1.5 MB - Wyss
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zerischen Tradition wird die Attraktivität des<br />
Landschaftsbildes positiv beeinflusst und damit<br />
hoffentlich auch indirekt der Tourismus<br />
gefördert.<br />
Wann und vor allem wie sind Sie auf diese Idee<br />
gekommen?<br />
In den 80er-Jahren habe ich ein ähnliches<br />
Projekt in Südfrankreich kennengelernt. Nach<br />
einem Hilfseinsatz in der Entwicklungszusammenarbeit<br />
in Papua Neuguinea<br />
kam ich vor zehn Jahren zurück<br />
und stellte fest, dass es<br />
diese Zucht leider nicht mehr<br />
gab. So habe ich die Idee aus<br />
Frankreich aufgenommen und<br />
an die Schweizer Verhältnisse<br />
angepasst. Vor sieben Jahren<br />
begann ich mit den ersten Versuchen.<br />
2008 hat das Projekt an<br />
Dynamik gewonnen. Ein Artikel<br />
im «Schweizer Bauer» löste erste<br />
positive Reaktionen aus.<br />
Wieviel Zeit investieren Sie in<br />
Ihre eigene Zucht sowie in die<br />
Arbeit bei swiss silk?<br />
Heute ist die Seidenraupenzucht<br />
und das Engagement bei swiss silk für<br />
mich ein 40 %-Job, meine Arbeit als Programmleiter<br />
in der Entwicklungszusammenarbeit<br />
redu zierte ich auf ein 80 %-Pensum.<br />
Zu meinen Aufgaben bei swiss silk gehören<br />
die Koordination mit den Bauern, deren Beratung,<br />
die Website bearbeiten, mit Organisationen<br />
wie IP Suisse verhandeln, ... Natürlich<br />
muss ich auch meine Maulbeerbaum-Plantage<br />
und die Raupen pflegen. Aber es macht mir<br />
Spass und die Familie steht hinter mir, was<br />
sehr wichtig ist.<br />
Wie haben Sie sich Ihr Fachwissen angeeignet?<br />
Durch die Ausbildung zum Textilingenieur<br />
bringe ich bereits Grundkenntnisse mit. Auch<br />
habe ich mich gründlich in das Thema eingelesen,<br />
Bauern in Frankreich besucht und viele<br />
Informationen in Asien gesammelt. Im Frühling<br />
2010 war ich in Indien, um das Abhaspeln<br />
des Seidenfadens vom Kokon zu erlernen. Hinzu<br />
kommen Fehler bei Versuchen, aus denen<br />
man immer wieder dazu lernt.<br />
Ueli Ramseier auf seiner Maulbeerbaum-Plantage.<br />
Was gehört alles zu einer Seidenraupenzucht?<br />
Beim Seidenspinner handelt es sich um einen<br />
unscheinbaren Nachtfalter. Um den Faden aus<br />
dem Kokon der Raupe zu gewinnen, bedarf es<br />
vieler Arbeiten und sorgfältiger Aufzucht. Aus<br />
den Eiern schlüpfen nach etwa 10 Tagen winzige,<br />
kaum 3 mm lange Räupchen, die dank ihrer<br />
ungeheuren Fresslust innert 30 Tagen zu<br />
einer Länge von 9 –10 cm heranwachsen. Dabei<br />
nehmen sie das 10 000-fache an Gewicht<br />
zu. Als Nahrung braucht der Seidenspinner die<br />
Blätter von weissen Maulbeerbäumen (morus<br />
alba). Auf unseren Plantagen kultivieren wir<br />
diese Futterpflanze. Die Blätter werden geerntet<br />
und den Raupen in den Aufzuchträumen<br />
zum Fressen auf Hurten vorgelegt. Das Futter<br />
muss immer frisch gepflückt sein, welkes<br />
Laub wird nicht gefressen. Sind die Raupen<br />
reif zum Einpuppen, stellen wir Ihnen Verpuppungshilfen<br />
wie Kartongitter zur Verfügung.<br />
Drei Tage braucht die Raupe, bis sie sich in<br />
den eigenen bis zu 3000 m langen Seidenfaden<br />
eingesponnen hat. Durch den Seidenleim,<br />
welchen die Raupen zusammen mit dem Seiden<br />
faden ausspinnen, wird der Kokon fest.<br />
Nach einer Ruhephase von etwa drei Wochen<br />
ist die Metamorphose der Raupe zum Nachtfalter<br />
abgeschlossen. Der Schmetterling zerstört<br />
die Spitze des Kokons und kriecht heraus.<br />
