153 Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Leserinnen und Leser,

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Rechtsprechung Allgemeines Vertragsrecht keit wegen der Schulteroperation vor. Eine zweite Entgeltfortzahlungsperiode über die bereits abgelaufenen sechs Wochen hinaus konnte somit nicht beginnen. ■ Arbeitsgericht Nienburg vom 16. Februar 2006, 3 Ca 560/05 eingereicht von Rechtsanwalt Andreas Hindahl, Lange Straße 23, 27232 Sulingen, Tel: 04271/48 18, Fax: 04271/64 37 info@stelter-anwaelte.de; www.stelter-anwaelte.de Anmerkung: Das Gericht hat die von der Klägerin im Zusammenwirken mit dem behandelnden Arzt mit der Wahl des OP-Termins liegende Absicht, zu Lasten des Arbeitgebers zu handeln, offensichtlich erkannt. (me) 274. Entgeltfortzahlung, besonders leichtfertiges Verhalten als Ursache eines Verkehrsunfalls Der Kläger war arbeitsunfähig erkrankt. Die Arbeitsunfähigkeit beruhte auf einem Verkehrsunfall, den der Kläger vor Schichtbeginn erlitten hatte. Er befuhr mit seinem Mofa einen Weg, der nur für Fußgänger zugelassen ist, und kam in einer rechtwinkeligen Kurve zu Fall. Der Fußweg ist mit Verbundpflaster gepflastert. Die Beklagte leistete keine Entgeltfortzahlung. Verschulden im Sinne des § 3 EFZG liegt vor, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf einem gröblichen Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen in eigenem Interesse zu erwartenden Verhalten beruht, dessen Folgen auf den Arbeitgeber abzuwälzen unbillig wäre (vgl. Schmitt, Entgeltfortzahlungsgesetz, 5. Aufl., Rn 111 m.z.N.) Es muss sich um ein besonders leichtfertiges, grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten des Arbeitnehmers handeln (vgl. Schmitt, a.a.0., Rn 112). Verkehrsunfälle sind in der Regel dann als selbst verschuldet anzusehen, wenn der Arbeitnehmer vorsätzlich oder grob fahrlässig Verkehrsvorschriften verletzt und hierdurch seine Gesundheit leichtfertig aufs Spiel setzt (vgl. Schmitt, a.a.0., Rn 147). Nach dem unstreitigen Sachverhalt liegt ein vorsätzlicher Verkehrsverstoß des Klägers vor. Dieser hat mit seinem Mofa eine durch entsprechende Beschilderung ausdrücklich nur für Fußgänger zugelassenen Verkehrsweg benutzt. Damit hat er gröblich gegen das von einem verständigen Menschen zu erwartende Verhalten verstoßen. Er hat sich bewusst über eine Verkehrsregel hinweg gesetzt. Darüber hinaus ist ein mit Verbundpflaster gepflasterter Weg kein geeigneter Untergrund für das Befahren mit einem Mofa, erst recht nicht in einer rechtwinkeligen Kurve eines Fußgängerweges. Durch die Benutzung dieses Weges hat der Kläger sich vorsätzlich der Unfall- und Verletzungsgefahr ausgesetzt. Hierfür hat die Beklagte nicht einzustehen. ■ Arbeitsgericht Iserlohn vom 12. Januar 2006, 4 Ca 3285/05 eingereicht von Rechtsanwalt Ingo Graumann, Von-Scheibler- Straße 10, 58636 Iserlohn, Tel: 02371 /83 55 