Der Zeit verpflichtet - Glashütte Original
Der Zeit verpflichtet - Glashütte Original
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2·2006<br />
Momentum<br />
S O M M E R<br />
MAGAZIN FÜR ZEITZEUGEN & MOMENTAUFNAHMEN<br />
<strong>Der</strong> <strong>Zeit</strong><br />
<strong>verpflichtet</strong><br />
Michail Gorbatschow<br />
über den neuen Rhythmus<br />
unserer Welt
Chrysler – eine Marke von DaimlerChrysler<br />
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und sind nicht Bestandteil des Angebots, sondern dienen allein Vergleichszwecken zwischen verschiedenen Fahrzeugtypen.
Editorial Dritte Ausgabe<br />
Dr. Frank Müller,<br />
Geschäftsführer <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong><br />
04 Momentum 2· 2006<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
W<br />
ir haben ihn gefunden, unseren <strong>Zeit</strong>zeugen par excellence: Michail<br />
Gorbatschow. Wer könnte einen umfassenderen Blick auf das Geschehen<br />
der vergangenen Jahrzehnte haben, in denen er selbst maßgeblich an<br />
den tief greifenden Umwälzungen der Weltgeschichte beteiligt war?<br />
Lesen Sie die Gedanken des besonnenen Visionärs zu einer sich rasant entwickelnden<br />
Welt und über sein persönliches <strong>Zeit</strong>gefühl – in einem Interview exklusiv für Momentum.<br />
Dass mechanische Uhren nicht der Anfang aller <strong>Zeit</strong>rechnung waren, wissen wir. Doch<br />
wie spannend das Geheimnis ihrer sonnenabhängigen Vorgänger ist, ist weniger bekannt.<br />
In unserem Beitrag „<strong>Der</strong> Stab des Helios“ erfahren Sie, wie Sonnenuhren funktionieren<br />
und ob man ihnen trauen kann.<br />
Weitaus moderner präsentierten sich die <strong>Zeit</strong>messer auf der Messe Baselworld 2006 –<br />
dem Mekka für Uhrenliebhaber und -händler aus aller Welt. Renommierte Experten<br />
haben ihren kritischen Blick schweifen lassen und verraten ihre Vorlieben und Prognosen.<br />
Angesichts der zahllosen Aussteller und Exponate war <strong>Zeit</strong> hier – neben den hochkarä-<br />
tigen Meisterwerken – das wertvollste Gut.<br />
<strong>Zeit</strong> sollte man sich auch nehmen, wenn man Berlin besucht. Ob Sie nur Stunden oder<br />
mehrere Tage in der bewegten deutschen Hauptstadt verbringen – unser Erlebnisguide<br />
verrät Ihnen die besten Tipps fürs Tages- und Nachtleben.<br />
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, dass Sie genügend <strong>Zeit</strong> haben – nicht zuletzt,<br />
um die neue Ausgabe von Momentum durchzublättern und sich von unseren <strong>Zeit</strong>themen<br />
inspirieren und unterhalten zu lassen.<br />
Herzlichst,
Spektrum Momentum<br />
08<br />
INTERVIEW<br />
Michail Gorbatschow exklusiv im<br />
Gespräch mit Momentum über die<br />
Herausforderungen der Weltpolitik<br />
und sein persönliches <strong>Zeit</strong>gefühl<br />
2·2006<br />
14<br />
SONNENUHREN<br />
Sonne, Stab, Schatten – die älteste<br />
und einfachste Uhr der Menschheit<br />
misst seit Jahrtausenden zuverlässig<br />
die <strong>Zeit</strong><br />
NOVUM<br />
KULTURNEWS ...............................................................................................06<br />
Sehens- und Hörenswertes – von Washington bis London<br />
ZEITZEUGE<br />
„DIE ZEIT TREIBT UNS ALLE AN“ .......................................................08<br />
Ein Interview mit Michail Gorbatschow<br />
MOMENTE<br />
DER STAB DES HELIOS ............................................................................14<br />
Seit 3.500 Jahren zuverlässige <strong>Zeit</strong>messer: Sonnenuhren<br />
ZEITZONEN<br />
DIE ZUKUNFT IST JETZT ..........................................................................20<br />
Berlin – ein Erlebnisguide für sommerliche Tage und lange Nächte<br />
ZEITSTRÖMUNG<br />
STAPELLAUF EINES TRAUMS ................................................................26<br />
Einzigartig: Planung, Konstruktion und Bau der Superyacht Athena<br />
INTERVIEW<br />
SPIELER DER ZEIT .....................................................................................32<br />
Michael Ballack über das <strong>Zeit</strong>gefühl beim Fußballspielen<br />
KALENDARIUM<br />
NEUIGKEITEN VON GLASHÜTTE ORIGINAL ...................................34<br />
Sonderedition, Boutique-Eröffnung Kuala Lumpur, Imagefilm<br />
Inhalt Spe k t r um<br />
20<br />
BERLIN<br />
Die deutsche Hauptstadt ist in<br />
Kultur, Mode, Architektur und<br />
Nachtleben der <strong>Zeit</strong> voraus – ein<br />
Erlebnisguide für Tag und Nacht<br />
ZEITGESPRÄCHE<br />
FRAGEN & ANTWORTEN ..........................................................................35<br />
Was Sie schon immer über Uhren und <strong>Zeit</strong> wissen wollten ...<br />
MANU FACTUM<br />
ZEIT FÜR NEUES .........................................................................................36<br />
Beobachtungen und Expertenmeinungen auf der Baselworld 2006<br />
TENDENZ<br />
ZWISCHEN-ZEITEN ....................................................................................40<br />
Wie halten Piloten ihre innere Uhr im Gleichgewicht?<br />
STIL DER ZEIT<br />
BLICK AUFS GANZE ...................................................................................44<br />
Boom aus Fernost: ganzheitliche Wellness-Methoden<br />
ZEITFENSTER<br />
ZAHLEN & FAKTEN .....................................................................................48<br />
Verblüffend, erschreckend, kurios ...<br />
MOMENTAUFNAHME<br />
DIE WELLE .....................................................................................................49<br />
Sekunden im Leben eines Leuchtturmwärters ...<br />
ZUKUNFTSMOMENTE<br />
VORSCHAU ....................................................................................................50<br />
Themen der nächsten Ausgabe, Impressum<br />
Momentum 2· 2006<br />
05<br />
Titel: Getty Images
N o v um Kultur<br />
Same procedure ... seit 110 Jahren<br />
Ein Klassikspektakel,das seinesgleichen sucht: „The Proms“<br />
bieten in der Londoner Royal Albert Hall knapp zwei Monate<br />
lang Konzerte von Sinfonieorchestern,kleineren Ensembles,<br />
vereinfacht inszenierte Opernaufführungen und World Music<br />
für ein Millionenpublikum.Höhepunkt wie jedes Jahr die<br />
„Last Night of the Proms“ – mit Werken von Schostakowitsch,<br />
Verdi,Wagner u.a.und dem Sinfonieorchester der BBC.<br />
„THE PROMS“ VOM 14. JULI BIS 9. SEPTEMBER 2006, ROYAL ALBERT HALL,<br />
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Ausgewanderte Meisterwerke<br />
Anfang des 20.Jahrhunderts gehörte Paul Klee (1879–1940) zu den führenden<br />
Persönlichkeiten der europäischen modernen Malerei.Sein Erfolg schwappte bald<br />
nach Amerika über,wo insbesondere in den dreißiger Jahren private Sammler<br />
und große Museen auf ihn aufmerksam wurden.Die Phillips Collection – Amerikas<br />
erstes Museum für moderne Kunst,eröffnet 1921 –<br />
besitzt 13 Werke von Paul Klee,die zahlreiche amerikanische<br />
Künstler inspiriert haben.Jetzt zeigt die Collection<br />
in einer temporären Ausstellung 80 Werke des<br />
Malers,darunter Meisterwerke,die u.a.von Ernest<br />
Hemingway und Mies van der Rohe gesammelt wurden.<br />
AUSSTELLUNG „KLEE AND AMERICA“, BIS 10. SEPTEMBER 2006,<br />
THE PHILLIPS COLLECTION, WASHINGTON, DC, USA. WEITERE INFOS<br />
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06 Momentum 2· 2006<br />
Dubai fürs Wohnzimmer<br />
Opulent und reduziert,orientalische Ornamentik aus 1.001<br />
Nacht und coole,futuristische Architektur:Das ist Dubai,<br />
eine Oase der Kontraste,wo die Welten von Orient und<br />
Okzident aufeinander stoßen und zu einer Design-Metropole<br />
verschmelzen,die einzigartig ist.In Sachen Hotel-,<br />
Restaurant-,Shop- oder Bürodesign trumpft das Emirat am<br />
Arabischen Golf mit architektonischen Superlativen.Mit<br />
brillanten Fotografien<br />
und Grundrissplänen<br />
von Gebäuden und<br />
Räumen zeigt der Bildband<br />
das Faszinosum<br />
der boomenden Wüstenstadt.<br />
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London, 27.–28. August 2006, größtes Straßenfestival in Europa, rund um Ladbroke Grove, W11, Infos: www.nottinghillcarnival.org.uk<br />
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Z e i t z eug e Michail Gorbatschow<br />
Die <strong>Zeit</strong><br />
treibt uns alle an<br />
08 Momentum 2· 2006<br />
Sein Name steht für tief greifende Umwälzungen<br />
in der Weltpolitik. Auch heute noch, mit 75<br />
Jahren, ist Michail Gorbatschow ein aufmerksamer<br />
<strong>Zeit</strong>zeuge, ein Fürsprecher des Wandels<br />
und ein Mann mit Überzeugungen<br />
I ntervie w Natalia (Nath) R. Fedorova<br />
Herr Gorbatschow, Ende des vergangenen Jahres sagten Sie in<br />
Washington: „Ich bin fest davon überzeugt, dass man sich aus<br />
den Fängen einer gnadenlos veralteten Politik befreien muss.<br />
Wir leben heute in einer ganz anderen Welt, die sich zudem<br />
schnell verändert. Und wir dürfen uns nicht mehr damit abfinden,<br />
dass die Weltpolitik diesen Veränderungen hinterherhinkt.“ Wie<br />
erreichen wir denn nun eine friedliche Zukunft für unsere Welt?<br />
Unsere Welt befindet sich am Beginn einer neuen Ära.<br />
Zwischen den Jahrhunderten wurde sie mit globalen Herausforderungen<br />
konfrontiert. Wir sprechen hier von Sicherheitsproblemen<br />
einschließlich Terrorismus, von Armut, Entwicklungsproblemen,<br />
auch von Umweltproblemen. All das sind<br />
Herausforderungen von gigantischem Ausmaß. Die traditionellen,<br />
veralteten Methoden eines einzelnen Staates können<br />
hier keine Lösung liefern. Nur eine demokratische Weltordnung<br />
vermag diese Herausforderungen zu meistern.<br />
Eine andere Frage ist, ob diese Weltordnung überhaupt möglich<br />
ist. Ich bin durchaus optimistisch, was diese<br />
Entwicklung angeht. Allerdings darf dann die Politik nicht<br />
mehr in dem Maße hinterherhinken – dazu verändert sich<br />
unsere Welt zu rasant. Die Trägheit des Denkens muss über-<br />
wunden werden. Im Grunde brauchen wir eine neue<br />
Denkweise für eine neue Welt – für eine globale Welt.<br />
Rasante Veränderungen hat auch die Vergangenheit mit sich<br />
gebracht. Wie erlebten Sie persönlich den Mauerfall in Berlin<br />
und die deutsche Wiedervereinigung?<br />
Das Problem des Mauerfalls hat für mich eine eigene Hintergrundgeschichte.<br />
Und diese hat mit der Perestrojka zu tun.<br />
Schon 1988, während des Besuchs des damaligen deutschen<br />
Bundeskanzlers Helmut Kohl in der UdSSR – und auch während<br />
meines Gegenbesuchs –, ging es unter anderem um die<br />
deutsche Wiedervereinigung. Damals rechneten wir allerdings<br />
damit, dass dieses Thema erst im 21. Jahrhundert aktuell<br />
werden würde. Aber das Leben selbst sorgte für eine<br />
Planänderung.<br />
Einen großen Eindruck hat auf mich die Feier „40 Jahre DDR“<br />
im Jahr 1989 gemacht. Ich habe gesehen, wie kritisch viele<br />
DDR-Bürger ihrer Führungsspitze gegenüberstanden. Aber<br />
die Mehrheit der Führung, vor allem Erich Honecker, verneinte<br />
die Notwendigkeit der Veränderungen, verstand diese<br />
Notwendigkeit nicht einmal. Es endete damit, dass das Volk
EIN RUHIGER RASTLOSER – Michail Gorbatschow hat die Welt verändert und dabei nichts von seiner weisen Besonnenheit eingebüßt Fotos: Heidi Hollinger, Corbis (3), Getty Images (2)<br />
Momentum 2· 2006<br />
09
10 Momentum 2· 2006<br />
TOPAKTEUR auf der internationalen<br />
Bühne – Michail Gorbatschow bei der<br />
40-Jahre-DDR-Feier 1989 (o.l.), mit<br />
dem amerikanischen Präsidenten<br />
Ronald Reagan und damaligen Vizepräsidenten<br />
George Bush in New York<br />
in den 1980er Jahren (o.r.), Rede anlässlich<br />
der Verleihung des Friedensnobelpreises<br />
1990 (u.l.), in Moskau<br />
nach der Unterzeichnung des Vertrags<br />
über die deutsche Wiedervereinigung<br />
am 12.9.1990
der DDR seinen Willen unmittelbar demonstrierte, indem es<br />
auf die Straßen ging und den Wunsch nach der Wiedervereinigung<br />
deutlich machte. Manche DDR-Bürger gingen über<br />
