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2006 Momentum - Glashütte Original

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3·<strong>2006</strong><br />

<strong>Momentum</strong><br />

HERBST/WINTER<br />

MAGAZIN FÜR ZEITZEUGEN & MOMENTAUFNAHMEN<br />

Zeit-Geschehen<br />

Aus dem Rhythmus<br />

gebracht – Erkenntnisse zum<br />

Wandel der Jahreszeiten<br />

Washington D.C. backstage –<br />

die US-Metropole<br />

zeigt ihr anderes Gesicht


Tradition verpflichtet<br />

Platinierte Schreibgeräte mit Schäften aus tiefbraunem<br />

Grenadill, rötlich-braunem Pernambuk<br />

oder schwarzem Ebenholz.<br />

Auch als ganzplatinierte Ausführung<br />

oder in massivem 925er Sterlingsilber erhältlich.<br />

Schloß Stein A. W. Graf von Faber-Castell<br />

A.W. Faber-Castell Vertrieb GmbH • 90546 Stein • Germany • Internet: www.Graf-von-Faber-Castell.com


Dr. Frank Müller,<br />

Geschäftsführer <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong><br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

V<br />

or genau einem Jahr haben wir Ihnen zum ersten Mal <strong>Momentum</strong><br />

präsentiert – umso mehr freue ich mich, Ihnen heute bereits die vierte<br />

Ausgabe unseres Magazins für Zeitzeugen & Momentaufnahmen mit<br />

auf den Weg zu geben – und mit ihr wieder viele spannende, anregende,<br />

„Zeit“-bezogene Themen und Geschichten.<br />

Bei uns in Mitteleuropa nähert sich das Jahr mit bunt gefärbten Blättern, mit Herbstwind<br />

und vorwinterlicher kühler Luft seinem Ende. Warum Winter und Jahresende in anderen<br />

Teilen der Welt keineswegs zusammengehören, können Sie bei „Alle Jahre wieder“ lesen<br />

– hier verraten wir Ihnen auch, wie viele Jahreszeiten auf der Welt es wirklich gibt.<br />

Das Jahr <strong>2006</strong> hat ein musikalisches Genie gefeiert: Wolfgang Amadeus Mozart. In<br />

unserem „Zeitzeugen“-Interview erzählt die weltweit erfolgreiche Geigerin Anne-Sophie<br />

Mutter, was sie mit dem Ausnahme-Musiker aus dem 18. Jahrhundert verbindet und wie<br />

sie die Zeit in der Musik wahrnimmt.<br />

Doch blicken Sie mit uns nicht nur auf das zu Ende gehende Jahr zurück, sondern<br />

machen Sie mit uns eine Zeitreise in die vergangenen 150 Jahre – zum Designobjekt des<br />

Stuhls, der vom „Bugholzstuhl Nr. 14“ bis zum „S-Chair“ eine faszinierend kreative<br />

Entwicklung vorweisen kann.<br />

Mit diesen und weiteren Zeit-Geschichten hoffe ich, Ihnen mit <strong>Momentum</strong> einige<br />

erfüllte und inspirierende Momente schenken zu können.<br />

Mit den besten Wünschen für ein erfolgreiches, zeitbringendes neues Jahr,<br />

herzlichst,<br />

Vierte Ausgabe Editorial<br />

<strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong> 3


Titel: Getty Images<br />

DER NEUE TDV8-TWINTURBO-DIESELMOTOR.<br />

KRAFT, DIE BERUHIGT. RUHE, DIE BEWEGT.<br />

RANGE ROVER TDV8<br />

mit<br />

Spektrum Inhalt<br />

Spektrum <strong>Momentum</strong><br />

08<br />

INTERVIEW<br />

Wenn Anne-Sophie<br />

Mutter ihre Geige<br />

aus der Hand legt,<br />

gibt es für sie nichts<br />

Angenehmeres<br />

als Stille. Ein<br />

Gespräch mit der<br />

Welt-Musikerin<br />

3·<strong>2006</strong><br />

KULTURNEWS ...............................................................................................06<br />

Sehens- und Erlebenswertes – von Düsseldorf bis New York<br />

VERFECHTERIN DER STILLE ...................................................................08<br />

Ein Interview mit der weltberühmten Geigerin Anne-Sophie Mutter<br />

ALLE JAHRE WIEDER ..................................................................................14<br />

Hier Herbst, dort Frühling – wie die Jahreszeiten weltweit wirken<br />

JAHRESZEITEN<br />

Weltweite Gleichzeitigkeit<br />

gibt es nicht –<br />

auf der Südhalbkugel<br />

ist jetzt Sommer, auf<br />

der Nordhalbkugel<br />

Winter. Spannende<br />

Erkenntnisse zu den<br />

Jahreszeiten<br />

SO TICKT WASHINGTON WIRKLICH ......................................................20<br />

Die US-Hauptstadt überrascht mit ihrer Lebendigkeit – ein Szeneguide<br />

ERSTE REIHE .................................................................................................26<br />

Die Stühle des 20. Jahrhunderts – eine Design-Zeitreise<br />

NEUIGKEITEN VON GLASHÜTTE ORIGINAL ......................................34<br />

Projekt Uhrenmuseum, Rennfahrer und Zeitmesser, BCP-Award u.a.<br />

Ein Range Rover steht seit jeher für die luxuriöseste Art der Fortbewegung. Das gilt besonders<br />

für den neuen Range Rover 2007 mit 200 kW (272 PS) starkem TDV8-Twinturbo-Dieselmotor. Dank<br />

eines max. Drehmoments von 640 Nm stehen Ihnen auf jedem Terrain unglaubliche Kraftreserven<br />

*Weitere Informationen zum Land Rover Royal Service und zum Fahrzeug bekommen Sie bei Ihrem Land Rover Partner oder beim Land Rover Infoservice, Tel.: 018 05/108855 (EUR 0,12/Min.).<br />

14<br />

20<br />

WASHINGTON<br />

D.C.<br />

Die Hauptstadt<br />

der USA ist viel<br />

spannender als ihr<br />

Ruf. Hier pulsiert das<br />

Leben in rasendem<br />

Takt – abseits vom<br />

Polit-Business


26<br />

DESIGN<br />

Stühle inspirierten<br />

die Designer seit<br />

jeher zu kreativen<br />

Meisterwerken –<br />

eine Zeitreise<br />

durchs<br />

20. Jahrhundert<br />

FRAGEN & ANTWORTEN...........................................................................36<br />

Was Sie schon immer über Uhren und Zeit wissen wollten ...<br />

ENTWÜRFE FÜR DIE EWIGKEIT .............................................................38<br />

Katharina Stegmann – Porträt über die Designerin bei <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong><br />

RHYTHMUS DES LEBENS .........................................................................42<br />

Wie die biologische Uhr unseren Lebenszyklus bestimmt<br />

38<br />

FORMVOLL-<br />

ENDERIN<br />

Sie modifiziert<br />

Bestehendes oder<br />

schafft gänzlich<br />

Neues – Katharina<br />

Stegmann ist<br />

Designerin bei<br />

<strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong><br />

DIE MEISTER VON MORGEN...................................................................46<br />

... werden in der Uhrmacherschule Alfred Helwig ausgebildet<br />

ZAHLEN & FAKTEN ......................................................................................48<br />

Verblüffend, erschreckend, kurios ...<br />

IM GALOPP .....................................................................................................49<br />

Bewegungs-Momente eines Pferdes<br />

zur Verfügung. Und aufgrund seiner Kultiviertheit und Laufruhe ist es im exklusiven Innenraum extrem<br />

leise. Genauso souverän präsentiert sich der neue Range Rover 2007 mit einzigartigen Service- und Garantieleistungen:<br />

dem neuen LAND ROVER ROYAL SERVICE*. Mehr Informationen unter www.landrover.de<br />

Kraftstoffverbrauch Range Rover TDV8: innerorts 14,4 l/100 km, außerorts 9,2 l/100 km, kombiniert 11,3 l/100 km; CO 2 -Emissionen: kombiniert 299 g/km.<br />

Die Angaben wurden ermittelt nach den vorgeschriebenen Messverfahren (RL80/1268/EWG).<br />

42<br />

LEBENSPHASEN<br />

Mehr als alle Zeitmesser<br />

bestimmt<br />

uns die biologische<br />

Uhr – nicht nur<br />

beim Tagesrhythmus,<br />

sondern durch den<br />

gesamten Lebenszyklus<br />

gramm.de


Novum Kultur<br />

Verzauberter Countdown<br />

Während der Silvester-Countdown läuft,bietet die Metropolitan<br />

Oper in NewYork musikalisches Programm für die<br />

ganze Familie: Am 31.Dezember um 13 Uhr wird hier<br />

Mozarts „Zauberflöte“ aufgeführt – in einer schillernden,<br />

kurzweiligen 90-Minuten-Produktion von JulieTaymor,<br />

die schon weltweit mit ihrer Bühnenversion von Disneys<br />

„Der König der Löwen“ begeisterte.FlatterndeVögel,<br />

tanzende Bären und die von Sternenglanz umhüllte Königin<br />

der Nacht verkürzen dieWartezeit bis zum Silvesterabend.<br />

Die musikalische Leitung hat Star-Dirigent James Levine.<br />

„DIE ZAUBERFLÖTE“, PRODUKTION VON JULIE TAYMOR, 31. DEZEMBER <strong>2006</strong>,<br />

13 UHR,METROPOLITAN OPER,NEW YORK.INFOS: WWW.METOPERAFAMILY.ORG<br />

6 <strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

Fern der<br />

Schwerkraft<br />

Mit einer Crew von 20 Straßenkünstlern<br />

fing es 1984 an<br />

– heute zählt der Cirque du<br />

Soleil aus Kanada 3.000 Personen<br />

zu seinenAngestellten,<br />

darunter mehr als 900Artisten<br />

aus 40 Ländern.Im Dezember<br />

verzaubern dieAusnahme-<br />

Artisten das Publikum in Düsseldorf<br />

mit „Dralion“,einer<br />

gigantischen Show voll sprühender<br />

Energie,die die<br />

Gesetze der Schwerkraft auszuhebeln<br />

scheint und<br />

auf spektakuläreArt westliche<br />

und östliche Kultur harmonisch<br />

vereint.<br />

CIRQUE DU SOLEIL MIT DER SHOW „DRALION“ IN DÜSSELDORF, VOM 7. BIS 31.<br />

DEZEMBER <strong>2006</strong>, ANSCHLIESSEND IN JAPAN.INFOS: WWW.CIRQUEDUSOLEIL.COM<br />

Jazz für Tropennächte<br />

Auf dem Rasen lagern,am Cocktail nippen,die<br />

warme tropische Nacht genießen – begleitet<br />

von mitreißenden Saxophonmodulationen.Drei<br />

Tage und Nächte langWeltklasse-Jazz!Vor der<br />

exotischen Kulisse des Dusit-Palasts findet seit<br />

2003 jedes Jahr im Dezember in BangkokAsiens<br />

größtes jährliches Jazz-Festival statt.<br />

BANGKOK JAZZ FESTIVAL, 16. BIS 18. DEZEMBER <strong>2006</strong>, SANAM<br />

SUA PA,BANGKOK.INFOS: WWW.BANGKOKJAZZFESTIVAL.COM<br />

K ULTUR +++ WELTWEIT +++ KULTUR +++ WELTWEIT +++ KULTUR +++ WELTWEIT +++ KULTUR +++ WELTWEIT<br />

Ballon-Festival, 20.–31. Dezember <strong>2006</strong>, Dubai, Outlet City +++ Ausstellung „Rembrandt – Der Zeichner“, bis 8. Januar 2007, Paris,<br />

Louvre, Infos: www.louvre.fr +++ „Der Nussknacker“, Ballett von John Neumeier, 25. Dezember <strong>2006</strong>, Dresden, Semperoper, Infos:<br />

www.semperoper.de +++ Neujahrs-Gala, mit dem Hong Kong Philharmonic Orchestra, 30. und 31. Dezember <strong>2006</strong>, Hong Kong Cultural<br />

Centre Concert Hall, Infos: www.www.hkpo.com +++<br />

Foto: Getty Images (1)


Fotos: Harald Hoffmann / DG (2), Tina Tahir c/o Shotview photographers / DG (2)<br />

Zeitzeuge Anne-Sophie Mutter<br />

Interview Corinne Ullrich<br />

Frau Mutter, kürzlich haben Sie drei neue Aufnahmen von Mozarts<br />

großen Violinwerken eingespielt, Sinfonien, Klaviertrios und jetzt<br />

zuletzt die Sonaten. Was begeistert Sie an Mozart?<br />

Dass er das zutiefst Menschliche verkörpert, manchmal sehr leidenschaftlich<br />

und fast derb ist, dann aber in seinem musikalischen<br />

Ausdruck und seiner Persönlichkeit geradezu engelhaft. Die<br />

Verbindung von Himmel und Erde, die er uns durch seine Musik<br />

schenkt, macht ihn für mich zu einem Helden. Das Projekt soll<br />

Mozart feiern und ist eine tiefe Verbeugung vor seinem Genie.<br />

Wie Mozart standen auch Sie bereits als Kind auf der Bühne und<br />

galten als Wunderkind. Fühlen Sie sich auch aus diesem Grund<br />

besonders mit ihm verbunden?<br />

Er hat mit sechs Jahren zum ersten Mal öffentlich konzertiert –<br />

damals noch gleichermaßen begabt für Klavier und Geige. Ich<br />

habe meinen ersten Wettbewerb mit sechs Jahren gewonnen, und<br />

auch ich habe damals noch so gut Klavier wie Geige gespielt.<br />

Aber das ist es dann auch mit den Ähnlichkeiten zwischen ihm<br />

und mir. Und zu dem Begriff Wunderkind möchte ich den<br />

Dirigenten Zukerman zitieren, der einmal auf diese Frage geantwortet<br />

hat: „Das war ich nie, und im Übrigen ist das Wunder<br />

8 <strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

Verfechterin<br />

der Stille<br />

Mit sechs Jahren war sie die jüngste<br />

Siegerin beim renommierten deutschen<br />

Nachwuchs-Wettbewerb „Jugend musiziert“.<br />

Nur ein Jahr zuvor hatte sich Anne-Sophie<br />

Mutter bei einer Mozart-Aufnahme in die<br />

Geige verliebt. Zum Mozart-Jahr huldigt<br />

sie dem Genie gleich dreifach<br />

gegangen und das Kind geblieben.“ Und das ist offensichtlich bei<br />

den meisten von uns der Fall – bei mir auch.<br />

Sie führten als sogenanntes „Wunderkind“ schon sehr früh ein<br />

erwachseneres Leben als Ihre Altersgenossen. Haben Sie das<br />

Gefühl, damit Zeit übersprungen zu haben?<br />

Nein, aber die Achterbahnfahrten und ausgelassenen Urlaubsvergnügungen,<br />

die mich in meiner Kinderzeit nicht interessierten,<br />

genieße ich heute schamlos mit meinen beiden Kindern.<br />

Ihre Eltern haben Ihre außergewöhnliche Begabung von Anfang an<br />

unterstützt. Sie erreichten eine Befreiung vom Schulunterricht und<br />

ließen Sie zu Hause von Privatlehrern unterrichten. Waren Sie froh<br />

darüber, oder wären Sie lieber auf eine normale Schule gegangen?<br />

Nein. Es war der Idealzustand, mir auf diesem Weg zu ermöglichen,<br />

sowohl den Schulstoff möglichst schnell zu lernen als auch<br />

ein Stück normale Kindheit zu genießen. Schulpsychologen haben<br />

dann regelmäßig überprüft, ob ich nicht degeneriere oder sonstige<br />

ungewöhnliche Züge aufweise. Dass das nicht geschah, dafür<br />

sorgten meine beiden älteren Brüder, mit denen ich lieber Fußball<br />

als Hausmusik spielte.


