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juckreiz ohne bilder f.r web.p65 - JugendUmwelt.de

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Juckreiz – Die Jugendumweltzeitung aus Berlin<br />

Nummer 29 · 9. Jahrgang · Dezember 2001 – März 2002 · Juckreiz – damit die Er<strong>de</strong> nicht abkratzt! · online: http://www.<strong>juckreiz</strong>-berlin.<strong>de</strong><br />

Sicherheitsvorschriften? Scheiß drauf!<br />

Es ist ja nur Plutonium verschwun<strong>de</strong>n<br />

(sp) (sp) Atomkraft Atomkraft ist ist sicher sicher, sicher , die die Er<strong>de</strong> Er<strong>de</strong> ist ist eine eine Scheibe, Scheibe, Scheibe, und und Schweine<br />

Schweine<br />

können können fliegen. fliegen. Daß Daß Daß <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r W WWahrheitsgehalt<br />

W ahrheitsgehalt dieser dieser Aussagen Aussagen vergleichvergleich-<br />

bar bar ist, ist, zeigte zeigte sich sich in in <strong>de</strong>n <strong>de</strong>n letzten letzten Monaten Monaten gleich gleich in in einer einer V VVielzahl<br />

V ielzahl<br />

vonvon Fällen. Fällen. Mal Mal kann kann ein ein Mitarbeiter Mitarbeiter <strong>ohne</strong> <strong>ohne</strong> <strong>ohne</strong> jegliche jegliche Kontrolle Kontrolle PlutoniPlutoni-<br />

Kaum ist <strong>de</strong>r „Atomkonsens“<br />

zwischen Bun<strong>de</strong>sregierung und<br />

Energiekonzernen in Sack und<br />

Tüten, kommt es ans Licht:<br />

Schlappe 17 Jahre hat die Energie<br />

Ba<strong>de</strong>n–Württemberg<br />

(EnBW), Betreiberin <strong>de</strong>s Atomkraftwerks<br />

Philippsburg, gegen<br />

die grundlegendsten Sicherheitsbestimmungen<br />

verstoßen – und<br />

es ist nieman<strong>de</strong>m aufgefallen.<br />

Regelmäßig nach <strong>de</strong>r Jahresrevision<br />

waren die Tanks <strong>de</strong>s Notkühlsystems<br />

nicht ausreichend<br />

mit Borsäure gefüllt. Ohne das<br />

Bor läßt sich bei einem größeren<br />

Störfall die Kettenreaktion nicht<br />

schnell genug stoppen. Bei 17<br />

Revisionen war 16mal nicht genügend<br />

Flüssigkeit in <strong>de</strong>n Notkühlbehältern.<br />

Der TÜV hat dies<br />

jedoch kein einziges Mal moniert.<br />

Die Reaktor–Mannschaft<br />

erkannte zwar, daß die Sicherheitssysteme<br />

nicht funktionierten,<br />

entschied sich aber entgegen<br />

<strong>de</strong>r Vorschriften dafür, <strong>de</strong>n Re-<br />

Atom und Terror<br />

Was wäre wenn Terroristen es<br />

darauf abgesehen hätten ein<br />

möglichst großes Unheil anzurichten?<br />

– Warscheinlich wür<strong>de</strong>n<br />

sie ein Atomkraftwerk in<br />

die Luft jagen. Wie erschrekkend<br />

einfach das ist, steht auf<br />

<strong>de</strong>r<br />

Seite 9<br />

Was versperrt wohl <strong>de</strong>r Atom-Lobby die Sicht auf ihre maro<strong>de</strong>n Kraftwerke<br />

aktor nicht abzuschalten, son<strong>de</strong>rn<br />

das Notkühlsystem im laufen<strong>de</strong>n<br />

Betrieb zu reparieren.<br />

Die Prüfer vom TÜV müssen<br />

jetzt immerhin mit <strong>de</strong>r Konsequenz<br />

leben, daß ihnen an<strong>de</strong>re<br />

Mit Sicherheit sicher<br />

Was wäre wenn wir plötzlich<br />

auf Schritt und Tritt überwacht<br />

wür<strong>de</strong>n? – Mit etwas Pech wer<strong>de</strong>n<br />

wir es bald herausfin<strong>de</strong>n,<br />

und zwar auf<br />

Seite 7<br />

um um aus aus <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>raufarbeitungsanlage Wie<strong>de</strong>raufarbeitungsanlage Karlsruhe Karlsruhe mitgehen mitgehen lassen,<br />

lassen,<br />

und und dann dann dann wird wird bekannt, bekannt, daß daß jahrzehntelang jahrzehntelang die die Sicherheitsvorschriften<br />

Sicherheitsvorschriften<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen <strong>de</strong>utschen Atomkraftwerke Atomkraftwerke systematisch systematisch mißachtet mißachtet wur<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n – – mit<br />

mit<br />

unter unter <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Decke Decke <strong>de</strong>s <strong>de</strong>s V VVerschleier<br />

V erschleier erschleierns: erschleierns:<br />

ns: <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r TÜV TÜV TÜV. TÜV TÜV<br />

Gutachter das Geschäft ver<strong>de</strong>rben.<br />

Betreiber EnBW dagegen<br />

braucht wohl kaum Angst zu<br />

haben – zu stark ist <strong>de</strong>r Einfluß<br />

<strong>de</strong>r Atomlobby bei Wirtschaftsminister<br />

Müller – früher Mana-<br />

Alles über Zucker<br />

Aus <strong>de</strong>m Inhalt Zwölf vor Fünf<br />

Was wäre die Welt <strong>ohne</strong> Zucker ?<br />

– Weniger klebrig und weniger<br />

süß vermutlich. Wie süß das<br />

Leben als Arbeiter auf einer<br />

Zuckerrohrplantage war und alles<br />

an<strong>de</strong>re was ihr noch nicht<br />

über <strong>de</strong>n Zucker wusstet, steht<br />

auf<br />

Seite 20<br />

ger <strong>de</strong>s Atomkonzerns Veba –<br />

und Kanzler Schrö<strong>de</strong>r. Obwohl<br />

das Atomgesetz von einem<br />

AKW–Betreiber „Zuverlässigkeit“<br />

verlangt, ist EnBW nicht<br />

aus <strong>de</strong>m Geschäft – je<strong>de</strong>r Frittenbu<strong>de</strong>nbesitzer<br />

hätte bei einer<br />

solchen Gesetzestreue längst<br />

eine Gewerbeuntersagung auf<br />

<strong>de</strong>m Tisch. EnBW dagegen<br />

scheint mit <strong>de</strong>m Rücktritt zweier<br />

Vorstandmitglie<strong>de</strong>r durchzukommen.<br />

Wahrscheinlich ist <strong>de</strong>n Verantwortlichen<br />

klar, daß es das kurzfristige<br />

En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Atomkraftnutzung<br />

in Deutschland be<strong>de</strong>uten<br />

wür<strong>de</strong>, sollte EnBW die Betriebsgenehmigung<br />

wegen Unzuverlässigkeit<br />

entzogen wer<strong>de</strong>n:<br />

Denn Philippsburg war nur <strong>de</strong>r<br />

Anfang. Nach und nach wur<strong>de</strong><br />

bekannt, daß in <strong>de</strong>n meisten<br />

Atomkraftwerken Sicherheitsvorschriften<br />

nur unverbindliche<br />

Empfehlungen waren.<br />

Mehr dazu im Heft<br />

They that can give up<br />

essential liberty to<br />

obtain a little temporary<br />

safety <strong>de</strong>serve neither<br />

liberty nor safety.<br />

Benjamin Franklin


Seite 2 Nummer 29 Aktuelles<br />

Vorspiel<br />

Es schneit!<br />

(ne) Nein, nein, im Moment natürlich nicht, wenn es nicht schon<br />

dunkel wäre, dann könnte man warscheinlich <strong>de</strong>n unendlich trostlosen<br />

grauen Himmel über Berlin sehen und wenn ich auf meinen Balkon<br />

gehen wür<strong>de</strong>, dann bekäme ich bestimmt ein paar von diesen<br />

fiesen eiskalten Regentropfen ab.<br />

Doch wenn Ihr nächste Woche <strong>de</strong>n neuen Juckreiz durchblättert, dann<br />

schneit es bestimmt, dann stapfen alle durch frischen pu<strong>de</strong>rzuckerweißen<br />

Schnee und <strong>de</strong>nken an Weihnachtsgeschenke, an Schokoweihnachtsmänner<br />

– und Frauen, an Rentiere und Tannenbäume.<br />

Nur was nutzt einem <strong>de</strong>r beste Schnee, wenn drunter öliger Asphalt<br />

ist, und wenn Leute durchstapfen, die sich immer erst dann über<br />

Schnee freuen wenn sie jeman<strong>de</strong>m dafür Geld abgeknöpft haben.<br />

Aber dafür lest Ihr ja <strong>de</strong>n „Juckreiz“, weil <strong>de</strong>r von Leuten gemacht<br />

wird, die davon überzeugt sind, daß man die wirklich guten Sachen<br />

nicht bei Kaufhof bekommt, und daß man sich nicht nur zu Weihnachten<br />

was wünschen darf.<br />

Wenn wir alle zusammenhalten dann bekommen wir eine gerechtere<br />

Welt in <strong>de</strong>r nicht alle hinter Kohle her rennen, in <strong>de</strong>r kein Mensch<br />

weniger wert ist als seine Mitmenschen.<br />

– Nur regnen wird es warscheinlich trotz<strong>de</strong>m ab und zu.<br />

Eure Eure Redaktion Redaktion<br />

Redaktion<br />

Einen schönen Winter wünscht die Juckreiz-Redaktion!<br />

kurz notiert<br />

Genverän<strong>de</strong>rungen in mexikanischem Mais<br />

(pte) Amerikanische Forscher haben<br />

in Mexiko verän<strong>de</strong>rte Gene in<br />

Maissorten ent<strong>de</strong>ckt. Und das obwohl<br />

in <strong>de</strong>m mittelamerikanischen<br />

Land nach einem Moratorium von<br />

1998 <strong>de</strong>r Anbau genetisch verän<strong>de</strong>rter<br />

Sorten verboten ist. Das berichtet<br />

das Wissenschaftsmagazin<br />

Nature in seiner jüngsten Ausgabe.<br />

In fünf von sieben mexikanischen<br />

Maissorten wur<strong>de</strong>n Verän<strong>de</strong>rungen<br />

nachgewiesen.<br />

Bis zu zehn Prozent <strong>de</strong>r Maiskörner<br />

waren gentechnisch verän<strong>de</strong>rt.<br />

Dabei han<strong>de</strong>lt es sich um bestimmte<br />

transgene DNA-Abschnitte wie<br />

sie in <strong>de</strong>n verän<strong>de</strong>rten Sorten Btund<br />

Roundup-Ready-Mais zu fin<strong>de</strong>n<br />

sind. Vermutlich gelangten die<br />

verän<strong>de</strong>rten Sorten durch Pollenflug<br />

auf die mexikanischen Fel<strong>de</strong>r.<br />

Normalerweise können die schweren<br />

Pollen aber nicht mehr als 100<br />

bis 200 Meter weit fliegen. Greenpeace<br />

übt nach <strong>de</strong>r Veröffentlichung<br />

<strong>de</strong>r Nature-Meldung heftige<br />

Kritik an <strong>de</strong>r Legalisierung von<br />

Gen-Verunreinigungen. Es müsse<br />

ein Reinheitsgebot bestehen bleiben,<br />

so Thomas Fertl, Gen-Experte<br />

von Greenpeace.<br />

„Ländliche Idylle“ ist Täuschung<br />

(ne)„Lebensmittelindustrie und -<br />

han<strong>de</strong>l betreiben eine massive Verschleierung<br />

<strong>de</strong>r Produktionsmetho<strong>de</strong>n,“<br />

kritisieren<br />

Verbraucherzentrale, <strong>de</strong>r Deutsche<br />

Tierschutzbund und EURONA-<br />

TUR. Wegen irreführen<strong>de</strong>r Werbung<br />

für Hühnereier haben sie jetzt<br />

in einem Musterverfahren die Firmen<br />

Rewe und Landkost-Eierzeugergemeinschaft<br />

verklagt. Zum Auftakt<br />

ihrer gemeinsamen Kampagne<br />

starteten die drei Organisationen<br />

die Website www.was-dahintersteckt.<strong>de</strong>.<br />

Aus einem Schreiben <strong>de</strong>r Fa.<br />

Müller´s Hausmacher-Wurstwaren:<br />

„Bei <strong>de</strong>r Produktaufmachung<br />

han<strong>de</strong>lt es sich um eine in <strong>de</strong>r<br />

Branche durchaus übliche<br />

„Schmuck“-Aufmachung, aus <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r Verbraucher keineswegs die<br />

von Ihnen befürchteten Rückschlüsse<br />

zieht. Hinzu kommt, dass<br />

es eine „artgerechte“ Tierverarbeitung<br />

nicht gibt. Die Haltung <strong>de</strong>r<br />

von uns verarbeiteten Schweine<br />

entspricht <strong>de</strong>n gesetzlichen Bestimmungen.“<br />

Impressum<br />

Juckreiz – Die Jugendumweltzeitung<br />

aus Berlin erscheint viermal jährlich<br />

und wird an vielen Berliner Schulen<br />

und in Büchereien, Jugendfreizeitheimen,<br />

Naturkost– und Infolä<strong>de</strong>n usw.<br />

verteilt. Neue MitstreiterInnen zum<br />

Verteilen und zur Arbeit in <strong>de</strong>r Redaktion<br />

– zum Artikelschreiben, Anzeigenbeschaffen,<br />

Layouten usw. sowie Geldund<br />

Sachspen<strong>de</strong>n sind gern gesehen<br />

(steuerlich abzugsfähige Spen<strong>de</strong>nquittungen<br />

für die bei<strong>de</strong>n letztgenannten<br />

möglich). Bitte mel<strong>de</strong> Dich bei <strong>de</strong>r<br />

Juckreiz-Hotline unter 030/39 84 84<br />

84.<br />

Redaktion: Andrea Kalbas (ak), Ingrid<br />

Gokeler (go), Jenny Wolfram (wo),<br />

Matthias Spittmann (sp), Nikolai Erichsen<br />

(ne), Laura Ehling (le), Antje Labes<br />

(la), Jane Rieke (jr)<br />

Texte dieser Ausgabe stammen außer<br />

von Redaktionsmitglie<strong>de</strong>rn auch von:<br />

und <strong>de</strong>n Nachrichtenagenturen aus<br />

<strong>de</strong>m pressetext-Verbund (pte), Ilka<br />

Schrö<strong>de</strong>r, Robert Kneschke, Ole Soukup<br />

Die Kurzmeldungen stammen von:<br />

Matthias Spittmann (sp), (pte)<br />

Fotos: Nikolai Erichsen (Seite 2), RWE<br />

AG (1,6,9), Agentur70 (4), Jason Krüger<br />

(7) (4) IPPNW (10,11,12), BUNDjugend<br />

(15), Zuckermuseum Berlin<br />

(16)<br />

Verantwortlich sind wir für unseren<br />

Kram eigentlich alle selbst. Auch im<br />

Sinne <strong>de</strong>s Presserechts sind es daher die<br />

AutorInnen <strong>de</strong>r jeweiligen Artikel; für<br />

<strong>de</strong>n Rest Matthias Spittmann.<br />

Druck: Union Druckerei Berlin<br />

Auflage: 15.000<br />

Anschrift: Juckreiz, Postfach 21 21 10,<br />

10514 Berlin, e-Mail: redaktion@ <strong>juckreiz</strong>-berlin.<strong>de</strong><br />

(bitte keine Attachments<br />

und vor allem keine WinWord-Dateien<br />

schicken!), Telefon 030/39 84 84 84,<br />

Fax 030/80 94 14 77<br />

Juckreiz online: http://www.<strong>juckreiz</strong>berlin.<strong>de</strong><br />

Herausgeber: För<strong>de</strong>rverein Jugend,<br />

Umwelt und Bildung (JUB) e.V.<br />

Spen<strong>de</strong>nkonto: 32 42 600 bei <strong>de</strong>r Bank<br />

für Sozialwirtschaft, BLZ 100 205 00<br />

Alle Artikel geben nicht unbedingt die<br />

Meinung <strong>de</strong>r gesamten Redaktion wie<strong>de</strong>r.<br />

Die Redaktion behält sich die Kürzung<br />

von LeserInnenbriefen sowie die<br />

Kürzung und Bearbeitung von Beiträgen<br />

vor. Für unverlangt eingesandte Artikel,<br />

Fotos, Zeichnungen usw. übernimmt<br />

die Redaktion keine Haftung.<br />

Anonyme Zuschriften lan<strong>de</strong>n gelesen<br />

im Papierkorb.<br />

Einzelpreis 0,50 €/0,98 DM, Abopreis<br />

pro 4 Ausgaben (ca. ein Jahr) incl.<br />

Versand 8,- €/15,65 DM, För<strong>de</strong>rabo ab<br />

15,- €/29,34 DM, Jaja, alles in Euro,<br />

man glaubt es kaum, aber wie dar halt<br />

so ist, die Ziet geht auch am Juckreiz<br />

nicht vorbei und ticktundtickt, jetzt<br />

gera<strong>de</strong> ist es zum Beispiel 1.56 und ich<br />

glaube nicht, dass ich schon bald wirklich<br />

fertig bin. Verbands- und Mehrfachabos<br />

auf Anfrage. Der Juckreiz<br />

nimmt Anzeigen auf! Bitte mel<strong>de</strong>n bei<br />

Matthias Spittmann, 030/21 46 35 87<br />

o<strong>de</strong>r anzeigen@<strong>juckreiz</strong>-berlin.<strong>de</strong>.<br />

Die nächste Ausgabe trägt die Nummer<br />

30 und erscheint voraussichtlich<br />

März 2002. Redaktions- und Anzeigenschluß<br />

dafür ist vorher, und zwar<br />

so etwa Mitte Februar.<br />

Wir verwen<strong>de</strong>n alte, neue und eigene<br />

Rechtschreibung. Wer einen Rechtschreibfehler<br />

fin<strong>de</strong>t, darf ihn behalten.


Aktuelles<br />

Nummer 29<br />

Kalkar-Urteil<br />

Atomgesetz-Novelle verfassungswidrig<br />

(pte)Die (pte)Die am am am Donnerstag Donnerstag im im Bun<strong>de</strong>stag Bun<strong>de</strong>stag in in erster erster Lesung Lesung beratene beratene Atomgesetznovelle Atomgesetznovelle Atomgesetznovelle ist ist nach nach Ansicht<br />

Ansicht<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r IPPNW IPPNW ver ver verfassungswidrig. ver ver fassungswidrig. Die Die atomkritische atomkritische Ärzteorganisation Ärzteorganisation weist weist darauf darauf hin, hin, dass dass dass die die <strong>de</strong>ut<strong>de</strong>ut-<br />

schen schen Atomkraftwerke Atomkraftwerke (AKW) (AKW) nicht nicht gegen gegen gezielte gezielte gezielte o<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r ungezielte ungezielte Flugzeugabstürze Flugzeugabstürze gesicher gesicher gesichert gesicher gesichert<br />

t sind.<br />

sind.<br />

Ein Weiterbetrieb wi<strong>de</strong>rspreche<br />

daher <strong>de</strong>m Kalkar–Urteil <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverfassungsgerichts,<br />

das alle<br />

staatliche Gewalt zu einer „bestmöglichen<br />

Gefahrenabwehr und<br />

Risikovorsorge“ verpflichte. Die<br />

Betriebsgenehmigungen für die<br />

AKW stün<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>m Urteil<br />

zur Disposition, wenn ein konkret<br />

<strong>de</strong>nkbares Unfallszenario „durch<br />

das technisch gegenwärtig Machbare“<br />

nicht auszuschließen ist. Die<br />

IPPNW for<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>shalb Bun<strong>de</strong>sregierung<br />

und Bun<strong>de</strong>stag auf, die<br />

geplante Atomgesetz–Novelle zu<br />

stoppen und die Betriebsgenehmigungen<br />

<strong>de</strong>r Atomkraftwerke zu<br />

wi<strong>de</strong>rrufen - und so die Bevölkerung<br />

vorbeugend zu schützen.<br />

Die gegen Flugzeugabstürze völlig<br />

ungesicherten Zwischenlager<br />

stellen nach Einschätzung <strong>de</strong>r<br />

IPPNW ebenfalls eine unübersehbare<br />

Gefahr da. Mit <strong>de</strong>n neuen<br />

standortnahen Zwischenlagern<br />

solle <strong>de</strong>n Atomkraftwerksbetreibern<br />

aus <strong>de</strong>r Entsorgungsklemme<br />

geholfen wer<strong>de</strong>n. Atommüll dürfe<br />

für Jahrzehnte weiterproduziert<br />

wer<strong>de</strong>n, obwohl <strong>de</strong>r Sachverständigenrat<br />

für Umweltfragen <strong>de</strong>r<br />

Bun<strong>de</strong>sregierung ein sicheres atomares<br />

Endlager nicht für möglich<br />

halte. Die<br />

Zwischenlager drohen nach Auffassung<br />

<strong>de</strong>r Atomkritiker so zur<br />

Dauerlösung für <strong>de</strong>n Strahlenmüll<br />

zu wer<strong>de</strong>n. Der Gesetzesentwurf<br />

schreibe zu<strong>de</strong>m vor, dass das Plutonium,<br />

das in <strong>de</strong>n Wie<strong>de</strong>raufarbeitungsanlagen<br />

in Frankreich<br />

und Großbritannien aus <strong>de</strong>utschem<br />

Atommüll gewonnen wer<strong>de</strong>,<br />

in <strong>de</strong>utschen Atomkraftwerken<br />

wie<strong>de</strong>r eingesetzt wer<strong>de</strong>n müsse.<br />

Das erhöhe das Risiko eines Super–GAU<br />

in Deutschland. Zu<strong>de</strong>m<br />

wer<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m Gebot zum Einsatz<br />

<strong>de</strong>s Plutoniums in Atomkraftwerken<br />

vermutlich ein Weiterbetrieb<br />

<strong>de</strong>r Atomkraftwerke weit<br />

über die versprochenen Fristen<br />

hinaus erzwungen.<br />

Die Atomgesetz–Novelle sieht zu<strong>de</strong>m<br />

eine Erhöhung <strong>de</strong>r Dekkungssumme<br />

für Atomkraftwerke<br />

auf 2,5 Milliar<strong>de</strong>n Euro vor. Das<br />

entspricht laut IPPNW allerdings<br />

weniger als 0,1 Prozent <strong>de</strong>r von<br />

<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung erwarteten<br />

Schä<strong>de</strong>n im Falle eines Super–<br />

GAU von bis zu 10 700 Milliar<strong>de</strong>n<br />

DM. Eine Entschädigung<br />

<strong>de</strong>r Betroffenen sei damit unmöglich.<br />

Die Übernahme <strong>de</strong>r<br />

Risiken <strong>de</strong>r US–Fluggesellschaften<br />

nach <strong>de</strong>n jüngsten Terroranschlägen<br />

durch <strong>de</strong>n amerikanischen<br />

Staat habe gezeigt, wer im<br />

Notfall die Lasten zu tragen<br />

habe. Die IPPNW for<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>shalb<br />

eine risikoadäquate Haftplichtversicherung<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />

Atomkraftwerke. 100 000<br />

Unterschriften aus <strong>de</strong>r Bevölkerung<br />

stützten diese For<strong>de</strong>rung.<br />

Darunter sind nach Angaben <strong>de</strong>r<br />

Organisation auch vier ehemalige<br />

Bun<strong>de</strong>sminister. „Die finanzielle<br />

Privilegierung <strong>de</strong>r Atomindustrie<br />

muss ein En<strong>de</strong> haben“,<br />

for<strong>de</strong>rt die IPPNW.<br />

kurz notiert<br />

Kerosin-Steuer<br />

Seite 3<br />

(sp) Der – bis zum 12. September<br />

– immer stärker zunehmen<strong>de</strong> Flugverkehr<br />

ist eines <strong>de</strong>r größten Probleme<br />

für das Weltklima. Mitte<br />

September konnten sich die Verkehrs-<br />

und Umweltminister <strong>de</strong>r<br />

EU immerhin dazu durchringen,<br />

bei <strong>de</strong>r Internationalen Zivilluftfahrtorganisation<br />

(ICAO) für eine<br />

weltweite Besteuerung von Kerosin<br />

zu intervenieren. Sollte es nicht<br />

zu einer weltweiten Lösung kommen,<br />

könnte es zumin<strong>de</strong>st eine<br />

europaweite Abgabe geben. Dabei<br />

sei sowohl eine Steuer auf Flugbenzin<br />

als auch eine streckenabhängige<br />

Flugverkehrsabgabe möglich.<br />

Nebensachen aus Peking<br />

Lernräume politik- und stu<strong>de</strong>ntenfrei<br />

Da a a war war ich ich ich also. also. Morgens Morgens um um halb halb sechs sechs aus aus aus <strong>de</strong>m <strong>de</strong>m Zug Zug gewor geworfen, gewor gewor fen, stand stand ich ich ich plötzlich plötzlich plötzlich in in Peking. Peking. So So hatte hatte ich<br />

ich<br />

es es ja ja gewollt, gewollt, studieren studieren wollte wollte wollte ich ich hier hier. hier . Aber Aber es es war war so so so ganz ganz an<strong>de</strong>rs an<strong>de</strong>rs als als ich ich ich gedacht gedacht gedacht hatte, hatte, es es war war voller<br />

voller<br />

schicker schicker mo<strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rner mo<strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>r ner Häuser Häuser, Häuser , leuchten<strong>de</strong>n leuchten<strong>de</strong>n Schriftzügen Schriftzügen und und sauberen sauberen sauberen unbrüchigen unbrüchigen Bürgersteigen... Bürgersteigen... Und Und als<br />

als<br />

es es mir mir 3 3 3 Stun<strong>de</strong>n Stun<strong>de</strong>n später später schon schon schon gelang, gelang, in in einem einem Sprachkurs Sprachkurs zu zu sitzen, sitzen, sitzen, inmitten inmitten inmitten von von Japaner Japanern Japaner n und und KoreaKorea-<br />

ner nern ner nern<br />

n und und vor vor einer einer völlig völlig völlig enthusiastischen enthusiastischen kleinen kleinen Lehrerin, Lehrerin, Lehrerin, da da musste musste musste ich ich dieses dieses Peking Peking einfach einfach lieben.<br />

lieben.<br />

Wer gequälte Hun<strong>de</strong> und Katzen, zu erreichen. Egal – die Chinesen stand zwischen Stuhl und Tisch<br />

