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RECHT UND RECHTSPRECHUNG<br />

Fristlose und ordentliche<br />

Kündigung wegen Zahlungsverzugs<br />

Kündigt der Vermieter ein Wohnraummietverhältnis<br />

nach §§ 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1<br />

Nr. 3 Buchst. a, 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB wegen<br />

Zahlungsverzugs des Mieters fristlos und<br />

hilfsweise auch fristgemäß, lässt der nachträgliche<br />

Ausgleich der Rückstände innerhalb<br />

der Frist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zwar die<br />

fristlose Kündigung unwirksam werden, nicht<br />

dagegen auch ohne weiteres die fristgemäße<br />

Kündigung.<br />

Die nachträgliche Zahlung ist jedoch bei der<br />

Prüfung, ob der Mieter seine vertraglichen<br />

Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt<br />

hat (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB) zu<br />

berücksichtigen.<br />

BGH, Urteil vom 16.02.2005<br />

– VIII ZR 6/04 –<br />

Vermieterin und Mieterin stritten um die<br />

Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen<br />

Kündigung sowie einer hilfsweise erklärten<br />

ordentlichen (fristgemäßen) Kündigung wegen<br />

Zahlungsverzugs der Mieterin mit mehr <strong>als</strong><br />

zwei Monatsmieten. Mit der im Anschluss an<br />

die Kündigung erhobenen Räumungsklage<br />

verlangte die Vermieterin die Herausgabe der<br />

Wohnung. Das Sozialamt hatte nach Zugang<br />

der außerordentlichen (und hilfsweise ordentlichen)<br />

Kündigung den gesamten Mietrückstand<br />

ausgeglichen. Daraufhin hatte die<br />

Vermieterin beantragt, die Mieterin zur Herausgabe<br />

der Wohnung im Anschluss an den<br />

Ablauf der Kündigungsfrist zu verurteilen.<br />

Das Amtsgericht Schöneberg und das<br />

Landgericht Berlin haben die Klage unter<br />

Hinweis auf den rechtzeitigen Ausgleich der<br />

rückständigen Mieten innerhalb der Schonfrist<br />

des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB abgewiesen. Für<br />

die fristlose Kündigung ergab sich aus dieser<br />

Vorschrift zwingend, dass diese (rückwirkend)<br />

unwirksam geworden war. Das Landgericht<br />

vertrat in seiner Urteilsbegründung die Ansicht,<br />

die Mieterin könne sich auch hinsichtlich der<br />

ordentlichen Kündigung auf diese Zahlung<br />

berufen. Es wäre rechtsmissbräuchlich, wenn<br />

die Mieterin trotz der Zahlung innerhalb der<br />

Schonfrist nicht gegenüber einer fristgemäßen<br />

Kündigung (wegen erheblicher Vertragsverletzungen)<br />

geschützt sei. Die Regelung des<br />

§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB solle dem Mieter nicht<br />

nur eine im Verhältnis zur fristlosen Kündigung<br />

längere Kündigungsfrist geben, sondern bei<br />

vollständigem Ausgleich der Mietzinsrückstände<br />

eine Beendigung des Mietverhältnisses<br />

insgesamt verhindern.<br />

Gegen dieses Urteil hat die Vermieterin<br />

Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt.<br />

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf und<br />

verwies die Sache zur Entscheidung zurück an<br />

das Landgericht Berlin. Zur Begründung wies<br />

der Bundesgerichtshof darauf hin, dass –<br />

entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts<br />

Berlin – die nachträgliche Zahlung<br />

sämtlicher Mietrückstände innerhalb der<br />

Schonfrist nicht automatisch zu einer Unwirksamkeit<br />

der auf diese Zahlungsrückstände<br />

gestützten fristgemäßen Kündigung führe.<br />

Habe ein Vermieter dem Mieter wegen<br />

Zahlungsverzugs sowohl fristlos gemäß<br />

§§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, 569 Abs. 3<br />

Nr. 1 BGB <strong>als</strong> auch hilfsweise wegen erheblicher<br />

Vertragsverletzungen gemäß § 573 Abs. 2<br />

Nr. 1 BGB ordentlich gekündigt, so sei in<br />

Rechtsprechung und Literatur bislang streitig<br />

gewesen, ob der Ausgleich der Mietrückstände<br />

auch der Wirksamkeit einer hilfsweise erklärten<br />

ordentlichen Kündigung entgegenstehe. Diese<br />

Frage sei jedoch auf Grund der historischen<br />

Entwicklung der Vorschrift und dem Sinn und<br />

Zweck der Regelung zu verneinen.<br />

Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der<br />

Vorschrift des § 569 Absatz 3 Nr. 2 BGB wird<br />

lediglich die außerordentliche Kündigung aus<br />

wichtigem Grund rückwirkend unwirksam,<br />

wenn der Mieter den Vermieter innerhalb der<br />

Schonfrist vollständig befriedigt. Eine entsprechende<br />

Regelung oder Verweisung auf die<br />

Bestimmungen über die ordentliche Kündigung<br />

ist im Gesetzeswortlaut nicht enthalten.<br />

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs spricht<br />

bereits die Entstehungsgeschichte des<br />

§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB gegen eine über den<br />

