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153 Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Leserinnen und Leser,

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Abs. 3 ZPO) vorgetragenen Personalabbaus ist es zwar wahrscheinlich,<br />

dass es sich bei diesem Personalabbau auch dann<br />

um eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG handelt,<br />

wenn auf die reine Anzahl der Kündigungen abgestellt<br />

wird. Das Gericht kann jedoch seine Entscheidung bei der Prüfung<br />

des Vorliegens von Tatbestandsvoraussetzungen nicht<br />

auf Vermutungen aufbauen.<br />

3. Die Kündigung vom 25.7.2005 ist aber auch aus Gründen<br />

fehlerhafter Sozialauswahl gem. § 1 Abs. 3 KSchG rechtsunwirksam,<br />

<strong>und</strong> zwar selbst dann, wenn man insoweit zu Gunsten<br />

der Beklagten unterstellt, dass es sich bei dem von ihr<br />

mit dem Betriebsrat abgeschlossenen Interessenausgleich um<br />

eine Betriebsänderung gem. § 111 BetrVG handelt <strong>und</strong> auch<br />

im Übrigen die Formalien eingehalten wurden. Dies hätte zur<br />

Folge, dass die Sozialauswahl gem. § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG<br />

nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden könnte.<br />

Auch wenn man davon ausginge, liegt eine solche grobe<br />

Fehlerhaftigkeit hier vor.<br />

Von einer groben Fehlerhaftigkeit in diesem Sinne ist auszugehen,<br />

wenn die getroffene Sozialauswahl unter keinem<br />

Gesichtspunkt haltbar ist, so dass unter keinem Gesichtspunkt<br />

auch nur ansatzweise zu erwägen wäre, ob die getroffene<br />

Sozialauswahl in irgendeiner Weise nachvollziehbar erscheint.<br />

Solchen Mindestanforderungen genügt die vorliegend getroffene<br />

Sozialauswahl nicht.<br />

Der Kläger hat unwidersprochen (§ 138 Abs. 3 ZPO) beispielsweise<br />

auf die verbleibende Bezirksleiterin Sch verwiesen, die<br />

unbestrittener Maßen 25 Jahre jünger ist als der Kläger <strong>und</strong><br />

eine um drei Jahre kürzere Betriebszugehörigkeit aufweist.<br />

Damit ist der Kläger aufgr<strong>und</strong> der für die Sozialauswahl<br />

maßgeblichen Daten Lebensalter <strong>und</strong> Betriebszugehörigkeit<br />

ohne weiteres <strong>und</strong> auf den ersten Blick erheblich sozial<br />

schutzwürdiger als die von ihm benannte Frau Sch.<br />

Die getroffene Sozialauswahl ist nach allem grob fehlerhaft,<br />

so dass sie auch dem eingeschränkten Prüfungsmaßstab des<br />

§ 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG nicht standhielte <strong>und</strong> daher rechtsunwirksam<br />

ist.<br />

■ Arbeitsgericht Berlin<br />

vom 7. Februar 2006, 5 Ca 17.917/05<br />

eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Gisbert Seidemann, Budapester<br />

Str. 40, 10787 Berlin, Tel: 030/254 591 – 61,<br />

Fax: 030/254 591–66<br />

g.seidemann@advocati.de; www.advocati.de<br />

301. Betriebsratsanhörung im Allgemeinen <strong>und</strong> bei Interessenausgleich<br />

mit Namensliste<br />

1. Die Betriebsratsanhörung gemäß § 102 BetrVG unterliegt<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich auch dann keinen erleichterten Anforderungen,<br />

wenn sie im Zusammenhang mit dem Zustandekommen<br />

eines Interessenausgleichs mit Namensliste steht (– im<br />

Anschluss an BAG, Urt. v. 28.08.2003, AP Nr. 134 zu § 102<br />

BetrVG 1972).<br />

2. Gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG ist die ohne Beteiligung<br />

03/06<br />

Rechtsprechung<br />

Kündigungsschutzrecht<br />

des Betriebsrates erfolgte Kündigung unwirksam. Inhaltlich<br />

müssen neben den persönlichen Angaben, der Art der<br />

Kündigung, der Kündigungsfrist <strong>und</strong> dem Kündigungstermin<br />

insbesondere die Kündigungsgründe angegeben werden<br />

(§ 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Dabei ist zu beachten, dass die<br />

