Restaurierung des Granatschmucks - SUPŠ a VOS Turnov
Restaurierung des Granatschmucks - SUPŠ a VOS Turnov
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<strong>Restaurierung</strong><br />
<strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong><br />
Einführung in die Problematik
<strong>SUPŠ</strong> A VOŠ TURNOV 2010<br />
<strong>Restaurierung</strong><br />
<strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong><br />
Einführung in die Problematik<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik<br />
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<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong><br />
1.0. Einführung in die Problematik am Beispiel von zwei restaurierten<br />
Broschen aus dem Museum <strong>des</strong> Böhmischen Paradies in <strong>Turnov</strong><br />
Die Herstellung <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> wurde in ihrer Blütezeit im 19. Jahrhundert<br />
aufgrund ihrer spezifischen Techniken zu einem der Fachbereiche der Goldschmiedekunst.<br />
Jeder Restaurator sollte sich <strong>des</strong>halb mit ihren Grundlagen vertraut machen, weil<br />
während der <strong>Restaurierung</strong>sarbeiten diejenigen Probleme auftreten können, die nicht<br />
nur durch eine physische Beanspruchung <strong>des</strong> Schmucks, sondern auch durch eine natürliche<br />
Materialalterung, sowie durch eine nachlässige Vorgehensweise bei seiner Herstellung<br />
verursacht sein könnten.<br />
Die Grundtechnik der Fixierung <strong>des</strong> böhmischen Granats im Schmuck und in den<br />
Juwelen ist wie bei anderen Edelsteinen das Einfassen in die Zarge. Für den Erfolg <strong>des</strong><br />
<strong>Restaurierung</strong>seingriffs ist auch die Feststellung der Stärke der verwendeten Materialien,<br />
von denen die Zargen hergestellt werden sollen, die Art <strong>des</strong> Biegens der Zarge<br />
(Einschlagen, Eindrücken), die Feststellung, ob es zum Ausstechen der Hilfskörner vor<br />
dem Einfassen kam, oder ob die Zargel schon vor dem Justieren <strong>des</strong> Lagers geschwächt<br />
wurde. Schon in der Romanik bemühten sich die Goldschmiede die größere Fläche <strong>des</strong><br />
Edelsteins durch das Formen der Zargel abzudecken (Abb. 1).<br />
Abb. 1 Reliquiar <strong>des</strong> Heil. Maur, Belgien um 1220, Burg Bečov, Böhmen. Detail<br />
Durch die optische Vergrößerung <strong>des</strong> Edelsteins konnte darin mehr Licht hineintreten<br />
und auch die Farbe wurde dadurch belebt. Dies betrifft insbesondere die größeren<br />
Solitärsteine. Kleiner böhmischer Granat erfordert eine mehr komplizierte Vorgehensweise,<br />
wie z. B. bei dem berühmten Juwel, der als Gurt der Königin Elisabeth bekannt<br />
ist (Abb. 2). Auf der Schnalle sind verschiedene Edelsteine – natürliche und gläserne,<br />
angeordnet. Die Mitte der Gürtelschnalle ist u. a. mit roten Edelsteinen und ihre Ecken<br />
mit weiteren vier Zargen mit roten Edelsteinen verziert. Der Goldschmied hat die böhmischen<br />
Granate verwendet, wobei er ihren einzigen und typischen Mangel, der der -<br />
geringen Größe, interessant gelöst hat. In die großen Zargen fasste er je fünf facettierte<br />
dreieckige Granate, deren Scheitel sich in der Mitte der Zarge gegenseitig berühren.<br />
Die Grundseiten der dreieckigen Edelsteine halten den gefalteten Rand der Zarge, wobei<br />
ihre Scheitel in der Mitte der Zarge nur mit einem großen Korn gegenseitig befestigt<br />
sind (Abb. 3).<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik<br />
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Abb. 2, 3 Sog. Gürtel der Königin Elisabeth, Böhmen um 1450, MVČ Hradec Králové. Detail<br />
Die ganze Fläche ist <strong>des</strong>halb durch kein Metall unterbrochen. Es gelang ihm so einen<br />
ähnlichen Effekt zu erreichen, als ob er einen einzigen großen Stein verwendet hätte. Es<br />
nähert sich eigentlich dem Prinzip der späteren Techniken – der Korn- und Stifttechnik,<br />
die zur Entwicklung <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> im 19. Jahrhundert beitrugen. Der Autor <strong>des</strong><br />
Gurtes der Königin Elisabeth überholte mit seinem Erfindungsgeist die damalige Zeit.<br />
Die eigene Entwicklung der Art und Weise <strong>des</strong> Einsetzens <strong>des</strong> böhmischen Granats begab<br />
sich zur Reduktion der Zarge. Bei dem Schmuck aus dem 17. und 18. Jahrhundert<br />
begegnen wir einer konservativen Vorgehensweise, bei welcher das Material der Zargel<br />
kontinuierlich in eine minimale Stärke gezogen wird und die Zarge mit ein paar vertikalen<br />
Körnern, die um den ganzen Umfang der Zarge herum gelötet werden, die den<br />
größeren Teil <strong>des</strong> Steines überdeckt, verstärkt wird (Abb. 4).<br />
Abb. 4 Pektoralkreuz, Böhmen um<br />
1720, Kunstgewerbemuseum Prag.<br />
Detail<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik<br />
3
Durch eine kontinuierliche Entnahme <strong>des</strong> dünnen Materials infolge der weiteren<br />
Entwicklung dieser Technik wurde der Stein mehr und mehr abdeckt und aus der ursprünglichen<br />
hohen Zargel blieb nur ihr unterer Teil und die gelöteten und über dem<br />
Stein überlappten Körner erhalten. Die weitere Entwicklung ermöglichte vollkommenere<br />
Formen der Granatschliffe, insbesondere die Form, die in Böhmen die Raute genannt<br />
wurde, und die sich nach unten zu der geraden, flachen Grundseite konisch erweiterte.<br />
Die dadurch entstandene Außenkante ermöglichte die Fixierung der Edelsteine in einer<br />
relativ niedrigeren Zarge, wobei auch hier seitens der Goldschmiede noch eingegriffen<br />
wurde. Die Zarge wurde um den ganzen Umfang der Zarge herum an einigen Stellen<br />
vertikal abgedeckt. Es bleiben nur die auslaufenden Krallen, die über den Rand oder die<br />
Kante <strong>des</strong> Edelsteines überlappen, erhalten. Dadurch kann mehr Licht eindringen und<br />
auch die Farbe wird mehr betont. Es entwickeltete sich die sogenannte Abdecktechnik,<br />
(Abb. 5) die in der modernen Serienproduktion <strong>des</strong> Schmucks durch gepresste Halbprodukte<br />
ersetzt wurde. Im Vergleich zu den handgefeilten Krallen, die ungleichmäßig und<br />
oben enger sind, sind diese regelmäßig und rechteckig wie bei den Schmuck-Gürtler-<br />
Elementen. Wie schon erwähnt wurde, trotz den ausgezeichneten technologischen und<br />
Abb. 5 Granatkamm, Böhmen um 1850, MČR <strong>Turnov</strong>. Detail der Abdecktechnik<br />
ästhetischen Eigenschaften <strong>des</strong> böhmischen Granats müssen sich die Goldschmieder<br />
mit einem einzigen Mangel auseinander setzen, und zwar mit seiner geringen Größe.<br />
Ein Granatskorn größer als 10 mm ist für außerordentlich groß gehalten. Die Existenz<br />