Froschschenkel und Schlangen- trinken’s, also trinke ich’s auch. selbst zu bestimmen. Denn alle<br />

köpfe als neue Hauptnahrungs- Als drittes sollte also das Sprach- Stühle sind jeweils mit <strong>de</strong>r Bank<br />

quelle erwartet, wird erst mal problem gelöst wer<strong>de</strong>n, was sich <strong>de</strong>s Hintermanns verschraubt.<br />

freudig die bunte Tofulandschaft wie<strong>de</strong>rum in Gesprochenes und In diesen Raumen kann man<br />

begrüßen und später noch Köst- Geschriebenes unterteilte. Ich be- nicht nur stun<strong>de</strong>nlang lernen,<br />

lichkeiten wie Wasserlilienwurgann meinen Feldzug mit <strong>de</strong>r Su- <strong>ohne</strong> beson<strong>de</strong>rs aufzufallen.<br />

zeln in Knoblauchsauce o<strong>de</strong>r die che nach einem Buchla<strong>de</strong>n, aus Man kann sich auch mal das<br />

allseits geliebte süß-saure Toma- <strong>de</strong>m ich schwer bela<strong>de</strong>n mit Bü- Heft seines abwesen<strong>de</strong>n Bankten-Eier-Pfanne<br />

hoch schätzen. chern und Sprachkassetten wie<strong>de</strong>r nachbarn vornehmen und liebe<br />

Nicht mal Frühlingsrollen gibt’s. herauskam. Der nächste Schritt Grüße hineinschreiben - erste<br />

„Die sind doch Japanisch“, hab führte mich in die Lernräume. Ein- Anwendung <strong>de</strong>r Sprachkennt-<br />

ich mich bald aufklären lassen. fache Klassenräume <strong>ohne</strong> Lehrer, nisse. Denn Chinesen lassen im-<br />

Und nach<strong>de</strong>m ich auch die Tech- dafür mit umsomehr lernwilligen mer ein Heft auf <strong>de</strong>r Bank lienik<br />

<strong>de</strong>s neuen Essbesteckes raus Stu<strong>de</strong>nten, die sich da ihren Hausgen, selbst wenn sie für die<br />

hatte, wur<strong>de</strong> Nahrung als mögliaufgaben o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Mittagsschlaf nächsten 8 Stun<strong>de</strong>n nicht in diecher<br />

Problemfaktor sofort gestri- hingeben. Da sie Männer zu acht, sen Lernraum zurückkehren.<br />

chen.<br />

Frauen zu sechst in einem Zimmer Aber wer will das wissen. Eigent-<br />

Mit <strong>de</strong>m Wasser sah es da noch w<strong>ohne</strong>n, liegt ein dauerhafter Auflich interessiert doch alle immer<br />

etwas an<strong>de</strong>rs aus, <strong>de</strong>nn das an enthalt in diesen Räumen nicht viel mehr, wie es politisch in die-<br />

Sch<strong>web</strong>eteilchen reiche Leitungs- fern.<br />

sem Land aussieht und welche<br />

wasser erweckte nicht wirklich Als Ausrüstung sollte man seinen kulturellen Verhaltensbeson<strong>de</strong>r-<br />

gesundheitsför<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Ein- Teebecher, sein Lehrbuch (genau: heiten es gibt. Aber die muss ich<br />

druck, jedoch schienen mir auch ein Lehrbuch) und einen dicken selbst erst genauer untersu-<br />

die Halbliter-Einwegflaschen eine Pullover mitnehmen. Nicht weil’s chen... und erzähle Euch später<br />

ebensowenige und schon gar so kalt wäre, nein, son<strong>de</strong>rn weil die davon.<br />

nicht ökologische Alternative zu Stühle verdammt niedrig sind und Juckreiz-Redakteurin Hanna Pötter (23) studiert<br />

sein. Ein Wasserkocher löste nach künstlicher Erhöhung verlan- eigentlich in Cottbus Umwelt- und Ressourcen-<br />

kurzentschlossen das Problem, gen. [Anm d. Red. Dazu muss management, tut dies jetzt aber erst mal ein hal-<br />

wenn ich mich auch immer noch mensch wissen, dass Hanna... bes Jahr lang in Peking. Ob sie schon die politi-<br />

in verschie<strong>de</strong>nen Sedimentier- auch nicht gera<strong>de</strong> groß ist.] Wenn sche und kulturelle Landschaft <strong>de</strong>s Reichs <strong>de</strong>r<br />

und Abschöpfverfahren probiere, man in <strong>de</strong>r ersten Reihe sitzt, hat Mitte erkun<strong>de</strong>t hat, erfahrt Ihr unter http://<br />

um zumin<strong>de</strong>st optische Reinheit man auch eine Chance, <strong>de</strong>n Ab- peking.<strong>juckreiz</strong>-berlin.<strong>de</strong>.


Seite 4 Nummer 29 Aktuelles<br />

Castor-Transport<br />

Schallen<strong>de</strong> Ohrfeige für Landgericht Lüneburg<br />

(sp) (sp) Eine Eine schallen<strong>de</strong> schallen<strong>de</strong> juristische juristische juristische Ohr Ohrfeige Ohr Ohrfeige<br />

feige hat hat das das das Oberlan<strong>de</strong>sgericht<br />

Oberlan<strong>de</strong>sgericht jahr jahr 2001 2001 war war Jochen Jochen Stay Stay, Stay , Sprecher Sprecher <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Initiative Initiative „X-tausendmal<br />

„X-tausendmal<br />

(OLG) (OLG) Celle Celle Celle <strong>de</strong>n <strong>de</strong>n RichterInnen RichterInnen RichterInnen an an Amtsgericht Amtsgericht Amtsgericht und und und Landgericht Landgericht Lüne- Lüne- Lüne- quer“, quer“, quer“, von von <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Polizei Polizei verhaftet verhaftet und und drei drei TT<br />

Tage T Tage<br />

age in in einer einer AusnüchteAusnüchte-<br />

burg burg verpaßt: verpaßt: Während Während <strong>de</strong>s <strong>de</strong>s Castor-T Castor-Transpor<br />

Castor-T ranspor ransports ranspor ts nach nach nach Gorleben Gorleben im im Früh- Früh- Früh- rungszelle rungszelle festgehalten festgehalten festgehalten wor<strong>de</strong>n.<br />

wor<strong>de</strong>n.<br />

Nach<strong>de</strong>m Amts- und Landge- gewiesen wor<strong>de</strong>n. Gegen diese Kritik an <strong>de</strong>m aufgehobenen Be- Konstruktion, daß <strong>de</strong>r Pressericht<br />

dies als rechtmäßig ange- Entscheidung hatte <strong>de</strong>r Atomschluß <strong>de</strong>r Lüneburger Richter sprecher einer basis<strong>de</strong>mokrasehen<br />

hatten, hob das OLG Celkraftgegner weitere Beschwer<strong>de</strong> erkennen.<br />

tisch organisierten Großaktion<br />

le die Entscheidung Mitte zum OLG eingereicht. Das OLG Wiebke Herding, ebenfalls Spre- gleichzeitig eine Art Rä<strong>de</strong>lsfüh-<br />

Oktober auf - nicht <strong>ohne</strong> <strong>de</strong>n<br />

rer sei. Dieser Vorwurf ist nicht<br />

KollegInnen einiges zum The-<br />

haltbar. Insgesamt reiht sich das<br />

ma Rechtsstaat, faires Verfah-<br />

Urteil aus Celle in die Gerichtsren<br />

und richtige Gesetzesanentscheidungen<br />

aus Lüneburg<br />

wendung vor <strong>de</strong>n Latz zu<br />

und Heilbronn in <strong>de</strong>n letzten<br />

knallen. Dennoch wur<strong>de</strong> Stay<br />

Wochen ein, in <strong>de</strong>nen zu Gun-<br />

während <strong>de</strong>r Proteste gegen<br />

sten von AtomkraftgegnerInnen<br />

<strong>de</strong>n nächsten Atomtransport im<br />

festgestellt wer<strong>de</strong>n mußte, daß<br />

November wie<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Po-<br />

die Polizei bei Castor-Einsätzen<br />

lizei verhaftet. Immerhin durf-<br />

oftmals übers Ziel hinauste<br />

er diesmal nach vier Stun<strong>de</strong>n<br />

schießt.“<br />

wie<strong>de</strong>r gehen, nach<strong>de</strong>m das<br />

Die Bezirksregierung (als Poli-<br />

Amtsgericht Dannenberg die<br />

zeibehör<strong>de</strong>) hatte in <strong>de</strong>r Be-<br />

Damen und Herren in Grün in<br />

gründung für die Ingewahrsam-<br />

ihre Grenzen verwiesen hatte.<br />

nahme <strong>de</strong>n Inhalt von Stays<br />

Das OLG Celle kritisierte, daß<br />

Re<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>r großen Anti-Ca-<br />

einerseits die angeblichen Taten<br />

stor-Kundgebung am 24. März<br />

Stays überhaupt nicht bewiesen<br />

wor<strong>de</strong>n waren, an<strong>de</strong>rerseits Ziviler Ungehorsam kann gefählich wer<strong>de</strong>n – beson<strong>de</strong>rs vor <strong>de</strong>m Lüneburger Landgericht<br />

in Lüneburg nur auszugsweise<br />

und aus <strong>de</strong>m Zusammenhang<br />

<strong>de</strong>m Angeklagten keine Gele-<br />

gerissen wie<strong>de</strong>rgegeben. Das<br />

genheit zur Verteidigung gege- hat das Verfahren nun zur ercherin von „X-tausendmal Landgericht hatte sich zu<strong>de</strong>m<br />

ben wor<strong>de</strong>n sei. Eine Beschwerneuten Entscheidung an das quer“, kommentierte <strong>de</strong>n Be- bei <strong>de</strong>r Prüfung von Stays Be<strong>de</strong><br />

Stays war noch während Landgericht zurückverwiesen. schluß <strong>de</strong>s OLG: „Die Ingeschwer<strong>de</strong> nicht die Mühe ge-<br />

seiner Gefangenschaft vom In ihrer Begründung läßt die wahrsamnahme von Jochen Stay macht, das Vi<strong>de</strong>oband mit <strong>de</strong>m<br />

Landgericht Lüneburg zurück- Celler Entscheidung <strong>de</strong>utliche beruhte auf <strong>de</strong>r polizeilichen Re<strong>de</strong>beitrag anzuschauen, um<br />

2.000 Fälle von Schilddrüsenkrebs gehen auf Rechnung <strong>de</strong>r radiaktiven Katastrophe<br />

Bittere Blianz nach 15 Jahren Tschernobyl<br />

(pte) (pte) Rund Rund 2000 2000 Fälle Fälle von von Schilddrüsenkrebs Schilddrüsenkrebs in in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Ukraine Ukraine wer<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n mit mit<br />

mit<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Katastrophe Katastrophe von von T TTscher<br />

TT<br />

scher schernobyl scher nobyl vor vor 15 15 Jahren Jahren in in V VVerbindung<br />

V erbindung gebracht.<br />

gebracht.<br />

Die Die Die Zahl Zahl Zahl steigt steigt weiter weiter an. an. an. „V „V „Vier „V „V ier Jahre Jahre nach nach nach <strong>de</strong>m <strong>de</strong>m Unfall Unfall erreichte erreichte die die<br />

die<br />

Neue Fälle treten auch heute<br />

noch bei jenen Ukrainern auf, die<br />

1986 Kin<strong>de</strong>r waren.<br />

“Ein erhöhtes Risiko, Schilddrüsenkrebs<br />

zu entwickeln, bleibt<br />

nach einer radioaktiven Bestrahlung<br />

lebenslang bestehen“, erklärte<br />

Elaine Ron vom US-National<br />

Cancer Institute . Es gebe einige<br />

Anzeichen dafür, dass das Risiko<br />

15 bis 19 Jahre nach <strong>de</strong>m Kontakt<br />

am größten ist. Externe<br />

Strahlung ist die einzig fundiert<br />

begrün<strong>de</strong>te Ursache für die Entwicklung<br />

von Schilddrüsenkrebs.<br />

Beson<strong>de</strong>rs Personen unter 20 Jahre<br />

haben nach Kontakt mit einem<br />

Jod-Isotop durch die radioaktive<br />

Strahlung ein erhöhtes Krebsrisiko.<br />

Schätzungen zufolge sind<br />

nach <strong>de</strong>m Unfall <strong>de</strong>s Tschernobyl-<br />

Reaktor-4 Xenon-Gase zur Gänze,<br />

die Hälfte <strong>de</strong>s radioaktiven<br />

Jods sowie <strong>de</strong>s Cäsiums ausgeströmt.<br />

Der Anteil <strong>de</strong>s restlichen<br />

radioaktiven Materials betrug<br />

rund drei bis fünf Prozent.<br />

“Jod-Isotope geben eine rund<br />

1.000 Mal höhere Dosis an die<br />

Schilddrüse ab als an <strong>de</strong>n Rest <strong>de</strong>s<br />

Körpers“, betonte Williams.<br />

Dass vor allem Kin<strong>de</strong>r empfindlich<br />

sind, begrün<strong>de</strong>t Williams mit<br />

einer Kombination <strong>de</strong>r höheren<br />

Dosis und <strong>de</strong>m Schilddrüsenwachstum.<br />

Im Erwachsenenalter<br />

Krebshäufigkeit Krebshäufigkeit bei bei Kin<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rn, Kin<strong>de</strong>r n, die die <strong>de</strong>m <strong>de</strong>m radioaktiven radioaktiven Nie<strong>de</strong>rschlag Nie<strong>de</strong>rschlag ausaus-<br />

gesetzt gesetzt waren, waren, ihren ihren Höhepunkt“, Höhepunkt“, erklär erklärte erklär te Dillwyn Dillwyn Williams Williams vom vom StranStran-<br />

geways geways Research Research Research Laborator Laborator Laboratory Laborator Laboratory<br />

y <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Cambridge Cambridge Uni<br />

Uni<br />

sei das Wachstum stark reduziert.<br />

„Die Auswirkungen <strong>de</strong>r Tschernobyl-Katastrophe<br />

und <strong>de</strong>r Explosion<br />

<strong>de</strong>r Atombombe in Japan<br />

sind sehr unterschiedlich. In Japan<br />

verstrahlten Gamma-Strahlen<br />

und Neutronen <strong>de</strong>n ganzen<br />

Körper. Nach <strong>de</strong>m Unfall in<br />

Tschernobyl waren vor allem die<br />

großen Mengen an radioaktiven<br />

Jod-Isotopen <strong>de</strong>s Nie<strong>de</strong>rschlags<br />

verheerend“, erklärte Williams.<br />

Laut einem UN-Bericht waren<br />

rund fünf Millionen Menschen<br />

<strong>de</strong>r ehemaligen Sowjetunion <strong>de</strong>r<br />

Strahlung direkt o<strong>de</strong>r damit in<br />

Zusammenhang stehen<strong>de</strong>n gesundheitlichen<br />

Risiken ausge-<br />

setzt. 31 Menschen starben unmittelbar<br />

nach <strong>de</strong>r Katastrophe.<br />

Hun<strong>de</strong>rttausen<strong>de</strong> haben <strong>de</strong>m Bericht<br />

zufolge nach <strong>de</strong>m Unfall die<br />

im höchsten Maß verseuchten<br />

Städte und Siedlungen im Umkreis<br />

von 30 Kilometern verlassen.<br />

Victor Chizhikov vom Cancer<br />

Research Center in Moskau betonte,<br />

dass sich das Krebsrisiko<br />

nicht nur auf die Schilddrüse beschränkt.<br />

Eine Studie an 43 ehemaligen<br />

Reinigungsarbeitern<br />

habe ein signifikant erhöhtes Risiko<br />

für die Entwicklung von Lungenkrebs<br />

ergeben. Grund dafür<br />

sei die Einatmung radioaktiven<br />

Staubs.


Aktuelles<br />

zu überprüfen, ob die Zusammenfassung<br />

<strong>de</strong>r Bezirksregierung<br />

überhaupt richtig ist. Doch<br />

selbst die Richtigkeit unterstellt,<br />

wies das OLG darauf hin,<br />

daß das von <strong>de</strong>r Polizei wie<strong>de</strong>rgegebene<br />

Re<strong>de</strong>zitat <strong>de</strong>n Tatbestand<br />

<strong>de</strong>s Aufrufs zum Landfrie<strong>de</strong>nsbruch<br />

nicht erfüllt - <strong>de</strong>r<br />

Hauptvorwurf, auf <strong>de</strong>n die Ingewahrsamnahme<br />

von Stay gestützt<br />

wur<strong>de</strong>. Auch konnte das<br />

OLG in <strong>de</strong>r Protest-Aktion in<br />

Wendisch Evern, an <strong>de</strong>ren Ran<strong>de</strong><br />

Stay festgenommen wur<strong>de</strong>,<br />

keine für eine Ingewahrsamnahme<br />

notwendige „erhebliche Gefahr<br />

für die Allgemeinheit“ erkennen.<br />

Das unbefugte Betreten<br />

von Bahnschienen stellt nur<br />

eine Ordnungswidrigkeit dar,<br />

warum Stay <strong>de</strong>swegen verhaftet<br />

wur<strong>de</strong>, ist für das OLG „nicht<br />

nachvollziehbar“. Da ist die Verletzung<br />

<strong>de</strong>s rechtsstaatlichen<br />

Grundsatzes <strong>de</strong>s rechtlichen<br />

Gehörs, d.h. daß je<strong>de</strong>r Angeklagte<br />

sich verteidigen darf,<br />

wohl noch als Peanuts anzusehen.<br />

OLG Celle, Aktenzeichen 17 W 25/01<br />

Mehr Abos für <strong>de</strong>n Juckreiz!<br />

Der Juckreiz ist eine nichtkommerzielle<br />

Zeitung von Jugendlichen<br />

vor allem für Jugendliche.<br />

Wir wollen brisante Themen anpacken,<br />

politisch aktiv sein und<br />

unbequeme Wahrheiten bekanntmachen.<br />

Aber eine Zeitung zu machen<br />

kostet Geld, und zwar nicht we-<br />

Nummer 29<br />

Bayer macht es sich einfach<br />

Immernoch DDT von Bayer<br />

Seite 5<br />

(le) (le) Der Der Phar Phar Pharmakonzer<br />

Phar Pharmakonzer<br />

makonzer makonzern makonzer n Bayer Bayer war war kürzlich kürzlich öfters öfters wegen wegen wegen <strong>de</strong>s <strong>de</strong>s Skandals Skandals um um seinem seinem seinem Cholesterinsenker<br />

Cholesterinsenker<br />

Libobay Libobay in in <strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Zeitungen Zeitungen zu zu fin<strong>de</strong>n. fin<strong>de</strong>n. VV<br />

Viel VV<br />

iel skandalöser skandalöser skandalöser sind sind sind allerdings allerdings allerdings an<strong>de</strong>re an<strong>de</strong>re an<strong>de</strong>re Produkte Produkte aus aus <strong>de</strong>m <strong>de</strong>m Hause<br />

Hause<br />

Bayer Bayer, Bayer , <strong>de</strong>ren <strong>de</strong>ren Gefährlichkeit Gefährlichkeit vielen vielen Menschen Menschen gar garnicht gar nicht bewusst bewusst ist.<br />

ist.<br />

Die Verwendung von schädli- dass das Wirkungsmittel DDT Food and Agriculture Organizachen<br />

Chemikalien ist, nicht nur (Dichlor-diphenyl-trichlotion (FAO) <strong>de</strong>r Vereinten Natio-<br />

bei Bayer son<strong>de</strong>rn vielen an<strong>de</strong>rethan) ist. Diese hoch toxische nen nicht empfolen wird, um<br />

ren Arzneimittelherstellern Chemikalie lagert sich in Fett- <strong>de</strong>r Ausbreitung von durch In-<br />

Gang und Gebe. Beson<strong>de</strong>rs hart ge<strong>web</strong>e an und wird nur sehr sekten übertragbare Krankhei-<br />

trifft es Län<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r sogenann- langsam abgebaut. Aufgenomten, wie zum Beispiel Malaria<br />

ten Dritten Welt. Dort we<strong>de</strong>n men wird es haubtsächlich von vorzubeugen. Daß sich DDT<br />

Produkte hergestellt und ver- kleinen Tieren wie zum Beispiel schon überall auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> abmarktet,<br />

die in Europa und <strong>de</strong>n Insekten und gelangt dann über gelagert hat, sogar im Eis <strong>de</strong>r<br />

USA oftmals schon verboten die Nahrungskette in <strong>de</strong>n Antarktis, und die Gesundheit<br />

sind. In Report - <strong>de</strong>m Bayer-Un- menschlichen Organismus. Aus von Mensch und Tier dabei zuternehmensmagazin<br />

von 1/ diesem Grund ist es in Deutschmin<strong>de</strong>stens um einiges ver-<br />

2001 stellt <strong>de</strong>r Konzern sein land seit 1972 verboten. Besonschlechtert, scheint dabei zweit-<br />

Produkt Baygon-Spulen vor. Es <strong>de</strong>rs gesundheitsschädigend ist rangig zu sein. Deshalb wer<strong>de</strong>n<br />

sind Räucherspiralen, die lästi- <strong>de</strong>r Gebrauch <strong>de</strong>r Baygon-Spu- wohl Bayer und an<strong>de</strong>re Pharmage<br />

Insekten forthalten. In <strong>de</strong>m len <strong>de</strong>shalb, weil sie im Wohnkonzerne weiter DDT-Produkte<br />

Magazin preisen sich Bayer, dass bereich Anwendung fin<strong>de</strong>n und herstellen und Regierungen vie-<br />

dank ihres „Moskito-Coctails“ somit direkt mit <strong>de</strong>n Menschen ler Län<strong>de</strong>r die Vermarktung to-<br />

das Malariavorkommen in <strong>de</strong>r in Kontakt kommen. Angeblich lerieren und unterstützen an-<br />

Absatzregion Süd-Ost-Asiens stehen Wirkung und Giftigkeit statt sich um Impfungen und<br />

(vor allem Indonesien) <strong>de</strong>utlich <strong>de</strong>s DDT in einem guten Ver- sauberes Wasser zur Eindäm-<br />

gesunken ist.<br />

haltnis, weshalb die völlige Einmung von Epedimien zu küm-<br />

Verschwiegen wird allerdings, stellung <strong>de</strong>r Benuzung von <strong>de</strong>r mern.<br />

nig, obwohl niemand von uns für<br />

diese Arbeit Geld bekommt.<br />

Deshalb sind wir davon abhängig,<br />

daß (sozial und ökologisch möglichst<br />

verträgliche) Geschäfte und<br />

Firmen Anzeigen im Juckreiz<br />

schalten.<br />

Um diese Abhängigkeit zu verringern,<br />

brauchen wir Abos. Je<strong>de</strong>s<br />

Coupon abnagen und einschicken an: Juckreiz-Vertrieb, Postfach 21 21 10, 10514 Berlin<br />

Juckreiz abonnieren<br />

Ich bestelle auf vorerst vier Ausgaben (1 Jahr)<br />

❑ ein Juckreiz-Abo für 8 €/15,65 DM.<br />

❑ ein För<strong>de</strong>rabo für ❑ 15 €/29,34 DM ❑ 25 €/48,90 DM ❑ [mehr als 15] €. Als Belohnung dafür, daß ich ein För<strong>de</strong>rabo bestelle,<br />

möchte ich � die Broschüre „Umweltstandort Deutschland“ ❑ einen Block Umweltschutzpapier ❑ Juckreiz 1 – 28 ❑ nichts bekommen.<br />

Das Abonnement verlängert sich automatisch um weitere vier Ausgaben, wenn es nicht zwei Wochen nach Erhalt <strong>de</strong>r 4. Ausgabe schriftlich gekündigt wird.<br />

❑ Schickt mir eine Rechnung, ich überweise innerhalb 2 Wochen.<br />

❑ Bucht <strong>de</strong>n Betrag ❑ halbjährlich (ab einem Abopreis von 15 €/Jahr) ❑ jährlich von meinem Konto ab:<br />

Hiermit ermächtige ich <strong>de</strong>n För<strong>de</strong>rverein Jugend, Umwelt und Bildung (JUB) e.V., das Bezugsgeld für das Juckreiz-Abonnement zwei Wochen nach Rechnungsversand von meinem<br />

unten angegebenen Konto per Lastschrift einzuziehen. (Geht nur bei <strong>de</strong>utschen Banken, und das Konto muß ge<strong>de</strong>ckt sein.) Än<strong>de</strong>rungen meiner Bankverbindung und meiner<br />

Adresse wer<strong>de</strong> ich rechtzeitig mitteilen. Ich kann diese Einzugsermächtigung je<strong>de</strong>rzeit <strong>ohne</strong> Angabe von Grün<strong>de</strong>n schriftlich wi<strong>de</strong>rrufen.<br />