die ungarische Grenze in den Westen, andere über die BRD-<br />
Botschaft in Prag … Für mich war also der 9. November<br />
1989 keine völlige Überraschung – die Situation entwickelte<br />
sich schon länger in diese Richtung. Das zwang uns ja auch<br />
dazu, den Politikkurs anzupassen.<br />
Wenn heute von der Wiedervereinigung gesprochen wird,<br />
hebt man immer nur einige Politiker hervor. Das ist natürlich<br />
richtig. Doch ich erinnere stets daran, dass die „Protagonisten“<br />
der Wiedervereinigung die Völker waren – das Volk<br />
Deutschlands und das Volk Russlands. Die Perestrojka-<br />
Bewegung hat die Entfremdung der sowjetischen Bürger<br />
aufgehoben, ihnen die Prozesse der Demokratisierung, wie<br />
sie in Deutschland nach dem Sturz des Hitlerregimes selbstverständlich<br />
geworden sind, nahe gebracht. All das hat den<br />
Gang der Geschichte grundlegend verändert.<br />
1991 gründeten Sie die Gorbatschow-Stiftung. Welche sind die<br />
Ziele der Stiftungsarbeit?<br />
<strong>Der</strong> vollständige Name lautet „Internationale Stiftung für wirtschaftliche<br />
und politologische Untersuchungen“. Ihre Arbeit<br />
hat sich erst Anfang 1992 richtig entfaltet. Wir analysieren die<br />
Lage in Russland, Europa, in der Welt, erarbeiten Zukunftsprognosen.<br />
Wir versuchen, die besten Experten heranzuziehen<br />
und machen die Ergebnisse unserer Forschung – Stichwort<br />
„Glasnost“ – öffentlich zugänglich, senden sie an Regierungsorgane<br />
und Forschungseinrichtungen. Im vergangenen Jahr<br />
haben wir eine Reihe von Konferenzen veranstaltet, alle dem<br />
20-jährigen Jubiläum des Beginns der Perestrojka-Politik<br />
gewidmet. Begleitend erschien eine Schriftensammlung mit<br />
dem Titel „<strong>Der</strong> Durchbruch zur Freiheit“.<br />
Gorbatschow investiert viel <strong>Zeit</strong> für sein<br />
sozialpolitisches Engagement. Im Namen<br />
seiner verstorbenen Frau Raissa Maximowna<br />
Gorbatschowa ist er auch karitativ tätig<br />
Natürlich kooperieren wir auch mit internationalen Stiftungen<br />
und Experten. Insbesondere schätzen wir die Zusammenarbeit<br />
mit den deutschen Kollegen. Herausragend in<br />
ihrer Wichtigkeit finde ich persönlich die Initiative des ehemaligen<br />
deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder und<br />
des russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Gründung<br />
des russisch-deutschen Forums „Petersburger Dialog“. Die<br />
jetzige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat unmittelbar<br />
nach ihrer Wahl erklärt, dass sie das Forum unterstützen<br />
wird. In diesem Jahr haben wir außerdem das neue<br />
Buch „Perestrojka verstehen“ herausgebracht, dessen Titel<br />
keinesfalls zufällig gewählt ist. Denn Russland steht auch<br />
heute noch vor der Wahl: Das Land muss die Demokratie<br />
stärken, die Freiheit entwickeln, die humanitären Probleme<br />
lösen. Wohltätigkeit ist ebenfalls ein wichtiges Thema für die<br />
Stiftung. Gerade jetzt bauen wir zusammen mit der Medizinischen<br />
Universität von St. Petersburg das Heilzentrum für<br />
leukämiekranke Kinder. Dieses Zentrum trägt den Namen<br />
von Raissa Maximowna Gorbatschowa.<br />
Wir kennen Sie als einen politischen Idealisten. Wer oder was<br />
inspirierte Sie dazu, sich selbst und Ihren Überzeugungen stets<br />
treu zu bleiben?<br />
Als junger Mensch erlebte ich den Krieg und anschließend<br />
die zerrüttete Wirtschaft, die Repressionen der Stalinzeit und<br />
deren Entlarvung – meine Lebenserfahrung hat die Wahl meines<br />
Weges maßgeblich beeinflusst. Ich wusste sehr früh, was<br />
Verantwortung bedeutet. <strong>Der</strong> Beginn der politischen Aktivität<br />
meiner Generation fiel auf den 20. Parteitag der KPdSU<br />
(Februar 1956, Anm. d. Red.), der Höhepunkt des Schaffens<br />
kam dann in den 60er Jahren – deshalb wird diese Generation<br />
in Russland auch „die Schestidesjatniki“ („die Sechziger-<br />
Männer“) genannt. Wir alle hatten eine mehr als unruhige<br />
Momentum 2· 2006<br />
11
Z e i t z eug e Michail Gorbatschow<br />
12 Momentum 2· 2006<br />
Jugend und strebten fast schon instinktiv nach Freiheit, ohne<br />
alle Finessen des Liberalismus zu kennen. Wir strebten alle<br />
nach dem, was uns so fehlte: nach freier Meinungsäußerung,<br />
nach Informationsfreiheit – wir träumten davon, unser Schicksal<br />
selbst in die Hand nehmen zu können.<br />
Die darauf folgenden Jahrzehnte in der Politik – erst in der<br />
Jugendarbeit, später auf hochrangigen Posten in der Partei –<br />
brachten mich zu der Überzeugung, dass tief greifende Veränderungen<br />
dringend notwendig waren. Und ich bin glücklich,<br />
dass ausgerechnet meine Gleichgesinnten und ich die<br />
demokratischen Reformen in die Wege leiten durften, als ich<br />
den Posten des Generalsekretärs innehatte.<br />
Was inspirierte Sie als Politiker? Hatten oder haben Sie ein<br />
Leitmotiv im politischen Handeln?<br />
Das Ziel einer ehrlichen Politik ist nicht, für den eigenen<br />
Machterhalt, sondern im Interesse der Mehrheit der Menschen<br />
zu kämpfen, immer mit dem Gesicht zum Volk sozusagen.<br />
Das ist mein Leitmotiv. Aus diesem Grund ist mir auch die<br />
Haltung der Sozialdemokraten so nahe. Ich finde, Freiheit und<br />
soziale Gerechtigkeit sind sowohl liberale als auch sozialistische<br />
Werte.<br />
Als Sie 1990 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurden<br />
– welche Gefühle rief das hervor?<br />
Für mich bedeutete die Entscheidung des Nobel-Komitees<br />
vor allem die Anerkennung der Tatsache, dass die damaligen<br />
Veränderungen in der Sowjetunion von internationaler Bedeutung<br />
waren. Außerdem wertete ich es als ein Zeichen des<br />
Vertrauens gegenüber unserer Politik des neuen Denkens.<br />
Unsere Politik basierte auf der Überzeugung, dass am Ende<br />
des 20. Jahrhunderts Macht und Waffengewalt nicht der<br />
Haupthebel der Weltpolitik bleiben dürfen. Für mich persönlich<br />
war diese Auszeichnung ein Zeichen der Solidarität<br />
mit dem Streben, Politik und Moral zu verbinden.<br />
Machiavellismus – ob im Leben oder in der Politik – ist für<br />
mich absolut inakzeptabel.<br />
Michail Gorbatschow verlangt ein<br />
neues Denken für eine sich rasant<br />
verändernde Welt. „Wir leben heute<br />
in einem ganz anderen Rhythmus“<br />
Wie empfinden Sie heute die <strong>Zeit</strong>? Hat sich Ihr <strong>Zeit</strong>gefühl im<br />
Laufe des Lebens verändert?<br />
Ich habe die Antwort darauf bereits angedeutet. Wenn man<br />
in diesem Kontext noch von etwas sprechen sollte, dann von<br />
einer sich rasant entwickelnden Welt. Man bekommt den Eindruck,<br />
dass die Jahre zu Monaten, die Monate zu Wochen,<br />
die Wochen zu Tagen und die Tage zu Stunden werden.<br />
Kaum habe ich meinen 70. Geburtstag gefeiert – schon ist<br />
auch der 75. vorbei.<br />
Wir leben heute in einem ganz anderen Rhythmus. Eine kolossale<br />
Informationsflut erreicht uns. Die Bildung von gestern<br />
ist heute nur noch teilweise nutzbar. Die Menschen sind verunsichert.<br />
Eigentlich nicht nur die einzelnen Menschen –<br />
ganze Forschungseinrichtungen sind es. Wir brauchen neue<br />
Initiativen, neue Führerschaft, die den Herausforderungen der<br />
modernen Welt gewachsen ist. Die <strong>Zeit</strong> treibt uns alle an. ✺<br />
Michail Gorbatschow Vita<br />
Michail Gorbatschow wurde am 2. März 1931 in Provolnoye<br />
bei Stavropol, Russland, geboren. In der ländlichen Herkunft<br />
liegt seine Liebe zur Heimat und zur Natur begründet. Auf<br />
Gorbatschows juristischen Universitätsabschluss in Moskau<br />
1955 folgte daher ein Fernstudium der Agrarwirtschaft. In dieser<br />
<strong>Zeit</strong> begegnete er seiner Ehefrau Raissa, die ihn bis zu ihrem<br />
Krebstod 1999 in seinen politischen Handlungen engagiert<br />
unterstützte. Als Alternative zur politischen Laufbahn kam für<br />
Michail Gorbatschow nur die akademische in Frage, die aber<br />
mit der Wahl zum Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen<br />
Partei 1978 und bis zum Ende der Präsidentschaft<br />
1991 in den Hintergrund geriet. 1985 zum Staatsoberhaupt<br />
gewählt, begann Gorbatschow mit seinen als Perestrojka<br />
bekannten Reformen, die das Ende der politischen Eiszeit<br />
bedeuteten. Im März 1990 wurde er der erste Präsident<br />
Russlands, im Oktober erhielt er den Friedensnobelpreis.<br />
Seit Januar 1992 leitet er die Gorbatschow-Stiftung, ist seit 1993<br />
Präsident des Green Cross International, einer renommierten<br />
Umweltschutz-Organisation, und erhielt in den letzten Jahren<br />
mehrere internationale Auszeichnungen.
ÜBERRASCHTER VISIONÄR – der Mauerfall war für Gorbatschow vorhersehbar. Doch die deutsche Wiedervereinigung kam auch für ihn unerwartet früh<br />
Momentum 2· 2006<br />
13
Fotos: Bilderberg (1), Corbis (2), Getty Images (4)<br />
14 Momentum 2· 2006<br />
Momente Sonnenuhren<br />
<strong>Der</strong> Stab des<br />
Helios
Die älteste Uhr der Menschheit ist auch die simpelste:<br />
ein Stab, der einen Schatten wirft. Seit 3.500 Jahren<br />
zeigt die Sonnenuhr, was die Stunde geschlagen hat<br />
Momentum 2· 2006<br />
15
er vom sächsischen <strong>Glashütte</strong> aus zu einer<br />
Reise in die Oberlausitz aufbricht, wird<br />
nicht nur eine weltentrückte Naturlandschaft<br />
entdecken, in der sich seltene Tierarten<br />
wie der Fischotter tummeln, sondern<br />
auch bezaubernde kleine Orte wie Görlitz,<br />
die östlichste Stadt Deutschlands. Ein Bummel durch die malerische<br />
Altstadt mit ihren zahlreichen historischen Bauwerken lohnt<br />
unbedingt. Es gibt viel zu sehen, und wer genau hinschaut, kann<br />
bei schönem Wetter auf dem Untermarkt ein kleines, immer<br />
wiederkehrendes Ritual beobachten: Passanten schlendern zur<br />
ehemaligen Ratsapotheke, werfen einen Blick hoch zur Fassade,<br />
schauen auf ihre Armbanduhr und nicken zustimmend. Am Erker<br />
des prächtigen Renaissancebaus befindet sich die historische<br />
Sonnenuhr des Görlitzer Mathematikers Zacharias Scultetus. Sie<br />
wurde um 1550 installiert und zeigt nicht nur die Ortszeit an, sondern<br />
auch den Stand der Sonne im Tierkreis und die astrologischen<br />
Konstellationen. Und weil sie das verblüffend genau tut,<br />
galt sie lange <strong>Zeit</strong> als „Normaluhr“ – die öffentliche Uhr der Stadt.<br />
Sonnenuhren werden oft zur Ausschmückung von<br />
Gebäuden und Plätzen verwendet oder verbergen sich in unscheinbaren<br />
Winkeln von Kirchen, Türmen und Stadttoren. Doch<br />
wer sie als schmückende Zutat aus dem Katalog des Baumeisters<br />
abtut, der täuscht sich. Sonnenuhren sind präzise astronomische<br />
Geräte, die den Stand der Sonne am Himmel zur <strong>Zeit</strong>angabe<br />
nutzen, indem sie den Schatten eines Zeigers auf einem Zifferblatt<br />
abbilden. Wenn sie präzise konstruiert sind, können sie die<br />
Tageszeit mit einer Genauigkeit besser als fünf Minuten angeben<br />
– und das seit Jahrtausenden, lange vor der Erfindung der Räderuhren!<br />
Sonnenuhren gab es bereits in Ägypten und Griechenland<br />
ab etwa 1.500 v. Chr. In der Antike stand der schattenwerfende<br />
Zeiger, der so genannte Gnomon, meist senkrecht auf einer ebenen<br />
Fläche. Die Spitze des Gnomons wandert jeden Tag entlang<br />
einer anderen Hyperbellinie über den Boden. Im Winter, wenn<br />
die Sonne flacher steht, ist diese Linie weiter vom Gnomon ent-<br />
16 Momentum 2· 2006<br />
Momente Sonnenuhren<br />
WT e x t Norbert Misch-Kunert<br />
fernt als im Sommer. An solchen Liniennetzen konnte man in der<br />
Antike zunächst die Tage der Sonnenwenden und die der Tagund<br />
Nachtgleichen sowie an jedem Tag die Mittagszeit ablesen;<br />
erst später dann auch die Tagesstunden. Eine riesige Anlage dieser<br />
Form, das Solarium Augusti, ließ der römische Kaiser Augustus<br />
10 v. Chr. auf dem Marsfeld in Rom errichten. <strong>Der</strong> Schatten des<br />
Zeigers, eines 30 Meter hohen ägyptischen Obelisken, wurde auf<br />
ein weitläufiges System von Bronzelinien und Bronzebuchstaben<br />