NACH DER MUSIK ZEIT FÜR STILLE – wenn Anne-Sophie Mutter ihre Geige zur Seite legt, gibt es für sie nichts Angenehmeres als Ruhe<br />

<strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

9


Zeitzeuge Anne-Sophie Mutter<br />

10 <strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

KEINE STARALLÜREN – dass Anne-Sophie Mutter trotz ihres<br />

Ausnahmetalents als Kind nicht abhob, dafür sorgten nicht zuletzt ihre<br />

Brüder, mit denen sie lieber Fußball spielte als musizierte


Sie selbst setzen sich sehr stark für den Nachwuchs ein, schon<br />

Ende der achtziger Jahre gründeten Sie eine Stiftung, die junge Streicher<br />

europaweit fördert, Mitte der Neunziger Ihre eigene Stiftung.<br />

Ich fördere Kinder ab dem Alter von elf Jahren, von denen ich<br />

den Eindruck habe, dass sie sehr begabt sind. Ihnen gebe ich über<br />

Jahre hinweg Privatstunden, berate sie bei der Repertoireauswahl.<br />

Werden sie später in die Anne-Sophie-Mutter-Stiftung aufgenommen,<br />

geht die Förderung natürlich weiter, mit der Beschaffung<br />

eines Instruments, Dirigentenvorspielen. Für einige Stipendiaten<br />

haben wir auch die CD-Produktion finanziert oder Kompositionsaufträge<br />

vergeben.<br />

Ihr großer Förderer war der berühmte Dirigent Herbert von<br />

Karajan. Als Sie 13 waren, lud er Sie nach Berlin zum Vorspielen<br />

ein und präsentierte Sie daraufhin als Solistin mit den Berliner<br />

Philharmonikern der Musiköffentlichkeit.<br />

Herbert von Karajan hat mich in Vielem sehr geprägt. Er war ein<br />

unglaublich warmherziger, hochinteressierter, an allem teilnehmender,<br />

nach vorne orientierter Mann, keiner, der verklärt in der<br />

Ecke saß und die Partitur durchblätterte. Er flog selbst, segelte<br />

seine Yacht und liebte rasend schnelle Autos. Er war hingebungsvoll<br />

bei allem, was er tat, immer auf der Suche nach Neuem. Ein<br />

Mann, der ständig versuchte, seinen Horizont zu weiten. Er war<br />

damals auch der Erste, der sich für CDs interessierte. Und er liebte<br />

die Herausforderung – sicher etwas, was ich früh beobachtet und<br />

bewundert habe.<br />

Sie fördern auch zeitgenössische Komponisten, wie Krzysztof<br />

Penderecki, Wolfgang Rihm und Sofia Gubaidulina. Was reizt Sie<br />

daran?<br />

Es bedeutet für mich eine ungeheuere Herausforderung, in einem<br />

ganz neuen Werk eine ganz neue Klangsprache zu entdecken. Ich<br />

versuche hier, die Grenzen meiner erworbenen und angeborenen<br />

Fähigkeiten zu erweitern. Das ist auch eine Befruchtung für bestehendes<br />

Repertoire.<br />

Außerdem kann ich einem zeitgenössischen Werk in ganz anderer<br />

Art und Weise meinen Stempel aufdrücken. Ich bin die Erste, die<br />

es spielt, die in Zusammenarbeit mit dem Komponisten das Werk<br />

erarbeitet und damit auch den Standard für zukünftige<br />

Interpretationen setzt. Obwohl es für ein Werk natürlich sehr viele<br />

Die musikalische Früherziehung liegt Anne-<br />

Sophie Mutter am Herzen: „Nur wenn Kinder<br />

früh mit klassischer Musik in Berührung<br />

kommen, wird sie ein Teil ihres Lebens“<br />

mögliche Zugänge gibt, schließlich ist Musik etwas sehr<br />

Lebendiges. Es gibt eine Anekdote von Brahms, der nach einem<br />

Konzert darauf angesprochen wurde, dass er seine Dritte Sinfonie<br />

heute sehr schnell dirigiert habe. Brahms antwortete: „Ja, ich bin<br />

heute guter Laune, und Musik ist ja nicht in Stein gemeißelt.“<br />

Suchen Sie in der Musik eher das rauschhafte oder das analytische<br />

Element?<br />

Mit der Partitur analysiert man und versucht Strukturen zu finden.<br />

Stimmt die Analyse, kann man sich schon einmal einen Rausch<br />

genehmigen, wichtig aber ist es, die Waage zu halten.<br />

Gibt es einen „rauschhaften Zustand“ während eines Konzerts?<br />

Rausch ist vielleicht nicht gerade das richtige Wort. Ich denke,<br />

„Flow“ kommt dem näher. Wenn es gelingt, den Zuhörer bereits<br />

in den ersten Takten gefangen zu nehmen und sich mit ihm auf<br />

diese musikalische Reise zu begeben – das ist ein unglaubliches<br />

Gefühl. Man ist völlig konzentriert im Hier und Jetzt, und ausnahmsweise<br />

einmal geschieht alles völlig mühelos. Ob sich dieser<br />

Flow einstellt, hängt aber von vielen Faktoren ab, letztlich auch<br />

vom Zuhörer und wie dieser seinen Empfänger eingestellt hat,<br />

wie zugehört wird, wie still es ist … Als Musiker spürt man diese<br />

Atmosphäre sofort. Die Kontrolle allerdings muss man dennoch<br />

behalten, denn gerade, wenn man sich sehr wohl fühlt, lauert das<br />

Desaster um die Ecke.<br />

Wie ist Ihr Zeitgefühl während eines Konzerts – steht die Zeit still<br />

oder vergeht sie wie im Flug?<br />

Beides – im Flow erlebe ich jedes Detail in all seinen Facetten und<br />

bin ganz im Jetzt. Jedes normale Zeitgefühl ist ausgeschaltet. Auf<br />

einer ganz anderen, praktischen Ebene hilft es mir zu wissen, dass<br />

auch die 45 Minuten beim Zahnarzt schneller vergehen, wenn ich<br />

im Kopf einmal das Beethoven-Violinkonzert spiele.<br />

Wie nehmen Sie die Momente vor dem Auftritt wahr? Ist es ein<br />

anderes Gefühl, ob Sie in der Carnegie Hall oder auf einer kleinen<br />

Bühne spielen?<br />

Die Minuten vor dem Konzert sind gespannt und in Vorfreude auf<br />

die Musik. Die veränderte Akustik durch die Anwesenheit der<br />

Zuhörer ist ein ewiges Mysterium, das sich erst im Augenblick des<br />

<strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

11


Zeitzeuge Anne-Sophie Mutter<br />

Konzertbeginns enthüllt. Wird das Publikum mit mir sein? Es<br />

macht keinen Unterschied, ob ich mich auf Carnegie Hall oder ein<br />

Konzert in Wehr vorbereite. Jeder neue Abend ist der wichtigste<br />

in meinem Musikerleben.<br />

Haben Sie durch die Musik, den Takt ein anderes Verständnis für<br />

Zeit bekommen?<br />

Durch den tragischen Verlust meines ersten Mannes habe ich den<br />

Wert der Zeit – auch außerhalb des Taktmaßes – erkennen gelernt.<br />

Sie sagten einmal, wenn es leicht ist, interessiert es mich nicht.<br />

Suchen Sie immer die Herausforderung?<br />

Ja, und wenn sie sich mir nicht in den Weg stellt, dann hole ich<br />

sie mir und stelle sie mir in den Weg. Schlimm finde ich es, wenn<br />

man als Künstler nicht im Entwicklungsprozess bleibt, sondern<br />

nur wiederholt, was man einmal als Formel gefunden hat. Das<br />

Leben eines Künstlers zielt schließlich nicht darauf ab, es allen<br />

recht machen zu wollen.<br />

Die Violinkonzerte von Mozart nahmen Sie mit dem London<br />

Philharmonic Orchestra auf. Einen Dirigenten gab es dabei nicht,<br />

Sie selbst führten das Orchester. War das eine neue Form der<br />

Herausforderung?<br />

Ja, es war eine doppelte Herausforderung. Auch in der Herangehensweise,<br />

ohne Dirigent hört das Orchester genauer hin, reagiert<br />

unvermittelt, und ein spontaner Dialog entsteht.<br />

Was hören Sie zu Hause?<br />

Ich bin eine große Verfechterin der Stille. Wenn ich die Geige zur<br />

Seite lege, gibt es nichts Angenehmeres als Stille – höchstens noch<br />

Vogelgezwitscher.<br />

Sie haben zwei Kinder, einen zwölfjährigen Sohn und eine vierzehnjährige<br />

Tochter. Was hören die?<br />

Natürlich gehört klassische Musik bei ihnen ganz selbstverständlich<br />

zum Leben. Aber sie hören auch Pop und machen dabei auch<br />

vor in meinen Augen billigen Musikproduktionen nicht halt. Aber<br />

das ist in dem Alter völlig normal. Wie sollen sie ihren Geschmack<br />

bilden, wenn sie sich nicht vorher erst einmal alles anhören?<br />

Welche Momente schätzen Sie neben der Musik?<br />

Ich liebe die Berge. Es gibt nichts Schöneres, als früh morgens auf<br />

12 <strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

Obwohl sie dem klassischen Repertoire<br />

die Treue hält, schätzt Anne-Sophie<br />

Mutter ebenso die Herausforderungen<br />

der zeitgenössischen Musik<br />

den Berg zu steigen und niemandem zu begegnen, dann oben zu<br />

stehen und die Welt unter sich zu sehen.<br />

2005 erhielten Sie gleich zwei Echos und einen Grammy, diverse<br />

Orden und Ehrenpreise. Was bedeuten Ihnen diese Auszeichnungen?<br />

Ich freue mich über jede einzelne. Eine genauso große<br />

Auszeichnung ist für mich aber auch das atemlose Zuhören des<br />

Publikums während eines Konzerts. ✺<br />

Anne-Sophie Mutter Vita<br />

Am 29. Juni 1963 wurde Anne-Sophie Mutter als jüngstes von<br />

drei Kindern in Rheinfelden, Deutschland, geboren. Die beiden<br />

Brüder musizierten ebenfalls, spielten Klavier und Viola, ergriffen<br />

aber „bürgerliche“ Berufe. 1977 begann Anne-Sophie Mutters<br />

internationale Karriere als Solistin bei den Salzburger Pfingstkonzerten<br />

unter der Leitung von Herbert von Karajan. Neben<br />

ihren Einspielungen klassischer Komponisten förderte sie als<br />

Solistin komplexe zeitgenössischer Werke und erweiterte mit<br />

ihrer Begeisterung für zeitgenössische Musik das Violinrepertoire:<br />

Sie gab Werke in Auftrag, und Komponisten wie<br />

Witold Lutoslawski und Krzysztof Penderecki widmeten ihr neue<br />

Kompositionen. 1987 gründete sie die Rudolf-Eberle-Stiftung,<br />

die junge Streicher europaweit fördert. 1993 erhielt die Geigerin<br />

ihren ersten Grammy als beste Solistin für die Interpretation<br />

von Alban Bergs „Violinkonzert“ und Wolfgang Rihms „Time<br />

Chant“ (mit dem Chicago Symphony Orchestra/James Levine).<br />

Die nächsten Stationen der Welttournee <strong>2006</strong>:<br />

Mozart-Violinsonaten mit Lambert Orkis (Klavier)<br />

12. Nov. Chicago, Orchestra Hall<br />

14. Nov. Boston, Symphony Hall<br />

15. Nov. New York City, Carnegie Hall<br />

17. Nov. New York City, Carnegie Hall<br />

18. Nov. Purchase, The Performing Arts Center PurI<br />

19. Nov. New York City, Carnegie Hall<br />

20. Nov. Washington, Kennedy Center Concert Hall<br />

Weitere Informationen unter www.anne-sophie-mutter.com<br />

Aufnahmen:<br />

Die CDs mit den Mozart-Violinkonzerten und -Sonaten sind bei<br />

Deutsche Grammophon erschienen


MUT ZUM EIGENEN ZEIT-STIL – als Künstler sollte man nie versuchen, es allen recht machen zu wollen<br />

<strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

13


Alle Jahre<br />

wieder<br />

14 <strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

Momente Jahreszeiten<br />

S o m m e r<br />

21. Juni <strong>2006</strong>, Punkt 14.26 Uhr:<br />

der astronomische Anfang des<br />

mitteleuropäischen Sommers.<br />

Es ist die Zeit der Sonnenwende


In vielen Teilen der Welt kennt man Frühling, Sommer,<br />

herbst und Winter – doch eigentlich sind es sieben<br />

Jahreszeiten: Denn in anderen Gegenden prägen Sturm-,<br />

Trocken- und Regenzeit den Lauf des Jahres<br />

Text Norbert Misch-Kunert<br />

S t u r m<br />

Vom 1. Juni bis zum 30.<br />

November ist Hurrikansaison<br />

im Atlantik – eine ernste<br />

Bedrohung für die Menschen<br />

in der Karibik und den USA<br />

<strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

15<br />

Fotos: China Foto Press/laif (1), Corbis (2), Getty Images (4)