<strong>des</strong> Granats in Taubenei-Größe in den Sammlungen von Kaiser Rudolf II. wurde schon<br />
von seinem Arzt und Naturwissenschaftler Anselmus Boetius de Boot in Zweifel gezogen.<br />
Deshalb werden diese bei den Schmuckstücken mit einem Solitärstein in der Mitte<br />
oft durch andere rote Granatssorten ersetzt. Das Problem mit der geringen Größe der<br />
Granatsteine wurde teilweise in den 50er Jahren <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts gelöst. Vermutlich<br />
war es der Goldschmied Kolb aus Prag, der die Fixierung der Granate mithilfe der<br />
Stifttechnik erfolgreich versuchte. Ihr Prinzip besteht darin, dass der Granat nicht mit<br />
einer Zarge, sondern mit einem Stift, resp. mit ein paar genau angeordneten Stiften auf<br />
der Fläche <strong>des</strong> Schmucks festgehalten ist. Die Steine sind zwischen den Stiften dicht<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik<br />
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eingefasst und durch die mechanische Erweiterung der Scheitel der Stifte befestigt. Ihre<br />
sichtbaren Oberflächen werden auch mit den benachbarten Steinen fixiert (Abb. 6).<br />
Abb. 6 Granatbrosche, Böhmen um 1860, Nationalmuseum Prag. Detail der Stiftstechnik<br />
mit Kontur<br />
Die Kompliziertheit dieser Technik besteht in den hohen Anforderungen an die Genauigkeit<br />
und Präzision der Arbeit. Der Goldschmieder berechnet zuerst nach der Zeichnung<br />
die Größe (bzw. verschiedene Größen) der Edelsteine und ihre Anzahl. Die Zeichnung<br />
wird dann auf ein Blech übertragen und es müssen die Öffnungen für die Stifte<br />
– ca. 3 mm lange Drähte gebohrt werden. Diese werden in die gebohrten Öffnungen eingesetzt<br />
und gelötet. Zwischen die Stifte werden, wie oben beschrieben wurde, die Edelsteine<br />
und die Scheitel der Stifte eingefasst. Die Steine am Rande <strong>des</strong> Schmucks hält<br />
teilweise die Seitenkontur. Diese erfüllt auch die ästhetische Funktion – sie bestimmt<br />
die Form <strong>des</strong> Schmucks oder verziert den Schmuck (sog. Pavé – Pflaster). Der Vorteil<br />
der Stifttechnik besteht in Minimierung der Verwendung von Metall. Anstatt der Linien<br />
einer einzelnen Zargen sind zwischen den Steinen nur einzelne Punkte – Scheitel der<br />
Stifte – sichtbar, zwischen welchen die Steine dichtangeordnet wurden. Die Fläche wur-<br />
Abb. 7 Vereinspokal und Detail der Stiftstechnik, Böhmen um 1870, Kunstgeverbemuseum Prag<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik<br />
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de mit Granatsteinen dicht bestückt (sog. pavé – Pflaster) und sie zeichnet sich dann mit<br />
ihrer typischen roten Farbe aus (Abb. 7). Die Steine dürfen sich jedoch nicht gegenseitig<br />
berühren, sonst könnten die Ränder der Steine sich abspalten, insbesondere bei den<br />
alten handgeschliffenen Edelsteinen mit dünner horizontaler Außenkante. Deshalb tritt<br />
diese Art der Beschädigung der Edelsteine vor allem bei den historischen Schmuckstücken<br />
relativ oft auf. Sie werden meistens bei der <strong>Restaurierung</strong> als Herstellungsmangel<br />
toleriert. Die Anspruchsvollste Variante der Stifttechnik ist die sog. Umgebundene<br />
Stifttechnik. Mit dieser Technik wurden die komplizierten Schmuckstücke aus mehreren<br />
Teilen hergestellt. Sie wurden vor dem Löten mit einem Draht umgebunden (fixiert),<br />
damit sie während <strong>des</strong> Erhitzens gelötet werden können (Beilage I). Dasselbe Prinzip<br />
der Befestigung der Steine wie bei der Stifttechnik nutzt auch die jüngere Korntechnik.<br />
Die Stiftfunktion, die in die gebohrten Öffnungen eingesetzt sind, übernehmen die Körner<br />
– ca. 2 mm lange Drahtstücken, die zu dem Grundblech eingelötet werden. In der<br />
Regel sind diese Körner zu den niedrigen Zargen nachgesetzt, insbesondere wenn im<br />
Schmuck kleine Steine mit den größeren, die in die Zargen eingefasst sind, kombiniert<br />
sind. Die Zargen ermöglichen die Nutzung von Granat mit dem Brillantschliff mit einer<br />
Spitze im unteren Teil. Diese erscheinen häufig in der 3. Drittel <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts<br />
(Beilage II).<br />
Bei allen Techniken, insbesondere bei der Stift- und Korntechnik muss der Restaurator<br />
die Eigenschaften <strong>des</strong> Lots (falls der Schmuck schon früher repariert oder<br />
umgestaltet wurde) überprüfen. Meistens handelt es sich um ein Silberlot mit einem<br />
Feingehalt von 660/1000 oder 600/1000. Bei den historischen Gegenständen kommt bei<br />
den Lotgeräten zur Zinkverlust infolge der selektiven Korrosion. Das zerstörte Kristallgitter<br />
der Legierung führt dann zur Änderung der Eigenschaften <strong>des</strong> Lots, vor allem zur<br />
Reduzierung seiner Festigkeit (Ermüdung). Bei dem Granatschmuck aus den 20er und<br />
den 30er Jahren <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts erscheinen die Bemühungen, eine konstruktive<br />
Sauberkeit ohne Störelemente zu erreichen und die linearen Reihen von Granat zu vermeiden.<br />
Diese Technik wird als Facettentechnik bezeichnet. Sie besteht darin, dass der<br />
Granat mit einem Pyramidenschliff, an seines unteren scharfen Kante in zwei parallelen<br />
Falzen eingesetzt wird (Abb. 8).<br />
Abb. 8 Brosche mit Rosequartzintaglie, Fachschule <strong>Turnov</strong>, 1939, Sammlung <strong>SUPŠ</strong> a VOŠ <strong>Turnov</strong>. Detail<br />
der sog. Fasettentechnik<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik<br />
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Die moderne Goldschmiederei entwickelte für die Serienproduktion von Schmuck industriell<br />
hergestellte Halbfabrikate – zahnige Konturen anstatt der klassischen Abdecktechnik<br />
oder die Abgüsse mit vorbereiteten Körnern. Diesen begegnet der Restaurator<br />
noch nicht. Er kann aber vor der Aufgabe stehen, Unikatschmuck mit originellen Tech-<br />
Abb. 9 Goldanhänger mit Granaten, Entwurff Jan Nušl, ausgefürt in DUV Granát <strong>Turnov</strong>,<br />
1958, Kunstgeverbemuseum Prag<br />
niken der Fixierung von Granaten zu restaurieren. Z. B. am berühmten Anhänger von<br />
Prof. Jan Nušl für Expo 58 sind die Granate einfach hineingeklebt (Abb. 9).<br />
Weitere Methoden, die als Reaktion auf strukturelle Tendenzion in der bildenden Kunst<br />
in den 60er und 70er Jahren <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts entstanden sind, nutzt die Beständigkeit<br />
<strong>des</strong> böhmischen Granats bei hohen Temperaturen. Dies ermöglicht sie in eine<br />
Form einzulegen und direkt mit geschmolzenem Metall oder Glasschmelze einzugießen<br />