in Latein und Griechisch geworfen, das begehbar war.<br />
Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit wurden<br />
die Sonnenuhren üblicherweise an der Südwand eines Gebäudes<br />
angebracht. <strong>Der</strong> schattenwerfende Stab stand entweder senkrecht<br />
von der Wand ab oder wurde parallel zur Erdachse befestigt. Von<br />
ihm ausgehende Radiallinien bezeichneten die wahre Ortszeit.<br />
Auf dem Zeiger war eine Kugel angebracht. <strong>Der</strong>en Schatten zeigte<br />
auf den annähernd waagrechten Hyperbellinien die Jahreszeit<br />
und damit auch die unterschiedliche Länge von Tag und Nacht.<br />
Zusätzliche Schräglinien gaben die Anzahl der seit Sonnenaufgang<br />
verstrichenen Stunden an. Im Sommer waren das bis Mittag acht,<br />
im Winter vier Stunden. Da die Wand, an der die Sonnenuhr angebracht<br />
war, in den seltensten Fällen exakt nach Süden zeigte, war<br />
zum Ausgleich eine exakte und komplizierte geometrische Konstruktion<br />
erforderlich. Hierfür wurden oftmals Mathematiker und<br />
Professoren herangezogen, und an den Universitäten gab es sogar<br />
Vorlesungen über Sonnenuhren und intensive wissenschaftliche<br />
Aktivitäten. Im 18. Jahrhundert hatte es die Sonnenuhr in Europa<br />
zu beachtlicher Perfektion gebracht. Neben den Stunden konnte<br />
man auch noch andere Daten von einer Sonnenuhr ablesen, wie<br />
zum Beispiel das Sternzeichen, die Tagesdauer, den Sonnenaufund<br />
-untergang. Auch als im späten Mittelalter die Räderuhren<br />
erfunden wurden, erfüllte die Sonnenuhr noch einen wichtigen<br />
Zweck: Man brauchte sie zur Überprüfung der Genauigkeit.<br />
Die Sonnenuhr ist das Ergebnis einer jahrtausendealten<br />
Entwicklung und ein faszinierendes Stück Technikgeschichte
Links: Zeiger einer Sonnenuhr in Carrara. Rechts: Teil einer gigantischen<br />
Sonnenuhr im Freiluft-Observatorium Jantar Mantar in Neu-Delhi, Indien.<br />
Die Anlage wurde seit ihrer Errichtung 1725 kaum verändert. Anhand<br />
des Schattenwurfs bestimmten die Menschen mit großer Genauigkeit die<br />
<strong>Zeit</strong>, den Sonnen- und Mondkalender sowie astronomische Bewegungen<br />
Ein sonnenbeschienener Stab, der<br />
einen Schatten auf eine Skala wirft –<br />
das ist das Grundprinzip aller Sonnenuhren.<br />
Langfristige Beobachtungen<br />
und Berechnungen führten zu immer<br />
besseren Konstruktionen und zu<br />
einer verblüffenden Genauigkeit<br />
Momentum 2· 2006<br />
17
Sonnenuhr im Gasworks Park in Seattle mit Aussicht über den Lake Union. Das Besondere an dieser Sonnenuhr ist, dass der Besucher selbst als Zeiger fungiert:<br />
Von einer bestimmten Position aus kann er an seinem eigenen Schatten die Uhrzeit ablesen. Vielleicht nicht sehr genau, aber auf jeden Fall sehr lehrreich<br />
18 Momentum 2· 2006<br />
Momente Sonnenuhren<br />
Mit zunehmender Präzision der mechanischen Uhren<br />
büßte die Sonnenuhr ihren Nutzwert ein. An den Rand der Bedeutungslosigkeit<br />
brachte sie die Einführung der Mitteleuropäischen<br />
<strong>Zeit</strong> (MEZ) am 1. April 1893. Die MEZ entspricht der mittleren<br />
Sonnenzeit des 15. Längengrads östlich von Greenwich und<br />
wurde als die für Mitteleuropa gültige Einheitszeit festgelegt. Die<br />
„richtige“ <strong>Zeit</strong> von einer Sonnenuhr abzulesen, erforderte von nun<br />
an auch geistige Arbeit und exakte Kenntnisse über den Standort<br />
und den tagesaktuellen Wert der so genannten <strong>Zeit</strong>gleichung.<br />
Wenn die Sonnenuhr so konstruiert ist, dass sie bei Sonnenhöchststand<br />
12 Uhr anzeigt, gibt sie nämlich „nur“ die so genannte<br />
Wahre Ortszeit (WOZ) an. Diese <strong>Zeit</strong> unterscheidet sich von der<br />
„offiziellen“ <strong>Zeit</strong> (MEZ) um die <strong>Zeit</strong>differenz, die sich aus der geografischen<br />
Längendifferenz des Standortes zu dem Zonenmeridian<br />
ergibt, plus der <strong>Zeit</strong>differenz aufgrund der <strong>Zeit</strong>gleichung, die durch<br />
die elliptische Bahn der Erde und die Neigung der Erdachse<br />
verursacht wird und je nach Jahreszeit bis zu 16 Minuten beträgt.<br />
Im Sommerhalbjahr kommt noch eine zusätzliche Stunde wegen<br />
der Sommerzeit hinzu. Im Bereich der MEZ kann die Differenz<br />
zwischen dem, was die Sonnenuhr anzeigt, und dem, was auf der<br />
Armbanduhr zu entziffern ist, je nach Standort plus/minus 30 bis 50<br />
Minuten aufweisen. Zur Mitteleuropäischen Sommerzeit (MESZ)<br />
kann die Abweichung wegen des Vorlaufs der offiziellen <strong>Zeit</strong> um<br />
1 Stunde zwischen null und minus 1 3⁄4 Stunden betragen. Bei<br />
moderneren Sonnenuhren wird die Differenz zur MEZ oft durch<br />
ein entsprechend modifiziertes Zifferblatt korrigiert. Zusätzlich kann<br />
auch der Fehler berücksichtigt werden, der durch die Ellipsenbahn<br />
der Erde und die Neigung der Erdachse verursacht wird. Bei<br />
diesen Sonnenuhren sind die Linien, die einer bestimmten Stunde<br />
entsprechen, nicht gerade, sondern haben die Form einer flachen<br />
Acht. All das muss dem Betrachter der schönen Sonnenuhr an der<br />
Ratsapotheke in dem sehenswerten Städtchen Görlitz kein Kopfzerbrechen<br />
bereiten. Da Görlitz exakt auf dem 15. Längengrad liegt,<br />
zeigt die Sonnenuhr des Mathematikers Scultetus genau die richtige<br />
<strong>Zeit</strong> an – heute wie vor 456 Jahren. ✺<br />
Sonnenuhren sind Kunstwerke mit verblüffender Präzision.<br />
Neben den Stunden zeigen sie auch astronomische Daten an
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Fotos: Bilderberg, Caro, Laif (3), Katharina Sieverding/ VG Bild-Kunst<br />
Z e i t z onen Berlin<br />
20 Momentum 2· 2006
Die Zukunft<br />
ist jetzt<br />
T e x t Michèlle Mussler<br />
Genau genommen hinkt Berlin<br />
um 6 Minuten, 22 Sekunden der<br />
MEZ hinterher. In puncto Kultur,<br />
Modetrends, Architektur und<br />
Nachtleben jedoch ist die jüngste<br />
Hauptstadt Europas anderen<br />
Metropolen voraus. Ein Erlebnis-<br />
Guide für sommerliche Tage und<br />
lange Nächte<br />
Die Kuppel auf dem Reichstag: Das gibt es<br />
nur in Berlin – kein anderes Parlament der<br />
Welt erlaubt Tausenden Besuchern täglich,<br />
vom Dach aus die Aussicht zu erleben<br />
Momentum 2· 2006<br />
21
Z e i t z onen Berlin<br />
V.l.n.r.: Das KaDeWe feiert 2007 100-jährigen Geburtstag, schon jetzt lockt ein Luxusboulevard mit internationalen Top-Marken. Experimente zeitgenössischer<br />
Kunst in den Kunst-Werken. Das Zentrum im Ostteil mit dem Fernsehturm. Historie und Moderne: Star-Architekten schufen ein neues Zentrum am Potsdamer Platz<br />
Was für ein Wandel: In den 17 Jahren seit dem Fall<br />
der Mauer hat sich Berlin um sich selbst gedreht –<br />
vom Vier-Sektoren-Besatzungsgebiet zur deutschen<br />
Hauptstadt, vom Hype zur Ernüchterung,<br />
vom Palimpsest zur Parvenüpolis. Stets im Wechsel<br />
mit Geschichte, Pracht und Avantgarde, ist sie moderner geworden,<br />
vergnügter, internationaler. Dabei erfindet sich Europas jüngste Hauptstadt<br />
ständig neu und wird nie richtig fertig – Altbau, Umbau, Neubau<br />
stehen real existierend nebeneinander. Auf den ersten Blick prallen<br />
Parallelwelten aufeinander: Moderne Regierungsmonumente wechseln<br />
sich mit sozialistischer Einheitsarchitektur ab, preußische Gloriabauten<br />
mit amerikanischen Hightech-Wolkenkratzern, dazwischen erstaunlich<br />
viel Grün. „Neue Architektur im alten Berlin“ oder „Auf diplomatischem<br />
Parkett durch das Botschaftsviertel“ – wer auf Spurensuche gehen<br />
möchte, hat etwa 70 thematische Stadtführungen zur Auswahl. Und<br />
wo ist die Mauer geblieben? Am Dokumentationszentrum sind noch<br />
70 Meter <strong>Original</strong>mauer erfahrbar. Doch obwohl die Narbe zwischen<br />
Ost und West zuwächst, besteht die Stadt immer noch aus zwei Hälften:<br />
große Bühne und hipper Backstage, Tag und Nacht.<br />
Einige behaupten gar, Berlin sei nicht deutsch – aus 184<br />
Nationen setzen sich die 3,4 Millionen Einwohner zusammen. „Ich<br />
bin ein Berliner“, lautete John F. Kennedys politisches Bekenntnis zur<br />
Mauerstadt. Aber was charakterisiert Berliner? Ein stolzes, tolerantes<br />
Völkchen mit ruppiger Direktheit und sprichwörtlicher „Schnauze“,<br />
hinter der sie viel Herzlichkeit verstecken. Eine typische Szene: <strong>Der</strong><br />
Busfahrer wartet auf heranrennende Fahrgäste. Als der letzte atemlos<br />
den Bus betritt, frotzelt der Fahrer: „Mit der Performance kannste aber<br />
22 Momentum 2· 2006<br />
nich beim Marathon ufftreten!“ Prompt bekommt der ebenso beleibte<br />
Fahrer zu hören: „Uff deen Kutschbock machste Schumi aber mächtig<br />
Konkurrenz!“ Von Wildfremden geduzt zu werden, ist eine Sympathiebekundung.<br />
Hofiert wird keiner. Charisma und Charakter zählen.<br />
Die meisten Besucher lieben diese Freiheit von Konventionen, was<br />
noch mehr Gäste anlockt. So klettert Berlin 2006, auch dank der Fußball-WM,<br />
wohl von Platz drei auf zwei der meistbesuchten Städte Europas.<br />
Einen weiteren Rekord hält Berlin darin, allem einen Spitznamen<br />
zu geben. Je frecher, desto besser: <strong>Der</strong> Reichstag heißt wegen der<br />
ovalen Kuppel Eierbecher, der Fernsehturm Telespargel. Beide lohnt<br />
es zu besuchen, des Aus- und Überblicks wegen. Immerhin ist Berlin<br />
mit 892 Quadratkilometern fast neun Mal größer als die Stadt Paris.<br />
Die Zahl an Museen und Sammlungen in der Stadt ist<br />
unübertroffen. Würde man täglich drei besuchen, bräuchte man fast<br />
zwei Monate: 175 insgesamt, von den vielen Galerien ganz zu schweigen.<br />
Und ständig werden es mehr. Die Museumsinsel, zwischen 1823<br />
und 1930 auf einer Insel in der Spree erbaut, zählt zum Weltkulturerbe<br />
der UNESCO. Darunter das Bodemuseum, das nach fast sechsjähriger<br />
Renovierung diesen Herbst wieder eröffnet. Oder das Deutsche Historische<br />
Museum im Zeughaus, dem ältesten Gebäude des Prachtboulevards<br />
Unter den Linden, wo sich 2.000 Jahre deutsche Geschichte seit<br />
Juni dieses Jahres präsentieren. Als eine der weltweit bedeutendsten<br />
Privatsammlungen der Klassischen Moderne hat die Sammlung Berggruen<br />
in Berlin ein Zuhause gefunden. <strong>Der</strong> Berliner Starfotograf<br />
Helmut Newton gründete das Museum für Fotografie, wo über 1.000<br />
seiner oft sinnlichen Bilder sowie Wechselausstellungen anderer Fotokünstler<br />
zu sehen sind. Immer wieder für Überraschungen sorgen die
Momentum 2· 2006<br />
23
Z e i t z onen Berlin<br />
Experimente zeitgenössischer Kunst in den Kunst-Werken, die mitten im<br />
Galerieviertel liegen. Hier, im hippen Bezirk Mitte, entdeckt man, was<br />
Fashion-Victims und Modedesigner als „New Berlin Style“ bezeichnen.<br />
Wie die Stadt zwischen Glanz und Szene pendelt, so kleidet man sich:<br />
schräg-bunt zu Schlammtönen im Retro-Look, es muss zum Dinner<br />
bei der Queen passen, aber auch zum Imbiss um die Ecke. All das findet<br />
man laut französischer Modemagazine in „Deutschlands extravagantesten<br />
Boutiquen“ rund um den Hackeschen Markt mit seinen zahlreichen<br />
Cafés und Lokalen. Fast um die Ecke zeigt Berlin mit seiner<br />
Friedrichstraße einen anderen Charme. Einst Vergnügungsmeile, heute<br />
vornehm mit der exklusiven Shoppingmall Quartier 206 und dem<br />
französischen Luxuskaufhaus Galeries Lafayette. Im Westteil hingegen<br />
hält die Grande Dame Hof: das Kaufhaus des Westens, bekannt als<br />
KaDeWe, ist mit 80.000 Besuchern täglich und 380.000 verschiedenen<br />
Artikeln das größte Kaufhaus auf dem europäischen Kontinent.<br />
Zu welcher <strong>Zeit</strong> man Berlins wahres Gesicht erlebt, ist<br />
eine Endlosdebatte. Am Tag ticken die Uhren ganggenau, während<br />
nachts keine Sperrstunde das Vergnügen zähmt. Philosophen der Nacht<br />
behaupten gar: Die Nacht macht Berlin. Oder: Berlin macht die Nacht!<br />
Kennen Sie etwa eine Stadt, die drei Opernhäuser sowie 135 Theater<br />
und Bühnen zählt? Täglich wetteifern hier 1.500 Veranstaltungen.<br />
Darunter Großevents wie das Museumsinsel-Festival als längstes Open-<br />