Meine Kontonummer: Mein Name:<br />

Meine Bank: Meine Adresse:<br />

Meine Bankleitzahl: ❑ Schickt die Rechnung per e-Mail an:<br />

❑ Das Abo geht an mich. ❑ Das Abo geht als Geschenk an:<br />

Name:<br />

Adresse:<br />

Datum, Unterschrift ✘<br />

Abo zeigt uns einerseits, daß<br />

Menschen unsere Arbeit gut o<strong>de</strong>r<br />

zumin<strong>de</strong>st interessant fin<strong>de</strong>n und<br />

hilft uns an<strong>de</strong>rerseits, aus <strong>de</strong>r Abhängigkeit<br />

von AnzeigenkundInnen<br />

und <strong>de</strong>ren finanzieller Situation<br />

herauszukommen.<br />

Alle Leute, die <strong>de</strong>n Juckreiz gut<br />

und erhaltenswert fin<strong>de</strong>n, sollten<br />

ihn daher abonnieren! Wer mehr<br />

Geld hat, kann ein För<strong>de</strong>rabo<br />

wählen (wobei eigentlich je<strong>de</strong>s<br />

Abo <strong>de</strong>n Juckreiz för<strong>de</strong>rt) – <strong>de</strong>r<br />

Summe sind nach oben keine<br />

Grenzen gesetzt. Als Belohnung<br />

für diejenigen, die ein För<strong>de</strong>rabo<br />

wählen, gibt es wahlweise<br />

die Broschüre „Umweltstandort<br />

Deutschland“ <strong>de</strong>r BUNDjugend,<br />

einen Block Umweltschutzpapier<br />

o<strong>de</strong>r alle bisherigen<br />

Juckreize von 1 bis 28. (Alle<br />

Angebote gelten, solange <strong>de</strong>r<br />

Vorrat reicht.)<br />

Ich kann diese Vereinbarung innerhalb von zwei Wochen beim Juckreiz-Vertrieb, Postfach<br />

21 21 10, 10514 Berlin, wi<strong>de</strong>rrufen. Zur Wahrung <strong>de</strong>r Frist genügt die rechtzeitige<br />

Absendung <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rrufs. Ich bestätige die Kenntnisnahme <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rrufsrechts durch<br />

meine 2. Unterschrift. Die Daten wer<strong>de</strong>n elektronisch gespeichert.<br />

Datum, Unterschrift ✘<br />


Seite 6 Nummer 29 Aktuelles<br />

Ökostrom sogar billiger als Normalstrom<br />

Atomausstieg selber machen – jetzt<br />

(sp) (sp) Die Die rot-grüne rot-grüne Bun<strong>de</strong>sregierung Bun<strong>de</strong>sregierung hat hat hat <strong>de</strong>n <strong>de</strong>n versprochenen versprochenen Atom- AtomAtomausstiegausstieg auf auf <strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Sankt-Nimmerleinstag Sankt-Nimmerleinstag verschoben verschoben verschoben und und <strong>de</strong>n <strong>de</strong>n gefährgefähr-<br />

lichen lichen strahlen<strong>de</strong>n strahlen<strong>de</strong>n Meiler Meilern Meiler n statt statt <strong>de</strong>ssen <strong>de</strong>ssen eine eine eine Bestandsgarantie Bestandsgarantie auf<br />

auf<br />

Jahrzehnte Jahrzehnte gegeben. gegeben. Die Die groß groß gefeier gefeierte gefeier te För<strong>de</strong>rung För<strong>de</strong>rung er erneuerbarer<br />

er neuerbarer<br />

Energien Energien dagegen dagegen wur<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> schon schon wie<strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>r eingeschränkt. eingeschränkt. eingeschränkt. Daran Daran könnte<br />

könnte<br />

Seit 1998 hat theoretisch je<strong>de</strong>r<br />

Haushalt in Deutschland die<br />

Möglichkeit, seinen Stromversorger<br />

selbst auszusuchen –<br />

und über diese Wahl Einfluß<br />

darauf zu nehmen, wie die<br />

Elektrizität produziert wird.<br />

Lange Zeit war ein solcher<br />

Wechsel nur unter größten<br />

Schwierigkeiten möglich, weil<br />

die bisherigen Monopolisten alles<br />

taten, um die Konkurrenz zu<br />

behin<strong>de</strong>rn.<br />

Die großen Schikanen sind<br />

mittlerweile vorbei, und auch<br />

die Gerichte haben einigen Unsitten<br />

<strong>de</strong>r Ex-Monopolisten einen<br />

Riegel vorgeschoben. Zwischen<br />

November 2000 und Juni<br />

2001 untersuchte die Stiftung<br />

Warentest elf bun<strong>de</strong>sweit agieren<strong>de</strong><br />

Energieversorger. Ergebnis,<br />

abgedruckt in „test“ 8/<br />

2001: „Wechseln Sie ruhig. Der<br />

Wechsel kann problemlos klappen.“<br />

Guter Service bei Ökos<br />

Die Betonung liegt auf <strong>de</strong>m<br />

Wörtchen „kann“. Denn „guten“<br />

Service boten neben <strong>de</strong>n Stadtwerken<br />

Flensburg ausschließ-<br />

lich Ökostrom-Anbieter. Die<br />

großen Konventionellen gingen<br />

mit ihren KundInnen <strong>de</strong>utlich<br />

Die bessere Energie gewinnt: Atomausstieg selbstgemacht<br />

schlechter um – Eon lan<strong>de</strong>te bei<br />

4,0; RWE/avanza schrammte<br />

mit 4,3 sogar knapp an einem<br />

„Mangelhaft“ vorbei. Mit „Befriedigend“<br />

schnitten die Atomstromer<br />

<strong>de</strong>r EnBW-Tochter Yello<br />

noch am besten ab. Doch wer<br />

will sich schon <strong>de</strong>n gelben<br />

Atomtod ins Haus holen?<br />

Ökostrom und sparen<br />

Zumal <strong>de</strong>r gelbe Dreck-Strom<br />

für Kleinverbraucher sogar<br />

<strong>de</strong>utlich teurer ist als grüner<br />

Strom: „Aus Umweltsicht sind<br />

alle Ökostromangebote im Test<br />

empfehlenswert und auch beim<br />

Das kostet <strong>de</strong>r Strom<br />

Anbieter<br />

Grundgebühr monatlich DM<br />

pro Kilowattstun<strong>de</strong> Pf<br />

Jahresverbrauch z.B. 1500 kWh DM<br />

Jahresverbrauch z.B. 2500 kWh DM<br />

Jahresverbrauch z.B. 3500 kWh DM<br />

Info im WWW<br />

Info-Telefon<br />

mensch mensch verzweifeln verzweifeln verzweifeln – – muß muß muß aber aber aber nicht. nicht. Denn Denn wir wir müssen müssen nicht nicht darauf<br />

darauf<br />

war warten, war ten, daß daß die die die hohen hohen Herren Herren mal mal mal ausnahmsweise ausnahmsweise statt statt <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r InteresInteres-<br />

sen sen <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Konzer Konzerne Konzer ne die die Interessen Interessen <strong>de</strong>s <strong>de</strong>s V VVolkes<br />

V olkes ver ver vertreten ver treten – – je<strong>de</strong>r je<strong>de</strong>r einzelne<br />

einzelne<br />

Mensch Mensch kann kann seinen seinen ganz ganz persönlichen persönlichen persönlichen Atomausstieg Atomausstieg vollziehen. vollziehen. Jetzt,<br />

Jetzt,<br />

sofor sofort sofor t und und hier hier. hier . Und Und dabei dabei läßt läßt sich sich sogar sogar noch noch Geld Geld sparen.<br />

sparen.<br />

Service unter <strong>de</strong>n Besten.<br />

Ökostrom von Lichtblick ist<br />

noch dazu relativ preiswert – für<br />

Leute, die wenig verbrauchen,<br />

gar billig“, so <strong>de</strong>r Rat <strong>de</strong>r Warentester.<br />

Das Angebot<br />

Das haben wir uns nicht zweimal<br />

sagen lassen und gemeinsam mit<br />

Lichtblick ein Angebot für Juckreiz-LeserInnen<br />

(und natürlich<br />

auch alle an<strong>de</strong>ren!) ausgeheckt:<br />

Wer mit <strong>de</strong>m Bestellformular auf<br />

Seite 8 zu <strong>de</strong>n Hamburger<br />

Ökostromern wechselt, tut gleich<br />

dreifach Gutes: 1. Der Umwelt –<br />

durch <strong>de</strong>n Verzicht auf Atom-,<br />

Kohle- und Öl-Strom. 2. Dem<br />

Juckreiz – für je<strong>de</strong>n vermittelten<br />

Bewag Klassik<br />

5,80<br />

31,98<br />

549,20<br />

869,10<br />

1188,90<br />

www.bewag.<strong>de</strong><br />

030/267-0<br />

Lichtblick<br />

9,50<br />

28,50<br />

541,50<br />

826,50<br />

1111,50<br />

www.lichtblick.<strong>de</strong><br />

01802/66 06 60<br />

Vertrag bekommen wir eine Prämie,<br />

so wird unsere ehrenamtliche<br />

Zeitung mitfinanziert. 3. Dem<br />

eigenen Portemonnaie<br />

– <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Lichtblick-Strom<br />

ist nicht<br />

nur meist billiger als<br />

z.B. „Normalstrom“<br />

von <strong>de</strong>r Bewag (siehe<br />

Tabelle), son<strong>de</strong>rn<br />

zusätzlich gibt es<br />

noch 100 Kilowattstun<strong>de</strong>n<br />

Strom als<br />

Startguthaben kostenlos.<br />

Das reicht<br />

immerhin für rund<br />

100 Waschmaschinenladungen<br />

o<strong>de</strong>r<br />

um eine Energiesparlampe<br />

ein knappes<br />

Jahr ununterbrochen<br />

brennen zu lassen.<br />

Wechseln. Jetzt!<br />

Weitere Informationen<br />

zum Thema<br />

Strom gibt’s auf <strong>de</strong>r nächsten Seite.<br />

Lesen, Auftrag ausfüllen, abschicken<br />

und so <strong>de</strong>n persönlichen<br />

Atomausstieg vollziehen!<br />

Alternativ zu Lichtblick empfehlen<br />

wir auch die Naturstrom AG.<br />

Strom <strong>de</strong>r Naturstrom AG ist<br />

<strong>de</strong>utlich teurer als <strong>de</strong>r von Lichtblick.<br />

Während Lichtblick rund<br />

ein Viertel <strong>de</strong>s Stroms aus Kraft-<br />

Wärme-Kopplung auf Erdgas-Basis<br />

produziert, setzt die Naturstrom<br />

AG vollständig auf<br />

regenerative Energien – das kostet.<br />

Lei<strong>de</strong>r war die Naturstrom AG<br />

grundsätzlich nicht an einer Zusammenarbeit<br />

interessiert.<br />

Naturstrom AG<br />

9,50<br />

34,50<br />

631,50<br />

976,50<br />

1321,50<br />

www.naturstrom.<strong>de</strong><br />

0211/77 90 04 44


Aktuelles<br />

Nummer 29<br />

Die EDV kennt Sie genau<br />

Biometrische Verfahren für die Totalüberwachung<br />

Das Das Wissen Wissen über über die die Über Überwachung Über wachung <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r menschlichen menschlichen Kommunikation<br />

Kommunikation<br />

durch durch durch Computer Computer Computer ist ist ist inzwischen inzwischen weit weit verbreitet. verbreitet. Der Der geringe geringe Wi<strong>de</strong>rstand<br />

Wi<strong>de</strong>rstand<br />

Wer einen Tag lang in <strong>de</strong>r Londoner<br />

City unterwegs ist, wird<br />

etwa 400 mal gefilmt. Die<br />

200.000 London<strong>de</strong>r Vi<strong>de</strong>okameras<br />

erfassen je<strong>de</strong>n Menschen<br />

durchschnittlich alle 3 Minuten.<br />

Noch nach mehreren Tagen<br />

kann festgestellt wer<strong>de</strong>n, wer<br />

wann in welche Richtung gegangen<br />

ist. Neben <strong>de</strong>n Gesichtern<br />

<strong>de</strong>r Menschen blicken die Kameras<br />

auf Nummernschil<strong>de</strong>r von<br />

Autos. Sie wer<strong>de</strong>n elektronisch<br />

mit einem Register von gestohlenen<br />

Wagen abgeglichen, noch<br />

Tage später ist nachvollziehbar,<br />

wer wann in welche Richtung<br />

gefahren ist. Was heute nur mit<br />

<strong>de</strong>n Nummernschil<strong>de</strong>rn geschieht,<br />

wird <strong>de</strong>mnächst auch<br />

für die Gesichtserkennung Standard<br />

sein.<br />

Erste Tests eines FaceTrac–Systems<br />

in <strong>de</strong>n USA verliefen für<br />

die BefürworterInnen einer totalen<br />

Überwachung positiv. Im<br />

Januar wur<strong>de</strong>n die Gesichter<br />

von 100.000 uneingeweihten<br />

BesucherInnen <strong>de</strong>s »Sunday´s<br />

Super Bowl« in Tampa und Ybor<br />

City, Florida, von Überwachungskameras<br />

aufgezeichnet<br />

und in Sekun<strong>de</strong>nschnelle mit<br />

einer Datenbank von gesuchten<br />

Personen abgeglichen. Bei Übereinstimmungen<br />

wur<strong>de</strong>n die umherlaufen<strong>de</strong>n<br />

BeamtInnen informiert,<br />

um »schnelle und<br />

diskrete« Festnahmen zu tätigen.<br />

Die Biometrie ist die Wissenschaft<br />

vom Vermessen <strong>de</strong>s Lebens.<br />

Sie soll es Computern ermöglichen,<br />

Menschen zu<br />

unterschei<strong>de</strong>n. Verschie<strong>de</strong>ne<br />

Merkmale können dafür verwen<strong>de</strong>t<br />

wer<strong>de</strong>n: Fingerabdruck, Iris,<br />

Netzhautrückwand (Retina), Gesicht,<br />

Stimme, Handgeometrie,<br />

Körpergerüche und Gefühle sollen<br />

gemessen wer<strong>de</strong>n. Sogar eine<br />

Software, die auffälliges Verhalten<br />

feststellt, wird an <strong>de</strong>n Universitäten<br />

Leeds und Reading entwickelt.<br />

Für die Zugangskontrolle<br />

in beson<strong>de</strong>rs geheime Räume<br />

wer<strong>de</strong>n biometrische Verfahren<br />

bereits genutzt. Eine breite Anwendung<br />

wird <strong>de</strong>mnächst reali-<br />

siert. Die <strong>de</strong>utsche Bun<strong>de</strong>sregierung<br />

antwortete auf eine kleine<br />

Anfrage <strong>de</strong>r Abgeordneten Angela<br />

Marquardt schon im Sommer<br />

1999: »Der Einsatz biometrischer<br />

Verfahren an Geldautomaten ist<br />

in Vorbereitung«. Für die Kundin<br />

hätte das <strong>de</strong>n Vorteil, dass sie sich<br />

keine PIN–Nummer mehr für<br />

ihre diversen Chipkarten merken<br />

muss. Wer vergisst schon Finger,<br />

Gesicht o<strong>de</strong>r die Iris? Nachteil ist<br />

einerseits <strong>de</strong>r zusätzliche körperliche<br />

Scha<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r beim Raub eines<br />

Körperteils entstehen kann,<br />

an<strong>de</strong>rerseits die neuen Überwachungsmöglichkeiten<br />

für Staat<br />

und Wirtschaft.<br />

Prinzipiell kann man mit <strong>de</strong>r Biometrie<br />

je<strong>de</strong>n Menschen sein gan-<br />

Seite 7<br />

er ermöglicht er möglicht <strong>de</strong>n <strong>de</strong>n nächsten nächsten nächsten Schritt: Schritt: Auch Auch <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r nichtkommunizieren<strong>de</strong> nichtkommunizieren<strong>de</strong> Mensch<br />

Mensch<br />

kann kann anhand anhand von von von Körper Körpermerkmalen Körper merkmalen elektronisch elektronisch ver verfolgt ver folgt wer<strong>de</strong>n.<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

zes Leben lang verfolgen. Der<br />

Nutzung <strong>de</strong>r einmal erhobenen<br />

Körpermerkmale sind später keine<br />

Grenzen gesetzt. Wegen <strong>de</strong>r<br />

Aufstän<strong>de</strong> bei europäischen Gipfeltreffen<br />

wird schon über Ausreiseverbote<br />

für politisch missliebige<br />

Personen diskutiert. Bisher<br />

müssen Polizei und Bun<strong>de</strong>sgrenzschutz<br />

zu diesem Zweck mühsam<br />

die Personalien kontrollieren und<br />

Ausweisnummern in ihre Computer<br />

tippen. Mit <strong>de</strong>r Biometrie<br />

wird die völlige Durchsiebung <strong>de</strong>r<br />

Bevölkerung nach gesuchten Personen<br />

möglich. An Grenzen und<br />

Flughäfen könnten intelligente<br />

Kameras eingesetzt wer<strong>de</strong>n, die<br />

alle Reisen<strong>de</strong>n mit Datenbanken<br />

abgleichen. Wer in <strong>de</strong>n Datenban-<br />

ken als gesucht markiert wird, ist<br />

Sache <strong>de</strong>r Regierung. Während<br />

die rot–grüne Bun<strong>de</strong>sregierung<br />

jetzt vielleicht »nur« diejenigen<br />

eingeben wird, die für ein solidarisches<br />

und friedliches Europa<br />

<strong>de</strong>monstriert haben, kann die<br />

nächste Regierung die Datensätze<br />

von Schwulen o<strong>de</strong>r AktionärInnen<br />

einspeisen.<br />

Wie bei je<strong>de</strong>r Überwachungsaktivität<br />

ist dabei klar, dass sich<br />

Regierungen nicht an Gesetze<br />

halten. Der Angriffskrieg gegen<br />

Jugoslawien hat gezeigt, dass<br />

auch relativ <strong>de</strong>mokratisch gewählte<br />

<strong>de</strong>utsche Regierungen vor<br />

schwerster Staatskriminalität<br />

nicht zurückschrecken. Ein<br />

schlimmeres Verbrechen als das<br />

Führen eines Angriffskrieges ist<br />

im bun<strong>de</strong>s<strong>de</strong>utschen Rechtssystem<br />

nicht vorgesehen, daher<br />

dürften auch eklatante Verletzungen<br />

von Persönlichkeitsrechten<br />

zu keiner rechtsstaatlich wünschenswerten<br />

Verfolgung führen.<br />

Die Artikel 7 (Achtung <strong>de</strong>s Privat–<br />

und Familienlebens) und 8<br />

(Schutz personenbezogener Daten)<br />

<strong>de</strong>r EU–Grundrechtscharta<br />

stehen <strong>de</strong>r Rasterfahndung durch<br />

biometrische Kontrolle ebenso im<br />

Wege wie die im Grundgesetz garantierten<br />

Rechte <strong>de</strong>s Einzelnen<br />

gegenüber <strong>de</strong>m Staat.<br />

Die verschie<strong>de</strong>nen Verwendungsmöglichkeiten<br />

von Überwachungssystemen<br />

zeigten sich<br />

schon 1989 beim Massaker auf<br />

<strong>de</strong>m Pekinger Platz <strong>de</strong>s Himmlischen<br />

Frie<strong>de</strong>ns. Die fliehen<strong>de</strong>n<br />

DemonstrantInenn wur<strong>de</strong>n<br />

durch Aufnahmen einer als Verkehrslenkungssystemimportierten<br />

Technik i<strong>de</strong>ntifiziert. Damals<br />

dürften noch Menschen vor <strong>de</strong>n<br />

Monitoren gesessen haben, in<br />

Zukunft ermöglich <strong>de</strong>r Computer<br />

die Suche in kürzester Zeit. Die<br />

leben<strong>de</strong>n PolizistInnen können<br />

sich dann ganz auf die Bestrafung<br />

<strong>de</strong>r i<strong>de</strong>ntifizierten Personen konzentrieren<br />

– o<strong>de</strong>r auf die Entwicklung<br />

von Computern, die ihnen<br />

auch noch diese Arbeit abnehmen.<br />

Aus „Denkpause“ 13 (Informationszeitschrift von<br />

Ilka Schrö<strong>de</strong>r, www.ilka.org)


Aktuelles<br />

Atomkraftwerke wer<strong>de</strong>n immer sicherer<br />

AKWs sind nicht sicher gegen Terror<br />

(jr) (jr) Nach Nach <strong>de</strong>n <strong>de</strong>n V VVorkommnissen<br />

VV<br />

orkommnissen in in <strong>de</strong>n <strong>de</strong>n USA USA USA fürchten fürchten viele viele Menschen<br />

Menschen<br />

um um ihre ihre Sicherheit. Sicherheit. Sicherheit. Beson<strong>de</strong>rs Beson<strong>de</strong>rs bedroht bedroht wären wären hier hier hier aber aber diejenigen, diejenigen,<br />

diejenigen,<br />

die die in in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Nähe Nähe von von von Atomkraftwerken Atomkraftwerken leben, leben, da da diese diese das das potentielle<br />

potentielle<br />

Opfer Opfer neuer neuer T TTerroranschläge<br />

T erroranschläge sein sein könnten. könnten. Die Die Die von von uns uns allen allen so<br />

so<br />

geliebten geliebten T TTerroristen<br />

T erroristen wür<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>n natürlich natürlich auch auch auch Deutschland Deutschland angreifen,<br />

angreifen,<br />

AKWs sind auch meist zentralisiert,<br />

d.h. in <strong>de</strong>r Nähe von<br />

Städten, was die Sache für Terroristen<br />

noch leichte machen<br />

wür<strong>de</strong>. Allein um Ulm gibt es<br />

14 Atomreaktorblöcke in einem<br />

Umkreis von nur 200 km. Schon<br />

jetzt sind bei je<strong>de</strong>r Versicherung<br />

Schä<strong>de</strong>n durch Krieg und atomare<br />

Katastrophen ausgeklammert<br />

und die AKW-Betreiber<br />

sind hoffnungslos unter versichert,<br />

<strong>de</strong>nn welche Versicherung<br />

will schon jeman<strong>de</strong>n versichern,<br />

bei <strong>de</strong>m man dann<br />

Massen draufzahlt bei einem<br />

Unglück – man <strong>de</strong>nke nur an<br />

Tschernobyl.<br />

Lothar Hahn, Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

Reaktorsicherheit <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s,<br />

sagte in einem Interview mit <strong>de</strong>r<br />

taz , AKWs und Zwischenlager<br />

„sollen so ausgelegt sein, dass<br />

sie <strong>de</strong>n Absturz einer schnell<br />

fliegen<strong>de</strong>n Militärmaschine<br />

überstehen.“ Mit abstürzen<strong>de</strong>n<br />

Passagiermaschinen rechnet<br />

man nicht, auch wenn sie viel<br />

schwerer sind und <strong>de</strong>mentsprechend<br />

auch mehr Hitze beim<br />

Aufprall verursachen – ja sie<br />

sind im „Programm“ <strong>de</strong>r Kata-<br />

strophen anscheinend gar nicht<br />

vorgesehen.<br />

„Wir haben diesen Fall, über<br />

<strong>de</strong>n wir jetzt nach<strong>de</strong>nken, noch<br />

nicht durchgerechnet.“ Wenn<br />

also ein entführtes Flugzeug auf<br />

so ein AKW stürzt, dann wird<br />

Einem Anschlag wie in New York wäre dieses Atomkraftwerk nicht gewachsen<br />

sich wahrscheinlich erst mal zusammengesetzt<br />

und diskutiert,<br />

was man <strong>de</strong>nn jetzt wohl machen<br />

könnte. (O<strong>de</strong>r wird dort<br />

eher „gerechnet“?) Diese Ansicht<br />

wird noch in <strong>de</strong>r Aussage<br />

bestätigt, man habe mit <strong>de</strong>r Reaktorsicherheitskommission<br />

eine „spontane Diskussion“ geführt,<br />

da <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sumweltminister<br />

„bestimmte Fragen“ hatte.<br />

„Wir haben ein erstes<br />

Meinungsbild abgegeben, aber<br />

keine Empfehlung und haben<br />

festgestellt, dass es keine Analyse<br />

für solche Fälle gibt und<br />

dass ein absoluter Schutz illusorisch<br />

sein dürfte.“<br />

Also auf <strong>de</strong>utsch: Flugzeuge<br />

stürzen ab und wir halten Kaffeekränzchen!<br />

Lasst doch die<br />

Terroristen machen, was sie<br />

wollen! Momentan gibt es zwar<br />

einige wenige Organisationen,<br />

wie z.B. die Ulmer Ärzteinitia-<br />

Nummer 29<br />

tive, die die Bun<strong>de</strong>sregierung<br />

und AKW-Betreiber wie e:on<br />

und EnBW dazu auffor<strong>de</strong>rn, <strong>de</strong>n<br />

Betrieb <strong>de</strong>r Kraftwerke in Krisen-,<br />

bzw. Kriegszeiten einzustellen,<br />

aber man könnte dadurch<br />

ja wertvolles Geld<br />

verlieren, und so geschieht erst<br />

einmal nichts, da zu wenig<br />

Druck seitens <strong>de</strong>r Bevölkerung<br />

da ist.<br />

Aber dadurch, dass man alle Genehmigungsverfahrenunterbricht<br />

und alle AKWs bis auf<br />

weiteres schließt, kann man lei<strong>de</strong>r<br />

auch nicht allzuviel ausrichten,<br />

da die Flugzeuge nicht nur<br />

auf die Zwischenlager, son<strong>de</strong>rn<br />

auch auf die Kernkraftwerke<br />

selbst o<strong>de</strong>r irgendwelche wichtigen<br />

Nebengebäu<strong>de</strong> stürzen<br />

könnten. Man könnte also sagen,<br />

wir leben auf einer Zeitbombe<br />

namens Atomkraftwerk,<br />

die, wenn es einem Terroristen<br />

in <strong>de</strong>n Sinn kommt, mal eben<br />

so hochfliegen kann. Und da<br />

„ein technischer Schutz gegen<br />

kriegerische Einwirkungen und<br />

solche terroristische Anschläge<br />

nicht möglich ist“, können wir<br />

uns schon mal ein geruhsames<br />

Seite 9<br />

da da unser unser lieber lieber lieber Kanzler Kanzler ja ja ja so so klug klug klug war war, war , <strong>de</strong>n <strong>de</strong>n <strong>de</strong>n USA USA sofor sofort sofor t jegliche jegliche Ar Art Ar<br />

von von Hilfe Hilfe zuzusicher zuzusichern. zuzusicher n. AKWs AKWs sind sind wegen wegen ihrer ihrer Größe Größe Größe leichtleichtanzuanzu- steuer steuern<strong>de</strong> steuer n<strong>de</strong> terroristische terroristische Ziele Ziele mit mit mit einer einer verheeren<strong>de</strong>n verheeren<strong>de</strong>n verheeren<strong>de</strong>n Wirkung Wirkung in in <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r<br />

europäischen europäischen dichten dichten Besie<strong>de</strong>lung; Besie<strong>de</strong>lung; ein ein so so ausgelöster ausgelöster GAU GAU wür<strong>de</strong> wür<strong>de</strong><br />

wür<strong>de</strong><br />

weite weite T TTeile<br />

T eile Europas Europas unbewohnbar unbewohnbar machen.<br />

machen.<br />

Plätzchen zum sterben aussuchen.