(Abb. 10).<br />
Bei einem Granatschmuck können kombinierte Techniken genutzt werden, z. B. Stift-<br />
oder Korntechnik kombiniert mit der Zargentechnik, oder die Stifttechnik mit der Abdecktechnik<br />
usw. Außer den Granaten erscheinen noch weitere Materialien (Beilage III).<br />
Abb. 10 Halsschmuck von Petr Dvořák, Schmucksymposium <strong>Turnov</strong> 2006, MČR <strong>Turnov</strong><br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik<br />
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Wie schon erwähnt wurde, als größere Steine werden die Almandine oder Rhodolite,<br />
die andere technologische Eigenschaften aufweisen, verwendet. Insbesondere beim<br />
Volksschmuck und Kleidungszubehör aus dem 19. Jahrhundert gibt es auch viele gläserne<br />
Edelstein-Imitationen. Beim Granatschmuck werden die Granate oft mit weiteren<br />
Abb. 11 Anhänger mit drei Granatschmucktechniken, Fachschule<br />
<strong>Turnov</strong> 1937, Sammlung <strong>SUPŠ</strong> a VOŠ <strong>Turnov</strong><br />
Materialien – Steinen, Kristall, Amethyst, Olivin, Achat, Sprudelstein usw. und Massen<br />
organischen Ursprungs, kombiniert (Abb. 12). Man darf nicht vergessen, die Steine auf<br />
eine silberne Folie und Papier zur Aufhöhung der Steine zu legen. Die detaillierte Untersuchung<br />
von Schmuck und Analyse der verwendeten Materialien einschließlich der metallografischen<br />
Analyse sind unabdingbare Voraussetzung für einen angemessenen und<br />
erfolgreichen Restaurationseingriff. Dadurch sind die Eigenschaften der Materials und<br />
die Fertigungstechnik <strong>des</strong> Schmucks, einschließlich der eventuellen Herstellungsdefekte,<br />
die uns unangenehm überraschen könnten – wie z. B. zu dichte Abdeckung der Stifte,<br />
Abb. 12 Granatdiadem mit Süswasserperlen,<br />
Böhmen um 1835, MČR <strong>Turnov</strong><br />
durch Facettieren abgeschliffene Steine, sekundäre Eingriffe während <strong>des</strong> „Lebens“ <strong>des</strong><br />
Artefaktes festzustellen. Es Handelt sich vor allem um Modernisierungen der archaischen<br />
Schmuckstücke oder ihre Reparaturen unter Ausnutzung von fremden Materialien<br />
und Techniken. Typisch ist z. B. das sog. Weichlöten mit Zinn. Ein selbstständiges Kapitel<br />
stellt der Dilettantismus dar, wie z. B. die Fixierung der herausgefallenen Steine<br />
mit verschiedenen Klebmitteln. Als Beispiel einer erfolgreichen Vorgehensweise bei der<br />
<strong>Restaurierung</strong> haben wir zwei Granatbroschen aus den Sammlungen <strong>des</strong> Museums <strong>des</strong><br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik<br />
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Böhmischen Paradieses in <strong>Turnov</strong>, die in der Blütezeit <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> im 19. Jahrhundert<br />
entstanden sind ausgewählt. Sie wurden im Rahmen der Ausbildung an der<br />
Fachoberschule für <strong>Restaurierung</strong> von Metall in <strong>Turnov</strong> verwendet.<br />
1.1. Die Metalllegierungen, die bei der Herstellung <strong>des</strong> historischen <strong>Granatschmucks</strong><br />
verwendet werden, und die Beurteilung und Untersuchung<br />
der Degradationstufe <strong>des</strong> Materials.<br />
Der historische Schmuck und die Juwelen aus dem 15.–18. Jahrhundert, die mit den<br />
böhmischen Granat verziert sind, sind aus Gold oder Silber, häufig aber auch aus vergoldetem<br />
Silber. Im 19. Jahrhundert war das böhmische Granat unter den Bauern und<br />
Bürgern außerordentlich beliebt, <strong>des</strong>halb wurden damals die billigeren Kupferlegierungen<br />
und die Kupferlegierungen mit niedrigem Goldanteil (sog. Granat-Gold) mit einem<br />
Feingehalt von 150/1000 – 333/1000 verwendet. Die präzise Analyse von Metallen und<br />
Metalllegierungen, sowie von weiteren Zusatzmaterialien, die bei der Herstellung von<br />
Schmuck verwendet werden, ist <strong>des</strong>halb die Hauptvoraussetzung für den Erfolg <strong>des</strong> Restaurationseingriffs.<br />
Kupferlegierungen<br />
Das am häufigsten benutzte Material sind die Legierungen aus Kupfer und Zinn. In<br />
erster Reihe Tombak, mit einem mind. 80-prozentigen Gehalt von Kupfer und entsprechendem<br />
Gehalt von Zink. Das genaue Verhältnis beider Metalle kann man aufgrund einer<br />
Elektronen-Mikroanalyse mithilfe <strong>des</strong> Elektronen-Rastermikroskops feststellen. Bei<br />
den Broschen, die die Vorgehensweise der Restauration im weiteren Text illustrieren,<br />
wurde das Mikroskop Hitachi S450 mit EDS-Analysegerät Kenex Delta V verwendet. Vorteil<br />
dieser Methode besteht darin, dass sie die Entnahme von Proben <strong>des</strong> analysierten<br />
Gegenstan<strong>des</strong> nicht erfordert. Der schwerwiegendste Typ der Degradation von Tombak<br />
ist die selektive Korrosion, die die Kristallgitter der Metalllegierung zerstört und ihre<br />
mechanischen Eigenschaften negativ beeinflusst kann, sie erhöht z. B. die Sprödigkeit.<br />
Messing enthält einen Kupferanteil von 50–70 % und ist am meisten bei den Reparierungen<br />
und Rekonstruktionen verwendet. Das Verhältnis der beiden Metalle kann man<br />
an der gelben Farbe erkennen, Messing weist höhere Beständigkeit gegen Oxidation als<br />
Tombak auf, trotzdem unterliegt er der Degradation aufgrund der Änderung seiner mechanischen<br />
Eigenschaften.<br />
Pakfong enthält neben Kupfer und Zink auch Nickel im Verhältnis von 50–68 % Cu,<br />
19–31 % Zn, 13–19 % Ni. Pakfong kommt bei dem historischen Granatschmuck weniger<br />
häufig vor als Tombak und Messing und aufgrund seiner Beständigkeit wird vor allem<br />
bei den mechanischen Teilen <strong>des</strong> Schmucks verwendet. Man kann es an der hellen, resp.<br />
silbernen Farbe erkennen, (dadurch die Bezeichnung Weißmessing). Die Degradation<br />
erhöht die Sprödigkeit der Legierung und verursacht ihre Brüchigkeit.<br />
Goldlegierungen<br />
In der älteren Literatur über die Goldschmiederei oder im fachlichen Jargon begegnen<br />
wir dem Begriff Granat-Gold. Man bezeichnet so die Legierungen mit schwankendem<br />
Goldanteil. Das Gold verbessert die technologischen Eigenschaften der Legierung<br />
und die Beständigkeit gegen die Degradation, insbesondere bei der Oberflächenkorrosion.<br />
Durch die Untersuchung der Legierungen bei dem historischen Schmuck wurde<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik<br />
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festgestellt, dass der Goldanteil ziemlich schwankend von ca. 125/1000 bis 333/1000<br />
liegt. Im 19. Jahrhundert erscheint in Österreich das sog. „Neugold“ mit einem Feingehalt<br />
von ca. 200/1000. Nach dem Jahr 1920 wurde es durch Gold mit einem Feingehalt<br />