Air-Festival der Welt, das Musikfest Berlin mit international hochkarä-<br />
24 Momentum 2· 2006<br />
Fünf traumhafte Sommerabende: Classic Open Air am Gendarmenmarkt ist das Highlight der Konzertsaison<br />
tigen Ensembles und Dirigenten in der Philharmonie oder der Kunstherbst<br />
mit etlichen Vernissagen und einer Messe – alles unter dem Motto<br />
„Kunst des 21. Jahrhunderts“. Und wer sein Tagesprogramm nicht absolviert,<br />
kann es zur Langen Nacht der Museen mit über 100 Ausstellungen<br />
bis zwei Uhr nachts aufholen. <strong>Der</strong> Einstieg in amüsante Nächte<br />
beginnt mit Kulinarik. Zwar ist es richtig, dass Berlin etwa auf halber<br />
Strecke zwischen Paris und Minsk liegt, aber in puncto originellem<br />
Crossover und Vielfalt spielt es in den weltweiten Top Ten mit. Hugos<br />
heißt das Michelin-Stern-Restaurant, das neben mediterran-sonnenerfüllter<br />
Küche eine fantastische Aussicht bietet. Jüngster Gourmetzugang<br />
ist das Shiro i Shiro, wo sich japanische mit europäischen Kochkünsten<br />
und die Bohemiens treffen, wenn sie mal nicht das Restaurant Modellhut<br />
aufsuchen. Die authentischste Italien-Küche mit dem dazugehörigen<br />
Chic bietet nach wie vor das Bocca di Bacco, und mit modern<br />
interpretierten deutschen Gerichten samt phänomenalem Weinsortiment<br />
überzeugt die Weinbar Rutz. Nächtliches Leben genießt man<br />
hier auch mit weit über 30! Immer noch ein Insidertipp, obwohl sie<br />
schon seit den 1930er Jahren existiert, ist die Times Bar im <strong>Original</strong>-<br />
Ambiente noch immer ein herrlicher Ort zum Sinnieren bei einer<br />
Zigarre. Wer einen stilvollen Mix aus Cocktail-Bar, Dance-Floor, Relax-<br />
Lounge und lockerer Nachtschwärmer-Stimmung wünscht, trifft sich in<br />
den Edelclubs Felix, wo die WM-VIP-Partys stattfinden, oder Spindler<br />
& Klatt. Es gilt, nicht vor 1 Uhr zu kommen, aber mindestens bis Sonnenaufgang<br />
zu bleiben – Berlin hat eben seinen eigenen <strong>Zeit</strong>takt. ✺
V.o.n.u.: Berliner lieben Straßencafés – ob<br />
edel am Kurfürstendamm oder szenig am<br />
Hackeschen Markt in Mitte. Beliebter Treff:<br />
nach dem Konzert in der Jazz Bar des Hyatt<br />
Hotels. Am Potsdamer Platz 1 fährt der<br />
schnellste Aufzug Europas: auf die 88 Meter<br />
hohe Aussichtsplattform in 22 Sekunden<br />
<strong>Zeit</strong>plan Berlin<br />
Vormittags<br />
Thematische Stadtführungen & Sightseeing: Art Berlin, Tel. 030-28<br />
09 63 90, www.artberlin-online.de · Kultour Berlin, Tel. 030-89 78 64 05,<br />
www.kultour-berlin.de · Dokumentationszentrum Berliner Mauer,<br />
Bernauer Str. 111, Tel. 030-464 10 30,<br />
www.berliner-mauer-dokumentationszentrum.de<br />
Museen & Ausstellungen: Museumsinsel & Bodemuseum, Tel. 030-20<br />
90 55 77, www.museumsinsel-berlin.de · Deutsches Historisches<br />
Museum, Unter den Linden 2, Tel. 030-20 30 40, www.dhm.de · Sammlung<br />
Berggruen, Schloßstr. 1, Tel. 030-326 95 80 · Museum für Fotografie,<br />
Jebensstr. 2, Tel. 030-266 21 88, www.smb.spk-berlin.de · Kunst-Werke,<br />
Auguststr. 69, Tel. 030-243 45 90, www.kw-berlin.de<br />
Mittags<br />
Lokale & Cafés: Galeries Lafayette, mit französischen Bistros,<br />
Friedrichstr. 76, www.lafayette-berlin.de · Hackescher Hof Restaurant<br />
& Café, Rosenthalerstr. 40/41, www.hackescher-hof.de<br />
Nachmittags<br />
Einkaufen: Tour hackescher Markt entlang Rosenthaler-, Oranien-, Neue<br />
Schönhauser Str. · Quartier 206, Friedrichstr. 71, www. quartier206.de ·<br />
Kulturkaufhaus Dussmann, Friedrichstr. 90, www.dussmann.de ·<br />
Kaufhaus des Westens, Tauentzienstr. 21–24, www.kadewe.de · Tour<br />
Kurfürstendamm und Tauentzienstr.<br />
Abends<br />
Opern & Bühnen: Deutsche Oper, Bismarckstr. 35, Tel. 030-34 38 44 52,<br />
www.deutscheoperberlin.de · Staatsoper, Unter den Linden 7, Tel. 030-20<br />
35 45 55, www.staatsoper-berlin.org · Komische Oper, Behrenstr. 55–57,<br />
Tel. 030-47 99 74 00, www.komische-oper-berlin.de · Berliner Ensemble,<br />
Bertolt-Brecht-Platz 1, Tel. 030-28 40 81 55, www.berliner-ensemble.de<br />
Essen & Trinken: Hugos, im Hotel InterContinental, Budapesterstr. 2, Tel.<br />
030-260 20 · Shiro i Shiro, Rosa-Luxemburg-Str. 11, Tel. 030-97 00 47 90<br />
· Modellhut, Alte Schönhauser Str. 28, Tel. 030-97 00 50 58 · Bocca di<br />
Bacco, Friedrichstr. 167–168, Tel. 030-20 67 28 28 · Weinbar Rutz, Chausseestr.<br />
8, Tel. 030-24 62 87 60 · Times Bar, im Savoy Hotel, Fasanenstr. 9–10<br />
Nachts<br />
Clubs: Felix, Behrenstr. 72, Tel. 030-206 28 60, www.felixrestaurant.de ·<br />
Spindler & Klatt, Köpenicker Str. 16/17, Tel. 030-69 56 67 75,<br />
www.spindlerklatt.com<br />
Hotels: Grand Hyatt, direkt beim Potsdamer Platz, Designhotel mit<br />
Wellness-Bereich auf dem Dach, Marlene-Dietrich-Platz 2, Tel. 030-25 53<br />
12 34, www.hyatt.com · Schlosshotel im Grunewald, altes, ruhiges<br />
Palais, eingerichtet von Karl Lagerfeld, hier übernachtet die deutsche<br />
Nationalelf zur WM, Brahmsstr. 10, Tel. 030-89 58 40, www.schlosshotelberlin.com<br />
· The Regent, stilvolles Luxushotel direkt am Gendarmenmarkt<br />
mit dem besten Restaurant der Stadt, Charlottenstr. 49, Tel. 030-20 33 8,<br />
www.regenthotels.com · Hotel de Rome, das nonplusultra Rocco Forte<br />
Hotel im 120 Jahre alten Bankhaus eröffnet im Oktober, Behrenstr. 37,<br />
Tel. 030-460 60 90, www.roccofortehotels.com<br />
Kultur-Kalender 2006<br />
Classic Open Air, 6. bis 10. Juli, www.classicopenair.de · Lange Nacht der<br />
Museen, 26. August, www.mdberlin.de · Museumsinsel-Festival, bis 10.<br />
September, www.smb.museum · Musikfest Berlin, 1. bis 17. September,<br />
in der Philharmonie, www.berlinerfestspiele.de · Kunstherbst, 15. September<br />
bis 15. Oktober, verschiedene Orte und Galerien, www.berlin-partner.de<br />
Berlin-Infos<br />
Berlin Tourist Informationen, Tipps & Buchungen zu Hotels, Eintrittskarten<br />
und vieles mehr, Tel. 030-25 00 25, www.berlin-tourist-information.de ·<br />
Offizieller Wegweiser, www.berlin.de<br />
Momentum 2· 2006<br />
25
Fotos: Louie Psihoyos (4), Hans Westerink (1), Royal Huisman Shipyard B.V. (7)<br />
Z e i t s t römung Yachting<br />
26 Momentum 2· 2006<br />
Begehrter Logenplatz: Gigantisch ist<br />
der Ausblick von Athenas „Krähennest“.<br />
Es gibt keinen besseren Platz, um den<br />
Blick in die Ferne schweifen zu lassen
Stapellauf eines<br />
Traums<br />
Wie lange dauert die Erfüllung eines Lebenstraums?<br />
Manchmal geschieht es in Sekundenschnelle – manche<br />
Träume wiederum erfüllen sich nie. <strong>Der</strong> Eigentümer der<br />
Superyacht Athena hat sechs Jahre gefiebert ...<br />
T e x t Cornelia Marioglou<br />
Saint Tropez, Herbst 2004: Das Wetter ist wunderbar,<br />
und wie immer sind die Touristen damit beschäftigt,<br />
die im Wasser liegenden Yachten zu bestaunen: kleine<br />
Segelboote, wendige Powercruiser, elegante<br />
Motoryachten in den unterschiedlichsten Farben.<br />
Die bunte Kulisse des mondänen Ferienortes pulsiert.<br />
Doch ganz unvermittelt scheint die <strong>Zeit</strong> stillzustehen. Eine<br />
gigantische Fata Morgana wie aus einer märchenhaften Epoche<br />
bewegt sich langsam auf den Hafen zu: <strong>Der</strong> majestätische, 90<br />
Meter lange 3-Mast-Schoner Athena zeigt sich erstmals der Öffentlichkeit.<br />
Gespannt beobachtet man an der Mole, was passiert. <strong>Der</strong><br />
Anker wird hinabgelassen, begleitet von einem durchdringenden<br />
Dröhnen der tonnenschweren Ankerkette, die zum Meeresgrund<br />
gleitet. Wenig später öffnet sich die Tenderluke, und eines der<br />
zwei Beiboote wird samt Crew ins Wasser gelassen. Es nimmt<br />
Kurs in Richtung Kai, wo die ersten Gäste von Athena warten, um<br />
an Bord gebracht zu werden.<br />
<strong>Der</strong> amerikanische Eigner, ein erfahrener Segler, hat<br />
sich mit dem Bau der Athena im niederländischen Vollenhove<br />
seinen persönlichen Yacht-Traum erfüllt. Ein langer Entwicklungsweg<br />
und viel <strong>Zeit</strong> waren dafür nötig. 1998, noch in der Endphase<br />
der Fertigstellung seiner schnellen, 47 Meter langen Aluminium-<br />
Segelyacht Hyperion, war ihm die Idee zu einer größeren und<br />
wesentlich komfortableren Yacht mit einer Gesamtlänge von vielleicht<br />
sogar über 100 Metern gekommen. Es sollte ein nach historischem<br />
Vorbild gebautes, mit sämtlichen Raffinessen der Moderne<br />
ausgestattetes Schiff werden, das alle Kriterien für eine Weltum-<br />
Momentum 2· 2006<br />
27
Z e i t s t römung Yachting<br />
28 Momentum 2· 2006<br />
Oben: Wer die Wahl hat ...<br />
einer von zahlreichen,<br />
mit viel Liebe zum Detail<br />
umgesetzten Essbereichen<br />
auf der Athena.<br />
Hier dinieren bequem<br />
zehn Personen und genießen<br />
die exquisiten<br />
Menüs. Mitte: Eigentlich<br />
ein kleiner Salon,<br />
aber die Ausstattung<br />
macht ihn zur Media<br />
Lounge an Bord. Filme<br />
werden hier gezeigt,<br />
Musik gehört oder einfach<br />
entspannt.<br />
Unten: Al-fresco-dining<br />
at its best – selbstverständlich<br />
geschützt vor<br />
Sonne und Regen<br />
segelung auf höchstem Niveau erfüllt. Lange Aufenthalte an Bord<br />
sollte es so angenehm wie möglich machen und dazu noch Platz<br />
bieten für Aktivitäten wie Tauchen und Wassersport. Aber auch<br />
ein Mediencenter und eine Bibliothek durften nicht fehlen.<br />
Gemeinsam mit dem Schiffsbauarchitekten Pieter<br />
Beeldsnijder bereiste der Yacht-Visionär verschiedene Werften in<br />
den Niederlanden, um wieder nach Vollenhove zu Wolter Huisman<br />
zurückzukommen. Noch in der Phase der Findung versprach der<br />
Werftinhaber dem potenziellen Kunden, gegebenenfalls eine neue<br />
Werkshalle mit der nötigen Kapazität für den Neubau zu errichten<br />
– keine geringe Investition für die kleine Werft. Aber auch die perfekte<br />
Realisation seines Traumes stellte er dem ambitionierten<br />
Kunden in Aussicht. Was sehr mutig und zugleich von größtem<br />
Wagnis für die Huisman-Werft war: Noch niemals zuvor hatte man<br />
sich an die magische Größe von 60 Metern herangewagt.<br />
Über ein Jahr stand Pieter Beeldsnijder am Zeichenbrett,<br />
besprach sich im Team und mit dem Eigner, um endlich den Schiffstyp<br />
zu definieren. Mit dem Vorvertrag, der im Juli 1999 abgeschlossen<br />
wurde, besiegelte man das Geschäft. Ein 3-Mast-Schoner mit<br />
einer Länge von 66 Metern sollte es werden. Wie versprochen, begann<br />
man in der Werft mit dem Bau der neuen Werkshalle, um<br />
bald zu hören, dass die ursprünglich angedachte Länge für das<br />
gewünschte Anforderungsprofil nicht zu realisieren war. Wolter<br />
Huisman war außer sich, hatte er doch die Halle mit einer Gesamtlänge<br />
von 80 Metern bereits fertigstellen lassen. Selbstverständlich<br />
war aber auch, dass er das wohl spektakulärste Yachtprojekt aller<br />
<strong>Zeit</strong>en nicht mehr aus der Hand geben wollte. Schließlich kam<br />
man zu einem Kompromiss und einigte sich im Dezember 1999 auf<br />
eine Gesamtlänge von 90 Metern inklusive Bugspriet.<br />
Nur 16 Monate später, im März 2001, begann die Realisierung<br />
des Yacht-Traums. Von nun an traf man sich bis zum<br />
Sommer 2004 alle sechs Wochen in der Werft zu Abstimmungsgesprächen,<br />
um die komplexen Arbeitsabläufe zu besprechen und<br />
die Teilabschnitte abzunehmen. Insgesamt waren mit den Spezialisten<br />
aus allen Teilen der Erde, welche eigens für das Projekt<br />
Athena eingestellt worden waren, und den werkseigenen Mitarbeitern<br />
mehr als 200 Menschen aktiv am Bau beschäftigt. Allen<br />
Beteiligten war nur zu klar, worum es ging. Sollte die Yacht mit<br />
der Werksnummer 378 planmäßig und mit allen nötigen Klassifizierungen<br />
und Abnahmen im September 2004 ausgeliefert werden,<br />
schriebe man Yachtgeschichte. Die Zielsetzung war enorm hoch.<br />
Weder hatte sich je zuvor eine Schiffswerft an ein Projekt dieser<br />
Größe und Komplexität gewagt, noch hatte sich jemals ein Eigner<br />
gefunden, der bereit war, in ein solches Megaprojekt zu investieren.
