COMPLEX - Visus Technology Transfer GmbH
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nachden Gründen für diese Angabe gefragt wurden. Dabei<br />
bestand ziemliche Einigkeit in zwei Punkten: Die Patienten<br />
fürchten erstens,dass kostenpflichtige Portale Geringverdiener<br />
abschreckenund dadurchetwas entsteht, wasdeutsche<br />
Sozialdemokraten „Zweiklassenmedizin“ nennen würden.<br />
Und sie empfinden, zweitens,selbst geringe Kostenbeteiligungen<br />
als ungerechtihnen selbst gegenüber: Weil sie der<br />
Auffassung sind, dass das Gesundheitssystem voneiner besseren<br />
Diabetikerversorgung via Diabetesportal finanziell profitiert,<br />
soll das System bitte auchdafür zahlen.<br />
CINDY BRYCE, Telemedicine and E-Health 2008;<br />
14(10):1035-1043<br />
PRÄVENTION II<br />
Telefon schlägt Internet in<br />
randomisierter,kontrollierter<br />
Studie bei Übergewicht<br />
Auch Wissenschaftler aus Amsterdam haben sich mit<br />
dem Erfolg telemedizinischer Präventionsprogramme und<br />
hier vorallem mit Gewichtsreduktion bei Übergewichtigen<br />
mit einem BMI vonmehr als 25 kg/m2 (im Mittel 29,6 kg/m2)<br />
befasst. Sie legen dazu sogar eine randomisiert-kontrollierte<br />
Studie vor, an der für eHealth-Studien bemerkenswerte<br />
1386 Probanden teilnahmen. Es gabdrei Therapiegruppen:<br />
Gruppe 1erhielt schriftlichesMaterialzum Gewichtsverlust<br />
plus regelmäßige telefonische Betreuung. Gruppe 2absolvierte<br />
ein webbasiertes Programm mit E-Mail-Kontakt zum<br />
Betreuer.Und Gruppe 3erhielt Informationsmaterial zu Lebensstilmodifikationen<br />
und sonst nichts.Primärer Endpunkt<br />
wardas Körpergewicht nacheinem halben Jahr.Ergebnis:<br />
In der Telefongruppe (intention to treat) nahmen die Probanden<br />
im Mittel 1,5 Kilogramm mehr ab als in Gruppe 3,<br />
in der Internetgruppe waren es noch0,6 Kilogramm mehr.<br />
Beijenen,die dasProgramm komplett durchliefen (per protocol)<br />
lagen zusätzliche Gewichtsabnahme und zusätzliche<br />
Verringerung des Hüftumfangs im VergleichGruppe 1versus<br />
Gruppe 3bei 1,6 Kilogramm beziehungsweise 1,9 Zentimetern<br />
vor. Für Gruppe 2waren die entsprechenden Werte<br />
1,1 Kilogramm und 1,2 Zentimeter.Drei Interpretationen<br />
drängen sichauf.Erstens: Telefon- und Internetinterventionen<br />
wirken. Zweitens: Die Telefongruppe scheint erfolgreicher<br />
zu sein. Allerdings förderte die Statistik keinen signifikanten<br />
Vorteil gegenüber der Internetgruppe zutage. Und<br />
drittens: In der per protocol-Analyse verringert sichder Unterschied<br />
zwischen Telefon und Internet, wasimKlartext heißt,<br />
dass in der Internetgruppe mehr Patienten abgesprungen<br />
sein müssen.<br />
MARIEKE VAN WIER, BMC Public Health 2009, 9(1):6<br />
(Open Access)<br />
Wissenschaftsticker<br />
+++Für den ersten Wissenschaftsticker 2009 förderten die<br />
wissenschaftlichen Journale eine ganze Reihe von innovativen<br />
Telemedizinanwendungen zutage, von denen wir gerne einige an<br />
die E-HEALTH-COMmunity weitergeben. KRISTEN MACLEOD<br />
von der Kinderklinik am kalifornischen Care-Center berichtet in<br />
Pediatrics (123(1):223-228) über einen telemedizinischen Rundum-die-Uhr-Service<br />
von Experten für Kindesmissbrauch. Gedacht<br />