55, Fax: 02371 / 83 55 56 GM.Arbeitsrecht@t-online.de 184 03/06 275. Mobbing, Abmahnung als Mobbing, Heraushebende Maßnahme erforderlich, Darlegungs- und Beweislast beim Arbeitnehmer 1. Mit der Abmahnung übt der Arbeitgeber ein ihm zustehendes Rügerecht im Hinblick auf die Erbringung der Arbeitsleistung aus. Er begeht damit zunächst keinen Verstoß gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn sich die Abmahnung als unberechtigt herausstellt (vgl. LAG Köln vom 07.01.1998, 2 Sa 1014/97). Eine Verletzung der Fürsorgepflicht liegt zumindest dann nicht vor, wenn ein verständiger Arbeitgeber die Rüge im Zeitpunkt des Ausspruchs als berechtigt ansehen durfte. Insofern handelte der Arbeitgeber dann in Wahrung berechtigter eigener Interessen. 2. Der Kläger kann auch aus dem mit „Notiz“ bezeichneten Schreiben kein Verhalten des Beklagten zu 1) ableiten, dass ihm, dem Kläger, gegenüber unter dem Begriff Mobbing zu subsumieren wäre. Es handelt sich nach dem Inhalt der Schreiben um Arbeitsanweisungen bzw. Aufforderungen zur Art und Weise der Arbeitsdurchführung, die erkennbar nicht ausschließlich den Kläger betrafen, sondern Adressat waren weitere Arbeitnehmer. Es kann dahingestellt bleiben, ob die in den Schreiben enthaltenen Anweisungen und Aufforderungen hinreichend bestimmt sind und nach diesem Maßstab erfüllbar waren. Maßgeblich ist, dass der Kläger keine Tatsachen vorgetragen hat, nach denen er aus dem Adressatenkreis herausgelöst und in gesondertem Maße mit diesen Schreiben vom Beklagten zu 1) angefeindet, schikaniert und diskriminiert worden ist bzw. diese Schreiben vom Beklagten zu 1) gewollt diesen Zweck erfüllen sollten. 3. Dem Kläger obliegt die Darlegungs- und Beweislast für die Rechtsgutverletzung und den eingetretenen Schaden nach allgemeinen Regeln. Der „gemobbte“ Arbeitnehmer, vorliegend der Kläger, ist mithin in einem gerichtlichen Prozess für die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegungs- und beweispflichtig. Dabei muss der Kläger die klagebegründenden Tatsachen, den konkreten Lebensvorgang bezüglich aller anspruchsbegründenden Tatsachen entsprechend der Substantiierungstheorie (vgl. BGH NJW 2001, S. 2633) so vortragen, dass es dem Gegner möglich ist zu erkennen, auf welche konkreten Tatsachen der Anspruchsteller sich bezieht. Im Fall von Mobbingvorwürfen darf dem Kläger nicht erspart werden, die einzelnen Vorfälle genau in Zeitpunkt, Intensität und Häufigkeit zu substantiieren (vgl. Arbeitsgericht München, vom 25.09.2001, Az. 8 Ca 1562/01). Die Beklagten müssen die Möglichkeit haben, die Behauptungen des Klägers umfassend auch mit Hinblick auf Beweiszeugen überprüfen zu können, so dass sie zu ihrer Verteidigung substantiiert gegebenenfalls mit Gegentatsachen bestreiten können. Das Bundesarbeitsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 20.03.2003 (Az. 8 AZN 27/03) lediglich auf die