Seite 10 Nummer 29<br />

„Atomthemen“ <strong>de</strong>r IPPNW<br />

Konzerne bestimmen die Atompolitik<br />

Die Die monatelangen monatelangen V VVerhandlungen<br />

V erhandlungen <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung Bun<strong>de</strong>sregierung mit mit <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r<br />

Atomwir Atomwirtschaft Atomwir tschaft hat hat hat <strong>de</strong>utlich <strong>de</strong>utlich gemacht, gemacht, wer wer in in in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Atompolitik Atompolitik das<br />

das<br />

Sagen Sagen hat: hat: hat: mächtige mächtige Atomkonzer<br />

Atomkonzerne Atomkonzer ne wie wie RWE, RWE, RWE, e.on, e.on, EdF/EnBW<br />

EdF/EnBW<br />

und und Siemens. Siemens. Schritt Schritt Schritt für für Schritt Schritt Schritt mußte mußte die die <strong>de</strong>mokratisch <strong>de</strong>mokratisch gewählte<br />

gewählte<br />

Atomkraftwerke,die von Siemens<br />

und Framatome mit Brennelementen<br />

versorgt, gewartet und<br />

nachgerüstet wer<strong>de</strong>n, ins gesamt<br />

rund 35 Jahre, d.h.über das Jahr<br />

2024 hinaus, betrieben<br />

wer<strong>de</strong>n.Von einer vorzeitigen Beendigung<br />

<strong>de</strong>r Nutzung <strong>de</strong>r Atomenergie<br />

in Deutschland kann also<br />

überhaupt keine Re<strong>de</strong> sein.<br />

Bürgschaften vom Steuerzahler<br />

für Siemens<br />

Der Atomkraftwerkshersteller<br />

Siemens erhält bei seinen Exportbemühungen<br />

von <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung<br />

je<strong>de</strong> Unterstützung.<br />

Erst wenige Monate im Amt gewährte<br />

die rot-grüne Bun<strong>de</strong>sregierung<br />

<strong>de</strong>r Siemens AG im Juli<br />

1999 eine 36-Millionen-Mark-<br />

Hermesbürgschaft für die Nachrüstung<br />

<strong>de</strong>s slowenischen Atomkraftwerks<br />

Krsko.Das finanzielle<br />

Risiko tragen also die Steuerzahler<br />

in Deutschland.Nicht das Unternehmen.<br />

Im März 2000 erhielt<br />

die Siemens AG eine Hermes-<br />

Bürgschaft für die Nachrüstung<br />

ihres in Argentinien errichteten<br />

schwerwasser-mo<strong>de</strong>rierten Reaktors<br />

Atucha-1. Der Reaktor, aus<br />

<strong>de</strong>m 1987 45 Tonnen radioaktives<br />

Wasser austraten, kann so<br />

jahrelang weiterbetrieben wer<strong>de</strong>n.<br />

Zeitgleich bekam Siemens<br />

noch eine Hermes-Bürgschaft für<br />

eine Zementieranlage für radioaktive<br />

Abfälle beim litauischen<br />

Atomkraftwerk Ignalina.Im Oktober<br />

2000 erteilte die Regierung<br />

Siemens eine Genehmigung für<br />

<strong>de</strong>n Export <strong>de</strong>r Hanauer Plutoniumfabrik<br />

nach Russland, <strong>de</strong>ren<br />

Betrieb in Deutschland nicht genehmigt<br />

wur<strong>de</strong>.<br />

Vier neue Atomreaktoren<br />

Die rot-grüne Bun<strong>de</strong>sregierung<br />

beteiligt sich zugunsten von Siemens<br />

und Framatome an <strong>de</strong>r Finanzierung<br />

von vier neuen<br />

Atomkraftwerksblöcken in China<br />

und in <strong>de</strong>r Ukraine. Alle vier<br />

Atomreaktoren sind vom russischen<br />

Typ WWER-1000.<br />

Im März 2000 gewährte eine<br />

<strong>de</strong>utsche Bun<strong>de</strong>sregierung erst-<br />

mals nach 20 Jahren wie<strong>de</strong>r eine<br />

Hermes-Bürgschaft für <strong>de</strong>n Neubau<br />

eines Atomkraftwerkes. So<br />

kann sich <strong>de</strong>r Siemens-Konzern<br />

<strong>ohne</strong> eigenes finanzielles Risiko<br />

an <strong>de</strong>r Errichtung <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n<br />

Atomkraftwerksblöcke<br />

Tianwan in <strong>de</strong>r chinesischen<br />

Son<strong>de</strong>rwirtschaftszone Lianyun-<br />

gang beteiligen. Im Dezember<br />

2000 ermöglichte die rot-grüne<br />

Bun<strong>de</strong>sregierung mit ihrer Enthaltung<br />

im Direktorium <strong>de</strong>r Europäischen<br />

Bank für Wie<strong>de</strong>raufbau<br />

und Entwicklung (EBRD)die<br />

Finanzierung von zwei neuen<br />

Atomkraftwerken mitten in Europa.<br />

Mit EU-Krediten in Höhe<br />

von rund 1,5 Milliar<strong>de</strong>n DM für<br />

Siemens und Framatome können<br />

nun die ukrainischen Bauruinen<br />

Khmelnitzki-2 und Rowno-4<br />

(K2R4) fertiggestellt wer<strong>de</strong>n. Im<br />

Gegensatz zu Deutschland zeigten<br />

acht Staaten Rückgrat und<br />

stimmten gegen diese Atomkredite.<br />

Siemens und Framatome: Neuer<br />

Atomkonzern Nr. 1<br />

Siemens und die französische<br />

Atomfirma Framatome haben ihr<br />

Atomgeschäft in eine gemeinsame<br />

Tochtergesellschaft zusammengeführt:<br />

Framatome ANP ist<br />

jetzt <strong>de</strong>r weltweit führen<strong>de</strong> Anbieter<br />

von Atomtechnik.<br />

Der einst führen<strong>de</strong>, US-amerikanische<br />

Atomkraft werksherstell-<br />

er Westinghouse verabschie<strong>de</strong>te<br />

sich 1998 vollständig aus <strong>de</strong>m<br />

Atomgeschäft. Die schwedischschweizerische<br />

ABB stieg En<strong>de</strong><br />

1999 aus. Siemens und Framatome<br />

hingegen machen unbeirrt<br />

weiter.Die gemeinsame Tochtergesellschaft<br />

Framatome ANP ist<br />

weltweit die Nr.1 bei Bau, Nach-<br />

rüstung, Wartung und Brennelementeversorgung<br />

von Atomkraftwerken.<br />

Siemens hält an<br />

<strong>de</strong>m Unternehmen einen Anteil<br />

von 34%, Framatome gehören<br />

66%. Für Siemens und Framatome<br />

mit ihrem Marktanteil von<br />

40% gibt es praktisch nur noch<br />

zwei be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> „Konkurrenten<br />

„ auf <strong>de</strong>m Weltmarkt für Atomtechnik:<br />

BNFL mit 20%und General<br />

Electric mit 11%.Mit bei<strong>de</strong>n<br />

Konzernen laufen zahlreiche<br />

Kooperationen.<br />

Siemens entwickelt einen neuen<br />

Atomreaktor<br />

Siemens und Framatome entwikkeln<br />

seit Jahren einen neuen<br />

Atomreaktor: <strong>de</strong>n sogenannten<br />

„Europäischen Druckwasser-Reaktor<br />

(EPR)“. Der Prototyp soll<br />

in Deutschland, in Frankreich<br />

o<strong>de</strong>r im benachbarten Osteuropa<br />

errichtet wer<strong>de</strong>n.<br />

Siemens boykottieren<br />

Wenn gewählte Regierungen sich<br />

nicht mehr gegen mächtige<br />

Atomkonzerne durchsetzen<br />

Beilage: Atomthemen<br />

Bun<strong>de</strong>sregierung Bun<strong>de</strong>sregierung zurückweichen zurückweichen und und willigte willigte im im vergangenen vergangenen Som- SomSom- mer mer schließlich schließlich schließlich in in einen einen umfassen<strong>de</strong>n umfassen<strong>de</strong>n Bestandsschutz Bestandsschutz für für die die 19<br />

19<br />

<strong>de</strong>utschen <strong>de</strong>utschen <strong>de</strong>utschen Atomkraftwerke Atomkraftwerke Atomkraftwerke ein.Nach ein.Nach <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r V VVereinbarung<br />

V ereinbarung dür dürfen dür fen die<br />

die<br />

von von Siemens Siemens errichteten<br />

errichteten<br />

können,bleibt nur eins: Druck <strong>de</strong>r<br />

unzufrie<strong>de</strong>nen Verbraucherinnen<br />

und Verbraucher auf die Atomindustrie<br />

selbst. Ein Boykott von<br />

Siemens-Produkten kratzt am<br />

Image <strong>de</strong>s Elektromultis und verursacht<br />

Umsatzeinbußen. Warum<br />

<strong>de</strong>nn noch bei Siemens<br />

kaufen,wenn <strong>de</strong>r Konzern unbeirrt<br />

am Atomgeschäft festhält?<br />

Eine Tochtergesellschaft von Siemens<br />

und Framatome ist <strong>de</strong>r<br />

weltweit führen<strong>de</strong> Anbieter von<br />

Atomkraftwerkstechnik. Siemens<br />

trägt so entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Verantwortung<br />

für <strong>de</strong>n Weiterbetrieb<br />

und für <strong>de</strong>n Bau neuer Atomkraftwerke.<br />

Mit <strong>de</strong>m Boykott von Siemens-Produkten<br />

soll das Unternehmen<br />

dazu bewegt wer<strong>de</strong>n, aus<br />

<strong>de</strong>m Atomgeschäft auszusteigen.<br />

Auch Siemens-Computer lösen die<br />

russischen Sicherheitsprobleme nicht<br />

Der ganze Stolz von Siemens ist<br />

die neue Sicherheitsleittechnik<br />

Teleperm XS. Immer öfter darf<br />

Siemens Atomkraftwerke russischen<br />

Typs damit „mo<strong>de</strong>rnisieren“.<br />

In <strong>de</strong>n meisten Fällen wird zwar<br />

mit <strong>de</strong>r Sicherheitsleittechnik<br />

ein mo<strong>de</strong>rnes, digitalesComputersystem<br />

in die Atomkraftwerke<br />

eingebaut. Doch die eigentlichen<br />

Sicherheitssysteme, die<br />

von <strong>de</strong>n Computern im Notfall<br />

aktiviert wer<strong>de</strong>n sollen,bleiben<br />

die alten.Dies gilt beispielsweise<br />

für die sogenannten Steuerstäbe,<br />

die im Notfall mit Hilfe<br />

ihrer Antriebsmotoren in <strong>de</strong>n<br />

Reaktorkern eingefahren wer<strong>de</strong>n<br />

und die Kettenreaktion unterbin<strong>de</strong>n<br />

sollen. Es geht um<br />

nicht weniger als um das schnelle<br />

Abschalten eines Atomkraftwerks.<br />

Dieses bei allen Atomkraftwerken<br />

problematische<br />

zentrale Sicherheitssystem erwies<br />

sich laut Internationaler<br />

Atomenergiebehör<strong>de</strong> IAEA –<br />

beim russischen Reaktortyp<br />

WWER-1000 als beson<strong>de</strong>rs<br />

störanfällig: Die Antriebsmotoren<br />

versagen häufig und die<br />

Steuerstäbe verbiegen leicht,


Beilage: Atomthemen<br />

weshalb sie nicht tief genug in<br />

<strong>de</strong>n Kern eingefahren wer<strong>de</strong>n<br />

können. Welchen Sinn es macht,<br />

neue Computersysteme<br />

einzubauen,dieses Abschaltsystem<br />

aber bei <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rnisierung<br />

nicht auszutauschen,<br />

bleibt das Geheimnis von Siemens.<br />

Siemens-Plutoniumfabrik für Russland<br />

Im Oktober 2000 erteilte die <strong>de</strong>utsche<br />

Bun<strong>de</strong>sregierung Siemens<br />

eine Genehmigung für <strong>de</strong>n Export<br />

<strong>de</strong>r Hanauer Plutoniumfabrik<br />

nach Russland in <strong>de</strong>n Südural.<br />

In <strong>de</strong>r nach einem schweren Unfall<br />

in einer Atombombenfabrik<br />

völlig verstrahlten Region, in <strong>de</strong>r<br />

die Menschen an „Tschernobyl-<br />

Aids“ lei<strong>de</strong>n und sterben, soll nach<br />

<strong>de</strong>n Vorstellungen von Siemens<br />

und <strong>de</strong>m russischen Atomministerium<br />

Waffenplutonium gemeinsam<br />

mit Uran<br />

zu Brennelementen für Atomkraftwerke<br />

verarbeitet wer<strong>de</strong>n.<br />

Die sogenannten Mischoxid Brennelemente<br />

(MOX)sollen jahrzehntelang<br />

in Ost und West in Atomkraftwerken<br />

„verheizt“<br />

wer<strong>de</strong>n.Sicherheitstechnisch erheblich<br />

vorteilhafter – und vermutlich<br />

auch billiger – wäre eine<br />

direkte Immobilisierung und Endlagerung<br />

<strong>de</strong>s Waffenplutoniums.<br />

Sieht Siemens kein Risiko darin,<br />

dass dadurch waffentaugliches<br />

Plutonium wesentlich länger im<br />

Umlauf bleibt als bei <strong>de</strong>r direkten<br />

Endlagerung? Will Siemens die<br />

atomare Abrüstung als neue Legitimation<br />

für <strong>de</strong>n Betrieb von<br />

Atomkraftwerken nutzen? Die<br />

MOX-Brennelemente sollen u.a.<br />

auch in Reaktoren vom Typ<br />

WWER-1000 eingesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Ein Teil <strong>de</strong>r plutoniumhaltigen<br />

Brennelemente könnte auch in<br />

<strong>de</strong>utschen Atomkraftwerken zum<br />

Einsatz kommen.<br />

Tschernobyl braucht keine neuen AKWs<br />

Nach einer repräsentativen Forsa-<br />

Umfrage im Auftrag <strong>de</strong>r Ärzteorganisation<br />

IPPNW vom Juli 1999<br />

wollen nur 13% <strong>de</strong>r Bevölkerung<br />

in Deutsch-land, dass <strong>de</strong>r Westen<br />

neue Atomkraftwerke in <strong>de</strong>r<br />

Ukraine (K2R4) als Ersatz für<br />

Tschernobyl finanziert. 79% plädieren<br />

hingegen für nichtatomare<br />

Alternativen.<br />

75% lehnen es generell ab, dass<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche Atom konzern Siemens<br />

in Osteuropa Atomkraftwerke<br />

baut, aus <strong>de</strong>nen dann Atom-<br />

strom unter an<strong>de</strong>rem nach<br />

Deutschland geliefert wird, ermittelte<br />

das Meinungsfor schungsinstitut.<br />

Nur 15% befürworten dieses<br />

Vorhaben von Siemens.<br />

Siemens-Boykott wirkt global<br />

In Deutschland ist <strong>de</strong>rzeit ein<br />

neues Atomkraftwerk kaum<br />

durchsetzbar. An<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>n<br />

wirtschaftlich darnie<strong>de</strong>rliegen<strong>de</strong>n<br />

Staaten Osteuropas. Zwar<br />

wollte die Ukraine eigentlich<br />

Gaskraftwerke als Ersatz von<br />

Tschernobyl bauen. Doch das<br />

wur<strong>de</strong> von Deutschland und<br />

Frankreich abgelehnt. Sie drängten<br />

die Ukraine offensichtlich<br />

zugunsten von Siemens und<br />

Framatome zum Bau zweier<br />

Atomkraftwerke (K2R4). Wer<br />

nicht damit einverstan<strong>de</strong>n ist,<br />

dass Siemens Atomkraftwerke<br />

jetzt in an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn durchsetzt,<br />

kann mit einem einfachen<br />

Mittel auf die Geschäftspolitik<br />

<strong>de</strong>s Unternehmens Einfluß nehmen:<br />

Keine Siemens-Produkte<br />

mehr kaufen.<br />

Der Wirtschaftsminister ist ein Minister<br />

<strong>de</strong>r Wirtschaft<br />

Die atomindustrie-freundliche<br />

Politik <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung wird<br />

maßgeblich von Bun<strong>de</strong>swirtschaftsminister<br />

Werner Müller,<br />

einem ehemaligen Manager <strong>de</strong>s<br />

Atomkonzerns VEBA, durchgesetzt.<br />

Medienberichten zufolge<br />

könnte Müller nach getaner Arbeit<br />

bald wie<strong>de</strong>r in die Atomindustrie<br />

zurückkehren: als Manager von<br />

e.on, Deutschlands größtem<br />

Atomkraftwerksbetreiber, <strong>de</strong>r aus<br />

<strong>de</strong>n Firmen VEBA (Tochter: PreussenElektra)<br />

und VIAG (Bayernwerk)<br />

hervorgegangenen ist und<br />

Nummer 29<br />

sich in Werbesendungen gerne<br />

mit „neuer Energie“ schmückt.<br />

Siemens verliert in <strong>de</strong>r Türkei<br />

Siemens und Framatome sind in<br />

<strong>de</strong>r Türkei zum dritten Mal mit<br />

<strong>de</strong>m Versuch gescheitert, am<br />

erdbebengefähr<strong>de</strong>ten Standort<br />

Akkuyu ein Atomkraftwerk <strong>de</strong>r<br />

technisch veralteten Konvoi-<br />

Klasse zu errichten.Wie Teilnehmer<br />

von einer Pressekonferenz in<br />

Istanbul im Vorfeld <strong>de</strong>r Entscheidung<br />

berichten, habe Siemens/<br />

Framatome-Manager Ulrich Fischer<br />

dort lapidar erklärt, man<br />

könne <strong>de</strong>n anfallen<strong>de</strong>n Atommüll<br />

problemlos in <strong>de</strong>n Taurus<br />

Bergen vergraben.<br />

Neubau in Taiwan<br />

In Taiwan beteiligt<br />

sich Siemens<br />

an <strong>de</strong>r Errichtung<br />

<strong>de</strong>s 1300-Megawatt-Atomkraftwerks<br />

Lungmen.<br />

Neubau in China<br />

Neben <strong>de</strong>m chinesischenAtomkraftwerkTianwan,<br />

welches mit<br />

einer Hermes-<br />

Bürgschaft abgesichert<br />

wur<strong>de</strong>, beteiligt<br />

sich<br />

Siemens in China<br />

auch am Neubau<br />

<strong>de</strong>s Atomkraftwerks Ling Ao. Das<br />

Kraftwerk in <strong>de</strong>r Provinz Guang<br />

Dong besteht aus zwei Blöcken<br />

mit jeweils 1000 Megawatt elektrischer<br />

Leistung.<br />

Fertigstellung Slowakei<br />

Unter maßgeblicher Beteiligung<br />

von Siemens und Framatome ging<br />

in <strong>de</strong>r Slowakei das Atomkraftwerk<br />

Mochovce ans Netz. Es weist<br />

schwerwiegen<strong>de</strong> Sicherheitsmängel<br />

auf: extremer Neutronenbeschuß<br />

<strong>de</strong>s Reaktordruckbehälters,<br />

beengter Verlauf <strong>de</strong>r Kühlleitungen,<br />

hohe Rotationsgeschwindigkeit<br />

<strong>de</strong>r Turbinen, fehlen<strong>de</strong> Sicherung<br />

gegen Flugzeugabstürze,<br />

fragwürdiges Druckentlastungssystem<br />

für einen Kernschmelzunfall<br />

und vieles mehr.<br />

Bomben für Brasilien<br />

Nach 24-jähriger Bauzeit hat<br />

Siemens im vergangenen Jahr in<br />

Brasilien <strong>de</strong>n 1300-Megawatt-<br />

Atomkraftwerksblock Angra-2<br />

fertiggestellt. Das Atomkraft-<br />

Seite 11<br />

werk steht in einem erdbebengefähr<strong>de</strong>ten<br />

Gebiet. Erst nach<strong>de</strong>m<br />

beim benachbarten Reaktor<br />

Angra-1 das Maschinenhaus<br />

absackte (<strong>de</strong>r Reaktorwar glücklicherweise<br />

nicht in Betrieb),<br />

wur<strong>de</strong>n für Angra-2 rund 1000<br />

Betonpfähle von 40 bis 80 Meter<br />

Länge als Fundament in <strong>de</strong>n<br />

Bo<strong>de</strong>n gerammt. Angra-2 ist das<br />

späte Resultat <strong>de</strong>s berüchtigten<br />

<strong>de</strong>utsch-brasilianischen Atomabkommens<br />

aus <strong>de</strong>m Jahre<br />

1975, mit <strong>de</strong>m die brasilianische<br />

Militärregierung an die Technologie<br />

zum Bau von Atombomben<br />

kommen wollte. Siemens<br />

lieferte nukleare Technologien<br />

und Know-how.<br />

Zentraler Konstruktionsfehler im<br />

Reaktorkern<br />

Die Beteiligung von Siemens<br />

und Framatome am Bau von<br />

Atomkraftwerken <strong>de</strong>s russischen<br />

Typs WWER-1000 in China<br />

(Tianwan), in <strong>de</strong>r Ukraine<br />

(K2R4) und künftig eventuell<br />

auch in Russland (Kalinin,<br />

Rostow) wird mit <strong>de</strong>m Gewinn<br />

an Sicherheit begrün<strong>de</strong>t. Hierbei<br />

ist zu beachten, dass die<br />

Atomkraftwerke dieses Typs einen<br />

in Relation zur großen Leistung<br />

viel zu kleinen Reaktordruckbehälter<br />

haben. Der<br />

Behälter ist nur geringfügig größer<br />

als die entsprechen<strong>de</strong> Kompontente<br />

bei Vorläuferanlagen<br />

mit einer nur halb so großen<br />

elektrischen Leistung. Der Reaktortyp<br />

gilt daher selbst bei<br />

<strong>de</strong>n Experten <strong>de</strong>r Internationalen<br />

Atomenergiebehör<strong>de</strong> IAEA<br />

als äußerst labil. Es kann im<br />

Kernbereich zu gefährlichen<br />

Schwingungen und Temperaturverteilungen<br />

kommen. Dieser<br />

zentrale Konstruktionsfehler<br />

kann auch durch die Beteiligung<br />

von Siemens und Framatome<br />

nicht behoben wer<strong>de</strong>n.<br />

„Tschernobyl“– Strom für Deutschland?<br />

Der von Siemens und Framatome<br />

primär für Deutschland und<br />

Frankreich konzipierte „Europäische<br />

Druckwasser-Reaktor<br />

(EPR)“ könnte im westlichen<br />

Russland errichtet und <strong>de</strong>r<br />

Atomstrom nach Deutschland<br />

verkauft wer<strong>de</strong>n.<br />

Nach einem Bericht <strong>de</strong>r französischen<br />

Zeitung Le Mon<strong>de</strong> führten<br />

die G7-Staaten und die EU-<br />

Kommission bereits intensive<br />

Gespräche mit <strong>de</strong>m russischen


Seite 12 Nummer 29 Beilage: Atomthemen<br />

Atomministerium sowie mit<br />

Siemens und Framatome über<br />

eine mögliche Realisierung <strong>de</strong>s<br />

Atomreaktors EPR am westrussischen<br />

Standort Smolensk.Für<br />

das Zurückzahlen <strong>de</strong>r notwendigen<br />

Kredite für <strong>de</strong>n teuren<br />

EPR kommen, so ein Siemens<br />

Pressesprecher, Atomstromlieferungen<br />

in <strong>de</strong>n Westen in Betracht.<br />

Gleichzeitig berichtet die Siemens-Zeitschrift<br />

„Standpunk“<br />

von „Langfristplanungen“ für<br />

eine Stromtrasse ausgerechnet<br />

vom Atomkraftwerksstandort<br />

Smolensk über Warschau nach<br />

Berlin und Kassel. Über die<br />

Stromtrasse könnten 4000 Megawatt<br />

Elektrizität geleitet<br />

wer<strong>de</strong>n, mehr als doppelt so viel<br />

wie <strong>de</strong>r geplante Europäische<br />

Druckwasser-Reaktor erzeugt.<br />

Es bleibt zu fragen,ob dann auch<br />

Strom aus <strong>de</strong>n <strong>de</strong>rzeit in Smolensk<br />

betriebenen 4 Atomreaktoren<br />

vom Tschernobyl-Typ nach<br />

Deutschland geliefert wer<strong>de</strong>n<br />

soll.<br />

Klimaretter Atomenergie?<br />

Die drohen<strong>de</strong> Klimakatastrophe<br />

ist für Siemens u.a. ein willkom-<br />

menes Argument, um die Atomenergie<br />

weiter durchzusetzen.<br />

Doch die Fakten sprechen gegen<br />

<strong>de</strong>n Atomstrom. Nicht nur Energiesparmaßnahmen<br />

und regenerative<br />

Energien verursachen<br />

<strong>de</strong>utlich weniger Kohlendioxid<br />

Emissionen als die<br />

Atomenergie.Auch die Kraft-<br />

Wärme-Kopplung auf Erdgasba-<br />

sis unterbietet u.a.nach Studien<br />

<strong>de</strong>s Öko-Instituts und <strong>de</strong>s Wuppertal-Instituts<br />

die Atomenergie.<br />

Im übrigen erscheint es unredlich,<br />

wenn Unternehmen wie<br />

Siemens, die weltweit fossile<br />

Großkraftwerke errichten und<br />

am wachsen<strong>de</strong>n Autoverkehr<br />

verdienen, mit <strong>de</strong>m Klimaargument<br />

versuchen, die Nutzung<br />

<strong>de</strong>r Atomenergie zu rechtfertigen.<br />

Mit 2% zum <strong>de</strong>utschen Super-GAU<br />

Siemens/KWU hat alle 19 <strong>de</strong>rzeit<br />

in Deutschland betriebenen<br />

Atomreaktoren an <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n<br />

Standorten gebaut:<br />

Brunsbüttel, Sta<strong>de</strong>, Brokdorf,<br />

Krümmel, Lingen, Unterweser,<br />

Grohn<strong>de</strong>, Biblis, Philippsburg,<br />

Neckarwestheim, Gund-remmingen,<br />

Isar (Ohu) und Grafenrheinfeld.<br />

Bei einer durchschnittlichen Betriebszeit<br />

dieser Anlagen von 30<br />

Jahren liegt nach <strong>de</strong>n Zahlen <strong>de</strong>r<br />

offiziellen „Deutschen Risikostudie<br />

Kernkraftwerke „ das Risiko<br />

eines Super-GAU in<br />

Deutschland durch technisches<br />

Versagen bei 2%.Menschliches<br />

Versagen ist hierbei noch nicht<br />

berücksichtigt.Das Sicherheitskonzept<br />

selbst <strong>de</strong>r neuesten<br />

<strong>de</strong>utschen Atomanlagen stammt<br />

aus <strong>de</strong>n 70er Jahren. Bis Mitte<br />

<strong>de</strong>r achtziger Jahre hat man die<br />

Brisanz von Hochdruckkernschmelzen<br />

„überhaupt nicht gekannt<br />

„, so <strong>de</strong>r Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Reaktorsicherheitskommission,<br />