16 <strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

Momente Jahreszeiten<br />

Warum gibt es eigentlich Sommer und Winter?<br />

Wer ein kleines Kind hat, braucht mehr gute<br />

Antworten, als im Hirnstüberl auf die<br />

Schnelle greifbar sind. Ja, warum gibt es<br />

Sommer und Winter und all die anderen<br />

Jahreszeiten? Hat es etwas damit zu tun, dass sich der Abstand<br />

von Erde und Sonne im Laufe des Jahres verändert? Wäre<br />

logisch: Wenn man näher am Ofen sitzt, wird es wärmer.<br />

Doch ganz so einfach, lehrt uns das gute alte Lexikon, ist es<br />

W i n t e r<br />

den Energieeintrag zur Verfügung steht. Im Winter ist es genau<br />

umgekehrt: Die tägliche Sonnenbahn verläuft niedrig, die Sonnenstrahlung<br />

trifft flach auf die Erdoberfläche, außerdem sind<br />

die Tage kürzer.<br />

Die Einteilung der vier Jahreszeiten beginnt<br />

oder endet entweder mit einer Tag- und Nachtgleiche oder mit<br />

einer Sonnenwende. Man nennt sie deshalb auch astronomische<br />

Jahreszeiten. Anders die meteorologischen Jahreszeiten:<br />

Sie sind nach Kalendermonaten unterteilt und so gewählt,<br />

dass sie besser mit den charakteristischen Klimabedingungen<br />

übereinstimmen als die astronomische Einteilung. Der Frühling<br />

auf der Nordhalbkugel (auf der Nord- und Südhalbkugel herrschen<br />

jeweils entgegengesetzte Jahreszeiten: Ist im Norden<br />

H e r b s t<br />

nicht. Es stimmt zwar, dass sich die Erde in einer elliptischen<br />

Umlaufbahn um die Sonne bewegt, einmal in 365 Tagen, fünf<br />

Stunden und 49 Minuten. Doch die Ellipse ist so schwach ausgeprägt,<br />

dass sie keinen nennenswerten Einfluss auf das Entstehen<br />

der Jahreszeiten hat. Die eigentliche Ursache dafür ist in der<br />

Stellung der Erde selbst begründet. Die Achse der Erde ist nämlich<br />

um 23,44 Grad gegen ihre Bahnebene geneigt.<br />

Diese Schrägstellung auf der Bahn um die Sonne<br />

behält die Erde immer bei. Dadurch verändert sich im Laufe des<br />

Jahres der Winkel, in dem die Sonnenstrahlen die Erdoberfläche<br />

erreichen, ebenso die Höhe der Sonne und die Länge von Tag und<br />

Nacht. Im Sommer beschreibt die Sonne auf der Nordhalbkugel<br />

im Laufe ihrer scheinbaren täglichen Bewegung einen hohen Bogen.<br />

Bei hoch stehender Sonne trifft die Sonnenstrahlung steil auf<br />

die Erdoberfläche und liefert viel Energie pro Quadratmeter.<br />

Außerdem liegt der größere Teil der täglichen Sonnenbahn oberhalb<br />

des Horizonts, so dass die Tage lang sind und viel Zeit für<br />

R e g e n z e i t


Nicht der Abstand der Erde zur Sonne, sondern<br />

Winkel und Dauer der Sonneneinstrahlung sind die<br />

Ursache für die Entstehung der Jahreszeiten<br />

<strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

17


18 <strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

Momente Jahreszeiten<br />

Trockenzeit<br />

Sommer, hat der Süden Winter) umfasst zum Beispiel die Monate<br />

März bis Mai. Doch um den saisonalen Entwicklungsstand der<br />

Natur zu beschreiben, ist die Unterteilung in vier Jahreszeiten<br />

eigentlich zu grob. In der Phänologie kennt man daher bis zu zehn<br />

Jahreszeiten, die lokal verschieden mit dem Eintreten bestimmter<br />

Naturereignisse – zum Beispiel der Apfelblüte oder dem Verfärben<br />

der Blätter – beginnen. Allein das Frühjahr gliedert sich dabei in<br />

Vorfrühling, Erstfrühling und Vollfrühling. Allerdings verschiebt<br />

sich das zeitliche Auftreten der Jahreszeiten – eine der bereits<br />

sichtbaren Folgen der globalen Erwärmung. Der (Vor-)Frühling<br />

beginnt heute je nach Region fast zwei Wochen früher, wie beispielsweise<br />

das Wanderverhalten von Zugvögeln zeigt.<br />

Ganz anders ist die Situation in äquatorialen Breiten.<br />

Hier ändert sich der Sonnenstand im Verlaufe eines Jahres kaum.<br />

Darüber hinaus sind Tag und Nacht auch nahezu gleich lang – die<br />

Tageslänge beträgt stets 12 Stunden. Jahreszeiten, die sich deutlich<br />

in der Temperatur unterscheiden, gibt es dort nicht. In tropischen<br />

und subtropischen Gebieten unterscheidet man stattdessen<br />

zwischen Trocken- und Regenzeit. In den Tropen gibt es zwei<br />

Regenzeiten pro Jahr, die sich jedoch mit zunehmender geografischer<br />

Breite zu einer einzelnen Regenzeit wandeln. Zu extremen<br />

Niederschlagsmengen, wie zum Beispiel im Monsunklima, kann<br />

dabei der so genannte Zenitalregen führen. Dieser Regen ist das<br />

Ergebnis starker Sonneneinstrahlung: Wenn die Sonne in ihrem<br />

Zenit steht, wird ihre Strahlung so intensiv, dass sich die Luftmassen<br />

stark erwärmen und deshalb aufsteigen. In großer Höhe kühlen sie<br />

sich wieder ab, Wasserdampf kondensiert, und starke, wolkenbruchartige<br />

Regenfälle entstehen. Für die Menschen ist es Fluch und<br />

Segen zugleich, führt der Regen doch oft zu Überschwemmungen.<br />

Starke Auswirkungen auf Flora und Fauna hat auch<br />

die Trockenzeit. Flüsse verdunsten, Seen werden zu Salzpfannen,<br />

Laubbäume im Trockenwald werfen ihre Blätter ab. Regenschauer<br />

sind selten, doch wenn es einmal regnet, dann meist sehr heftig.<br />

In Wüstengebieten kann man dabei ein einzigartiges Naturschauspiel<br />

bewundern – die Wüste erwacht: Milliarden robuster Samen<br />

haben, tief im Wüstenboden versteckt, auf die Regenfälle gewartet.<br />

In kurzer Zeit verwandelt sich die scheinbar lebensfeindliche<br />

Landschaft in eine farbenprächtige Wiese. Würde in der Sahara<br />

ausreichend Regen fallen, dauerte es nicht lange, und sie ähnelte<br />

den Savannen Ostafrikas.<br />

Keine echte Jahreszeit, aber ein Zeitraum, der den<br />

Lebensrhythmus der meisten Menschen so stark beeinflusst, wie<br />

es sonst nur der Wechsel der Jahreszeiten tut, ist die Hurrikansaison<br />

im Atlantik. Sie beginnt offiziell am 1. Juni und endet am<br />

30. November. Innerhalb dieses Zeitraums bilden sich etwa 97<br />

Prozent aller Stürme auf dem Atlantik, da nur dann der Ozean<br />

warm genug ist, um „günstige“ Bedingungen für die Bildung von<br />

Hurrikans zu schaffen. Die hohen Windgeschwindigkeiten, Wellen<br />

und schweren Niederschläge stellen eine große Gefahr für die<br />

Menschen in der Karibik und den USA dar. Im August 2005 zog<br />

der Hurrikan Katrina mit Windgeschwindigkeiten von 250 bis 300<br />

Kilometer pro Stunde über Florida, Louisiana, Mississippi, Alabama<br />

und Tennessee hinweg. Katrina zerstörte rund 350.000 Häuser<br />

und richtete einen Schaden von 125 Milliarden Dollar an. Der<br />

stärkste bislang gemessene Hurrikan war Wilma, einige Wochen<br />

später. Er wurde innerhalb weniger Stunden von einem Tropensturm<br />

zu einem Hurrikan der Kategorie 5 heraufgestuft, und in<br />

seinem Zentrum herrschte mit 882 Millibar der niedrigste<br />

Luftdruck, der jemals auf dem Atlantik gemessen wurde. Wie<br />

schon bei der zeitlichen Verschiebung der Jahreszeiten, spielt auch<br />

bei der Entstehung der Hurrikane die globale Erwärmung eine<br />

wichtige Rolle. Nach Ansicht einiger Klimaforscher nimmt aufgrund<br />

der Erwärmung der tropischen Meere zwar nicht die Anzahl<br />

der Wirbelstürme zu, sehr wohl aber deren Intensität. Das Klima<br />

ändert sich – und mit ihm die Zeiten. ✺


ein wunderschöner garten.<br />

Oder anders ausgedrückt: Das Ergebnis professioneller Planung, täglicher Pflege,<br />

der richtigen Korrekturen zur rechten Zeit und der gekonnten permanenten Verjüngung.<br />

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20 <strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

Zeitzonen Washington<br />

Erhabenes und Lässigkeit nebeneinander: Kongressmitarbeiter vor dem Kapitol


So tickt Washington<br />

wirklich<br />

Text Katja Ridderbusch<br />

Washington, D.C. hat den Ruf,<br />

eine langweilige Stadt zu<br />

sein, ein Maschinenraum der<br />

Weltpolitik. Zu Unrecht:<br />

In der US-Hauptstadt pulsiert<br />

das Leben in rasendem Takt,<br />

nicht nur um den Kapitolshügel<br />

und das Weiße Haus, sondern<br />

auch in den Clubs einer<br />

wiedererwachten Jazz-Kultur<br />

<strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

21<br />

Fotos: Edgar Rodtmann (3), Corbis (1), Laif (2)


Zeitzonen Washington<br />

E<br />

in Pärchen sitzt auf dem Rasen am Kanal in der Mittagssonne,<br />

aus einer braunen Papiertüte lugt eine<br />

Flasche Wein. In einer kleinen Seitenstraße aus Kopfsteinplaster<br />

hat ein junger Mann mit bunten Bändern<br />

in seinen Rastalocken einen Stuhl vor die Tür gestellt<br />

und klimpert auf der Gitarre. In einem Coffeeshop um die Ecke<br />

debattieren zwei Herren in abgetragenen Sakkos über die Lehre<br />

des Galileo. Als sich Dunkelheit über die Stadt legt, quillt aus den<br />

dämmerigen Clubs und Kneipen der dumpfe Rhtyhmus afrikanischer<br />

Trommeln. Alltagsszenen aus London, Paris, Amsterdam,<br />

Berlin oder New York? Nein, Momentaufnahmen aus Washington,<br />

D.C., der Stadt, die viele für die langweiligste der Welt halten. Für<br />

einen Apparat, einen Maschinenraum der Bürokratie. Eine „one<br />

industry town“, eine Stadt mit einer einzigen Branche, der Politik.<br />

Eine Stadt, aber keine Metropole.<br />

Doch wer sich erst einmal auf Washington eingelassen<br />

hat, erlebt eine Stadt, die sich wie ein Mosaik aus unterschiedlichen<br />

Welten zusammensetzt. Da ist, natürlich, die Politik.<br />

Knapp 35.000 Lobbyisten sind in „D.C.“, wie die Amerikaner<br />

knapp sagen, registriert, damit ist die US-Hauptstadt der größte<br />

Lobbyistenplatz der Welt, noch vor Brüssel, dem Sitz der Europäischen<br />

Union. Hinzu kommen Kongressabgeordnete und deren<br />

Mitarbeiter, die Angestellten des Weißen Hauses, der Ministerien,<br />

der Botschaften, ferner das Sicherheitspersonal, der ganze riesige<br />

Tross der Macht eben, geschäftige Menschen, die zwischen Kapitol<br />

und Weißem Haus, zwischen State Department und den Hauptquartieren<br />

von Weltbank und Internationalem Währungsfonds hinund<br />

herflitzen. Im Regierungsviertel von D.C. kann der Besucher<br />

den Eindruck gewinnen, Washington und nicht New York sei die<br />

schnellste Stadt der Welt, zumindest die ungeduldigste. Vielleicht,<br />

weil hier auf kleinem Raum Weltpolitik gemacht wird, weil hier<br />

Neuigkeiten und Gerüchte lodern wie Flammen auf einer Ölspur.<br />

Zu Fuß kann der Besucher das Herz der Macht an einem Vormittag<br />

durchschreiten. Wer Zeit hat zum Innehalten, sollte sich auf den<br />

Links: Eine Tretbootfahrt auf dem Potomac River bietet eine der schönsten Aussichten der Stadt von der Wasserseite auf das Jefferson Memorial<br />

Rechts: Die Blütezeit des Swing und Jazz aus den 50er- und 60er-Jahren erlebt in Washington eine Renaissance<br />

22 <strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

Rasen der Mall setzten wie viele Washingtoner, seine Lunchtüte<br />

auspacken und das Panorama auf sich wirken lassen. Die National<br />

Mall ist ein 1,5 Kilometer langer und von alten Bäumen gesäumter<br />

Parkstreifen zwischen dem Kapitol und dem Washington Monument,<br />

einem 170 Meter hohen Obelisken aus weißem Marmor,<br />

dessen Planung und Bau fast 100 Jahre dauerten.<br />

Washington, das ist auch die Stadt der Museen. Mit<br />

mehr als 50 liegt D.C. zwar weit hinter Berlin zurück – Deutschlands<br />

Hauptstadt beherbergt insgesamt 175 –, aber die Stadt am Potomac<br />

River kann dafür mit der größten Dichte von Weltklasse-Museen


Baseball vor dem Washington Monument, dem höchsten Obelisken der Welt<br />

<strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

39


Zeitzonen Washington<br />

auf kleinstem Raum aufwarten: Zwölf Museen befinden sich zu<br />

beiden Seiten der Mall, davon eine Vielzahl der Smithsonian-<br />

Museen, deren Eintritt frei ist – wie das National Air and Space<br />

Museum mit Flugzeugen aus allen Epochen, ein Mekka für Fans der<br />

Luft- und Raumfahrt. Wer jeden Tag zwei Museen besucht und sich<br />

je drei bis vier Stunden dort aufhält, der wäre allein einen Monat<br />

lang jeden Tag beschäftigt. Im Nationalarchiv auf der Constitution<br />

Avenue werden die Geschichte des Landes und ihre Zeugnisse fast<br />

physisch erfahrbar – dort lagern sieben Millarden Schriftstücke, 15<br />

Millionen Fotografien und 300.000 Film- und Tonaufnahmen.<br />

Washington, das ist auch der Ort eines bunt<br />

gemischten Nachtlebens. Ob der ehrwürdige Caucus-Room, ein<br />

exklusives Steakhaus im Stil eines altenglischen Herrenzimmers, in<br />

dem sich Republikaner und Demokraten gleichermaßen abends<br />

zu Filet Mignon und Merlot treffen, oder das innovative „Palena“,<br />

wo die ehemaligen Chefköche des Weißen Hauses Frank Ruta<br />

und Ann Amernick innovative amerikanische Küche servieren –<br />

Washington gilt kulinarisch als Stadt von Weltklasse. In den Bars der<br />

großen Hotels, deren Dichte in D.C. einmalig im Lande ist, kann<br />

der Besucher interessanten Debatten lauschen, im „Willard Inter-<br />

Continental“ an der Pennsylvania Avenue zum Beispiel, einer Bastion<br />

der internationalen Diplomatie, mit einer geheimnisvoll plüschigen<br />

Beaux-Art-Lobby aus Säulen und Lüstern. Oder im „One<br />

Washington Circle“, das nicht nur geografisch zwischen zwei<br />

Washingtoner Welten liegt, zwischen dem Weißen Haus und<br />

Georgetown. Nicht zufällig zählt es Politiker, Wirtschaftsführer und<br />

Künstler gleichermaßen zu seinen Kunden.<br />

Die Jazz-Kneipen und Hip-Hop-Bars der Stadt erwachen erst spät<br />

am Abend zum Leben – weit abseits von der Politik in den Szene-<br />

Vierteln Georgetown, Adams Morgan und seit einigen Jahren im<br />

U-Street-Corridor, das ursprünglich das Herz der afro-amerikanischen<br />

Szene in D.C. war und der Geburtsort des Bandleaders Duke<br />

Ellington. In den 50er- und 60er-Jahren kamen alle, die in der Swingund<br />

Jazz-Szene einen Namen hatten, in die U-Street, Billie Holiday,<br />

Louis Armstrong, Ella Fitzgerald oder Miles Davis. Dann verfiel<br />

Das Lincoln-Memorial brauchte 50 Jahre bis zur Fertigstellung 1922 und gehört bis heute zum Gesicht Washingtons


