Download als PDF - Berliner MieterGemeinschaft eV
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BERLIN<br />
Arbeitsmigration, in Westberlin vor allem aus<br />
der Türkei auf Grund der Arbeitsplätze in der<br />
Elektro- und Textilindustrie. Wegen der für<br />
Türken offenen Grenzen nach Ostberlin folgten<br />
bald viele Familienangehörige nach.<br />
In der bei der Warschauer Brücke gelegenen<br />
Glühlampenfabrik VEB Narva arbeiteten<br />
etliche der 60.000 Vietnames/innen, die in der<br />
DDR <strong>als</strong> Vertragsarbeiter/innen beschäftigt<br />
waren.<br />
Seit Beginn der 1980er Jahre kamen viele<br />
Flüchtlinge aus Polen nach Kreuzberg, aus<br />
ideologischen Gründen lehnten die Westberliner<br />
Behörden dam<strong>als</strong> kaum einen Asylantrag<br />
ab. Nicht zu vergessen sind auch die<br />
Übersiedler/innen aus der DDR.<br />
Nach dem Fall der Mauer kamen Flüchtlinge<br />
aus aller Welt, insbesondere aus dem ehemaligen<br />
Jugoslawien, nach Kreuzberg.<br />
Doch so hoch wie die Zuwanderungsquote ist<br />
auch die Abwanderungsquote, zum Teil weil<br />
viele der in Kreuzberg Ankommenden nicht<br />
lange bleiben. Früher ging es oft weiter nach<br />
Amerika – heute hingegen gehen viele<br />
Migrant/innen zurück in das Herkunftsland.<br />
Auch möchten Türk/innen das „Ghetto“<br />
verlassen und in die „besseren“ Bezirke wie<br />
Charlottenburg und Wilmersdorf ziehen.<br />
Und der gebildete Mittelstand möchte nach<br />
wilden Jahren in Kreuzberg die Kinder lieber<br />
im grünen Umland Berlins aufziehen.<br />
Einmal in jeder Generation, statistisch alle 30<br />
Jahre, tauscht sich die Kreuzberger Bevölkerung<br />
komplett aus. In die leeren Wohnungen<br />
ziehen dann wieder die nächsten Migrant/innen<br />
auf der Suche nach einem glücklichen<br />
Leben.<br />
Die immer größere Anzahl von schwarzafrikanischen<br />
Läden in und um die Oranienstraße<br />
sind die Vorboten der nächsten Einwanderergruppe.<br />
Vom Nigerianischen Club<br />
und dem „Sunugaal“ der Senegalesen in der<br />
Oranienstraße bis hin zu den afrikanischen<br />
Schmuckläden in der Dresdener Straße reichen<br />
die Neueröffnungen. Ihnen gegenüber sieht<br />
dann die türkische Änderungsschneiderei<br />
schon wie das „eigentliche Kreuzberg“ aus.<br />
AUSSTELLUNG<br />
„… ein jeder nach seiner Façon? – 300 Jahre<br />
Zuwanderung nach Kreuzberg und Friedrichshain“.<br />
Die neue Ausstellung im Kreuzberg Museum in der<br />
Adalbertstraße 95a, 10999 Berlin,<br />
vorerst bis zum Jahresende,<br />
Mittwoch bis Sonntag von 12 bis 18 Uhr.<br />
Weitere Infos unter<br />
http://www.kreuzbergmuseum.de<br />
Mauern für Beisheim<br />
Die Rekonstruktion der früheren Gärten auf dem<br />
Mauerstreifen verdrängt bisherige Nutzungen<br />
Jutta Blume<br />
Der Mauerstreifen zwischen Kreuzberg und Mitte hat eine wechselhafte Geschichte.<br />
Das Bezirksamt Mitte will den Grünstreifen nach historischem Vorbild von 1928<br />
gestalten – mit finanzieller Unterstützung des Metro-Gründers Otto Beisheim. Doch<br />
die bisherigen Nutzer/innen passen schlecht ins Konzept.<br />
Bis 1989 war der Bethaniendamm das Ende<br />
der ‚Insel Kreuzberg’. Am Rande dieser Insel<br />
entwickelten sich verschiedene Hausprojekte<br />
und Wagenburgen sowie der Kinderbauernhof<br />
in der Adalbertstraße, einer der wenigen Orte,<br />
wo Kreuzberger Kinder Kontakt zur Natur<br />
aufnehmen können. Mit dem Fall der Mauer<br />
entstand zwischen Engeldamm und Bethaniendamm<br />
ein neuer Freiraum. Alternative<br />
Projekte siedelten sich auch im angrenzenden<br />
Bezirk Mitte an, wie das Hausprojekt „Köpi“<br />
oder die Wagenburg „Schwarzer Kanal“, die<br />
inzwischen zweimal umziehen musste.<br />
Lieber alte <strong>als</strong> junge Geschichte<br />
Neben neuen alternativen Projekten interessierte<br />
sich hauptsächlich die Gartendenkmalpflege<br />
für den ehemaligen Mauerstreifen. Die<br />
jüngste Geschichte in Form von Betonmauerteilen<br />
wurde schnell abgetragen, um alte<br />
Mauern wieder auszugraben, die des Luisenstädtischen<br />
Kan<strong>als</strong>. Denn zwischen Köpenicker<br />
Straße und Engelbecken folgte die Mauer<br />
genau dem Verlauf der ehemaligen Wasser-<br />
Der „Immergrüne Garten“ von der Adalbertstraße gesehen. Foto: ME<br />
straße. Der Luisenstädtische Kanal war 1848<br />
von Lenné <strong>als</strong> „Schmuckwasserstraße“ von<br />
der Spree bis zum Landwehrkanal angelegt<br />
und 1926 aus hygienischen Gründen wieder<br />
zugeschüttet worden. Der Stadtgartendirektor<br />
Erwin Barth entwarf stattdessen thematische<br />
Gärten innerhalb der alten Kanalmauern.<br />
Diese Gärten wollte die Gartendenkmalpflege<br />
nach dem Fall der Mauer am liebsten sofort<br />
wieder herstellen. Jedoch: Geld gab es nur<br />
häppchenweise und so kam das Projekt immer<br />
wieder ins Stocken.<br />
Mehr <strong>als</strong> nur Spontanvegetation<br />
Die nach dem Mauerfall ausgegrabenen<br />
Überreste der Kanalmauern sowie noch erkennbare<br />
Wege und Treppen wurden unter<br />
Denkm<strong>als</strong>chutz gestellt. 1993 musste <strong>als</strong> erste<br />
die Wagenburg im Engelbecken den neuen<br />
und zugleich alten Plänen weichen. Und schon<br />
dam<strong>als</strong> machte das Bezirksamt deutlich, was<br />
es von den alternativen Bewohner/innen des<br />
Geländes hielt: „Verstoß gegen ungeschriebene<br />
gesellschaftliche Verhaltensregeln“ wur-<br />
24 ME 310/2005