Lothar Hahn. Doch selbst <strong>de</strong>r<br />

von Siemens und Framatome<br />

konzipierte „Zukunftsreaktor<br />

EPR“ wird keinen Schutz vor<br />

<strong>de</strong>n gefürchteten „Hochdruckkernschmelzen“<br />

bieten.<br />

Hilfskräfte bei AKW-Wartung<br />

Siemens setzt bei <strong>de</strong>r Wartung<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Atomkraftwerke<br />

bis zu 40% „Hilfskräfte“ in 10-<br />

Stun<strong>de</strong>n-Schichten ein.<br />

Nach Angaben von Siemens<br />

sind die Hilfskräfte selbst bei<br />

Arbeiten am Abschaltsystem<br />

(Steuerstabantriebe) beteiligt.<br />

Wegen <strong>de</strong>s Zunehmen<strong>de</strong>n Kostendrucks<br />

aufgrund <strong>de</strong>r Strommarktliberalisierung<br />

wer<strong>de</strong>n sie<br />

in 10-Stun<strong>de</strong>n-Schichten in <strong>de</strong>n<br />

Strahlenbereichen eingesetzt.<br />

Um die Kosten für <strong>de</strong>n Reaktorbetrieb<br />

zu reduzieren, wer<strong>de</strong>n<br />

zu<strong>de</strong>m die jährlichen „Revisionszeiten<br />

„, bei <strong>de</strong>nen einzelne<br />

Anlagenteile überprüft und repariert<br />

wer<strong>de</strong>n, immer stärker<br />

verkürzt. Es wer<strong>de</strong>n immer weniger<br />

Anlagenteile geprüft. Anstehen<strong>de</strong><br />

Reparaturen wer<strong>de</strong>n<br />

zeitlich hinausgezögert.<br />

Begrenzte Uranreserven<br />

Der Brennstoff <strong>de</strong>r Atomkraftwerke<br />

ist ebenso wie Öl, Gas und<br />

Kohle ein begrenzt vorhan<strong>de</strong>ner<br />

Rohstoff. Nach Angaben <strong>de</strong>s<br />

Atomkraftwerksherstellers Siemens<br />

beträgt die Reichweite <strong>de</strong>r<br />

Uranreserven beim Einsatz in<br />

Atomkraftwerken 90 Jahre. Die<br />

Nutzung <strong>de</strong>s Urans für wenige<br />

Jahrzehnte steht in keinem vernünftigen<br />

Verhältnis zur Produktion<br />

von Atommüll, <strong>de</strong>r für hun<strong>de</strong>rttausen<strong>de</strong><br />

von Jahren eine<br />

Gefahr für künftige Generationen<br />

darstellt.<br />

Vermögensschä<strong>de</strong>n<br />

Nach einer Studie <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>swirtschaftsministeriums<br />

ist bei<br />

einem Super-GAU in Deutschland<br />

mit finanziellen Schä<strong>de</strong>n bis<br />

zu 10 800 Milliar<strong>de</strong>n DM zu<br />

rechnen. Das sind etwa 135 000<br />

DM pro Einw<strong>ohne</strong>r Deutschlands<br />

o<strong>de</strong>r über eine halbe Million<br />

für eine 4-köpfige Familie.<br />

Die Atomkraftwerksbetreiber<br />

haben aber nur Versicherungen<br />

mit einer Deckungssumme von<br />

maximal 1 Milliar<strong>de</strong> DM. Die<br />

Summe reicht für Entschädigungen<br />

von durchschnittlich 12,50<br />

DM je Einw<strong>ohne</strong>r in Deutschland.<br />

Tanken mit Köpfchen<br />

Atomkonzerne verkaufen neben<br />

Strom auch Benzin. Deutschlands<br />

größte Tankstellenfirma<br />

Aral gehört e.on und damit <strong>de</strong>m<br />

führen<strong>de</strong>n Atomkraftwerksbetreiber<br />

Deutschlands. Die DEA<br />

gehört <strong>de</strong>m Atomkonzern RWE.<br />

Je<strong>de</strong>/Je<strong>de</strong>r kann sich<br />

überlegen,ob er/sie nicht gezielt<br />

auf Aral und DEA verzichtet,<br />

wenn ihm die Atomenergiepolitik<br />

dieser bei<strong>de</strong>n Konzerne mißfällt.<br />

Siemens – Boykott ist praktisch<br />

Wer <strong>de</strong>n Atomgeschäften von<br />

Siemens ein En<strong>de</strong> setzen will,<br />

sollte beim nächsten Kauf eines<br />

Elektrogerätes daran <strong>de</strong>nken:<br />

Kein Produkt von Siemens.<br />

Und vergessen Sie nicht, Siemens<br />

kurz die Grün<strong>de</strong> für Ihre<br />

Kaufentscheidung mitzuteilen:<br />

Siemens AG, Vorstand, Wittelsbacherplatz<br />

2, 80333 München,<br />

O<strong>de</strong>r nutzen Sie einfach unser<br />

Mail-Formular im Internet:<br />

www.siemens-boykott.<strong>de</strong>.<br />

Herausgeber: Deutsche Sektion <strong>de</strong>r Internationalen<br />

Ärzte für die Verhütung <strong>de</strong>s Atomkrieges/Ärzte<br />

in sozialer Verantwortung e.V.<br />

(IPPNW)<br />

Adresse: Körtestraße 10 10967 Berlin Tel:<br />

030 -693 02 44 Fax.: 030- 693 81 66 E-Mail:<br />

ippnw@ippnw.<strong>de</strong>. Henrik Paulitz (V.i.S.d.P.).<br />

Stand: Juni 2001.<br />

Spen<strong>de</strong>nkonto: IPPNW Nr. 600 423 55 Sparkasse<br />

Rastatt-Gernsbach BLZ 665 500 70<br />

Stichwort: „Siemens“


Nummer 29<br />

Seite 13


Anzeige<br />

Seite 14 Nummer 29


Nummer 29<br />

Seite 15


Seite 16 Nummer 29


Neues aus <strong>de</strong>r Jugendumweltbewegung<br />

Mitmachen und die Umwelt retten<br />

Mein erster Jugendumweltkongreß<br />

„Bun<strong>de</strong>sweiter „Bun<strong>de</strong>sweiter Jugendumweltkongreß“ Jugendumweltkongreß“ Jugendumweltkongreß“ – – hm, hm, ein ein bie<strong>de</strong>rer bie<strong>de</strong>rer Fachkon- FachkonFachkongreßgreß mit mit vielen vielen vielen Jugendlichen, Jugendlichen, die die nur nur Re<strong>de</strong>n Re<strong>de</strong>n und und doch doch nichts nichts tun? tun? WieWie-<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r so so `ne `ne "Laber-Gähn- "Laber-Gähn- W WWo<br />

W o ist ist das das Pausenbuf Pausenbuf Pausenbuffet-V<br />

Pausenbuf fet-V fet-Veranstaltung"- fet-V eranstaltung"- schoss<br />

schoss<br />

mir mir während während <strong>de</strong>s <strong>de</strong>s erstens erstens Lesens Lesens <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Anzeige Anzeige durch durch <strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Kopf Kopf – – über<br />

über<br />

100 100 (praktische) (praktische) WW<br />

Workshops WW<br />

orkshopsorkshops zu zu vielfältigen vielfältigen vielfältigen Öko-Themen, Öko-Themen, DiskussioDiskussio-<br />

nen nen im im Debattiercafe, Debattiercafe, wirksame wirksame Spontanaktionen, Spontanaktionen, Kulturprogramm Kulturprogramm Kulturprogramm und<br />

und<br />

Schon im Zug erkenne ich sie,<br />

die an<strong>de</strong>ren Teilis: Vollgepackt<br />

mit Rucksäcken, Instrumenten<br />

und witzigen Plakaten freuen<br />

sich wie ich voller Spannung auf<br />

diese Woche!<br />

In <strong>de</strong>r Jukßschule ent<strong>de</strong>cke ich<br />

noch viel mehr ähnlich ausgestatteIndividu-<br />

en, die ebenfalls<br />

in froher Erwartung<br />

munter<br />

durch die Gegend<br />

zappeln...<br />

Bei <strong>de</strong>r Anmeldung<br />

wer<strong>de</strong> ich<br />

mit einem Jukß-<br />

Rea<strong>de</strong>r, einer<br />

"Ich darf hier<br />

sein – Perle" und<br />

einem Lächeln<br />

begrüßt. Nach<br />

leckerem Biofood<br />

durch das<br />

kreative Kochkollektiv"Rampenplan"<br />

aus<br />

Holland, helfe<br />

ich beim Spülen...<br />

Dabei<br />

freue ich mich<br />

über die lustige Mischung an<br />

Leuten von überall her und meine<br />

Ängste, hier nieman<strong>de</strong>n zu<br />

kennen, lösen sich in Win<strong>de</strong>seile<br />

auf.<br />

Nach getaner Arbeit spurten wir<br />

alle zum Begrüßungsplenum in<br />

die Aula, und ich staune über das<br />

Selbstverwaltungsmo<strong>de</strong>ll: Alle<br />

anstehen<strong>de</strong>n Entscheidungen,<br />

die <strong>de</strong>n ganzen Kongreß betreffen,<br />

sollen im Konsens getroffen<br />

wer<strong>de</strong>n. Ich spüre Skepsis und<br />

Spannung zu gleich. Und morgen<br />

wird sich das Vorbereitungsteam<br />

auflösen, und die Aufgaben<br />

<strong>de</strong>s Kongresses wer<strong>de</strong>n in unsere<br />

Hän<strong>de</strong> gegeben... Bei <strong>de</strong>r Aufgabengruppe<br />

"Sanis" mel<strong>de</strong> ich<br />

mich gleich an. Danach stehe ich<br />

unentschlossen zwischen all <strong>de</strong>n<br />

Themen <strong>de</strong>r Bezugsgruppen,<br />

"Liebe & Kommunikation" isses,<br />

bin ja mal gespannt. Am Abend<br />

freue ich mich, bekannte Gesichter<br />

im Kulturcafe <strong>de</strong>s Jukßes zu<br />

ent<strong>de</strong>cken und <strong>de</strong>n Tag dort ausklingen<br />

zu lassen. Noch voll mit<br />

neuen Eindrücken begutachte<br />

ich die Unterkunft: Eine riesige<br />

Turnhalle. Damit An<strong>de</strong>re nicht<br />

auf <strong>de</strong>m Weg zum Klo über mich<br />

drüberstol-<br />

pern und ich<br />

aus schönen<br />

Träumen erwache,<br />

lasse<br />

ich mich zum<br />

Schlafen unter<br />

freiem<br />

Himmel verlocken...<br />

Damals, während<br />

ich die<br />

Sterne bestaunte,<br />

konnte ich<br />

noch nicht erahnen,<br />

was<br />

auf solch einem<br />

Jukß alles<br />

auf einen<br />

zukommen<br />

kann: Diese<br />

Woche war<br />

ein unvergeßlicher Überraschungsmix<br />

aus Spaß, Spannung,<br />

Spiel (und manchmal auch<br />

Schokola<strong>de</strong>), je<strong>de</strong>r Menge I<strong>de</strong>en<br />

und ganz wichtig – Taten!<br />

Wie <strong>de</strong>r Name schon sagt, ist <strong>de</strong>r<br />

Jukß ein Sammelsurium von<br />

Leutchens, die – nicht ganz trokken<br />

hinter <strong>de</strong>n Ohren (scheinend)<br />

– sich Sorgen machen über<br />

unsere (Um-)Welt und dabei<br />

ihre Träume und die Lust am Leben<br />

nicht vergessen wollen. Und<br />

weil Sorgen machen, träumen<br />

und leben gemeinsam schöner<br />

ist, breche ich alle Jahre wie<strong>de</strong>r,<br />

am zweiten Weihnachtsfeiertag,<br />

zum Jukß auf!<br />

Ach ja, Jukß heißt in lang übrigens<br />

Jugendumweltkongreß.<br />

Der „Jukß“ auf einen Blick<br />

9. Jugendumweltkongress<br />

vom 26.12.2001 bis<br />

02.01.2002 in Dres<strong>de</strong>n.<br />

Thematische Schwerpunkte:<br />

An<strong>de</strong>rs Leben & Arbeiten,<br />

Armut in Deutschland,<br />

Rechtsextremismus,<br />

Ökologiegrundlagen.<br />

Kostet 90 bis 130 DM, je<br />

nach Selbsteinschätzung;<br />

falls das schwierig für dich<br />

ist, mel<strong>de</strong> dich einfach im<br />

Büro.<br />

Infos bei Steffi: Jukß-Büro,<br />

c/o Grüne Liga e.V.<br />

Schützengasse 16<br />

01067 Dres<strong>de</strong>n<br />

Tel.: 0351/ 4943374<br />

Internet: www.jukss.<strong>de</strong><br />

"Dein erster Jukß?"<br />

Dieses Jahr fin<strong>de</strong>t er in Dres<strong>de</strong>n<br />

statt. Und freue mich, daß wir<br />

Nummer 29<br />

Seite 17<br />

Selbstbestimmung- Selbstbestimmung- und und das das alles alles mit mit ca. ca. 800 800 800 jungen jungen Menschen Menschen lese<br />

lese<br />

ich ich weiter; weiter; das das schau` schau` ich ich mir mir mal mal an. an. V VVor<br />

V Vor<br />

or lauter lauter lauter verbohr verbohrten verbohr ten Ökos<br />

Ökos<br />

kann kann ich ich ja ja immer immer noch noch noch flüchten! flüchten! Meinen Meinen Schlafsack, Schlafsack, die die die T TTrommel,<br />

T rommel,<br />

Zahnbürste, Zahnbürste, Zahnbürste, das das Notklopapier<br />

Notklopapier, Notklopapier , meine meine Lieblingstasse, Lieblingstasse, die die Jongliersa- JongliersaJongliersa- chen chen und und ein ein ein Zug Zug Richtung Richtung Richtung Göttingen Göttingen zum zum Jukß Jukß fin<strong>de</strong>n fin<strong>de</strong>n sich sich rasch, rasch, um<br />

um<br />

mich mich auf auf das das das neue neue Abenteuer Abenteuer namens namens namens „Jukß“ „Jukß“ einzulassen.<br />

einzulassen.<br />

endlich mal wie<strong>de</strong>r in Ost<strong>de</strong>utschland<br />

eine Woche lang zusammen<br />

träumen, lachen, lieben,<br />

toben, singen und kämpfen. Ich<br />

bin mal gespannt auf die Antwort<br />

Gerhard Schönes zu unserer<br />

Einladung zum Jukß, freue<br />

mich auf das 24 Stun<strong>de</strong>n Trommeln<br />

mit Schwitzhütte über Sylvester<br />

und die Spontan-Arbeitskreise<br />

<strong>de</strong>r Teilnehmer, wie<br />

Selbstversorgung, Zukunftswerkstätten,<br />

Tiefenökölogie, Naturerlebnisspiele,<br />

Malen,Frauen-<br />

Baumklettern, usw. Außer<strong>de</strong>m<br />

wird es wie<strong>de</strong>r die Möglichkeit<br />

zu einem Jukß-Fernsehen und<br />

Radio geben.<br />

Also, wenn ihr wollt, dann laßt<br />

uns das neue Jahr mit vielen bunten<br />

Leuten in Dres<strong>de</strong>n beginnen,<br />

<strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r absolute Knaller auf<br />

<strong>de</strong>m Jukß ist die Sylvesternacht<br />

<strong>ohne</strong> Böller!<br />

Steffi Ullrich


Seite 18 Nummer 29 Neues aus <strong>de</strong>r Jugendumweltbewegung<br />

Der Weltklimakonferenz wird ein Rettungsboot zugeschoben<br />

Präsi<strong>de</strong>nt Bush geht über Bord!<br />

Es Es ist ist ist müßig, müßig, darüber darüber zu zu <strong>de</strong>battieren: <strong>de</strong>battieren: <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Klimawan<strong>de</strong>l Klimawan<strong>de</strong>l fin<strong>de</strong>t fin<strong>de</strong>t statt.<br />

statt.<br />

Die Die Er<strong>de</strong> Er<strong>de</strong> er erwär er wär wärmt wär mt sich sich sich sehr sehr langsam, langsam, aber aber stetig, stetig, dadurch dadurch steigt steigt <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r<br />

Wasserspiegel, asserspiegel, Wüsten Wüsten machen machen sich sich breit breit breit und und und das das WW<br />

Wetter W Wetter<br />

etter spielt spielt verver-<br />

rückt. rückt. V VVor<br />

V or einigen einigen tausend tausend Jahren Jahren – – so so steht steht steht es es zumin<strong>de</strong>st zumin<strong>de</strong>st in in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bibel<br />

Bibel<br />

Das Symbol soll aber ein an<strong>de</strong>res<br />

sein. Es reicht nicht, Zuflucht zu<br />

suchen, um auf eine neue Welt<br />

zu warten. Als Hoffnungsträger<br />

fungieren diesmal keine Tiere<br />

son<strong>de</strong>rn Hun<strong>de</strong>rte von Planken,<br />

die Menschen aus aller Welt in<br />

Handarbeit bemalt und beschrieben<br />

haben, um ihre Wünsche,<br />

Hoffnungen und Gedanken <strong>de</strong>n<br />

Teilnehmern und Teilnehmerinnen<br />

<strong>de</strong>r Weltklimakonferenz in<br />

Bonn zukommen zu lassen. Ausgedacht<br />

haben sich die monatelang<br />

geplante Aktion die Friends<br />

Of The Earth Europe, die <strong>de</strong>utsche<br />

Sektion, <strong>de</strong>r Bund für Umwelt<br />

und Naturschutz Deutschland<br />

e.v. und die BUNDjugend.<br />

Am Samstag, <strong>de</strong>m 21. Juli 2001<br />

war es soweit: Das Gerüst steht<br />

noch einsam auf <strong>de</strong>m Münsterplatz,<br />

doch das än<strong>de</strong>rt sich<br />

schnell. Deutschlandweit kommen<br />

Busse und Bahnen aus über<br />

zwanzig Städten mit Demonstranten,<br />

auch aus fast allen europäischen<br />

Län<strong>de</strong>rn und sogar<br />

aus Japan, Kanada, <strong>de</strong>n USA und<br />

an<strong>de</strong>ren Entfernungen sind Menschen<br />

angereist, um beim Bau <strong>de</strong>s<br />

Rettungsbootes zu helfen. Insgesamt<br />

sind über 4000 Menschen<br />

aus mehr als 30 Län<strong>de</strong>r dabei.<br />

Obwohl die Menschen gebeten<br />

wer<strong>de</strong>n, blaue Kleidung zu tragen,<br />

damit das fertige Boot in einem<br />

Menschenmeer schwimmen<br />

kann, ist keine dominieren<strong>de</strong> Farbe<br />

festzustellen. Denn Kunterbunt<br />

sind die Planken, die die<br />

Menschen gemeinsam an das<br />

Boot nageln, in zig Sprachen mit<br />

mannigfaltigen Botschaften.<br />

"Save the Climate Treaty" ist vielleicht<br />

die meistgelesene For<strong>de</strong>rung,<br />

was wenig verwun<strong>de</strong>rt, weil<br />

es das Motto <strong>de</strong>r Demonstration<br />

ist. Auch auf japanisch, chinesisch,<br />

französisch, holländisch,<br />

indonesisch, russisch, schwedisch<br />

und vielen an<strong>de</strong>ren Sprachen<br />

sind Wünsche zu lesen. Den<br />

ganzen Vormittag wird gehämmert,<br />

gewerkelt und zum Schluss<br />

Platz für die übrig gebliebenen<br />

Planken gesucht. Selbst "Fuck<br />

Kioto" ist auf einer Planke zu lesen,<br />

<strong>de</strong>nn einige UmweltschützerInnen<br />

meinen, Kioto sei nicht<br />

ausreichend. Auf einer Planke<br />

wird gefragt: "Atmen – To<strong>de</strong>sstrafe<br />

a lá Bush?", an<strong>de</strong>re for<strong>de</strong>rn<br />

Letzte Rettung fürs Klima, die BUNDjugend baut eine neue Arche<br />

"Rettet <strong>de</strong>n Wald – aber nicht <strong>de</strong>n<br />

Bush!" o<strong>de</strong>r "Für ein Leben <strong>ohne</strong><br />

Gasmaske". "Ich kann nicht<br />

schwimmen" o<strong>de</strong>r "Umwelt<br />

schützen – Rad benützen" bemerken<br />

weitere Planken.<br />

Dann wird die Arbeit schweißtreibend.<br />

Das Boot, noch in fünf<br />

Einzelteilen, um es besser vom<br />

Platz auf die Straßen zu bugsieren,<br />

muss von vielen Freiwilligen<br />

die unzähligen Kilometer zum<br />

Kongresszentrum geschoben<br />

wer<strong>de</strong>n. Glücklicherweise wer<strong>de</strong>n<br />

sie von einem strahlend blauen<br />

Himmel und angenehmen Temperaturen<br />

unterstützt.<br />

Nach einigen Metern wird gestoppt,<br />

um das Boot aneinan<strong>de</strong>r<br />

zu hämmern und es wie eine echte<br />

Arche aussehen zu lassen. Reibungslos<br />

verläuft <strong>de</strong>r Trip trotz<strong>de</strong>m<br />

nicht. Mehrmals platzen die<br />

Reifen, die das Boot fahrtüchtig<br />

halten, unter <strong>de</strong>m Druck <strong>de</strong>r for<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n<br />

Planken zusammen. Das<br />

passiert Booten eben manchmal.<br />

Das erste Mal ist die Aufregung<br />

– – gab gab es es das das aus aus an<strong>de</strong>ren an<strong>de</strong>ren Grün<strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>n schon schon mal: mal: mal: eine eine gewaltige gewaltige Sint- SintSint- flut flut bedrohte bedrohte die die Menschheit. Menschheit. Die Die Lösung Lösung damals damals damals war war die die Arche Arche Noah, Noah,<br />

Noah,<br />

ein ein riesiges riesiges Rettungsboot. Rettungsboot. Jetzt, Jetzt, sehr sehr sehr viele viele Jahre Jahre später später wird wird es es Zeit<br />

Zeit<br />

für für ein ein weiteres weiteres Boot, Boot, die die "Arche "Arche Kioto".<br />