das Viertel, Straßenzüge lagen brach, Kriminalität nistete<br />

sich ein. Erst Ende der 90er Jahre siedelten sich wieder<br />

Galerien, Cafés, Boutiquen und Bars rund um die U-Street<br />

an. Einer der Jazz-Clubs aus den Tagen von Duke<br />

Ellington hat vor kurzem wieder seine Pforten geöffnet:<br />

das Bohemian Caverns mit neuem Design und einem schicken<br />

Restaurant auf der ersten Etage. Im Erdgeschoss spielen<br />

jeden Abend die Besten der Branche auf. Das Bohemian<br />

Caverns muss den Vergleich mit dem „Blue Note“ nicht<br />

scheuen, der Ikone der New Yorker Jazz-Szene.<br />

Tief in der Nacht oder früh am Morgen, in einer<br />

Bar in Adams Morgan oder einem Club nahe der U-Street<br />

wird der Besucher begreifen, dass Washington eine Stadt<br />

ist, die nie schläft, auch wenn die berühmten Worte des<br />

Frank-Sinatra-Songs ja eigentlich New York zugeschrieben<br />

sind. Dass das Strenge, das Sterile bloße Tarnung ist –<br />

„D.C. is a happening place“, sagen die Amerikaner über<br />

ihre Hauptstadt, in Washington vibriert das Leben. Und so<br />

dürfte der Besucher allenfalls klagen, dass in der Metropole<br />

die Tage und die Nächte viel zu wenig Stunden<br />

haben. ✺<br />

Die berühmte Beaux-Arts-Lobby des Hotels<br />

Willard InterContinental ist Treffpunkt<br />

von Diplomaten, Ministern und Staatschefs<br />

Unten: Die andere Welt Washingtons – eine<br />

typische Häuserzeile in Adams Morgan<br />

Zeitplan Washington<br />

Vormittags<br />

Führung: „Insider’s Tour“ durch die diplomatischen Empfangsräume<br />

des US-Außenministeriums mit dem Mahagoni-Schreibtisch, auf dem<br />

Thomas Jefferson einst die Unabhängigkeitserklärung entwarf: State<br />

Department’s Diplomatic Reception Rooms, Tel. +1-202-647-3241; Vorabbuchungen<br />

sind unerlässlich<br />

Museen: National Air and Space Museum, Tel. +1-202-633-1000,<br />

www.nasm.si.edu · National Gallery of Art, Tel. +1-202-737-4215,<br />

www.nga.gov · United States Holocaust Memorial Museum,<br />

Tel. +1-202-488-0400, www.ushmm.org · International Spy Museum,<br />

Tel. +1-202-393-7798, www.spymuseum.org<br />

Mittags<br />

Lokale & Cafés: La Madeleine, Bistro im Herzen von Georgetown mit<br />

den besten Quiches der Stadt, 3000 M Street NW, Tel. +1-202-337-6975,<br />

www.lamadeleine.com · Ben’s Chili Bowl, eine Institution bei<br />

Washingtons afro-amerikanischer Community und bei den jungen<br />

Stadtplanern und Polit-Junkies, gelegen im hippen „U-Street-Corridor“,<br />

1213 U St. NW, Tel. +1-202-667-0909<br />

Nachmittags<br />

Einkaufen: Gesichtslose Shopping Malls wird der Besucher im Herzen der<br />

amerikanischen Hauptstadt vergeblich suchen – architektonisch interessant<br />

und mit edlen Boutiquen ausgestattet sind die · Union Station, ein 1907<br />

eröffneter Beaux-Arts-Bau, ursprünglich der größte Bahnhof der Welt,<br />

Massachusetts Ave, www.unionstationdc.com · Georgetown Park, im<br />

Herzen von Georgetown, zwischen M St und Wisconsin Ave: www.shopsatgeorgetownpark.com<br />

· Dean and Deluca, Feinkostladen in Georgetown<br />

mit der wohl größten Auswahl an italienischen Köstlichkeiten in der Stadt,<br />

www.deananddeluca.com · Kramerbooks, die Buchhandlung der<br />

Washingtoner Politik, am Dupont Circle, 1517 Connecticut Avenue NW,<br />

www.kramers.com<br />

Abends<br />

Veranstaltungen: Eine einmalige Attraktion in Washington sind die allabendlichen<br />

Events in der Embassy’s Row, der Allee der Botschaften zwischen<br />

Dupont Circle und Adams Morgan, von hochklassigen Kammerkonzerten<br />

über Theateraufführungen, Weinproben bis hin zu Kunst-Ausstellungen<br />

· Washington Opera, Weltklasse-Niveau unter der musikalischen<br />

Leitung des spanischen Spitzentenors Plácido Domingo, Tel. +1-202-295-<br />

2400, www.dc-opera.com ·<br />

Essen & Trinken: The Caucus Room, 401 9th Street NW, Tel. +1-202-393-<br />

1300, www.thecaucusroom.com · Palena, 3529 Connecticut Ave NW, Tel.<br />

+1-202-537-9250, www.palenarestaurant.com · Café Atlantico, 405 8th<br />

Street NW, Tel. +1-202-393-0812, www.cafeatlanticodc.com · Crème Café,<br />

1322 U St. NW, Tel. +1-202-234-1884<br />

Nachts<br />

Jazz Clubs: Bohemian Caverns, 2001 11th Street NW, Tel. +1-202-299-<br />

0801, www.bohemiancaverns.com · Bar Rouge im Hotel Rouge, 1315<br />

16th Street NW, Tel. +1-202-232-8000, www.rougehotel.com<br />

Hotels: Mandarin Oriental Hotel, 1330 Maryland Ave SW, Tel. +1-202-<br />

554-8588, www.mandarin-oriental.com · The Willard InterContinental,<br />

1401 Pennsylvania Ave NW, Tel. +1-202-628-9100, www.washington.interconti.com<br />

· Hay Adams, 16th and H Streets NW, Tel. +1-202-638-6600,<br />

www.hayadams.com · Hotel George, 15 E Street NW, Tel. +1-202-347-<br />

4200, www.hotelgeorge.com<br />

Washington-Infos<br />

Offizielle D.C.-Website: www.dc.gov/<br />

Tipps für Privat- und Geschäftsreisende: www.washington.org<br />

<strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

25


Zeitströmung Design<br />

26 <strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

Der „S-Stapelstuhl“ (1960)desdänischenArchitektenundDesignersVernerPantonistderersteFreischwingerauseinemeinzigenKunststoffguss


Der Stuhl ist eines der wandlungsfähigsten<br />

Möbel. Er faszinierte<br />

alle großen Designer des 20.<br />

Jahrhunderts und ist ein Spiegel<br />

seiner Zeit<br />

Erste Reihe<br />

Text Nicole Knaupp<br />

Eine „Maschine zum Sitzen“ soll er sein, forderte der<br />

französisch-schweizerische Architekt Le Corbusier, der<br />

einflussreichste Gestalter des 20. Jahrhunderts. Eine simple<br />

Funktion. Doch im Laufe der letzten 150 Jahre war<br />

der Stuhl Objekt intensiver Experimente. In die Herstellung<br />

keines anderen Möbelstücks wurden mehr Zeit,<br />

Ideen und Geld gesteckt. Warum nur? Vielleicht weil Stühle<br />

eine zentrale Rolle in unserem Leben spielen. Wir brauchen<br />

sie beim Essen, Relaxen, Ruhen, Lernen, Arbeiten, Warten<br />

und Fernsehen. Außerdem gibt es kaum ein symbolhafteres<br />

Objekt als den Stuhl: Ob Thron, Hocker, Sessel oder Schaukelstuhl<br />

– der Stuhl verrät, wer wir sind. Er verleiht und entzieht<br />

Autorität und signalisiert die gesellschaftliche und berufliche<br />

Position seines Benutzers.<br />

Im 20. Jahrhundert führte auch die Entwicklung neuer<br />

Werkstoffe dazu, die Grenzen praktikabler Sitzgelegenheiten auszuloten.<br />

Gleichzeitig erwachte der kreative Mut. Doch den Urahn aller Designermöbel<br />

verdanken wir weder einem neuen Werkstoff noch dem gestalterischen<br />

Impuls eines Designers, sondern vielmehr dem Reiz an einem neuartigen<br />

technischen Verfahren. Die Erfindung, Holzstäbe unter Wasserdampf und<br />

Druck in jede gewünschte Form zu biegen, war die Geburtsstunde für den<br />

Der „Womb Chair“ (1946)vonEaroSaarinen,einemVertreterdesamerikanischen„OrganicDesigns“<br />

<strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

27<br />

Fotos: Hans Hansen/Vitra (3), Thonet GmbH (1), Knoll, Inc. (3), Gade/Co, Fritz Hansen (1), Driade (1), Cassina (2)


Zeitströmung Design<br />

Diese Stühle haben Geschichte geschrieben und<br />

zählen zu den modernen Klassikern (v.o.n.u.):<br />

„Ingram-Stuhl“ (1904) von Mackintosh, „Rot-Blau-<br />

Stuhl“ (1917) von Gerrit Rietveld und „Barcelona<br />

Chair“ (1929) von Mies van der Rohe<br />

28 <strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

„Bugholzstuhl Nr. 14“ der Gebrüder Thonet aus Deutschland.<br />

Der schnörkellose Entwurf aus dem Jahr 1859 war stilgebend<br />

für das ganze ausgehende 19. Jahrhundert.<br />

Der Fortschritt in der Material- und Herstellungstechnologie<br />

ist nur ein Aspekt. Die Faszination des<br />

Stuhls liegt für den Designer auch darin, all seine Grundsätze<br />

in einem Objekt zu bündeln. „Wenn wir einen Stuhl entwerfen,<br />

schaffen wir eine Gesellschaft und Stadt en miniature“,<br />

konstatierte einst der britische Architekt Peter Smithson. So<br />

waren es als Erstes Architekten, die sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

der Gestaltung des Stuhls widmeten. Unter ihnen<br />

Charles Rennie Mackintosh. Schottlands legendärer Architekt<br />

betrachtete seine Entwürfe als Gesamtkunstwerke und kreierte<br />

daher auch die passenden Möbel dazu. Zu seinen berühmtesten<br />

zählt die um 1900 entstandene Einrichtung für den Tea Room in<br />

Glasgow. Darunter der hochlehnige „Ingram-Stuhl“ für den White<br />

Dining Room. Durch seine grafische Schlichtheit wurde er zum Vorläufer<br />

der Moderne. Nach 1918 wird der Stuhl zum ersten Mal Ausdruck<br />

einer gesellschaftlichen Überzeugung. Gerriet Thomas Rietvelds<br />

„Rot-Blau-Stuhl“ (1918) steht für die Philosophie der De-Stijl-Bewegung.<br />

Die holländische Künstlergruppe forderte nach den katastrophalen Auswirkungen<br />

des Ersten Weltkriegs die formale Askese. So vollzog Rietveld<br />

mit einer neuen, unbelasteten Form den Bruch mit der Tradition und war<br />

überzeugt, das Möbel der Zukunft geschaffen zu haben – gebaut aus einfachen<br />

Holzleisten und Brettern.<br />

Unser Bild vom modernen Stuhl prägen jedoch die Stahlrohrmöbel<br />

der 20er und 30er Jahre. Protagonist dieser Entwicklung war der ungarische Architekt<br />

Marcel Breuer. Seine Vision vom perfekten Stuhl gipfelte in der Idee der<br />

völligen Dematerialisierung. „Am Ende sitzt man auf einer elastischen Luftsäule“,<br />

erklärte der Idealist 1926. Das große Potenzial des neuen Materials Stahlrohr offenbart<br />

sich in Breuers „B 32“, dem wahrscheinlich bekanntesten Freischwinger


„Shizzo“ (1989) nennt der IsraeliRonAraddiesenraffinierten StuhlausMultiplex-Profilteilen<br />

DieStühledes<br />

ausgehenden<br />

20. Jahrhunderts<br />

vereinen<br />

wie dieser<br />

Entwurf des<br />

israelischen<br />

Designers Ron<br />

Arad Fantasie<br />

und Funktionalität<br />

mit der<br />

Möglichkeit<br />

zur Massenproduktion


Zeitströmung Design<br />

Der „3107“ (1955) vonArneJacobsenisteinerdermeistverkauftenDesignerstühledes20.Jahrhunderts<br />

30 <strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

Im 20. Jahrhundert inspirierten<br />

neue Materialien und Techniken zu<br />

kreativen Stuhlformen. So fertigte<br />

Arne Jacobsen die Sitzschale<br />

des Stuhls „3107“ aus einem<br />

einzigen Stück Formschichtholz


aller Zeiten. Er war der erste Stuhl, der nicht auf vier, sondern auf zwei<br />

Beinen steht. Eine Idee, die auch Ludwig Mies van der Rohe für seinen<br />

„Brno“-Freischwinger nutzte. Geschichte schrieb der Bauhaus-Architekt<br />

aber vor allem mit Stühlen, die er für seine Gebäude entwarf. Allen voran<br />

der „Barcelona Chair“, der 1929 anlässlich der Weltausstellung in Barcelona<br />

im deutschen Pavillon dem spanischen Königspaar als Sitzgelegenheit diente.<br />