isherige Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte verwiesen, wonach diese die genaue Datumsangabe der Mobbingvorwürfe nicht verlangen, sondern eine Substantiierung auch durch Schilderung der konkreten Situation mit ungefährer Zeitangabe genügen lassen. Die Kammer geht jedoch davon aus, dass die Darlegungs- und Beweislast nicht herabgesetzt werden darf. Der gemobbte Arbeitnehmer als Kläger wird dabei auch nicht überstrapaziert. Ausgangspunkt hierbei ist, dass die Verletzungshandlungen, die in einem Prozess einen Schmerzensgeldanspruch begründen sollen, so gravierend sein müssen, dass sie zunächst subjektiv vom Arbeitnehmer als Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte auch tatsächlich so empfunden werden, dann aber auch in dieser Folge so nachhaltig in den konkreten Umständen und in der zeitlichen Einordnung sich im Gedächtnis des Arbeitnehmers niedergeschlagen haben müssen. Sofern der Arbeitnehmer, aus welchen Gründen auch immer, nicht sofort dagegen vorgehen möchte, sich insofern eine spätere gerichtliche Geltendmachung vorbehält, wird man von ihm verlangen können, dass er sich, wissend um einen möglichen Erinnerungsverlust gegebenenfalls entsprechende Aufzeichnungen macht. Dies gilt insbesondere in dem Fall, wenn, wie in dem vorliegenden Verfahren, der Arbeitnehmer Erklärungen und Verletzungshandlungen heranzieht, die sich auf einen Zeitraum von über dreieinhalb Jahren bis zur Klageeinreichung erstrecken. Dem Kläger kann eine Erleichterung seiner Darlegungslast nicht zugebilligt werden, nur weil er ohne erkennbare Hinderungsgründe über dreieinhalb Jahre eine von ihm nunmehr als unerträglich und seine Gesundheit beeinträchtigende Arbeitssituation keiner (gerichtlichen) Klärung zur Beseitigung der Beeinträchtigungen und auf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ausgerichtet zugeführt hat, jedoch nunmehr in der Verfolgung anderer Ansprüche der Gesamtzeitraum zusammengefasst betrachtet als „Mobbing“ qualifiziert die Ansprüche tragen soll. Es kann nicht darauf verzichtet werden, dass die einzelnen Handlungen dargelegt und bewiesen werden, zumal nur mit Hinblick auf die oben angeführten Voraussetzungen für das so genannte Mobbing ein systematisches Handeln feststellbar ist. Diese Herangehensweise ist auch nur konsequent, denn in der umgekehrten Situation der Darlegungs- und Beweislast für eine Verletzung vertraglicher Pflichten durch den Arbeitnehmer anlässlich einer verhaltensbedingten Kündigung oder Abmahnung, genügt der Arbeitgeber auch nicht lediglich mit nur pauschalen Angaben zur zeitlichen Einordnung der Vertragsverletzung, insbesondere auch mit Hinblick auf eingreifende Ausschlussfristen, wie zum Beispiel in § 626 Abs. 2 S. 1 BGB und § 15 Abs. 4 S. 1 Berufsbildungsgesetz, geregelt. ■ Arbeitsgericht Cottbus vom 4. Januar 2006, 5 Ca 1899/05 eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Markus Kelber, Reinhardtstraße 29, 10117 Berlin, Tel: 030 / 24 75 74 – 0, Fax: 24 24 555 berlin@zenk-com; www.zenk.com 03/06 Rechtsprechung Allgemeines Vertragsrecht 276. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot, Anrechnung des Überbrückungsgeldes auf Karenzentschädigung nur monatsbezogen 1. Nach § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB muss sich der Handlungsgehilfe auf die fällige Karenzentschädigung anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt. Dabei geht es in der Regel um Erträge, die der Selbständige als Anbieter auf dem Markt durch Verkäufe von Waren oder durch Dienstleistungen erzielt. Der Wortlaut des § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB zwingt jedoch nicht zu der Annahme, dass nur solche Erträge eines Selbständigen erfasst werden. § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB stellt nicht auf die unmittelbare Herkunft der Zahlungen ab, sondern auf die Verwertung der Arbeitskraft. Maßgeblich ist dabei, dass es sich um das Ergebnis eines persönlichen Arbeitseinsatzes handelt, der durch die Beendigung des vorhergehenden Arbeitsverhältnisses erst möglich geworden ist. In diesem Verständnis ist auch das Überbrückungsgeld gem. § 57 SGB III 2003 Entgelt für eine selbständige Tätigkeit. Wesentliche Anspruchsvoraussetzung für den Bezug von Überbrückungsgeld ist der Einsatz der eigenen Arbeitskraft für den Aufbau einer selbständigen wirtschaftlichen Existenz. Diese selbständige Tätigkeit musste in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Leistungsbezug aufgenommen werden. Der Gesetzgeber ging von einer Frist von einem Monat aus (BT-Drucks. 14/873 S. 12 ). Der Existenzgründer musste dabei zwingend im Geschäftsverkehr nach außen auftreten. Der konkrete Umfang der selbständigen Tätigkeit, die zur Beendigung oder zum Nichteintritt von Arbeitslosigkeit führte, war in § 118 Abs. 2 Satz 1 SGB III 2003 mit mindestens 15 Wochenstunden angegeben (vgl. dazu auch Winkler, in: Gagel, a.a.O, § 57 Rn 22; Petzold, in: Hauck/Noftz SGB III, Stand Oktober 2005, § 57 Rn 6) . Damit ist in der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit von mindestens 15 Wochenstunden ein Einsatz der eigenen Arbeitskraft zu sehen, dem für den gesetzlich vorgesehenen Zeitraum von sechs Monaten das Überbrückungsgeld gegenübersteht. 2. Die Karenzentschädigung ist monatlich zu zahlen. § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB, auf den die Parteien in ihrer Wettbewerbsvereinbarung Bezug genommen haben, bestimmt, dass auf die für einen bestimmten Zeitraum (hier: für einen Monat) zu zahlende Karenzentschädigung das in dieser Zeit anderweitig erzielte Einkommen aus der Verwertung der Arbeitskraft angerechnet wird. Damit ist eine Gegenüberstellung der Einnahmen aus anderweitiger Tätigkeit einerseits und der zu zahlenden Karenzentschädigung andererseits für einen größeren oder den gesamten Zeitraum des Wettbewerbsverbots nicht zulässig; die Anrechnung erfolgt pro rata temporis, anders als bei der Anrechnung anderweitig erzielten Verdienstes nach § 615 Satz 2 BGB (BAG, 16. Mai 1969 – 3 AZR 185