von 250/1000 (6K), das in Tschech.ien bis 1955 verwendet wurde, ersetzt. Die Legierung<br />
besteht aus Cu, Ag, Zn im schwankenden Verhältnis, denn jede Werkstatt hat im 19. Jahrhundert<br />
eigene Legierungen hergestellt, wobei sie auch den Abfall einschmolzen. Besteht<br />
der Schmuck aus mehreren Teilen, können diese verschiedene Legierungsanteile<br />
aufweisen. Es ist <strong>des</strong>halb nötig den Gehalt an Edelmetall in der Legierung auf dem Prüfstein,<br />
festzustellen. Selbstverständlich ist es besser eine genaue Analyse, am besten mit<br />
einem Elektronen-Mikroskop, durchzuführen.<br />
Silberlegierungen<br />
kommen beim älteren Schmuck und bei den Kleinoden vor und weisen einen schwankenden<br />
Feingehalt auf. Z. B. die sog. Monstranz von Sobotka aus dem Jahr 1595 wurde<br />
aus vergoldetem Silber mit einem Feingehalt von ca. 550/1000 hergestellt! Der meinste<br />
Silberschmuck wurde damals mit einem Feingehalt von 14 Lot (875/1000) hergestellt.<br />
Keine Ausnahme war auch Silber mit einem Feingehalt von 12 Lot (750/1000), in Augsburg<br />
und in Nürnberg vereinzelt auch 13 Lot (812,5/1000). Seit dem Jahr 1806 bis 1866<br />
wurden die größeren silbernen Gegenstände in der Habsburgischen Monarchie punziert.<br />
Dabei ging es um die Kennzeichnung, die den Silbergehalt in Lot bestätigte und die<br />
Jahreszahl enthielt. Im 19. Jahrhundert wurde Silber häufig auch beim Granatschmuck<br />
verwendet, als Bestandteil der Volksbekleidung. Diese sind nur selten punziert. Es wurde<br />
auch Feinsilber genutzt, und zwar bei den problematischen Teilen <strong>des</strong> Schmucks,<br />
wo ein weiches formbares Metall verwendet werden muss, z. B. beim Facettieren von<br />
kleinen Perlen.<br />
Bei den <strong>Restaurierung</strong>seingriffen ist besonders wichtig, an die Lote zu denken, die<br />
eine niedrigere Schmelztemperatur als das eigene Material aufweisen müssen. Deshalb<br />
kann bei zu großem Erhitzen zur Lockerung der Lötstellen bishin zur Zerstörung <strong>des</strong><br />
Gegenstands kommen.<br />
Zusammensetzung der am häufigsten verwendeten Silberlote:<br />
Ag Cu Zn<br />
383/000 319/000 304/000<br />
583/000 250/000 167/000<br />
666/000 233/000 101/000<br />
In der ersten Hälfte <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts wurde Silber mit einem Feingehalt von<br />
900/1000 und 925/1000 das am häufigsten verwendete Metall in der Serienproduktion<br />
<strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong>.<br />
Die Zinnlegierung mit Blei, Zinnlot, ist einfach zu erkennen. Sie ist beim Granatschmuck<br />
bei den sekundären Reparierungen üblich, weil ihre Schmelztemperatur niedriger als<br />
beim Silberlöten ist, und es kommt <strong>des</strong>halb bei dem sog. Weichlöten nicht zur Lockerung<br />
der ursprünglichen Verbindungen.<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 10
Die satte bzw. dunkle Farbe der böhmischen Granate brachte die Goldschmieder zum<br />
Unterlegen der Steine mit glänzenden Metallfolien, von denen das den Stein durchdringende<br />
Licht widerspiegelt wird und der Granat „leuchtet“ auf. Diese Folien sind am häufigsten<br />
aus vergoldetem Kupfer, am Anfang <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts wird auch Aluminium<br />
verwendet.<br />
Minerale der Granatgruppe<br />
Böhmischer Granat oder Pyrop, zählt zu der Granatgruppe, d. h. zu den Aluminium-<br />
Eisen-, Calcium-, Mangan-, Chrom-, Titan-Vanadium und Zirkonsilikaten. Die Granate<br />
haben die allgemeine Formel AII 3BIII 2 (SiO4 ) . Ein zweiwertiges Element können Ca, Mn,<br />
3<br />
Mg, Fe und ein dreiwertiges Element Al, Fe, Ti, V, Cr, Mn, Zr darstellen. Dank einer<br />
isomorphen Vertretung sind die natürlichen Granate saubere zweiwertige Silikate, sie<br />
enthalten aber zwei und mehr zwei- und dreiwertige Kationen. Der Name <strong>des</strong> Granats<br />
richtet sich dann nach den überwiegenden Komponenten. In der Natur kommen am häufigsten<br />
folgende Granate vor: blutig rot, orang-rot bis violett-rot Pyrop – Mg 3 Al 2 (SiO 4 ) 3 ,<br />
violett-rot bis orang-rot Almandin – Fe 3 Al 2 (SiO 4 ) 3 , braun-rot bis blutig rot Spessartin<br />
– Mn 3 Al 2 (SiO 4 ) 3 , farblos Grosular – Ca 3 Al 2 (SiO 4 ) 3 (braungelbe Sorte Hesonit hellgrüne<br />
bis smaragdgrüne Sorte Tsavorit), grün Andradit – Ca 3 Fe 2 (SiO 4 ) 3 (smaragdgrüne Sorte<br />
Demantoid und gelbgründe und gelbe Sorte Topazolit), smaragdgrüne bis<br />
grasgrüne Sorte Uvarovit – Ca 3 Cr 2 (SiO 4 ) 3 . Weitere Minerale der Granatgruppe sind<br />
Goldmanit Ca 3 V 2 (SiO 4 ) 3 , Yamatoithibschit Mn 3 V 2 (SiO 4 ) 3 , Khoarit Mg 3 Fe 2 (SiO 4 ) 3 , Knorringit<br />
Mg 3 Cr 2 (SiO 4 ) 3 , Skiagit Fe 3 Fe 2 (SiO 4 ) 3 , Calderit Mn 3 Fe 2 (SiO 4 ) 3 , Blythit Mn 3 Mn 2 (SiO 4 ) 3 und<br />
kommen sehr selten vor. Die Granate kristallieren in einem kubischen System, am häufigsten<br />
als rautenartiger Dodekäder, deltoider Tetrahexaeder oder ihre Kombinationen.<br />
Nach der Mohs-Skala liegt die Härte <strong>des</strong> Granats zwischen 6,5 und 7,5. Der Granat<br />
weist eine hohe Lichtbrechnung von 1,73 bis 1,89 auf, <strong>des</strong>halb erhält er durch Schleifen<br />
eine hohe Brillanz. Die Massendichte hängt von der Zusammensetzung ab und liegt im<br />
Bereich 3,4–4,3 g/cm 3 . Der Granat kommt in einer breiten Farbskala von rot über orange,<br />
braun, rotbraun, grün, gelb, bis schwarz vor. Es gibt auch die fast wasserklaren Granate.<br />
Die Farbe bewirken die Ionen der Übergangsmetalle Cr 3+ , Fe 2+ , Mn 2+ , Ti 4+ , Fe 3+ , V 3+ .<br />
Die Transparenz hängt von der jeweiligen Sorte ab, meist sind Granate transparent bis<br />
durchsichtig. Die Granate außer Andradit und seinen Sorten weisen eine relativ niedrige<br />
Dispersion 0,02–0,028 [4] auf. Die Dispersion ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit <strong>des</strong><br />
Lichts in die einzelnen Farben <strong>des</strong> Spektrums. Diese Eigenschaft beeinflusst wesentlich<br />
den Preis der Edelsteine. Bei ihrer Bestimmung ist sie jedoch unwichtig. Die Dispersion<br />
von Andradit beträgt 0,057 und seine Brechzahl ist die größte in der Granatgruppe.<br />
Seine Sorte Demantoid zählt dank diesen optischen Eigenschaften und seiner smaragdgrünen<br />
Farbe zu den am meisten geschätzten Granaten Die einzelnen Mineralien der<br />
Granatgruppe sind voneinander durch die Messung ihrer Brechzahl, Dichte und Farbe<br />
zu erkennen.<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 11
Böhmisches Granat<br />
Böhmische Granate sind nach ihrem überwiegenden Pyrop-Bestandteil Magnesium-<br />
Alumosilikate, in geringerem Masse sind auch die Almadin- und Grosular-Bestanteile<br />