Mit seinem polierten Stahlgestell und einem geknöpften Lederkissen verkörpert<br />

er bis heute den puren Luxus – der Thron des 20. Jahrhunderts.<br />

Nach 1945 kommen neue Impulse aus den USA, wo Witz und Konventionslosigkeit<br />

gefragt waren. In Wohnzimmern und Büros tauchten vermehrt<br />

organische Stuhlformen auf – ein Ausdruck von Freiheit. Erstes Objekt der neuen<br />

Leichtigkeit war „La Chaise“, 1948 von Charles Eames entworfen. Ein Sessel mit<br />

einer geschwungenen Fiberglas-Sitzfläche auf fünf Stahlstäben und einem Holzsockel.<br />

In Europa begann die Ära italienischen und skandinavischen Designs. Der<br />

Däne Arne Jacobsen konzipierte 1955 bei seinem Stuhl „3107“ erstmals eine Sitzschale<br />

aus Schichtholz – einer der meistverkauften und -kopierten Stühle der Moderne und zugleich<br />

der Grundstein für den weltweiten Siegeszug skandinavischen Designs. In Italien<br />

experimentierte man vor allem mit Kunststoff. Seine freie Formbarkeit initiierte in den 60er<br />

Jahren ein fantasievolles, durch die Pop-Art inspiriertes Spiel von Formen und Farben. Der<br />

ganz große Wurf gelang dann allerdings einem Dänen mit Schweizer Wohnsitz: 1960 entwarf<br />

Verner Panton den ersten Glasfaserfreischwinger aus einem Guss, den „S-Stapelstuhl“.<br />

In den 70er Jahren werden die Entwürfe radikaler – Ausdruck des Protests gegen die Normen<br />

der Moderne. Italienische Designerkollektive wie Memphies und Archizoom bringen Entwürfe hervor,<br />

die den Spaß an der Kreativität vor die Funktionalität stellen. Stefan Wewerka treibt das Spiel 1971 auf die<br />

Der „Wassily Chair“ (1925)<br />

ist nach dem Bauhausmeister<br />

Wassily Kandinsky<br />

benannt, für dessen Wohnräume<br />

in Dessau er von<br />

Marcel Breuer ursprünglich<br />

gefertigt wurde. Den straffen<br />

Linien und dem Gestell aus<br />

Stahlrohr verdankt er seinen<br />

Ruf als wegweisender<br />

Klassiker der Moderne<br />

<strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

31


Zeitströmung Design<br />

Meisterwerke des Stuhldesigns,<br />

links: „Costes“ (1982) von Philippe<br />

Starck verkörpert den Chic der 80er<br />

Jahre. Rechts: Der Thonet-„Bugholzstuhl<br />

Nr. 14“ (1859) gilt als Urahn<br />

aller Designerstühle<br />

Spitze, indem er mit dem „Klassenraumstuhl“ ein Sitzmöbel kreiert, auf dessen<br />

schräger Sitzfläche man nicht sitzen kann. Mitglied der Memphis-Gruppe ist auch<br />

Shiro Kuramata, einer der wenigen international bekannten japanischen Möbeldesigner,<br />

der aus ungewöhnlichen Materialien poetische Möbel schuf. Seinen berühmtesten<br />

Sessel entwarf Kuramata in den 80er Jahren. „How High is the Moon“<br />

ist nach einem Jazztitel von Duke Ellington benannt und besteht ausschließlich aus<br />

Steckmetall. Dabei steht die Transparenz des Materials in provokantem Gegensatz zu<br />

der wuchtigen Form des Sessels. Während die Härte des Materials der Weichheit und<br />

Bequemlichkeit widerspricht, die die Form eigentlich erwarten ließe. Das Streben nach<br />

Individualimus führt in den 80er Jahren zu einer nie dagewesenen Vielfalt. Vertreter<br />

dieser Jahre sind Ron Arad, Gaetano Pesce und Philippe Starck, der mit der Einrichtung<br />

des Café Costes und dem dafür entworfenen gleichnamigen Stuhl Berühmtheit erlangte.<br />

Starck trifft mit seinen Entwürfen den Chic der Zeit und revolutioniert die Designwelt.<br />

Die 90er Jahre sind geprägt von der Einfachheit von Form und Material und englischem<br />

Einfluss. Flechtwerk, lange Zeit verpönt, wird als Material wiederentdeckt. Exemplarisch<br />

hierfür steht der „S-Chair“ von Tom Dixon, der das Stuhlthema des 20. Jahrhunderts, den Freischwinger,<br />

interpretiert. Für ihn und seine Designerkollegen stehen die Vereinbarkeit von Fantasie,<br />

Funktionalität und Massenproduktion im Mittelpunkt. Innovation, Selbstbewusstsein und die poetische<br />

Erscheinung dieser Entwürfe sind die besten Voraussetzungen dafür, dass diese Stühle des ausgehenden<br />

20. Jahrhunderts eines Tages zum Klassiker avancieren. ✺<br />

32 <strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong>


Witz und Konventionslosigkeit waren nach 1945<br />

gefragt – Impulse dazu kamen aus den USA.<br />

„La Chaise“ von Charles Eames aus dem Jahr 1948<br />

war das erste Objekt der neuen Leichtigkeit<br />

„La Chaise“ von CharlesEamesstehtfürdieorganischgeformten Möbel der 40er Jahre, die eine neue Leichtigkeit vermitteln<br />

<strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

33


34<br />

Kalendarium Neuigkeiten<br />

Kulturgut der Zeit<br />

Immerhin auf 160 bewegte Jahre stolzer<br />

Uhrenindustrie blickt die Stadt <strong>Glashütte</strong> zurück.<br />

Und so rief die Uhrenmanufaktur<br />

<strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong>, mit Unterstützung der<br />

Swatch Group AG, zusammen mit der Stadt<br />

eine gemeinsame Stiftung ins Leben. Am<br />

16. März <strong>2006</strong> fand die feierliche Unterzeichnung<br />

der Stiftungsurkunde im Atrium<br />

der Uhrenmanufaktur statt. Das Ziel der<br />

Stiftung: der Aufbau und Betrieb eines einzigartigen<br />

Uhrenmuseums. Damit nicht<br />

genug: Das erlebnisorientierte Museum, das<br />

in das Gebäude der ehemaligen Deutschen<br />

Uhrmacherschule einzieht, wird mit über<br />

400 seltenen Exponaten imponieren und<br />

zudem ein Archiv, eine Bibliothek sowie<br />

Schauwerkstätten besitzen. Ein Kulturgut<br />

der Zeit also, das den Namen „Deutsches<br />

Uhrenmuseum <strong>Glashütte</strong> – Nicolas G.<br />

Hayek“ tragen und voraussichtlich im Herbst<br />

2007 eröffnet werden wird.<br />

<strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

Die Unterzeichner der Stiftungsurkunde, von links nach rechts: Frank Reichel, Bürgermeister<br />

der Stadt <strong>Glashütte</strong>, G. Nicolas Hayek, CEO der Swatch Group AG, sowie Dr. Frank Müller,<br />

Geschäftsführer von <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong><br />

Zu Gast bei Mozart<br />

Edle Meisterwerke von <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong>,präsentiert im<br />

stilvollen Rahmen eines beeindruckenden Freskengewölbes,<br />

begleitet von bezaubernden Mozart-Klängen.Dieses wunderbare<br />

Gesamtkunstwerk konnten 120 geladene Gäste am<br />

17. August <strong>2006</strong> in der SalaTerrena in Salzburg genießen.<br />

Dort präsentierte <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> zusammen mit Juwelier<br />

Nadler unter dem Motto „art & luxury zu Gast bei Mozart“<br />

limitierte Kollektionen,die in Österreich in dieser Form<br />

noch nie gezeigt wurden,sowie die Neuheiten von der<br />

Messe in Basel <strong>2006</strong>.Besonders beeindruckend für das interessierte<br />

und honorige Publikum war dieAnwesenheit<br />

eines Uhrmachers aus <strong>Glashütte</strong>,der Einblick in die Kunst<br />

des feinen deutschen Uhrenbaus ermöglichte.ImAnschluss<br />

ging es meisterhaft weiter:Das Kairos Quartett spielte<br />

Mozart,kulinarische Köstlichkeiten versüßten denAbend,<br />

an dem die Zeit zu rasch verflog,wie sich alle einig waren.<br />

Festlichkeiten für alle Sinne: edle Zeitmesser, Mozart,<br />

kulinarische Köstlichkeiten – die Gäste in der Sala Terrana<br />

in Salzburg waren begeistert


Zeit<br />

stiften<br />

Sie ist schon ein viertel<br />

Jahrhundert alt<br />

und beweist immer<br />

wieder aufs Neue<br />

ein bemerkenswertes<br />

Engagement: die<br />

ehrwürdige Umweltstiftung<br />

„World Wildlife<br />

Fund For Nature Hongkong“ (WWF). Als Geburtstagsgeschenk<br />

ließ die Uhrenmanufaktur <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> eine limitierte Sonderedition<br />

zu Gunsten von WWF in Hongkong versteigern. Die<br />

erste von zehn nummerierten ano atic unar aus Roségold mit<br />

eigenem Design zum 25.WWF-Geburtstag samt typischem Panda-<br />

Logo auf der Rückseite des Gehäuses wurde von Antiquorum für<br />

155.000 HKD ersteigert.<br />

Gratulierten zum WWF-Geburtstag: Emeka Anyaoku, Präsident von<br />

WWF International, Kevin Rollenhagen, Präsident der Swatch Group<br />

Greater China, Peony Kiu und Louisa Law von Antiquorum (v.l.n.r.)<br />

Edle Uhren und schnelle Rennwagen<br />

Was haben ehemalige Spitzenrennfahrer wie Christian Danner, Nigel Mansell, Emerson Fittipaldi,<br />

Riccardo Patrese, Eliseo Salazar und <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> gemeinsam? Sie alle haben eine<br />

Vorliebe für Technik und Design – und für edle Zeitmesser. Die Gelegenheit, sich über diese Vorliebe<br />

auszutauschen, Fragen zu stellen und zu beantworten, ergab sich beim Get-together, zu<br />

dem <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> und Christian Danner luden – und das im hoch exklusiven Rahmen des<br />

GP Masters von Großbritannien in Silverstone. Neben dem Fachsimpeln, Ausprobieren und<br />

Staunen, vor allem über die handwerklich anspruchsvolle Arbeit des Uhrmachermeisters an seinem<br />

Arbeitsplatz, begeisterte die lockere Atmosphäre, für die<br />

Christian Danner sorgte. Kein Wunder:Als langjähriger Freund<br />

des Hauses <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> zeigte sich der ehemalige Formel-1-<br />

Pilot als erstaunlich versierter Kenner von großen Komplikationen<br />

und Feinmechanik und verblüffte damit alle anwesenden<br />

Gäste.<br />

Sie alle teilen die gemeinsame Vorliebe für edle Zeitmesser:<br />

Joachim Stuck, Nigel Mansell und der Uhrmachermeister von<br />

<strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> Mathias Elbe. Rechts: die Ex-Rennfahrer<br />

Riccardo Patrese und Christian Danner<br />

Gold & Silber<br />

Dass <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> nicht nur für seine mechanischen<br />

Meisterwerke immer wieder internationale<br />

Preise und Ehrungen erhält, zeigte sich am 28.<br />

Juni in München. Gleich zwei Mal wurde <strong>Momentum</strong>,<br />

das Magazin für Zeitzeugen und Momentaufnahmen<br />

von <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong>, mit Europas<br />

renommiertestem Preis für Kundenzeitschriften<br />

ausgezeichnet: Beim „Best of Corporate Publishing<br />

Award“ erhielt es Gold für die Kategorie Konsum<br />

und den Sonderpreis in Silber für Print-Online. Immerhin<br />

hatte die hochkarätig besetzte Jury des<br />

„Forum Corporate Publishing“ aus 542 Einsendungen<br />

aus ganz Europa zu wählen und begründete<br />

ihre Entscheidung:<br />

„<strong>Momentum</strong> überzeugte die<br />

Jury mit seinem anspruchsvollen<br />

Journalismus, der das<br />

Thema Zeit für die Leser intellektuell<br />

mit Fotostrecken und<br />

Reportagen neu interpretiert –<br />

ein perfekter Guide für die Philosophen<br />

der Zeit.“<br />

<strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong> 35


Zeitgespräche Dialog<br />

Fragen&Antworten<br />

Was genau versteht man unter einem Unruh-Spiral-System?<br />

Das Unruh-Spiral-System ist verantwortlich für den Gang der Uhr.<br />

Das Regulierorgan von mechanischen Uhren besteht aus einem<br />

trägen Schwungrad, der so genannten Unruh (1). Auf deren Achse<br />

ist das innere Ende der Spiralfeder (2) befestigt. Ihr äußeres Ende<br />

ist mit dem Unruhkloben (3) verbunden. In diesem Kloben dreht<br />

sich die Unruhwelle. Die Befestigung der Spiralfeder auf der<br />

Unruhwelle wird mit einer auf die Welle aufgedrückten Spiralrolle<br />

erreicht. Die Spiralfeder kann dabei mit einem Stift gesichert sein,<br />

geschweißt oder sogar in die Spiralrolle geklebt werden. Auf dem<br />

Unruhkloben wird sie mit Hilfe eines Spiralklötzchens (4) fixiert.<br />

Dieses wird mit einer Schraube in dem Unruhkloben verankert<br />

oder in einem drehbaren Träger befestigt. Im Spiralklötzchen ist<br />

das äußere Ende der Spirale gesichert. Der bewegliche Spiralklötzchenträger<br />