isherige Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte verwiesen,<br />

wonach diese die genaue Datumsangabe der Mobbingvorwürfe<br />

nicht verlangen, sondern eine Substantiierung auch<br />

durch Schilderung der konkreten Situation mit ungefährer<br />

Zeitangabe genügen lassen.<br />

Die Kammer geht jedoch davon aus, dass die Darlegungs- <strong>und</strong><br />

Beweislast nicht herabgesetzt werden darf. Der gemobbte<br />

Arbeitnehmer als Kläger wird dabei auch nicht überstrapaziert.<br />

Ausgangspunkt hierbei ist, dass die Verletzungshandlungen,<br />

die in einem Prozess einen Schmerzensgeldanspruch begründen<br />

sollen, so gravierend sein müssen, dass sie zunächst<br />

subjektiv vom Arbeitnehmer als Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte<br />

auch tatsächlich so empf<strong>und</strong>en werden, dann aber<br />

auch in dieser Folge so nachhaltig in den konkreten Umständen<br />

<strong>und</strong> in der zeitlichen Einordnung sich im Gedächtnis<br />

des Arbeitnehmers niedergeschlagen haben müssen. Sofern<br />

der Arbeitnehmer, aus welchen Gründen auch immer, nicht<br />

sofort dagegen vorgehen möchte, sich insofern eine spätere<br />

gerichtliche Geltendmachung vorbehält, wird man von ihm<br />

verlangen können, dass er sich, wissend um einen möglichen<br />

Erinnerungsverlust gegebenenfalls entsprechende Aufzeichnungen<br />

macht. Dies gilt insbesondere in dem Fall, wenn,<br />

wie in dem vorliegenden Verfahren, der Arbeitnehmer Erklärungen<br />

<strong>und</strong> Verletzungshandlungen heranzieht, die sich auf<br />

einen Zeitraum von über dreieinhalb Jahren bis zur Klageeinreichung<br />

erstrecken. Dem Kläger kann eine Erleichterung<br />

seiner Darlegungslast nicht zugebilligt werden, nur weil er<br />

ohne erkennbare Hinderungsgründe über dreieinhalb Jahre<br />

eine von ihm nunmehr als unerträglich <strong>und</strong> seine Ges<strong>und</strong>heit<br />

beeinträchtigende Arbeitssituation keiner (gerichtlichen) Klärung<br />

zur Beseitigung der Beeinträchtigungen <strong>und</strong> auf die Fortsetzung<br />

des Arbeitsverhältnisses ausgerichtet zugeführt hat,<br />

jedoch nunmehr in der Verfolgung anderer Ansprüche der<br />

Gesamtzeitraum zusammengefasst betrachtet als „Mobbing“<br />

qualifiziert die Ansprüche tragen soll. Es kann nicht darauf<br />

verzichtet werden, dass die einzelnen Handlungen dargelegt<br />

<strong>und</strong> bewiesen werden, zumal nur mit Hinblick auf die oben<br />

angeführten Voraussetzungen für das so genannte Mobbing<br />

ein systematisches Handeln feststellbar ist. Diese Herangehensweise<br />

ist auch nur konsequent, denn in der umgekehrten<br />

Situation der Darlegungs- <strong>und</strong> Beweislast für eine Verletzung<br />

vertraglicher Pflichten durch den Arbeitnehmer anlässlich<br />

einer verhaltensbedingten Kündigung oder Abmahnung,<br />

genügt der Arbeitgeber auch nicht lediglich mit nur<br />

pauschalen Angaben zur zeitlichen Einordnung der Vertragsverletzung,<br />

insbesondere auch mit Hinblick auf eingreifende<br />

Ausschlussfristen, wie zum Beispiel in § 626 Abs. 2 S. 1 BGB<br />

<strong>und</strong> § 15 Abs. 4 S. 1 Berufsbildungsgesetz, geregelt.<br />

■ Arbeitsgericht Cottbus<br />

vom 4. Januar 2006, 5 Ca 1899/05<br />

eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Markus Kelber, Reinhardtstraße<br />