Kioto".<br />

groß, die Organisatoren ratlos,<br />

die Einsatzleiter <strong>de</strong>r Polizei ebenso.<br />

Spontan wird <strong>de</strong>r naheliegen<strong>de</strong>n<br />

Bibliothek ein fahrbarer Rolli<br />

entliehen, um <strong>de</strong>n Reifen gegen<br />

ein Hartgummirad austauschen<br />

zu können. Die an<strong>de</strong>ren bei<strong>de</strong>n<br />

Male sind Routine.<br />

Kurzzeitig entsteht etwas Aufregung,<br />

als die wenigen Polizisten,<br />

die die friedliche Demonstration<br />

begleiten, ihre Helme aufsetzen<br />

und Handschuhe anziehen.<br />

Grund ist die örtlich und zeitlich<br />

parallel stattfin<strong>de</strong> Solidaritäts<strong>de</strong>mo<br />

einer knappen Hun<strong>de</strong>rtschaft<br />

Autonomer mit <strong>de</strong>n Protesten in<br />

Genua, bei <strong>de</strong>r tags zuvor ein Demonstrant<br />

von <strong>de</strong>r Polizei erschossen<br />

wur<strong>de</strong>. Als die Autonomen<br />

versuchen, sich <strong>de</strong>r<br />

Bootsaktion anzuschließen, riegelt<br />

die Polizei <strong>de</strong>n Zugang ab<br />

und löst die Demonstration auf.<br />

Trotz<strong>de</strong>m schafft es <strong>de</strong>r Großteil,<br />

unter Beifall zur Rettungsboot-<br />

Demonstration zu gelangen.<br />

Es bleibt aber friedlich die letzten<br />

Meter zum Konferenzgelän<strong>de</strong>.<br />

Das Boot wird die letzten<br />

Meter nochmal getrennt, um die<br />

engen Straßen befahren zu können.<br />

Endgültig montiert lan<strong>de</strong>t es<br />

dann gut sichtbar auf <strong>de</strong>m Ro-<br />

bert-Schumann-Platz. Danach einige<br />

Re<strong>de</strong>n, unter an<strong>de</strong>rem von<br />

Angelika Zahrnt, mit Appellen an<br />

die Delegierten, sich mehr für<br />

<strong>de</strong>n Klimaschutz einzusetzen.<br />

Rückblickend war die Aktion ein<br />

großer Erfolg. Bis nach<br />

En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Konferenz<br />

blieb das Rettungsboot<br />

vor <strong>de</strong>m Tagungsort stehen,<br />

sodass die Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer<br />

gar nicht an<strong>de</strong>rs<br />

konnten als vor <strong>de</strong>m<br />

Boot anzuhalten und<br />

sich die Nachrichten<br />

durchzulesen. Einige<br />

nahmen sogar Planken<br />

mit nach Hause.<br />

Auch politisch setzte<br />

das Rettungsboot für<br />

<strong>de</strong>n Klimavertrag etwas<br />

in Bewegung – wenn<br />

auch nur eine Kompromisslösung.<br />

Am En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r Konferenz wur<strong>de</strong><br />

sich auf eine Umsetzung<br />

<strong>de</strong>s Kioto-Protokolls<br />

– auch <strong>ohne</strong> die<br />

Zustimmung <strong>de</strong>r USA - geeinigt.<br />

Zwar bleiben viel Schlupflöcher<br />

und Mängel, doch ein Signal ist<br />

gegeben wor<strong>de</strong>n. Am 2. August<br />

for<strong>de</strong>rte <strong>de</strong>r US-Senat Präsi<strong>de</strong>nt<br />

Bush auf, einen eigenen Vorschlag<br />

zum Klimaschutz einzureichen,<br />

<strong>de</strong>r anstelle <strong>de</strong>s Kioto-<br />

Protokolls auf <strong>de</strong>r nächsten<br />

Weltklimakonferenz bearbeitet<br />

wer<strong>de</strong>n soll. Gleichzeitig fangen<br />

aber Bohrungen nach Öl in einem<br />

Naturschutzgebiet in Alaska an.<br />

Was geschieht mit <strong>de</strong>m riesigen<br />

Boot jetzt? Am 2. August wur<strong>de</strong><br />

es unter <strong>de</strong>r Mithilfe von Kin<strong>de</strong>rn<br />

und Jugendlichen abgebaut. Den<br />

Großteil <strong>de</strong>s Materials erhielt die<br />

Jugendfarm Bonn e. V. für ihren<br />

Bauspielplatz. Weitere Planken<br />

wer<strong>de</strong>n im Deutschen Historischen<br />

Museum in Berlin ausgestellt<br />

wer<strong>de</strong>n. An<strong>de</strong>re gehen an<br />

das Haus <strong>de</strong>r Geschichte in Bonn.<br />

Und <strong>de</strong>r Klimawan<strong>de</strong>l geht weiter<br />

- jetzt erst recht die Er<strong>de</strong> retten!<br />

Robert Kneschke


Hintergrund Zucker<br />

Klebrig vermutlich<br />

Die bittere Geschichte <strong>de</strong>s Zuckers<br />

(go) (go) Zucker Zucker ist ist süß süß für für die, die, die die die ihn ihn essen, essen, essen, süßer süßer für für die, die, die die die von von von ihm<br />

ihm<br />

Gewinne Gewinne einstreichen, einstreichen, und und und bitter bitter für für jene, jene, die die ihn ihn produzieren produzieren müssen.“<br />

müssen.“<br />

(Sprichwor (Sprichwort (Sprichwor t von von <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r „Zuckerinsel“) „Zuckerinsel“) Ü ÜÜberall<br />

Ü berall ist ist ist er er er, er er,<br />

, versteckt versteckt o<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r of offen- of fen<br />

Dabei war Zucker bis ins 19.Jhd.<br />

ein Luxusgut, <strong>de</strong>nn er wur<strong>de</strong> einzig<br />

aus Zuckerrohr gewonnen, welches<br />

eben nur unter tropischen<br />

Bedingungen anzubauen ist. Nach<br />

und nach ersetzte <strong>de</strong>r Rohrzucker<br />

<strong>de</strong>n Honig als gebräuchlichen Süßstoff.<br />

1319 kam erstmals Rohrzucker<br />

nach England und 1390 war er in<br />

Schwe<strong>de</strong>n bekannt. Einige Zeit<br />

später setzte in Europa eine Zukkergier<br />

ein, die verheeren<strong>de</strong> Folgen<br />

für Millionen Menschen hatte<br />

(nein, löchrige Zähne sind damit<br />

nicht gemeint...). Spanien ließ<br />

Rohrzucker in seinen karibischen<br />

Kolonien anbauen und kann die<br />

zweifelhafte Ehre für sich in Anspruch<br />

nehmen, die Sklaverei zum<br />

Zweck <strong>de</strong>r Zuckerproduktion in<br />

<strong>de</strong>r „Neuen Welt“ eingeführt zu<br />

haben.<br />

Von 1500 bis 1850 wur<strong>de</strong>n Millionen<br />

AfrikanerInnen als SklavInnen<br />

auf die Karibikinseln verschleppt,<br />

um auf <strong>de</strong>n<br />

Zuckerrohrfel<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n begehrten<br />

Zucker für Europa zu produzieren,<br />

Um 1800 entstand wirklich je<strong>de</strong>s<br />

Gramm Importzucker durch Sklavenarbeit.<br />

200 Jahre später sind es nicht mehr<br />

SklavInnen, die unter schwierigen<br />

Bedingungen das Zuckerrohr auf<br />

<strong>de</strong>n großen monokulturellen Plantagen<br />

ernten, doch ZuckerarbeiterInnen<br />

lei<strong>de</strong>n noch heute unter<br />

Hunger und schwierigen Lebensund<br />

Arbeitsbedingungen. Der Zukkerrohranbau<br />

und <strong>de</strong>ssen Verarbeitung<br />

ist harte Knochenarbeit, so<br />

dass es kaum verwun<strong>de</strong>rt, dass die<br />

durchschnittliche Lebenserwartung<br />

<strong>de</strong>r Zuckerrohrschnei<strong>de</strong>rInnen<br />

30 Jahre kaum überschreitet.<br />

Auch die Natur wird sehr strapaziert:<br />

die Bö<strong>de</strong>n sind ausgelaugt<br />

und die Wäl<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Karibik wur<strong>de</strong>n<br />

fast vollständig abgeholzt, um<br />

Land für <strong>de</strong>n Zuckerrohranbau urbar<br />

zu machen.<br />

Rübenzucker, ein Zeichen für die<br />

Menschlichkeit?<br />

1747 machte <strong>de</strong>r Apotheker und<br />

Chemiker Andreas Sigismund<br />

Marggraf die interessante Ent<strong>de</strong>k-<br />

kung, dass sich aus einer Rübe ein<br />

„Salz“ (wie er es nannte) gewinnen<br />

ließ, das in nichts <strong>de</strong>m Rohrzucker<br />

nachstand. Viele Jahre später<br />

verwertete Marggrafs Schüler<br />

Franz Carl Archard diese Ent<strong>de</strong>kkung<br />

und so brach letztendlich das<br />

Zuckerproduktion in Venezuela<br />

marktbeherrschen<strong>de</strong> Monopol <strong>de</strong>s<br />

Kolonialzuckers, lähmte das Interesse<br />

an Investitionen in Zuckerrohrplantagen<br />

und för<strong>de</strong>rte die<br />

Bereitschaft, ein beson<strong>de</strong>rs trauriges<br />

und grausames Kapitel <strong>de</strong>r<br />

Menschheitsgeschichte zu been<strong>de</strong>n:<br />

<strong>de</strong>n Sklavenhan<strong>de</strong>l aus Westafrika<br />

und letztendlich die Sklaverei<br />

überhaupt.<br />

Doch die Gewinnung von Rohrzukker<br />

ist nach wie vor eine schlecht<br />

bezahlte und harte Arbeit, wie auch<br />

die von Kaffee, Kakao und an<strong>de</strong>ren<br />

Rohstoffen aus <strong>de</strong>m Trikont.<br />

(An<strong>de</strong>rs als bei Kakao und Kaffee<br />

hat Zucker aber mit direkter Konkurrenz<br />

aus Europa zu kämpfen.)<br />

Aber die EU-Agrarpolitik baut diese<br />

Misere nicht ab, son<strong>de</strong>rn trägt<br />

enorm dazu bei: Die EU garantiert<br />

ihren eigenen Bauern Min<strong>de</strong>stpreise<br />

für Zucker, die in <strong>de</strong>n letzten 5<br />

Jahren 2 ½ mal so hoch waren wie<br />

<strong>de</strong>r Weltmarktpreis, was dazu führte,<br />

dass LandwirtInnen riesige Flächen<br />

mit Zuckerrüben kultivierten<br />

und damit über <strong>de</strong>n EU-Bedarf hinausproduzierten.<br />

Dann wer<strong>de</strong>n<br />

noch Exportsubventionen gezahlt,<br />

um die so geschaffenen Überschüs-<br />

Nummer 29<br />

Seite 19<br />

sichtlich, sichtlich, und und darum darum kaum kaum noch noch wegzu<strong>de</strong>nken: wegzu<strong>de</strong>nken: <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Zucker Zucker Zucker. Zucker Zucker . Es Es müssen<br />

müssen<br />

nicht nicht mal mal Schokoriegel Schokoriegel Schokoriegel und und Bonbons Bonbons sein, sein, mit mit mit Tütensuppe, Tütensuppe, Ketchup Ketchup und<br />

und<br />

mittelschar mittelscharfem mittelschar mittelscharfem<br />

fem Senf Senf hat hat man man auch auch auch schon schon Zucker Zucker im im Mund.<br />

Mund.<br />

se auf <strong>de</strong>m Weltmarkt zu platzieren.<br />

Das Agrarabkommen <strong>de</strong>r<br />

WTO hat zwar die EU dazu gezwungen,<br />

ihre Exportsubventionen<br />

zu reduzieren, doch trotz<strong>de</strong>m sind<br />

die Absatzmärkte in <strong>de</strong>n Industrielän<strong>de</strong>rn<br />

für <strong>de</strong>n Sü<strong>de</strong>n abgeschot-<br />

tet. Die Einfuhr von Zucker nach<br />

Europa wird nämlich mit hohen<br />

Zöllen belegt.<br />

Durch <strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r EU subventionierten<br />

Billigzucker, <strong>de</strong>r je<strong>de</strong>s Jahr<br />

zu Millionen Tonnen auf <strong>de</strong>n Markt<br />

geworfen wird, bleiben die Zuckerpreise<br />

weiter niedrig, und <strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn<br />

<strong>de</strong>r „Dritten Welt“ ist es oft<br />

unmöglich, kosten<strong>de</strong>ckend Zucker<br />

zu produzieren. Die VerliererInnen<br />

sind die ArbeiterInnen auf <strong>de</strong>n<br />

Plantagen, <strong>de</strong>ren Entlohnung<br />

kaum für <strong>de</strong>n Lebensunterhalt <strong>de</strong>r<br />

Familie ausreicht.<br />

Solchermaßen fehlgeleitete Subventionen,<br />

die zu Überproduktion<br />

und Exportdumping führen, müssten<br />

verboten wer<strong>de</strong>n.<br />

Zuckerersatzstoffe<br />

Nicht nur die subventionierte<br />

Überproduktion von Rübenzucker<br />

und die Abschottung <strong>de</strong>r europäischen<br />

und amerikanischen Märkte,<br />

son<strong>de</strong>rn auch die Ent<strong>de</strong>ckung<br />

künstlicher Süßstoffe verursachte<br />

einen rapi<strong>de</strong>n Preisverfall auf <strong>de</strong>m<br />

Weltmarkt. Der Preisverfall führte<br />

zu einer Massenarbeitslosigkeit<br />

von hun<strong>de</strong>rttausen<strong>de</strong>n, landloser<br />

Saisonarbeiter in <strong>de</strong>n Zuckerrohranbaugebieten.<br />

Mehr als 30 Getränkekonzerne,<br />

darunter Coca-Cola und Pepsi<br />

haben ihre Getränkeherstellung<br />

umgestellt und nehmen nun<br />

statt Rüben- o<strong>de</strong>r Rohrzucker<br />

das nur halb so teure Isoglucose<br />

für ihre Softdrinks. Isoglucose<br />

hat heute schon einen Anteil<br />

von 7% auf <strong>de</strong>m Weltmarkt.<br />

Es wird mit Hilfe von Enzymtechniken<br />

aus Mais, Weizen<br />

o<strong>de</strong>r Reis hergestellt.<br />

Die Absatzmöglichkeiten für<br />

Zucker aus Zuckerrohr und<br />

Zuckerrüben wer<strong>de</strong>n vermutlich<br />

weiter abnehmen, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r<br />

Einsatz von Gentechnologie bei<br />

<strong>de</strong>r Herstellung von Süßungsmitteln<br />

verbilligt die Produktion<br />

<strong>de</strong>r Zuckerersatzstoffe zusätzlich<br />

(z.B. „Aspartam“ von<br />

Monsanto).<br />

Zucker und Fairer Han<strong>de</strong>l<br />

Weil auf <strong>de</strong>m wirtschaftlich globalisierten<br />

und zunehmend liberalisierten<br />

Weltmarkt oft nur die<br />

großen Unternehmen die Regeln<br />

bestimmen, unterstützen Eine-<br />

Welt-Lä<strong>de</strong>n – nicht nur bei Zukker<br />

– vor allem Kleinbauern/<br />

KleinproduzentInnen. So ist ein<br />

Projektpartner <strong>de</strong>r Weltlä<strong>de</strong>n<br />

z.B. die philippinische Han<strong>de</strong>lsorganisation<br />

„Panay Fair Tra<strong>de</strong><br />

Centre“ (PTFC). Diese Organisation<br />

kauft Zuckerrohr von<br />

Kleinbauern und -bäurinnen auf<br />

<strong>de</strong>r Insel Panay und zahlt ihnen<br />

stabile Preise, bietet langfristige<br />

Zusammenarbeit und Beratung.<br />

Ebenso die Organisation<br />

CAMARI in Ecuador. Bei<strong>de</strong> Organisationen<br />

verarbeiten und<br />

verpacken ihr Produkt selbst<br />

und sichern so weitere Arbeitsplätze<br />

in <strong>de</strong>r Region.<br />

Das sind nur zwei Projekte, die<br />

Rohrzucker fair han<strong>de</strong>ln. Aber in<br />

<strong>de</strong>r sog. Dritten Welt gibt es an<br />

die 50 Län<strong>de</strong>r, die Zucker exportieren;<br />

die größten Exporteure<br />

davon sind Brasilien, Kuba und<br />

Thailand. Um noch eine weitere<br />

Zahl zu nennen: 65% <strong>de</strong>s auf <strong>de</strong>r<br />

Welt produzierten Zuckers


Seite 20 Nummer 29 Hintergrund Zucker<br />

stammt vom Zuckerrohr.<br />

Zucker und For<strong>de</strong>rungen<br />

Der faire Vermarktungsweg über<br />

Eine-Welt-Lä<strong>de</strong>n wird angesichts<br />

so vieler zuckerproduzieren<strong>de</strong>r<br />

Län<strong>de</strong>r nur ein Nischendasein führen,<br />

wenn keine weiteren For<strong>de</strong>rungen<br />

an die EU-Agrarpolitik gestellt<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Eine For<strong>de</strong>rung wäre beispielsweise<br />

<strong>de</strong>r Abbau <strong>de</strong>r strukturellen<br />

Überschüsse bei EG-Rübenzucker.<br />

Die EG könnte ihren Bauern Finanzierungsmöglichkeiten(Umstellungsbeihilfen,Ausgleichszahlungen,<br />

u.a.) zur Verfügung stellen,<br />

um die Produktion von Zuckerrüben<br />

bspw. auf Futterrüben umzustellen.<br />

Und vielleicht könnte es<br />

sinnvoll sein, daß die EG zu einem<br />

internationalen Zuckerabkommen<br />

beitritt, das festlegt, welches Land<br />

wieviel Zucker produzieren darf.<br />

Das müßte dann aber auf alle Arten<br />

von Süßstoffen ausge<strong>de</strong>hnt<br />

wer<strong>de</strong>n. Letztendlich muß <strong>de</strong>r<br />

Zuckerpreis auf <strong>de</strong>m Weltmarkt<br />

aber min<strong>de</strong>stens um soviel erhöht<br />

wer<strong>de</strong>n, daß die Entwicklungslän-<br />

<strong>de</strong>r kosten<strong>de</strong>ckend Zucker produzieren<br />

können und gerechte Löhne<br />

für die ZuckerarbeiterInnen<br />

möglich sind.<br />

Zucker – ein weites Feld<br />

Zucker könnte man auf verschie<strong>de</strong>ne<br />

Art und Weise betrachten.<br />

Im Grun<strong>de</strong> genommen lohnt es<br />

sich nicht über Zucker und fairen<br />

Han<strong>de</strong>l zu schreiben, wenn man<br />

gleich radikal sagt, daß raffinierter<br />

Zucker schädlich für die Gesundheit<br />

ist und man eigentlich<br />

darauf verzichten , ja, ihn gleich<br />

gar nicht erst anbauen sollte. Kristallzucker<br />

ist völlig unwichtig für<br />

die Ernährung, er hat keine Vitamine<br />

und keine Mineralstoffe<br />

und verursacht Karies und an<strong>de</strong>re<br />

Krankheiten. Selbst <strong>de</strong>r braune<br />

Zucker, <strong>de</strong>n es in Eine-Welt-Lä<strong>de</strong>n<br />

und Biolä<strong>de</strong>n gibt, und <strong>de</strong>r wenigstens<br />

noch ein paar Mineralien<br />

und Spurenelemente enthält, ist<br />

nicht nennenswert<br />

gesün<strong>de</strong>r.(Honig, Ahornsirup und<br />

Fruchtzucker wären die bessere<br />

Alternative zum Süßen.)<br />

Trotz <strong>de</strong>s Wissens, ist es aber<br />

Aktiv wer<strong>de</strong>n!<br />

Umweltadressen für Jugendliche in Berlin<br />

Dies Dies ist ist ist eine eine Liste Liste <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r uns uns bekannten bekannten Jugendumweltinitiativen Jugendumweltinitiativen Jugendumweltinitiativen in<br />

in<br />

Berlin Berlin (mitsamt (mitsamt einigen einigen aus aus Bran<strong>de</strong>nburg). Bran<strong>de</strong>nburg). Du Du Du kannst kannst dor dort dor t aktiv<br />

aktiv<br />

wer<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n und und Dir Dir Dir Infor Informationen Infor mationen zu zu verschie<strong>de</strong>nen verschie<strong>de</strong>nen Umweltthemen<br />

Umweltthemen<br />

besorgen. besorgen. Nicht Nicht je<strong>de</strong> je<strong>de</strong> <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r aufgeführ aufgeführten aufgeführ aufgeführten<br />

ten Gruppen Gruppen Gruppen wird wird wird Deinen Deinen V VVor<br />

V or<br />

stellungen stellungen entsprechen. entsprechen. Gib Gib <strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>shalb nicht nicht nicht gleich gleich gleich auf, auf, wenn wenn Du Du in<br />

in<br />

Arbeitsgemeinschaft Umweltschutzpapier<br />

an Schulen, Jugendumweltla<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />

BUNDjugend, Jagowstr. 12, 10555<br />

Berlin, Telefon 030/80 94 14 70,<br />

Fax 80 94 14 77, e-Mail: UWS-<br />

Papier@jugendumwelt.<strong>de</strong><br />

BUNDjugend Berlin, Jugend im Bund<br />

für Umwelt und Naturschutz<br />

Deutschland, Jagowstr. 12, 10555<br />

Berlin, Telefon 030/80 94 14 70,<br />

Fax 80 94 14 77, e-Mail: info@<br />

bundjugend-berlin.<strong>de</strong><br />

BUNDjugend Bran<strong>de</strong>nburg, Jugend im<br />

Bund für Umwelt und Naturschutz<br />

Deutschland, Zeppelinstr.<br />

44, 14471 Potsdam, Telefon<br />

0331/95 11 971, Fax 95 11 966,<br />

e-Mail: BUNDjugend.<br />

Bran<strong>de</strong>nburg@BUND.net<br />

Freiwilliges Ökologisches Jahr, Stiftung<br />

Naturschutz Berlin, Potsdamer<br />

Str. 65, 10785 Berlin, Telefon<br />

030/26 55 67 20 (Zwar keine Jugendumweltinitiative,<br />

aber <strong>de</strong>nnoch<br />

eine wichtige Adresse.)<br />

Greenpeace Jugendgruppe und Greenteam<br />

Berlin, Chausseestraße 131,<br />

10115 Berlin, Telefon 030/2839<br />

1550, Fax 2839 1551, e-Mail:<br />

bellahemke@sireconnect.<strong>de</strong><br />

Grüne Liga Jugendgruppe, Prenzlauer<br />

Allee 230, 10405 Berlin, Telefon<br />

030/44 33 91-50, Fax 44 33<br />

91-53, e-Mail:<br />

natour@grueneliga.<strong>de</strong><br />

Juckreiz – Die Jugendumweltzeitung aus<br />

Berlin, Postfach 21 21 10, 10514<br />

Berlin, Telefon 030/39 84 84 84,<br />

Fax 80 94 14 77, e-Mail:<br />

redaktion@<strong>juckreiz</strong>-berlin.<strong>de</strong><br />

Jugendnachrichtenagentur siehe Sinnflut<br />

Jugendumweltla<strong>de</strong>n siehe BUNDjugend<br />

Berlin<br />

Naturfreun<strong>de</strong>jugend Umwelt<strong>de</strong>tektive,<br />

Jugendorganisation <strong>de</strong>s Touristenvereins<br />

Die Naturfreun<strong>de</strong>,<br />

„Fuchsbau“, An <strong>de</strong>r Wuhlhei<strong>de</strong><br />

161, 12459 Berlin, Telefon 030/<br />

535 44 95, Fax 537 80 318<br />

schwer, auf <strong>de</strong>n raffinierten Zukker<br />

zu verzichten. Zum einen ist<br />

er ein leicht organisierbarer Seelentröster<br />

und zum an<strong>de</strong>ren bringt<br />

er uns schnell Energie, <strong>de</strong>nn in<br />

einer Leistungsgesellschaft wie<br />

<strong>de</strong>r unseren darf man schließlich<br />

nicht schlapp machen. So kann<br />

man Zucker als Droge bezeichnen,<br />

<strong>de</strong>nn er erfüllt einige Kriterien, die<br />

auf die Definition Droge zutreffen.<br />

Auch haben Richter am Bun<strong>de</strong>sgerichtshof<br />

bestätigt, daß Leute,<br />

die über die Gefahren <strong>de</strong>s Zuckerkonsums<br />

aufklären wollen, das<br />

Wort „Schadstoff“ im Mund führen<br />

dürfen. An<strong>de</strong>rerseits bezeichnen<br />

manche (vor allem die Zukkerindustrie<br />

natürlich) diesen<br />

Stoff inzwischen schon als Grundnahrungsmittel,<br />

angesichts <strong>de</strong>s<br />

immens hohen Konsums.<br />

Daß Zucker neben seiner Funktion<br />

als Droge, Schadstoff, Grundnahrungsmittel<br />

o<strong>de</strong>r wie man ihn<br />

bezeichnen will, noch an<strong>de</strong>re Anwendungen<br />

hat, will ich noch kurz<br />

anschnei<strong>de</strong>n.<br />

So kann man zum Beispiel Tensi<strong>de</strong><br />

aus Zucker herstellen, die vollstän-<br />

Deinem Deinem W WWunsch,<br />

W Wunsch,<br />

unsch, aktiv aktiv zu zu wer<strong>de</strong>n, wer<strong>de</strong>n, mal mal eine eine eine Enttäuschung Enttäuschung Enttäuschung erlebst.<br />

erlebst.<br />

Versuch’ ersuch’ ersuch’s ersuch’ s einfach einfach bei bei einer einer an<strong>de</strong>ren an<strong>de</strong>ren an<strong>de</strong>ren Gruppe. Gruppe. Diese Diese Liste Liste fin<strong>de</strong>st fin<strong>de</strong>st<br />

fin<strong>de</strong>st<br />

Du Du übrigens übrigens auch auch auch im im Inter Inter Internet Inter net unter unter http://www<br />

http://www.jugendumwelt.<strong>de</strong>/<br />

http://www .jugendumwelt.<strong>de</strong>/<br />

mitmach/adressen.htm. mitmach/adressen.htm. Online Online gibt’ gibt’s gibt’ s auch auch Links Links zu zu <strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Gruppen<br />

Gruppen<br />

und und zu zu Berichten Berichten Berichten über über <strong>de</strong>ren <strong>de</strong>ren Aktivitäten!<br />

