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Der Landkreis Deggendorf in Lentners Ethnographie von ...

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se<strong>in</strong>e Aufgabe dar<strong>in</strong>, <strong>Lentners</strong> umfangreichen Stoff „wissenschaftlich brauchbar und<br />

wertvoll zu machen" . Es hegen noch ke<strong>in</strong>e Untersuchungen vor, wieweit <strong>Lentners</strong><br />

Arbeit <strong>in</strong> die „Bavaria" e<strong>in</strong>g<strong>in</strong>g.<br />

<strong>Der</strong> erste Band stellt e<strong>in</strong>e Zusammenstellung <strong>von</strong> zahlreichen E<strong>in</strong>zelstudien dar, die<br />

thematisch weit über <strong>Lentners</strong> Aufzeichnungen h<strong>in</strong>ausgehen. So ersche<strong>in</strong>en Abhandlungen<br />

über die „geognostischen (= geologischen) Verhältnisse", über Klimatologie,<br />

Vegetationsverhältnisse, die Tierwelt, neben e<strong>in</strong>em Abriß der Ortsgeschichte. <strong>Der</strong> Teil<br />

„Volkskunde" umfaßt Kapitel über „Geschichte und Kunstdenkmale", „Kunstarchitektur<br />

und Volksbauart", „Häuserbau <strong>in</strong> Städten und Märkten", „Volkskrankheiten<br />

und Volksmediz<strong>in</strong>", „Betriebsamkeit". All dies hat wenig zu tun mit Volkskunde, wie<br />

sie heute verstanden wird. Andererseits fehlen Kapitel über Volksglaube, Volkskunst,<br />

Volkslied- und musik. Riehl hatte andere Vorstellungen <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er „Volkskunde als<br />

Wissenschaft", wie der Titel se<strong>in</strong>es berühmten Vortrages <strong>von</strong> 1858 lautet. Für ihn ist die<br />

Kenntnis des Landes und Volkes Vorbed<strong>in</strong>gung zur zweckmäßigen Verwaltung durch<br />

die Behörden, und sie hilft, die „Naturgeschichte des Volkslebens" zu erhellen 14 .<br />

Im Verzeichnis der Mitarbeiter am ersten Band der „Bavaria" ersche<strong>in</strong>t Lentner nicht.<br />

Im Inhaltsverzeichnis der Kapitel „Haus und Wohnung", „Nahrung", „Volkssitte"<br />

(= Brauchtum, bei Lentner „Hausleben" und „öffentliches Leben" genannt), sowie<br />

über „Volkstracht" ersche<strong>in</strong>t er ohne Vornamen zusammen mit Felix Dahn („<strong>von</strong><br />

Lentner und Felix Dahn"), was dann <strong>in</strong> Band 2 (zweite Abteilung) für Schwaben und<br />

Neuburg geändert wurde. Im Text selbst ist Dahn alle<strong>in</strong> als Autor genannt, lediglich<br />

Fußnoten verweisen auf <strong>Lentners</strong> Autorenschaft 15 .<br />

Obwohl Dahn bei der ersten Nennung <strong>von</strong> Lentner betont, er habe dessen „nach ganz<br />

andern Gesichtspunkten gesammelte und zur Veröffentlichung <strong>in</strong> der ursprünglichen<br />

Form weder bestimmte noch taugliche Material vollständig umgearbeitet" 16 , s<strong>in</strong>d doch<br />

zahlreiche wörtliche Übernahmen festzustellen. Dazu gehören auch solche aus den folgenden<br />

Texten über den <strong>Deggendorf</strong>er <strong>Landkreis</strong> 17 . Auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Sätzen ist die<br />

Abhängigkeit <strong>von</strong> <strong>Lentners</strong> Text zu spüren 18 .<br />

Ursprünglich sollte jedes Landgericht für sich beschrieben werden, damit der Herrscher<br />

bei Besuchen sich <strong>in</strong> dem jeweiligen Band schon vorher <strong>in</strong>formieren könnte.<br />

Dennoch faßt Lentner mehrere Landgerichte nach übergeordneten, meist geographischen<br />

Gesichtspunkten zusammen. So wird der heutige <strong>Landkreis</strong> <strong>Deggendorf</strong> e<strong>in</strong>gebettet<br />

<strong>in</strong> die Gesamtschau des Vorderen Bayerischen Waldes <strong>von</strong> Wörth bis Passau,<br />

sowie des Gebietes <strong>von</strong> D<strong>in</strong>golf<strong>in</strong>g bis an die Donau. Den Vorderen Wald teilt e<strong>in</strong>e<br />

gedachte Trennl<strong>in</strong>ie (Hengersberg - Lall<strong>in</strong>g) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en westlichen und östlichen Teil.<br />

Ebenso verfährt Lentner mit dem Inneren Wald.<br />

Alle diese geographischen E<strong>in</strong>heiten beschreibt er anhand <strong>von</strong> zwölf gleichbleibenden<br />

Punkten: Topographie, Bewohner, Wohnung, Nahrung, Tracht, Besitz und Arbeit,<br />

Hausleben, Kirchliches, Öffentliches Leben, Industrie, Geme<strong>in</strong>dewesen, Mundart.<br />

Lentner weiß, daß sich die „topische" (= natürliche) Gliederung des Landes häufig<br />

nicht mit den volkskundlichen Ersche<strong>in</strong>ungen deckt; aus diesem Grunde vernachlässigt<br />

er auch die Verwaltungsgrcnzen der Landgerichte. Daher kommt es natürlich immer<br />

wieder zu Überschneidungen und Wiederholungen. An e<strong>in</strong>e Gesamtschau z. B. des<br />

bayerischen Brauchtums wagte sich Lentner nicht. Vielleicht hat ihn auch se<strong>in</strong> früher<br />

Tod daran geh<strong>in</strong>dert.<br />

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