Substantiierungspflicht im Kündigungsschutzprozess nicht<br />

das Maß für die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers nach<br />

§ 102 BetrVG ist.<br />

Die insoweit maßgeblichen Tatsachen muss der Arbeitgeber<br />

dem Betriebsrat substantiiert mitteilen. Die pauschale Angabe<br />

von Kündigungsgründen oder die Angabe eines Werturteils<br />

allein genügen nicht (vgl. BAG, 27.06.1985 EzA § 102 BetrVG<br />

1972 Nr. 60). Angaben wie „Arbeitsverweigerung“, „hohe<br />

Krankheitszeiten“, „ungenügende Arbeitsleistung“, „fehlende<br />

Führungsqualitäten“, sind deshalb nicht ausreichend (LAG<br />

Schleswig-Holstein, v. 30.10.2002, NZA-RR 2003, 310).<br />

Andere Anforderungen an den Umfang der Mitteilungspflicht<br />

sind allerdings dann geboten, wenn der Betriebsrat bereits<br />

vor der erfolgten Anhörung über den erforderlichen Kenntnisstand<br />

verfügt, um sich über die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe<br />

ein Bild zu machen <strong>und</strong> um eine Stellungnahme<br />

dazu abgeben zu können <strong>und</strong> dies der Arbeitgeber weiß oder<br />

nach den gegebenen Umständen jedenfalls als sicher ansehen<br />

kann (vgl. DLW/Dörner, a. a. O., D Rz 299).<br />

3. Ist streitig, ob die Anhörung des Betriebsrats vor Ausspruch<br />

der Kündigung ordnungsgemäß erfolgt ist, so trägt<br />

der Arbeitgeber dafür die Darlegungs- <strong>und</strong> Beweislast (BAG<br />

19.08.1975 EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 15).<br />

Der Arbeitgeber erfüllt seine Darlegungspflicht nur dann,<br />

wenn er konkrete Tatsachen vorträgt, aus denen das Arbeitsgericht<br />

auf eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung<br />

schließen kann. Gegenstand des Beweises ist nicht der<br />

Rechtsbegriff „Anhörung“, sondern die ihn ausfüllenden<br />

Tatsachen. Deshalb ist der pauschale Sachvortrag, der Betriebsrat<br />

wurde ordnungsgemäß angehört, Beweis: Zeugen X,<br />

Y, ungenügend, weil nicht hinreichend bestimmt, so dass eine<br />

Beweisaufnahme nicht in Betracht kommt. Zwar richtet sich<br />

im Einzelfall der Umfang der Darlegungslast des Arbeitgebers<br />

auch nach der Einlassung des Arbeitnehmers. Gleichwohl<br />

muss der Arbeitgeber in der Regel darlegen, wann genau,<br />

durch wen, wemgegenüber <strong>und</strong> mit welchem genauen<br />

Inhalt dem Betriebsrat die Kündigungsabsicht mitgeteilt<br />

wurde. Desweiteren ist darzulegen, ob die Fristen des § 102<br />

Abs. 1 Satz 1, 3 BetrVG eingehalten wurden oder eine fristverkürzende<br />

abschließende Stellungnahme des Betriebsrats<br />

vorliegt. Unterlässt der Arbeitgeber ausreichenden Sachvortrag<br />

in tatsächlicher Hinsicht, dann ist die Kündigung als<br />

unwirksam anzusehen, da eine Wirksamkeitsvoraussetzung<br />

nicht dargelegt ist. Den hier zu stellenden Anforderungen<br />

genügt der Arbeitgeber allerdings zunächst dann, wenn er<br />

auf die in einen Schriftsatz an das Arbeitsgericht im Einzelnen<br />

dargestellten Umstände Bezug nimmt <strong>und</strong> pauschal vorträgt,<br />

dies alles habe er dem Betriebsrat mitgeteilt (LAG Nürnberg,<br />

04.02.2003, – 6 (5) Sa 981/01, EzA – SD 7/03, S. 12 Ls.).<br />

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