(5) erlaubt die Positionierung der Unruh mit der Spirale.<br />

36 <strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

Spiralfeder (2)<br />

Spiralklötzchen (4)<br />

beweglicher<br />

Spiralklötzchenträger (5)<br />

Unruhkloben (3)<br />

Unruh (1)<br />

Worin besteht der Unterschied zwischen Sonnenzeit und Sternzeit?<br />

Als natürliches Maß für die Zeit bietet sich der Tag an. Zieht doch<br />

die Sonne scheinbar eine immer gleiche Bahn am Himmel: Im Osten<br />

geht sie auf, mittags steht sie im Süden am höchsten, abends geht<br />

sie im Westen unter. Die Tageslänge wird definiert als die Dauer<br />

von einem Durchgang der Sonne durch den Zentralmeridian bis<br />

zum folgenden Durchgang. Ein Zeitraum, der schon mit einfachsten<br />

Mitteln recht genau zu bestimmen ist. Der Tag wiederum wird in<br />

zweimal 12 Stunden unterteilt, wobei in alten Zeiten die Zeit von<br />

Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang und dann wieder die Zeit<br />

von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang gerechnet wird. Durch<br />

die Abhängigkeit von den Jahreszeiten entstehen so unterschiedlich<br />

lange Tag- und Nachtstunden. Der Anfang des bürgerlichen Tages<br />

wird unterschiedlich geregelt. Weitestgehend durchgesetzt hat sich<br />

inzwischen der Tagesanfang um Mitternacht. Diese so genannte<br />

Schreiben Sie uns!<br />

Was Sie schon<br />

immer über Uhren<br />

und Zeit wissen<br />

wollten – hier<br />

beantworten<br />

wir Ihre Fragen<br />

„wahre Sonnenzeit“ kann man als die natürlichste Zeit für den Menschen<br />

betrachten. Sehr viel gleichmäßiger als die Sonnenzeit ist<br />

hingegen die Sternzeit. Sie wird aus einer vollen Drehung der Erde<br />

um 360° gegenüber dem Hintergrund der in großer Entfernung<br />

zur Erde stehenden Sterne abgeleitet, kann also aus nächtlichen<br />

Beobachtungen des Sternenhimmels bestimmt werden. Die Sternzeit<br />

definiert sich somit als die Zeitspanne zwischen zwei aufeinander<br />

folgenden Meridiandurchgängen eines Sterns. Durch den direkten<br />

Zusammenhang mit der Erdrotation wird sie auch als die „Wahre<br />

Zeit“ bezeichnet. Die Dauer eines Sterntages beträgt 23 Stunden<br />

56 Minuten 4,0905 Sekunden und ist damit um ca. 4 Minuten<br />

kürzer als der so genannte bürgerliche Tag mit seinen 24 Stunden.<br />

Im Laufe eines Jahres ergibt dies einen Tag, also jene zusätzliche<br />

Umdrehung der Erde auf ihrer jährlichen Bahn um die Sonne.<br />

IM DIALOG<br />

■ Zeitgespräche mit anderen Uhrenliebhabern finden Sie auf<br />

unserer Internetseite unter der Rubrik Persönlich/Forum.<br />

FRAGEN AN GLASHÜTTE ORIGINAL<br />

■ Wenn Sie Fragen zum Thema Uhren oder zu <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong><br />

haben, schreiben Sie uns an die unten genannte Anschrift unter<br />

dem Stichwort „Zeitgespräche“.<br />

IHRE MEINUNG<br />

■ Wir freuen uns über Ihre Leserbriefe! Schreiben Sie uns Ihre<br />

Meinung zu unserem Magazin <strong>Momentum</strong> an die unten genannte<br />

Anschrift unter dem Stichwort „<strong>Momentum</strong>“.<br />

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schreiben Sie uns an die unten genannte Anschrift unter dem<br />

Stichwort „Abonnement“ (bitte fügen Sie Ihre Anschrift bei).<br />

<strong>Glashütte</strong>r Uhrenbetrieb GmbH<br />

Altenberger Straße 1 · 01768 <strong>Glashütte</strong>,<br />

Fax +49-35053-46-205 · info@glashuette-original.com<br />

HABEN SIE INTERESSE, DIE UHRENMANUFAKTUR GLASHÜTTE ORIGINAL<br />

KENNENZULERNEN? Montags bis freitags bieten wir Führungen<br />

nach Vereinbarung an. Wenden Sie sich bitte an besuch@glashuetteoriginal.com<br />

oder Tel. +49-35053-46-464, Fax +49-35053-46-466<br />

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Handwerkskunst.<br />

Kunsthandwerk.<br />

Montieren der unteren Tourbillon-Brücke in das Kaliber 46<br />

Der Tourbillon Regulator.<br />

Eine moderne und außergewöhnliche<br />

Interpretation der traditionellen<br />

Regulator-Anzeige, kombiniert mit<br />

der Präzision eines Tourbillon.<br />

Sein neu entwickeltes Kaliber 46 ist feinste<br />

Mechanik, von Hand gefertigt in der<br />

großen Tradition der Uhrenmanufaktur<br />

<strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong>. Erfahren Sie mehr über<br />

uns unter www.glashuette-original.com<br />

oder Telefon +49 35053 46 0.


Manu Factum Uhren-Design<br />

Entwürfe für die<br />

Ewigkeit<br />

Sie modifiziert behutsam bestehende Modelle.<br />

Oder gibt Uhren ein komplett neues Gesicht. Katharina<br />

Stegmann ist Designerin von <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong><br />

und Formvollenderin aus Passion<br />

Text Antoinette Schmelter de Escobar Fotos Thilo Härdtlein<br />

38 <strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

Ruhe, Kraft und Inspiration braucht<br />

Katharina Stegmann für ihre Arbeit als<br />

Uhren-Designerin – und findet sie u.a.<br />

auf Spaziergängen durch die grüne<br />

Umgebung des Städtchens <strong>Glashütte</strong>


Papier, Stifte, Ruhe. Mehr braucht Katharina Stegmann<br />

nicht, um kreativ zu sein. Der Rest funktioniert über<br />

ihr Vorstellungsvermögen, fließt aus ihren Fingern.<br />

Denn wenn es um das Gestalten von Uhren geht,<br />

setzt die Designerin von <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> zunächst<br />

auf maximale Entfaltung bei minimalem<br />

Materialaufwand. „Basis meiner Arbeit ist ein Briefing, ob ein<br />

bestehendes Modell überarbeitet oder eine Neuentwicklung angegangen<br />

werden soll“, erklärt die groß gewachsene Schlanke in<br />

ihrem Büro mit Panorama-Blick auf die bewaldeten Berge rund<br />

um das Städtchen <strong>Glashütte</strong>. „Darauf folgt eine Phase des Ausprobierens,<br />

bei der ich freie Hand habe. Was dabei entsteht,<br />

diskutiere ich mit Geschäftsleitung, Produktmanager und Konstruktionsabteilung.<br />

Peu à peu grenzen wir dann ein Konzept ein,<br />

das parallel von mir und den Konstrukteuren weiterentwickelt<br />

wird.“ Stehe das Uhrwerk fest, könne sie die Design-Feinheiten<br />

bis zum Gehäuse angehen und diese gemeinsam mit den Lieferanten,<br />

die die Zeiger und das Zifferblatt herstellen, bis zum<br />

Prototyp weiterentwickeln.<br />

Was sich einfach anhört, ist ein langwieriger Prozess.<br />

Bis zu fünf Jahre kann es dauern, ehe eine Uhr von <strong>Glashütte</strong><br />

<strong>Original</strong> mit modifiziertem oder komplett neuem „Gesicht“ auf den<br />

Markt kommt. Das bedeutet Hunderte Arbeitsstunden im Rahmen<br />

einer komplexen Entwicklung, für die Katharina Stegmann pro<br />

Schritt Nummer eins bei jeder neuen Herausforderung ist eine Handzeichnung – immer auf<br />

einem nicht ganz leeren Blatt Papier und gefolgt von vielen verfeinerten Versionen (oben).<br />

Um der Vorstellungskraft auf die Sprünge zu helfen, legt Katharina Stegmann später originalgroße<br />

Entwürfe, die im Computer en detail bearbeitet wurden, in leere Gehäuse – eine Ahnung<br />

vom dreidimensionalen Gesicht der neuen oder modifizierten <strong>Glashütte</strong>-<strong>Original</strong>-Uhr (links)<br />

Modell mindestens einen Aktenordner voller Entwürfe produziert,<br />

die am Computerbildschirm zu detaillierten Zeichnungen reifen.<br />

„Natürlich gibt es zwischendurch Momente, in denen ich nicht<br />

weiter weiß“, gibt die 36-Jährige zu, die als Kontrastprogramm zu<br />

so viel Konzentration nach Feierabend Kraft aus ihrer Familie<br />

schöpft. Und in einem Renaissance-Schloss zur Ruhe kommt, wo<br />

sie mit Mann, siebenjähriger Tochter und neunjährigem Sohn lebt.<br />

„Zum Glück weiß ich aus Erfahrung, dass es nach jedem Tief wieder<br />

bergauf geht. Ich vergleiche eine Uhr immer mit einer<br />

Symphonie. Das Notensystem und der Aufbau sind gleich, und<br />

doch klingt jede anders. Das Faszinierende an meiner Arbeit ist,<br />

die einzelnen Komponenten so zueinander in Beziehung zu setzen,<br />

dass ein harmonisches Ganzes daraus wird.“<br />

Wie man als professioneller Formvollender unterschiedliche<br />

Teile kombiniert und dabei perfekte Proportionen<br />

herstellt, hat Katharina Stegmann von der Pike auf gelernt. Fünf<br />

Jahre lang studierte sie an der Hochschule Halle Burg Giebichenstein<br />

Industriedesign: „Eine optimale Ausbildung zur Generalistin,<br />

bei der ich konzeptionell und praktisch das Handwerkszeug der<br />

allgemeinen Produktgestaltung gelernt habe.“ Anschließend arbeitete<br />

sie in München als selbstständige Industriedesignerin für Firmen<br />

und Designbüros. „In vollkommen unterschiedlichen Bereichen tätig<br />

zu sein – das war mir sehr von Nutzen. Denn so vermeidet man<br />

einen Tunnelblick.“ Mit Uhren kam sie 2004 in Berührung, als<br />

<strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

39


Manu Factum Uhren-Design<br />

Ordnung muss sein. Alle Entwürfe für <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> Uhren<br />

landen erst in Aktenordern und dann in Regalen. So fällt das Nachvollziehen<br />

der verschiedenen Entwicklungsschritte leicht<br />

40 <strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

<strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> sie als Designerin gewinnen konnte. „Während<br />

der ersten Wochen durfte ich jede Abteilung von der Platinen-<br />

Fertigung bis zur Finissage durchlaufen, mit vielen unserer Mitarbeiter<br />

arbeiten. Dass ich früher eine Werkzeugmacherlehre absolviert<br />

habe und aus Ruhla stamme, einer Stadt mit langer<br />

Uhrentradition, war sicher von Vorteil. Trotzdem habe ich noch<br />

lange nicht ausgelernt, lese mich immer noch durch Berge von<br />

Fachliteratur, bin Dauerbesucher im hauseigenen Museum.“<br />

Denn obwohl Katharina Stegmann nach innovativen<br />

Lösungen fahndet, plädiert sie für die Pflege der Tradition. „Mein<br />

Motto lautet: Wer nicht weiß, woher er kommt, weiß nicht, wohin<br />

er geht. Deshalb interessiert mich alles, was mit der Geschichte<br />

der Zeit und der Zeitmessung zu tun hat.“ Das gelte besonders,<br />

wenn <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong>-Klassiker wie die Senator Edition neu<br />

designt würden. „Eine meiner ersten Aufgaben war es, ihre Erscheinung<br />

mit marginalen Veränderungen aufzufrischen, dank kleiner<br />

Reminiszenzen an aktuelle Trends größer und offener zu gestalten.<br />

Und zum Beispiel praktische Details für Geschäftsreisende<br />

zu integrieren, die jetzt auf einen Blick Datum und Kalenderwoche<br />

erkennen können.“<br />

Auch im Sonderfall Senator Navigator lautete die Herausforderung,<br />

Bezug auf Bestehendes zu nehmen und gleichzeitig Neuerungen<br />

zu integrieren. „Diese Fliegeruhr kombiniert eine klassische<br />

Form mit modernster Technik. Mein Ziel war es, die Ablesbarkeit<br />

dieses Modells, das nicht nur bei Piloten sehr gefragt ist,<br />

zu optimieren. Das hat zu einem extragroßen Gehäuse mit besonderem<br />

Ziffernblatt geführt, auf dem lichtgrüne Superluminova-<br />

Leuchtmasse jede zweite Zahl hervorhebt, und die Minutenanzeige<br />

bei der Automatik-Version prominent auf den äußeren<br />

Rand verlegt wurde.“ Eine gelungene Kooperation aller Abteilungen,<br />

die auf der letzten Uhrenmesse in Basel als „persönliche<br />

Bestätigung sowie Motivation“ sehr gut beim Kunden angekommen<br />

sei – genauso wie der Tourbillon Regulator, auf den Katharina<br />

Stegmann besonders stolz ist. „Diese Uhr ist mein Liebling, weil<br />

ich ihre Geburt nach jahrelanger Entwicklung miterleben durfte.<br />

Und weil sie eine vollkommen neue Art der Darstellung bedeutet:<br />

das Tourbillon mit Sekundenzeiger als Herz der Uhr und<br />

Mittelpunkt des Zifferblattes der Minutenzeiger. Daneben eine<br />

retrograde Stundenanzeige, deren Zeiger sprunghaft vorrückt. Als<br />

verbindendes Element stilisierte Sonnenstrahlen auf schwarz galvanisiertem<br />

Grund, die für den Energiefluss stehen.“<br />

Doch selbst wenn sich Katharina Stegmann mit solchen<br />

Vorzeige-Objekten befasst, kann sie ihre Aufmerksamkeit<br />

nicht nur auf ein Vorhaben fokussieren. „Ich arbeite immer an<br />

mehreren Dingen gleichzeitig“, erklärt die Vielbeschäftigte. „Meine


Austausch mit anderen ist für Katharina Stegmann selbstverständlich<br />

– egal ob dabei Produktmanager, Konstruktionsabteilung oder die<br />

Geschäftsleitung involviert sind<br />

einzige Richtschnur ist eine Liste mit zu erledigenden Aufgaben.<br />

Ansonsten beschäftige ich mich immer mit dem Modell,<br />

zu dem mir im Moment am meisten einfällt. Oder bei dem der<br />

Termin drängt.“ Design bedeutet für sie aber nicht nur, entwerfend<br />

am Schreibtisch ihres Büros zu sitzen. Genauso wichtig<br />

ist der ständige Austausch mit Projektmanager Mathias<br />

Elbe, der ihr gegenüber sitzt; der regelmäßige Besuch verschiedener<br />

Abteilungen im modernen Manufakturgebäude;<br />

ein Spaziergang durch den beschaulichen Ort <strong>Glashütte</strong> und<br />

seine grüne Umgebung; das regelmäßige Reisen in Großstädte<br />

im In- oder Ausland; die „neutralisierende“ Fahrt durch die<br />

Naturlandschaft zwischen Büro und ihrem zwölf Kilometer<br />

entfernten Wohnsitz. Und natürlich ihre Familie, die sie morgens<br />

beim Frühstück um sich schart und die genauso wie sie<br />

selbst das ungewöhnliche Zuhause schätzt. „Wir haben so viel<br />

wie möglich vom ursprünglichen Ambiente der historischen<br />

Räume erhalten und sind bewusst reduziert eingerichtet“, verrät<br />

Katharina Stegmann. „Außerdem gibt es einen Garten, in<br />

dem ich Blumen aussäe oder im Liegestuhl relaxe. Denn 24<br />

Stunden auf Hochtouren zu laufen, das wäre Selbstzerstörung.“<br />

Zu Hause hütet Katharina Stegmann, die sich im Büro<br />

nur mit dem absolut Notwendigen umgibt, auch ihre größten<br />

Schätze. „Das kann ein vom Wasser wohlgeformtes Stück Holz<br />

genauso sein wie die Taschenuhr meines Großvaters, die<br />

immer noch tickt, wenn man sie aufzieht. Ich liebe – privat<br />

wie beruflich – langlebige, zeitlose Dinge. Und nicht Wegwerfware,<br />

die ständig an den jüngsten Trends andockt.<br />

Idealerweise habe erst ich meine Freude an einer Sache und<br />

kann sie dann meinen Kindern weitervererben – wie eine Uhr<br />

von <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong>, die für die Ewigkeit gemacht ist.“ ✺<br />