29, 10117 Berlin, Tel: 030 / 24 75 74 – 0, Fax: 24 24 555<br />

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Rechtsprechung<br />

Allgemeines Vertragsrecht<br />

276. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot, Anrechnung<br />

des Überbrückungsgeldes auf Karenzentschädigung nur<br />

monatsbezogen<br />

1. Nach § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB muss sich der Handlungsgehilfe<br />

auf die fällige Karenzentschädigung anrechnen lassen,<br />

was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt<br />

wird, durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft<br />

erwirbt.<br />

Dabei geht es in der Regel um Erträge, die der Selbständige als<br />

Anbieter auf dem Markt durch Verkäufe von Waren oder durch<br />

Dienstleistungen erzielt. Der Wortlaut des § 74c Abs. 1 Satz 1<br />

HGB zwingt jedoch nicht zu der Annahme, dass nur solche Erträge<br />

eines Selbständigen erfasst werden. § 74c Abs. 1 Satz 1<br />

HGB stellt nicht auf die unmittelbare Herkunft der Zahlungen<br />

ab, sondern auf die Verwertung der Arbeitskraft. Maßgeblich<br />

ist dabei, dass es sich um das Ergebnis eines persönlichen<br />

Arbeitseinsatzes handelt, der durch die Beendigung des vorhergehenden<br />

Arbeitsverhältnisses erst möglich geworden ist.<br />

In diesem Verständnis ist auch das Überbrückungsgeld gem.<br />

§ 57 SGB III 2003 Entgelt für eine selbständige Tätigkeit. Wesentliche<br />

Anspruchsvoraussetzung für den Bezug von Überbrückungsgeld<br />

ist der Einsatz der eigenen Arbeitskraft für den<br />

Aufbau einer selbständigen wirtschaftlichen Existenz.<br />

Diese selbständige Tätigkeit musste in unmittelbarem zeitlichen<br />

Zusammenhang mit dem Leistungsbezug aufgenommen<br />

werden. Der Gesetzgeber ging von einer Frist von einem<br />

Monat aus (BT-Drucks. 14/873 S. 12 ). Der Existenzgründer<br />

musste dabei zwingend im Geschäftsverkehr nach außen auftreten.<br />

Der konkrete Umfang der selbständigen Tätigkeit, die zur Beendigung<br />

oder zum Nichteintritt von Arbeitslosigkeit führte,<br />

war in § 118 Abs. 2 Satz 1 SGB III 2003 mit mindestens 15<br />

Wochenst<strong>und</strong>en angegeben (vgl. dazu auch Winkler, in: Gagel,<br />

a.a.O, § 57 Rn 22; Petzold, in: Hauck/Noftz SGB III, Stand<br />

Oktober 2005, § 57 Rn 6) .<br />

Damit ist in der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit von<br />

mindestens 15 Wochenst<strong>und</strong>en ein Einsatz der eigenen Arbeitskraft<br />

zu sehen, dem für den gesetzlich vorgesehenen<br />

Zeitraum von sechs Monaten das Überbrückungsgeld gegenübersteht.<br />

2. Die Karenzentschädigung ist monatlich zu zahlen.<br />

§ 74c Abs. 1 Satz 1 HGB, auf den die Parteien in ihrer Wettbewerbsvereinbarung<br />

Bezug genommen haben, bestimmt,<br />

dass auf die für einen bestimmten Zeitraum (hier: für einen<br />

Monat) zu zahlende Karenzentschädigung das in dieser Zeit<br />

anderweitig erzielte Einkommen aus der Verwertung der Arbeitskraft<br />

angerechnet wird. Damit ist eine Gegenüberstellung<br />

der Einnahmen aus anderweitiger Tätigkeit einerseits<br />

<strong>und</strong> der zu zahlenden Karenzentschädigung andererseits für<br />

einen größeren oder den gesamten Zeitraum des Wettbewerbsverbots<br />

nicht zulässig; die Anrechnung erfolgt pro rata<br />

temporis, anders als bei der Anrechnung anderweitig erzielten<br />

Verdienstes nach § 615 Satz 2 BGB (BAG, 16. Mai 1969 – 3 AZR<br />

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