Athena von ihrer schönsten Seite.<br />
Das Meisterstück der Royal Huisman<br />
Werft erobert spielend die sieben<br />
Weltmeere – elegant gleitet die 90<br />
Meter lange Dame in voller Takelage<br />
über das Wasser<br />
Momentum 2· 2006<br />
29
Z e i t s t römung Yachting<br />
Wie alle Schiffe wurde auch die Athena von unten<br />
nach oben gebaut. Erst als alle für den Rumpf benötigten Teile<br />
gefertigt waren, wurden sie in der eigens für Athena errichteten<br />
Halle zusammengetragen. Auf verschiedenen Ebenen und turmhohen<br />
Gerüsten fügten die Schiffsbauer die einzelnen Komponenten<br />
in Millimeterarbeit zusammen – keine leichte Aufgabe,<br />
gemessen an den gigantischen Dimensionen der einzelnen Teile.<br />
Parallel dazu wurden die Modellbauten im Wassertank getestet,<br />
drei Masten mit einer Länge von je 58,80 Metern von der Firma<br />
Rondal gefertigt, während die Einkaufsabteilung mit über 20 Angestellten<br />
nur damit beschäftigt war, das benötigte Material zu<br />
beschaffen: Generatoren, Klimaanlagen, Motoren, Steuerungen,<br />
Antriebssysteme, Entsalzer, Kühlungen, Elektronik, Computer,<br />
Navigationssysteme, Kommunikation. <strong>Zeit</strong>gleich entwarf Pieter<br />
Beeldsnijder die fabelhafte Mahagoni-Innenausstattung und die<br />
eleganten Marmorbäder. Ein luxuriöses, dabei zeitloses Interieur<br />
mit aufwändigen Details und Intarsienarbeiten, geschaffen für die<br />
Ewigkeit. Viele Arbeiten fanden zeitgleich und auf allerengstem<br />
Raum statt. Noch bevor die hauseigenen Schreiner am Innenausbau<br />
zu arbeiten begannen, mussten die Böden und Wände<br />
isoliert und Tausende von Kabelmetern für die Elektronik an Bord<br />
verlegt werden. Allein für den Rumpfanstrich waren 381 Arbeitstage<br />
notwendig. Aber auch der Segelplan mit einer Am-Wind-<br />
Segelfläche von 2.623 m 2 ist beeindruckend und nur ein Teil dieses<br />
gigantischen Projekts.<br />
Nach weniger als vier Jahren war es dann so weit: Das<br />
anfangs unlösbar scheinende Puzzle aus Tausenden von Einzelteilen<br />
war zusammengesetzt – der Traum erfüllt! Nach umfangreichen<br />
Testfahrten brach die Athena im Herbst 2004 pünktlich zu<br />
ihrer Jungfernfahrt nach Frankreich auf. Ein Platz im Yacht-Olymp<br />
ist ihr sicher. Ob je ein weiterer Lebenstraum diesen Rekord<br />
brechen wird? ✺<br />
30 Momentum 2· 2006<br />
Schiffsbauarchitekt Gerard<br />
Dijkstra (ganz rechts)<br />
stieß 1999 zum Team, das<br />
unter nicht immer einfachen<br />
Bedingungen eine grandiose<br />
Arbeit abgeliefert<br />
hat. Viele Tests im Wassertank<br />
waren nötig, um<br />
solch ein prächtiges Resultat<br />
zu erzielen<br />
Die Deckzeichnung von Athena<br />
zeigt die wahre Größe von Kopf<br />
bis Fuß – inklusive des 13,80<br />
Meter langen Bugspriets. Dieser<br />
Platz wird auch die „Hollywood-<br />
Schaukel“ an Bord genannt
Links: Die äußerst komplexe Fertigung der riesigen<br />
Masten stellt das Team der Firma Rondal auf eine harte Probe<br />
Links Mitte: eine der beiden Hauptmaschinen,<br />
ein 16-Zylinder-Diesel mit 2.000 PS<br />
Links: Die Rumpfarbeiten dauerten<br />
insgesamt 599 Arbeitstage, erst danach<br />
begann man mit dem Ausbau<br />
Oben: Bei einem<br />
Blick über das spätere<br />
Deck kann man ermessen,<br />
mit welchem<br />
Superlativ man es<br />
zu tun hat. Links:<br />
Endlich – der Mast<br />
wird gesetzt. Nun<br />
können die „Sea<br />
trials“ (Tests auf dem<br />
Wasser) beginnen<br />
Momentum 2· 2006<br />
31
Spieler der <strong>Zeit</strong><br />
Michael Ballack, Kapitän der deutschen Fussballnationalmannschaft,<br />
über das besondere <strong>Zeit</strong>gefühl beim Spielen, seine<br />
Vorbilder und seine Vorliebe für Uhren<br />
32 Momentum 2· 2006<br />
I ntervie w Michael Ballack<br />
Herr Ballack, haben Sie während eines Fußballspiels unterschiedliche<br />
<strong>Zeit</strong>gefühle? Vergehen die 45 Minuten einer Halbzeit nach Ihrem Gefühl<br />
schneller oder langsamer als eine „normale“ Dreiviertelstunde?<br />
Das hängt natürlich vom Spielverlauf ab. Manchmal läuft man der<br />
<strong>Zeit</strong> hinterher, andererseits, zum Beispiel bei knapper Führung und<br />
einem starken Gegner, kann eine Halbzeit schon sehr lange dauern.<br />
Welche Phase eines Spiels ist für Sie die intensivste?<br />
Generell kann ich sagen, dass ich unmittelbar vor dem Anpfiff im<br />
Spielertunnel sehr konzentriert bin.<br />
Was geht in Ihnen vor in den Sekunden vorm Elfmeterschuss?<br />
Ich bin sehr konzentriert, beobachte den Torwart, entscheide<br />
dann aber intuitiv.<br />
Können Sie während eines Spiels meistens einschätzen, wie lange es<br />
noch dauert bzw. woher erhalten Sie die Informationen über die verbleibende<br />
Spielzeit: von der Anzeigetafel, der Bank, dem Schiedsrichter?<br />
In allen modernen Stadien wird die Spielzeit auf der Stadionuhr<br />
wiedergegeben. Selbstverständlich schaue ich auch bei Spielunterbrechungen<br />
mal auf die Uhr. Bei Nachspielzeiten zum Ende der<br />
ersten Halbzeit oder zum Ende des ersten Spiels frage ich auch<br />
manchmal den Schiedsrichter, wie lange noch zu spielen ist.<br />
Beim Spielen stehen Sie sicher häufig unter <strong>Zeit</strong>druck. Wie bewältigen<br />
Sie diese Anspannung?<br />
Ich entscheide spontan und intuitiv. Es verbleibt in der Regel wenig<br />
<strong>Zeit</strong> zum Nachdenken.<br />
Was passiert mit Ihnen in der letzten Minute vor dem Abpfiff?<br />
Das hängt natürlich sehr davon ab, wie das Spiel verlaufen ist. Bei<br />
positivem Spielstand verspürt man eine gewisse Erleichterung. Bei<br />
ungewissem oder gar negativem Spielstand verspüre ich Stress.<br />
Was unternehmen Sie privat, um <strong>Zeit</strong> zu gewinnen?<br />
Zunächst mache ich das Handy aus und gehe bei Erledigung der<br />
alltäglichen Dinge nach einem Tagesplan vor.<br />
Haben Sie Zukunftspläne für die <strong>Zeit</strong> nach Ihrer Fußballkarriere?<br />
Ja. Ich habe mir da schon Gedanken gemacht, habe aber noch<br />
keine konkreten Pläne.<br />
Wen im internationalen Fußball bewundern Sie besonders?<br />
Ich schätze besonders Ronaldinho und José Mourinho.<br />
Welche Vorbilder haben Sie außerhalb des Sports?<br />
Meinen Vater.<br />
Sind Sie vor einem wichtigen Spiel nervös? Falls ja, wann am meisten?<br />
Selbstverständlich bin ich angespannt. Die Anspannung ist unmittelbar<br />
vor Anpfiff im Kabinengang am stärksten.<br />
Wann haben Sie das letzte Mal mit Freunden bis zum Sonnenuntergang<br />
gekickt?<br />
Mit Freunden war das während meiner Schulzeit in Chemnitz<br />
öfter der Fall.<br />
<strong>Der</strong> längste Tag in Ihrem Leben?<br />
Das war die Nacht (!) vor dem WM-Finale 2002.<br />
Welches Fußballspiel wirkt in Ihnen bis heute am stärksten nach?<br />
Das war das WM-Finale 2002, an dem ich wegen einer Gelbsperre<br />
nicht teilnehmen durfte.<br />
Haben Sie als geborener Sachse einen Bezug zu den Uhren aus <strong>Glashütte</strong>,<br />
die auch aus Sachsen stammen?<br />
Natürlich. Ich besitze einige <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> Uhren und trage<br />
sie regelmäßig.<br />
Sammeln Sie Uhren und welche?<br />
Neben den Produkten von <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> besitze ich auch<br />
Uhren anderer Hersteller, wobei ich neben sportlichen Modellen<br />
auch klassische Uhren sammle. ✺
Früher in Chemnitz kickte er mit seinen<br />
Freunden, heute ist Michael Ballack Kapitän<br />
der deutschen Fußballnationalmannschaft –<br />
und außerdem begeisterter Uhren-Sammler<br />
Momentum 2· 2006<br />
Fotos: Thilo Härdtlein (2), Imago<br />
33
Kalendarium Neuigkeiten<br />
<strong>Zeit</strong> & Lebensart<br />
500 Jahre <strong>Glashütte</strong>! Zu Ehren der sächsischen Stadt mit<br />
der einmaligen und weltberühmten Uhrenmanufaktur-<br />
Tradition hat <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> sich etwas Besonderes<br />
einfallen lassen.Fünf exklusiv designte <strong>Zeit</strong>messer aus<br />
der aktuellen Kollektion mit einem stilisierten Stadtwappen<br />
auf dem dezentralen,schwarz galvanisierten<br />
Zifferblatt bilden die Sonderedition „500 Jahre <strong>Glashütte</strong>“.<br />
Doch damit nicht genug:Die Uhren befinden sich – von<br />
einer Lichtleiste effektvoll angeleuchtet und auf individuell<br />
einstellbaren Uhrenbewegern – im oberen Teil eines<br />
1,15 Meter hohen,schwarz lackierten Möbels. Außer der Sonderedition beherbergt „Gentleman’s<br />
Corner“ einen Humidor mit einer feinen Auswahl von Cohiba-Zigarren,eine Bar mit einem<br />
18 Jahre alten schottischen Single Malt Whisky sowie einen DVD-Audio-Player.All das also,was<br />
das Lebensgefühl eines wahren Gentleman vollendet.<br />
<strong>Zeit</strong> & Shopping<br />
Das Luxus-Shopping-Center<br />
Star<br />
Hill Gallery in der<br />
malaysischen<br />
Hauptstadt Kuala<br />
Lumpur ist um ein<br />
Highlight reicher:<br />
Am 2.März dieses<br />
Jahres eröffnete<br />
hier die großzügig<br />
gestaltete <strong>Glashütte</strong><br />
<strong>Original</strong> Uhrenboutique.Im Rahmen der Feierlichkeiten,bei denen<br />
u.a.der deutsche Botschafter Herbert D.Jess und <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong><br />
Geschäftsführer Dr.Frank Müller anwesend waren,führte Boutique-<br />
Leiter Royze Roselee in die traditionsreiche Manufakturkunst von<br />
<strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> ein.Präsentiert wird dem Besucher nicht nur die<br />
aktuelle Kollektion der Uhren-Meisterwerke – in einer Sonderausstellung<br />
wird er auch eingeladen,auf einer kleinen <strong>Zeit</strong>reise anhand<br />
von historischen Ausstellungsstücken und exklusiven Sondereditionen<br />
160 Jahre <strong>Glashütte</strong>r Uhrmacherkunst kennen zu lernen.<br />
SEIT MÄRZ 2006: GLASHÜTTE ORIGINAL UHRENBOUTIQUE IN DER STAR HILL<br />
GALLERY IN KUALA LUMPUR, MALAYSIA<br />
34 Momentum 2· 2006<br />
DIE UHREN DER SONDEREDITION „500<br />
JAHRE GLASHÜTTE“: PANOMATICTOURBILLON,<br />
PANOMATICCHRONO, PANOMATICLUNAR,<br />
PANOMATICRESERVE, PANOMATICVENUE –<br />
IM SET INKLUSIVE „GENTLEMAN’S CORNER“,<br />
WELTWEIT AUF 50 SETS LIMITIERT<br />
<strong>Zeit</strong> & Film<br />
10 Tage <strong>Glashütte</strong>,2 Rom,2 Dubai,2 New York,2 Hong Kong – so<br />
lange war ein Team von kreativen Köpfen unterwegs,um für <strong>Glashütte</strong><br />
<strong>Original</strong> einen Film zu drehen.Herausgekommen sind spannende<br />
acht Minuten,24 Sekunden,in denen sich Szenen aus der Manufaktur<br />
mit den Lebenswelten von kreativen Uhrenfreunden abwechseln.<br />
Ein im Aufbau und Schnitt ungewöhnlicher Imagefilm mit dem Titel<br />
„Handmade in Germany“,der den Zuschauer für das traditionelle<br />
Uhrenhandwerk und die Welt von <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> begeistert.Für<br />
alle,die die Eindrücke aus dem Imagefilm vertiefen wollen,gibt es<br />
zusätzlich den 30-minütigen Manufakturfilm mit Einblicken in die<br />
Entstehung der Meisterwerke und die Historie von <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong>.<br />
DIE DVD MIT DEM IMAGE- UND DEM MANUFAKTURFILM KANN UNTER DEM KENN-<br />
WORT „GLASHÜTTE ORIGINAL FILM“ DIREKT BEI DER MANUFAKTUR BESTELLT WERDEN
Fragen & Antworten<br />