ist dieser Konsultationsdienst für Ärzte, die in der Notaufnahme<br />
von Provinzkrankenhäusern junge Mädchen mit Verletzungen zu<br />
Gesicht bekommen. In einer kleinen Studie änderte sich das diagnostische<br />
Vorgehen der Ärzte durch die Telekonsultation bei<br />
über 90 Prozent der Mädchen. +++Nicht mehr bei Bewußtsein<br />
ist die Klientel des Chirurgen FRANCISCO TAMARIZ aus<br />
Richmond, Virginia. Im World Journal of Surgery (vorveröffentlicht<br />
3. Januar 2009) beschäftigt er sich mit Telekonsultationen<br />
während Operationen der (Neben-)Schilddrüse(n). Hier gilt es,<br />
den für die Stimmbänder wichtigen Nervus recurrens zu schonen,<br />
was Lehrlingen der chirurgischen Kunst mitunter nicht so<br />
ganz gelingt, weil im offenen Halse doch viele Dinge sehr ähnlich<br />
aussehen. In der Studie wurden die Experten in Echtzeit konsultiert.<br />
Sie hatten Zugriff auf die OP-Dokumentation und eine fernsteuerbare<br />
Kamera. Mit beidem ausgestattet, identifizierten die<br />
Tele-Experten den Nervus recurrens im Mittel in sechs Minuten –<br />
schnell genug, um eine zugegeben hoch spezialisierte Dienstleistung<br />
daraus zu machen. +++Bei der telemedizinischen<br />
Nachbetreuung von Patienten mit Rückenmarksverletzung<br />
besteht dagegen noch Optimierungsbedarf. Zwar feiern die<br />
Autoren um LAURA DALLOLIO aus Bologna, Italien, ihr halbjährliches<br />
telemedizinisches Intensivprogramm in den Archives of<br />
Physical Medicine &Rehabilitation (89(12):2332-2341) als gelungen.<br />
Vonzwei Zentren war die Telemedizin aber de facto nur in<br />
einem erfolgreich, sodass strenggenommen eine Negativstudie<br />
vorliegt. +++Ganz und gar nicht negativ äußern sich dagegen<br />
Mitglieder des telemedizinischen Expertenpanels der NATO,<br />
TMED EXPERTTEAM, inTelemedicine &E-Health (14(9):946-951)<br />
zum Einsatz vonTelemedizin im militärischen Kontext. Eine Umfrage<br />
unter den Verbündeten habe ergeben, dass Teleradiologie<br />
mittlerweile De-facto-Standard sei. Kritisch wird angemerkt, dass<br />
elektronische Militärakten noch die Ausnahme seien. Auch hätten<br />
viele NATO-Staaten den Einsatz vonTelemedizin noch nicht stringent<br />
genug organisiert. +++Zum Schluss noch etwas zum<br />
Nachdenken aus der Rubrik „der informierte Patient“. Krebsforscher<br />
vom renommierten MEMORIAL SLOAN-KETTERING in<br />
New York haben Patienten für einen Beitrag in Psychooncology<br />
(vorveröffentlicht 9. Januar 2009) befragt, warum sie im Internet<br />
recherchieren und ihren Arzt mit den Ergebnissen konfrontieren.<br />
Ungewöhnliche Frage, überraschende Antworten: Klar, viele<br />
wollten aktiv zuihrer Genesung beitragen. So weit so kompatibel<br />
mit der Ideologie vom informierten Patienten. Es gab aber<br />
auch einige, die angaben, ihren Arzt mit Expertenwissen beeindrucken<br />
zuwollen. Nicht wenige waren der Auffassung, es ihrem<br />
Arzt igendwie schuldig zu sein, Bescheid zu wissen. Und wieder<br />
andere wollten explizit testen, ob ihr Doktor auf dem neuesten<br />
Stand der medizinischen Heilkunst ist. Was lernen wir daraus?<br />
eHealth-Magazin hin oder her, imZweifel ist Psychologie eben<br />
doch spannender als Technik. +++<br />
EHEALTHCOM 65