Aktivitäten!<br />

Naturschutzjugend Berlin, Jugend <strong>de</strong>s<br />

Naturschutzbun<strong>de</strong>s Deutschland,<br />

Hauptstr. 13, 13055 Berlin,<br />

Telefon 030/986 41 07, Fax 986<br />

70 51<br />

Naturschutzjugend Bran<strong>de</strong>nburg, Jugend<br />

<strong>de</strong>s Naturschutzbun<strong>de</strong>s<br />

Deutschland, Patrizierweg 43,<br />

14480 Potsdam, Telefon 0331/<br />

626 14 74, Fax 626 14 87, e-Mail:<br />

lgs@najubrabu.<strong>de</strong><br />

Jugendumwelt-Seminarreihe Ökoführerschein<br />

Berlin, BUNDjugend,<br />

Jagowstr. 12, 10555 Berlin, Telefon<br />

030/80 94 14 71, Fax 80 94<br />

14 77, e-Mail: berlin@<br />

oekofuehrerschein.<strong>de</strong><br />

Jugendumwelt-Seminarreihe Ökoführerschein<br />

Bran<strong>de</strong>nburg, BUNDjugend,<br />

Zeppelinstr. 44, 14471 Potsdam,<br />

Telefon 0331/95 11 971, Fax 95<br />

11 966, e-Mail: BUNDjugend.<br />

Bran<strong>de</strong>nburg@BUND.net<br />

Ökoprojekt Wildwuchs, c/o Jugendfreizeitheim<br />

Wilhelmstadt, Gö-<br />

dig biologisch abbaubar sind. (Tensi<strong>de</strong><br />

wer<strong>de</strong>n in Putzmitteln und<br />

Shampoos eingesetzt, um Fett zu<br />

lösen.) Weiter ist es möglich, mit<br />

einem Zuckernebenprodukt Einweggeschirr<br />

und Folien zu produzieren,<br />

die kompostierbar sind. Auch<br />

manche Desinfektionsmittel und<br />

Pestizi<strong>de</strong>, Weichmacher und Kernbin<strong>de</strong>mittel<br />

für Gießereien haben<br />

<strong>de</strong>n Zucker als wichtigen Baustein.<br />

Wer sich für das Thema Zucker näher<br />

interessiert, <strong>de</strong>m empfehle ich<br />

das Zuckermuseum in Berlin. Dort<br />

kann man die Geschichte <strong>de</strong>s Zukkers<br />

(Sklaverei, Ent<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>s<br />

Rübenzuckers), die Verarbeitung<br />

und Gewinnung, an<strong>de</strong>re Zuckerquellen<br />

wie Palmzucker und Zukkerhirse,<br />

Nebenprodukte <strong>de</strong>r Zukkerproduktion<br />

(Cyclon B!), die<br />

Kulturgeschichte <strong>de</strong>s Zuckers verbildlicht<br />

anschauen. Führungen<br />

gibt es ebenfalls.<br />

Zucker-Museum, Amrumer Str.32, 13353 Berlin<br />

030 / 314 275 74, So: 11-18 Uhr, Mo bis Do: 9-<br />

16.30 Uhr<br />

Infos in Eine-Welt-Lä<strong>de</strong>n, Literatur dazu: Launer,<br />

Ekkehard.: „Zum Beispiel Zucker“, Lamuv, Göttingen,<br />

1989<br />

telstr. 64, 13595 Berlin, Telefon<br />

030/3303-2246<br />

Sinnflut – Jugendnachrichtenagentur für<br />

ökologische und soziale Kreativität, Erkelenzdamm<br />

47, 10999 Berlin,<br />

Telefon 030/614 018 50, Fax 614<br />

018 52, e-Mail: Sinnflut@<br />

sozkult.<strong>de</strong><br />

The Bet. (Internationale Klimaschutzwette),<br />

Jugendumweltbüro Steglitz,<br />

Rothenburgstr. 16, 12165 Berlin,<br />

Telefon 030/797 066 10, Fax 797<br />

066 20, e-Mail: thebet.office@<br />

gmx.<strong>de</strong><br />

Tierversuchsgegner Jugendgruppe, Bismarckstr.<br />

3-4, 10625 Berlin, Telefon<br />

030/341 80 43 (Büro) o<strong>de</strong>r<br />

030/332 11 26 (Angela)<br />

Umweltbüro Weißensee mit Kin<strong>de</strong>r-AG<br />

und Jugend-AG, Woelckpromena<strong>de</strong><br />

1, 13086 Berlin, Telefon 030/<br />

9679-3071, 030/9679-3076 und<br />

030/9679-3077, Fax 9679-3079,<br />

e-Mail: gl.baum@ipn-b.comlink.<br />

apc.org


Service<br />

Gesundheit<br />

Homöopathie für die Tasche<br />

Von <strong>de</strong>n alternativen medizinischen<br />

Anwendungen ist die Homöopathie<br />

bereits lange in <strong>de</strong>r<br />

Anwendung, für die Selbstmedikamentation<br />

aber schwer zu verwen<strong>de</strong>n.<br />

Trotz<strong>de</strong>m hilft es, als<br />

PatientIn Bescheid zu wissen –<br />

zum Beispiel mit diesem Buch:<br />

Im ersten Teil wer<strong>de</strong>n die Grundzüge<br />

<strong>de</strong>r homöopathischen<br />

Ganzheitsmedizin klar umrissen,<br />

wer mehr über die einzelnen homöopathischen<br />

Arzneimittel erfahren<br />

will, kann dies im zweiten<br />

Teil tun. Über 100 Arzneien<br />

und Ihre Auswirkungen auf <strong>de</strong>n<br />

gesamten Organismus wer<strong>de</strong>n<br />

erklärt. Damit sich auch <strong>de</strong>r Laie<br />

im medizinischen Fachwörter-<br />

Dschungel zurechtfin<strong>de</strong>t, wer<strong>de</strong>n<br />

im Glossar nahezu alle medizinischen<br />

Ausdrücke klar<br />

verständlich erklärt. Eine nette<br />

Zusammenfassung, die schnell<br />

Überblick gibt, jedoch ob <strong>de</strong>r<br />

Kürze kaum Hintergün<strong>de</strong> zu <strong>de</strong>n<br />

einzelnen Arzneien geben kann.<br />

Also: Bei Risiken o<strong>de</strong>r Nebenwirkungen<br />

fragen Sie Ihren Heilpraktiker...<br />

Homöopathie pocket, Almut Brandl, Börm<br />

Bruckmeier Verlag, DM 24,80<br />

Naturheilmittel für die Tasche<br />

Im Naturheilmittel pocket soll<br />

Laien <strong>de</strong>r Überblick über die<br />

Möglichkeiten <strong>de</strong>r naturheilkundlichen<br />

Medizin ebenso ver<strong>de</strong>utlicht<br />

und erleichtert wer<strong>de</strong>n,<br />

wie Ärzten, Apothekern o<strong>de</strong>r<br />

Heilpraktikern. Das Büchlein<br />

widmet sich vor allem <strong>de</strong>r Medikamentation<br />

mit Pflanzen, <strong>ohne</strong><br />

dabei bestimmten Therapieformen<br />

<strong>de</strong>n Vorzug zu geben, was<br />

für die sich informieren<strong>de</strong>n LeserInnen<br />

sehr sympathisch ist.<br />

Auch hier gibt es wie im Hömöopathie<br />

pocket einene allgemeinen,<br />

einführen<strong>de</strong>n Teil und eine<br />

ausführliche Auflistung von Erkrankungen,<br />

mit zahlreichen<br />

Verweisen auf die jeweils anwendbaren<br />

Naturheilmittel. In<br />

einem dritten Teil wer<strong>de</strong>n über<br />

180 Naturheilmittel ausführlich<br />

beschrieben. Sehr beeindruckt<br />

haben mich die zahlreichen Apo-<br />

theken-Han<strong>de</strong>lsnamen, unter<br />

<strong>de</strong>nen die Arzneien dann erhältlich<br />

sind. Denn zu oft steht man<br />

in <strong>de</strong>r Apotheke und weiß mit<br />

<strong>de</strong>n lateinichen Namen nicht<br />

weiter.<br />

Naturheilmittel pocket, Petra-Angela Steigerwald,<br />

DM 24,80, ISBN 3-929785-59-5<br />

Haariges<br />

Aus <strong>de</strong>r Hobbythek sind wir ja<br />

nette Bücher gewohnt, aber<br />

nicht alle führen zu Begeisterungsstürmen:<br />

zum Beispiel dieses<br />

Buch über das Haar an sich.<br />

Sehr soli<strong>de</strong> Informationen übers<br />

Haar, Anleitungen für „Shampoomixer“<br />

und viele Rezepte<br />

sind in diesem Buch versammelt.<br />

Scha<strong>de</strong> nur, daß man immer<br />

mehr <strong>de</strong>n Eindruck hat, daß<br />

die Hobbythekbücher Werbebroschüren<br />

für Spinnradlä<strong>de</strong>n<br />

sind: Die Zutatenlisten sind fast<br />

immer nur mit Tensi<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r<br />

an<strong>de</strong>ren Zusatzstoffen aus diesem<br />

Kosmetikgrundstoffla<strong>de</strong>n<br />

zu bestreiten. Scha<strong>de</strong> eigentlich,<br />

da haben schon an<strong>de</strong>re „Schönheit<br />

aus <strong>de</strong>r Natur“-Bücher gezeigt,<br />

daß man in <strong>de</strong>r Küche einiges<br />

an Zutaten fin<strong>de</strong>t.<br />

Rund ums Haar, Pütz/Norten/Pohl, vgs, DM<br />

29,80<br />

Politik im Alltag<br />

Regieren<br />

Mit großer Erlösung und viel Vorschußlorbeeren<br />

wur<strong>de</strong> vor zwei<br />

Jahren die neue rot-grüne Regierung<br />

ins Rennen geschickt. Doch<br />

schnell kam die Resignation, neben<br />

<strong>de</strong>n drei Wünschen (Sparhaushalt,<br />

Kosovokrieg,<br />

Atom“ausstieg“) geschah wenig.<br />

Eine eigene Bilanz legt nun Edition<br />

Tiamat mit „Meine Regierung;<br />

Vom Elend <strong>de</strong>r Politik und von <strong>de</strong>r<br />

Politik <strong>de</strong>s Elends; Rotgrün zwischen<br />

Mittelmaß und Wahn“ vor.<br />

Die Sammlung zeichnet sich vor<br />

allem durch ihre Uneinheitlichkeit<br />

aus. Mal sind die Beiträge<br />

lang, mal kurz, mal mit Quellenangaben,<br />

mal <strong>ohne</strong> und mal arbeiten<br />

sie sich an Themen, mal an<br />

Ministern/Seilschaften ab. Geschrieben<br />

sind sie vor allem von<br />

Redakteuren linker Zeitschriften<br />

und freien Autoren. „Meine Re-<br />

Buchkiste<br />

Nummer 29<br />

gierung“ ist an sich recht nett zu<br />

lesen, überzeugt aber nicht gera<strong>de</strong><br />

durch Faktenreichtum und Rationalität.<br />

Über weite Teile scheinen<br />

sich die Autoren an einem<br />

an<strong>de</strong>ren Titel <strong>de</strong>r Edition Tiamat<br />

zu orientieren: „Warum sachlich,<br />

wenn es auch persönlich geht?“.<br />

Meine Regierung, Klaus Bittermann (Hg.), Edition<br />

Tiamat, ISBN 3-89320-036-3<br />

Männer<br />

Trotz 68er- und Frauenbewegung,<br />

Quote und Rotgrün liegt die Macht<br />

bis heute in Männerhand. Ein<br />

Grund dafür liegt in <strong>de</strong>r Organisation<br />

und gegenseitigen För<strong>de</strong>rung<br />

von Männern in Gruppen, hier<br />

Männerbün<strong>de</strong>n.<br />

Helmut Blazek versucht nun eine<br />

Aufstellung verschei<strong>de</strong>ner Männerbün<strong>de</strong><br />

vom BenediktinerOr<strong>de</strong>n<br />

bis zum Bun<strong>de</strong>sverband schwuler<br />

Manager und ihre Einordnug in<br />

von ihm aufgestellte Kriterien.<br />

Diese sind zum Beispiel die ökonomische<br />

o<strong>de</strong>r gegenseitig för<strong>de</strong>rn<strong>de</strong><br />

Aufgabe wie bei Rotary-<br />

Clubs o<strong>de</strong>r die Kampfertüchtigung<br />

früher Turnerbün<strong>de</strong>.<br />

Weitere Kriterien sind die Ausprägung<br />

dieser Bün<strong>de</strong>, wie etwa das<br />

Männerbild, das gepflegt wird o<strong>de</strong>r<br />

faktische wie „virtuelle“ Aufnahmerituale.<br />

Ergänzt wird diese Aufstellung<br />

durch eine kurze Einführung in die<br />

Theorie und einige Denker <strong>de</strong>r<br />

Männerbün<strong>de</strong> wie etwa Ernst Jünger<br />

o<strong>de</strong>r Sigmund Freud.<br />

Das vorliegen<strong>de</strong> Buch ist recht interessant<br />

geschrieben und belegt<br />

auf seine Weise wie sich diese Art<br />

<strong>de</strong>r Männerherrschaft bis in die<br />

heutige Zeit halten konnte und<br />

weiter hält. Lei<strong>de</strong>r wird es gegen<br />

En<strong>de</strong> etwas eintönig, <strong>de</strong>nn um das<br />

Ergebnis vorweg zu nehmen: Alle<br />

sind Sektierer und schwul irgendwie.<br />

Männerbün<strong>de</strong>, Helmut Blazek, Verlag Ch. Links,<br />

ISBN 3-86153-177-1, DM 39,80<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

Mit welchem Wort kann man das<br />

ausgehen<strong>de</strong> Jahrhun<strong>de</strong>rt beschreiben?<br />

Ist es das Jahrhun<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>s<br />

Krieges o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Brüche o<strong>de</strong>r gar<br />

das Amerikas. Für das Autorenduo<br />

ist es das Jahrhun<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>r Obszönitäten.<br />

Doch was ist obszön? Ist<br />

es öffentlicher Sex, be<strong>de</strong>nkenlos zu<br />

Seite 21<br />

Schau getragene Einfalt o<strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rtracht<br />

o<strong>de</strong>r die Entblößung eines<br />

nie<strong>de</strong>ren Selbst („Nicht das<br />

Bild einer nackten Frau, die ihre<br />

Schamhaare entblößt, ist obszön,<br />

son<strong>de</strong>rn das eines Generals im vollen<br />

Wichs“, Herbert Marcuse).<br />

Ein buntes Potpourri kleiner o<strong>de</strong>r<br />

großer Anekdoten diese Jahrhun<strong>de</strong>rts,<br />

die auf die eine o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re<br />

Weise obszön sind, hält nun das<br />

„Jahrhun<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>r Obszönitäten“<br />

bereit. Ein bißchen Sex, ein bißchen<br />

Bildzeitung, Privatfernsen, J.<br />

Edgar Hoover, Wilhelminische<br />

Aussenpolitik und Antisemitismus.<br />

Eine äußerst amüsante Sammlung,<br />

auch wenn sich ab und an die Frage<br />

stellt, ob ein Wortwechsel zwischen<br />

Kogel und Pilawa (Sat1) seine<br />

Be<strong>de</strong>utung daraus gewinnt, daß<br />

schofelig ist und dank seiner mangeln<strong>de</strong>n<br />

Tiefschürfung bequem im<br />

Topf eine Supermarktkaktee Platz<br />

fin<strong>de</strong>t.<br />

Das Jahrhun<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>r Obszönitäten, Henscheid/<br />

Heschel, Fest-Verlag, ISBN 3-8286-0057-3<br />

Was heißt hier Demokratie?<br />

Mit <strong>de</strong>n diversen Affären um Helmut<br />

Kohl und einige CDU- und<br />

SPD-Lan<strong>de</strong>sfürsten ist die politische<br />

Klasse erneut ins Gere<strong>de</strong> gekommen.<br />

Hans-Herbert von Arnim,<br />

einer <strong>de</strong>r profilierteren<br />

Kritiker <strong>de</strong>r politischen Parteien<br />

und ihrer Vertreter hat in seinem<br />

Buch „Vom schönen Schein <strong>de</strong>r<br />

Demokratie“ erneut aufgeschwungen<br />

die Hosen auszuziehen. Auf<br />

400 Seiten vertritt er sein Hauptthema.<br />

Dessen zufolge stellen Politiker<br />

meist ihre Interessen über<br />

die <strong>de</strong>s Volkes, nutzen ihre Stellung<br />

aus, um das System nach ihren Interessen<br />

zu formen bzw. um darüber<br />

ihre Anschauung zu verbreiten.<br />

In seinem Buch zerlegt er auch<br />

die Rechtfertigungsmuster <strong>de</strong>r Politiker,<br />

wie sie sich gegenseitig zwischen<br />

Kommunal-, Lan<strong>de</strong>s- und<br />

Bun<strong>de</strong>sebene Kompetenzen so zuzuschieben,<br />

daß am En<strong>de</strong> alle für<br />

gera<strong>de</strong> soviel zuständig sind, daß<br />

sie nicht entschei<strong>de</strong>n müssen aber<br />

<strong>de</strong>nnoch nicht überflüssig scheinen.<br />

Aktuelles Beispiel ist die BSE-<br />

Krise.<br />

Einen Teil seines Buches widmet<br />

er auch <strong>de</strong>m Volksentscheid. Und<br />

seiner Ausbremsung, inklusive


Seite 22 Nummer 29 Service<br />

<strong>de</strong>m Anti-Totschlagsargument, daß<br />

das Ermächtigungsgesetz Adolf<br />

Hitlers nicht von Liesschen Müller<br />

son<strong>de</strong>rn von Theodor Heuss<br />

unterschrieben wur<strong>de</strong>.<br />

Vom schönen Schein <strong>de</strong>r Demokratie, Hans-Herbert<br />

von Arnim, Droemer, ISBN 3-426-27204-<br />

0, DM 44,90<br />

Flammen<strong>de</strong> Worte<br />

Rafik Schami kennt man eigentlich<br />

von wun<strong>de</strong>rbaren Geschichten,<br />

die an tausendun<strong>de</strong>ine Nacht<br />

erinnern, aus <strong>bil<strong>de</strong>r</strong>reichen Erzählungen,<br />

aus Berichten aus<br />

<strong>de</strong>m Leben. 1992 hat er (auch<br />

dafür) <strong>de</strong>n Chamisso-Preis erhalten.<br />

Dazu hat er eine Re<strong>de</strong> geschrieben<br />

und die Geschichte ihrer<br />

Entstehung, die Notizen, die<br />

inneren Kämpfe, die Erlebnisse<br />

dazu aufgeschrieben: Es geht dabei<br />

um das Leben in <strong>de</strong>r Frem<strong>de</strong><br />

(Schami ist in Damaskus geboren<br />

und aufgewachsen und 1971<br />

nach Deutschland gekommen),<br />

Mauern, die man sieht und solchen,<br />

die man spürt, Ängste,<br />

Grenzen, aber auch um das<br />

schriftstellerische Leben und Erleben.<br />

Ein Lesegenuß, wenn auch<br />

ein anstrengen<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>nn die Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen,<br />

die Rafik<br />

Schami beschreibt, müssen bedacht<br />

und diskutiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Und: Nach <strong>de</strong>r Erkenntnis, am<br />

En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Buches, geht es daran,<br />

nicht nur Erkenntnis gewonnen<br />

zu haben, man muß auch tun.<br />

Der brenn<strong>de</strong> Eisberg, Rafik Schami, Verlag im<br />

Waldgut, DM 26,00<br />

Akkustik<br />

Nackt<br />

Schon mal was verrücktes gemacht?<br />

Dabei eigentlich <strong>de</strong>r normalste<br />

Mensch auf <strong>de</strong>r Welt gewesen?<br />

Nein? Wer’s nicht selber<br />

machen will, sollte mal in diese<br />

CD hören. Der Autor Sedaris und<br />

<strong>de</strong>r kongeniale Übersetzer Rowohlt<br />

lesen (Abwechselnd)<br />

<strong>de</strong>utsch und englisch die Geschichte<br />

Nackt, die ich bis jetzt<br />

noch nicht verstan<strong>de</strong>n habe, was<br />

aber nichts macht. Ein Hörgenuß<br />

war es trotz<strong>de</strong>m. Und mal wie<strong>de</strong>r<br />

die Bestätigung, daß nichts so<br />

normal ist, wie das Verrückte.<br />

Harry Rowohlt und David Sedaris lesen: Nackt,<br />

David Sedaris, Heyne Hörbuch, DM 26,00<br />

Belletristik<br />

Märchen gibt's nicht<br />

Ist die buntbärische Gesellschaft<br />

auf faschistoi<strong>de</strong>m Grundmauern<br />

aufgebaut? Militärischer Drill,<br />

Geheimbären und feste Ordnung<br />

mit Marschlied lassen dies so erscheinen.<br />

Das ist nur ein Thema<br />

einer Mythemetzschen Abschweifung,<br />

einer neuen Stilform,<br />

die Laptanti<strong>de</strong>l Latuda mehr als<br />

sehr ärgern wird. Zu bewun<strong>de</strong>rn<br />

ist sie in "Ensel und Krete", nach<br />

<strong>de</strong>n "13 ½ <strong>de</strong>s Käpt'n Blaubär"<br />

eine weitere Erzählung aus Zamonien.<br />

Sie ist die nicht ganz<br />

neue Geschichte eines Fhernhachenpaares,<br />

das sich im zamonischen<br />

Wald verläuft und bis zu<br />

seiner Rettung einiges erlebt. Nur<br />

soviel sei verraten: Sternenstauner,<br />

Geheimbären, psychoaktiv<br />

duften<strong>de</strong> Pilze, Treibgras, wählerische<br />

Orchi<strong>de</strong>en, Stollentrolle,<br />

Laubwölfe und ungewöhnlich<br />

konfektionierte Hexen.<br />

Ensel und Krete, Walter Moers EichbornVerlag,<br />

3-8218-2949-4<br />

Natur und Wissenschaft<br />

Vogelstimmen<br />

Ihr glaubt Bestimmungsbücher<br />

sind out, braucht man eh nicht?<br />

Sind langweilig? Dann sollte man<br />

mal die neuen Ausgaben mit CD<br />

probieren und man wird ein vielstimmiges<br />

Wun<strong>de</strong>r erleben: Eine<br />

CD, vollgefüllt mit <strong>de</strong>n Stimmen<br />

<strong>de</strong>r Vögel Europas (allerdings ein<br />

bißchen gebün<strong>de</strong>lt), gleich dazu<br />

ein gutes Nachschlagebuch, mit<br />

allem, was man von einem solchen<br />

Buch erwartet. Eine gute Sortierung,<br />

gute Abbildungen, Verbreitungshinweise<br />

und und und. Da<br />

kriegt man fast Lust, mal wie<strong>de</strong>r<br />

raus in die Natur zu gehen. Ja echt,<br />

so richtig raus! Nicht zu glauben?<br />

Dann mal reinhören.<br />

Alle Vögel Europas, Buch und CD, Mosaik, DM 39,90<br />

Tier-Psychologie<br />

Da nimmt sich einer vor, die Evolutionstheorie<br />

vom Sockel zu schmeißen,<br />

ein hohes Ansinnen, ist doch<br />

die Theorie von <strong>de</strong>r Entwicklung<br />

<strong>de</strong>r Arten seit ihrer Etablierung<br />

ziemlich unbestritten und bisher<br />

nur an wenigen Stellen zu än<strong>de</strong>rn.<br />

Buchkiste<br />

Also fängt man gespannt an zu lesen,<br />

durchaus bereite, sich auf einiges<br />

einzulassen, aber was dann<br />

kommt, konnte ich lei<strong>de</strong>r nicht bis<br />

zum En<strong>de</strong> lesen: Eine Kritik, die<br />

darauf aufbaut, daß die Therorie<br />

<strong>de</strong>shalb nicht stimmen kann, weil<br />

die Tiere glücklich mit ihrem Leben<br />

sein müssen, weil sie sonst keinen<br />

Lebenszweck hätten und die brutale<br />

Theorie ihnen das Glück nehmen<br />

will, nun ja. Pflanzen und Mikroorganismen<br />

gelten eh nicht, weil die<br />

ja sich nicht bewegen o<strong>de</strong>r zu klein<br />

sind. Es gibt viele Punkte, die man<br />

gegen die Darwinschen I<strong>de</strong>en fin<strong>de</strong>n<br />

kann, aber so? Der eizig schöne<br />

Aspekt ist <strong>de</strong>r Ausblick: Die I<strong>de</strong>e<br />

vom großen Leben, das <strong>de</strong>n Fluß<br />

zwischen Tod und Leben, Fressen<br />

und Gefressen wer<strong>de</strong>n beschreibt.<br />

Nur – sie kommt zu spät, die Lesen<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n das Buch schon<br />

weggelegt haben.<br />

Das Glück <strong>de</strong>r Tiere, Burkhard Müller, Alexan<strong>de</strong>r<br />

Fest Verlag, DM 38,00<br />

Was ist Wirklichkeit?<br />

Die mo<strong>de</strong>rne Physik beschäftigt<br />

sich unter an<strong>de</strong>rem mit zwei hervorstehen<strong>de</strong>n<br />