Die Falter paaren sich sofort nach dem<br />
Schlüpfen. Die Männchen sterben gleich danach;<br />
die Weibchen beginnen sofort mit der<br />
Eiablage. Sie legen 300 – 500 Eier ab und sterben<br />
dann ebenfalls. So beginnt der Kreislauf<br />
wieder von vorne. Man lässt aber nur so viele<br />
Falter schlüpfen wie zur Weiterzucht gebraucht<br />
werden. Für die Seidenherstellung müssen wir<br />
im Stadium der Metamorphose die Puppen mit<br />
heisser Luft austrocknen. Die Kokons werden<br />
danach gelagert und später abgehaspelt. Dazu<br />
muss man zuerst mit heissem Wasser den Seidenleim<br />
aufweichen. Aus fünf Kokons gewinnen<br />
wir einen Rohseidefaden. Die Rohseide fäden<br />
gehen schliesslich weiter an die Schwei zer<br />
Textilindustrie zur Endverarbeitung. Wir decken<br />
also die Futterproduktion, Seidenraupenzucht<br />
und Abhaspelung ab.<br />
Die Seidenraupen ernähren sich ausschliesslich<br />
von Maulbeerbaumblättern. Wie wird diese<br />
Futterpflanze angebaut?<br />
Es gibt verschiedene Systeme. Wichtig ist,<br />
dass man die Bäume mit Schnitt auf Niederstamm,<br />
zirka 60 – 80 cm hoch, hält. Die Blätter<br />
an den einjährigen Schösslingen werden ge -<br />
erntet, darauf folgt im Winter wieder der Rückschnitt.<br />
Die Stecklinge produzieren wir mit Unterstützung<br />
eines Elsässer Bauern selbst. Die<br />
Blätterernte ist sehr zeitin ten -<br />
siv. Die Plantage ist mit Fahrgassen<br />
für einen Traktor angelegt,<br />
so dass wir allenfalls später<br />
mit einer Erntemaschine<br />
ar beiten können.<br />
Wie gross ist Ihre Maulbeerbaumplantage?<br />
Die Plantage ist ½ ha gross.<br />
Sie bietet Platz für 1100 Bäume.<br />
Dieses Jahr habe ich die<br />
ersten 260 Bäume gepflanzt.<br />
Sie benötigen 5 Jahre bis zum<br />
vollen Produktionseinsatz. 100<br />
Maulbeerbäume pflege ich als<br />
«Reserve». Auf meiner Plantage<br />
kann ich Futter für 160 000<br />
Raupen anbauen. Gesamthaft verfügen wir in<br />
der Vereinigung zur Zeit über 700 Bäume.<br />
Welche Arbeiten stehen bei der Futterproduk-<br />
tion an?<br />
Die Vervielfäl ti gung der Bäume sowie die Bodenvorbereitung.<br />
Auch die Baumpflege selbst,<br />
d. h. aufbinden, düngen, schneiden, ist wichtig.<br />
Im ersten Jahr müssen die Bäumchen zudem<br />
bei Trocken heit gegossen werden. Wir<br />
verwenden keine Insektizide, da dies für die<br />
Raupen tödlich wäre. Krankheiten wie Mehltau<br />
müssen wir vor allem vorbeugen und sie allenfalls<br />
auf natürliche Weise bekämpfen.<br />
Wie viel Seide produzieren Sie pro Jahr?<br />
Im Moment noch wenig, das hängt von der<br />
Futterproduktion ab. Die Bäume und die Erfahrung<br />
sind noch klein. Im Jahr 2010 werden wir<br />
ungefähr 1 kg Rohseide produzieren. Mit diesem<br />
Kilo macht die Textilindustrie einen ersten<br />
Webversuch.<br />
Potenzial ist vorhanden, denn von der Industrie<br />
erhielten wir bereits eine Zusage für die<br />
Abnahme von 10 Tonnen Rohseide im Jahr. Dazu<br />
benötigen wir aber 150 Bauern à 1 ha Maulbeerbaumplantage,<br />
oder 300 Bauern mit je<br />
½ ha. Das ergäbe fast 50 Millionen Raupen im<br />
Jahr (je 330 000 Raupen pro Hektar), daraus<br />
entstehen 10 Tonnen Rohseide. Aus dieser Menge<br />
Rohstoff kann man ungefähr 100 000 Seidenkrawatten<br />
produzieren. Dies wäre ein Bei -<br />
trag zur Diversifizierung in der Landwirtschaft!<br />
Weitere Informationen finden Sie unter<br />
www.swiss-silk.ch.<br />
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