Neue Meisterwerke Technische Daten<br />

zugskaliber 46, das sich sich durch einen<br />

Saphirglasboden bewundern lässt.<br />

Die elegante Modellinie Senator bietet das<br />

gewisse Extra: Als individueller Kalender<br />

am Handgelenk gelten die neue Senator<br />

Kalenderwoche sowie der neue Senator<br />

Vollkalender. Auf einen Blick infomiert der<br />

edle Zeitmesser über das Datum, den<br />

Dieses Automatikwerk tickt auch in der<br />

sportiven Senator Navigator Panoramadatum<br />

aus der neuen Fliegeruhren-Kollektion.<br />

Raffiniert und kontraststark: Auf dem mattschwarzen<br />

Zifferblatt präsentieren sich<br />

helle Minutenziffern auf einem äußeren<br />

Rand, die Stundenziffern auf einem inneren<br />

Kreis. Das garantiert hervorragende<br />

Ablesbarkeit – wichtiges Kriterium für<br />

Fliegeruhren. Dank Superluminova-<br />

Leuchtmasse strahlen Zeiger, Stunden- und<br />

Minutenziffern auch im Dunkeln. Edelstahlgehäuse<br />

mit 44 mm Durchmesser.<br />

Der auf 100 Stück limitierte Tourbillon<br />

Regulator im Platingehäuse ist mehr als<br />

eine Neuinterpretation eines Klassikers.<br />

Modern designt, sind die Anzeigen für<br />

Stunde, Minute und Sekunde voneinander<br />

getrennt waagerecht angeordnet. Das<br />

Tourbillon offenbart sich samt einer<br />

Sekundenskala, daneben liegt die Minutenscheibe<br />

sowie die springende Stunde<br />

auf der 154°-Skala. Stolze 60 Stunden<br />

Gangreserve besitzt das neue Handauf-<br />

Wochentag und sogar über die Kalenderwoche,<br />

die sich dominant in Rot von den<br />

anderen Anzeigen abhebt. Klar und übersichtlich<br />

überzeugt auch der Vollkalender<br />

mit dem typischen Panoramadatum und<br />

separaten Anzeigen für die Mondphase,<br />

den Wochentag und Monat. Im Roségold-<br />

Gehäuse beider Meisterstücke arbeitet<br />

das Automatikwerk Kaliber 100, das einen<br />

Nullstellungsmechanismus besitzt.<br />

www.glashuette-original.com<br />

<strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

41


42 <strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

Tendenz Biologische Uhr<br />

Rhythmus<br />

des Lebens<br />

Seine Antriebskraft ist enorm und dauert ein Leben lang:<br />

Das biologische Uhrwerk regelt mehr als den täglichen Rhythmus<br />

– es treibt uns durch den gesamten Lebenszyklus<br />

Text Maike Zürcher Fotos Matthias Tunger<br />

Z<br />

eitmesser bestimmen unser Leben. Sie ticken und<br />

klingeln, mahnen zuweilen und teilen unseren Tag<br />

ein. Doch mehr als sämtliche Wecker, Armbandoder<br />

Handyuhren bestimmt uns ein anderes Uhrwerk:<br />

das biologische, das von Geburt bis zum Tod unablässig<br />

läuft. Dass wir es nicht immer lautstark vernehmen, kann<br />

man Glück oder Selbstschutz nennen, denn es verleiht unserem<br />

Leben immer wieder eine gewisse Leichtigkeit. Andererseits kennt<br />

jeder Mensch – am deutlichsten zum ersten Mal in der Pubertät –<br />

die Phasen, in denen er die körperlichen Veränderungen zuweilen<br />

schmerzhaft spürt. Denn niemals stehen diese Veränderungen für<br />

sich alleine da, mit ihnen einher gehen kognitive Entwicklungen,<br />

eine Neu-Findung des Ichs, die Übernahme anderer Rollen oder<br />

auch neuer Werte im Leben.<br />

„Das Ticken der biologischen Uhr“ – meist wird<br />

dieser Ausdruck mit dem Kinderwunsch von Frauen spätestens<br />

zwischen Mitte und Ende dreißig in Verbindung gebracht. Auch<br />

wenn hier das vermeintliche Ticken am lautesten wahrgenommen<br />

wird – die biologische Uhr ist von Geburt an im Dauereinsatz.<br />

Niemals mehr im Leben bewegt sich die körperliche Entwicklung<br />

so rasant vorwärts wie im Säuglingsalter. Nach wenigen Stunden<br />

können Neugeborene nicht nur hören, sondern auch schmecken<br />

sowie angenehme von unangenehmen Gerüchen unterscheiden.<br />

Das Uhrwerk der biologischen Entwicklungsmöglichkeiten ist<br />

aufgezogen bis zum Anschlag, bereit zum Losrasen. Wohl gemerkt,<br />

die Möglichkeiten sind offen. Welche der Anlagen sich im Laufe<br />

der Jahre entwickeln können und dürfen, bestimmt nicht mehr unsere<br />

biologische Uhr allein – sie tritt in Interaktion mit verschiedenen<br />

äußeren Faktoren wie Erziehung, soziales Umfeld, Umwelteinflüsse,<br />

die sie beschleunigen, aber auch unsanft bremsen und aus<br />

dem Rhythmus bringen können.<br />

Lebensphasen sind nicht unbedingt an das biologische<br />

Alter gekoppelt, stimmen oft jedoch mit diesem überein. Besonders<br />

auffällig in der Pubertät: Die biologische Uhr lässt wenig Zeit<br />

zur gemächlichen Umstellung – der Körper verändert sich schnell<br />

und sichtbar. Und der Teenager steht vor mehr Problemen, als sich<br />

das erste Mal rasieren zu müssen. Die körperliche Entwicklung<br />

zieht neue Rollen- und Identitätsmuster nach sich, die individuelle<br />

Persönlichkeit sucht nach ihrem Weg. Zum unruhigen Ticken der<br />

Uhr kommt noch die Unausgeglichenheit der seelischen Entwicklung<br />

dazu – kurz: für alle Beteiligten eine anstrengende Phase.<br />

Die Zwanziger sind oft beherrscht von dem Gefühl des Noch-nicht-<br />

Festlegens, die Möglichkeiten, das eigene Leben zu gestalten,<br />

scheinen zahllos. Die Grenzen, die die biologische Uhr der Familienplanung<br />

setzt, mahnen nur schwach am Horizont des nächsten<br />

Lebensjahrzehnts. Nachdem bei Frauen spätestens um die vierzig


5 Jahre<br />

Bei Kindern ist das biologische<br />

Uhrwerk aufgezogen bis zum<br />

Anschlag – die körperliche und<br />

psychische Entwicklung vollzieht<br />

sich für Außenstehende oft<br />

überraschend schnell<br />

<strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

43


13 Jahre<br />

Ja und nein, doch und<br />

44 <strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

Tendenz Biologische Uhr<br />

noch nicht erwachsen ...<br />

die Pubertät ist die Zeit des<br />

„Dazwischen“, in der die<br />

körperlichen Veränderungen<br />

in der Selbstwahrnehmung<br />

deutlich sind wie nie zuvor<br />

60 Jahre<br />

Nachdem die Themen Kinder<br />

und Karriere nicht mehr aktuell<br />

sind, zeigt sich, wer im<br />

beginnenden Alter seine bisherigen<br />

Erfahrungen sinnvoll<br />

und sinngebend nutzen kann<br />

32 Jahre<br />

In den Dreißigern hat die bio-<br />

logische Uhr bei Frauen und<br />

Männern einen unterschiedlichen<br />

Rhythmus. Bei Frauen beginnt sie<br />

ab Mitte dreißig zu rasen, bei<br />

Männern tickt sie gemächlicher<br />

72 Jahre<br />

Die Lebenserwartung steigt –<br />

vor dem „endgültigen“ Alter<br />

kann man von einer Phase des<br />

„produktiven Alters“ sprechen


die Familienplanung entschieden ist, lässt der Übergang in die unfruchtbare<br />

Lebenshälfte nicht lange auf sich warten. Diese weiblichen<br />

„Wechseljahre“ haben ein männliches Pendant, über dessen<br />

tatsächliche Existenz sich Experten allerdings streiten. Als Entschuldigung<br />

für so manche Entgleisungen männlicher Jenseits-Vierziger<br />

wird sie jedoch gerne herangezogen: die sogenannte Midlife-Crisis.<br />

Ihre Auswirkungen entbehren zuweilen nicht einer gewissen Tragikomik,<br />

wenn Mann sich in zu enge Jeans zwängt, mit diesen in den<br />

gelben Sportwagen, auf dessen Beifahrersitz eine Frau im Alter<br />

seiner Tochter Platz nimmt. Zugegeben: Klischees. Mit kleinem,<br />

wahren Kern.<br />

Ebenso wie das Erwachsenwerden und -sein unterschiedlich<br />

wahrgenommen und individuell definiert wird, ist auch<br />

das Alter, die Reife, von der Selbstwahrnehmung und von der Per-<br />

spektive auf das eigene Leben bestimmt. Mancher fühlt das Alter<br />

negativ beschränkend, dann, wenn er nicht mehr von heute auf<br />

morgen mit dem Rucksack zu einer Weltreise aufbrechen kann –<br />

nicht aus Zeitmangel, sondern weil die körperlichen Kräfte es nicht<br />

mehr zulassen. Ein anderer dagegen erkennt sich im positiven<br />

Sinne als „alt“ an, wenn er merkt, wie die gesammelten Erfahrungen<br />

das Leben erleichtern, wie er Vorgänge schneller einzuordnen<br />

vermag, einige Probleme kleiner werden, weil er gelernt hat, mit<br />

ihnen umzugehen.<br />

Im Laufe der vergangenen Jahrhunderte und Jahrzehnte scheint die<br />

biologische Uhr zu immer mehr Antriebskraft gelangt zu sein, die<br />

Ursachen hierfür sind komplex und haben mit besserer Ernährung,<br />

Hygiene, der Ausmerzung bestimmter Krankheiten zu tun. Die<br />

Lebenserwartung zumindest in den Industrienationen steigt kontinuierlich.<br />

Im Hinblick auf die bisherige Einteilung des menschlichen<br />

Lebenszyklus stellt sich demnach die Frage nach zusätzlichen<br />

Phasen. So definiert zum Beispiel Rainer Schandry, Professor<br />

für biologische Psychologie an der Universität München, die Jahre<br />

zwischen 65 und 80 als „produktives Alter“.<br />

Die biologischen können in engem Zusammenhang mit<br />

anderen Entwicklungsphasen gesehen werden, so wie es beispielsweise<br />

der deutsch-amerikanische Psychoanalytiker Erik H. Erikson<br />

in seinem Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung dargelegt<br />

hat. Demnach gliedert sich das Leben eines Menschen in acht Phasen,<br />

die jeweils durch einen besonderen Konflikt gekennzeichnet sind,<br />

mit dem sich das Individuum auseinandersetzen muss. Dessen Lösung<br />

wiederum bildet das Fundament für die nächstfolgende Phase.<br />

Die Entwicklung des Ichs schlägt hierbei einen Bogen von „Ich<br />

bin, was man mir gibt“, kennzeichnend für das Säuglingsalter, über<br />

„Ich bin, was ich lerne“ im Schulalter bis zu „Ich bin, was ich mir<br />

angeeignet habe“ im letzten Lebensabschnitt.<br />

Meistens gibt die biologische Uhr den Takt vor, und die psychologischen<br />

Umstellungen folgen als Reaktion. Andererseits können<br />

aber auch „psychisch initiierte Prozesse, wie zum Beispiel kognitives<br />

Training, zu biologischen, physiologischen Veränderungen im<br />

Gehirn führen“, wie Friedrich Wilkening, Professor für Kognitionsund<br />

Entwicklungspsychologie an der Universität Zürich, erläutert.<br />

Die oftmals müde belächelten Gedächtnisspiele haben also durchaus<br />

mehr Potenzial als das der reinen Unterhaltung.<br />

Blick in eine spannnde Zukunft: Wie wird sich die biologische<br />

Uhr den künftigen Herausforderungen anpassen? Wird sie irgendwann<br />

einmal an ihre Grenzen stossen?<br />

Manche Trends und gesellschaftlichen Entwicklungen<br />

unter dem Stichwort „Forever Young“, wie etwa Anti-Aging oder<br />

das Herauszögern der Wechseljahre bei der Frau, ignorieren oft<br />

den natürlichen Lebensrhythmus beziehungsweise stemmen sich<br />

ihm vehement entgegen. Wie sich die biologische Uhr den Herausforderungen<br />

der Zukunft, wie der Tatsache, dass die Menschen immer<br />

älter werden, anpassen wird, wird sich evolutionstechnisch<br />

zeigen, jedoch in Zeitspannen, die der Einzelne nicht beobachten<br />

kann. Wie sehr sie sich allerdings an ihre Grenzen drängen lassen<br />

wird, bleibt abzuwarten. Im Unterschied zum mechanischen kann<br />

ein lebendiges Uhrwerk Überraschungen parat haben – möglicherweise<br />

mit ungeahnter Durchsetzungskraft. ✺<br />

<strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

45


Fotos: Dominique Daniela Heberling, <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong><br />

