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153 Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Leserinnen und Leser,

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Rechtsprechung<br />

Allgemeines Vertragsrecht<br />

dies erfordern, also Rechtsmissbrauch vorliegt. Dabei ist ein<br />

objektiver Maßstab anzulegen.<br />

Unter dieser Prämisse müssen die Gesellschafter einer GmbH<br />

für diejenigen Nachteile einstehen, die den Gesellschaftsgläubigern<br />

dadurch entstehen, dass sie – die Gesellschafter – der<br />

Gesellschaft Vermögen entzogen haben, das diese zur Erfüllung<br />

ihrer Verbindlichkeiten benötigt (BGH, Urt. v. 24.6.2002,<br />

NJW 2002, 3024): In der Praxis ist bemerkenswert, dass in<br />

der Rechtsprechung der obersten B<strong>und</strong>esgerichte die bloße<br />

Unterkapitalisierung bisher in keinem Fall zur Bejahung einer<br />

Durchgriffshaftung geführt hat (BAG, v. 10.2.1999, a.a.0).<br />

2.2. Schließlich kommt, wovon das Arbeitsgericht im Ansatz<br />

zu Recht ausgeht, unter den Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit<br />

<strong>und</strong> eines rechtswidrig vorsätzlichen Handelns § 826<br />

BGB als Rechtsgr<strong>und</strong>lage für einen Schadensersatzanspruch<br />

in Betracht. So hat der Alleingesellschafter/Geschäftsführer<br />

einer GmbH den Gesellschaftsgläubigern Schadensersatz zu<br />

leisten, wenn er der GmbH planmäßig deren Vermögen entzieht<br />

bzw. auf Dritte verlagert, um es dem Zugriff der Gläubiger<br />

zu entziehen (BGH, Urt. v. 24.6.2002, a. a. O.; BGH, Urt. v.<br />

20.9.2004, ZIP 2004, 2138) oder wenn er sich unzulässig von<br />

einer bestehenden persönlichen Haftung befreit (vgl. BAG,<br />

Urt. v. 3.9.1998, 8 AZR 189/97, AP Nr. 21 zu § 826 BGB; ferner:<br />

Palandt/Sprau, BGB, 65. Aufl., § 826 Rz 36 ff.).<br />

Ein Haftungsdurchgriff der Gesellschaftsgläubiger auf die Gesellschafter<br />

einer GmbH wegen „existenzgefährdenden Eingriffs“<br />

kommt nicht in Betracht, wenn über das Vermögen<br />

der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.<br />

Das gilt auch für mögliche Ansprüche aus § 826 BGB. Im Insolvenzfall<br />

kann im Interesse anderer Gläubiger nur der Insolvenzverwalter<br />

die in erster Linie ohnehin der Gesellschaft<br />

selbst zustehenden Ansprüche gegen die Gesellschafter auf<br />

Ausgleich der ihr durch den existenzvernichtenden Eingriff<br />

entstandenen Nachteile geltend machen (BAG, Urt. v. 14.12.<br />

2004, 1 AZR 504/03, AP Nr. 32 zu § 611 BGB Haftung des<br />

Arbeitgebers).<br />

3. Gemessen an diesen Gr<strong>und</strong>sätzen ist eine Haftung der<br />

Beklagten nicht begründbar.<br />

3.1. Dass die Beklagte der HT GmbH Vermögen entzog, wird<br />

weder von den Klägern behauptet noch ist dies sonst wie<br />

ersichtlich. Ein bestandsvernichtender Eingriff in das Stammkapital<br />

der GmbH fand ebenso wenig statt.<br />

3.2. Die Beklagte hat es auch nicht dadurch, dass sie ihre<br />

Gesellschaftsanteile veräußerte, an einer angemessenen Rücksichtnahme<br />

auf die Geschäftschancen der HT GmbH fehlen<br />

lassen. Nach der geltenden Wirtschaftsordnung stand es ihr<br />

frei, die Gesellschaftsanteile zu veräußern <strong>und</strong> ihre unternehmerische<br />

Betätigung mittels der HT GmbH aufzugeben. Da sie<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich als GmbH-Gesellschafterin nicht persönlich für<br />

die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftete, bedeutete die<br />