und in Spurenmenge auch der Spessartin-Bestanteil anwesend. Die Pyrope sind orange,<br />
sattrot bis violett. Die Farbe <strong>des</strong> böhmischen Granats hängt von der Menge <strong>des</strong> Chromoxids<br />
ab. Die blutroten böhmischen Granate enthalten ca. 1,6–2 % Cr 2 O 3 .<br />
Die Brechzahl und die Dichte der in der Natur vorkommenden Pyrope hängen von<br />
ihrer chemischen Zusammensetzung ab. Die Brechzahl liegt hier im Bereich von 1,730<br />
bis 1,750 und die Dichte von 3,65 bis 3,80 g/cm 3 . Es gibt auch die Pyrope, bei denen die<br />
Brechzahl größer als 1,750 ist, wobei sie einen Wert 1,880 erreichen können, weil sie<br />
zweiwertiges Eisen enthalten, das die Violettfärbung der Granate verursacht.<br />
Böhmischer Granat entstand in den serpentinisierten Pyrop-Pyroxen-Peridotiten aus<br />
dem Kreide-Untergrund. Es handelt sich um ein Magmagestein, <strong>des</strong>sen Hauptbestandteil<br />
auch Olivin und rautenförmige und monoklinische Pyroxene sind. Das Muttergestein<br />
<strong>des</strong> böhmischen Granats entstand bei sehr hohen Drucken und Temperaturen tief<br />
unterhalb der Erdkruste und durch die tektonische und vulkanische Aktivität wurde<br />
es in Bruchstücken auf die Oberfläche transportiert. Die berühmtesten Fundstellen<br />
der böhmischen Granate sind die Gemeinden Třebenice, Třebívlice und Podsedice im<br />
Böhmischen Mittelgebirge. Die Pyrop-Körner in diesem Gebiet zeichnen sich, was die<br />
Schmucksteine betrifft, durch ihre Hochwertigkeit aus, d. h. sie weisen keine Beschädigungen<br />
oder Rissen auf.<br />
Die am häufigsten verwendeten Granat-Schliffe<br />
Die Granatkörner wurden ursprünglich nur abgeglättet, geglänzt und gebohrt. Später<br />
wurden auf ihrer Oberfläche die unregelmäßigen Facetten geschliffen, wobei die<br />
Form der Körner natürlich blieb. Die Steine können in verschiedene Formen geschliffen<br />
werden. Beim böhmischen Granat ist die runde, ovale und die Tränenform (tschech.<br />
pantlok) häufig. Überwiegend wird der Rosenschliff, runde Brillantschliff, und der für<br />
den böhmischen Granat ganz typische Sternschliff bevorzugt.<br />
Rose<br />
Die Rosenform (tschech. routa) ist für das Schleifen von Diamanten und Granaten<br />
typisch. Sie erhalten dann eine flache Unterseite. An der Spitze <strong>des</strong> Edelsteins entstehen<br />
die Dreiecksfacetten, und zwar in drei oder mehreren Reihen je nach der Größe <strong>des</strong><br />
Steines (Abb. 13).<br />
Abb. 13 Rosenschliff<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 12
Brillantschliff<br />
Der vollkommenste Schliff aller transparenten Edelsteine. Er verzeichnete eine ganze<br />
Reihe der Entwicklungsphasen mit derselben Anordnung der Facetten (Abb. 14).<br />
Abb. 15 Brillantschliff von oben, unten und Seitenansicht<br />
Sternschliff<br />
Bei kleineren Granaten sind die Unterseite und die Spitze <strong>des</strong> Edelsteins gleich<br />
geschliffen. Die Steine größer als Ø 2 mm haben an der Spitze um vier Facetten<br />
mehr.<br />
Linsenschliff (Cabochon)<br />
Diese Art <strong>des</strong> Schliffs zeichnet sich durch eine konvex gewölbte Oberseite aus. Die<br />
Unterseite kann sowie flach, als auch gewölbt oder konkav sein (Abb.17).<br />
Abb. 16 Sternschliff Abb. 17 Linsenschliff<br />
Beim historischen Granatschmuck begegnet man oft der Kombination der Pyrope mit<br />
Kompositionsglas bei einem Gegenstand. Aus der Untersuchung <strong>des</strong> Volksschmuck und<br />
der Trachtbestandteile, insbesondere der Hauben, die das Museum <strong>des</strong> Böhmischen Paradieses<br />
in <strong>Turnov</strong> durchführte, (in <strong>Turnov</strong> und seiner Umgebung war das Schleifen <strong>des</strong><br />
Granats nach dem Jahr 1860 in den dortigen Haushalten sehr verbreitet) ergab sich,<br />
dass es sich bei fast 92 % verwendeten Steinen um Glasimitationen handelt.<br />
Begleitmaterialien<br />
Böhmischer Granat ist wegen seiner geringen Größe nur selten als Solitärstein genutzt,<br />
<strong>des</strong>halb sind seine Kombinationen mit anderen Edelsteinen und weiteren Materialien<br />
häufig. Beim Granatschmuck sind sowie die Minerale als auch die Materialien<br />
organischen Ursprungs üblich. Im 18. Jahrhundert waren z. B. die St. Johannes Nepomuk-Miniaturen<br />
beliebt, gemalt auf Pergament, Knochen oder Elfenbein, die die Mitglieder<br />
der St. Johannes von Nepomuk-Bruderschaft in die Ringen und Medaillon adjustieren<br />
ließen (Abb. 18).<br />
Am Ende <strong>des</strong> 18. und am Anfang <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts umsäumten die Granate die<br />
emaillierten Portraitmedaillons. Das böhmische Biedermeier entdeckte den Zauber der<br />
Kombination der Granate mit Süßwasserperlen. Zu den beliebten Kurortsouvenirs im<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 13
19. Jahrhundert zählten die Broschen mit Mosaik aus Sprudelstein, Malachit und Bein,<br />
umsäumt von Granaten. Die Kombination der Natursteine mit Glassteinen wurde schon<br />
erwähnt. Auf den ersten Blick kann man nicht erkennen, ob die kleineren oder niedrigeren<br />
Steine, die in der Zarge sonst „versunken“ wären, nicht mit einem kleinen Stück<br />
Papier unterlegt sind, damit sie mehr Licht durchdringen könnte oder damit sie in die<br />
richtige Lage nebeneinander gebracht werden könnten. Weitere Quelle der Begleitmaterialien<br />
sind die unfachmännischen Reparaturen, bei welchen z. B. die Klebmittel oder<br />
das Kunstharz verwendet werden.<br />
Abb. 18 Ring <strong>des</strong> Heil.Johannes Bruderschaftes,<br />
Böhmen um 1750, Kunstgewerbemuseum Prag<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 14
2.0. Granatbrosche mit Süßwasserperlen<br />
Die Brosche (MČR <strong>Turnov</strong>, inv. T 30) wurde in den 40er Jahren <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts<br />
mit Abdecktechnik aus der Legierung mit geringem Goldanteil mit einem Feingehalt von<br />
250/1000 hergestellt. Sie besteht aus zwei Etagen, Nadel mit Scharnierverschluss und<br />
Aufhängeöse. Darin sind 41 böhmische Granate mit Rosenschliff und 12 Süßwasserperlen<br />
eingesetzt, 2 Granate fehlen. Die Steine sind mit einer Metalfolie und Papier unterlegt.<br />
Aus der Elektronen-Analyse ergab sich, dass die Unterlagen unter den Steinen aus<br />
versilbertem Kupfer hergestellt sind.<br />
Die Brosche ist 5,3 cm breit und 2,4 cm hoch. In der Vergangenheit wurde die Brosche<br />
mehrmals repariert. Die Reparaturen erfolgten mit Zinnlot. Die rechte Seite der Brosche<br />
wurde mit Blech aus der Kupferlegierung mit geringem Goldanteil befestigt. Der neue<br />
Verschluss wurde aus Messing und die neue Nadel aus Alpaka hergestellt. Mit großer<br />