Wortlaut hinausgehende Auslegung. Die so<br />

genannte Schonfrist-Klausel habe bereits zu<br />

einem Zeitpunkt bestanden, zu dem die ordentliche<br />

Kündigung des Vermieters an keine<br />

Kündigungsgründe gebunden gewesen sei.<br />

Erst im Anschluss an das erste Wohnraumkündigungsschutzgesetz<br />

vom 25.11.1971<br />

habe der Gesetzgeber die ordentliche<br />

Kündigung des Vermieters an bestimmte<br />

Voraussetzungen geknüpft, darunter auch die<br />

nicht unerhebliche schuldhafte Verletzung<br />

vertraglicher Pflichten durch den Mieter.<br />

Zielsetzung dieser Regelung sei es gewesen,<br />

den Mieter auch gegen eine ordentliche<br />

fristgemäße Kündigung durch den Vermieter in<br />

gewissem Rahmen zu schützen, nicht dagegen<br />

eine Angleichung an die Vorschriften über die<br />

fristlose Kündigung zu erreichen. Im Übrigen<br />

habe es in der Vergangenheit mehrere Rechtsentscheide<br />

gegeben, die die Wirksamkeit einer<br />

ordentlichen Kündigung trotz Zahlung des<br />

Mieters innerhalb der Schonfrist bestätigt<br />

hätten. Diese Entscheidungen seien dem<br />

Gesetzgeber auch bekannt gewesen. Angesichts<br />

der inhaltlich unveränderten Neufassung<br />

im Zusammenhang mit der Mietrechtsreform<br />

zum 01.09.2001 könne daher nicht von einem<br />

erneuten gesetzgeberischen Versehen ausgegangen<br />

werden.<br />

Der Bundesgerichtshof vertrat die Ansicht,<br />

auch die systematische Stellung des<br />

§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB spreche gegen eine<br />

erweiterte Auslegung. Sie enthalte eine<br />

Ausnahme zu dem in § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB<br />

geregelten Grundsatz, dass eine auf den<br />

Zahlungsrückstand des Mieters gestützte<br />

fristlose Kündigung wirksam sei.<br />

Schließlich ergebe sich auch bei einer Betrachtung<br />

nach dem Sinn und Zweck der<br />

gesetzlichen Regelung keine andere Wertung.<br />

Die Schonfristzahlung des § 569 Abs. 3 Nr. 2<br />

BGB diene der im allgemeinen Interesse<br />

liegenden Vermeidung von Obdachlosigkeit.<br />

Diese Gefahr bestehe bei einer ordentlichen, an<br />

die Kosten des § 573 c Abs. 1 BGB gebundenen,<br />

Kündigung in geringerem Maß. Dem Mieter<br />

verbleibe bei einer fristgemäßen Kündigung ein<br />

wesentlich längerer Zeitraum für die Suche von<br />

angemessenen Ersatzwohnraum.<br />

Darüber hinaus bestünden zwischen den<br />

Tatbestandsvoraussetzungen einer fristlosen<br />

Kündigung und einer ordentlichen Kündigung<br />

gewisse Unterschiede. Während der Mieter bei<br />

der fristlosen Kündigung für seine zum<br />

Zahlungsverzug führende finanzielle Leistungsfähigkeit<br />

immer einzustehen habe, sei<br />

eine ordentliche Kündigung nur bei verschuldetem<br />

Zahlungsverzug begründet. Der<br />

Mieter könne sich somit im Rahmen einer<br />

ordentlichen Kündigung beispielsweise auf<br />

unvorhersehbare wirtschaftliche Engpässe<br />

berufen. Darüber hinaus könne im Rahmen des<br />

Verschuldens die nachträgliche Zahlung des<br />

Mieters zu seinen Gunsten berücksichtigt<br />

werden, weil sie ein etwaiges Fehlverhalten<br />

(soll heißen einem schuldhaften Zahlungsrückstand)<br />

in einem milderen Licht erscheinen<br />

lasse.<br />

28 ME 310/2005

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