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Rechtsprechung Kündigungsschutzrecht 194 03/06

Hat der Arbeitgeber insoweit die betriebsverfassungsrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzung des § 102 Abs. 1 BetrVG nach diesem Maßstab hinreichend dargelegt, dann muss sich der Arbeitnehmer zu dem diesbezüglichen Tatsachenvortrag des Arbeitgebers erklären (§ 138 Abs. 2 ZPO). Er muss nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungslast deutlich machen, welche der detaillierten Angaben des Arbeitgebers er aus welchem Grund weiterhin bestreiten will. Soweit es um Tatsachen außerhalb seiner eigenen Wahrnehmung geht, kann der Arbeitnehmer sich dabei gemäß § 138 Abs. 4 ZPO auf Nichtwissen berufen; ein pauschales Bestreiten des Arbeitnehmers ohne jede Begründung genügt dagegen nicht (BAG, 16.03.2000, EzA § 626 BGB Neue Fassung Nr. 179). Je nachdem, wie substantiiert der Arbeitnehmer diesen Sachvortrag bestreitet, muss der Arbeitgeber seine Darstellung noch in weitere Einzelheiten zergliedern. Führt der Arbeitnehmer detailliert aus, bestimmte konkret genannte Punkte seien nicht mitgeteilt worden, muss der Arbeitgeber darauf eingehen. Macht er dies nicht, geht dies zu seinen Lasten (LAG Nürnberg, 04.02.2003 a. a. O.). Auch soweit der Arbeitgeber im Prozess geltend macht, der Betriebsrat habe die maßgeblichen Kündigungsgründe bereits gekannt, darf er sich nicht mit pauschalem Sachvortrag begnügen. Dem genügt der vom Arbeitgeber gemachte Sachvortrag „All diese Tatsachen sind dem Betriebsrat bereits bei Anhörung bekannt gewesen oder aber ihm von Frau S. im Zusammenhang mit der Anhörung mündlich mitgeteilt worden.“, nicht (LAG Köln, v. 11.01.2002, ARST 2002, 233 Leitsatz; DLW/Dörner, a. a. O., D Rz 321). 4. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass das Zustandekommen eines Interessenausgleichs mit Namensliste die Anhörung gemäß § 102 BetrVG nicht entbehrlich macht; die Anhörung unterliegt auch grundsätzlich keinen erleichterten Anforderungen (BAG, 20.08.2003 EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 4). Diesen Anforderungen genügt das schriftsätzliche Vorbringen der Beklagten im erstinstanzlichen Rechtszug nicht. Die Beklagte hat lediglich auf ein Schreiben der Beklagten an den Betriebsrat vom 23.03.2004 verwiesen. Im Schreiben vom 23.03.2004 wird lediglich bezüglich des Kündigungsgrundes auf „Gespräche zum Interessenausgleich“ verwiesen. Welchen Inhalt diese Gespräche hatten, was dem Betriebsrat in diesen Gesprächen konkret mitgeteilt worden ist, insbesondere bezüglich des Wegfalls einer Einsatzmöglichkeit des Klägers auf seinem bisherigen Arbeitsplatz, ist nicht erkennbar, da nicht vorgetragen. Auch bezüglich der Sozialauswahl erschöpft sich das Schreiben vom 23.03.2004 darin, dass die Beklagte behauptet, alle ihr bekannten sozialen Gesichtspunkte (Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Familienstand, soziale Verpflichtung) bei der Sozialauswahl berücksichtigt zu haben. Was sie dabei unter sozialen Verpflichtungen z. B. versteht, wird allerdings in diesem Schreiben nicht näher erläutert, ebenso wenig im weiteren schriftsätzlichen 03/06 Rechtsprechung Kündigungsschutzrecht Vorbringen im erstinstanzlichen Rechtszug. Zudem ist nicht ersichtlich, welcher auswahlrelevante Personenkreis dem Betriebsrat aus Sicht der Beklagten bezüglich der Kündigung des Klägers mitgeteilt worden ist. Auch ist nicht mitgeteilt worden, was die Beklagte unter „betrieblich unbedingt notwendige Belange“ in ihrem Anhörungsschreiben vom 23.03.2004 versteht und was sie diesbezüglich dem Betriebsrat mitgeteilt hat. Denn auch das Vorbringen der Beklagten lässt nicht nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiiert erkennen, wer welche Informationen wem bezogen auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger mitgeteilt hat. Dem an den Betriebsrat gerichteten Anhörungsschreiben lässt sich dies, was das Arbeitsgericht bereits zutreffend herausgestellt hat, gerade nicht entnehmen. Auch lässt sich dies nicht aus dem vorgelegten Interessenausgleich entnehmen, dessen Präambel lediglich den Hinweis auf Umsatzeinbußen enthält und den Abbau von Mitarbeitern (20 von 85) vorsieht. Irgendein konkreter Bezug zum Arbeitsverhältnis des Klägers besteht insoweit nicht. Hinzu kommt, dass § 3 des Interessenausgleichs zunächst vorsieht, dass die Auswahl der zu kündigenden Mitarbeiter von der Geschäftsleitung festgelegt wird. Im Berufungsverfahren behauptet die Beklagte demgegenüber, dass darüber in den Interessenausgleichsverhandlungen eingehend mit dem Betriebsrat beraten und verhandelt worden sei. Nach § 3 des Interessenausgleichs soll demgegenüber sodann die Auswahl der Mitarbeiter vom Betriebsrat nach sozialen Gesichtspunkten geprüft werden, ohne dass die Anhörung des Betriebsrates entfällt; gleichzeitig haben die Betriebspartner jedoch eine Namensliste der zu kündigenden Arbeitnehmer unterzeichnet, ohne, dass darauf im Interessenausgleich Bezug genommen wäre. ■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 31. Januar 2005, 7 Sa 740/04, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt zum AZ 6 AZN 573/05 302. Betriebsratsanhörung, Mitarbeitervertretung in der evangelischen Kirche Deutschland, Wiederholung einer Kündigung 1. Für die ordnungsgemäße Beteiligung der Mitarbeitervertretung vor der Kündigung gelten grundsätzlich dieselben Maßstäbe, die das Bundesarbeitsgericht für das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG entwickelt hat. 2. Danach ist nach „Rücknahme“ einer Kündigung die Mitarbeitervertretung vor Ausspruch einer weiteren Kündigung erneut zu beteiligen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das vorherige Beteiligungsverfahren fehlerhaft war oder wenn sich neue Gründe ergeben haben, die den nach § 41 Abs. 2 MVG zulässigen Zustimmungsverweigerungsgründen zuzuordnen sind. ■ Landesarbeitsgericht Köln vom 22. März 2005, 9 Sa 1296/04 195

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194 03/06

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