Veräußerung auch keine unzulässige Befreiung von persönlicher<br />

Haftung (vgl. BAG, Urt. v. 3.9.1998, a. a. O.).<br />

3.3. Der Vorwurf, die Beklagte habe die HT GmbH mittels der<br />

SB GmbH in Insolvenz gehen lassen, geht fehl, wenn damit die<br />

170 03/06<br />

streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche begründet<br />

werden sollen.<br />

Wäre die Beklagte Gesellschafterin <strong>und</strong> Geschäftsführerin der<br />

HT GmbH geb<strong>liebe</strong>n <strong>und</strong> hätte sie dann selbst den Betrieb<br />

eingestellt, die Arbeitsverhältnisse gekündigt <strong>und</strong> die Eröffnung<br />

des Insolvenzverfahrens beantragt, so hätten die Kläger<br />

ebenso wenig gegen sie persönlich Schadensersatzansprüche<br />

gehabt, sondern wären darauf angewiesen gewesen, etwaige<br />

Nachteilsausgleichsansprüche gegen die HT GmbH zu verfolgen.<br />

Auch aus diesem Gr<strong>und</strong> ist eine persönliche Haftung<br />

der Beklagten nicht mit dem Vortrag begründbar, dass diese<br />

die „Unternehmensbestattung“ der SB GmbH überantwortet<br />

habe.<br />

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Annahme<br />

des Arbeitsgerichts, der Beklagten sei es „nur“ um die Vermeidung<br />

eines Sozialplans gegangen, so nicht gerechtfertigt ist.<br />

Angesicht der Vielzahl <strong>und</strong> Höhe anderer Gläubigerforderungen<br />

wäre überdies begründungsbedürftig, weshalb das in den<br />

Außenständen bestehende Vermögen der HT GmbH gerade<br />

<strong>und</strong> nur für die Erfüllung von Nachteilsausgleichsansprüchen<br />

zu verwenden ist (vgl. § 112 Abs. 5 Satz 1 BetrVG, § 123 Abs. 2<br />

Satz 2 InsO).<br />

3.4. Die Vorgehensweise der Beklagten ist auch nicht deshalb<br />

als rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig i. S.v. § 826<br />

BGB zu missbilligen, weil sie durch den Erwerb der Vorratsgesellschaft<br />

eine Auffanggesellschaft schaffte, um die Gleisbauarbeiten<br />

übernehmen zu können.<br />

Denn die Gründung einer „Auffanggesellschaft“ ist weder<br />

nach § 823 Abs. 2 BGB, § 826 BGB noch als „Rechtsmissbrauch“<br />

zu beanstanden, sondern stellt eine zulässige,<br />

zudem im Wirtschaftsleben seit langem praktizierte Form<br />

unternehmerischer Betätigung dar. Dabei wird der Schutz<br />

der Gläubiger durch das Gesetz (z. B. § 613a BGB, § 25<br />

HGB) übernommen <strong>und</strong> gleichzeitig begrenzt. Im Licht der<br />

§§ 823, 826 BGB ist es nicht illegitim, wenn der bisherige<br />

Gesellschafter/Geschäftsführer mit einer neu gegründeten<br />

Gesellschaft in die Marktlücke geht, die durch den von ihm<br />

eingeleiteten Rückzug der GmbH entstanden ist.<br />

4. Schadensersatzansprüche der Kläger scheitern überdies<br />

an der fehlenden zeitlichen Zurechenbarkeit der Betriebsänderung.<br />

Vorliegend ist schon nicht ersichtlich, dass die HT GmbH,<br />

solange die Beklagte Gesellschafterin/Geschäftsführerin war,<br />

eine Betriebsänderung plante. Jedenfalls führte sie die Betriebsänderung<br />

erst durch, als die Geschäftsanteile von der SB<br />

GmbH erworben <strong>und</strong> Frau Sch. zur Geschäftsführerin bestellt<br />

war. Damit hätte es dem Erwerber oblegen zu versuchen, mit<br />

dem Betriebsrat einen Interessenausgleich abzuschließen.<br />

Anders könnten in diesem Punkt die Dinge liegen, wenn die<br />

Beklagte kollusiv mit der SB GmbH die sofortige Stilllegung<br />

der HT GmbH verabredet <strong>und</strong> womöglich eine Ausplünderung<br />

des Gesellschaftsvermögens durch den Übernehmer<br />

mit der Folge, dass Sozialplan- oder Nachteilsausgleichsansprüche<br />

nicht mehr erfüllt werden konnten, billigend in

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