Wie läuft eigentlich die Wartung einer Uhr genau ab?<br />
Mit einer Wartung, auch Revision genannt, wird sichergestellt,<br />
dass die Uhr dauerhaft präzise funktioniert und somit ihren Wert<br />
behält. Zunächst wird die Uhr in ihre Einzelteile zerlegt und<br />
genau auf Abnutzung und Schäden untersucht. In einer Reinigungsmaschine<br />
werden die Komponenten gründlich von Schmutz<br />
und Fett gesäubert. Die Verschleißteile ersetzt der Uhrmacher.<br />
Anschließend wird die Uhr wieder zusammengebaut und an den<br />
dafür vorgesehenen Stellen sorgfältig geölt. Auf Wunsch wird<br />
das Gehäuse aufgearbeitet, was je nach Typ und Material bis zu<br />
vier Stunden dauern kann. Im Anschluss an die Feinreglage<br />
folgt eine dreitägige Abschlussprüfung, damit die Uhr in allen<br />
Situationen des Alltags ein gutes Gangergebnis erzielt.<br />
Warum verwendet man als Lagersteine in mechanischen Uhren<br />
synthetische Rubine und keine natürlichen?<br />
Auch wenn es seltsam klingen mag: In der Praxis ist der künstliche<br />
Rubin dem natürlichen überlegen, da er noch reiner und<br />
homogener ist. Synthetische Rubine werden durch Fusion mittels<br />
eines Knallgasgebläses hergestellt und besitzen aus chemischer,<br />
physikalischer und kristalliner Sicht dieselben Eigenschaften<br />
und molekularen Strukturen wie die natürlichen <strong>Original</strong>e. Allerdings<br />
weisen sie weniger Unreinheiten wie Einschlüsse von Luft<br />
oder anderen Materialien auf, durch die es zu überhöhter Reibung<br />
kommen würde. Eine weitere positive Eigenschaft ist, dass der<br />
künstliche Rubin sich praktisch nicht ausdehnt oder auf Temperaturschwankungen<br />
reagiert. Außerdem ist er resistent gegenüber<br />
Säuren und fungiert nicht als elektrischer Leiter.<br />
Warum wird bei Uhren mit römischen Indizes die 4 mit „IIII“<br />
statt mit „IV“ angezeigt?<br />
Hier gibt es zwei weit verbreitete Theorien: Die pragmatische<br />
und populäre bezieht sich auf die Symmetrie des Ziffernblatts<br />
(die Striche der gegenüberliegenden „VIII“ nehmen in etwa<br />
Dialog Z e i t g e spräche<br />
gleich viel Raum ein). Die andere Theorie findet unter Bildungsbürgern<br />
begeisterte Aufnahme und basiert auf der These, dass das<br />
„I“ im Altrömischen „J“ und das „V“ im Altrömischen „U“ bedeutet.<br />
Wird also anstatt des „IV“ das im Römischen äquivalente „JU“<br />
gesetzt, so erhält man damit die Abkürzung für den Gott Jupiter.<br />
Da Gott aber nicht an vierter Stelle stehen kann und darf, ersetzte<br />
man dies kurzerhand durch „IIII“. Diese Schreibweise wurde<br />
dann irgendwann für die ersten Kirchturmuhren übernommen.<br />
Aus Tradition hat sich dies bis heute erhalten.<br />
Schreiben Sie uns!<br />
Was Sie schon<br />
immer über Uhren<br />
und <strong>Zeit</strong> wissen<br />
wollten – hier<br />
beantworten<br />
wir Ihre Fragen<br />
IM DIALOG<br />
■ <strong>Zeit</strong>gespräche mit anderen Uhrenliebhabern finden Sie auf<br />
unserer Internetseite unter der Rubrik Persönlich/Forum.<br />
FRAGEN AN GLASHÜTTE ORIGINAL<br />
■ Wenn Sie Fragen zum Thema Uhren oder zu <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong><br />
haben, schreiben Sie uns an die unten genannte Anschrift unter<br />
dem Stichwort „<strong>Zeit</strong>gespräche“.<br />
IHRE MEINUNG<br />
■ Wir freuen uns über Ihre Leserbriefe! Schreiben Sie uns Ihre<br />
Meinung zu unserem Magazin Momentum an die unten genannte<br />
Anschrift unter dem Stichwort „Momentum“.<br />
ABONNEMENT MOMENTUM<br />
■ Möchten Sie das Magazin Momentum kostenlos abonnieren<br />
und drei Mal pro Jahr ins Haus geliefert bekommen? Dann<br />
schreiben Sie uns an die unten genannte Anschrift unter dem<br />
Stichwort „Abonnement“ (bitte fügen Sie Ihre Anschrift bei).<br />
<strong>Glashütte</strong>r Uhrenbetrieb GmbH<br />
Altenberger Straße 1 · 01768 <strong>Glashütte</strong>,<br />
Fax +49-35053-46-205 · info@glashuette-original.com<br />
HABEN SIE INTERESSE, DIE UHRENMANUFAKTUR GLASHÜTTE ORIGINAL<br />
KENNEN ZU LERNEN? Montags bis freitags bieten wir Führungen<br />
nach Vereinbarung an. Wenden Sie sich bitte an besuch@glashuetteoriginal.com<br />
oder Tel. +49-35053-46-464, Fax +49-35053-46-466<br />
www.glashuette-original.com<br />
Momentum 2· 2006<br />
35
Fotos: Baselworld (1), Michèlle Mussler (8)<br />
M a nu Factum Basel<br />
Vom 30. März bis 6. April 2006 mit <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> auf der<br />
Messe in Basel: Was war wichtig, was prägt weiterhin und was<br />
sagen <strong>Zeit</strong>experten über den sinnvollen Umgang mit der <strong>Zeit</strong>?<br />
ET e x t Michèlle Mussler<br />
s geht ums Ganze: Getümmel und Gespräche,<br />
Hektik, Staunen, Meetings und Händeschütteln,<br />
es tickt und glitzert – Millionenwerte brillieren in<br />
Glasvitrinen. Was für den Fußball die Weltmeisterschaft,<br />
ist für die Uhrenbranche die Baselworld.<br />
Einzig der <strong>Zeit</strong>takt der Weltmesse für Uhren und<br />
Schmuck ist mit einem Jahr kürzer, somit noch sportlicher. Gilt es<br />
doch für Uhrenmarken, sich am prestigeträchtigen Standort, der<br />
Hall of Dreams, von ihrer besten Seite zu zeigen. Gar die erfolgreichen<br />
Jahre zuvor, wie bei <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong>, zu überbieten. Nur<br />
acht Tage bestimmen das wirtschaftliche Zukunftsbarometer. Vor<br />
allem die großen Namen der Haute Horlogerie müssen mit langfristigen<br />
Zielen überzeugen, Fertigungstiefe und Qualität mit neuen<br />
Maßstäben beweisen – vor internationalem, kritischem Fachpublikum.<br />
Über 94.200 Messebesucher aus über 100 Nationen kamen,<br />
vor allem Händler für große Order, aber auch Uhrenfans, um sich<br />
aktuell zu informieren. 2.529 Journalisten von allen Kontinenten<br />
berichteten vor Ort. Die positive Bilanz vorab: Baselworld 2006 war<br />
erfolgreich, die Welt der Uhrenliebhaber ist lebendig wie nie zuvor.<br />
36 Momentum 2· 2006<br />
<strong>Zeit</strong> für<br />
Neues<br />
Doch es geht um mehr – um Networking, um Prestige,<br />
um Kritik und Können, aber auch um Veranstaltungen. Als größtes<br />
Branchen-Rendezvous gilt die Verleihung des renommierten<br />
Preises „Uhr des Jahres“, die stets den ersten Messetag abrundet.<br />
Sehen und gesehen werden ist hier wichtig. Noch wichtiger ist die<br />
unabhängige Meinung der Leser des deutschen Fachmagazins<br />
„Armband Uhren“ und der <strong>Zeit</strong>ung „Welt am Sonntag“: Gleich<br />
zwei Mal wählten sie <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> als einzige Uhrenmarke<br />
unter die Top Drei. Platz zwei erhielt die SunRay in der Kategorie<br />
mechanische Damenuhren, Platz drei das PanoMaticTourbillon in<br />
Roségold bei den Herrenuhren.<br />
Novum für <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> war, gleich 16 feinmechanische<br />
Uhrenneuheiten zu präsentieren. Die große Kreativität<br />
hat viele überrascht. Es hat aber mit Kundenwünschen zu<br />
tun, mit Manufaktur-Kompetenz und den Machern dahinter, die<br />
mutig und klug Innovationen anpacken. Wahre Kenner sehen das<br />
sofort. So kommentiert Elisabeth Doerr, die langjährige Fachjournalistin<br />
der amerikanischen Magazine „Wrist Watch Annual“
„ <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> ist ein Fels in der<br />
Brandung. Seitdem ich einen PanoRetroGraph<br />
besitze, bin ich ein treuer Fan der Marke.<br />
Und ich glaube, ich halte es nicht mehr lange<br />
aus, bis ich mir die große, neue Innovation<br />
kaufe – den Tourbillon Regulator<br />
“<br />
Alain Chung, Hong Kong<br />
Momentum 2· 2006<br />
37
M a nu Factum Basel<br />
Internationaler Meltingpot am Messestand von <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong>. V.l.n.r.: Ob Dubai oder Hong Kong, alle Brandmanager von <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> kamen,<br />
auch Kelvin Lim aus Singapur. Sowie Peter Tylla für Russland mit Verleger Nicholas Werner und Redaktionsleiterin Natalja Huneke vom russischen Magazin<br />
„Vsya Evropa“, die den Chefredakteur vom Armbanduhren Magazin Peter Braun trafen. Dr. Frank Müller, Geschäftsführer <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong>, nahm bei der<br />
Preisverleihung der Uhr des Jahres 2006 gleich zwei Auszeichnungen entgegen. Neuheiten-Präsentation für die Koryphäen der amerikanischen Fachpresse<br />
und „International Watch“:<br />
„<strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> hat<br />
einige seiner schönsten<br />
und einzigartigen Uhren, die die Marke jemals kreiert hat, dieses<br />
Jahr vorgestellt.“ Mehr noch: „Ästhetisch und technologisch<br />
zählen diese neuen Modelle unter anderem zu den Spitzenreitern<br />
beider Uhrenmessen, der Baselworld und der SIHH in Genf. Vor<br />
allem, finde ich, ist die neue Star Collection eine große Auszeichnung,<br />
ebenso wie der überwältigende neue Tourbillon Regulator<br />
mit Manufakturkaliber 46 – beides Meisterstücke in puncto Optik<br />
und Technologie.“ Heiß diskutiert wurde dieses Jahr auf der<br />
Messe, ob Tourbillons weiterhin die Haute Horlogerie prägen wie<br />
in den letzten Jahren. Einige glauben, dass eine neue Ära, die des<br />
Après-Tourbillons, beginnt. Ein Insider, der seit 26 Jahren regelmäßig<br />
die Baselworld besucht, sieht das differenzierter: „Nach wie<br />
vor sind Tourbillons ein Trend, aber sie müssen extravagant sein,<br />
wie das Doppeltourbillon von Breguet oder der Tourbillon<br />
Regulator von <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> mit retrograder Stundenanzeige“,<br />
erklärt der international anerkannte Uhrenautor Gisbert L.<br />
Brunner.<br />
38 Momentum 2· 2006<br />
„<br />
<strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> hat sein eigenes Profil<br />
verdeutlicht, von der Optik bis zur Technik,<br />
und das wirkt sich wohltuend aus. Diese<br />
Evolution ist bei <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> und bei<br />
vielen Uhrenmodellen unverkennbar<br />
Gisbert L. Brunner, Deutschland<br />
“<br />
Und wie reagieren die Konzessionäre<br />
auf die feinmechanischen Komplikationen?<br />
Gerade die besonders anspruchsvollen<br />
Einkäufer aus Asien, den USA und dem Mittleren<br />
Osten legen Wert auf limitierte Editionen und begrüßen die sinnvollen<br />
Funktionen wie die zweite <strong>Zeit</strong>zone beim PanoMaticVenue<br />
oder die Neuinterpretationen wie beim PanoNavigator als sportlichen<br />
Säulenrad-Chronographen. Zumal Uhrenliebhaber, egal welcher<br />
Nationalität, immer mehr erwarten, sich mit ihrem <strong>Zeit</strong>messer<br />
vom Mainstream abzuheben. Alain Chung, langjähriger Uhrensammler<br />
aus Hong Kong, der zum bedeutenden Fachjournalisten<br />
in Asien avancierte, sieht das genauso: „Als Mitglied des internationalen<br />
Kulturkreises der Uhrenfreunde schätze ich Kreationen mit<br />
individuellem Stil. So vermittelt mir die farbenprächtige Star<br />
Collection ein sehr anmutiges Gefühl – auch wenn ich keine Frau<br />
bin! Weiteres Liebhaberstück ist das Modell mit dem Meissen-Porzellanzifferblatt,<br />
handbemalt mit dem Stadtmotiv Dresdens.“ Eine<br />
Ehre, zumal seine Kolumnen in „Watch Critics“, „International<br />
Wrist Watch“ und „The Art of Collectibles“ sehr respektiert, fast gefürchtet<br />
sind.