Stil der Zeit Uhrmacherschule<br />

Die Meister von morgen<br />

In der Uhrmacherschule Alfred Helwig bildet die Manufaktur<br />

ihren eigenen Nachwuchs aus – und gibt so handwerkliches Können<br />

und überliefertes Wissen an die jüngste Generation weiter<br />

Text Norbert Misch-Kunert<br />

E<br />

s waren die schönsten drei Jahre meines bisherigen<br />

Leben. Wir waren die zwölf glücklichsten Menschen,<br />

die miteinander lachten und vor Glück weinten“<br />

– so das ergreifende Resümee, das Hans-Peter<br />

Götz stellvertretend für seine Abschlussklasse über<br />

seine Lehrzeit zog. Seit nunmehr fünf Jahren bildet<br />

die Manufaktur <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> qualifizierten Nachwuchs an der<br />

eigenen Uhrmacherschule „Alfred Helwig“ aus. Die renommierte<br />

Ausbildungsstätte hat es sich zum Ziel gemacht, das über Generationen<br />

angesammelte Wissen weiterzugeben und damit den Fortbestand<br />

des traditionsreichen Uhrmacherhandwerks zu sichern.<br />

Die Ausbildung an der Uhrmacherchule Alfred Helwig<br />

ist ebenso anspruchsvoll wie praxisorientiert und geht weit über<br />

das hinaus, was in anderen Ausbildungsstätten üblich ist. Während<br />

der vielen Praktika im Laufe der dreijährigen Lehrzeit sammeln die<br />

Lehrlinge wichtige Erfahrungen im direkten Kontakt mit den Luxusuhren<br />

und der Philosophie von <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong>. Entsprechend<br />

der globalen Präsenz der Uhrenmanufaktur <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> bietet<br />

das Haus Austauschprogramme sowie Fremdsprachenunterricht<br />

in Englisch und Französisch an, um so die künftigen Uhrmacher auf<br />

mögliche internationale Arbeitsstandorte vorzubereiten. „Dieser so<br />

genannte Blick über den Tellerrand ist von <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong><br />

durchaus erwünscht“, kommentiert Geschäftsführer Dr. Frank Müller<br />

das Konzept der Lehrausbildung.<br />

Dabei wird auch auf einen speziellen, nur noch selten gelehrten<br />

Zweig der Uhrmacherei Wert gelegt: die hohe Kunst des Skelettierens<br />

eines Uhrwerks. Diese Zusatzanforderung geht deutlich über<br />

den üblichen Lehrplan der Auszubildenden hinaus. Für die Lehrmeister<br />

der Schule ein Herzensanliegen: „Die Fertigung einer Schuluhr<br />

in einer ganz bestimmten Art und Weise spiegelt die Identität<br />

der Uhrmacherschule wider“, betont Lehrmeister Uwe Bahr. „Jede<br />

Uhrmacherschule setzt somit ein Zeichen. Bei uns geht es nicht<br />

nur um die Montage von Uhrwerken, sondern um viel mehr.“<br />

Das Skelettieren einer Taschenuhren ist eigentlich Meister-Niveau<br />

– es wird weit mehr gefordert als die kunstfertige Bearbeitung von<br />

Metallteilen mit Säge und Feile. Hinzu kommt, dass nicht nur das<br />

Werk, sondern auch die Verschalung und das Ziffernblatt künstlerisch<br />

46 <strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

gestaltet werden soll. Eine Aufgabe, die von den Lehrlingen mit<br />

Bravour gelöst wird, wie Lehrmeister Uwe Bahr betont: „Anfänglich<br />

haben wir vermutet, die Uhren würden sich mehr oder weniger im<br />

Design gleichen. Doch am Ende haben wir zwölf Unikate und sind<br />

einfach begeistert vom Geschick und der Kreativität unserer Schüler.“<br />

Geschick und Kreativität konnten einige der Lehrlinge<br />

von <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> auch während einer Reise nach Kuwait<br />

unter Beweis stellen. Im November 2005 wurde ihr Unterricht für<br />

vier Tage in die Salhiya-Mall nach Kuwait verlegt. Lehrmeister Uwe<br />

Bahr gab seinen Auszubildenden vor dem exklusiven Juweliergeschäft<br />

von Behbehani mehrmals täglich Lehrunterricht, so wie er in<br />

der Uhrmacherschule in <strong>Glashütte</strong> durchgeführt wird. „Es war ein<br />

einmaliges Erlebnis für mich und meine Auszubildenden“, freut<br />

sich Uwe Bahr. „In den Gesprächen mit den Besuchern der Ausstellung<br />

wurde deutlich, dass deutsche Produkte für hochwertige<br />

Technik und Präzision stehen. So wurde schnell klar, dass man dies<br />

auch von einer traditionsreichen Uhrenmanufaktur wie der unsrigen<br />

erwartet.“<br />

Der exzellente Ruf der Uhrmacherschule Alfred Helwig<br />

hat sich unter den jungen Schulabgängern herumgesprochen.<br />

Von durchschnittlich 200 Bewerbern schaffen es 12, einen Ausbildungsvertrag<br />

zu bekommen. Und die haben, so Produktionsgeschäftsführer<br />

Günter Wiegang, eine viel versprechende Zukunft vor<br />

sich: „Absolventen, die ihre Ausbildung mit einer Gesamtnote von<br />

besser als 2,0 abschließen, bekommen eine – in Deutschland sehr<br />

seltene – Arbeitsplatzgarantie entweder bei uns in der Manufaktur<br />

<strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> oder in einem Schwesterunternehmen der<br />

Swatch Group AG.“ Seit August sind sechs Lehrlinge des jüngsten<br />

Jahrgangs in der Manufaktur <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> tätig. Zwei weitere<br />

setzen ihre Kenntnisse in einem Schwesterunternehmen in der<br />

Schweiz ein. Den weitesten Weg in ihr zukünftiges Berufsleben<br />

legen eine Uhrmacherin und ein Uhrmacher zurück, die ihre Fähigkeiten<br />

im Swatch Group Customer Service Center in Sydney, Australien,<br />

unter Beweis stellen. Als „Botschafter des <strong>Glashütte</strong>r<br />

Uhrenbaus“ lassen sie auf dem jungen Kontinent die jahrhundertealte<br />

Tradition von <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> weiterleben. ✺


Angehende Uhrmacher in der Uhrmacherschule<br />

Albert Helwig: Seit 2001 bildet die Manufaktur<br />

<strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong> ihren eigenen Nachwuchs aus.<br />

Die Ausbildung ist besonders praxisorientiert und<br />

wird durch Fremdsprachenunterricht, Auslandspraktika<br />

und Studienreisen abgerundet. Ein Highlight<br />

und weltweit einmalig in der Ausbildung<br />

ist die Anfertigung einer skelettierten Uhr – eine<br />

Herausforderung, die Lehrmeister Uwe Bahr (Bild<br />

links) besonders am Herzen liegt<br />

Mechanische Zeitmesser auf höchstem Niveau<br />

können nur mit großem handwerklichen Können<br />

gebaut werden. Schon beim Feilen, Schleifen,<br />

Bohren und Härten zeigt sich, ob die Lehrlinge ein<br />

Gespür für das Material entwickeln können und<br />

ob sie die Geduld und das Geschick mitbringen,<br />

selbst allerkleinste Bauteile zu bearbeiten.<br />

„Metall erzieht“, bringt es Lehrmeister Uwe Bahr<br />

knapp auf den Punkt<br />

<strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong> 47


Quellen: Spiegel online, brand eins, Mitchell Symons: „Wussten Sie das auch schon ...?“<br />

Zeitfenster Zahlen & Fakten<br />

Wussten Sie,dass die durchschnittliche Strecke,die jeder Mensch in seinem Leben zu Fuß zurücklegt,einer<br />

dreifachen Erdumkreisung entspricht?<br />

In einem Schachspiel sind 20.000.000.000.000.000.000.000.000.000.000.000.000.000.000<br />

Stellungen möglich.Der Schachcomputer Hydra kann pro Sekunde 200.000.000 Stellungen berechnen.Bei den offenen<br />

Meisterschaften von Omaha 1959 setzte Schachspieler Mayfield seinen GegnerTrinks in 3 Zügen matt.<br />

48 <strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

Wissenschaftler in England haben die uralte philosophische Frage jetzt geklärt:Das Ei kam vor dem Huhn.<br />

Zu diesem Ergebnis kamen der Evolutionsgenetiker John Brookfield,der Wissenschaftsphilosoph David Papineau und der<br />

Hühnerzüchter Charles Bourns – mit unterschiedlichen,aber übereinstimmenden Begründungen.<br />

Zeitgleich:Im US-Film „Pulp Fiction“ stehen alle Uhren auf 4.20 Uhr.<br />

In Papua-Neuguinea existieren rund 850 Sprachen.<br />

Zum Vergleich:In Europa sind es 250.<br />

Leonardo da Vinci erfand einen Wecker, der den<br />

Schlafenden dadurch aufweckte,dass er<br />

ihm die Füße rieb.<br />

Der britische<br />

Mathematik-Professor<br />

Dwight Barkley hat die Formel<br />

gefunden,mit der Eltern ausrechnen können,<br />

nach wie viel Zeit der Nachwuchs auf Autofahrten<br />

zu quengeln beginnt:T=(1+axA)/(bxC2).Die Anzahl der Spielzeuge (A),geteilt durch die<br />

Kinderzahl (C) im Quadrat.Korrekturfaktoren sind die Qualität des Spielzeugs (a) und äußere<br />

Bedingungen wieTemperatur und Stimmung (b).<br />

In der Bibliothek von Alexandria wurden nach Schätzungen 700.000 Schriftrollen<br />

gelagert.Die geschätzte Zahl der Internetseiten,die im Internet-Archiv Wayback Machine in San Francisco<br />

abgespeichert sind,beträgt 40 Milliarden.<br />

In China wurde das erste offizielle Papiergeld im Jahr 1024 ausgegeben,<br />

in Europa 1483 (in Spanien,weil Münzgeld fehlte).Im Jahr 1967 wurde der weltweit erste Geldautomat von der Barclays Bank<br />

in England aufgestellt.<br />

Die Zikade verbringt 17 Jahre ihres Lebens mit Schlafen. In den zwei Wochen,in denen sie wach ist,<br />

paart sie sich und stirbt dann.


Bewegungs-Momente<br />

Im Galopp Momentaufnahme<br />

Alle Viere gleichzeitig: Die Fotoserie von Eadweard Muybridge aus den 1880er-Jahren zeigt, dass bei einem Pferd im Galopp alle Beine<br />

gleichzeitig vom Boden abgehoben sind. Der britisch-amerikanische Fotograf Eadweard Muybridge, eigentlich Edward James Muggeridge,<br />

(1830–1904), gehört zu den Wegbereitern der Kinematographie<br />

<strong>Momentum</strong> 3· <strong>2006</strong><br />

Foto: Hulton-Deutsch Collection/Corbis<br />

49


Zukunftsmomente Vorschau<br />

Fotos: Getty Images (1), Mauritius Images (1)<br />

Unsere nächsten Themen<br />

Abenteuerreisen<br />

WÜSTEN DURCHQUEREN, Überschall<br />

fliegen, Rallye fahren, zum Meeresgrund<br />

tauchen – der Zeitgeist erwachsener Kinder<br />

verlangt nach Abwechslung und Grenzen<br />

des Machbaren<br />

Impressum<br />

Herausgeber<br />

<strong>Glashütte</strong>r Uhrenbetrieb GmbH<br />

Altenberger Straße 1, 01768 <strong>Glashütte</strong>,<br />

www.glashuette-original.com<br />

Tel. +49/(0)35053/46-0, Fax +49/(0)35053/46-205,<br />

E-Mail: info@glashuette-original.com<br />

Objektverantwortung: Wolfgang Stelling,<br />

Dominique Daniela Heberling<br />

Verlag & Redaktion<br />

Journal International Verlags- und Werbegesellschaft mbH<br />

Gesamtleitung, V.i.S.d.P.: Gerd Giesler<br />

Chefredaktion: Michèlle Mussler<br />

Koordination & Textchefin: Maike Zürcher<br />

Art Direktion: Frank Krüger<br />

Layout: Sven Kretzer<br />

Produktion: Stephanie Parau<br />

50 26 <strong>Momentum</strong> 3· 3· <strong>2006</strong><br />

Pünktlichkeit<br />

HABEN MÄNNER WIRKLICH ein<br />

anderes Zeitgefühl als Frauen? Welche Unterschiede<br />

gibt es zwischen polychronen<br />

und monochronen Kulturen in ihrem Verhältnis<br />

zum Thema Zeit?<br />

Redaktion: Antoinette Schmelter de Escobar,<br />

Bernhard Haselbeck (Bild),<br />

Norbert Misch-Kunert (Schlussredaktion)<br />

Mitarbeiter dieser Ausgabe: Nicole Knaupp, Norbert Misch-<br />

Kunert, Katja Ridderbusch, Corinne Ullrich<br />

Übersetzung<br />

English Express,<br />

Berlin<br />

Elizabeth Doerr,<br />

Karlsruhe<br />

Verlagsanschrift<br />

Journal International Verlags- und Werbegesellschaft mbH<br />

Hanns-Seidel-Platz 5, 81737 München,<br />

www.journal-international.com<br />

Verlagsleitung: Stefan Endrös, Gerd Giesler<br />

Uhren-Sammler<br />

ZHIMING XU lebt in Hongkong und<br />

ist Eigentümer einer der bedeutendsten<br />

Sammlungen von <strong>Glashütte</strong> <strong>Original</strong><br />

Uhren. Porträt eines Mannes mit einer<br />

außergewöhnlichen Leidenschaft<br />

Die nächste Ausgabe von <strong>Momentum</strong> erscheint im März 2007<br />

Redaktionsanschrift<br />

Journal International Verlags- und<br />

Werbegesellschaft mbH<br />

Kirchstraße 17, 10557 Berlin,<br />

Tel. +49/(0)30/29 36 32-60,<br />

Fax +49/(0)30/29 36 32-77<br />

Druck<br />

Mayr Miesbach<br />

Reprographie<br />

W & Co, München<br />

Anzeigen<br />

Elitesse Media & PR, Sonja Köneke,<br />

Lucile-Grahn-Straße 39, 81675 München,<br />

Tel. +49/(0)89/410 741 88,<br />

Fax +49/(0)89/419 699 33,<br />

s.koeneke@elitesse.net<br />

MOMENTUM, Magazin für Zeitzeugen und Momentaufnahmen erscheint drei Mal im Jahr auf Deutsch sowie auf Englisch in den Ländern:<br />

Ägypten, Andorra, Argentinien, Aserbaidschan, Bahrain, Belgien, China, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Guam, Guatemala, Hongkong, Indonesien,<br />

Iran, Italien, Japan, Jordanien, Kanada, Kasachstan, Kolumbien, Kuwait, Libanon, Luxemburg, Malaysia, Monaco, Niederlande, Österreich, Pakistan, Panama, Philippinen,<br />

Portugal, Qatar, Russland, Saudi-Arabien, Schweiz, Singapur, Spanien, Syrien, Taiwan, Thailand, Türkei, Ukraine, Ungarn, USA, Vereinigte Arabische Emirate


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