Menge Zinn wurden im Schmuck ein abgebrochenes Blatt mit Perlen und eine Zarge mit<br />
Granat unpassend gelötet. Das Blatt wurde außerhalb der Schmuckachse gelötet. Dies<br />
verursachte, dass der Oberteil der Brosche zum Unterteil nicht wie ursprünglich befestigt<br />
werden konnte. Beim Löten wurden auch hier große Menge an Zinn verwendet.<br />
Die Oberfläche der Brosche ist fett und verunreinigt, stellenweise tritt auch die Korrosion<br />
von Kupfer auf (Abb. 20).<br />
Neuer Stein<br />
Fehlender Stein<br />
Abb. 19 Brosche vor der <strong>Restaurierung</strong>. Auf der Brosche fehlen zwei Steine<br />
und ein Stein ist nicht original<br />
Fehlender Stein und der Sprung<br />
der Sprung<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 15
Abb. 20 Korrosionsprodukte von<br />
Kupfer auf der Oberfläche der<br />
Brosche<br />
Abb. 21 Teilweise abgebrochenes Kränzchen<br />
mit Steinen<br />
Abb. 23 Foto <strong>des</strong> silbernen Blattes mit<br />
Perlen – Raster-Elektronen-Mikroskop<br />
Pyrope Brechzahl<br />
sattrot 1,747 – 1,750<br />
rotschwarz 1,762 – 1,765<br />
rot 1,730 – 1,749<br />
Abb. 22 Beschädigte Perle<br />
Tab. 1 Ergebnisse der Messungen der Brechzahl der Pyrope<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 16
Vorherige Reparaturen<br />
Die Brosche wurde in der Vergangenheit mehrmals repariert (Abb. 24). Die Reparaturen<br />
erfolgten mit Zinnlot. Reparatur Nr. 1 – das Blech aus der Goldlegierung wurde auf<br />
der Brosche wegen der Verfestigung <strong>des</strong> rechten Teils <strong>des</strong> Schmucks, wo ein Kränzchen<br />
mit fünf Granatsteinen teilweise abgebrochen war, eingelötet. Reparatur Nr. 2 a, b – aus<br />
der Kupferlegierung wurden der neue Verschluss und die neue Nadel hergestellt. Reparatur<br />
Nr. 3 – mit Zinn wurde auf dem Schmuck das abgebrochene Blatt mit Perlen und<br />
eine Zarge mit Granat gelötet. Das Blatt und die Zarge wurden mit großer Menge Zinn<br />
außerhalb der Schmuckachse gelötet.<br />
Reparatur 2a<br />
Abb. 24<br />
1<br />
Abb. 25 Schief eingelötetes Blatt Abb. 26 Lot auf der Rückseite der<br />
Brosche<br />
Dies verursachte, dass der Aufsatz (obere Bestandteil) der Brosche zum Grundteil<br />
nicht wie ursprünglich mithilfe der Silberstifte befestigt werden könnte. Der Aufsatz<br />
wurde wegen <strong>des</strong> falsch gelöteten Blattes und der Zarge länger und musste zum Unterteil<br />
mit Zinn eingelötet werden, das dadurch auch auf der Rückseite auftritt. Einige<br />
Perlen waren beschädigt. Aufgrund der Analyse wurde festgestellt, dass die Brosche aus<br />
einer Legierung mit geringem Goldanteil mit einem Feingehalt von 250/1000 hergestellt<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 17<br />
3<br />
2b
wurde. Die Perlen sind in den Blättern aus reinem Silber eingesetzt. Die Nadel wurde<br />
aus Alpaka hergestellt. Die Reparatur Nr. 1 – wurde aus einer Legierung mit geringem<br />
Goldanteil mit einem Feingehalt von ca. 360/1000 und die Reparatur 2a und 2b aus Messing<br />
hergestellt. Die Unterlage unter dem Stein wurde aus einer Legeirung mit geringem<br />
Goldanteil (Tab. 2) hergestellt. Die chemische Zusammensetzung <strong>des</strong> Zinnlots, das<br />
bei den Reparaturen verwendet wird, besteht aus ca. 70 % Zinn und 30 % Blei.<br />
Tab. 2 Ergebnisse der Elektronen-Mikroanalyse der Metalllegierungen, die bei der Herstellung und den<br />
Reparaturen verwendet wurden.<br />
Au<br />
(Masse- %)<br />
Ag<br />
(Masse- %)<br />
Cu<br />
(Masse- %)<br />
Zn<br />
(Masse- %)<br />
Ni<br />
(Masse- %)<br />
UrsprünglicheLegierung<br />
<strong>des</strong><br />
Metalls der<br />
Brosche<br />
25,00 35,00 39,00 1,00 –<br />
Blätter mit<br />
Perlen<br />
– 100 – – –<br />
Nadel – – 59,00 26,00 15,00<br />
Reparatur<br />
Nr. 1<br />
Reparatur<br />
Nr. 2a, 2b<br />
Unterlage<br />
unter dem<br />
Stein<br />
36,50 40,00 23,50 – –<br />
– – 70,00 30,00 –<br />
19,00 51,00 25,00 5,00 –<br />
Vorhaben <strong>des</strong> Restaurators<br />
Die vorherige Reparatur, die den rechten Teil der Brosche verfestigen sollte, der<br />
neue Verschluss und die Nadel bleiben erhalten. Die Brosche wird mit Watte und Alkohol<br />
entfettet. Es muss vermieden werden, dass der Alkohol mit der Oberfläche der Perlen<br />
in Berührung kommt. Eine übermässige Menge <strong>des</strong> Lots, mit welchem das Blatt und<br />
die Zarge mit Granat gelötet wurden, ist mechanisch mit Schaber und flachem Stichel<br />
zu entfernen. Die Stellen, von denen das Lot entfernen wird, sind mit feinem Schleifpapier<br />
und Schleifpaste zu säubern. Die Zarge mit Granat wird mit Zinnlot zur Unterlage<br />
aus der Kupferlegierung mit geringem Goldanteil mit einem Feingehalt von 250/1000<br />
und Stärke <strong>des</strong> Blechs von 2,5 mm gelötet, und diese dann zum Oberteil der Brosche<br />
befestigt. Das Blatt mit Perlen wird zum Ausatz ursprünglich mit Zinnlot befestigt. Die<br />
Perlen werden vor der Hitze durch eine Mischung aus Asche und Wasser geschützt. Die<br />
die Perlen schützende Mischung wird mit <strong>des</strong>tilliertem Wasser entfernt. Der Aufsatz der<br />
Brosche wird zum Unterteil wie ursprünglich befestigt<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 18
Vorgehensweise der <strong>Restaurierung</strong>sarbeiten<br />
Der Schmuck wurde mit Alkohol entfettet. Um die Verunreinigungen und Fett zwischen<br />
den Steinen zu entfernen, wurde eine Bürste mit Polymerborsten verwendet. Die<br />
Granatbrosche mit Süßwasserperlen wurde mit Wattebäuschen und Alkohol gereinigt. Es<br />
wurde vermieden, dass der Alkohol mit der Oberfläche der Perlen in Berührung kommt.<br />
Bei der Behandlung <strong>des</strong> Schmucks sind ein paar weitere Steine herausgefallen, und<br />
wurden dann <strong>des</strong>halb in den Schmuck zusammen mit den neuen Steinen mit demselben<br />
Schliff wieder eingesetzt.<br />
Abb. 27 Aufsatz nach Demontage Abb. 28 Unterteil nach Demontage<br />
Dann wurde das Zinnlot mit flachem Stichel und Schaber entfernt und die Stelle mit<br />
feinem Schleifpapier und Schleifpaste mit Chromoxid gesäubert. Aus dem Aufsatz wurde<br />
der nicht originale Stein entfernt.<br />
Abb. 29 Aufsatz nach Entfernung <strong>des</strong> Zinnlots<br />
Die Unterlage wurde aus einer Kupferlegierung mit geringem Goldanteil mit einem<br />
Feingehalt von 250/1000 und Stärke <strong>des</strong> Blechs von 2,5 mm hergestellt (Abb. 30). Diese<br />
Unterlage wurde mit Zinnlot zur Zargel mit Granat und dann zum oberen Restteil der<br />
Brosche gelötet. Beim Löten wurden die Perlen vor der Hitze durch eine Mischung aus<br />
Asche und Wasser geschützt. Die Reste von Lötwasser (Zinkchlorid), das beim Löten<br />
