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COMMUNITY | PORTRÄT<br />
DIE SPÜRNASE Im hohen Norden Norwegens leitet Dr.Steinar Pedersen das renommierte<br />
Norwegische Zentrum für Telemedizin. Dort trifft man ihn aber selten an, denn die meiste Zeit<br />
reist der eHealth-Pionier durch die Welt –auf Telemedizin-Spurensuche. E-HEALTH-COM-Redakteurin<br />
Miriam Mirza sprach mit ihm am Rande des „Schlierseer Jahresauftaktes“.<br />
Nicht nur beim Lesen<br />
von Krimis, auch<br />
beruflich betätigt er<br />
sich gerne als<br />
Spürnase –immer auf<br />
der Suche nach<br />
neuen Ideen.<br />
40 EHEALTHCOM<br />
Ambesten entspanne ichbei<br />
einem guten Mord.“ Dr.<br />
Steinar Pedersen, Leiter des<br />
Norwegischen Zentrums<br />
für Telemedizin (NST) in<br />
Tromsø,liebt Bücher,und Krimis ganz<br />
besonders.„Es ist einfachspannend, sich<br />
auf die Spurensuche zu machen.“ Und<br />
das nicht nur beim Lesen. Auch beruflichbetätigt<br />
er sichgerne mal als Spürnase<br />
–immer auf der Suche nachneuen<br />
Ideen und Anregungen.<br />
So kam er auchzur Telemedizin. „Ich<br />
habe als Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde<br />
angefangen. Eines<br />
Tages besuchte ichein sehr<br />
abgelegenes Krankenhaus<br />
im Norden Norwegens und<br />
sah dort ein Videokonferenzsystem.“<br />
Pedersons<br />
Neugierde war sofort geweckt.<br />
„Ichhabe mir erklären<br />
lassen, wie es funktioniert<br />
und mich gleich<br />
gefragt, wieso man das<br />
nicht auchals Hals-Nasen-<br />
Ohren-Arzt nutzen kann.“ Damit warder<br />
Anfang gemacht. „Ich war mir sicher,<br />
dass das Zukunft hat, ging zu meinem<br />
Krankenhausdirektor und habe ihm erklärt,<br />
dass wir unbedingt ein Telemedizin-Department<br />
brauchen.“ Pedersen<br />
hatte Glück, sein Vorgesetzter warsehr<br />
aufgeschlossen und gab ihm grünes<br />
Licht. 1992 wurde dann das NST gegründet<br />
und man bemühte sichumöffentliche<br />
Forschungsgelder.Damals habe<br />
er nochIllusionen gehabt. „Ichhabe<br />
zu meinem Vorgesetzten gesagt: ,Fan-<br />
gen wir schnell an, steckenwir viel Geld<br />
rein und wir ziehen das Ding in fünf bis<br />
sechs Jahren durch. Dann ist die IT im<br />
Gesundheitswesen eingeführt’.“ Petersenschüttelt<br />
denKopf und lacht: „Ich<br />
hatte keine Ahnung!“ Das warAnfang<br />
der neunziger Jahre.<br />
HEUTE WEISS ER,dass es sichbei<br />
der Sache nicht um eine Shortstory,sondern<br />
um eine unendliche Geschichte<br />
handelt. Ausdem NST ist ein international<br />
anerkanntes Wissenschafts- und<br />
Innovationszentrum mit 110 Mitarbeitern<br />
geworden, das sieben Spin-Off-Unternehmen<br />
ausgegründet hat und 2002<br />
zum World Health Organization Collaborating<br />
Centre for Telemedicine auserkoren<br />
wurde.<br />
Mit seiner Arbeit im Zentrum hat Pedersen<br />
aucheinen Teil dazu beigetragen,<br />
dass Norwegen in Bezug auf die Umsetzung<br />
vonHealth IT zu den vorbildlichsten<br />
Ländern der Welt gehört. So wurde<br />
beispielsweise bereits 1996 ein offizieller<br />
Gebührenplan aufgesetzt, der telemedizinische<br />
Leistungen durchdie Versicherungen<br />
erstattungsfähig macht.<br />
„Telemedizin ist ein wichtiger Bestandteil<br />
der medizinischen Versorgung“,<br />
erklärt Pedersen. In Bereichen wie Radiologie,<br />
Pathologie, Hals-Nasen-Ohren-<br />
Heilkunde, Dermatologie, Kardiologie<br />
und Psychiatrie, bis hin zur endoskopischen<br />
Chirurgie, Ophthalmologie und<br />
Orthopädie ist sie in regelmäßgem Einsatz.<br />
Auch die Digitalisierung des Gesundheitswesens<br />
ist weit vorangeschritten:<br />
Alle Krankenhäuser (insgesamt 74)<br />
sowie sämtliche 2000 allgemeinärztlichePraxen<br />
des Landes haben elektronische<br />
Patientenakten. „Dabei hat man nur<br />
vergessen, dass diese auchuntereinander<br />
kommunizieren müssen“, sagt Pedersen<br />
und fährt sichdurchdas kurze,<br />
grau melierte Haar.Ein Problem, an dem<br />
dringend gearbeitet werden müsse. Und<br />
das sei nur eine vonvielen Baustellen.<br />
Und so nennt denn der 57-Jährige,<br />
nachvorbildlichen eHealth-Ländern gefragt,<br />
nicht etwasein Heimatland, sondern<br />
Dänemark. „Die sind derzeit mein<br />
Favorit. Sie haben eine großartig pragmatische<br />
Herangehensweise an das Gesundheitssystem.“<br />
Dort habe der Patient<br />
über ein Webportal, auf das er sichüber<br />
eine elektronische Registrierung einloggt,<br />
Zugriff auf seine Gesundheitsdaten,<br />
wann immer er sie brauche. WasPedersen<br />
besonders gut gefällt ist, dass sich<br />
die Politik der Sache angenommen, einheitliche<br />
Vorgaben festgelegt und das<br />
Ganze als Open-Source-Software frei zugänglichgemacht<br />
hat. „Open Source wird<br />
nochein ganz wichtiges Thema für uns<br />
alle werden“, ist er sichsicher.<br />
SO ETWASWÜRDE er sich auch<br />
auf internationaler Ebene wünschen.<br />
„Was wir brauchen, ist mehr Management<br />
vonpolitischer Seite, damit wir<br />
nicht mehr diesen Wildwuchs haben.<br />
Es gibt hunderte, tausende Player im<br />
Health IT-Markt mit ebenso vielen Systemen,<br />
die nicht interoperabel arbeiten.<br />
Jeder kämpft aber um die Führungsrolle.<br />
Das verunsichert die Nutzer.“ Wenn<br />
aber alle die gleichen Voraussetzungen FOTO:<br />
><br />
MIRIAM MIRZA