V.l.n.r.: Japanische Uhrenfreunde haben eine hohe Affinität zu <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> und besuchen jährlich den großen Stand mit seinen zwei Etagen direkt am<br />
Prachtboulevard in der Halle 1. Bei Kundengesprächen geht es um viel: Auf Haute Horlogerie und Handmade in Germany setzten die anspruchsvollen<br />
amerikanischen Konzessionäre bei ihrem Einkauf, wie hier mit dem US-Brandmanager Steven Cohen. <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> stellte schon 2005 seine neue Serie<br />
mechanischer Damenuhren vor – auch 2006 verblüffte die neue Star Collection weibliche und männliche Uhren-Connaisseure<br />
Kein Zweifel, bei <strong>Zeit</strong>messern ist Individualität gefragt.<br />
Und damit auch die ihrer Träger. Vor allem Europas jüngste Vorlieben<br />
definieren das über Schlichtheit und Konzentration auf das<br />
Wesentliche. „Für mich ist die attraktivste <strong>Glashütte</strong>-<strong>Original</strong>-Neuheit<br />
die Senator Automatik in Platin – eine schlichte Zweizeigeruhr mit<br />
wundervollem Zifferblatt. Oder für den kleineren Geldbeutel die<br />
Stahlversion mit dem ebenso hübschen Zifferblatt in Anthrazit“,<br />
betont Timothy Treffry. <strong>Der</strong> renommierte Uhrenjournalist vom britischen<br />
„Horological Journal“ stellt aber auch sachlich fest: „Was<br />
<strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> anbelangt, bewundere ich die Fähigkeiten, die<br />
für die Problemlösung der Jahresend-Schwierigkeiten bei der<br />
Wochenanzeige in der<br />
Senator Kalenderwoche<br />
erforderlich sind. Wobei<br />
ich eine Kalenderwochenanzeige<br />
niemals benötige.“<br />
Recht hat er. In<br />
der britischen Geschäftskultur<br />
sind Kalenderwochen<br />
nicht gebräuchlich.<br />
„<br />
Für Geschäftsleute in Deutschland, Österreich und der Schweiz hingegen<br />
ist die Anzeige eine willkommene Funktion.<br />
Form, Funktion und Geschmack entscheiden – immerhin<br />
wählen etwa 86 Prozent der Endkunden eine Uhr nach dem<br />
Design. Technische Weiterentwicklungen reichen alleine nicht aus,<br />
ein liebloses Facelift schon gar nicht. Wahre Neuerungen müssen es<br />
für <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> sein. Chefredakteur Thomas Wanka vom<br />
deutschen „Uhren Magazin“ bringt es auf den Punkt: „Die Messeneuheiten<br />
dieses Jahr stehen insgesamt im Zeichen der Evolution.<br />
Um so schöner, dass <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> mit den Fliegeruhren eine<br />
schmerzliche Lücke im Port-<br />
Dieses Jahr wurde klar, dass Mechanik-Uhren in<br />
eine neue Ära eintreten. Die Marken setzen nicht<br />
auf Objekte für Unmengen an Geld, sondern auf<br />
ein größeres Verhältnis eines fundierten Pionier-<br />
Fortschritts zur Fertigung besserer Uhren<br />
“<br />
Timothy Treffry, Großbritannien<br />
folio geschlossen hat. Und<br />
auch die Damen-Neuheiten<br />
besitzen eine viel versprechende<br />
Eleganz.“ Acht Tage<br />
Showdown haben es bewiesen.<br />
Und die nächste Runde<br />
geht vom 12. bis 19. April<br />
2007 – in Basel natürlich. ✺<br />
Momentum 2· 2006<br />
39
Fotos: Laif<br />
40 Momentum 2· 2006<br />
T end enz <strong>Zeit</strong>management<br />
10:34 am
Zwischen-<strong>Zeit</strong>en<br />
Piloten führen nicht nur ein Leben zwischen den<br />
Welten, sondern auch zwischen den <strong>Zeit</strong>en – wie gelingt<br />
es ihnen, die innere Uhr im Gleichgewicht zu halten?<br />
T e x t Katja Ridderbusch<br />
E<br />
r kommt gerade aus Miami. Nächste Woche wird er<br />
nach Tokio fliegen. Dann nach Südamerika und<br />
nach Afrika. Um den rasanten Wechsel der <strong>Zeit</strong>zonen,<br />
der die innere Uhr aus dem Gleichgewicht<br />
wirft, abzufedern, benutzt er einfache Tricks: Sport<br />
im Freien, im Licht. Eine gesunde Ernährung. Und<br />
eine schnelle Anpassung an die neue <strong>Zeit</strong>zone. Markus Schwabe<br />
ist seit knapp elf Jahren Pilot bei der Lufthansa. Seit sieben Jahren<br />
fliegt der 35-Jährige als Erster Offizier, Copilot, auf der Boeing<br />
747, dem Jumbo-Jet, Interkontinentalflüge.<br />
Nationale und künftig auch europäische Rahmenbestimmungen<br />
geben die maximalen Flugdienst- und Ruhezeiten für<br />
Piloten und Kabinenbesatzung vor. Nach der deutschen Regelung<br />
gilt eine Schicht von bis zu 16 Stunden ohne Unterbrechung als<br />
zulässig. Doch die meisten Airlines regeln die Flugdienst- und Ruhezeiten<br />
ihrer Cockpit-Crews in einem zusätzlichen Manteltarifvertrag.<br />
Wenn Markus Schwabe an die amerikanische Ostküste fliegt, sechs<br />
Stunden Unterschied zur Mitteleuropäischen <strong>Zeit</strong> (MEZ), dann hat<br />
er vor Ort knapp 24 Stunden Aufenthalt. Eine Nacht, das reiche<br />
ihm, um sich auszuruhen, sagt er. Wenn er an die Westküste fliegt,<br />
nach Los Angeles oder San Francisco zum Beispiel mit neun<br />
Stunden <strong>Zeit</strong>unterschied, oder bei bestimmten Flügen nach Asien,<br />
hat er vor Ort ungefähr 48 Stunden, zwei Nächte zum Ausruhen.<br />
Bei einer Strecke von mehr als 4.200 nautischen Meilen, 7.600<br />
Kilometern, sieht der Tarifvertrag eine so genannte erweiterte<br />
Cockpit-Crew mit einem zusätzlichen Copiloten vor. Jeweils einer<br />
der Piloten kann sich dann im Reiseflug für ein paar Stunden in<br />
eine kleine Schlafkabine hinter dem Cockpit zurückziehen.<br />
<strong>Der</strong> Mensch lebt normalerweise in einem 24-stündigen<br />
Wach-Schlaf-/Tag-Nacht-Rhythmus. Während des Schlafens verlangsamen<br />
sich die Herz- und die Atemfrequenz, Blutdruck und<br />
Temperatur sinken. Ein schneller Ortswechsel in eine andere <strong>Zeit</strong>zone<br />
kann diesen biologischen Rhythmus empfindlich stören – es<br />
kommt zum Jetlag: Erschöpfungszustände, Konzentrationsschwierigkeiten,<br />
Desorientierung, manchmal gar Depressionen. „Die<br />
meisten Menschen glauben, der Jetlag existiere nur im Kopf, eine<br />
rein mentale Sache“, sagt Dr. Chris Idzikowski, Schlafexperte am<br />
„Edinburgh Sleep Center“ und ständiger Berater von British<br />
Airways. „Das ist falsch.“<br />
<strong>Der</strong> schottische Schlafforscher, der in der Luftfahrtbranche den Spitznamen<br />
„Dr. Sleep“ trägt, führte im Auftrag der britischen Airline<br />
im Februar unter etwa 1.000 Geschäftsreisenden eine Umfrage<br />
durch, die in eine neue Schlafstudie mündete und auf deren Basis<br />
Idzikowski einen „Jet-Lag-Berater“ erstellte, der auf der Website von<br />
British Airways abzurufen ist: www.ba.com/jetlag. 81 Prozent der<br />
Befragten, allesamt Vielreisende der Business Class, gaben an,<br />
Probleme mit dem <strong>Zeit</strong>zonenwechsel zu haben; 67 Prozent wussten<br />
nicht, was sie dagegen tun könnten. „Die dümmste Antwort“, sagt<br />
Dr. Sleep und lacht, habe ein männlicher Reisender gegeben: Allen<br />
Alkohol zu sammeln, den er an Bord greifen könne, und diesen<br />
bei der Landung zu trinken. In seiner Studie erläutert Idzikowski,<br />
wie der Geschäftsreisende, der in der Regel keinen langen Aufent-<br />
Momentum 2· 2006<br />
41
halt habe und deshalb nicht die Möglichkeit, sich über mehrere<br />
Tage an die neue <strong>Zeit</strong>zone anzupassen, seine Leistungsfähigkeit<br />
für ein wichtiges Meeting, einen wichtigen Geschäftstermin aufrecht<br />
erhalten könne – und zwar durch eine einfache Formel: Er<br />
müsse vermeiden, solche Termine in die so genannte „Zzz-Zone“<br />
zu legen, den <strong>Zeit</strong>raum der größten Müdigkeit, den mentalen und<br />
physischen Tiefpunkt. Dieser liegt bei einem Menschen mit normalem<br />
Schlafverhalten in der Regel zwischen drei und fünf Uhr<br />
nachts. Wer also, sagt Idzikowski, von London nach Hongkong<br />
reise, werde „zwischen 11 und 13 Uhr Ortszeit die größte Müdigkeit<br />
verspüren“. Dann nämlich ist es zwischen drei und fünf Uhr<br />
am Morgen in London. Die Zzz-Zone lässt sich mit einem Jetlag-<br />
Kalkulator errechnen, der ebenfalls auf der BA-Website abzurufen<br />
ist: gewöhnliche Weckzeit minus drei Stunden. Dann wird die<br />
lokale <strong>Zeit</strong>differenz addiert oder subtrahiert, je nachdem, ob die<br />
Reise nach Westen oder nach Osten geht.<br />
Die innere Uhr des Körpers ist Chris Idzikowski zufolge<br />
von vier Faktoren bestimmt: Licht, Schlaf, Bewegung, Essen.<br />
„Licht ist von allen Faktoren der wichtigste.“ Wer also schlafen will<br />
oder – wie die Piloten am hellichten Tage vor einem Langstreckenflug<br />
durch die Nacht – schlafen muss, der sollte den Raum<br />
verdunkeln und eine Schlafmaske tragen. Wer dagegen wach bleiben<br />
will, sollte sich nach der Ankunft dem Licht aussetzen. Schlafforscher<br />
empfehlen auch eine spezielle Diät: Wer schlafen will, im<br />
Flugzeug oder auf dem Boden, sollte eine leicht verdauliche, kohlenhydratreiche<br />
Kost zu sich nehmen; wer wach bleiben möchte,<br />
sollte eine eiweißreiche Mahlzeit wählen.<br />
Wenn Markus Schwabe nach Miami fliegt, kommt er in der Regel<br />
am Nachmittag (Ortszeit) an. Dennoch zwingt er sich, bis zum Abend<br />
wach zu bleiben, um seinen Körper an den neuen Rhythmus zu<br />
gewöhnen. „Würde ich mich um vier Uhr nachmittags hinlegen, wäre<br />
ich um zwei Uhr morgens hellwach“, sagt er, „und am folgenden<br />
Abend im Cockpit todmüde.“ Wenn er jedoch von Langstreckenflügen<br />
nach Hause, nach Frankfurt, komme, oft am Morgen, dann<br />
schlafe er schon erst einmal ein paar Stunden. Etwa einen Tag<br />
brauche er, bis sich sein Körper wieder an den normalen Rhythmus<br />
gewöhnt habe. „Ich habe eigentlich nie Probleme gehabt“, sagt<br />
er. „Im schlimmsten Fall schlafe ich einmal eine Nacht schlecht.“<br />
42 Momentum 2· 2006<br />
T end enz <strong>Zeit</strong>management<br />
Dr. Sleep empfiehlt hingegen Geschäftsreisenden, die<br />
nur kurze <strong>Zeit</strong> am Zielort sind, manchmal nur einen Tag, sich gar<br />
nicht erst an den neuen Rhythmus anzupassen – auch wenn „aus<br />
der Sicht des Arztes ein Tag der Eingewöhnung selbstverständlich<br />
sinnvoll wäre“. Ein wenig hat das „Schlafen-Können“ gegen den<br />
Rhythmus und über die <strong>Zeit</strong>zonen hinweg auch mit Disziplin zu<br />
tun, in jedem Fall mit Erfahrung. „Man kann das üben“, betont<br />
Schwabe. Mit Entspannungstechniken wie autogenem Training<br />
zum Beispiel. Obwohl Frauen in der Regel schlechter schlafen als<br />
Männer, zeigen sie sich als Flugreisende gleichauf in ihrem Schlafverhalten.<br />
„Geschäftsreisende, vor allem Vielflieger, sind anders als<br />
der Durchschnitt der Bevölkerung“, erklärt Idzikowski. „Sie sind<br />
härter, zäher.“ Und vielleicht, fügt er mit einem kleinen Lachen hinzu,<br />
seien Frauen auch ein bisschen disziplinierter als Männer. Ein<br />
paar kleine psychologische Tricks können außerdem helfen, den<br />
Jetlag zu mildern: Markus Schwabe lässt seine Armbanduhr immer<br />
auf deutscher <strong>Zeit</strong> stehen – „es sei denn, ich bin im Urlaub“. Chris<br />
Idzikowski stellt seine Armbanduhr zwar auf die jeweils lokale<br />
<strong>Zeit</strong> um, belässt aber die Uhr seines Mobiltelefons auf Heimatzeit.<br />
Viele Geschäftsreisende tragen Armanduhren, die mehrere <strong>Zeit</strong>zonen<br />
anzeigen.<br />
Schlaftabletten gelten bei Wissenschaftlern ebenso<br />
wie bei Piloten als ungeeignet, um den Jetlag zu überwinden.<br />
„Besonders bei einer kurzen Reise bringen Schlafmittel den Organismus<br />
durcheinander“, unterstreicht Idzikowski. Auch das Schlafhormon<br />
Melatonin, das dem Körper das Signal für „Dunkelheit“,<br />
und damit für Schlaf vermittelt, hält der schottische Forscher für<br />
gefährlich: „Falsch dosiert, hat es den gegenteiligen Effekt: Man<br />
schläft überhaupt nicht mehr.“ Markus Schwabe hat noch nie Schlaftabletten<br />
genommen – „nicht zu Hause und nicht unterwegs“.<br />
So werden Piloten und Vielflieger weiterhin auf die ganz einfachen<br />
Mittel setzen müssen, um ihren Jetlag zu mildern, auf Licht<br />
und Wasser, auf Sauerstoff und Schlaf – und auf die Formel des<br />
Schlafforschers Dr. Sleep zur Berechnung der Zzz-Zone. ✺<br />
Literaturtipps:<br />
Dr. David O’Connell, Jetlag – How to beat it. Ascendant Publishing: 1997<br />
James C. Miller, Controlling Pilot Error: Fatigue. McGraw-Hill: 2001<br />
Die großen Airlines bieten für ihre Piloten und das Kabinenpersonal<br />
Seminare zum Thema Jetlag und <strong>Zeit</strong>zonen an
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all the even hour numbers, and the minute markings and the blued hour,<br />
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9:30 pm<br />
Momentum 2· 2006<br />
43
Fotos: AKG-Images, PMI<br />
S t il de r Ze i t Asia-Wellness<br />
Blick aufs Ganze<br />
44 Momentum 2· 2006<br />
<strong>Der</strong> Ferne Osten boomt – nicht nur<br />
wirtschaftlich, sondern auch mit<br />
seinen ganzheitlichen Wellness-<br />
Methoden, die sich seit mehreren<br />
tausend Jahren bewähren
KT e x t Marina Jagemann<br />
räuter statt Pillen, Massagen und Ölbäder statt<br />
Injektionen oder Lifting: Immer mehr Menschen<br />
setzen in Sachen Gesundheit, Schönheit<br />
und Anti-Aging auf sanfte Methoden. Vor allem<br />
traditionelle asiatische Konzepte wie Ayurveda<br />
oder TCM (Traditionelle Chinesische Medizin)<br />
haben deshalb Hochkonjunktur. Interessanterweise haben sich<br />
die Menschen in Asien schon vor mehr als 3.000 Jahren – so alt<br />
oder sogar älter sind die Heilsysteme – mit dem beschäftigt, was<br />
man heute unter ganzheitlicher Wellness versteht.<br />
Nach ayurvedischer Auffassung ist zum Beispiel<br />
jemand gesund, wenn seine drei Doshas Vata, Pitta und Kapha<br />
ausgeglichen sind. Genauer: Im Ayurveda besteht jede Substanz<br />
aus fünf Elementen – Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther. Alle fünf<br />
Elemente lassen sich wiederum in die drei Doshas unterteilen.<br />
Diese regulieren die Lebensenergien und bestimmen die körperliche<br />
