COMMUNITY | PORTRÄT »Wir werden es erleben, die Welt wird eine Scheibe.« 42 EHEALTHCOM ZUR PERSON Dr. Steinar Pedersen wurde 1951 in Tromsø, Norwegen, geboren. Er studierte Medizin an der Unviersität von Oslo und spezialisierte sich auf Hals-Nasen-Ohren- Heilkunde. Pedersen arbeitete viele Jahre als Hals-Nasen-Ohren-Spezialist am Universitätskrankenhaus von Nord-Norwegen. 1992 gründete der Vater von zwei Kindern das Norwegian Centre for Telemedicine, dessen Leitung er bis heute innehat. Bis 2002 war eraußerdem Präsident der Norwegian Telemedicine Society sowie der International Society for Telemedicine. Neben seiner Tätigkeit in zahlreichen wissenschaftlichen Organisationen und Verbänden ist er bei der European Space Agency in der Arbeitsgruppe Telemed Research Program. hätten, müssten sichFirmen weniger auf die Entwicklung, sondern auf die Umsetzung eines Systems konzentrieren. Die Vorteile für die Nutzer seien offensichtlichund für die Unternehmen wittert Pedersens Spürnase ganz neue Geschäftsmodelle. DER FREIE ZUGANG zu Informationen ist generell ein Thema, das ihn beschäftigt. Und dabei spielt das Internet gerade in Bezug auf Patient Empowerment eine entscheidende Rolle, weil sichdamit Patienten immer besser informieren können. „Es könnte ziemlichprovokant für einen Arzt sein, wenn er auf einen Patienten trifft, der –überspitzt gesagt – mehr weiß als er selbst. Damit muss man aber künftig umgehen.“ Die Folge sei eine tiefgreifende Umwälzung der Arzt-Patient-Beziehung. Man müsse sichnur einmal ansehen, wasGoogle und Microsoft mit ihren Gesundheitsakten im Internet machten. „Ichweiß nicht, ob das der goldene Standard ist, aber ichsehe darin eine Öffnung, beider wiralleentscheiden können, wo unsere Gesundheitsdaten liegen.“ Eine gute Sache, findet Pedersen. Er sieht die Veränderungen aber nicht nur auf die Medizin beschränkt, sondern ist überzeugt,dass die Demokratisierung der Informationswelt zu einer flachen Gesellschaftsordnung beiträgt. „Wir leben in einem spannenden Zeitalter“, sagt der Vater vonzweierwachsenen Kindern und fügt nochhinzu: „Wir werden es erleben, die Welt wird eine Scheibe.“ Offen sein für Neues und erst einmal das Positivesehen, das ist seine Devise. Auch in der Krise. „In Krisenzeiten werde ich immer optimistisch, denn das sind immer Zeiten für gute Innovationen.“ Und Inspirationen für Innovationen gebe es genug, so Pedersen, und erzählt vomBesucheiner Logistik-Messe in Schweden. Dort stellte eine Firma einen Avatar vor, der eine Art intelligenter Begleiter sein soll. Er kann beispielsweise die günstigste Zugverbindung nachMünchen raussuchen und den Nutzer auf der Fahrt auchnochdarüber informieren, dass eine Bekannte im benachbarten Abteil sitzt. Pedersen würde den Avatar in einem anderen Bereicheinsetzen. „Stellen Sie sich vor, jemand bricht vor Ihren Augen zusammen. Wenn Sie dann den Notruf wählen, könnte dochsoein Avatar erscheinen und zum Beispiel Erste-Hilfe-Maßnahmen erklären.“ Nochauf der Messe hat er die Idee mit verschiedenen Unternehmen diskutiert. und werweiß, vielleicht entsteht daraus ein neues Projekt für das NST. EINE ANDERE IDEE bekam er beim Anschauen der norwegischen Fernsehsendung „The Complain Wall“. Darin können Zuschauer anrufen und sich über das Programm beschweren. Der Sender hat aucheinen Blog eingerichtet, in dem vorallem nachVorschlägen zur Verbesserung des Programms gefragt wird. „Die meisten Vorschläge waren Blödsinn, aber dazwischen hatten Leute brillante Ideen.“ Der Programmdirektordes Senderssagte später,dass er nun 1000 neue Mitarbeiter habe, die umsonst für das norwegische Fernsehen arbeiten. Pedersen ließ sichinspirieren. „Ichbin zu meinem Krankenhausdirektor gegangen und sagte: Wirsollten einen Hospi- tal-Blog einrichten, wo sichdie Patienten beschweren können. Das sind unsere unzufriedenen Kunden. Wieso sollten sie uns keine Vorschläge machen, wie wir das Krankenhaus verbessern können?“ Ob sein Vorschlag umgesetzt wird, weiß Pedersen nicht, denn –das gibt er zu –eserfordert auchMut, sichder Kritik der Patienten auszusetzen. Aber es würde dem Qualitätsmanagement sicher guttun, findet er. Genauso wie das NST-Projekt, bei dem Krankenschwestern die Möglichkeit erhielten, Ärzten zu mailen. Eigentlichwar das Ziel, die Kommunikation zwischen den Teilnehmern zu intensivieren, denn die Ärzte hatten zuvor oft keine Zeit, mit den Schwestern zu telefonieren. E-Mails konnten sie jedochbearbeiten, wann immer sie wollten. Im Laufe des Projekts ergab sichjedochein weiterer positiver Effekt, an den die Teilnehmer vorher nicht gedacht hatten: „Damit kann man nämlichsehr gut Prozesse dokumentieren und rekonstruieren“, so Pedersen. „Diese Dokumentation ist ein Teil der Qualitätssicherung und auchvon elektronischen Patientenakten geworden.“ Das Projekt wurde erfolgreichabgeschlossen. Für Pedersen aber kein Grund, sichauszuruhen. Er hat schon das nächste im Kopf.Eigentlichist es mehr eine Vision –die vom„Healthcare- Hero“, wie er es nennt. Er wünscht sich einen Krankenhausdirektor,der sagt: „Mein Krankenhaus soll keine Patienten haben.“ Damit verbunden wäre allerdings eine handfeste Revolution im Gesundheitswesen. „Dann würde das Krankenhaus nämlichbesser bezahlt, wenn es besser arbeitet. Das bedeutet, man bekommt Geld, wenn man verhindert, dass der Patient ins Krankenhaus kommt.“ Pedersen glaubt fest daran, dass diese Vision Wirklichkeit werden kann. „Ich bin Optimist. Wieso auch nicht?“ Ja,wieso eigentlichauchnicht? Wenn die Welt eine Scheibe wird, kann ein Krankenhausdirektor auch ein „Healthcare-Hero“ werden. MIRIAM MIRZA FOTO: PRIVAT
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