderpreis wird alle<br />
zwei Jahre neu vergeben und ist mit<br />
5000 Euro dotiert. Der Preis zeichnet<br />
Arbeiten aus, die die Tätigkeit<br />
der Stiftung in innovativer Weise<br />
fördern. Das Thema eignet sich für<br />
ein breites Spektrum möglicher Untersuchungsansätze:<br />
Von der Prüfung<br />
und Bewertung von Lebensmitteln<br />
über Fragen der Kennzeich-<br />
nung bis hin zu effektiven Wegen<br />
der Informationsvermittlung. Studenten,<br />
Nachwuchswissenschaftler<br />
und Wissenschaftsjournalisten, die<br />
an diesem Thema interessiert sind,<br />
können die Teilnahmebedingungen<br />
bei der Stiftung Warentest unter<br />
Tel.: 030 - 2631 2240 oder im Internet<br />
(www.stiftung-warentest.de)<br />
anfordern. Abgabetermin ist der 30.<br />
Juni 2002.<br />
■ MULTIMEDIA-TRANSFER-<br />
WETTBEWERB<br />
Zum achten Mal können sich Studierende,<br />
Absolventen und junge<br />
Wissenschaftler aller Fakultäten ab<br />
dem Sommer wieder um die Multimedia<br />
Transfer-Preise bewerben.<br />
Einzureichen sind Projekt- und Abschlussarbeiten<br />
in den Kategorien<br />
Creative Design, E-Learning, Tools,<br />
E-Business und Hot Trends. Geplant<br />
ist auch ein Sonderpreis Women’s<br />
Special. Bewertungskriterien sind<br />
Innovationsgehalt, Medieneinsatz,<br />
Benutzerfreundlichkeit und Design.<br />
Auf der Learntec, der Messe für Bildungs-<br />
und Informationstechnologie<br />
in Karlsruhe, präsentieren die 25<br />
besten Teilnehmer ihren Beitrag. Als<br />
Aussteller am Gemeinschaftsstand<br />
„Forum Multimedia Transfer” können<br />
sie sich den Entscheidern aus<br />
der Wirtschaft vorstellen und wertvolle<br />
Kontakte für den Berufsstart<br />
1 Hahn und Heldrich: Kanzler Dr. Hendrik Rust (links) und Rektor Prof.<br />
Andreas Heldrich<br />
knüpfen. Ausschreibungsbeginn ist<br />
Mitte Juni. Einsendeschluss ist der<br />
15. Oktober 2002. Weitere Informationen<br />
unter: www.ask.uni-karlsruhe.<br />
de/transfer 2003.<br />
■ 4. DEUTSCHER STUDIENPREIS<br />
Mit dem Thema „Tempo! – Die beschleunigte<br />
Welt“ hat die Körber-<br />
Stiftung am 1. April 2002 die Ausschreibung<br />
zum 4. Deutschen Studienpreis<br />
gestartet. Studierende aller<br />
Fachrichtungen und Hochschulen<br />
aus dem In- und Ausland können<br />
ihre Arbeiten bis zum 31. Oktober<br />
2002 einreichen. Es gibt Preise<br />
im Gesamtwert von 250.000 Euro.<br />
Der Wettbewerb lädt zum interdisziplinären<br />
Austausch über den Umgang<br />
mit der Zeit ein. „Ich habe keine<br />
Zeit“ ist heutzutage eine häufige<br />
Klage. Alles soll immer schneller gehen.<br />
Trotzdem hat niemand Zeit.<br />
Das Phänomen der Beschleunigung,<br />
ein universales Kennzeichen moderner<br />
Gesellschaften, zieht sich durch<br />
alle Lebensbereiche. Die damit verbundenen<br />
Fragen und Probleme<br />
sind sehr komplex und es gilt, die<br />
vielfältigen Facetten dieses Phänomens<br />
anhand der unterschiedlichsten<br />
Fragestellungen zu untersuchen:<br />
Wie sind die Auswirkungen<br />
für den Einzelnen, wenn man dabei<br />
einerseits an die schnelle Bedürfnisbefriedigung<br />
und andererseits an<br />
1 Gestreift: Michael Schmidt vom<br />
<strong>Universität</strong>s-Bauamt<br />
NACHSCHLAG<br />
FASCHINGSGALERIE AUS DER LEO 3<br />
den wachsenden Stress denkt? Wie<br />
steht es mit Gegenbewegungen wie<br />
sanfter Tourismus, Sabbatjahr oder<br />
Wellness-Wochenende? Ist es richtig<br />
von den Bildungsexperten, kürzere<br />
Schul- und Studienzeiten zu<br />
fordern? Ist extremer Ressourcenverbrauch<br />
unvermeidbar oder haben<br />
energiesparende Technologien<br />
wirklich eine Chance? Welche kulturellen<br />
Unterschiede im Umgang<br />
mit der Zeit gibt es? Interessierte<br />
können die Wettbewerbsunterlagen<br />
bei der Körber-Stiftung anfordern,<br />
Tel.: 040 - 7250 3057 und einen E-<br />
Mail-Newsletter mit Artikeln, Tipps<br />
und Links zum Thema abonnieren<br />
(www.studienpreis.de).<br />
■ FORUM HUMORUM<br />
„Sehr geehrte Redaktion,<br />
bezugnehmend auf S. 21 der<br />
Ausgabe 01/2002 des MUM -<br />
Forum Humorum - darf ich<br />
Ihnen mitteilen, dass es mich<br />
wirklich gibt.”<br />
3 E-Mail von Dr. Peter-Arnold<br />
Mumm, Institut für Vergleichende<br />
und Indogermanische<br />
Sprachwissenschaft<br />
sowie Albanologie der LMU,<br />
an das <strong>MünchnerUni</strong>.<strong>Magazin</strong><br />
(MUM)<br />
1 Mit Charme und Melone: Walter<br />
Franziszi vom Referat IIB2<br />
1 Als Hasi: Peter Thomas, Ref. IIB2
Auch im Sommersemester 2002<br />
hat die Unilaufbahn für die Studienanfänger<br />
mit der traditionellen<br />
Begrüßungsfeier im Lichthof des<br />
LMU-Hauptgebäudes begonnen.<br />
Um Punkt zwölf Uhr begrüßte Rektor<br />
Prof. Andreas Heldrich die Studenten.<br />
Zuvor hatte die Band<br />
„Miller’s Connection“ den Erstsemestern<br />
bereits eine Stunde lang<br />
eingeheizt. Heldrich beglück-<br />
wünschte die Frischlinge zum Studienbeginn<br />
an der LMU, die in den<br />
neuesten Hochschulrankings von<br />
FOCUS, sowie des Centrums für<br />
Hochschulentwicklung gemeinsam<br />
mit dem STERN in den meisten<br />
Fächern wieder spitze ist. Vor<br />
allem die Wirtschaftswissenschaften<br />
schnitten sehr gut ab.<br />
Des Rektors Tipp zum Uni-Start:<br />
Auch Vorlesungen anderer Fächer<br />
besuchen und die Luft der weiten<br />
Welt schnuppern. „Die <strong>Universität</strong><br />
ist keine Ausbildungsmaschine<br />
sondern Lebensraum zwischen<br />
Schule und Berufspraxis.“ Damit<br />
die Erstsemester für ihre Zeit an<br />
der LMU gut gerüstet sind,<br />
bekommmen die rund 3000 Neulinge<br />
einen schwarzen LMU-Rucksack<br />
mit Infos rund ums Studium<br />
und kleinen Geschenken. ■<br />
Fotos: Maria Dorner