verwendet wurde, wurden mit <strong>des</strong>tilliertem Wasser entfernt. Die Lötstellen wurden mit<br />
Nadelfeilen, feinem Schleifpapier und Schleifpaste mit Chromoxid gesäubert.<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 19
Abb. 30 Unterlage Abb. 31 Aufsatz mit gelöteter Unterlage<br />
Vor ihrem Einsetzen wurden die Steine mit Papier und Alufolie unterlegt. Die Steine<br />
wurden in die Lager mit dem Epoxidkleber geklebt und dann so eingesetzt, dass die<br />
Krallen der Zargen auf die Steine zugebogen werden können.<br />
Abb. 32–33 Aufsatz und Unterteil vor dem Einsetzen der Steine<br />
Abb. 34–35 Aufsatz und Unterteil nach dem Einsetzen der Steine<br />
Nach dem Einsetzen der Steine wurde der Aufsatz in den Unterteil der Brosche eingesetzt<br />
und aus der Oberfläche der Brosche wurden mit der Zwirnscheibe die Korrosionsprodukte<br />
vom Kupfer entfernt.<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 20
Die Reste der Schleifpaste wurden aus der Brosche mit eine Bürste aus Polymerborsten,<br />
<strong>des</strong>tilliertem Wasser und Kernseife entfernt.<br />
Abb. 36 Brosche nach Komplettierung und Entfernung der Korrosionsprodukte<br />
Abb. 37–38 Granatbrosche mit Süßwasserperlen nach <strong>Restaurierung</strong> –<br />
vordere und hintere Seite<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 21
Granatbrosche in Sternform<br />
Die Brosche (MČR <strong>Turnov</strong> inv. T 189) wurde in den 60er bis 70er Jahren <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts<br />
mit der Abdecktechnik hergestellt. Sie besteht aus drei Etagen und einer<br />
Nadel mit Scharnierverschluss. In der Brosche wurden 163 böhmische Granate mit Rosenschliff<br />
eingesetzt, 18 Steine fehlen. Die Steine sind mit Papier und Folie unterlegt.<br />
Die Brosche ist 4,4 cm breit und 4,7 cm hoch. Die Brosche wurde aus einer Kupferlegierung<br />
mit geringem Goldanteil hergestellt. Die in der Brosche eingesetzten Steine sind<br />
mit Papier und Folie unterlegt. Die Zargeln, die die Spitzen bilden, sind verformt und<br />
spröde. Eine der Zargel, die die Spitze <strong>des</strong> oberen Sternes bildet, ist gebrochen (Abb. 39)<br />
Die Krallen von einigen Zargen sind abgebrochen. Auf dem Aufsatz der Brosche war die<br />
Zarge, die die Spitze <strong>des</strong> Sterns bildete, abgebrochen. An dieser Zarge wurde ursprünglich<br />
einer der zwei Stifte, die den Aufsatz und Unterteil der Brosche verbänden haben,<br />
eingelötet. Bei den vorherigen Reparaturen wurde dieser Stift mit Zinn gelötet und bei<br />
den nächsten Reparaturen mit Klebstoff fixiert. Bei den vorherigen Reparaturen wurde<br />
der hintere Teil der Brosche mit einem Messingring befestigt. Dieser wurde an die<br />
Brosche mit Zinnlot gelötet (Abb. 40).<br />
Abb. 39 Sternaufsatz<br />
Abb. 40 Der befestigte Ring auf der<br />
hinteren Seite der brosche<br />
Die Oberfläche der Brosche ist ziemlich verkratzt (Abb. 41), fettig und verunreinigt,<br />
stellenweise treten auch Klebstoff und die Korrosionprodukte von Kupfer auf (Abb. 42).<br />
Auf der Brosche erfolgten einige vorherige unfachmännische Reparaturen.<br />
Abb. 41–42 Gekratzte Oberfläche auf der Rückseite der Brosche, Korrosionsprodukte und Verunreinigungen<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 22
2<br />
1<br />
Der obere und untere Teil der Brosche sind getrennt, weil einer der beiden Stifte, die<br />
die Teile verbinden, abgebrochen ist. Bei den vorherigen Reparaturen wurde dieser Stift<br />
mit Zinn eingelötet und bei den nächsten Reparaturen mit Klebstoff geklebt. Der abgebrochene<br />
Stift blieb zum Unterteil der Brosche kleben (Abb. 43, 44).<br />
Durch die Analyse wurde festgestellt, dass der Oberteil der Brosche aus einer Legierung<br />
mit geringem Goldanteil mit einem Feingehalt von 200/1000 und der Unterteil aus<br />
einer Legierung mit geringem Goldanteil mit einem Feingehalt von ca. 250/1000 hergestellt<br />
sind. Der den Unterteil der Brosche verfestigende Kreis (vorherige Reparatur)<br />
wurde aus Messing hergestellt. Bei den vorherigen Reparaturen wurde ein Lot aus ca.<br />
20 % Zinn und 80 % blei verwendet (Tab. 3).<br />
Au<br />
(Masse- %)<br />
Ag<br />
(Masse- %)<br />
Cu<br />
(Masse- %)<br />
Zn<br />
(Masse- %)<br />
Oberteil der<br />
Brosche<br />
20,00 33,00 47,00 – –<br />
Aufsatz 24,38 21,70 52,75 0,67 0,50<br />
Verfestigender<br />
Ring<br />
2<br />
Abb. 43 Zinnlot (1) und Klebstoffschicht (2)<br />
Abb. 44 Abgebrochener Stift auf dem Unterteil<br />
der Brosche<br />
Tab. 3 Ergebnisse der Elektronen-Mikroanalyse der Metalllegierungen, die bei der Herstellung und den<br />
vorherigen Reparaturen verwendet wurde<br />
– – 87,00 12,75 0,25<br />
Ni<br />
(Masse- %)<br />
Auf dem Aufsatz der Brosche ist die Zargel, die die Spitze <strong>des</strong> Sterns bildet, abgebrochen.<br />
Die anderen Spitzen sind verformt (Abb. 45). Die Randteile der Zargen sind zu<br />
dünn, und <strong>des</strong>halb auch ziemlich spröde. Es sind auch die Krallen von einigen Zargen<br />
abgebrochen (Abb. 46–48). Auf der Brosche fehlen 18 Steine. Einige Steine sind nicht<br />
original (Abb. 49, 50). Bei den vorherigen Reparaturen wurden die herausgefallenen<br />
Steine mit übermäßiger Menge von Klebstoff geklebt (Abb. 51–52). Die Brosche wurde<br />
mit Alkohol entfettet.<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 23
Abb. 45 Abgebrochene Spitze auf dem<br />
Oberteil der Brosche<br />
▲ Papierunterlage ▲ Abgebrochener Stift<br />
Abb. 46–48 Riss an der Zarge<br />
Abgebrochener Haftdraht<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 24
Abb. 49–50 Geklebter nicht originale<br />
Stein<br />
Abb. 51–52 Übermässige Menge<br />
Klebstoff<br />
Geklebte nicht originale Steine<br />
Übermässige Menge Klebstoff<br />
Aus der Brosche wurden 2 Klebstoffproben zur Infrarotspektroskopie entnommen.<br />
Aus der Analyse ergab sich, dass es sich um einen Klebstoff auf Zyanoakrylat-Basis<br />
handelt. Auf dem Bild sind 2 gemessene Spektren <strong>des</strong> Klebstoffs, die sich im Anteil der<br />
Akrylat- und der Zyan-Bestandteile unterscheiden und zwei Beispiele der Standards zu<br />
sehen (Abb. 53).<br />
Abb. 53 Infrarotspektrum <strong>des</strong> Klebstoffs<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 25
Der Klebstoff auf Zyanoakrylat-Basis wurde mit Azeton entfernt Unpassend geklebte<br />
Steine mit großer Menge von Klebstoff auf Zyanoakrylat-Basis wurden aus der Brosche<br />
mit Azeton entfernt. Die Brosche wurde 15 Minuten in Azeton getaucht (Abb. 54–56).<br />
Azeton kann die weiteren Materialien auf dem Schmuck negativ beeinflussen, z. B. die<br />
Papierunterlagen unter den Steinen austrocknen. Werden aber die Unterlagen aus Papier<br />