Grundkonstitution. Je nachdem, welches Dosha vorherrscht,<br />
wird die Konstitution eines Menschen dann als „Vata“, „Pitta“ oder<br />
„Kapha“ bezeichnet. <strong>Der</strong> Vata-Typ ist eher nervös, labil und dünn.<br />
<strong>Der</strong> Pitta-Typ hat meist viel Energie, tendiert aber zur Unbeherrschtheit,<br />
während der Kapha-Typ ruhig und selbstsicher wirkt. In der<br />
Realität kommen die drei Grundtypen allerdings eher selten vor,<br />
die meisten Menschen sind Mischtypen. Ziel von Ayurveda ist es,<br />
die drei Doshas ins Gleichgewicht zu bringen beziehungsweise<br />
dafür zu sorgen, dass eine Disharmonie erst gar nicht entsteht.<br />
Kernpunkt des Ayurveda ist die Entgiftung von Körper und Seele.<br />
Öle von außen als Ölmassage oder Ölguss binden beispielsweise<br />
Tee ist seit Jahrtausenden<br />
Bestandteil fernöstlicherEntspannungsmethoden.<br />
Oben: Frauen<br />
beim Teetrinken und<br />
Zitherspielen (Porzellanteller,<br />
China, 18. Jh.).<br />
Rechts: Meister Lu Yu,<br />
der das erste Werk über<br />
Tee geschrieben hat, bei<br />
einer Teezeremonie (8.<br />
Jh.). Ganz rechts: junge<br />
Frauen beim Teetrinken<br />
(Yangliuqing-Holzschnitt<br />
aus der Qing-Dynastie)<br />
fettlösliche Gifte. Wärme in Form von Dampfbädern oder speziellen<br />
Massagen weitet die Gefäße, über die die Giftstoffe dann abtransportiert<br />
werden. Für die Reinigung des Geistes sorgen Yoga oder<br />
Meditation.<br />
Die zweite wichtige Säule in Sachen Asia-Wellness<br />
ist die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM). Wie Ayurveda ist<br />
auch TCM ein ganzheitliches Gesundheitssystem, das auf dem<br />
Prinzip von Yin und Yang basiert. Dabei drücken Yin und Yang<br />
unterschiedliche Qualitäten des Qi, der Lebensenergie, aus. Sie sind<br />
das philosophische Konzept zweier Gegensätze: Yin bedeutet „die<br />
schattige Seite des Hügels“. Eigenschaften wie Kälte oder Ruhe<br />
werden mit Yin verbunden. Yang dagegen ist „die sonnige Seite<br />
des Hügels“ und wird mit Hitze, Anregung, Bewegung und Aktivität<br />
assoziiert. Sind die beiden Gegensätze im menschlichen Körper<br />
ausgeglichen, kann das Qi harmonisch fließen, und der Mensch ist<br />
glücklich und gesund. Das System von TCM zielt wie Ayurveda<br />
darauf ab, dass die Menschen erst gar nicht krank werden. Zu viel<br />
Stress erkennt man beispielsweise an der Zunge. Ist sie rot und<br />
Momentum 2· 2006<br />
45
S t il de r Ze i t Asia-Wellness<br />
geschwollen, besteht ein erster Verdacht. Kommen noch ein rotes<br />
Gesicht, kalte Hände und eine bestimmte Art zu gehen dazu, ist<br />
wahrscheinlich die Leber überhitzt. Und das bedeutet: Das Yang<br />
ist zu stark, das Energiegleichgewicht gestört. Auch bei TCM richtet<br />
sich der Blick des Therapeuten immer auf die ganze Person und<br />
ihre Lebensumstände. Je nach Ergebnis wird der Patient dann<br />
einem von fünf Funktionskreisen beziehungsweise Grundtypen<br />
(Niere, Herz, Lunge, Milz/Pankreas oder Leber) zugeordnet. Laut<br />
TCM ist das Wohlbefinden eine<br />
Frage der Lebensenergie Qi und ihrer<br />
Verteilung. Nur wenn das Gleichgewicht<br />
der Gegensätze Yin und<br />
Yang stimmt, kommt es nicht zu Qi-<br />
Blockaden. Mit energetischen Massagen,<br />
Shiatsu oder Tuina soll das<br />
Qi ausgeglichen werden. Wie Yoga<br />
das Ayurveda ergänzt, tut das bei der TCM das Qi-Gong. Mit dieser<br />
sanften Bewegungslehre kommt nicht nur der Körper, sondern<br />
auch der Geist zu Ruhe und Ausgeglichenheit.<br />
Leider stehen die Zeichen der <strong>Zeit</strong> in den heutigen<br />
Boomländern Indien und China nicht mehr ganz unter dem Motto<br />
der gesunden Lebensführung. Wie im Rest der Welt sind auch hier<br />
Stress, Hektik und Fast-Food-Ketten eingezogen. Umso spannender,<br />
dass sich die asiatische Luxus-Hotelkette „The Peninsula“ auf ihre<br />
fernöstlichen Wurzeln besinnt und diese mit ihrem neuen Peninsula<br />
46 Momentum 2· 2006<br />
„Man trinkt den<br />
Tee, damit man<br />
den Lärm der Welt<br />
vergisst“<br />
Chinesisches Sprichwort<br />
Auch im modernen Spa-Konzept der Peninsula-Hotels – hier im Peninsula<br />
Hong Kong – spielt Tee eine zentrale Rolle. Links: die Tea Lounge als Oase<br />
der Ruhe und Besinnung. Oben: Blick vom Swimming Pool in der achten<br />
Etage auf die Skyline und den Hafen von Hong Kong<br />
Spa-Konzept modern interpretiert. Das Peninsula Hong Kong hat es<br />
zum ersten Mal umgesetzt. Dort wurden die so genannten „Penisula<br />
Ceremonies“ entwickelt. Jede Ceremony beginnt mit einer ausführlichen<br />
persönlichen Beratung, einer Tee-Zeremonie und einem<br />
mit frischem Ingwer angereichertem Fußbad. Ein Salz- und Ölpeeling<br />
bereitet die Haut auf den warmen Ölguss und die anschließende<br />
Massage vor. Vulkanische Steine werden auf spezielle Energiepunkte<br />
aufgelegt und helfen dem Körper, Blockaden in den<br />
Energiezentren aufzulösen und Stress abzubauen. Zwei außergewöhnliche<br />
Body Treatments sind der „Yang Soother“ und der „Yin<br />
Uplifter“. Yang-dominierte Menschen haben oft Schwierigkeiten zu<br />
entspannen. Schwarze Lychee und Chrysantheme, kombiniert mit<br />
ätherischen Ölen und grünem Tee, wirken beruhigend und ausgleichend.<br />
<strong>Der</strong> „Yin Uplifter“ ist dagegen durch eine energetische<br />
Hot-Stone-Massage sehr anregend. Ein warmer Körperwickel mit<br />
Ingwer, Zimt und Süßholz intensiviert die Wirkung. Alle Körperbehandlungen<br />
basieren auf der traditionellen chinesischen und<br />
ayurvedischen Philosphie und wurden mit modernen Akzenten<br />
neu interpretiert. ✺<br />
Spa Peninsula Hotels<br />
Fernöstliche Verwöhnung<br />
Ab sofort kann man das neue Konzept Peninsula Spa by ESPA im Peninsula<br />
Hong Kong genießen: Gleich drei Etagen im Turm des Hotels mit<br />
einer Gesamtfläche von 3.400 Quadratmetern sind für die Wellness-Welt<br />
reserviert. Das Verwöhnprogramm startet auf der siebten Etage, mit<br />
Spa-Rezeption, Sonnenterrasse und Fitness-Center. Herzstück des Spas<br />
ist die neunte Etage mit acht Behandlungs- und vier Massageräumen,<br />
zwei VIP Spa Suiten, asiatischer Tee-Lounge und Crystal-Dampfbädern.<br />
Coming soon: In den nächsten 18 Monaten gibt es die neue Form des<br />
ganzheitlichen „Peninsula Wellness“ auch in den Hotels in Beverly Hills,<br />
Chicago, Bangkok, Peking, Tokio und New York.<br />
Weitere Infos: www.peninsula.com
telefon: +49 35053 46-0 www.glashuette-original.com<br />
Seit Marie eine PinkPassion ihr Eigen nannte,<br />
zählte sie zum Schlafengehen noch lieber<br />
Brillanten als Schäfchen.<br />
Die PinkPassion lädt zum Träumen ein.Vielleicht liegt<br />
es an dem Funkeln der 142 lupenreinen Brillanten, oder<br />
der mit einem Saphir verzierten Krone, am Zifferblatt<br />
aus kostbarem Perlmutt oder dem edlen Acqualino-<br />
Lederarmband. In jedem Fall ist ihr Kaliber 90 feinste<br />
Mechanik, von Hand gefertigt<br />
in der großen Tradition<br />
der Uhrenmanufaktur<br />
<strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong>.
Z e i t f ens ter Zahlen & Fakten<br />
Wussten Sie, dass die Unruh,das „Herz“ der Uhr, in einem Jahr ebenso viele Drehungen (Schwingungen) ausführt<br />
wie die Räder eines Autos,wenn es 500.000 Kilometer gefahren ist?<br />
Wenn folgende berühmte Persönlichkeiten im Jahr 2006 noch leben würden,wären sie so alt:John F.Kennedy:89;<br />
Ernesto „Che“ Guevara:78;Martin Luther King:77; Anne Frank:77;Elvis Presley:71;John Lennon:66;James Dean:75;<br />
Gianni Versace:60;Prinzessin Diana:45.<br />
Menschen können akustische Signale,die mit einem Abstand von wenigstens drei Millisekunden<br />
(drei Tausendstelsekunden) auf sie treffen,voneinander unterscheiden.Beim Ansehen von Bildern sind es bereits<br />
20 bis 30 Millisekunden,in denen zwei optische Reize unterschieden werden können.(Das ist die normale<br />
Verarbeitungsgeschwindigkeit der „Taktfrequenz“ des Gehirns,das sich so viel <strong>Zeit</strong> nimmt,um einen<br />
Reiz auch zu verarbeiten.Noch schneller macht keinen Sinn.)<br />
Zu <strong>Zeit</strong>en von Königin Victoria (1837–1901) betrug die durchschnittliche<br />
Lebenserwartung eines Mitglieds der englischen<br />
Arbeiterklasse 15 Jahre. Zum Vergleich:<br />
Heute erreichen in Großbritannien Männer ein<br />
durchschnittliches Alter von 75,94 Jahren,<br />
Frauen von 80,96 Jahren.<br />
Mit 28 Jahren<br />
hatte Maurizio Giuliano als<br />
jüngster Mensch bis zum Februar 2004<br />
alle 193 souveränen Staaten der Erde bereist.<br />
Bestimmte Bambusarten können sich rühmen,die schnellstwachsenden Pflanzen<br />
zu sein – manche schaffen bis zu 91 Zentimeter pro Tag.Das entspricht einer Geschwindigkeit<br />
von etwa 0,00003 km/h. Die am langsamsten wachsende Pflanze ist die seltene Puya<br />
raimondii aus Bolivien.Ihre Rispe (Dolde) ist erst nach rund 80 bis 150 Jahren zu sehen.<br />
Im März 1999 verbrachten der Brite Brian Jones und der Schweizer Bertrand Piccard die bisher längste <strong>Zeit</strong> in<br />
einem Ballon:19 Tage,21 Stunden,47 Minuten. Sie flogen in Château d’Oex (Schweiz) los<br />
und landeten 500 Kilometer von Kairo entfernt.<br />
<strong>Der</strong> längste Flug einer Raumfähre dauerte 17 Tage,15 Stunden,53 Minuten. Die „Columbia“ war am<br />
19.November 1996 mit einer Fünf-Mann-Besatzung (vier Männer und eine Frau) zu ihrer 21.Mission gestartet.Weiterer Superlativ:<br />
Das Besatzungsmitglied Storey Musgrave war mit 61 Jahren der zu der <strong>Zeit</strong> älteste Mensch,der je im Weltraum gewesen war.<br />
Inzwischen ist dieser Rekord allerdings von John Glenn,der 1998 mit 77 Jahren ins All reiste,gebrochen worden.<br />
Ein Team von Physikern der Technischen Universität Wien hat die bisher kürzesten Lichtblitze erzeugt.Es handelt sich um UV-Laser-<br />
lichtblitze,die nur 250 Attosekunden (250 x 10 -18 Sek.) dauern.Mit Hilfe dieser Attosekunden-Lichtblitze gelang dem Team<br />
die Beobachtung von Elektronen in Neon-Atomen.Es wurden Vorgänge unterscheidbar,die innerhalb von 100 Attosekunden abliefen.<br />
48 Momentum 2· 2006
Die Welle Momenta u f n ahme<br />
Sekunden im Leben eines Leuchtturmwärters ...<br />
Bretonische Küste, 1989: <strong>Der</strong> Fotograf Jean Guichard ist mit dem Hubschrauber unterwegs. Vom knatternden Geräusch neugierig<br />
geworden, öffnet der Leuchtturmwärter Théodore Malgorn die Tür seines Turms. Die Gischt einer riesigen Welle spritzt ihm ins Gesicht,<br />
sodass er die Tür schnell wieder schließt. Sekunden später, und er wäre von der gewaltigen Woge erfasst worden<br />
Momentum 2· 2006<br />
Foto: Jean Guichard<br />
49
Z u k unf t s momente Vorschau<br />
Fotos: Getty Images, Schapowalow, Torsten Bröhan/1000 Chairs/ Taschen<br />
Unsere nächsten Themen<br />
Jahreszeiten<br />
HIER WINTER, DORT SOMMER – für die<br />
Jahreszeiten ist die besondere astronomische<br />
Konstellation von Erde und Sonne verantwortlich.<br />
Doch warum stimmen astronomische<br />
und meteorologische Jahreszeit nicht überein?<br />
Impressum<br />
Herausgeber<br />
<strong>Glashütte</strong>r Uhrenbetrieb GmbH<br />
Altenberger Straße 1, 01768 <strong>Glashütte</strong>,<br />
www.glashuette-original.com<br />
Tel. +49/(0)35053/46-0, Fax +49/(0)35053/46-205,<br />
E-Mail: info@glashuette-original.com<br />
Objektverantwortung: Dominique Daniela Heberling<br />
Verlag & Redaktion<br />
Journal International Verlags- und Werbegesellschaft mbH<br />
Gesamtleitung, V.i.S.d.P.: Gerd Giesler<br />
Chefredaktion: Michèlle Mussler<br />
Koordination & Textchefin: Maike Zürcher<br />
Art Direktion: Frank Krüger<br />
Layout: Alexandra Handgrödinger<br />
Produktion: Stephanie Parau<br />
50 Momentum 2· 2006<br />
Jahrhundert-Design<br />
STÜHLE IM KONTEXT ihrer <strong>Zeit</strong> –<br />
jede Dekade des 20. Jahrhunderts trumpft<br />
mit einem Klassiker des Stuhldesigns von<br />
Künstlern wie Marcel Breuer,<br />
Charles Eames, Philippe Starck<br />
Redaktion: Antoinette Schmelter de Escobar,<br />
Bernhard Haselbeck (Bild),<br />
Norbert Misch-Kunert (Schlussredaktion)<br />
Mitarbeiter dieser Ausgabe: Natalia (Nath) R. Fedorova,<br />
Marina Jagemann, Cornelia Marioglou,<br />
Norbert Misch-Kunert, Katja Ridderbusch<br />
Übersetzung<br />
English Express,<br />
Berlin<br />
Elizabeth Doerr,<br />
Karlsruhe<br />
Verlagsanschrift<br />
Journal International Verlags- und Werbegesellschaft mbH<br />
Hanns-Seidel-Platz 5, 81737 München,<br />
www.journal-international.com<br />
Verlagsleitung: Stefan Endrös, Gerd Giesler<br />
Washington D.C.<br />
MEHR ALS NUR Polit-Business –<br />
die Hauptstadt der USA hat vielseitige<br />
Kultur, pittoreske Architektur und spannende<br />
Ausgeh-Viertel zu bieten.<br />
Ein Backstage-Report<br />
Die nächste Ausgabe von Momentum erscheint im Oktober 2006<br />
Redaktionsanschrift<br />
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Kirchstraße 17, 10557 Berlin,<br />
Tel. +49/(0)30/29 36 32-60,<br />
Fax +49/(0)30/29 36 32-77<br />
Druck<br />
Mayr Miesbach<br />
Reprographie<br />
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Elitesse Media & PR, Sonja Köneke,<br />
Lucile-Grahn-Straße 39, 81675 München,<br />
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MOMENTUM, Magazin für <strong>Zeit</strong>zeugen und Momentaufnahmen erscheint drei Mal im Jahr auf Deutsch sowie auf Englisch in den Ländern:<br />
Ägypten, Andorra, Argentinien, Aserbaidschan, Bahrain, Belgien, China, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Guam, Guatemala, Hongkong, Indonesien,<br />
Iran, Italien, Japan, Jordanien, Kanada, Kasachstan, Kolumbien, Kuwait, Libanon, Luxemburg, Malaysia, Monaco, Niederlande, Österreich, Pakistan, Panama, Philippinen,<br />
Portugal, Qatar, Russland, Saudi-Arabien, Schweiz, Singapur, Spanien, Syrien, Taiwan, Thailand, Türkei, Ukraine, Ungarn, USA, Vereinigte Arabische Emirate
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