Theorien: Der Quantenmechanik<br />

die <strong>de</strong>n sub- und atomaren<br />

Bereich beschreibt und die<br />

Relativitätstheorie für <strong>de</strong>n makroskopischen<br />

Bereich. Das Dilemma<br />

ist nun, daß sich diese Theorien in<br />

Extremfällen so an<strong>de</strong>rs verhalten,<br />

daß sie sich eigentlich gegenseitig<br />

ausschließen. Ein Ausweg soll die<br />

Stringtheorie darstellen, die Brian<br />

Greene einer ihrer führen<strong>de</strong>n Forscher<br />

im vorliegen<strong>de</strong>n Buch populär<br />

erklären zu versucht.<br />

Erfreulich ist, daß es trotz<strong>de</strong>m zu<br />

verstehen ist. Wie einige seiner<br />

Kollegen versteht es Greene einfach,<br />

komplexe Zusammenhänge<br />

anschaulich zu machen. Er zeigt<br />

beginnend mit einem Gartenschlauch<br />

wie sich <strong>de</strong>r Raum auffaltet<br />

bzw. wie sich ein eventuell<br />

bestimmen<strong>de</strong>r 11-dimensionaler<br />

Raum zu unserer Wahrnehmung<br />

zusammenfaltet. in weiteres erfreuliches<br />

Detail ist, daß es sich<br />

beim vorliegen<strong>de</strong>n Buch auch um<br />

eine keine Biographie <strong>de</strong>r Superstring-Theorie<br />

han<strong>de</strong>lt. Ein empfehlenswertes<br />

Buch für alle, die<br />

<strong>ohne</strong> mathematische Beweise auskommen.<br />

Brian Greene, Das elegante Universum, Siedler, 3-<br />

88680-699-5<br />

Kalendarium<br />

Frauenkalen<strong>de</strong>r<br />

Ein frauenspezifischer Kalen<strong>de</strong>r –<br />

braucht man das heute noch? Die<br />

Planerin läßt diese Frage gar nicht<br />

erst aufkommen, <strong>de</strong>nn sie überzeugt,<br />

in Ausführung und ihren<br />

inhaltlichen Schwerpunkten. Das<br />

klar gestaltete Kalendarium im A5-<br />

Format hebt sich von <strong>de</strong>n oft<br />

schnell zerfallen<strong>de</strong>n Taschenkalen<strong>de</strong>rn<br />

ab, die Inhalte, die sich vor<br />

allem mit Frauenporträts präsentieren,<br />

lesenswert und gleichzeitig<br />

informierend. Ein beson<strong>de</strong>res Bonbon<br />

ist die immer weiter wachsen<strong>de</strong><br />

Chronik <strong>de</strong>r Frauenbewegung,<br />

die seit 1981 geführt wird und die<br />

einfach gelungene Zusammensetzung<br />

von Kalen<strong>de</strong>rzubehör.<br />

Planerin 2002, Terre <strong>de</strong>s femmes, PF 2565, 72015<br />

Tübingen, DM 19,80<br />

Atom<br />

Mit Recht o<strong>de</strong>r <strong>ohne</strong>?<br />

Neben <strong>de</strong>r Frage, ob und wie <strong>de</strong>r<br />

Atomausstieg ökonomisch und<br />

ökologisch vollzogen wer<strong>de</strong>n kann<br />

und wann er unumkehrbar ist,<br />

steht auch die Frage seiner Rechtmäßigkeit<br />

im Raum. Dies zeigte<br />

sich auch in <strong>de</strong>r, teilweise ausschließlichen,<br />

Frage, ab wieviel Jahren<br />

eine Laufzeitbegrenzung zulässig<br />

und entschädigungsfrei sei. Im<br />

vorliegen<strong>de</strong>n Buch sind nun einige<br />

Beiträge zu einem Forum <strong>de</strong>s<br />

Helmuth-Loening-Zentrum für<br />

Staatswissenschaften und das <strong>de</strong>s<br />

Wirtschaftsrechtlichen Forums <strong>de</strong>r<br />

Friedrich-Schiller-Universität Jena<br />

zusammengetragen.<br />

Zu Worte kommen Juristen die <strong>de</strong>n<br />

Ausstieg aus <strong>de</strong>r Sicht ihres Fachgebietes<br />

(etwa Europarecht) beurteilen<br />

und ihn daraufhin als zulässig<br />

o<strong>de</strong>r etwa nicht betrachten,<br />

sowie Mitarbeiter von BFNL (Sellafield),<br />

Bayernwerk und <strong>de</strong>r bayerischen<br />

Staatsregierung. Lei<strong>de</strong>r hält<br />

das Buch nicht die Versprechung<br />

<strong>de</strong>s „neutralen Bo<strong>de</strong>ns“ da neben<br />

<strong>de</strong>m gesammelten und uneinigen<br />

Sachverstand zwar auch politisch<br />

motivierte Bewertungen vorhan<strong>de</strong>n<br />

sind, diese aber alle <strong>de</strong>n Ausstieg<br />

ablehnen.<br />

Bayer (Hrsg.), Rechtsfragen zum Atomausstieg,<br />

Berlin Verlag, ISBN 3-8305-0121-8


Nicht zuletzt<br />

Meinung<br />

Krieg gegen <strong>de</strong>n Terror?<br />

Ab Ab Ab heute heute wird wird nichts nichts mehr mehr so so sein, sein, wie wie es es war war. war . Diesen Diesen Satz Satz hat hat man<br />

man<br />

oft oft gehör gehört gehör gehör t seit seit <strong>de</strong>m <strong>de</strong>m 11. 11. September September 2001. 2001. Und Und jene jene Äußerung Äußerung hat<br />

hat<br />

zunächst zunächst (mit (mit Sicherheit Sicherheit etwas etwas naive) naive) naive) Hof Hoffnungen Hof fnungen auf auf gründliche gründliche UrUrsachenforschungsachenforschung<br />

und und die die die gemeinsame gemeinsame friedliche friedliche Beseitigung Beseitigung grundgrundgrund- legen<strong>de</strong>r legen<strong>de</strong>r Missstän<strong>de</strong> Missstän<strong>de</strong> in in mir mir geweckt. geweckt. Doch Doch sehr sehr schnell schnell wur<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n alle<br />

alle<br />

meine meine Hof Hof Hoffnungen Hof Hoffnungen<br />

fnungen enttäuscht. enttäuscht. VV<br />

Vor VV<br />

or allem allem durch durch die die größtenteils größtenteils oberober-<br />

Doch auch in sonst eigentlich<br />

halbwegs seriösen Zeitungen<br />

lässt sich kaum ein Wort <strong>de</strong>r Kritik<br />

an <strong>de</strong>n US-amerikanischen Reaktionen<br />

auf die Anschläge ent<strong>de</strong>cken.<br />

Ganz im Gegenteil. So<br />

scheint sich zum Beispiel <strong>de</strong>r Tagesspiegel<br />

für nichts zu scha<strong>de</strong> zu<br />

sein und zieht die von über<br />

20.000 Menschen besuchte Antikriegs<strong>de</strong>monstration<br />

vom<br />

13.10. fast auf Bild-Niveau in <strong>de</strong>n<br />

Dreck, <strong>ohne</strong> wirklich über die<br />

Veranstaltung zu informieren.<br />

Ähnlich sieht es in <strong>de</strong>r Politik aus.<br />

Der Bun<strong>de</strong>skanzler wird nicht<br />

mü<strong>de</strong>, immer und immer wie<strong>de</strong>r<br />

seine uneingeschränkte Solidarität<br />

mit <strong>de</strong>n USA zu verkün<strong>de</strong>n<br />

und militärische Hilfe anzubieten.<br />

Aber dürfen wir es uns wirklich<br />

so einfach machen? Eifrig Amerikaflaggen<br />

schwenken, unsere<br />

Zukunft in die Hän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s US-Präsi<strong>de</strong>nten<br />

legen, um dann einen<br />

gemeinsamen Feind zu jagen und<br />

„zur Strecke zu bringen“, wie es<br />

George W. Bush vor einiger Zeit<br />

ausgedrückt hat?<br />

Unbestreitbar ist, dass die Vereinigten<br />

Staaten Opfer eines hinterhältigen<br />

und brutalen Terroranschlages<br />

gewor<strong>de</strong>n sind, <strong>de</strong>r<br />

das Leben 6.000 unschuldiger<br />

Menschen gekostet hat und für<br />

<strong>de</strong>n es keinerlei Rechtfertigung<br />

geben kann. Selbstverständlich<br />

gilt auch meine Anteilnahme <strong>de</strong>n<br />

Opfern dieser Katastrophe und<br />

ihren Hinterbliebenen. Ein solches<br />

Verbrechen darf nicht einfach<br />

so hingenommen wer<strong>de</strong>n,<br />

und die Täter müssen in irgen<strong>de</strong>iner<br />

Art und Weise bestraft wer<strong>de</strong>n.<br />

Des Weiteren haben die USA in<br />

<strong>de</strong>n vergangenen Tagen immer<br />

wie<strong>de</strong>r erklärt, dass es sich bei <strong>de</strong>r<br />

Militäraktion nicht um einen Angriff<br />

auf das afghanische Volk<br />

handle und dass lediglich militärische<br />

Ziele angegriffen wer<strong>de</strong>n.<br />

Doch ihre Glaubwürdigkeit dürf-<br />

ten die USA eigentlich längst verspielt<br />

haben – zu oft haben sie<br />

schon im Namen <strong>de</strong>r Freiheit<br />

sinnlos gemor<strong>de</strong>t. Bestes Beispiel<br />

hierfür ist <strong>de</strong>r 2. Golfkrieg 1991,<br />

<strong>de</strong>r uns in <strong>de</strong>n Medien als „sauberer<br />

Krieg“ vorgeführt wur<strong>de</strong>.<br />

Doch allein die To<strong>de</strong>sopfer <strong>de</strong>r<br />

Kampfhandlungen wer<strong>de</strong>n inzwischen<br />

auf min<strong>de</strong>stens 150.000<br />

beziffert, darunter 40.000 Zivilisten<br />

– ganz zu schweigen von <strong>de</strong>n<br />

über 1,4 Millionen Menschen, die<br />

bis heute <strong>de</strong>n Folgen <strong>de</strong>s Krieges<br />

und <strong>de</strong>m Embargo gegen <strong>de</strong>n Irak<br />

zum Opfer gefallen sind.<br />

Erstaunliche Parallelen zu diesem<br />

„Medienkrieg“ scheint aber bei<br />

genauerer Betrachtung auch <strong>de</strong>r<br />

Krieg in Afghanistan aufzuweisen.<br />

So entpuppen sich zum Beispiel<br />

die aus Flugzeugen abgeworfenen<br />

Lebensmittelpakete<br />

schnell als reiner PR-Trick, <strong>de</strong>r<br />

eine breite Akzeptanz <strong>de</strong>r Luftangriffe<br />

in <strong>de</strong>r Welt schaffen soll,<br />

an<strong>de</strong>rerseits aber keinesfalls dazu<br />

in <strong>de</strong>r Lage ist, die humanitäre<br />

Katastrophe in Afghanistan abzuwen<strong>de</strong>n.<br />

Denn die meisten Päckchen<br />

lan<strong>de</strong>n auf Grund <strong>de</strong>r geographischen<br />

Begebenheiten <strong>de</strong>s<br />

Lan<strong>de</strong>s in unzugänglichen Felsspalten<br />

o<strong>de</strong>r gar in Minenfel<strong>de</strong>rn,<br />

an<strong>de</strong>re gelangen wie<strong>de</strong>rum in die<br />

falschen Hän<strong>de</strong> und wer<strong>de</strong>n auf<br />

Wochenmärkten verkauft. Um<br />

<strong>de</strong>r hungern<strong>de</strong>n Bevölkerung<br />

wirklich zu helfen, bedarf es einer<br />

systematischen Zuteilung <strong>de</strong>r<br />

Lebensmittel. Genau dies wur<strong>de</strong><br />

jedoch durch die US-Luftangriffe<br />

verhin<strong>de</strong>rt, welche die Mitarbeiter<br />

sämtlicher Hilfsorganisationen<br />

zur Ausreise gezwungen haben.<br />

Doch auch die Auswahl <strong>de</strong>r Waffen,<br />

die die Amerikaner gegen Afghanistan<br />

einsetzten, lässt darauf<br />

schließen, dass man am Wohl <strong>de</strong>r<br />

Bevölkerung nicht ernsthaft interessiert<br />

ist. Laut Bericht <strong>de</strong>s ARD-<br />

Magazins „Monitor“ vom 18.10.<br />

wer<strong>de</strong>n unter an<strong>de</strong>rem Bomben<br />

Nummer 29<br />

Seite 23<br />

flächliche flächliche und und undif undifferenzier<br />

undif ferenzier ferenzierte ferenzier te Berichterstattung Berichterstattung in in <strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Medien, Medien, welwel-<br />

che che die die W WWelt<br />

W elt kurzerhand kurzerhand kurzerhand in in Gut Gut und und Böse Böse aufteilte. aufteilte. Während Während Bin<br />

Bin<br />

La<strong>de</strong>n La<strong>de</strong>n von von <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Boulevardpresse Boulevardpresse mit mit Hilfe Hilfe Hilfe von von Schlagzeilen Schlagzeilen wie wie „Al- „Al„Al- lah, lah, hol hol diesen diesen diesen Mör<strong>de</strong>r Mör<strong>de</strong>r zu zu dir“ dir“ dir“ ver verteufelt ver verteufelt<br />

teufelt wur<strong>de</strong>, wur<strong>de</strong>, avancier avancierte avancier te George<br />

George<br />

W. . Bush Bush innerhalb innerhalb innerhalb kürzester kürzester Zeit Zeit zum zum neuen neuen Hel<strong>de</strong>n Hel<strong>de</strong>n Hel<strong>de</strong>n („Mr („Mr. („Mr . Presi<strong>de</strong>nt,<br />

Presi<strong>de</strong>nt,<br />

retten retten Sie Sie die die W WWelt!“,<br />

WW<br />

elt!“, BZ).<br />

BZ).<br />

<strong>de</strong>s Typs CBU-89-Gator abgeworfen,<br />

welche mit 94 Anti-Personen-<br />

und Anti-Panzer-Minen bestückt<br />

sind. Diese wer<strong>de</strong>n über<br />

<strong>de</strong>m Zielgebiet ausgestoßen und<br />

bedrohen dort auch das Leben<br />

von Zivilisten. Auch kommen sogenannte<br />

Splitterbomben zum<br />

Einsatz, die für ihre hohe Fehlerquote<br />

bekannt sind und oft nicht<br />

beim Aufprall, son<strong>de</strong>rn bei Berührung<br />

(z.B. durch spielen<strong>de</strong><br />

Kin<strong>de</strong>r) explodieren.<br />

Berichte über zerstörte Gebäu<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r UN und <strong>de</strong>s DRK sowie über<br />

immer mehr Opfer unter <strong>de</strong>r Zivilbevölkerung<br />

sorgen für noch<br />

mehr Zweifel am Sinn <strong>de</strong>r Angriffe.<br />

Doch wie schon im Golfkrieg<br />

könnten auch in Afghanistan sogar<br />

materielle Interessen eine<br />

wichtige Rolle spielen. Denn<br />

schon seit langem sind US-amerikanische<br />

Mineralölkonzerne am<br />

Bau einer Erdölpipeline durch Afghanistan<br />

interessiert, um die riesigen<br />

Erdölvorkommen im Nachbarland<br />

Turkmenistan för<strong>de</strong>rn<br />

und in die pakistanische Hafenstadt<br />

Karachi transportieren zu<br />

können. Ein entsprechen<strong>de</strong>s Abkommen<br />

mit <strong>de</strong>n Taliban hat das<br />

kalifornische Unternehmen Unocal<br />

gemeinsam mit <strong>de</strong>r saudiarabischen<br />

Delta-Oil bereits vor<br />

Jahren unterzeichnet. Ein mit<br />

Hilfe von US-Militärschlägen herbeigeführtes<br />

schnelles En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

Bürgerkrieges könnte die Realisierung<br />

<strong>de</strong>s Projektes jedoch erheblich<br />

beschleunigen und <strong>de</strong>n<br />

Ölmultis zu weiteren Milliar<strong>de</strong>ngewinnen<br />

verhelfen.<br />

Ganz <strong>de</strong>utlich muss aber gesagt<br />

wer<strong>de</strong>n, dass es sich bei <strong>de</strong>n Terroranschlägen<br />

auch um ein hausgemachtes<br />

Problem <strong>de</strong>r USA han<strong>de</strong>lt.<br />

Denn im Auftrag <strong>de</strong>r<br />

Amerikaner kämpften Bin La<strong>de</strong>n<br />

und seine Männer von 1979 bis<br />

1989 gegen die sowjetischen<br />

Truppen in Afghanistan, wur<strong>de</strong>n<br />

teilweise sogar in Amerika vom<br />

CIA ausgebil<strong>de</strong>t und mit Geld<br />

und Waffen versorgt, um die USA<br />

im Kampf gegen <strong>de</strong>n Kommunismus<br />

zu unterstützen. Doch <strong>de</strong>n<br />

gleichen Fehler wie damals<br />

scheint man jetzt erneut zu begehen:<br />

Die afghanische Nordallianz<br />

soll <strong>de</strong>n Krieg am Bo<strong>de</strong>n<br />

mitentschei<strong>de</strong>n und wird mit<br />

mo<strong>de</strong>rnen Waffen ausgerüstet.<br />

Doch was passiert, wenn <strong>de</strong>r<br />

Krieg tatsächlich gewonnen<br />

wird? Für die Bildung einer neuen<br />

Regierung ist die bunt zusammengewürfelte<br />

(und un<strong>de</strong>mokratische<br />

Ziele anstreben<strong>de</strong>)<br />

Vielvölkertruppe <strong>de</strong>r Nordallianz<br />

ebensowenig geeignet wie die Taliban.<br />

Doch wer selbst für <strong>de</strong>n<br />

Sieg gekämpft hat, <strong>de</strong>r lässt es<br />

sich mir Sicherheit nicht nehmen,<br />

am Erfolg beteiligt zu wer<strong>de</strong>n.<br />

Verblüffend ist, in welcher Art<br />

und Weise George W. Bush von<br />

<strong>de</strong>n Anschlägen auf das World<br />

Tra<strong>de</strong> Center und das Pentagon<br />

„profitiert“ hat. Vor kurzem noch<br />

weltweit scharf kritisiert auf<br />

Grund <strong>de</strong>r Pläne für sein nationales<br />

Raketenabwehrsystem, seiner<br />

katastrophalen Umwelt- und<br />

Klimapolitik sowie seiner Vorliebe<br />

für die To<strong>de</strong>sstrafe, hat Bush<br />

plötzlich nur noch einen einzigen<br />

Feind, aber keine Gegner mehr.<br />

Die eigentlich inakzeptablen<br />

Drohungen <strong>de</strong>s Präsi<strong>de</strong>nten, wer<br />

jetzt nicht auf seiner Seite stehe,<br />

sei gegen ihn, und wer jetzt noch<br />

Terror dul<strong>de</strong>, wer<strong>de</strong> selbst wie ein<br />

Terrorist behan<strong>de</strong>lt, zeigten sofort<br />

Wirkung und führten zu einer<br />

starken Einschränkung <strong>de</strong>r<br />

Meinungsfreiheit – und das nicht<br />

nur in <strong>de</strong>n USA. Wer es wagt,<br />

sich kritisch gegenüber <strong>de</strong>r Vorgehensweise<br />

Amerikas zu äußern<br />

o<strong>de</strong>r sogar auf die I<strong>de</strong>e kommt,<br />

die i<strong>de</strong>ologisch geprägten Denkstrukturen<br />

von George W. Bush<br />

und Osama Bin La<strong>de</strong>n zu vergleichen<br />

(wie es vor einiger Zeit Ulrich<br />

Wickert getan hat), <strong>de</strong>r be-


Seite 24 Nummer 29 Nicht zuletzt<br />

kommt sofort große Probleme<br />

und wird (zum Beispiel von <strong>de</strong>r<br />

Boulevardpresse) als amerikafeindlich<br />

diffamiert und zur<br />

Rücknahme seiner Stellungnahme<br />

aufgefor<strong>de</strong>rt.<br />

Als problematisch erweist sich<br />

auch die Beantwortung <strong>de</strong>r Frage<br />

nach <strong>de</strong>r Vereinbarkeit <strong>de</strong>r Angriffe<br />

mit <strong>de</strong>m Völkerrecht, welches<br />

Vergeltungsschläge<br />

verbietet. Krieg darf <strong>de</strong>mnach nur<br />

die Antwort eines Staates auf das<br />

Unrecht eines an<strong>de</strong>ren Staates<br />

sein und darf auch nur <strong>de</strong>r Verteidigung<br />

gegen einen Angriff von<br />

außen dienen. Die Angriffe <strong>de</strong>r<br />

USA wären also nur dann rechtens,<br />

wenn sich ein<strong>de</strong>utig beweisen<br />

ließe, dass Bin La<strong>de</strong>n für die<br />

Anschläge verantwortlich ist und<br />

im Schutz eines Staates, nämlich<br />

Afghanistans, gehan<strong>de</strong>lt hat.<br />

Doch in <strong>de</strong>n Vereinigten Staaten<br />

wur<strong>de</strong> noch nicht einmal ein<br />

Haftbefehl gegen Bin La<strong>de</strong>n ausgestellt,<br />

die angeblich stichhaltigen<br />

Beweise wur<strong>de</strong>n we<strong>de</strong>r einem<br />

unabhängigen Gericht noch <strong>de</strong>r<br />

Öffentlichkeit vorgelegt. Auch<br />

wenn alles nach einer Verwicklung<br />

Bin La<strong>de</strong>ns in die Anschläge<br />

aussieht – nicht einmal die von<br />

ihm selbst gelieferten Vi<strong>de</strong>obän<strong>de</strong>r<br />

reichen für eine Verurteilung<br />

aus. Aber <strong>de</strong>nnoch gehen einige<br />

<strong>de</strong>utsche Fernsehsen<strong>de</strong>r inzwischen<br />

dazu über, Bin La<strong>de</strong>n nicht<br />

mehr als „mutmaßlichen Drahtzieher“,<br />

son<strong>de</strong>rn schlichtweg als<br />

„Drahtzieher“ <strong>de</strong>r Anschläge zu<br />

bezeichnen.<br />

Mit Sicherheit ist es enorm<br />

schwierig, angemessene Lösungsansätze<br />

für das Terrorismusproblem<br />

herauszuarbeiten. Aber <strong>de</strong>nnoch<br />

sollte man sich nicht dazu<br />

verleiten lassen, <strong>de</strong>r eigenen Hilflosigkeit<br />

allein mit Kriegen, Sicherheitspaketen,Rasterfahndungen,<br />

Regelabschiebungen und<br />

uneingeschränkter Vernetzung<br />

von Geheimdiensten und Polizei<br />

zu begegnen. Vielmehr halte ich<br />

es für wichtig, die Fehler auch in<br />

<strong>de</strong>n eigenen Reihen zu suchen und<br />

darüber hinaus langfristig nicht<br />

<strong>de</strong>n Terrorismus selbst, son<strong>de</strong>rn<br />

seine möglichen Ursachen zu bekämpfen.<br />

Dass es sich beim Gegner im Krieg<br />

<strong>de</strong>r USA um eines <strong>de</strong>r ärmsten<br />

Län<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Welt han<strong>de</strong>lt, das kann<br />

einfach kein Zufall sein. Und auch<br />

die Tatsache, dass sich die Anschläge<br />

vom 11. September auf<br />

das World Tra<strong>de</strong> Center, also auf<br />

das Symbol für die Wirtschaftsmacht<br />

<strong>de</strong>s westlichen Kapitalismus<br />

schlechthin konzentrierten,<br />

lässt darauf schließen, dass beson<strong>de</strong>rs<br />

die negativen „Begleiterscheinungen“<br />

<strong>de</strong>r Globalisierung <strong>de</strong>n<br />

Hass auf Amerika schüren. Beson<strong>de</strong>rs<br />

hervorzuheben ist hier die<br />

ständig wachsen<strong>de</strong> Kluft zwischen<br />

Arm und Reich. Unsere Konsumgüter<br />

und Nahrungsmittel wer<strong>de</strong>n<br />

zwecks Gewinnmaximierung kostengünstig<br />

in Entwicklungslän<strong>de</strong>rn<br />

produziert, als Absatzmarkt<br />

dient aber <strong>de</strong>r kaufkräftigere Westen.<br />

Während wir also in Reichtum,<br />

Wohlstand und Überfluss leben,<br />

verhungern täglich 60.000 Menschen,<br />

für die wir für gewöhnlich<br />

we<strong>de</strong>r Tränen vergießen noch<br />

Kerzen anzün<strong>de</strong>n. Laut Greenpeace-Angaben<br />

sind weltweit sogar<br />

800 Millionen Menschen unterernährt.<br />

Und wahrscheinlich<br />

ist es auch die absolute Perspektivlosigkeit<br />

<strong>de</strong>r Menschen in verarmten<br />

Län<strong>de</strong>rn, die <strong>de</strong>n Extremismus<br />

för<strong>de</strong>rt und es Leuten<br />

wie Bin La<strong>de</strong>n ermöglicht, eine<br />

<strong>de</strong>rart große, zum Teil zu Selbstmordattentaten<br />

bereite Anhän-<br />

gerschaft um sich zu scharen.<br />

Denn wer im Diesseits keine Zukunft<br />

hat, <strong>de</strong>r neigt vielleicht eher<br />

dazu, sich an seinen Glauben zu<br />

klammern, verliert die Angst vor<br />

<strong>de</strong>m Tod und hofft auf ein besseres<br />

Leben im Jenseits.<br />

Es scheint <strong>de</strong>mnach dringend erfor<strong>de</strong>rlich<br />

zu sein, <strong>de</strong>r eigenen<br />

Überheblichkeit gegenüber an<strong>de</strong>ren<br />

Kulturen, neoliberalen Werten<br />

bzw. I<strong>de</strong>ologien sowie <strong>de</strong>r Allmacht<br />

<strong>de</strong>s Gel<strong>de</strong>s in irgen<strong>de</strong>iner<br />

Form Einhalt zu gebieten, um eine<br />

sozial gerechtere Welt- und Wirtschaftsordnung<br />

zu schaffen.<br />

Einen gerechten Krieg kann es<br />

nicht geben, son<strong>de</strong>rn nur einen<br />

gerechten Frie<strong>de</strong>n. Es muss sich<br />

hierbei um einen Frie<strong>de</strong>n für alle<br />

han<strong>de</strong>ln, folglich ist es auch die<br />

Aufgabe <strong>de</strong>r gesamten Menschheit,<br />

für das Erreichen dieses Ziels<br />

einzutreten. Machen wir uns jedoch<br />

nicht die Mühe, gemeinsam<br />

nach Alternativen zu suchen, son<strong>de</strong>rn<br />

stürzen wir uns blindlings in<br />

einen Kampf gegen „das Böse“,<br />

dann wird sich entgegen <strong>de</strong>r Behauptungen<br />

Vieler nichts grundlegend<br />

än<strong>de</strong>rn. Es wird alles nur<br />

noch viel schlimmer.<br />

Ole Soukup

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