ein paar Tage lang im Raum bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von ca. 50 % gelagert,<br />
werden die Papierunterlagen diese Feuchtigkeit wieder absorbieren.<br />
Abb. 54–55 Unterteil und Aufsatz der Brosche nach Entfernung der geklebten Steine<br />
Abb. 56 Detaillierte Ansicht auf das Unterteil nach Entfernung <strong>des</strong> Klebstoffs<br />
und der<br />
Die Korrosionsprodukte auf der Oberfläche <strong>des</strong> Schmucks kann man nicht mit den<br />
üblichen Methoden und den komplexbildenden Verbindungen, wie z. B. Chelaton 3 oder<br />
Thioharnstoff, entfernen. Die Reste der Reinigungsmittel könnten nicht von den Papierunterlagen<br />
und den Fugen unter den Steinen entfernt werden. Es wurde <strong>des</strong>halb eine<br />
mechanische Entfernung der Korrosionsprodukte mit den rotierenden Zwirn- und Borstenscheiben<br />
und der Schleifpaste mit Chromoxid durchgeführt. Die Reste der Schleifpaste<br />
wurden aus der Brosche mit den Bürsten aus Polymerborsten, <strong>des</strong>tilliertem Wasser<br />
und Kernseife entfernt. Die Korrosionsprodukte von Silber auf der silbernen Sicherungskette<br />
<strong>des</strong> zweireihigen halben Armbands sind in der Thioharnstoff-Lösung und die Reste<br />
der Reinigungslösung mit <strong>des</strong>tilliertem Wasser zu entfernen.<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 26
Die fehlenden Teile wurden aus einer Legierung mit geringem Goldanteil mit einem<br />
Feingehalt von 600/1000 hergestellt. Zum Schmuck wurden die neu hergestellten Teile<br />
mit Zinnlot gelötet. Da sich um die Tragteile handelt, die eine bestimmte Festigkeit der<br />
Verbindungen aufweisen müssen, kann man diese nicht immer kleben. Die Teile <strong>des</strong><br />
Schmucks, die sich in der Nähe der zu lötenden Stellen befinden, müssen vor der Hitze<br />
und Oxidation durch eine Mischung aus Asche und <strong>des</strong>tilliertem Wasser geschützt werden.<br />
Das Lötwasser (Zinkchlorid) ist dann von den Lötstellen mir <strong>des</strong>tilliertem Wasser zu<br />
entfernen. Die Verbindungen sind mit Nadelfeilen, feinem Schleifpapier und Schleifpaste<br />
mit Chromoxid gesäubert.<br />
Die fehlenden Pyrope werden durch neue, mit demselben Schliff, ersetzt und vor dem<br />
Einsetzen mit einer Alufolie unterlegt. Die Steine in der Brosche werden mit Papier unterlegt<br />
und beim Einsetzen ist ein Zweikomponenten-Epoxidkleber zu verwenden, da die<br />
Seiten der Zargen ziemlich dünnwandig sind. Der Klebstoff gewährleistet ein sicheres<br />
Einsetzen der Steine und ist reversibel.<br />
Die verformten Zargen, die die Spitzen <strong>des</strong> oberen Sterns bilden, werden abhängig<br />
von dem Zustand <strong>des</strong> Materials abgeglichen. Die fehlende Zarge mit einem Stift, der den<br />
Ober- und Unterteil der Brosche verbindet, ist aus einer Kupferlegierung mit geringem<br />
Goldanteil mit einem Feingehalt von 250/1000 herzustellen und zur Brosche mit Zinnlot<br />
einzulöten. Der Ober- und Unterteil der Brosche wird mithilfe der Stifte verbunden.<br />
Abb. 57 Auch bei einer sehr vorsichtigen Behandlung mit der Brosche kam zum Abbruch der schon beschädigten<br />
Spitze <strong>des</strong> Aufsatzes<br />
Abgebrochene Zarge Ansicht auf die Zarge vor dem Abbruch<br />
Die Zarge mit Stift und Zarge, die die abgebrochene Zargel ersetzen sollte, werden<br />
aus einer Kupferlegierung mit geringem Goldanteil mit einem Feingehalt von 250/1000<br />
und Silberlot mit niedriger Schmelztemperatur mit einem Feingehalt von 600/1000 hergestellt.<br />
Abb. 58 Die neu hergestellten Zargen<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 27
Die neu hergestellten Teile wurden an die Brosche mit Zinn gelötet (Abb. 59). Die Reste<br />
von Lötwasser (Zinkchlorid), das verwendet wurde, wurden mit <strong>des</strong>tilliertem Wasser<br />
entfernt. Die Lötstellen wurden mit Nadelfeilen, feinem Schleifpapier und Schleifpaste<br />
mit Chromoxid gesäubert. Es wurde <strong>des</strong>halb eine mechanische Entfernung der Korrosionsprodukte<br />
von Kupfer mit den rotierenden Zwirnscheiben und der Schleifpasta mit<br />
Chromoxid durchgeführt. Die Reste der Schleifpaste wurden aus der Brosche mit Polymerbürsten,<br />
<strong>des</strong>tilliertem Wasser und Kernseife entfernt.<br />
Abb. 59 Aufsatz der Brosche nach dem<br />
Löten der Zargen und Entfernung der<br />
Korrosionsprodukte<br />
Vor dem Einsetzen wurden die Steine mit Papier und Alufolie unterlegt (Abb. 61–62).<br />
Die Steine wurden in die Lager mit dem Epoxidkleber geklebt und die Seiten der Zargen<br />
auf die Steine zugebogen (Abb. 63–64)<br />
Abb. 61–62 Aufsatz und Unterteil vor dem Einsetzen der Steine<br />
Abb. 60 Die Zargen, die die Spitzen der<br />
Sterne bilden, wurden mithilfe der Holzvorrichtungen<br />
abgeglichen.<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 28
Abb. 63-64 Aufsatz und Unterteil nach dem Einsetzen der Steine<br />
Zum Schluss wurde der Aufsatz mit dem Unterteil wie Ursprünglich mithilfe von Stiften<br />
verbunden.<br />
Abb. 65 Die den Aufsatz und Unterteil der Brosche verbindenden Stifte<br />
Abb. 66 Detail der neu hergestellten Spitze <strong>des</strong> Sterns<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 29
Abb. 67–68 Brosche in Sternform nach <strong>Restaurierung</strong><br />
Abkürzungen:<br />
MČR – Museum <strong>des</strong> Böhmischen paradies <strong>Turnov</strong><br />
MVČ – Museum Ostböhmens Hradec Králové<br />
<strong>SUPŠ</strong> a VOŠ <strong>Turnov</strong> – Mittlere Kunstgewerbe Schule und Fachhochschule in <strong>Turnov</strong><br />
Diese Arbeit ist im Rahmen <strong>des</strong> Leonardo Projektes No. 2008-1-DE2-LEO04-00065 1<br />
„Development of Training contents for gold forging handicraft in the field of<br />
restoration“ entstanden.<br />
<strong>Restaurierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong> — Einführung in die Problematik 30
<strong>Restaurierung</strong><br />
<strong>des</strong> <strong>Granatschmucks</strong><br />
Einführung in die Problematik<br />
Text:<br />
Jaroslav Prášil<br />
(<strong>SUPŠ</strong> a VOŠ <strong>Turnov</strong>)<br />
PhDr. Miroslav Cogan<br />
(Muzeum Českého ráje v <strong>Turnov</strong>ě)<br />
Bc. Jana Munzarová<br />
(VŠCHT Praha)<br />
Photos:<br />
Bohumil Jakoubě<br />
Jana Munzarová<br />
Gestaltung/Design:<br />
František Kocourek<br />
Unser Dank gilt Florian Friedrich<br />
von der Goldschmiede und Kunstwerkstätte<br />
der Schönstätter Marienbrüder<br />
GmbH in Vallendar für die<br />
Hilfe bei der Übersetzung der Texte<br />
ins Deutsche<br />
© <strong>SUPŠ</strong> a VOŠ v <strong>Turnov</strong>ě 2010